• efbomber
    Erfahren
    • 23.08.2010
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    [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

    Tourentyp Trekkingtour
    Breitengrad 68.019393761
    Längengrad 18.394109549
    Aller Anfang ist schwer.
    Das ist ein Sprichwort, das immer dann zutrifft, wenn ich mich an einen neuen Reisebericht setze. So viel Spaß das Verfassen, das Raussuchen der Bilder und das erneute Durchleben auch bringen, so schwer fallen mir die ersten Zeilen.

    Prolog
    Da aber jede Geschichte einen Anfang hat, in denen meist einleitende Worte den Leser auf die nächsten Kapitel vorbereiten, will ich hier keine Ausnahme machen.
    Nach der Sarek und Stora Sjöfallet Tour von 2012 war für mich klar, dass ich wieder in den Norden muss. Anfangs habe ich noch gehofft, dass mein bester Freund Sebastian mich auf dem Weg erneut begleiten wird, aber seine berufliche Situation würde das für das kommende Abenteuer nicht zulassen. So blieben mir 2 Möglichkeiten offen, 2013 keine Tour unternehmen, oder 2013 meine erste Solotour starten. Das Nordfieber ließ Variante 1 nicht zu! Die Planungen begingen bereits im August 2012. Ich wollte eine Region in schwedisch Lappland besuchen, die einfach mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen ist und die ich noch nicht kannte. Schnell ist hier die Entscheidung auf Abisko als Einstiegspunkt gefällt worden. Die Planung der Strecke hat mich einige Wochen gekostet, denn zum einen war mir nicht bewusst, wie viele Optionen in dieser Region einem offen stehen und welche verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten zusammenstellbar sind. Wie immer haben mir bei meinen Entscheidungen Reiseberichte anderer Forumsmitglieder den Weg gewiesen und die Sehnsüchte für bestimmte Gebiete geweckt. Dieser Reisebericht ist selbstverständlich auch als kleiner Dank zu verstehen

    Im Januar 2013 wurde der Urlaubsschein für den Reisezeitraum vom 15.06.2013 bis 07.07.2013 eingereicht und abgesegnet und ich konnte die organisatorischen Notwendigkeiten in Angriff nehmen. in den kommenden Wochen wurden die Zugtickets gebucht, Geld gewechselt, Nahrung gekauft, Ausrüstung ergänzt etc.. Ihr kennt das ja alle

    Die Anreise mit der Bahn kann ich jedem wärmstens empfehlen, der es ruhig angehen lassen will. Für mich war es die kostengünstigste Alternative (ca. 260 Euro Hin- und Rückweg), auch wenn es 36 Stunden benötigt um vom westfälischen Lippstadt nach Abisko zu gelangen. Die Zeit kann man wunderbar nutzen um sich gemächlich vom Alltag zu verabschieden.

    Kapitel 1 - Endlich unterwegs
    15.06 und 16.06
    Drei Uhr morgens stehe ich in Hamm auf dem Bahnhof. Den ursprünglichen Start in Soest lasse ich aus, da sonst sofort eine 50 minütige Umstiegszeit in Hamm auf mich gewartet hätte und ich so einfach noch eine Stunde länger ruhen konnte. An Schlaf war nicht zu denken gewesen, ich war viel zu aufgedreht vor meiner ersten Tour alleine. Meine Eltern sind ebenfalls vor Ort um sich bei mir zu verabschieden und mir noch ein letzes Mal einzutrichtern, dass ich nichts Riskantes unternehmen soll. Der Zug kommt mit 10 minütiger Verspätung an, ich steige ein und verfrachte den Rucksack über meinen Sitz. Gar nicht so einfach bei sperrigen 30kg. Kurz nach Abfahrt hänge ich in Gedanken meinen Sorgen nach, ob ich auch nichts Wichtiges vergessen habe. Ein kurzer Check meines Ziplockbeutels beruhigt mich sofort. Alle Fahrkarten und das Geld sind dabei.
    In Bremen steigt ein junges Paar ein, die die beiden Sitze neben mir besetzen. Eher aus Langeweile bekomme ich einige Gesprächsfetzen mit. "lange Fahrt, Treckingtour, Stockholm, Abisko". Ich spreche die zwei an und wie der Zufall so will, sind auch sie unterwegs nach Abisko und wollen den Kungsleden bis nach Kvikkjokk laufen. Die Wartezeit in Hamburg verbringen wir gemeinsam und wir tauschen unsere bisherigen Erfahrungen aus. Für die zwei ist es das erste Mal schwedisch Lappland. Um kurz nach halb 8 trifft der Zug ein, ohne Verspätung. Das Wetter verspricht warm zu werden. Das ist das erste Wochenende dieses Jahres in Deutschland, dass es über die 20 Grad Marke klettern soll. Ohne Besonderheiten gelangen wir auf die Fähre in Putgarden.
    Es ist gerade mal 4 Wochen her, dass ich mit meinem Kumpel Sven denselben Weg bis nach Stockholm zurückgelegt habe. Ich laufe auf dem Deck rum bei spitzenmäßigem Wetter, schwelge in Erinnerungen und genieße die Seeluft.



    In Kopenhagen wechseln wir flott in den Anschlusszug Richtung Stockholm. Hier verlieren wir uns aus den Augen. Ich bin wieder allein.... aber nicht lange. Neben mich gesellt sich eine Dame älteren Jahrgangs. Wir kommen ins Gespräch. Auch sie ist eine Deutsche, die ihre Freundin in Stockholm besuchen will. Ein wenig fragt sie mich noch zu meinem Vorhaben aus, aber der Dialog wird schnell zum Monolog, der immerhin unterhaltsam bleibt. Eine kleine Lebensgeschichte über ihren begabten Sohn, seinen Werdegang als Mediziner, dass er keine Zeit mehr für seine Mutter hat und sie kaum noch ihre Enkel zu Gesicht bekommt, wird detailiert beschrieben.
    Was soll ich sagen, die Fahrt vergeht wie im Flug! Und ich wollte noch ein Buch einpacken...
    Um 17 Uhr erreichen wir Stockholm, die Hitze ist kaum noch auszuhalten. Wie schon vor 4 Wochen sind die Schweden mit schönem Wetter gesegnet. Ich habe noch 5 Stunden Aufenthalt, bis mein Anschlusszug nach Abisko abfährt. Diese nutze ich um ein wenig durch Stockholm zu laufen. Später begebe ich mich in die Wartehalle des Bahnhofs und bestelle mir ein Whoppermenü beim Burgerking. Die letzte Mahlzeit hatte ich freitag mittag. Während ich den Burger verdrücke, wühlt ein Obdachloser in den Abfalleimern und den zurückgelassenen Resten einer Teenagergruppe auf den Tischen nach was Essbarem. Als er genug zusammen hat, setzt er sich zwei Tische weiter und fängt an die Reste zu vertilgen. Ich spiele kurz mit dem Gedanken ihm ein Menü zu spendieren, lasse es dann aber. 10 Minuten später setzten sich zwei gehetzt wirkende Südländer etwas abseits und schauen sich ständig um. Kurz darauf erscheinen zwei muskelbepackte Securityleute, sprechen in ihr Funkgerät und gehen auf die beiden zu. Ich bekomme fast einen Lachanfall als einer der Typen eine Sonnenbrille aus der Jeansjacke zaubert und sich diese aufsetzt. Als ob er nun unmöglich von den nur noch 7 Metern entfernten Wachleuten erkannt werden würde. Auf einmal tauchen 6 weitere Sicherheitsleute auf, die beiden Südländer werden jeweils von einem Paar eingehackt und abgeführt. Keiner Diskutiert rum, keiner setzt sich zur Wehr. Die verbliebenen Wachleute überprüfen Mülleimer, Tische und Bänke. Aller Wahrscheinlichkeit nach Drogendealer. Naja, Zeit zu gehen.

    Am Bahnsteig werde ich vermehrt nach Zügen, Halteorten und Wegbeschreibungen gefragt. Wieso denken die Leute immer, wenn man eine Outdoorkluft trägt, dass man sich automatisch überall auskennt? Schwedisch sehe ich nun wirklich nicht aus. Antworten kann ich hingegen schon. Nachdem ich begriffen hatte, dass die gute Frau nach Gävle will, kann ich ihr versichern, dass sie am richtigen Gleis steht. Die Ausprache Jävle ließ mich zuerst kurz ahnungslos dreinblicken

    Im Nachtzug schaffe ich es dann tatsächlich einige wenige Stunden zu schlafen, und das auch noch bequem, obwohl ich kein Schlafabteil gebucht hatte. Eine doppelte Sitzbank geht zur Not auch. Als ich am nächsten Tag aufwache, bemerke ich zwei Jungs, die ungefähr in meinem Alter sein müssten, sie sprechen deutsch und sitzen einige Reihen hinter mir. Beim letzten Umstieg in Boden kommen wir dann auch ins Gespräch. Die beiden sind aus Berlin und fahren den weiten Weg hier hoch um eine Woche zu trecken. Respekt! Wär mir fast zu wenig Zeit.
    In Kiruna wird noch einmal Halt gemacht und die Lock umgesetzt. Zeit ein wenig die Beine zu vertreten. Das Wetter sieht bei Weitem nicht mehr so freundlich aus, wie in Stockholm. Es ist frisch und bewölkt.



    Schlaf gibt es nun keinen mehr. In meinem Wagen ist eine chinesiche Großfamilie untergebracht, die lauthals über jeden schneebedeckten Hügel und Gipfel jubelt und zumindest für japanische Verhältnisse ganz stereotypisch die Kameras zuckt und fotografiert. Die restlichen Kilometer ziehen sich ein wenig, aber der Ausblick entschädigt für alles.

    Um kurz vor 17 Uhr erreichen wir endlich Abisko. Beinahe alle steigen aus und machen sich auf den Weg zur Turiststation. Auch die Großfamilie...



    Ich setze mich an die Haltestelle und überlege kurz. Bin total aufgedreht, die Müdigkeit ist komplett verflogen und wirklich Bock auf den Trubel habe ich auch nicht. Ich knipse noch ein paar Bildchen und beschließe noch einmal zu Hause anzurufen und mich für die nächsten Wochen abzumelden, während die letzten beiden Wanderer sich auf den Weg machen.



    Obwohl es etwas nieselt und das Wetter wie bei allen unseren vorangegangenen Touren hier oben anfangs nicht gerade einladend ist, packe ich alles ein, und sehe mich zuerst ein wenig um. Ich weis zwar, dass ich dem Paddus Naturstig folgen muss um Richtung Lapporten zu kommen, aber wo gehts hier denn los?
    Das hier ist die Aurora Skystation auf dem Njullá.



    Genau was ich gesucht habe. Ein paar Meter hinter dem Parkplatz findet sich ein Wegweiser!



    Aber was ist denn das? Sind das etwa Raupen? Der Wegweiser ist voll mit den grünen Tierchen.



    Ein Denkmal gibt es auch noch in der Nähe.



    Nachdem ich eine halbe Stunde nahe der Haltestelle in den Büschen rumgeirrt bin, finde ich endlich den richtigen Weg. Der Breiteste vom Parkplatz aus, natürlich muss ich den übersehen.... Nach nur wenigen Minuten wird Lapporten sichtbar. Der Weg ist von tausenden von Raupen gepflastert. Wirklich wiederlich. Ich dachte letztes Jahr im Stora Sjöfallet wären die schon eine Plage, aber das hier ist um Längen schlimmer. Die Biester baumeln an Fäden von den Ästen und lassen sich sofort auf einem nieder, wenn man sie nur streift. In kürzester Zeit bin ich eine kleine wandelnde Siedlung für die Viecher.

    Ob ich es heute noch bis dort hin schaffe? Der Plan ist eigentlich nur ein paar km laufen und eine geeignete Raststelle zum Ausruhen zu finden.



    Immerhin ist der Weg nicht mehr zu verfehlen, der Nieselregen hat auch aufgehört und ich gehe weiter, immer dem Blümchen folgend.



    Schon bald kommt man an eine kleine Lichtung, wo ich einige Nachbauten der traditionellen samischen Sommerhütten bewundern darf. Wirklich nett gemacht, ich nehme mir die Zeit und lese die Infotafeln.





    Irgendwann beschließe ich weiter zu gehen, wer weis schon genau wie lange es bei den Wolken hier oben trocken bleiben wird. Noch bin ich längst nicht aus dem Abisko Nationalpark.



    Der Weg führt seicht immer weiter hinauf. Steinig wie der Kungsleden und anscheinend viel begangen. Es kreuzen immer wieder andere Pfade und ab und an komme ich ins grübeln, ob ich wohl noch richtig bin. Hin und wieder taucht aber eine Blümchenmarkierung auf und gibt mir Gewissheit. Die Birken sind nahezu kahl gefressen von den Raupen. Eigentlich hätte hier schon alles in einem frischen Grünton erblühen müssen, so wirkt die Gegend eher trostlos und irgendwie kommt eine Endzeitstimmung auf. Wenn nicht hin und wieder Geräusche von Autos an mein Ohr dringen würden und das Hundegebell aus Richtung der Turiststation, wäre es komplett still. Ich bin durstig, schwitze viel und hoffe, dass ich bald an einen Wasserlauf gelange.



    Hier tauchen verstreut noch einige Kiefern zwischen den für diese Breitengrade typischen Birken- und Weidengewächse auf.



    Nach etwa einer Stunde erreiche ich die Grenze des Nationalparks Abisko. Ab nun darf ich mir ohne schlechtes Gewissen einen Zeltplatz suchen



    Das letzte Mal, dass ich etwas gegessen habe, ist schon 24 Stunden her. Ich pausiere, nehme einen Schluck Wasser, ich bin sehr sparsam, da ich noch kein fließendes Gewässer gefunden habe, und gönne mir einen Proteinriegel. Die Raupen auf meinen Klamotten lasse ich rumkrabbeln, solange man zwischen den Bäumen umherirrt, ist das zwecklos die Tiere abzustreifen. Die Plage pflastert quasi den Weg, den ich langlaufe!



    Langsam merke ich aber den Schlafmangel und hoffe, dass es nun nicht mehr allzuweit ist bis Lapporten. Irgendwie reitet mich gerade der Teufel und ich will es noch heute bis da hoch schaffen.



    In Gedanken rechne ich noch mit 5 bis 8 km, nach mehr sieht das nicht aus. Kurz darauf springt mir ein Schild ins Gesicht, als ob es extra für mich dort angebracht worden wäre!



    OK! 12 km schaffe ich heute nicht mehr. Was soll auch dieses Gehetze? Also weiter, bis ich fließendes Wasser finde, dann direkt das Zelt aufbauen, was futtern und eine Runde schlafen. Ich komme an einigen guten Plätzen vorbei. Sogar einen kleinen Steinofen gibt es hier



    Immer wieder halte ich inne und genieße die Stille, den Ausblick, die Natur! Es ist einfach nur herrlich nach einem Jahr endlich wieder hier oben unterwegs zu sein. Die lange Anreise habe ich schon zu dem Zeitpunkt vergessen. Sie ist es jedes Mal Wert gewesen!
    Das Wasser aus dem See lasse ich links liegen. Mir sind in unmittelbarer Nähe einfach zu viele alte Lagerstätten aufgefallen.



    Also weiter geht es! Mittlerweile wechseln sich Kahlfjäll und bewaldete Ausläufer ab. Der Weg macht mir sehr viel Spaß! Hier ein Blick zurück, kurz bevor ich die Waldgrenze hinter mich lasse. Der Törneträsk im Hintergrund. Die Gipfel des Gebirges am Nordufer in Wolken gehüllt.





    Es ist bereits kurz vor 8. Ich habe schon eine Weile diese hellen Punkte in einem Hang bemerkt. Endlich ist die Sicht freier und ich erkenne, dass es sich dabei um eine Ansammlung von Zelten handelt. Irgendwo habe ich gelesen, dass es hier oben eine Forschungsstation geben soll. Das ist sie vermutlich. Gut zu wissen, wo man im Notfall einen Ersatzhering oder sogar ein Ersatzzelt abstauben könnte
    Sieht auch nicht so aus, als ob jemand anwesend wäre.





    Alt und neu. Ich nehme mir immer noch die Zeit die kleinen Dinge zu bewundern. Wird ja nicht dunkel



    Irgendwie kommt Lapporten nicht näher und näher.



    An dieser Stelle ein kleiner Tipp für alle, die es eilig haben. Verlasst hier den Weg und folgt dem eher unscheinbaren Pfad nach Norden! Der ausgetrampeltere Weg südlich um den Aussichtpunkt führt irgendwann nach Abisko, aber an einer Abzweigung wird darauf hingewiesen. Ich bin der leider erst gefolgt und später umgekehrt. Den kleinen Umweg hätte ich mir sparen können.
    So langsam schleppe ich mich aber auch nur noch dahin. Ein Felsblock erweckt meine Neugier und ich lege hier eine weitere kleine Pause ein, ein Schluck Wasser, etwas Schokolade und weiter geht es.



    Irgendwann verlasse ich den Pfad um abzukürzen. Jetzt wird es auf die letzten Meter nochmal anstrengend. Die erste sumpfige Stelle auf dieser Tour. Nichts Neues für mich, aber so wirklich Bock hab ich da jetzt nicht mehr drauf.



    Um 21 Uhr beschließe ich, dass es jetzt gut ist für heute. Ich finde einen sehr schönen Zeltplatz, von dem aus ich den Ausblick auf den Törneträsk genießen kann. Leider gibt es hier in der Nähe aber kein Wasser. Mein übriger halber Liter ist mir in flüssiger Form wichtiger und ich entscheide nicht warm zu kochen. Sowieso fehlt mir irgendwie der Appetit und ich mampfe ein wenig Schokolade, ein paar Erdnüsse und lege mich dann irgendwann schlafen. Die Anreise hat mich doch mehr geschlaucht, als gedacht. Ich schlummere mit einem Grinsen ein, denn ich bin endlich wieder da wo es mich hinzieht.



    Nun ja. Hiermit ist der Anfang getan. Ab jetzt wird es alle paar Tage ein Update geben. Je nach Zeit, Lust und Laune. Ich hoffe ich kann meine Stimmungen halbwegs gut auf euch Leser übertragen und dass ihr auch an diesem Bericht etwas Freude haben werdet. Alle Kapitel werden aus den dunklen Ecken meiner Erinnerung verfasst. Lediglich die Zeitstempel der Bilder und meine Wanderkarte von calazo vervollständigen die Lücken. Es wird ein längerer Bericht mit vielen Fotos, da ich selber solche Berichte liebe!
    Zuletzt geändert von efbomber; 11.01.2014, 18:55. Grund: Rechtschreibung ausgebessert

  • Trolltinden
    Gerne im Forum
    • 14.01.2013
    • 61
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    #2
    AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

    Super schön. Danke für den ersten Teil. Bin gespannt, wo die Tour durchgeht.
    Weiter so.
    lg

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    • theslayer
      Dauerbesucher
      • 13.11.2013
      • 586
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      #3
      AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

      Freu mich auch schon riesig, mehr zu lesen, schonmal ein sehr interessanter und ausführlicher Anfang!

      Danke!
      Daniel
      Auf meinem Blog Longing for the Horizon:
      Pamir Highway 2019 / Sarek 2018 / Padjelantaleden 2017 / 4500km Radtour Berlin-Nordkapp 2017 / Kungsleden 2015 / Kungsleden 2014 / Israel-Hike 2014 und viele kleinere Radtouren (Berlin - Kopenhagen / Prag - Berlin etc.)

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      • SiSler
        Erfahren
        • 16.12.2013
        • 138
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        #4
        AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

        ... sehr, sehr schön geschrieben .. irgendwie ist man dabei mit dir "eine" Tour zu starten. Vertraute Gedanken in ähnlichen Situationen und so harre ich gespannt der Dinge, die da folgen mögen .. Danke dafür!

        Gruß
        “I only went out for a walk and finally concluded to stay out ... for going out, I found, was really going in”
        (John Muir)

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        • Fjaellraev
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          Liebt das Forum
          • 21.12.2003
          • 13981
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          #5
          AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

          Der Anfang macht schon recht neugierig: In welchen Ecken treibst du dich wohl weiter rum, die Möglichkeiten sind ja echt fast unbegrenzt, so dass ich dort auch noch ein paar weisse Flecken habe.
          In die Richtung bin ich ja auch mal direkt aus dem Zug gestartet, aber direkt von Östra aus, und Feierabend gab es zumindest zeitlich deutlich früher. - Die Müdigkeit der Reise ist am ersten Tag doch immer noch spürbar...
          Die Raupen waren letztes Jahr wohl wirklich sehr extrem, keine Ahnung ob sich die Birken überhaupt noch erholt haben, aber auch einen Monat später sah es noch so sehr kahl aus.

          Gruss
          Henning
          Es gibt kein schlechtes Wetter,
          nur unpassende Kleidung.

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          • efbomber
            Erfahren
            • 23.08.2010
            • 228
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            #6
            AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

            Zuerst schon Mal Danke an alle für die bisher netten Worte!

            Wer wissen will, wo es langgeht, sollte am besten den zweiten Teil lesen, den ich gleich Online stellen werde, bevor ich raus gehe zum Grillen

            Dort habe ich ein wenig von meinen geplanten und den tatsächlichen Abläufen preis gegeben.

            Gruß
            David

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            • efbomber
              Erfahren
              • 23.08.2010
              • 228
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              #7
              AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

              Kapitel 2 - Ein ganz normaler Tourenbeginn
              17.06 und 18.06

              Irgendein Geräusch weckt mich, ich fühle mich wie nach einem durchzechten Wochenende. Der Lärm ist mir nur all zu gut bekannt. Regen, der auf meine Zeltwände herniederprasselt. Verwundert bin ich nicht, das hätte mich eigentlich schon gestern treffen sollen, aber offiziell wäre sowieso erst heute mein erster Wandertag gewesen. Ich schaue kurz auf meine Uhr und stelle erschrocken fest, dass es erst 3 Uhr morgens ist. Das erklärt dann jedenfalls meine Müdigkeit, also Augen zu und weiterschlafen. Leider lässt der Regen kaum nach, so dass die Geräuschkulisse eigentlich nie wirklich abnimmt. Minutenweise hole ich den Schlafmangel nach.

              Ab 7 überlege ich, was ich machen soll. Hier abwarten kann ich nicht, mein Wasservorrat neigt sich dem Ende zu und ich mache mich langsam abmarschbereit. Das Wetter wird aber immer schlimmer, so dass ich fertig angezogen im Zelt auf meiner Isomatte hocke und mir selbst das Ziel setzte spätestens um 12 die Regenkluft auszupacken und dennoch loszumarschieren. Die Wettervorhersagen, die ich mir zu Hause noch angesehen hatte, versprachen sowieso keinen Sonnenschein.
              Wie ich da so sitze und überlege, was das Beste wäre, fällt mir auf ein Mal ein, dass heute meine beste Freundin Geburtstag hat. Aus purer Langeweile packe ich mein Smartphone aus und schaue, ob es hier oben noch Empfang gibt. Ein Anruf und und eine Gratulation aus dem Fjäll hätte doch was! Natürlich gibt es kein Signal und ich verstaue das Gerät wieder enttäuscht ins Gepäck. Um 11:40 nehme ich meinen Mut zusammen und stülpe die Regenklamotten über. Der erste Blick nach draußen verheist aber nichts Gutes.





              Das schöne Panorama vom Vortag wird durch den Regen getrübt, aber ich sage mir, mehr als nass werden kann man nicht. Also los! Ich baue das Lager ab und komme dabei in den Regenklamotten schon ins Schwitzen. Regen auf Wanderungen macht mir nichts aus, solange ich keine Anstrengungen vor mir habe. Sobald die Regenklamotten angezogen werden gibt es kein drumherum mehr, ich schwitze mich nass! Die Alternative ist, ohne Regenkluft weiter zu laufen, was es keinesfalls besser macht. In kurzer Zeit bin ich startklar. Gefrühstückt habe ich nicht... Nach ungefähr 1,5km komme ich an eine stark mit Gestrüpp bewachsene Stelle, die durch den Dauerregen ordentlich sumpfig geworden ist. Hier gibt es die volle Packung Nässe für mich! Von allen Seiten quasi



              Das Gute an dieser Passage ist aber, mitten durch das Buschwerk fließt ein kleines Bächlein! Endlich gibt es wieder frisches Wasser! Ich setze meinen Rucksack auf einer ausgedörrten Wurzel ab und trinke ausgiebig direkt aus dem Wasserlauf. Ich liebe das frische Gebirgswasser in Schweden! Schnell wird noch meine 1L PET Wasserflasche aufgefüllt und eine Hand voll getrocknete Feigen gefuttert, bevor es weiter geht. Mittlerweile bin ich klitschnass und fange an zu frieren. Es hat sich merklich abgekühlt. Ich schätze die Temperatur auf 3 bis 5 Grad, bei dem Wind empfinde ich es aber als wesentlich Kälter. Ursprünglich wollte ich mir bei der ersten Möglichkeit eine warme Mahlzeit zubereiten um wieder Energie in den Körper zu bekommen, aber sobald ich auch nur für 2 Minuten Halt mache, friere ich zu sehr. Also laufe ich einfach weiter! Die Sicht wird ebenfalls immer schlechter. Die Wolken hängen nun schon ein ganzes Stück tiefer und anstatt auf den Kompass zu schauen laufe ich frei nach Schnauze durch die Pampa.



              Rückwirkend betrachtet weis ich nicht ob die schlechte Sicht wirklich nur dem mieserablem Wetter zugeschrieben werden kann oder doch den beschlagenen Brillengläsern
              Um die Sicht ein wenig aufzubessern wechselte ich von der Kapuze zum Hut, was jedoch zur Folge hatte, dass der Regen nun in meinen Nacken tropfte. Aber zu dem Zeitpunkt spielte es bereits keine Rolle mehr. Mittlerweile bin ich so ausgelaugt, dass ich mir nur noch einen Zeltplatz wünsche. Wohlgemerkt bin ich bis jetzt noch keine 3 Stunden unterwegs. Ich hätte längst Lapporten erreichen müssen. Irgendwann bin ich nur noch am Zittern und beschließe die Notbremse zu ziehen. Die ersten Anzeichen einer Unterkühlung sind da und ich baue mein Zelt zwischen Schneeresten auf einem bewachsenen Felsen auf. Eigentlich hätte ich schon längst auf den einen oder anderen Seitenarm des Miellejohka stoßen müssen, die einzige Erklärung hierfür ist, dass ich zu weit nach Westen abgedriftet bin. Zu meiner Verteidigung muss ich gestehen fast gar nicht auf die Karte oder den Kompass geschaut zu haben, die Wolken verdeckten den Einstieg komplett. Weder der Golkkokčohkka noch der Bonjinčohkka sind sichtbar.

              Mit Mühe und Not schaffe ich es das Zelt aufzubauen. Meine Finger spüre ich kaum noch. Anschließend klettere ich vom Felsen und rutsche dabei ab, falle aber weich auf ein Weidengestrüpp. Das einzige Wasser in der Näher rührt vom geschmolzenen Schnee her. Ich nehme einen Schluck in den Mund und koste das etwas brackig schmeckende Wasser. Zum Kochen sollte es reichen. Ich fülle drei Flaschen in meinen Wassersack und krieche ins Zelt. Vereinzelt fallen mit dem Regen erste Schneeflocken vom Himmel und ich beginne stark dran zu zweifeln, dass ich mich warm bekomme. Völlig fertig hocke ich mich im Zelt auf meinen bereits ausgerollten Schlafsack und bleibe einige Minuten sitzen, froh endlich aus dem kühlen Wind herausgekommen zu sein. Irgendwann entledige ich mich der von Nässe triefenden Klamotten. Das ist dann auch der Punkt wo ich registriere, wie saublöd ich gewesen bin, die Klamotten nicht schon draußen ausgezogen zu haben. Der komplette Schlafsack hat sich mit Wasser vollgesogen. Bevor ich auch nur ans Kochen denken kann, verkrieche ich mich in die klamme Penntüte und schlottere mich halbwegs warm. Meine Beine sind eiskalt und werden auch nach einer Stunde nicht wärmer, so dass ich beschließe die Notdecke aus meinem eigenhändig zusammengestellten Erste-Hilfe-Set zu holen. Das wirkt und nach 30 Minuten bessert sich mein Zustand. Leider bin ich so betrübt über den Verlauf der Dinge, dass ich wieder nichts koche und einfach nur versuche zu schlafen. Immerhin muss ich keinen Durst leiden und aktuell kann ich mir nichts Schöneres vorstellen, als im Schlafsack eingemümmelt zu liegen. Während es draußen weiterhin am Stück durchregnet, jetzt immerhin ohne Schnee, beschließe ich gegen 1 Uhr morgens abzubrechen und erst ein Mal zur Turiststation in Abisko umzukehren. Da ich keine Ahnung habe, ob sich das Wetter bessern wird oder nicht, und ich einfach gehörigen Respekt davor habe mich am Rande einer Unterkühlung zu bewegen, ist das in meinen Augen die einzige sinnvolle Lösung. Psychisch bin ich dann tatsächlich in der Lage um 1 aufzustehen, um 3 mein nasses T-Shirt anzuziehen um es im Schlafsack aufzuwärmen und dann endlich um 7 Uhr morgens gebe ich mir den letzen Ruck und ziehe mich wieder komplett an. Als ich das Zelt verlasse sieht das Wetter nicht mehr ganz so unfreundlich aus und es hört sogar auf zu regnen.

              Hier der Zeltplat am morgen des 18.06



              Ich packe alles flott zusammen, die Regenklamotten kann ich zum Glück eintüten und mache mich auf den Rückweg. Ich rutsche erneut vom Vorsprung ab, diesmal jedoch mit dem Rucksack. Das Weidengestrüpp ist wieder zur Stelle und verhindert Schlimmeres. Auf den ersten Metern lege ich einen Zahn zu und nach wenigen Minuten friere ich nicht mehr. Es klart immer mehr auf und ich kann wieder den Törneträsk im Norden bewundern.



              Der Abisko Nationalpark ist ebenfalls wieder in Sicht!



              Auf dem Rückweg denke ich viel über die Entscheidung zurückzugehen nach. Aber ganz rational betrachtet habe ich hier für mich persönlich richtig entschieden. 2012 hatte ich mich ganz fest auf eine spezielle Route festgelegt und war absolut am Boden zerstört, als Dauerregen und Schneeschmelze eine Flussquerung unmöglich gemacht hatten und Sebastian und ich den wohl anstrengendsten Tag unserer bisherigen Erlebnisse umsonst gemacht haben. Diese Frustration wollte ich nicht noch ein Mal erleben und habe mir von vornherein dutzende Alternativen überlegt. Es ist schließlich mein Urlaub und ich habe nichts davon, wenn ich mir den Hintern abfrierend meine Kilometer fresse, nur um hinterher sagen zu können, dass ich alles wie geplant geschafft habe.

              Noch bevor ich den Zeltplatz des Vortages erreiche ist meine Stimmung wieder heiter und ich genieße die Landschaft. Die Gipfel haben wesentlich weniger Schnee als letztes Jahr im Stora Sjöfallet anfang Juli. Der Mai war einer der wärmsten Maimonate seit der Wetteraufzeichnung in Schwedisch Lappland. Als ich die ersten Wäldchen erreiche, gesellen sich auch einige Mücken zu mir. Erstaunlicherweise haben mir die Viecher auf dem Hinweg keine Probleme bereitet, nunja, Insektenmittel drauf und Ruhe ist. Kurz hinter der Forschungsstation kommt mir der erste andere Hiker entgegen. Eine junge Schwedin mit leichtem Gepäck, vermutlich auf dem Weg zu eben diesem Zeltlager. Wir grüßen uns nur freundlich und jeder geht seiner Wege. Kurz darauf treffe ich auf ein etwas älteres Paar. Ich erkundige mich nach dem Wetter und ob es einen Trockenraum in Abisko gibt. Beide schenken mir mitfühlende Blicke, anscheinend mache ich einen kümmerlichen Eindruck, obwohl ich mich mittlerweile wieder richtig gut fühle. Zum Wetter können sie nichts genaues sagen, die Turiststation hingegen können sie mir wärmstens empfehlen. Ich laufe weiter und schaffe die komplette Strecke in ungefähr 4 Stunden.

              Als ich dann endlich vor der Rezeption stehe muss ich mir eingestehen, dass ich keine Ahnung hatte, wie groß die Station ist. Ich nehme ein Zimmer, nachdem ich die Mitgliedschaft des STF unterzeichnet habe und lasse mir alles von der Rezeptionistin erklären. Wir schauen uns sogar zusammen die Wettervorhersagen der nächsten 7 Tage an. Regen... na super. Morgen soll es noch ganz ok sein, aber dann eher schlecht. Kurz vorab, ich habe auf dieser Tour gelernt, dass ein wunderschöner Wandertag gleich zu sezen ist mit einem trockenen Wandertag

              Wie ich es einst im Wehrdienst gelernt habe, kümmere ich mich zuerst um meine Ausrüstung und hänge einen der zwei riesigen Trockenräume komplett mit meinem Kram voll. Zwischendruch schaltet ein Witzbold das Gebläse immer wieder ab, vermutlich ein Saunagänger, den der Lärm stört. Die Saunen liegen nämlich direkt neben den Trockenräumen. Irgendwann gibt er auf und das Gebläse läuft unterbrechungsfrei weiter. Nach nur wenigen Stunden sehen die Sachen wieder halbwegs trocken aus.



              Anschließend gönne ich mir eine warme Dusche und koche mir gleich eine doppelte Portion Nudeln mit Jägersauce. Mein Gaumen ist auf Wanderung nicht sonderlich anspruchsvoll. In meinen Rucksack schaffen es eher praktische Dinge, wie Gabelspaghetti, die einfach ein tolles Packmaß haben! Ich schlinge also 4 volle Teller davon in mich hinein und lege mich anschließen für ein Stündchen ins 5 Betten große Zimmer, dass ich mit niemandem teilen muss.



              Den Nachmittag und Abend nutze ich dazu mir Gedanken über den folgenden Ablauf der Tour zu machen und die Gegend um die Turiststation zu erkunden. Den Canyon wollte ich mir eigentlich bis zum Abschluss meiner Tour aufheben, aber kurz gucken schadet ja nicht

              Sonnenschein im Norden!



              Einfach nur traumhaft schön der Abiskojåkka







              Am späten Nachmittag genehmige ich mir einen Kaffee in der Küche als eine ältere Dame eintritt. Sie spricht mich auf schwedisch an und ich erwidere, dass ich nur der englischen und deutschen Sprache mächtig bin. Sie grinst und sagt dann in fließendem Deutsch, dass dies kein Problem sei. Wir leisten uns Gesellschaft und erzählen von unseren Touren. Sie lebt eigentlich in Stockholm, vor 50 Jahren ist sie aus Deutschland ausgewandert, aber ein bis zwei Mal im Jahr reist sie in den hohen Norden, mittlerweile über 70 Jahre alt und unternimmt nur noch Tagestouren!! Respekt! Ich bin wahrhaft begeistert und inspiriert! Solche Begegnungen auf meinen Reisen geben mir den nötigen Antrieb und wie schon erwähnt die Inspiration!
              Allgemein ist am Dienstag Mitte Juni nichts los in der Turiststation und das Bettchen wird ausgiebig genutzt. Immerhin ein stolzer Preis von 290 SEK als STF-Mitglied, 390 SEK ohne Mitgliedschaft. Meine Blickrichtung aus dem Fenster gen Norden neckt mich bereits mit der so sehnsüchtig erhofften Sonne



              Morgen ist es dann so weit. Neuer Tag, neues Glück, neuer Anlauf! Ich freue mich schon riesig! Und ja, wie immer bislang, es läuft zu Beginn ganz und gar nicht so wie es soll

              Vielleicht ist es jetzt für den Leser interessant zu wissen, was ich ursprünglich geplant hatte und wie nun meine Alternative ausgesehen hat. Die Hauptattraktionen meiner Route sollten Lapporten, Mårmapass und das Kaskassavagge sein. Alles andere habe ich mir recht offen gelassen. Jedoch machen Hochtäler bei schlechtem Wetter mit wenig bis gar keiner Aussicht in meinen Augen einfach keinen Sinn. Schließlich will ich die Schönheit der Landschaft genießen und nicht die Wolken- und Nebelsuppe. Der neue Plan sah also wie folgt aus: Den Kungsleden laufen bis sich wettertechnisch eine Besserung wahrnehmen lassen würde und dann die höher gelegenen Gebiete in Anlauf nehmen.

              Selbstverständlich weis ich selbst, dass der Kungsleden ein sehr gut erschlossener Wanderweg ist, wo man doch recht häufig in Kontakt mit anderen Leuten kommt. Von einer Tour alleine kann hier also nicht die Rede sein? Nicht ganz, das stimmt, aber in den nächsten Tagen war ich erstaunt wie wenig auf diesem Hauptwanderweg los war! Es gab auch Begegnungen mit anderen Menschen, teilweise bin ich Etappen mit einer anderen Person zusammen gelaufen. Aber ich muss sagen, alle Begegnungen waren fast durchweg positiv und ich möchte diese Erlebnisse nicht missen! Wer sich von euch nun sagt, "Och nööö, schon wieder ein Kungsledenreisebericht!", der sollte ein paar Kapitel später wieder reinlesen, denn ich bekam auch meine Einsamkeit, ab von dem großen Weg
              Zuletzt geändert von efbomber; 12.01.2014, 13:46. Grund: Zimmerpreise und Rechtschreibung nachgebessert

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              • Fjaellraev
                Freak
                Liebt das Forum
                • 21.12.2003
                • 13981
                • Privat


                #8
                AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                Der Entscheid umzudrehen und die ganze "Tourenplanung" über den Haufen zu werfen ist nicht einfach, aber er war wohl unter diesen Umständen das einzig richtige. Am Schluss zählen ja die Erlebnisse und nicht die "verpassten" Orte.
                Zitat von efbomber Beitrag anzeigen
                Allgemein ist am Dienstag mitte Juni nichts los in der Turiststation und das Bettchen wird ausgiebig genutzt. Immerhin ein stolzer Preis von 395 SEK als STF-Mitglied, 495 SEK ohne Mitgliedschaft.
                Hast du irgendwie Einzelzimmer gebucht, oder noch irgendetwas dazu gebucht (Frühstück...)? Ich habe letzten Sommer jeweils 290 SEK bezahlt, hatte aber auch entsprechend Gesellschaft im Zimmer.

                Gruss
                Henning
                Es gibt kein schlechtes Wetter,
                nur unpassende Kleidung.

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                • efbomber
                  Erfahren
                  • 23.08.2010
                  • 228
                  • Privat


                  #9
                  AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                  Zitat von Fjaellraev Beitrag anzeigen
                  Hast du irgendwie Einzelzimmer gebucht, oder noch irgendetwas dazu gebucht (Frühstück...)? Ich habe letzten Sommer jeweils 290 SEK bezahlt, hatte aber auch entsprechend Gesellschaft im Zimmer.
                  Danke für die Info Henning!
                  Ich habe hier noch 100 SEK Mitgliedsgebühr mit eingerechnet, die ich bezahlt habe und somit alles teurer gemacht
                  290 SEK als Mitglied ist natürlich für eine Übernachtung vollkommen richtig!

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                  • Prachttaucher
                    Freak

                    Liebt das Forum
                    • 21.01.2008
                    • 11979
                    • Privat


                    #10
                    AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                    Gefällt mir irgendwie gut, daß Du so flexibel bist und Deine Pläne einfach rechtzeitig änderst. Bei den Akto-Bildern muß ich mir immer sagen : Nein, daß ist jetzt kein Foto, was ich gemacht habe.

                    Nur so eine Frage : GPS nimmst Du nicht mit ? Sicher kein Allheilmittel, aber mir hilft das bei widrigen Bedingungen schon, wenn ich das Teil mal anmache und nachschaue, ob die von mir zu Hause eingegebenen Wegepunkte noch halbwegs in der Nähe sind.

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                    • efbomber
                      Erfahren
                      • 23.08.2010
                      • 228
                      • Privat


                      #11
                      AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                      Zitat von Prachttaucher Beitrag anzeigen
                      Gefällt mir irgendwie gut, daß Du so flexibel bist und Deine Pläne einfach rechtzeitig änderst. Bei den Akto-Bildern muß ich mir immer sagen : Nein, daß ist jetzt kein Foto, was ich gemacht habe.
                      Das Akto hat hier seine Einweihungstour gefeiert und mit Bravour bestanden! Es wurde mir zu fairen Konditionen vom Forumsmitglied nicknacker2 überlassen. Hier nochmals ein dickes Danke an dich!!

                      Zitat von Prachttaucher Beitrag anzeigen
                      Nur so eine Frage : GPS nimmst Du nicht mit ? Sicher kein Allheilmittel, aber mir hilft das bei widrigen Bedingungen schon, wenn ich das Teil mal anmache und nachschaue, ob die von mir zu Hause eingegebenen Wegepunkte noch halbwegs in der Nähe sind.
                      Das ist eine berechtigte Frage. Ich bin eigentlich in der Lage mit Karte und Kompass zuverlässig umzugehen, allerdings kann man sich bei widrigen Wetterbedingungen schon mehr aufs GPS verlassen. Und ich kenne mich, wenn ich zu faul bin unter meiner Regenkluft den Kompass rauszuholen, dann wird das mit dem GPS nicht anders laufen
                      Abgesehen davon besitze ich kein GPS und die meisten Regionen in diesem Gebiet sind eigentlich einfach zu wandern -> auf der einen Seite rein ins Tal, auf der anderen wieder raus.

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                      • attue
                        Erfahren
                        • 10.01.2010
                        • 250
                        • Privat


                        #12
                        AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                        ich kann deinen Eindruck vom Kungsleden voll teilen.. wir sind ihn nur kurz später gegangen und haben uns ebenfalls nicht wie auf einer Wanderautobahn gefühlt.. es war toll.

                        zu deiner Erschöpfung/Unterkühlung hat sicher auch beigetragen so lange ohne vernünftiges essen zu sein. Zumindest kenne ich das von mir so dass wenn ich zu wenig esse ich sehr schnell friere. Schlussendlich war es sicher gut zurückzukehren!!

                        Schön dass du den "unglücklichen" Tourstart auch hier mitteilst und andere davon lernen lässt.

                        Bin schon gespannt wie es weitergeht!

                        lg attue

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                        • efbomber
                          Erfahren
                          • 23.08.2010
                          • 228
                          • Privat


                          #13
                          AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                          Zitat von attue Beitrag anzeigen
                          ich kann deinen Eindruck vom Kungsleden voll teilen.. wir sind ihn nur kurz später gegangen und haben uns ebenfalls nicht wie auf einer Wanderautobahn gefühlt.. es war toll.

                          zu deiner Erschöpfung/Unterkühlung hat sicher auch beigetragen so lange ohne vernünftiges essen zu sein. Zumindest kenne ich das von mir so dass wenn ich zu wenig esse ich sehr schnell friere. Schlussendlich war es sicher gut zurückzukehren!!

                          Schön dass du den "unglücklichen" Tourstart auch hier mitteilst und andere davon lernen lässt.

                          Bin schon gespannt wie es weitergeht!

                          lg attue
                          Hallo attue!
                          Der Nahrungsmangel spielt natürlich eine ausgesprochen wichtige Rolle, wenn es um das Kälteempfinden geht. Schlafmangel, kaum was gegessen, am ersten Tag gerade Mal einen halben Liter Wasser getrunken... Das sind alles Dinge, auf die man achten muss um seinen Körper auf einer Tour bei Laune zu halten. Vor allem ist trinken wichtig. In der Regel benötige ich zwischen 5 und 8 Liter an einem normalen Wandertag.

                          Das Schlimme ist ja, dass ich es bereits besser weis und ungeachtet dessen mich dennoch nicht daran gehalten habe. Selbst Schuld sage ich nur

                          Ich finde das gehört auch einfach in einen ehrlichen Reisebereicht rein. Ich will euch ja nicht nur ein paar Bilder zeigen, sondern meine Erlebnissem it euch teilen. Außerdem, wie du schon sagst, könnten andere davon lernen.

                          Gruß
                          David

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                          • Zeppenvolk

                            Anfänger im Forum
                            • 04.12.2006
                            • 38
                            • Privat


                            #14
                            AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                            Zitat von efbomber Beitrag anzeigen
                            Danke für die Info Henning!
                            Ich habe hier noch 100 SEK Mitgliedsgebühr mit eingerechnet, die ich bezahlt habe und somit alles teurer gemacht
                            290 SEK als Mitglied ist natürlich für eine Übernachtung vollkommen richtig!
                            Hej,
                            ich zahle jährlich 23 € Mitgliedsbeitrag im DJH. Diese Mitgliedschaft wird auch vom STF anerkannt, so dass ich dadurch
                            den ermäßigten Übernachtungspreis in den STF-Hütten zahle.

                            Im Übrigen spannender Bericht bisher. Ich warte auf die Fortsetzung. 2009 habe ich auch einmal eine Tour wegen Dauerregens abgebrochen, denn quälen wollte ich mich damals auch nicht. Die Fotos erinnern mich an meine früheren Aufenthalte in Abisko. Man kann von
                            dort verschiedene Touren unternehmen. Dieses Jahr habe ich auch Abisko als Ziel - aber nur als Parkplatz und Endpunkt.

                            Grüße aus Süd-Siegerland
                            Rudolf
                            Der Weg ist das Ziel

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                            • Mortias
                              Fuchs
                              • 10.06.2004
                              • 1232
                              • Privat


                              #15
                              AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                              Gefällt mir sehr gut bisher. Da werden Erinnerungen wach, besonders beim Zeltplatzbild oberhalb vom Torneträsk. Da dachte ich auch erst "Moment, das könnte auch von mir sein". Ärgerlich ist natürlich, dass Dein Start so blöd verlief, aber Respekt von Deiner Selbsteinschätzung eine mögliche Unterkühlung und widrige Umstände rechtzeitig zu erkennen und auch die Konsequenzen daraus zu ziehen. Ich weiss nicht, ob ich mich in solch einer Situation auch so vernünftig verhalten hätte. Find ich aber echt gut, dass Du den Bericht sehr ehrlich verfasst. Jetzt bin ich natürlich gespannt wie das weitergeht. Aber das mit den Raupen ist ja schon ziemlich krass, hätt nicht gedacht, dass es da soviele von gibt.

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                              • efbomber
                                Erfahren
                                • 23.08.2010
                                • 228
                                • Privat


                                #16
                                AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                Zitat von Zeppenvolk Beitrag anzeigen
                                Hej,
                                ich zahle jährlich 23 € Mitgliedsbeitrag im DJH. Diese Mitgliedschaft wird auch vom STF anerkannt, so dass ich dadurch
                                den ermäßigten Übernachtungspreis in den STF-Hütten zahle.
                                Danke für den Tip! Wäre eine Überlegung wert. Wie weist du dich denn vor Ort damit aus?

                                Zitat von Zeppenvolk Beitrag anzeigen
                                Im Übrigen spannender Bericht bisher. Ich warte auf die Fortsetzung. 2009 habe ich auch einmal eine Tour wegen Dauerregens abgebrochen, denn quälen wollte ich mich damals auch nicht. Die Fotos erinnern mich an meine früheren Aufenthalte in Abisko. Man kann von
                                dort verschiedene Touren unternehmen. Dieses Jahr habe ich auch Abisko als Ziel - aber nur als Parkplatz und Endpunkt.
                                Irgendwann ist einfach der Punkt erreicht, wo es zu viel des Guten ist und der Urlaub muss auch ein wenig Erholung mit sich bringen. Komplett abbrechen musste ich zum Glück noch nie, nur umdisponieren

                                Zitat von Mortias Beitrag anzeigen
                                Gefällt mir sehr gut bisher. Da werden Erinnerungen wach, besonders beim Zeltplatzbild oberhalb vom Torneträsk. Da dachte ich auch erst "Moment, das könnte auch von mir sein". Ärgerlich ist natürlich, dass Dein Start so blöd verlief, aber Respekt von Deiner Selbsteinschätzung eine mögliche Unterkühlung und widrige Umstände rechtzeitig zu erkennen und auch die Konsequenzen daraus zu ziehen. Ich weiss nicht, ob ich mich in solch einer Situation auch so vernünftig verhalten hätte. Find ich aber echt gut, dass Du den Bericht sehr ehrlich verfasst. Jetzt bin ich natürlich gespannt wie das weitergeht. Aber das mit den Raupen ist ja schon ziemlich krass, hätt nicht gedacht, dass es da soviele von gibt.
                                Danke Mortias
                                Der Zeltplatz dort oben hat sich einfach richtig angefühlt! Das war wie der beste Platz im Wohnzimmer auf dem Sofa! Nur mit besserem Ausblick
                                Die Selbsteinschätzung war ein ganz wichtiger Bestandteil meiner ersten Tour allein. Ich habe mir einige unumstößliche Regeln gesetzt. Zähneklappernd im Zelt liegen war eines davon. Da muss halt eine Alternative herhalten. Der direkte Aufbruch nach einer strapaziösen Anreise passiert mir nicht noch ein Mal!
                                Die Raupen waren widerlich!

                                Danke für das positive Feedback! Das spornt natürlich an schnell weiter zu schreiben. Deshalb gibt es auch jetzt gleich die Fortsetzung

                                Gruß
                                David

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                                • efbomber
                                  Erfahren
                                  • 23.08.2010
                                  • 228
                                  • Privat


                                  #17
                                  AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                  Kapitel 3 - Teil 1 - So schön kann der Kungsleden sein
                                  19.06

                                  Obwohl die Betten in der Turiststation simpel gehalten sind, habe ich sehr gut geschlafen, bin jedoch schon vor dem Weckruf meiner Uhr wach. Die freie Zeit wird natürlich direkt genutzt um das erste (!!!) Frühstück auf der Tour zu mir zu nehmen. In der Küche ist niemand heute morgen, so dass ich ungestört den Ausblick auf den Törneträsk genießen kann, während ich das Gewicht meines Rucksacks Löffel für Löffel dezimiere. Ich weis jetzt schon, dass ich viel zu viel Essen mit mir herumschleppe, obwohl ich im Vergleich zur Vorjahrestour bereits mit 20% weniger pro Tag kalkuliert habe. Nach dem Futtern packe ich schnell meine Sachen, da ich noch das Zimmer zu reinigen habe. Auch wenn es schon beim Einzug am Vortag nicht wirklich sauber war, sehe ich keinen Grund darin es genau so zu hinterlassen. Man bekommt ja nicht umsonst einen kleinen Laufzettel mit Checkboxen in die Hand gedrückt, was es alles zu putzen gilt. Bett ausschütteln und bürsten, Staubsaugen, Waschbecken säubern, Fenster putzen und den Boden wischen. Bis auf die Fenster arbeite ich alle Punkte ab. Als ich in den letzten Wischzügen mit dem Mopp liege und aus meiner Stube heraustrete, nehme ich zwei Putzfrauen wahr, die 2 Räume weiter genau dieselbe Arbeit verrichten. Sie begrüßen mich und danken mir meinen Fleiß mit einem anerkennenden Lächeln. Vielleicht war es aber auch nur Mitleid, weil ich so doof war und mich als einziger daran gehalten habe

                                  Um 9 Uhr checke ich aus und kaufe mir noch 3 Gutscheine zu 500 SEK mit meiner Kreditkarte, da ich nicht weis, wie das auf dem Kungsleden laufen wird und ich mit meinem Bargeld eventuell nicht auskomme. Kreditkartenzahlungen sind ja nicht mehr möglich! Schließlich habe ich doch eine etwas andere Tour im Sinn gehabt. So sehen diese Gutscheine übrigens aus!



                                  Die Gültigkeitsdauer ist 5 Jahre und sie können in allen STF-Hütten in ganz Schweden eingelöst werden. Den Restbetrag bekommt man auf dem Kungsleden voll ausgezahlt. Aber Achtung, wenn ihr diese Gutscheine in Abisko benutzt, dann gibt es nur 10% des übriggebliebenen Betrages als Bargeld!! Wenn ihr also 300 SEK ausgebt mit dem Gutschein, dann gibt es nur 20 SEK Rückgeld anstatt 200 SEK. Das hat mir die Tante an der Rezeption aber erst nach meiner Tour verraten.

                                  Bevor ich losmarschiere schaue ich mir nochmals die Wettervorhersagen an. Heute soll es definitiv trocken bleiben und meine Dankbarkeit dafür kennt momentan keine Grenzen! Anschließend lungere ich noch ein wenig rum und mache mir Gedanken zur heutigen Kleiderordnung. T-Shirt mit Hut reicht aus! Viertel vor 9 stehe ich dann vor dem Tor, das Tausende als Einstieg oder Ende für ihre Wanderungen fotografiert haben. Ich schließe mich hier dem Mainstream an und knipse ebenfalls Eines.



                                  Bei genauerer Betrachtung des Wegweisers, bin ich äußerst froh, dass ich nicht den Njakajaure naturstig laufe. Denn Marty McFly und sein Anhang versammeln sich gerade zum Familienausflug. Die anderen Pfade scheinen keine Option für sie zu sein.



                                  Die ersten Meter auf dem ausgetrampelten Weg sind sowas von entspannt, da macht sich selbst das Rucksackgewicht kaum bemerkbar. Keine 5 Minuten unterwegs bekommt man erste wunderschöne Einblicke auf den Abiskojåkka.







                                  Die Sonne lässt sich nun auch stellenweise immer öfters blicken und mir steht langsam der Schweiß im Gesicht. Der Hut verschwindet im Rucksack, schließlich ist sie noch nicht stark genug um mir einen Sonnenbrand zu bescheren, es weht kaum ein Lüftchen, aber es wird direkt angenehmer. Ab und an verschwinden die "canyontypischen" Felswände um den Abiskojåkka und der Strom wird sofort breiter. Ich spiele mit dem Gedanken ein wenig das Furten zu üben, lasse es aber bleiben. Ich will heute doch mindestens bis zur Abiskojaurestugorna und da ich die Beschaffenheit des Weges nicht kenne, sollte ich mit unnötigen Taten meine Zeit nicht verschwenden. Besser investiert man an solchen Tagen in Pausen an schönen Orten



                                  Immer wieder erstaunlich wie sich die Beschaffenheit eines Flusses in nur wenigen 100 Metern verändern kann. Diese Biegung gefällt mir besonders, man blickt aus einer leicht erhöhten Position und kann die schneebefleckten Gipfel von Giron und Tjåmuhas im Hintergrund gut erkennen. Ich halte inne und sauge diesen Anblick in mich auf! Hier treffe ich auch auf einen weiteren Wanderer, der vor mir den Platz für sich beansprucht hat. Ich lasse ihm seine Ruhe und schreite weiter.
                                  Die Stelle ist übrigens als Meditationsplats auf der Karte Kebnekaisefjällen von Calazo markiert und vor Ort mit einem hölzernen Pfeiler.





                                  Irgendwann verschwindet der Wald zu meiner Linken und gibt den Blick aufs Lapporten frei. So sieht das also ohne Wolken aus!



                                  An dem kleinen namenlosen Bächlein stelle ich meinen Rucksack auf der Holzbrücke ab und lege meine erste kurze Pause ein. Dabei gönne ich mir einen Happen Proteinriegel und klares Wasser, köstlich und erfrischend!



                                  Immer wieder finde ich Gründe kurz an zu halten und das eine oder andere Foto zu machen.



                                  Kaum zu glauben, dass es erst eine knappe Stunde her ist, dass ich in Abisko aufgebrochen bin, als ich eine große rote Metallbrücke erreiche. Hier setze ich erneut ab und mache eine längere Pause, in der ich das Flussbett erkunden gehe. Der aktuelle Wasserstand lässt die Brücke irgendwie sinnfrei erscheinen, aber ausgewurzelte Bäume im Bachbett und weggeschwemmte Hänge lassen keinen Zweifel übrig, dass zu gegebener Zeit enorme Wassermassen Richtung Törneträsk fließen.





                                  Beim Erkunden betrachte ich die Steine im Flussbett genauer und laufe durch die Gegend, wobei die doch recht tief hängende Brücke meinem Schädel in die Quere kommt. Ein lautes metallisches "Klong", das nachhallt und ein gepfeffertes "Fuck" meinerseits erklingen beinahe zeitgleich. Ich reibe mir die Stirn und schaue mich sofort um. Das Ausbleiben von schallendem Gelächter gibt mir Gewissheit, dass diese Situation unbeobachtet geblieben ist. Nochmal gut gegangen! Direkt hinter der Brücke wird es kurz sumpfig, wo viele hübsche Blümchen meine Aufmerksamkeit beanspruchen.



                                  Wenige Schritte weiter komme ich an einer Hütte und mehreren Toilettenhäuschen vorbei. Zwei Zelte stehen auf dem Platz verteilt, niemand zu sehen. An einem Unterstand, der stark an eine deutsche Bushaltestelle aus Holz erinnert, schnürt ein Hiker an seinem Rucksack herum. Er würdigt mich keines Blickes und somit verzichte ich auf ein freundliches "Hej".

                                  Anfangs dachte ich ja noch, dass die Raupenplage es garnicht bis hierher geschafft hat, da doch wesentlich mehr Laub auf den Birken zu sehen war. Dies wurde aber immer spärlicher, je weiter man voran kam. Die schiere Masse war teilweise wirklich erschreckend. Tausende sind unter meinen Wanderstiefeln gestorben, Tausende sind aber auch den natürlichen Witterungsbedingungen zum Opfer gefallen. Die Poolparty ist wohl schief gegangen...



                                  Man sollte sich auf seinen Wegen auch ruhig mal umdrehen. Die Perspektive ist ausschalggebend für weitere wunderschöne Eindrücke! Ich tue dies immer öfter, da ich sehr gut voran komme und nicht schon am frühen Nachmittag an der Abiskojauresturgorna ankommen möchte.



                                  Ein wenig abseits des Kungsleden erblicke ich ein Kleinod der Entspannung und schlage mich durch die extrem sumpfige und von Elchen und Rentieren zugekötelte Stelle bis zur Uferböschung. Foto- und Snackpause! Das laute Wasserrauschen lässt mich alles vergessen. An ganz besonderen Stellen krame ich mein Smartphone aus dem Rucksack um ein kleines Video aufzunehmen, dies ist so ein Moment. So liebe ich meine Touren!



                                  An dieser Stelle möchte ich mich entschuldigen, dass ich diesen Tag bereits in 2 Teile splitten muss. Ich habe ihn eigentlich als zusammenhängenden Bericht weitergeschrieben, aber der Tagesbericht wäre zu groß geworden. Teil 2 gibt es aber vielleicht in Kürze, andernfalls morgen Abend!

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                                  • Fjaellraev
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                                    Liebt das Forum
                                    • 21.12.2003
                                    • 13981
                                    • Privat


                                    #18
                                    AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                    Zitat von efbomber Beitrag anzeigen
                                    Als ich in den letzten Wischzügen mit dem Mopp liege und aus meiner Stube heraustrete, nehme ich zwei Putzfrauen wahr, die 2 Räume weiter genau dieselbe Arbeit verrichten. Sie begrüßen mich und danken mir meinen Fleiß mit einem anerkennenden Lächeln. Vielleicht war es aber auch nur Mitleid, weil ich so doof war und mich als einziger daran gehalten habe
                                    Es gibt ja auch die Möglichkeit die Reinigung gegen Bezahlung machen zu lassen, aber ich vermute zwischendurch machen sie es auch sonst (Sicher nicht täglich) da es eben zuviele Gäste gibt die es nicht oder nur ungenügend erledigen. Wenn ich nicht gehe bevor die letzten Mitbewohner aufgestanden sind greife ich auch immer zum Staubsauger...
                                    Zitat von efbomber Beitrag anzeigen
                                    Um 9 Uhr checke ich aus ...
                                    ....
                                    Viertel vor 9 stehe ich dann vor dem Tor, das Tausende als Einstieg oder Ende für ihre Wanderungen fotografiert haben.
                                    Und was hast du in den 23:45h dazwischen angestellt Sorry der musste sein.

                                    Zitat von efbomber Beitrag anzeigen
                                    Immer wieder erstaunlich wie sich die Beschaffenheit eines Flusses in nur wenigen 100 Metern verändern kann. Diese Biegung gefällt mir besonders, man blickt aus einer leicht erhöhten Position und kann die schneebefleckten Gipfel von Giron und Tjåmuhas im Hintergrund gut erkennen. Ich halte inne und sauge diesen Anblick in mich auf! Hier treffe ich auch auf einen weiteren Wanderer, der vor mir den Platz für sich beansprucht hat. Ich lasse ihm seine Ruhe und schreite weiter.
                                    Die Stelle ist übrigens als Meditationsplats auf der Karte Kebnekaisefjällen von Calazo markiert und vor Ort mit einem hölzernen Pfeiler.
                                    Der Marmorbrottet (Marmorbruch), so der offizielle Name der Stelle, ist wirklich ein schöner Platz. Und auch sonst hat die Strecke, wie du richtig gemerkt hast, einige schöne Plätze zu bieten an denen der übliche Kungsledenwanderer meist achtlos vorbeiläuft.

                                    Freue mich schon auf die weiteren Teile deines Berichts
                                    Henning
                                    Es gibt kein schlechtes Wetter,
                                    nur unpassende Kleidung.

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                                    • efbomber
                                      Erfahren
                                      • 23.08.2010
                                      • 228
                                      • Privat


                                      #19
                                      AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                      Kapitel 3 - Teil 2 - Systemadministratoren halten zusammen
                                      immer noch der 19.06

                                      Irgendwann gehe ich dann doch weiter. Ein paar Minuten später komme ich an eine weitere Metallbrücke. Es ist kurz vor 12 und auch wenn noch nicht die Hälfte der Strecke geschafft ist, will ich etwas Neues ausprobieren. Ein warmes Mittagessen gönne ich mir in der Regel nicht, denke mir aber, dass es sicherlich nicht schaden kann. Ich packe mein Kochgeschirr aus und habe die Wahl zwischen skandinavischer Krabbensuppe und Gespenstersuppe. Ich sehe mich kurz um, grusele mich kein Stück und packe die Gespenstersuppe wieder ein. Während ich dann so einige Meter abseits der Brücke hocke und vor mich hinkoche, schleicht sich der Wanderer, den ich kurz vorher am Holzverschlag gesehen habe, zu mir hin. "You german?" "Ja. Grüß dich"
                                      Vor mir steht Konstantin. Er fragt mich, wo ich hin gehe und nachdem ich die Hütten am Abiskojaure als Ziel preisgebe, fragt er auch gleich, ob wir nicht zusammen gehen wollen. Da ich ungerne andere Leute mit meinem doch eher gemütlichen Wanderstil belasten möchte, weise ich ihn auch direkt darauf hin, dass ich langsam unterwegs bin und er sich das gut überlegen soll. "Kein Problem, das kommt mir gelegen. Ich fühl mich eh nicht so gut, bin ein wenig geschafft.", sagt er. Jetzt fällt es mir ebenfalls auf. Ich frage sein wievielter Tag auf Tour das ist und staune nicht schlecht, als er sagt, dass dies sein erster Tag wäre. Ohoh....

                                      Während ich die Suppe löffle beschränkt sich Konstantin aufs Rauchen. Artig werden die Kippenfilter in die Tasche gesteckt; ich glaube hätte er die Stummel in die Walachai geworfen, hätte ich mich nicht auf ihn eingelassen, aber so machte er einen positiven Eindruck auf mich. Also laufen wir den Rest des Weges zusammen, ich soll vorgehen. In Gedanken sorge ich mich etwas, ob ich ihm nicht zu langsam bin und schaue mich schon nach wenigen Metern um. Ich staune nicht schlecht, als er bereits ein gutes Stück hinter mir her trottet. Okay, ich warte bis er aufschließt und laufe weiter. 500 Meter später muss ich erneut auf ihn Warten. Ich frage was los ist und er sagt, dass er trotz voller Montur friert und wirklich ausgelaugt ist. Wir legen ein Päuschen ein, wo ich ihn immer wieder ermuntere Wasser zu trinken oder eine Kleinigkeit zu essen. Das ungute Gefühl regt sich in mir, dass er mir eventuell auf der Strecke umkippen könnte. Die Befürchtung äußere ich ihm gegenüber jedoch nicht. Ich mache wesentlich langsamer und lasse ihn nicht all zu weit hinter mich fallen. Anfangs ärgere ich mich noch über das selbst mir zu langsame Tempo, aber irgendwie verfliegt das recht schnell und meine Aufmerksamkeit richtet sich ausgiebig meiner Umgebung. Ein wunderschöner Tag!

                                      Vergissmeinnicht!



                                      Wir schleichen weiter und holen eine Mutter mit ihrem Sohn im Teenageralter ein. Mama schleppt Junior mit auf Tour, ich sage dem Jungen, dass er dafür seiner Mutter nicht genug danken kann. Er stimmt mir zu und wir ziehen weiter. Sind wir also doch nicht die Langsamsten
                                      Die Raupen haben hier bereits ganze Arbeit geleistet. Die Gegend gleicht teilweise einem postapokalyptischem Albtraum, aus den Endzeitromanen, die ich hin und wieder lese.



                                      Alle paar Meter wird eine kurze Verschnaufpause eingelegt, Konstantin braucht sie aber auch und es ist mir lieber ganz spät an zu kommen als gar nicht. Gibt ja genug Rastmöglichkeiten mit tollem Ausblick, so wie hier.



                                      Während ich meinen blauen Palstikbecher ins Wasser tauche und drauf los trinke, verwendet Konstantin sein Filtersystem. Zu dem Zeitpunkt fällt mir auf, dass sein Equipement wirklich erste Sahne ist. Bach-Rucksack, North Face Jacke, Fjällräven Hose, Meindl Schuhe, Sea to Summit Gamaschen, neue Treckingstöcke, Handschuhe, ja sogar die Glogs, die am Rucksack baumeln sehen neu aus.
                                      "Du, sag Mal, hast`denn sowas schon vorher Mal gemacht?"
                                      "Nein, ist meine erste Tour. Ein Arbeitskollege hat gesagt der Kungsleden wär total geil und easy going."
                                      Irgendwie weis ich gerade gar nicht wie ich darauf reagieren soll und schweige einen Moment zu lange. Konstantin merkt es und gibt einen passenden Kommentar ab.
                                      "Der kriegt was auf die Fresse, wenn ich wieder zurück bin!"
                                      Wir lachen und unterhalten uns weiter. Sein Kollege ist ein Fitnessjunkie und Mukkibudenbesucher. Na das erklärt schon Einiges, auch wenn ich selbst nicht wirklich gut für diese Tour austrainiert bin, beschließe ich den bisherigen Teil des Kungsleden insgeheim für mich auch als easy going ab zu stempeln. Konstantin ist wirklich ein netter Kerl und die Zeit mit ihm macht auf seine ganz besondere Art und Weise wirklich Spaß. Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals in meinem Leben in einem Team derjenige wäre, der der Fittere ist.

                                      Einige hundert Meter weiter müssen wir aber erneut absetzen, er bemängelt die Rückenschmerzen, die das Gepäck verursacht und ist ganz baff, als er erfährt, dass ich ebenfalls über 30kg trage; würde man mir kein Stück ansehen. Mir Vollidiot fällt erst jetzt auf, dass sein Hüftgurt unterhalb der Pobacken hängt und das komplette Gewicht an seinen Schultern zieht. Die gebäugte Körperhaltung nach vorne spricht Bände. Ich sage ihm, dass der Rucksack für seine Körpergröße falsch eingestellt ist, worauf er meint, dass man da nichts verstellen kann. Verwundert bestehe ich darauf, dass das unmöglich ist und meine, dass es je nach Hersteller anders geht. Dann zeige ich ihm an meinem Deuter, wie man die Schultergurte in der Höhe verstellt und berichte ihm von Sebastians Tatonka, dessen Hüftgurt dieselbe Funktion vorzuweisen hat. Ein kurzer Blick auf sein Gepäck und ein erneutes "Das geht bei dem Modell nicht". Innerlich seufze ich, denke mir aber, ok, ist dein Rücken. Wir laufen weiter und Konstantin schlägt sich echt tapfer!



                                      Bei der nächsten Pause fängt er dann doch am Hüftgurt an rumzufummeln und auf ein Mal verkündet das laute Ratschen eines Klettverschlusses die viariable Enstellbarkeit! Ich helfe ihm die korrekte Höhe einzustellen und siehe da, die Last auf seinen Schultern verringert sich immens! Konstantin ist happy, ich bin es auch.



                                      Mittlerweile häufen sich die Fragen, ob es noch weit ist. Ich blicke auf den Abiskojåkka, stelle fest, dass er immer breiter wird und werfe einen vorsichtigen Blick auf die Karte.



                                      Auch die Enten machen auf einem Stein im Wasser Pause, was man leider auf dem Bild kaum erkennt.



                                      Der Ábeskojávri ist nicht mehr weit, aber gute 5 km haben wir mindestens noch vor uns. Ich versuche ihn aufzumuntern und auf andere Gedanken zu bringen. Bald müsste das kleine Sami-Dorf in Sicht kommen!
                                      Auf einmal macht sich ein dröhnendes WumpWumpWumpWump im Tal breit. Unsere Blicke richten sich nach oben. Zuerst denke ich, dass es sich um einen Fiskflyg-Heli handelt, aber die machen ein anderes Geräusch. Es scheint eine schwerere Militärmaschine zu sein, der kurz darauf eine Zweite folgt. Maschinen vom Norrbotten Regemente? Mir geht durch den Kopf, dass ich mich vermutlich verpflichtet hätte, wenn wir bei der Bundeswehr unsere Übungen in so einem wunderschönen Gebiet absolviert hätten.



                                      Kurz darauf erreichen wir die verstreuten Sami-Hütten am Auslauf des Ábeskojávri! Hat uns dann tatsächlich noch eine ganze Stunde bis hierher gekostet. Wir begeben uns voller vorsicht zu den Hütten. Warum Vorsicht geboten ist, fragt ihr? Weil direkt auf den kleinen Pfaden abseits des Kungsleden mehrere Zweibeiner ihre große Notdurft verrichtet haben, die dann dezent mit einem Klecks weißem Klopapier garniert wurde. Ekelhaft! Das muss echt nicht sein! Später mehr dazu.



                                      Die Hütten sehen anders aus, als die Nachbauten nahe der Turiststation. Hier wird die Benutzung offensichtlich! Wir marschieren weiter und ich lege klammheimlich einen Zahn zu. Konstantin hält jetzt besser mit und scheint die kleine Tempoerhöhung nicht zu bemerken. Der Giron wird leicht in Sonnenstrahlen getaucht und gibt durch die dadurch geworfenen Schatten nochmals ein tolles Motiv her.



                                      Endlich sind wir am Ábeskojávri angelangt!



                                      Konstantin beist sich durch! Junge, solltest du jemals diesen Bericht lesen, ich hab echt Respekt vor deiner Leistung! Gut gemacht!



                                      Nach einer längeren Laufphase entscheiden wir uns für eine ausgedehntere Pause. Unser Wasservorrat neigt sich dem Ende zu und auf einer größeren freien Fläche sind zwei Holzplanken auf Felsen gelegt. Wir hocken uns hin, mampfen wieder eine Kleinigkeit und gehen dann ans Ufer um das Wasser nachzufüllen. Im Dickicht entdecken wir die obere Hälfte eines Tiertransportkorbes! Die Spekulationen darüber wie das Ding hierherkommt sind eine Willkommene Abwechslung. Hier tanken wir unsere Trinkgefäße auf.



                                      Während wir auf den Planken hocken, laufen insgesamt 2 Wandererpäärchen an uns vorbei. Bisher wirklich nicht viel los hier! Nach 20 Minuten begeben wir uns aber wieder auf die Strecke und wandeln erneut durch komplett kahlgefressenen Birkenwald.



                                      Der Giron zum Zweiten! Das Lichtspiel an den Hängen fasziniert mich und ich knipse drauf los.



                                      Nun ist es nicht mehr weit! Wir können die Brücke sehen, die zu den Hütten führt. Aber das Wetter ist so schön, dass wir auf einem kleinen plataeu-ähnlichen Bereich die Beine austrecken und uns von den mittlerweile durch die Sonne erwärmten Steinen die Knochen aufheizen lassen.



                                      Ich streife ein wenig durch die Gegend und muss erschrocken feststellen, dass jede Ritze in den Felsen und jeder Felsvorsprung genutzt wird um sich von unliebsamem Müll zu trennen! Die Flächen drumrum sind zugeschissen und das Toilettenpapier wächst hier anscheinend auf Büschen! Entschuldigt, aber das kann man nicht mehr beschönigend ausdrücken. Wieso muss man sowas machen, wenn sich die Hütten nur 10 Minuten entfernt befinden? Ich scheiße doch zu Hause auch nicht vors Badezimmer und hänge das gebrauchte Toilettenpapier übern Kaktus, weil mir der Weg bis zum Klo zu weit ist
                                      Die Feuerstellen sind im Allgemeinen auch sehr zahlreich. Teilweise mit Müll zugeworfen, wie hier im Bild zu sehen.



                                      Die übelste und dreisteste Feuerstelle lag mitten auf dem Kungsleden! Als Brennmaterial diente einer von 3 dicken Ästen der Birke, die keine zwei Meter weiter stand. Natürlich einfach rausgebrochen. Ich liebe ja selbst ein kleines Feuer am Lagerplatz, aber für sowas habe ich einfach kein Verständnis. Faulheit und Ignoranz mancher Besucher versauen den Naturliebhabern das Wohlfühlempfinden!

                                      Noch während ich mich ärgere ziehen zwei einzelne Wanderer an uns vorbei. Irgendwann folgt eine Gruppe Schweden. Schon vom Weitem sind sie als solche zu erkennen. Die Herren der Gruppe sehr praktisch und effizient gekleidet, die Damen hingegen in hautengen Leggins. Definitiv nett anzusehen, aber der praktische Aspekt erschließt sich weder mir noch Konstantin. Irgendwann rappeln wir uns auf und trotten die letzten Meter zu unserem Tagesziel.

                                      Noch ein letzter Blick auf die herrliche Wildnis, bevor ich mich auf das Lagerleben mit anderen Leuten einstelle.



                                      Konstantin überquert die Hängebrücke nach mir und ist sichtlich geschafft. Das weckt irgendwie Erinnerungen an meine allererste Sarektour, ging mir nicht anders.



                                      Kurz rätseln wir noch über die rote Konstruktion im Wasser, die wie ein großer Torpedo aussieht und sich in der Strömung um die eigene Achse dreht. Eine Wasserpumpe vermuten wir und liegen goldrichtig! Das Wetter wird immer besser und wir melden uns beim Hüttenwart an. Beide nehmen wir einen Zeltplatz für eine Nacht. Ich lasse mir die Option offen morgen direkt zu verlängern, das Wetter sollte richtig mies werden. Ich will direkt einen der 500 SEK Schecks einlösen, was selbstverständlich nicht geht. Es kommen fast alle damit in den Laden und der Hüttenwart hat kein Bargeld mehr zum Auszahlen. Zum Glück habe ich noch genug Scheine dabei. Konstantin ist erstaunt, dass der kleine Laden so gut befüllt ist und ärgert sich, sein ganzes Essen mitzuschleppen. Hätte er ja nicht ahnen können, dass man hier was kaufen kann. Irgendwie zweifle ich noch heute daran, dass er sich großartig Gedanken zu diesem Urlaub gemacht hat
                                      In dem kleinen Shop kommen wir an einem großen Sticker von einem Rottweiler vorbei, der an der Tür des Privatraums vom Stugvärd hängt. "This is my dog, Atos. He is protecting us around here!" Ich lache mit ihm und denke er spaßt nur, da ich weit und breit keinen Vierbeiner entdecken kann. Als wir den Laden verlassen kommt auf ein Mal etwas Riesiges um die Ecke der Hütte geschossen. Ich denke mir sofort "Scheiße! Ein Bär!" und kann im letzten Moment einen erschreckten Ausruf unterdrücken. Tatsächlich handelt es sich bei der Erscheinung um einer der größten Rottweiler, den ich je zu Gesicht bekam. Atos kommt auf mich zugetrottet und begrüßt mich persönlich, verliert aber auch sofort das Interesse. Phuuu, der Puls verlangsamt sich wieder und ich hoffe, man liest mir die Anspannung im Gesicht nicht ab.

                                      Wir erhalten die Einweisung vom Hüttenwart auf Englisch, dass er wie fast jeder Schwede hier oben nahezu perfekt beherrscht. Als die kleine Gemeinschaftsküche vorgestellt wird, fügt er am Ende hinzu "This is the common swedish system. You have to do everything by yourself, and then pay for it!" So viel Wahrheit in so wenigen Worten

                                      Nachdem wir unsere Zelte aufgeschlagen haben, Konstantin hat für sich alleine ein neues Hilleberg Nammatj 2 eingepackt, kochen wir uns unser Abendessen draußen vor der Küche mit unseren Trangiasets um Spiritus loszuwerden. Zum anderen haben wir auch Angst vor den abenteuerlich wirkenden Gasherden, die aussehen, als ob sie es durch beide Weltkriege an vorderster Front geschafft hätten. Konstantin hat das große Trangiaset mit Kessel und allem Pi-Pa-Po dabei. Ich kann nicht anders und muss nach seinem Beruf fragen, wo nimmt man für so eine Ausrüstung die Kohle her? "Ich bin Sysadmin, verdien' nicht schlecht" Was für ein Zufall. Auch ich verdiene meine Brötchen als Systemadministrator! Allerdings kommt im Laufe des Abends raus, dass mein Bruttogehalt in etwa seinem Nettogehalt entspricht. Ich hab mir geschworen, dass ich während meines Urlaub nicht an die Arbeit denke, aber an diesem Punkt fühlte ich mich ein wenig abgezockt. Hier der Blick von unserem Sitzplatz auf die Sauna, zwei Gäste die am Tisch sitzen und die, die stehen, sind die beiden zukünftigen Hüttenwarte. Der ältere Herr mit Hut hat einen chronischen Husten. Nahezu nach jedem Wort wird ein trockener Huster nachgelegt. Anfangs irritiert mich das sehr, aber je mehr ich mich mit ihm unterhalte, desto normaler wird es. Er erinnert mich an Sam Hawkins aus den alten Karl May Streifen, ein Original! Als ich mein Geschirr reinigen gehe, wird es ganz kurz hektisch an der Sauna. Bevor ich mitkriege was los ist, ist die Sache auch schon vorbei. Ein Adler hat sich einen Fisch aus dem Ábeskojávri gekrallt und fliegt davon. Ich kann ihn noch so gerade ausmachen, bevor er aus dem Blickfeld verschwindet. Wirklich toll zu sehen, was diese Szene bei den Leuten auslöst, die sie beobachten konnten. Alle wirken aufgedreht und es gibt direkt Gesprächsstoff.



                                      Bei dem knalligen Rot in der Sonne verstehe ich immer mehr die Leute, die sich rote Zelte kaufen! Der Kontrast ist einfach nur genial!

                                      Im Laufe des Abends trudeln nur noch wenige Leute bei der Hütte ein. Einer von ihnen ist Markus! Ein junger Bursche aus Bayern stammend. Er hat gerade seine schulische Ausbildung abgeschlossen und noch ein wenig "luft" bevor es ans Studieren geht. Diese Zeit verbringt er mit einem Interrail-Ticket auf Reisen. Wir sitzen zu dritt an einem Holztisch und unterhalten uns miteinander, den Hüttenwarten, den anderen Gästen. Es ist sehr gesellig und lustig. Der Stugvärd erzählt uns vom Strand weiter hinten und wir wissen nicht, ob er uns auf den Arm nimmt, wie mit dem Whirlpool hinter der Sauna.... Trotzdem ziehen wir mit einem Handtuch bewaffnet los und staunen nicht schlecht!



                                      Beinahe windstill! Toll! Hier lässt es sich aushalten! Ich kann den Hüttenwart schon verstehen, warum er mittlerweile das siebte Jahr hintereinander in Abiskojaure anzutreffen ist!



                                      Wir gehen alle gemeinsam ans kristallklare Wasser und laufen los. Der See ist so flach, dass man 20 Meter hinein spazieren kann und gerade eben hüfttief im Wasser steht. Um uns herum schwimmen Fische und springen an die Oberfläche. Ich tauche kurz unter, Markus flieht wieder zurück an den Strand. Lange ohne Klamotten hält man es aber nicht aus, da wir das Buffet für eine Schwadron von Mücken darstellen. Flott abgetrocknet gehen wir wieder zurück und lassen uns an der Sitzbank draußen nieder, wo uns Markus auf einer groben Karte von ganz Schweden zeigt, wo er schon bisher war. Die anderen haben sich mittlerweile alle zurückgezogen. Wir folgen gegen 23 Uhr. Ich döse im Zelt vor mich hin und dämmere beinahe weg, als ein Gekreische losbricht, dass ich beinahe aus dem Schlafsack springe! Es ist kurz nach 00 Uhr und die Möven streiten sich um irgendwas. Als eine Möve als Sieger aus dem Gezanke hervor geht und endlich Stille einkehrt, fängt Markus an zu schnarchen

                                      Tja, das war der erste, ereignissreiche Tag auf dem Kungsleden. Absolut nicht das, was ich mit meiner ersten Planung haben wollte, aber ein spitzenmäßiger Ersatz! Die Leute sind super interessant und nett, jeder hier hat seine eigene spannende Geschichte und manchmal lohnt es sich wirklich zuzuhören! Mehr als ein halbes Jahr sind seit der Tour vergangen und es sind immer noch so viele Details präsent, dass ich im Bericht zwangsläufig abkürzen muss, weil es sonst einfach zu sehr ausartet! Was erwartet euch im nächsten Kapitel? Neben verdammt schlechtem Wetter dürft ihr euch fragen, was aus Konstantin wird, wie viele Leute in eine Gemeinschaftsküche passen und wie man am "besten" seine Lebensmittel über den Kungsleden transportiert

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                                      • efbomber
                                        Erfahren
                                        • 23.08.2010
                                        • 228
                                        • Privat


                                        #20
                                        AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                        Zitat von Fjaellraev Beitrag anzeigen
                                        Und was hast du in den 23:45h dazwischen angestellt Sorry der musste sein.
                                        Das passiert mir auch sonst sehr oft
                                        9:44 auf dem Zeitstempel der Bilddatei lesen und irgendwie dank dem kuriosen Gehirn viertel vor 9 draus machen.

                                        Aber gut aufgepasst du Fuchs
                                        Gruß
                                        David

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                                        • kirsten66
                                          Gerne im Forum
                                          • 08.03.2013
                                          • 52
                                          • Privat


                                          #21
                                          AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                          Toller Bericht, freue mich schon auf die Fortsetzung. Diese Raupen, sind das Seidenspinnerraupen? Die sind doch nicht ganz ungefährlich oder?

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                                          • dingsbums
                                            Fuchs
                                            • 17.08.2008
                                            • 1503
                                            • Privat


                                            #22
                                            AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                            Zitat von kirsten66 Beitrag anzeigen
                                            Diese Raupen, sind das Seidenspinnerraupen?
                                            Es sind Fjällbjörkmätare - Fjällbirkenspanner bzw. heißen sie auf Deutsch wohl Birken-Moorwald-Herbstspanner.

                                            Übrigens: Guter Bericht, auch ich freue mich über jeden neuen Tag, von dem erzählt wird.
                                            Zuletzt geändert von dingsbums; 16.01.2014, 10:33. Grund: Genaue deutsche Bezeichnung ergänzt.

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                                            • Mika Hautamaeki
                                              Alter Hase
                                              • 30.05.2007
                                              • 3996
                                              • Privat


                                              #23
                                              AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                              Tolle Fotos und ein genial geschriebener Bericht! Hoffentlich geht es bald weiter.
                                              So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                              A. v. Humboldt.

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                                              • Zeppenvolk

                                                Anfänger im Forum
                                                • 04.12.2006
                                                • 38
                                                • Privat


                                                #24
                                                AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                Ja, der Bericht liest sich wie ein Roman. Die Fotos ergänzen "ihn" prächtig.

                                                Ich weise mich mit dem Perso und dem DJH-Mitgliedsausweis aus. Abgebrochen hatte ich damals auch nicht komplett, habe auch dann "umdispniert".

                                                Gruß Rudolf
                                                Der Weg ist das Ziel

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                                                • Mortias
                                                  Fuchs
                                                  • 10.06.2004
                                                  • 1232
                                                  • Privat


                                                  #25
                                                  AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                  Der Schreibstil ist wirklich sehr erheiternd und entlockt immer wieder ein kleines Schmunzeln. Wobei ich Deine Wut über die vielen Klo- und Feuerstellen am Weg sowie den arglos weggeworfenen Müll sehr gut nachvollziehen kann. Ein bisschen mehr Aufmerksamkeit und Rücksicht auf die Natur sind wirklich nicht zuviel verlangt. Aber neben vielen interessanten und lustigen Bekanntschaften trifft man leider auch sowas zuhaus aufn Kungsleden an. Ist halt die Kehrseite der Medaillie.
                                                  Schade auch, dass an einigen Abschnitten der Wald komplett kahl ist. So wirkt alles doch viel trostloser. Wobei ich mich frage ob das alles nur kahlgefressen ist oder ob da nicht einfach die Knospen noch nicht alle aufgegangen sind. Immerhin bist Du ja zu Beginn der Sommersaison da oben gewesen.

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                                                    Erfahren
                                                    • 23.08.2010
                                                    • 228
                                                    • Privat


                                                    #26
                                                    AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                    An dieser Stelle schon Mal vielen Dank für die vielen netten Kommentare
                                                    Das freut mich doch sehr, wenn ich einigen von euch damit ein wenig zurückgeben kann!

                                                    @ dingsbums: Klasse! Ich habe einfach nur nach "grüne Raupe" im Internet gesucht und irgendwie kein einziges Passendes Bild gefunden. Nun weis ich endlich womit ich mich da rumärgern musste. Vor allem stinken die ekelig, wenn man die aus Versehen auf den Kleidungsstücken zerreibt beim Gehen.

                                                    @ Mortias: Die Stellen auf den Fotos sind leider tatsächlich kahlgefressen, teilweise konnte man komplett begrünte Birken zwischendurch entdecken. Vom Nahen hat man manchmal noch Blattreste gesehen. Der extrem warme Maimonat hat für einen sehr frühen Vegetationsschub gesorgt, der von den Raupen zu dieser Fressorgie missbraucht wurde.

                                                    Ich hoffe ja nur, dass sich der Großteil der Bäume noch erholen konnte. Laut einigen Leuten aus der Turiststation war dies das dritte Jahr in Folge mit so einer gigantischen Plage. Die Birken schaffen es kaum in den kurzen Sommerwochen sich von solchen Attacken zu erholen.

                                                    Gleich gibts noch eine kleine Fortsetzung, morgen dann vielleicht schon eine Größere

                                                    Gruß
                                                    David

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                                                      Erfahren
                                                      • 23.08.2010
                                                      • 228
                                                      • Privat


                                                      #27
                                                      AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                      Kapitel 4 - Schlechtes Wetter draußen, gute Stimmung drinnen
                                                      20.06

                                                      Als ich wach werde, ist es 7 Uhr morgens. Ein nicht weit entferntes Husten verrät die Anwesenheit des zweiten Hüttenwarts, der sich auf dem Weg zu den Toiletten befindet. Bei Konstantin im Zelt hört man ebenfalls Bewegung, Markus hingegen schnarcht noch dezent vor sich hin. Es sei ihm gegönnt
                                                      Langsam krieche ich aus dem Schlafsack und in meine Klamotten und verlasse das Zelt. Es ist noch relativ ruhig hier. Kurz vertrete ich mir die Beine, als mir der Stugvärd gegenübertritt und mich mit einem akzentfreien "Guten Morgen, der Herr! Haben Sie gut geschlafen?" begrüßt. Für mich ist es eine dieser Situationen, wo ich mich freue, dass man die deutsche Sprache ausnahmsweise nicht von einem Deutschen hört und zeitgleich schäme ich mich, dass ich fast kein Wort Schwedisch beherrsche. Er erklärt mir, dass das alles noch aus seiner Schulzeit hängen geblieben ist. Ich bin beeindruckt, da meine Schulzeit gerade Mal 12 Jahre her ist und ich weis heute kaum noch, welche Fächer ich belegt hatte. Kann aber auch daran liegen, dass man traumatische Erlebnisse schneller verdrängt

                                                      Unterdessen kommt Konstantin aus seinem Zelt und genehmigt sich eine Frühstückszigarette. Kurz wird der Gedanke an ein schnelles echtes Frühstück, gefolgt von einem raschen Start, wach. Ein Blick in alle 4 Windrichtungen zügelt mich dann doch. Während wir unser Frühstück vor der Küche zubereiten und zu uns nehmen, kommt auch Markus aus seinem Zelt. Er will heute schon wieder zurück, da er den Zug nach Norwegen erwischen will. "Muss man halt mitnehmen, wenn man schon hier oben ist", sagt er. Richtig so! denke ich. Bist du erst Mal berufstätig hast du kaum eine Chance so einen Trip zu unternehmen. Die Verpflichtungen lassen es einfach nicht mehr zu. Noch während wir gemeinsam frühstücken, fallen die ersten Regentropfen.



                                                      Markus verlässt uns kurz darauf und macht sich auf seinen Weg. Wir wünschen ihm noch ganz viel Spaß und eine sichere und gesunde Reise. Konstantin lässt vorsichtig verlauten, dass er sich immer noch nicht sonderlich besser fühlt und spielt bereits mit dem Gedanken die Tour abzubrechen. Er hat nicht genug Bargeld um Essen in den Hütten nachzukaufen und nicht genug Ausdauer um alles weiterhin mitzuschleppen. Er will mir sein Trangiaset überlassen, ich lehne aber dankend ab, da weder Platz in meinem Rucksack ist, noch das Zusatzgewicht mich glücklicher machen würde. Seine gesamte gefriergetrocknete Nahrung wandert ins Regal mit der Kennzeichnung "free for all". "Das schlepp ich doch nicht mehr mit zurück!". Er hat noch fast volle 3 Wochen Urlaub, mindestens eine davon will er in Stockholm verbringen. Beim Flug hierher hatte er dort seinen Zwischenstopp und die Stadt hat es ihm angetan. Irgendwie kann ich ihm da zustimmen, es ist ca. 5 Wochen her, dass ich dort ebenfalls 7 Tage verbracht habe. Es regnet mittlerweile konstant und es sieht nicht danach aus, dass es in naher Zukunft aufhören würde. Wir gehen beide unsere Gebühr für diesen Tag beim Stugvärd bezahlen und erfahren von ihm, dass es noch richtig fies werden soll. Na prima...

                                                      Konstantin will aber seine neue Ausrüstung nicht umsonst durch die Gegend getragen haben, also beschließen wir einen kleinen Ausflug zu unternehmen. Wir stärken uns vorher noch mit einem Kaffee in der Küche, als ein Paar hereintritt. Zwei Deutsche, wie sich herausstellt, wir sprechen kurz miteinander und sie erkundigen sich nach einem weiteren deutschen Paar, dass sie bereits hier vermutet hätten. Der Mann würde mir sehr ähnlich sehen, nur ein wenig älter. Es stellt sich heraus, dass die beiden gestern an ihrem Nachtlager vorbeigekommen sind, sie aber nicht auf dem Weg nach Abiskojaure wiedergesehen wurden. Etwas Besorgnis ist in der Nachfrage zu verspüren und wir versprechen auf unserem Ausflug nach ihnen Ausschau zu halten, falls sie nicht bereits weitergelaufen sind und Abiskojaure links liegen gelassen haben. Als wir losmarschieren ist der Regen immer noch gleichgültig monoton am Fallen.



                                                      Wir zwei haben aber dennoch gut Lachen, so ganz frei vom Gewicht der Ausrüstung und nach ein paar ordentlichen Portionen Essen ist die Motivation, die Gegend zu entdecken, hoch!



                                                      Der Wanderweg steht quasi unter Wasser, was uns beide dazu veranlasst sich abseits davon zu bewegen. Es ist auch angenehmer für Konstantins überstrapazierte Gelenke, warum also nicht. Selbst bei diesem nassen Wetter ist die Gegend einfach nur schön!



                                                      Schnell stellt sich heraus, dass es abseits vom Kungsleden noch mehr zur Schlammschlacht wird. Breit ausgefahrene Quadspuren ziehen sich durch die Landschaft. Konstantin nutzt die Gelegenheit seine Stiefel und Gamaschen auf Dichtigkeit zu prüfen. Ja es macht Spaß neue Ausrüstung zu nutzen!
                                                      So sehr, dass auch stark moorige Abschnitte exakt durch die Mitte gequert werden. Konstantin kommt immer gerade so durch, während ich Schwergewicht an diesen Passagen richtig tief einsinke und den Boden sehr häufig zum Nachgeben zwinge. Irgendwann lasse ich ihm seinen Spaß und halte mich mehr an die steinigeren Flächen. Man muss sich ja keine nassen Wanderschuhe an einem Ruhetag holen.



                                                      Während Konstantin so dahinwandert, widme ich mich den kleinen Blümchen, die hier sehr häufig den Boden schmücken.



                                                      Als wir wieder auf den Weg zurückkehren und noch ein Stück weiter Richtung Abisko laufen, kommen uns plötzlich zwei Wanderer entgegen. Konstantin meint sofort, dass das die beiden Deutschen sind. Vorneweg geht eine Gestalt mit schwarzem Regenhut, in schwarzen Klamotten. Auch er ist etwas beleibter und ich beschließe einfach mal unverschämt einen Willkommengruß in unserer Landessprache von mir zu geben. Ich lasse ebenfalls noch ein "Ihr werdet schon erwartet." ab, was verwunderte Blicke nach sich zieht. Als wir von dem anderne Paar berichten, verstehen es die beiden sofort. Sie hatten heute länger geschlafen und sind unter anderem auch wegen dem Regen später losgelaufen. Weiter als bis zur Hütte wollten sie dann auch nicht. Kann ich extrem gut nachvollziehen.
                                                      Für ein Weilchen streunen Konstantin und ich noch durch die Gegend, aber recht schnell haben wir die Schnauze vom Regen voll und beschließen wieder zurück zu gehen. Etwas Warmes trinken und vor allem etwas Warmes zu essen lockt uns. Zum Regen gesellt sich langsam ein unangenehmer Wind.

                                                      Zurück in der Küche, die mittlerweile eine Basisstation für allerlei Hiker geworden ist, kochen wir uns mit den anderen unsere Nudeln und unterhalten uns. Schnell stellen wir fest, dass die Anwesenden alle der deutschen Sprache mächtig sind, 6 Deutsche, 1 Schweizer, 1 Holländer, der gerade aus den westlichen Gebirgen querfeldein hier runter gewandert ist. Er ist von Absiko aus vor zwei Tagen gestartet, durchs Kårsavagge und anschließend über den Boazočohkka zu uns gewandert. Er will sich nur kurz aufwärmen um dann schnell zur Turiststation zu gelangen, da er bereits morgen Abend seinen Rückflüg in Kiruna vor sich hat. Eine kleine Geschäftsreise wurde mit privatem Urlaub verlängert und mehr Zeit war nicht drin.
                                                      Draußen ist es mittlerweile ziehmlich übel am Gießen. Der Regen prasselt mit den Windböen in einem Stakkato gegen die Fenster der Gemeinschaftküche und wir sind alle heil froh im Warmen und Trockenen zu sitzen. Auf einmal dringen zwei weitere Stimmen von außerhalb zu uns durch, sie kommen mir bekannt vor und ich gehe hinaus. "Na so ein Zufall, ihr auch hier?". Die beiden Jungs aus Berlin, die ich in Boden getroffen hatte, waren bereits auf ihrem Rückweg. Ich bekomme nur ein trockenes "Ach du bists! Bist ja weit gekommen bisher!". Das zaubert mir direkt ein Grinsen aufs Gesicht, auch wenn es, verdammt noch eins, stimmt. Die zwei hatten ihre Tour durchgezogen, allerdings wurden sie vom regnerischen Wetter bis heute relativ verschont. So kann es hier oben gehen, man selbst bekommt den Arsch versohlt, während zwei Täler weiter alles trocken bleibt. Wir tauschen uns aus, während sich alle über die Trekkingmahlzeiten von Konstantin hermachen. Alle freuen sich die teuren, gefriergetrockneten Produkte austesten zu können, ohne selbst Wucherpreise dafür ausgeben zu müssen. Einer der beiden Berliner ist schon ziehmlich geschafft und die warmen Mahlzeiten sollen die Motivation für den Rest der Strecke bis nach Abisko oben halten. Jetzt sind wir schon 10 Leute in der Hütte, die Stühle sind alle besetzt und der Geruch von diversen Fertiggerichten, Kaffee und Körpergeruch erfüllt den Raum. Konstantin verzieht sich irgendwann in sein Zelt, essen macht müde. Dafür kommen dann ein weiterer Deutscher mit seiner schwedischen Freundin hinzu. Er studiert in Stockholm.

                                                      Langsam aber sicher glaube ich, dass man nur mit Deutsch wunderbar hier oben zu Recht kommt. Es werden noch zwei Jungs erwartet. Ein Ire und ein Schwede. Diese wollten gestern noch im Ica in Abisko einkaufen. Keine Stunde später trotten 2 klitschnasse Gestalten an den Hütten vorbei zum Stugvärds Shop. Und jetzt kommts, beide haben in jeder Hand eine bis zum platzen volle Plastiktüte, gefüllt mit den Einkäufen aus dem Ica!!! Als sie zu uns in die warme Stube kommen, wird von allen verwundert gefragt, ob sie das jetzt den ganzen Weg von Abisko so getragen hätten. Ja natürlich, ging nicht anders, bei dem Regen kann man schlecht die Rucksäcke draußen packen. Okay, ich denke kurz darüber nach, wie sich meine Hände nach so einer Aktion angefühlt hätten. Wie hätte ich Halt suchend, ohne die Wanderstöcke gegriffen zu haben, über die nassen Holzplanken und Steine balancieren sollen? Mir grauts, aber irgendwie habe ich vor der Leistung Respekt. Zwei ganz harte Hunde
                                                      Während die beiden Berliner und der Holländer sich nun wieder auf den Heimweg machen, werden die guten Waren aus den Ica-Beuteln gezaubert und in den Rucksäcken verstaut. Der meiste Verpackungsmüll bleibt in Abiskojaure. Habe ich schon erwähnt, dass selbst der Ire ein wenig Deutsch sprechen konnte? Un-fuckin-believable! Seine Mutter ist Deutsche, somit klärt sich auch das Mysterium.

                                                      Wir sitzen alle noch eine Weile zusammen und irgendwann lässt der Regen nach, der Wind ebenfalls und bevor der Abend voranschreitet lässt sich auch hin und wieder ein kurzer Blick auf die Sonne erhaschen. Die wenigen Sonnenstrahlen zu genießen tut sooooo guuuut!



                                                      Irgendwann läuft mir wieder Konstantin über den Weg. Er sieht nun ein wenig besser aus. Er fasst den Plan morgen so früh wie möglich Richtung Abisko aufzubrechen, damit er schnellstens einen Flug zurück nach Stockholm bekommt. Er fragt, ob er mich wecken soll. "Wenn du Sonne siehst, wenn du ,morgen aufstehst, dann ja!"
                                                      Den Abend verbringen wir draußen und kurz bevor wir zeitig in die Penntüten schlüpfen, dreht Atos noch seine Wachrunde.



                                                      Bevor mich der SChlaf übermannt, grübele über die Aussage, des einen Berliners nach. Scheisse, denke ich mir, ich bin hier nun schon 5 Tage, und was habe ich bisher gesehen? 3 Tage Dauerregen. Bin ich zu weich für diese Art von Urlaub geworden? Warum hatte ich da oben bei Lapporten so eine Blockade? Das Thema lässt mich eine ganze Weile nicht los, auch die nächsten Tage werde ich hin und wieder darüber nachdenken. Irgendwann dämmere ich mit der Hoffnung auf einen schönen Wandertag mit Sonne und vor allem auch wieder etwas Zeit für mich alleine, ein.

                                                      Was soll man groß zu diesem Tag sagen? Die Zeit wurde mit Nahrungsaufnahme, sehr guter, netter und interessanter Gesellschaft, einem kleinen Ausflug und viel Hoffnung auf Besserung der Wetterlage, totgeschlagen. So toll das in der Gemeinschaftsküche mit den ganzen Leuten war, so sehr wünschte ich mir an diesem Abend ein wenig dieser Einsamkeit vorangegangener Touren. Ob sich das denn auf den folgendend Etappen des Kungsleden realisieren lassen würde? Schließlich wusste ich noch nicht genau, wann ich den Weg verlassen würde. Sich an diesem Punkt fest zu legen, wäre in meinen Augen fatal. Ich lebte auf dieser Tour von einem Tag zum anderen, aber das war es im Endeffekt, was es ausgemacht hat. Die Entscheidungen immer nur für den Moment treffen und nicht mehr drüber nachdenken, nachdem man sie getroffen hat.
                                                      Nach diesem ganzen Geschreibsel mit wenigen guten bunten Fotos verspreche ich für den folgenden Tag wieder viel mehr Bilder!

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                                                        Erfahren
                                                        • 23.08.2010
                                                        • 228
                                                        • Privat


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                                                        AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                        Kapitel 5 - Teil 1 - Ein sonniger Tag auf dem Kungsleden
                                                        21.06

                                                        Irgendwas rüttelt an meinem Zelt und reist mich aus dem Schlaf. Ich will nicht aufstehen. Der Traum von Kaiserwetter in einem steinigen Hochgebirge ist grad so schön. Ich murmle irgendwas vor mich hin, doch das Rütteln hört nicht auf. Langsam nehme ich eine Stimme wahr, sie gehört Konstantin, der mich zum Aufstehen ermuntert. Schlagartig gehen meine Augen auf, er sollte mich doch nur wecken, wenn die Sonne zum Vorschein kommt! Im Zelt merkt man nichts davon, trotzdem antworte ich, dass ich gleich raus komme. Ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass es 4:30 ist. Schnell in die Klamotten gesprungen und raus an die frische Luft. Der gestrige Regen hat die Temperatur sinken lassen, was wir am Thermometer an der Außenwand der Gemeinschaftsküche feststellen können.



                                                        Die Luft ist angenehm und wir frühstücken erneut vor der Hütte, es bleibt trocken. So langsam aber sicher reist die Wolkendecke auf und vereinzelt schafft es die Sonne einige wärmende Strahlen auf die Erde herab zu schicken. In diese Richtung wird es heute für mich gehen. Die Spitze des Adnjetjårro erstrahlt bereits im Licht, während Abiskojaure noch unter einer Wolkendecke liegt.



                                                        Der allmorgendliche Ablauf kostet seine Zeit, Essen, Geschirr spülen, Frischwasser nachholen, Dreckwasser an der dafür vorgesehenen Stelle wegkippen, die Küche ausfegen dann endlich das eigene Hab und Gut zusammenpacken. Die Sonne setzt sich immer mehr und mehr durch, so dass auch mittlerweile unser Tal, beinahe frei von Wolken, ein wunderschönes Lichtspiel an den nassen Steinflanken des Giron reflektieren lässt.



                                                        Um 6:30 sitze ich mitten in Abiskojaure an einer alten Feuerstelle und lasse mir die Sonne ins Gesicht brennen. Alles ist startklar und ich will nicht länger trödeln. Das verspricht heute ein genialer Tag zu werden. Ich leiste Konstantin nur noch kurz Gesellschaft, er hat noch nichts zusammengepackt und legt auch keine Eile an den Tag. Er versucht noch ein wenig Gewicht loszuwerden und will mir sein Antibrumm mitgeben, was ich wie schon sein Trangiaset und seine gefriergetrocknete Nahrung dankend ablehne. Ich habe selber ein kleines Roll-on Mygga dabei. Als ich die Hummeln im Hintern nicht mehr ertrage, stehe ich auf, setze meinen Rucksack auf und frage, ob er das denn heute alleine auf die Reihe bekommt. "Na logo, bin gut ausgeruht, ich geh auch gleich, freu mich schon auf Stockholm!". Wir wünschen uns alles Gute, geben uns die Hand und ich gehe endlich los.
                                                        Weit komme ich jedenfalls nicht, ohne direkt ein paar Bilder zu knipsen. Ich bin fasziniert, was die Gegend für einen Unterschied aufweist, wenn die Sonne auf einen scheint. Gestern fühlte man sich noch irgendwie eingeschüchtert, heute hingegen willkommen.



                                                        Hin und wieder ziehen noch letzte Wolkenbänke über mich her, worüber ich sogar dankbar bin. Obwohl ich die Softshell im Rucksack gelassen habe, komme ich schnell ins Schwitzen. Der Weg ist bislang noch leicht zu gehen, es geht durch eine flache, teilweise leicht sumpfige Ebene. Würde man hier geradeaus weiterlaufen, würde man nach Unna Allakas gelangen. Auch hier eine gute Alternative, falls einem zu viel auf dem Kungsleden los sein sollte.



                                                        Am Giron wird ein Wasserfall sichtbar. Finde ich persönlich richtig Klasse!



                                                        Ein wenig später gelange ich an eine Stelle, die mit einer großen, hölzernen Hinweistafel versehen ist, die mitten auf dem Weg steht. Sie markiert die Grenze des Abisko Nationalparks und gibt allerlei Informationen von Flora, Fauna, Parkregeln und so weiter an. Ich lese nichts davon, weil ich weiter Richtung Gárddenvággi möchte. Der Gárddenvárri liegt so einladend in greifbarer Nähe! Verlaufen ist hier unmöglich.



                                                        Langsam geht es etwas aufwärts. Ich komme ins Schnaufen und mache hinter der Hängebrücke über den Šiellajohka eine kleine Rast um den Durst an dem eiskalten Wasser zu stillen. Ich mache mir nicht die Mühe meine Wasserflasche aufzufüllen, ich trinke direkt aus dem Becher.



                                                        Bis hierhin ist der Weg super zu laufen und in meinen Augen auch prima für Anfänger ausgelegt. Lediglich die Etappenlänge von 22km nach Alesjaure könnte abschreckend wirken. Ich schultere den Rucksack und schaue den Hang hinauf. Direkt nach der Brücke gehts ein paar Meter ganz schön steil nach oben. Kurz frage ich mich wie Konstantin das hier verkraftet hätte, vermutlich nicht besonders gut. Nach dem ersten Anstieg steht ein rotes Zelt beinahe direkt auf dem Weg vor mir. Es ist still und ich verhalte mich leise um niemanden aufzuwecken. Irgendwann ist man auf einem Höhenniveau zwischen 700 und 800m angekommen und läuft mal mehr mal weniger in diesem Bereich weiter. Der Blick zurück ist wundervoll!



                                                        Zu meiner Rechten sticht der Gárddenvárri im Sonnenschein hervor.



                                                        Hier gönne ich mir auch eine kleine Schokoladenauszeit und atme ein paar Mal durch. Dabei werden bei Bilderbuchwetter weiterhin Fotos geknipst. Hier ein phänomenaler Himmel mit tollen Wolken und dem Blick runter ins Tal, das Richtung Unna Allakas führt.



                                                        Bis hierhin benötigte ich jetzt schon eine Stunde und 15 Minuten. Ich habe Schwierigkeiten einzuschätzen, ob ich eventuell zu langsam unterwegs bin. Macht nichts, der Plan ist nach wie vor irgendwo am Rádujávri mein Zelt aufzuschlagen. Meinen ursprünglichen Verlauf würde ich so oder so nicht schaffen. Der Pfad geht sich aber sehr einfach und ich mache ein Gedankenvermerk: "Schauen wir mal einfach wie weit wir heute kommen, anhalten kannst du jederzeit!"



                                                        Der Pfad um den Gárddenvárri verläuft durch ein großes Weidengestrüpp, was zum Glück durch die Sonneneinstrahlung bereits fast trocken ist. So kann die Regenhose im Rucksack bleiben und ich werde nicht nass. Der Pfad selbst wird ab und an zum Bächlein, aber dadurch nie wirklich unangenehm zu gehen. Kurz darauf wird die Sicht auf den Miesákčohkka frei.



                                                        Aus dem Nichts taucht wieder dieses nervende Geknatter der Rotoren eines Hubschraubers auf. Der Pilot meint es gut und fliegt besonders tief über mir hinweg. Ich mache ein Beweisfoto, kann den Schriftzug aber nicht lesen. Rote Helis hatte ich hier oben bislang noch nicht zu Gesicht bekommen. Gehören die zur Bergwacht?



                                                        Das Wetter meint es heute auch richtig gut mit mir, es ist weder zu heiß, noch zu kalt. Der flaue Wind kühlt mich und ich kann die Gegend in vollem Zuge genießen!



                                                        Wenn man Richtung Nordwesten schaut, stellt man schnell fest, dass es hier noch ein wenig mehr Schnee auf den Gipfeln hat.



                                                        Hier kann man auch Sami-Sommerhütten bewundern, die von den Rentierzüchtern in den wärmeren Monaten bewohnt werden. Bis auf ein rotes Zelt abseits sieht alles verlassen aus. Auch dort bewegt sich niemand. Schließlich ist es ja erst 9 Uhr. Irgendwie vergesse ich, dass ich heute so früh los bin.



                                                        Nach einer weiteren Trink- und Futterpause, die ich abseits vom Weg verbringe, komme ich wieder schnell voran. Irgendwann gelangt man an einen Zaun, den man einfach über eine fast neu wirkende Holztreppe mit 3 oder 4 Stufen auf jeder Seite übergehen kann. Der Blick Richtung Seenlandschaft haut mich um. Sofort wird ein weiterer Vermerk in Gedanken gemacht, "Da musst du unbedingt durch, zur Not plane so, dass es klappt!"



                                                        Irgendwie fühle ich mich beobachtet und schaue öfters über die Schulter. Werde ich so ganz alleine auf weiter Flur etwa paranoid? Die einzigen Beobachter sind Gárddenvárri, Giron und Šiellanjunni.



                                                        Ich lege an einer Stelle erneut ein Päuschen ein um diesen wunderschönen Ausblick noch länger genießen zu können. Ich klopfe mir selbst auf die Schulter, dass ich gestern nicht stumpf weiter gegangen bin. Was wäre mir hier für ein Anblick entgangen! Da schmeckt mir die Heisse Tasse Steinpilzcremesuppe gleich viermal so gut!



                                                        Irgendwo weit da hinten wäre auch der Einstieg hoch zum Mårmapass. Aktuell ist mir das egal, ich erfreue mich an der Schönheit dieses Landes und das Beste an der Sache ist, dass sich niemand in Sichtweite befindet, und man kann von hier aus verdammt weit gucken! Nachdem ich den Becher ausgespült habe, folge ich weiterhin dem Weg. Sobald es ein wenig matschig wird, liegen Holzbohlen aus. Die Infrastruktur ist richtig klasse, zumindest bis hierhin. Ob sich das den ganzen Kungsleden so hält? Hätte ich nicht gerade nach unten geschaut, gäbe es einen kleinen Frosch weniger. Auch er nutzt die Bohlen, allerdings nicht als Pfad, sondern als Versteck. Die Vibration meiner Schritte haben ihn unter dem Brett hervorhüpfen lassen. Als Dank, dass ich ihn nicht platt gemacht habe, lässt er ein Foto von sich machen. Noch bevor ich die Kamera in der Hosentasche verschwinden lasse, sitzt er wieder unter der Bohle.



                                                        Die Hänge am Šiellanjunni bannen bei den Lichtverhältnissen meinen Blick.



                                                        Ein kleiner Teil des Goduglaciären kann bereits zwischen den Gipfeln erspäht werden.



                                                        Und immer wieder der Blick in dieses atemberaubende Tal! Alle zwei, drei Minuten wirkt es dank der dahinziehenden Wolken anders. Ich empfinde den heutigen Tag schon jetzt als Wiedergutmachung für den Misslungenen Start der Tour.



                                                        Bis zur Hütte am Rádunjárga ist es nun nicht mehr weit. Ich habe keine Ahnung ob diese Hütte in Privatbesitz ist, oder als Notunterkunft für Kungsledenwanderer gedacht ist. Einen direkten Pfad dorthin gibt es jedenfalls nicht, zumindest fällt mir keiner auf. Was mir hingegen auffällt ist ein kleiner blauer Farbklecks weit vor mir, der sich mir nähert. Der erste andere Wanderer des Tages! 20 vor 11 treffe ich auf eine schwarzhaarige Schwedin, die allerhöchstens Anfang 20 sein kann. Wir unterhalten uns kurz und sie erzählt mir, dass sie bereits vor einigen Tagen in Norwegen gestartet ist. Heute ist sie bereits spät dran, sie will noch bis zur Turiststation. Als ich frage von wo sie kommt und sie Alesjaure antwortet, staune ich nicht schlecht. Als sie hinzufügt, dass sie kurz vor 7 los ist, muss mein Gesichtsausdruck die Ungläubigkeit wiederspiegeln, die ich empfinde. Sie fängt an zu lachen und sagt, dass sie fast kein Gepäck dabei hat, nur 10 Kilo, nicht so wie ich. Im Nachhinein bedauere ich, dass ich nicht nach ihrem Namen gefragt habe, sie war mir sympathisch und ich erinnere mich ungerne an Gesichter ohne einen dazugehörigen Namen.



                                                        Als wir nach dem Plausch unserer Wege gehen, vergesse ich die Begegnung bei dem Anblick um mich herum recht zügig. Links im Bild der Miesákčohkka, rechts der Njuikkostakbákti und in der Mitte der Goduglaciären.







                                                        Wenn man genau hinsieht, erkennt man in weiter Ferne die Hütte bei Rádunjárga



                                                        Da der Weg nicht schwerer zu laufen ist, als zu Beginn, mache ich immer nur kurze Pausen um zu trinken, nen Happen zu essen und gehe weiter. Einen längeren Brake lege ich an einer kaputten Brücke ein. Sie scheint abgerissen worden zu sein, nur ein kleiner Teil ist noch übrig, der mir als freihängende Sitzbank dient. Zeit die Schuhe auszuziehen, die Beine baumeln zu lassen und die Sonne zu genießen! Langsam glaube ich, dass ich es durchaus schaffen könnte, bis nach Alesjaure durchzukommen. Immerhin liegt hier noch einiges vor mir! Die gelben Trollblumen geben einen wunderschönen Kontrast zum saftigen Grün der Weidensträucher ab! Die leicht mit Schnee bedeckten Gipfel der Berge krönen die Aussicht. Ich komme mir vor wie im Hochsommer. Mittlerweile hat die Sonne Oberhitze eingestellt. Ich bin dankbar für meinen Hut und dass ich heute hier an diesem wunderbaren Fleckchen Erde sein darf.







                                                        Nichtmal die Mücken trauen sich heute mein Wohlbefinden zu stören, vielleicht ist ihnen auch einfach nur zu warm. An der Brücke genehmige ich mir Liter Nummer 5! Langsam schnüre ich mir die Stiefel wieder zu und beschließe ganz größenwahnsinnig heute bis nach Alesjaure durchzuwandern.

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                                                          Fuchs
                                                          • 17.08.2008
                                                          • 1503
                                                          • Privat


                                                          #29
                                                          AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                          Zitat von efbomber Beitrag anzeigen

                                                          Aus dem Nichts taucht wieder dieses nervende Geknatter der Rotoren eines Hubschraubers auf. Der Pilot meint es gut und fliegt besonders tief über mir hinweg. Ich mache ein Beweisfoto, kann den Schriftzug aber nicht lesen. Rote Helis hatte ich hier oben bislang noch nicht zu Gesicht bekommen. Gehören die zur Bergwacht?


                                                          Ich tippe drauf, dass es dieser war. Kallax Flyg hat zur Saison einen Hubschrauber in Abisko stationiert und fliegt dich, wohin immer du willst. Vielleicht wollte jemand nach Alesjaure, angeblich lassen sich da oft Leute hinfliegen.

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                                                            • 21.12.2003
                                                            • 13981
                                                            • Privat


                                                            #30
                                                            AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                            Zitat von efbomber Beitrag anzeigen
                                                            Bis zur Hütte am Rádunjárga ist es nun nicht mehr weit. Ich habe keine Ahnung ob diese Hütte in Privatbesitz ist, oder als Notunterkunft für Kungsledenwanderer gedacht ist. Einen direkten Pfad dorthin gibt es jedenfalls nicht, zumindest fällt mir keiner auf.
                                                            Das ist, wie an der Signatur auf der Karte zu erkennen ist, eine Rasthütte für Wanderer. Allerdings liegt sie nicht am Sommerpfad sodern an der Winterroute und wird wohl auch während dieser Jahreszeit eher genutzt. Wer im Sommer dorthin läuft wählt wahrscheinlich einen grossräumig angepassten Weg und deshalb verteilen sich die Spuren besser.

                                                            Gruss
                                                            Henning
                                                            Es gibt kein schlechtes Wetter,
                                                            nur unpassende Kleidung.

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                                                              Erfahren
                                                              • 23.08.2010
                                                              • 228
                                                              • Privat


                                                              #31
                                                              AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                              Zitat von dingsbums Beitrag anzeigen
                                                              Ich tippe drauf, dass es dieser war. Kallax Flyg hat zur Saison einen Hubschrauber in Abisko stationiert und fliegt dich, wohin immer du willst. Vielleicht wollte jemand nach Alesjaure, angeblich lassen sich da oft Leute hinfliegen.
                                                              Klasse! Danke dingsbums! Das war tatsächlich deren Helikopter. Nach der Homepage zu urteilen müsste es sich um das Modell EC 120B Colibri Eurocopter 2000 SE-JHA handeln. Ich würde einmal so gerne bei schönem Wetter einen Rundflug machen, aber die Preise sind ja echt hoch!
                                                              30 Minuten bei 4 Fahrgästen 1320SEK pro Person
                                                              Zumindest ist das für mich viel Geld.

                                                              Gruß
                                                              David

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                                                                Erfahren
                                                                • 23.08.2010
                                                                • 228
                                                                • Privat


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                                                                AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                Kapitel 5 - Wo sind die Leute hin?

                                                                Die Stille ist eine Wohltat nach 2 Tagen Hüttentroubel, niemand auch nur in der Nähe, an dessen Laufgeschwindigkeit ich mich anpassen müsste. Prima!



                                                                Der Njuikkostakbákti mit einem kleinen Teil des Rádujávri. Die Sonne schmilzt den Schnee auf dem Gipfel und das Wasser läuft in zarten Rinnsalen am Gestein herunter.



                                                                Durch diese sumpfige Passage führen Kilometerlange Holzbohlenwege, man kommt also immer noch ohne größere Anstrengungen voran. Die Landschaft ist voller Troll- und Sumpfdotterblumen. Zweitere seht ihr auf dem Foto.



                                                                Langsam kommt ein frischer Wind auf, weshalb die Softshell letztendlich dann doch aus dem Rucksack geholt und drübergeworfen wird. Vereinzelt huschen bereits einige Mücken durch die Luft. Sie nutzen mich allerdings nur als Transportmöglichkeit um gegen den Wind anzukommen. Das ist das erste Mal, dass die Biester mir nicht nach dem Blut trachten, obwohl sie die Chance dazu hätten. Na gut, denke ich mir, will ich mal nicht so sein und lasse sie mitwandern. Winter- und Sommerwanderweg überschneiden sich ab jetzt. Der Blick zurück ist herrlich.



                                                                Am Rádujávri verläuft das Gestein ganz flach am Ufer ins Wasser. Ich schaue mich um, kann weit und breit niemanden sehen und beschließe hier eine kleine Runde zu schwimmen. Der Wind ist immer noch extrem frisch, aber ich vermute, das wird sich gleich relativieren, wenn ich ins noch kältere Wasser hüpfe.



                                                                Grinsen wie ein Honigkuchenpferd! Die Vorfreude aufs Bad schüttet eine Portion Endorphine aus.



                                                                Die Klamotten streife ich mir schnell ab, dann bereite ich das Handtuch zum Abtrocknen vor und die frische Unterwäsche. Ich deponiere alles hinter dem Rucksack, so dass der Wind nicht meine Wäsche durch die Gegend fliegen lässt. Ok, jetzt gilt es, Rückzieher nicht erlaubt. Vorsichtig setze ich einen Fuß ins Wasser und bin froh darüber. So merke ich sofort, dass der Stein unter der Wasseroberfläche von einem extrem rutschigen Schlamm bedeckt ist. Also reinlaufen ist keine Option. Ich setze mich hin und nutze den Stein als Rutsche. Die Kälte ist unbeschreiblich! Tausend Nadelstiche durchfahren mich im ersten Moment, aber es ist erfrischend. Ich schwimme eine ganz kleine Runde im Kreis, bevor mein Gefühl in den Fingern und Zehen verschwindet. Schnell wird der Körper noch saubergerubbelt und dann geht es auch schon wieder ans Ufer, was sich Dank des Matsches als recht aufwändig erweist. Ich greife mit den Händen aus dem Wasser auf ein Stück trockenen Fels und ziehe mich wie eine Robbe an Land. Der wind pfeift mir um die Ohren und mein Körper steuert endlich gegen die Kälte an. Die innere Heizung wird hochgefahren und ich verzichte aufs Handtuch, lege mich stattdessen auf den felsigen Untergrund und lasse mich von Sonne und Wind trocknen. Kann es was schöneres geben? Bester Tag soweit! Langsam lässt auch der Wind nach und ich entspanne mich noch mehr.

                                                                Etwas kitzelt mich am rechten Oberarm und stört meine meditative Ruhe. Ich schlage mit der Linken blind in die Richtung und ignoriere den Juckreiz. Kurz darauf dasselbe an der Schulter. Moment mal, was ist das denn jetzt? Ich mache die Augen auf und stelle zwei Dinge fest. Rechts vor mir sind 4 Wanderer aus Alesjaure zu sehen, die mich schon die ganze Zeit beobachten können. Na toll, immerhin hatte ich meine Boxershorts angelassen. Das Zweite, was ich registriere ist die beinahe komplette Windstille und ein lautes Summen, was mein Gehirn irgendwo im Unterbewusstsein die Alarmglocken schrillen lässt. Das Unbehagen wird sofort begründet, als ich mich umdrehe um meine Sachen anzuziehen. Hinter mir hat sich ein gigantischer Schwarm von den größten und fiesesten Stechmücken erhoben, den ich bisher je zu Gesicht bekommen habe. Die Kleidungsstücke auf dem Grünzeug hinter dem Rucksack deponiert, hätte ich mich genau in den Schwarm begeben müssen um dran zu kommen. Ich will einfach nur losheulen, stelle mich schon mit einem Bein wieder ins Wasser um mich mit einem Satz zu retten. Lieber unterkühlen und absaufen, als sich totstechen zu lassen! Just in dem Moment kommt eine Winböe auf, die die Angreifer dazu zwingt im niedrigen Buschwerk Schutz zu suchen. Ich reagiere blitzschnell, sprinte zu meinen Sachen und stelle vermutlich einen Weltrekord im Anziehen auf. Der Wind scheint auch nicht mehr nachlassen zu wollen. Ich danke allen möglichen Gottheiten für die Rettung, während ich mir Gesicht, Hände und Nacken mit meinem Mygga vollschmiere, nachdem alle Klamotten angezogen sind.

                                                                Wenn ihr genau in die Mitte schaut, seht ihr viele kleine schwarze Flecken, das war nur ein Teil der Biester.



                                                                Hier nochmal ein Versuch den Schwarm in Groß aus dem Originalbild auszuschneiden.



                                                                Als ich mir den Rucksack aufsetze und mich schläunigst vom Badeplatz entferne, stelle ich fest, dass die Wanderer bereits vorbeigelaufen sind. Wenn sie sich die Zeit genommen hätten, mich zu beobachten, wären sie vermutlich immer noch nicht aus dem Lachen gekommen. Ein paar Meter weiter befindet sich die Furtstelle, wo der Alisjávri in den Rádujávri fließt. Bei den aktuellen Wetterbedingungen scheint es eine einfache Sache zu sein, hier zu furten. Will ich aber nicht.



                                                                Noch ein paar Meter weiter und man gelangt an einen richtig schönen Platz, der anscheinend auch von den Samen genutzt wird um hier Überfahrten mit dem Boot in den Sommermonaten durchzuführen. Dunkle Sandsträndchen, eine alte Feuerstelle, die Holzstaken eines Tipi ohne bespannte Felle stehen wie Skelette in der Gegend rum. Ich betrete den Steg und beschließe hier meinen Hunger zu stillen.



                                                                Ich schlage mir den Bauch mit gesalzenen Erdnüssen und getrockneten Feigen voll. Die salzigen Erdnüsse sind eine spitzenmäßige Nahrungsergänzung, da ich so viel Wasser zu mir nehme und auch entsprechend schwitze. Ich bleibe noch eine Weile und träume vor mich hin.



                                                                Auch wenn ich anfangs dachte, ich würde hier irgendwo meinen Zeltplatz aufschlagen, fühle ich mich nicht müde oder ausgelaugt und laufe einfach weiter. Übernachtungsmöglichkeiten gibt es hier mehr als genug. Wie hier z. B.. Die Sonne reflektiert sich von den Wellen, der Ausblick auf die gegenüberliegenden Gipfel ist beeindruckend. Die alte Feuerstelle zeigt an, dass hier schon andere die Schönheit des Platzes in der Vergangenheit für sich beanspruchten.



                                                                Drüben stürzt sich ein Wasserfall zwischen Njuikkostakbákti und Visttasvárri in die Tiefe.



                                                                So ungefähr ab der Umzäunung für Rentiere, kann man in der Ferne bereits die Alesjaurestugorna ausmachen. Kann also nicht mehr weit sein. Der Weg ist weiterhin gut und einfach zu gehen. Ich bin über jedes kleine Hindernis dankbar, um das Gehen wenigstens ein wenig abwechslungsreicher zu gestalten. Dank dem Regen der letzten Tage trifft man hin und wieder auf Stellen, wo der Weg zum Bächlein wird.



                                                                Das Farbenspiel der Landschaft lässt mich die Kamera oft aus der Tasche holen. Besonders die Blautöne der Seen haben es mir angetan.



                                                                Alesjaure hingegen bleibt irgendwie konstant weit weg, obwohl man sich darauf zubewegt. Das ist wohl mit Abstand einer der gemeinsten Routenverläufe schlechthin! Ich muss zwangsläufig an ein Bild von einem Esel denken, dem der Reiter eine Karotte an einem Stock vor die Nase hält. Als ich dachte, dass es nur noch 10 Minuten Fußmarsch sein können, taucht ein Holzschild vor mir auf. Alesjaure 3km. Ich gehe weiter, ansonsten würde sich der Drang das Schild zu Feuerholz zu verarbeiten, durchsetzen. Und ab jetzt wird der Weg richtig toll! Die Holzbohlen liegen in absolut trockenen Bereichen und führen zielgenau zum Matschloch, aber eben nicht mehr darüber hinweg. Brücken über Flüsse sucht man ebenfalls vergebens. Jetzt wäre also auch geklärt, bis wohin der Weg wirklich spitzenmäßig ausgebaut ist. Ab jetzt ist er nur noch gut ausgebaut. Die Wegfindung gestaltet sich auf den letzten Windungen durch das Weidengestrüpp als spannend. Am Coalmmeriehpejávrráš muss ich das erste Mal auf dieser Tour meine Stiefel gegen die Neoprenschuhe austauschen. Die Furt wäre sicherlich auch ohne Schuhwechsel machbar gewesen, aber es ist erst 15 Uhr und ich bin schon fast da.



                                                                Auf der gegenüberliegenden Seite kann man ins Tal zwischen Moarhmmavárri und Bogičohkka schauen. Dahinter verbirgt sich der Moarhmmáglaciären.



                                                                Der Wasselfall zu meiner Rechten, direkt nach der Furt.



                                                                Der Visttasvárri.



                                                                Im Verlauf der letzten Meter führt der Weg genau am Ufer entlang. Eine völlig neue Erfahrung für mich in Lappland durch relativ tiefen und weichen Sand zu laufen. Der Blick zurück zeigt noch richtig schönes Wetter...



                                                                ...während es sich in Laufrichtung bereits langsam zuzieht.



                                                                Um 16 Uhr habe ich es geschafft und bin in Alesjaure angekommen.



                                                                Lediglich die Füße fühlen sich überanstrengt an. Die Meindl verrichten wie immer ihren guten Dienst, bis auf die leichte Wasserdurchlässigkeit nach der Neubesohlung. Der Hüttenwart kommt mir entgegen und heist mich als ersten Ankömmling aus Richtung Abiskojaure willkommen. Wow, mich hat heute niemand überholt! Und selbst die Jungs, die gestern noch weitergelaufen sind, um heute eine kürzere Etappe zu haben, sind ebenfalls noch nicht da. Ein klein wenig schlägt sich der Stolz dann schon bei mir durch. Schließlich habe ich mir wirklich Zeit gelassen, ein Bad genommen, gekocht und auch sonst nicht wirklich hastig die Kilometer runtergerissen.
                                                                Bevor ich mich entscheide, ob ich auf dieser Seite bei den Hütten nächtigen möchte, oder noch ein Stück weiterlaufe, sage ich dem netten alten Herren, dass ich mich erst ein wenig ausruhen und umsehen möchte. Ich setze meinen Rucksack auf der riesigen Bank am Fahnenmast ab und laufe meine müden Beine aus, indem ich Alesjaure erkunde. Hier oben auf dem Hügel pfeift der Wind so stark, dass mir trotz Halskordel Angst und Bange um meinen Hut wird. Irgendwann schleiche ich mich in die große Hütte, wo auch der kleine aber gut sortierte Laden zu finden ist. Ein schwedisches Paar in meinem Alter sitzt dort und unterhält sich mit dem Stugvärd. Ich geselle mich zu ihnen und wir quatschen eine Weile auf Englisch, bevor die drei wieder auf Schwedisch wechseln und ich versuche mir die Geschichte durch brockenhaftes Verstehen oder Verstehenglauben einiger Vokabeln zurechtzulegen. Als am Ende dabei eine Story über steinefressende Flugsaurier, die eine Burg bei Tjäktja bauen, rauskommt, wird mir wieder klar, dass ich kein Schwedisch verstehe. Die Geschichte war trotzdem toll! Ich gehe in den Laden und bezahle meine Gebühr für einen Zeltplatz bei Frau Hüttenwart. Meine Beine wirken nach ein paar Minuten Pause doch schwerer, als vorerst angenommen. Den Komfort der Toiletten und einer warmen Gemeinschaftsküche in der Nähe zu wissen beruhigt mich ungemein und ist mir dann den Preis wert. Als ich wieder raus gehe, sitzt ein junges Paar neben meinem Rucksack. Ich grüße mit einem freundlichen Hej und setze mich für einen Snack hin. Die beiden unterhalten sich, wie hätte es anders sein können, auf Deutsch miteinander. Ich mische mich erst Mal nicht ein, bis über meinen Rucksack und das Gewicht geredet wird.
                                                                "Schau mal Jürgen, wie vollgepackt sein Rucksack ist, der schleppt noch mehr mit wie wir, das sind bestimmt über 20kg. Wie schafft man sowas?"
                                                                Darauf antworte ich "Das sind sogar zu Beginn 30kg gewesen. Man gewöhnt sich dran und ich bin gut im Zeug durch die Gegend schleppen."

                                                                Ich liebe die überraschten Gesichtsausdrücke, wenn den Leuten klar wird, dass ich sie verstehe. Wobei ich den Schweden nichts vor machen kann, die sehen sofort, das ich aus Tyskland bin

                                                                Wir kommen natürlich ins Gespräch. Isabell und Jürgen sind aus Straubing. Sie laufen die Route Abisko - Nikkaluokta. Allerdings haben Sie nur 7 Tage Zeit und wollen unbedingt den Kebnekaise als Tagestour besteigen. Deshalb wird hier auch nur eine kleine Pause eingelegt, es soll noch einige Kilometer weiter gehen, so dass die morgige Etappe über Tjäktja direkt nach Sälka nicht mehr so lang ist.
                                                                Isabell fragt mich, wo ich heute nacht gezeltet habe, "Abiskojaure, euch hab ich da aber nicht gesehen. Und überholt habe ich auch niemanden. Seid ihr etwa von Abisko losgelaufen?"
                                                                Sind sie nicht, sie saßen im Zelt hinter der Hängebrücke über den Šiellajohka. Sie hätten mich schon einige Zeit auf den letzen Kilometern vor Alesjaure gesehen und beeilt mich einzuholen, aber das hat nicht geklappt. Drum sind beide so erstaunt, dass ich mit dem Gepäck so flott war, bzw. sie ein wenig geknickt, weil sie so langsam waren. An meinen mittlerweile sehr schwer werdenden Beinen merke ich, dass ich anscheindend schneller als mein normales Tempo unterwegs war, aber ok. Geschafft ist geschafft.
                                                                Während wir noch über das Wetter, den blöden Regen vorgestern und Essen auf Tour quatschen, trotten die Nächsten ein. Der Ire und sein schwedischer Kumpel sind dabei, sie haben bei den Samihütten campiert, und eine Gruppe von 4 sehr jung aussehenden Burschen! Die vier sehen total fertig aus.



                                                                Geniale Idee mit der Flagge, habe ich auch noch nicht gesehen
                                                                Isabell und Jürgen raffen sich auf und machen sich weiter auf den Weg. Sie meinen nur "Bis morgen dann" weil sie sich sicher sind, dass ich sie wieder einholen werden. Nur für den Fall, dass nicht, wünsche ich ihnen eine gute Reise! Auch ich suche mir jetzt ein Plätzchen fürs Zelt, noch habe ich freie Auswahl. Auf der windgeschützen Seite baue ich es auf, was sich im Verlauf des Abends und der Nacht als ausgesprochen dämlich erweisen sollte.



                                                                Während ich das wunderschöne Alisvággi weggucke, tauchen auf ein Mal zwei weitere bekannte Gesichter auf. Das deutsche Paar aus Abiskojaure, das am Vortag zuerst in der Hütte angekommen war, leider habe ich von beiden den Namen nicht mehr im Kopf, da wir uns so nie vorgestellt hatten. Er gesteht sich ein, dass er ebenfalls ziehmlich geschafft ist und lobt mich, weil ich so gut durchgekommen bin. Naja, wer so früh aufsteht, wie ich, der ist auch bei Zeiten vor Ort. Die beiden bauen ihr Zelt dort unten auf. Das war extrem schlau von ihnen!



                                                                Am Abend will ich dann draußen kochen, aber die Mücken bei meinem Zeltplatz werden so penetrant, dass ich sofort alles zur Küche hochschleppe und den Gaskocher dort drinnen verwende. Das habe ich nun vom windgeschützten Platz. Ein älteres schwedisches Paar, es sind überhaupt verdammt viele Päärchen unterwergs, sind die einzigen in der Küche. Der Piezozünder versagt kläglich, mein Feuerzeug ist im Trangiaset eingebaut und der nette Kerl leiht mir Seines. Damit zündet das Gas sofort. Es gibt eine gute Portion Nudeln mit Jägersauce, einen Kaffee und obendrauf noch eine Heisse Tasse Spargelcremesuppe. Die Energiereserven brauchen input! Als ich mit Futtern fertig bin, wasche ich alles, fülle wie immer die Frischwasserreserven auf und schütte das Dreckwasser weg, macht anscheinend kein anderer außer mir, und genieße die Aussicht für eine Weile draußen auf der Bank. Von den 4 ganz jungen Leuten humpelt einer in Badeschlappen durch die Gegend. Ein genauerer Blick verrät, dass seine komplette linke Hacke blutet. Nicht nur eine kleine Blase, die gesamte Hacke ist quasi offen. Lieber Himmel, wie hat er das nur bis hierher geschafft? Nach einem weiteren Plausch mit dem Hüttenwart verziehe ich mich dann gegen 22 Uhr in den Schlafsack. Direkt nebenan hat sich ein weiteres Paar häuslich eingerichtet. Da kriegt man ja als Single beinahe Komplexe

                                                                Die Mücken sind zahlreich und nerven mit ihrem Rumgesumme. Die Hütte, die meinem Zelt am nächsten steht, ist rappelvoll und die Leute scheinen eine Party zu feiern. Es geht wohl sehr lustig zur Sache und immer wieder erreichen die leckersten Gerüche, meine Nase. Der Wind ist richtig stark und so in etwa ab 23 Uhr hört man eine Böe, dann Stille und dann knallt sie volle Kanne aufs Zelt nieder. Das wiederholt sich dutzende Male. Die Nacht wird eine weitere Bewährungsprobe fürs Akto. Vom gesunden Schlaf hält mich das alles aber nicht ab.

                                                                Fazit dieses Tourentages:
                                                                Während der gesamten 22 Kilometer sind mir gerade einmal 5 Leute begegnet, davon nur eine Person direkt. Ich bin sichtlich erstaunt, dass man je nach Wanderzeit auch auf dem Kungsleden seine Ruhe haben kann. Das Panorama von Abiskojaure nach Alesjaure ist einfach nur der Hammer! Vor allem bei schönem Wetter ist das Genusswandern vom Feinsten! Der verunglückte Tourenstart ist zu dem Zeitpunkt vergessen und ich freue mich auf die folgenden Tage.

                                                                Weiter geht es dann im Verlauf der kommenden Woche. So ein ausführlicher Reisebericht frisst enorm viel Zeit und ich muss andere Dinge beiseiteschieben, was natürlich nicht immer geht.

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                                                                  Fuchs
                                                                  • 05.11.2012
                                                                  • 1929
                                                                  • Privat


                                                                  #33
                                                                  AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                  Zitat von efbomber Beitrag anzeigen
                                                                  Bis zur Hütte am Rádunjárga ist es nun nicht mehr weit. Ich habe keine Ahnung ob diese Hütte in Privatbesitz ist, oder als Notunterkunft für Kungsledenwanderer gedacht ist. Einen direkten Pfad dorthin gibt es jedenfalls nicht, zumindest fällt mir keiner auf.
                                                                  Zitat von Fjaellraev Beitrag anzeigen
                                                                  Das ist, wie an der Signatur auf der Karte zu erkennen ist, eine Rasthütte für Wanderer. Allerdings liegt sie nicht am Sommerpfad sodern an der Winterroute und wird wohl auch während dieser Jahreszeit eher genutzt. Wer im Sommer dorthin läuft wählt wahrscheinlich einen grossräumig angepassten Weg und deshalb verteilen sich die Spuren besser.
                                                                  OT: Diese Hütte heisst im Volksmund auch Kungens stuga, weil sie angeblich zu Ehren von Carl Gustav gebaut wurde, und dieser sie dann den Wanderern überlassen hat.

                                                                  Kommentar


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                                                                    Fuchs
                                                                    • 30.05.2009
                                                                    • 1197
                                                                    • Privat


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                                                                    AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                    Bericht = Bombe!

                                                                    Kommentar


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                                                                      Erfahren
                                                                      • 23.08.2010
                                                                      • 228
                                                                      • Privat


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                                                                      AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                      Kapitel 6 - Wo bleibt die Sonne?
                                                                      22.06

                                                                      Als ich wach werde ist es bereits 9 Uhr. Auch wenn ich ausgeruht in den Tag starte, die ersten Schritte sind nach der gestrigen Etappe doch ein wenig schwer und ähneln dem Gang einer Ente. Das Wetter ist definitiv nicht mehr so schön wie am Vortag. Blick zurück auf den Alisjávri.



                                                                      Es windet noch sehr und so wird nicht lange gefackelt und das Zelt, was sich überaus stabil gehalten hat, eingepackt und das Frühstück in die Hütte verlegt. Ich bin mutterseelenallein im Gemeinschaftsraum und koche Wasser für einen kleinen Espresso während mein Müsli in einer mit Trockenmilch angerührten Pampe aufweicht. Schmeckt hier draußen aber um Längen besser als daheim; wie immer, wenn man unterwegs ist. Während ich mit dem Festmahl beginne kommt das deutsche Paar hinzu. Wir machen uns jeweils an einem Tisch breit und unterhalten uns über den weiteren Verlauf. Sie wollten eigentlich den Kungsleden bis nach Kvikkjokk gehen, aber bei dem miesen Wetter, es soll laut ihnen heute noch schlechter werden, wird als Alternativplan ab Vakkotavare die Miete einer Sommerhütte in Augenschein genommen. Kann ich nachvollziehen. Meine erste Woche ist noch nicht rum und es gab bereits mehr Regen als in der letztjährigen Tour zusammengerechnet. Aber das kann man sich schließlich nicht aussuchen, sie wollen es langsam angehen lassen nach gestern, und heute kurz hinter dem Tjäktja-Pass das Zelt aufschlagen. Oder kurz bevor es hinunter geht, wenn das Wetter nicht mitspielen sollte. Nach einem ausgelassenen Plausch verabschieden wir uns voneinander und wünschen uns wie üblich in solchen Fällen eine gute und sichere Reise.

                                                                      Ich komme um kurz nach 11 los, was seinen Vorteil hat. Die meisten Anderen sind bereits unterwegs und ich habe die Strecke wieder für mich allein
                                                                      Das Weidengestrüpp mit seinem frischen Grün ist eine Wohltat fürs Auge bei dieser trüben Aussicht.



                                                                      Die Gipfel auf der Nordwestseite sind noch nicht verhangen und lassen mich die Schönheit des Alisvággi genießen. Der Aliseatnu schlängelt sich langsam fließend durch das Tal.



                                                                      Die Nässe im Hang deutet darauf hin, dass es in der Nacht sogar geregnet hat, wenn nicht genau bei Alesjaure, dann doch irgendwo in den Nebentälern. Die Bächlein sprudeln nur so vor sich hin. Das ist eine positive Eigenschaft vom Regen, er versorgt mich immer mit frischem Wasser



                                                                      Und dann kommt auch schon mein erstes Schneefeld, dass ich auf dieser Tour passiere. Der Zeltplatz bei Lapporten zählt nicht, da ich genau auf einer freien Fläche dazwischen campiert habe! Selbstverständlich könnte ich hier vom Pfad abweichen und ober- oder unterhalb des Feldes langgehen, aber das wäre ja langweilig. Sofort werden Erinnerungen an Stora Sjöfallet 2012 wach. Hier waren es nur wenige Meter, wohingegen Sebastian und ich damals über mehrere Kilometer große Schneefelder laufen mussten. In dem Moment frage ich mich, wie die Tour verlaufen wäre, wenn mein bester Freund dabei wäre.



                                                                      Wie ich so weiterlaufe sehe ich in der Ferne zwei braungraue Punkte über die Ebene flitzen. Meine ersten Rentiere, die ich diesen Sommer zu Gesicht bekomme! Ich bin übereifrig und knipse ein paar Fotos aus viel zu weiter Ferne. Die Bilder des heutigen Tages werden sowieso nicht besonders gut. Schlechtes Wetter bedeutet für meine Olympus leider auch teilweise schlechte Fotos. Seltsamerweise hat es fast alle Bilder mit Rentieren drauf erwischt. Ich laufe einfach weiter und erblicke hinter einer Kuppe eine große Gruppe Wanderer. Ach du scheiße, denke ich nur, und verfluche mich insgeheim, dass ich nicht den Wecker gestellt habe um früh los zu kommen. Hilft ja nichts, ich marschiere drauf los und bin auch kurz darauf am ersten Nachzügler. Der Rest der Gruppe steht schon an einem kleinen Bach dessen Ufer bereits auf Höhe des Pfades total kaputtgetrampelt ist und das Ganze zu einer sehr matschigen Angelegenheit macht. Ich überlege kurz, ob ich einfach stillschweigend mitlaufen soll, der weibliche Guide redet nämlich Englisch und frage mich, ob die bemerken würden, dass ich nicht dazu gehöre. Aber die lärmenden Rufe und das Gebaren einiger Teilnehmer assoziiere ich mit besoffenen Kneipenhooligans und die Gruppe geht mir innerhalb von 3 Sekunden auf die Nüsse. Ich drängle mich einfach mitten durch und überhole alle während der sehr einfachen Furt mit einem knappen "Hej everybody, excuse me, sorry, have a nice trip!". Ich ernte verdutzte Blicke und schalte sofort einen Gang höher. Zwei Minuten später herrscht wieder Ruhe, mein Tempo halte ich aber noch für 15 Minuten oben, damit ich nicht beim nächsten Päuschen von ihnen eingeholt werde. Das Wetter wird nicht besser, aber immerhin bleibt es noch trocken. Der Ážik, links im Bild, kommt immer näher.



                                                                      Es folgen weitere nasse Streckenabschnitte. Vom Schneefeld ins Tauwasser zum Schlammpfad. Die Aussicht ist trotzdem schön und animiert mich immer wieder Fotos zu schießen.



                                                                      Bislang habe ich noch keine Pause eingelegt, weil ich Angst habe, dass die Wandergruppe wenige Minuten hinter mir ist. Auf einmal stehe ich vor dem Bossojohka, der sich tief ins Gestein frisst. Die Schneereste auf der anderen Seite sind immer einen Hingucker wert.



                                                                      Es führt aber eine Stahlhängebrücke hinüber, so wird auch dieser Teil mit Leichtigkeit überwunden. Einige Meter oberhalb der Brücke wäre aber auch eine Furt problemlos möglich gewesen.



                                                                      Einige Meter später entschließe ich dann doch eine erste Pause einzulegen. Hinter einem kleinen Hügel ist es endlich Mal windstill. Durst und Hunger machen sich bemerkbar, welche mit Wasser und Trockenfeigen bekämpft werden. Die schweren Beine sind längst wieder warm und ich merke nichts mehr vom anstrengenden Vortag.



                                                                      Während ich so da sitze und die Ruhe genieße, tauchen plötzlich zwei Wanderer hinter mir auf. Sie gehören aber nicht zur Gruppe. Wir grüßen uns kurz, sie laufen an mir vorbei und ich bemerke eine deutsche Flagge am Rucksack des Zweiten. Ich kann es mir nicht verkneifen und quatsche sie an, da ich neugierig bin, wo sie hin wollen. Nikkaluokta, wie sehr viele andere auch. Aber ja, die Gegend kann ich verstehen und gerade als Einstieg ist das eine tolle Sache. Wenn ich mich richtig erinnere, stammen beide aus Hamburg und wollen heute noch nach Sälka. Die beiden Etappen Tjäktja und Sälka werden allgemein sehr gerne zusammengelegt. Möglicherweise mache ich das heute auch noch. Sie gehen weiter und ich folge ihnen 5 Minuten später, sie sind schneller als ich. Hinter einem weiteren Schneefeld gibt es einen Ausblick auf die Steilwände des Ážik.



                                                                      Auf den nächsten zwei Kilometern überhole ich die beiden Jungs, weil sie eine Pause eingelegt haben. Als ich vorbeigehe, meine ich nur trocken "Bis gleich!". Sie lachen. 1 Kilometer später ziehen sie an mir vorbei, während ich zum Trinken den Rucksack abgelegt habe "Wir sehen uns, halt die Ohren steif!" bekomme ich zu hören.
                                                                      Leider bekomme ich kurz darauf etwas zu sehen, was ich eigentlich ganz und gar nicht am heutigen Tage sehen wollte. Es fängt wieder an zu regnen, erst ein paar wenige Tropfen, die aber blitzschnell zur Wasserschlauchstärke mutieren. So ein Dreck aber auch, jetzt wo die Sicht in den weiteren Talverlauf doch so schön werden würde



                                                                      Immerhin kann ich jetzt etwas austesten, was ich mir nach dem Zwischenfall bei Lapporten ausgedacht hatte. Da mich keiner hetzt und ich niemandem außer mir selbst Rechnung schuldig bin, ziehe ich meine Regenklamotten an und laufe in einer unglaublichen Geschwindigkeit von 1km/h los. Was soll ich sagen, das funktioniert. Die Nässe bleibt auf den Regenklamotten, und ich trocken darunter! Geile Sache, aber keine Lösung auf Dauer. Das kann man mal zwischendurch machen, aber keine 20 Kilometer am Stück. Zur Aufmunterung kommt ein kleiner Vogel herbei gelaufen und hüpft von Felsen zu Felsen während er mich genau so beobachtet, wie ich ihn.



                                                                      Ich trotte langsam wie eine Schnecke vor mich hin, freue mich dem Wetter damit ein Schnippchen zu schlagen und wundere mich über die Renvaktarstuga, die vor mir steht. Bin ich tatsächlich schon hier? Blickrichtung auf die Hütte, links davon der Gaskačohkka und rechts der Šielmmáčorru.



                                                                      Die Sicht wird immer schlechter, meine Laune auch. Was soll das denn? Wenn man hier unten schon kaum was vernünftig erkennt, wie mag dass dann erst oben in den höheren Regionen aussehen? Wenigstens rennen mir genau einige Rentiere über den Weg um als Entschädigung für das blöde Wetter her zuhalten. Ich schieße mehrere Fotos, von denen alle verwaschen und verschwommen sind. Das merke ich aber erst zu Hause... Das ist noch das Beste von Allen.



                                                                      Aus heiterem Himmel hört es auf zu regnen und ich traue dem Braten nicht. Während ich über mehrere kleine Flussarme furte, entscheide ich mich zu pokern und danach meine Regensachen abzulegen. Ein Flussarm wird sehr abenteuerlich überquert. Irgendein geistesabwesender Wanderer hat eine Holzplanke vom Weg gerissen und an einem Uferende ins Wasser niedergelassen. Dank dem Regen ist das Wasser relativ strömungsreich und die fußbreite Holzbohle wird ordentlich unterspült. Aus Faulheit auf meine Furtschuhe zu wechseln springe ich auf die Planke, rutsche leicht ab, kann aber mein Gleichgewicht mit den Wanderstöcken abfangen. Schwein gehabt! Jetzt muss ich mich nur noch ans andere Ufer kommen, ohne die Holzbohle mit meinem Gewicht zum Zerbrechen zu bringen. Mit einem weit ausholendem Schritt verteile ich die Last vom im Wasser liegenden Ende zum am Ufer liegenden Ende. Das klappt und ich gelange trocken an Land.
                                                                      Nach dieser Aktion fliegen die Regenklamotten außen an den Rucksack und ich spaziere weiter. Es geht jetzt leicht aufwärts und ich frage mich von hier aus, wo es hoch zur Tjäktja-Hütte geht. Viel erkennen kann man leider immer noch nicht. Gegen halb 4 nachmittags erreiche ich dann die Furtstelle über den Šielmmánjira. Ich habe ein wenig Sorge wegen seiner Breite und dem ganzen Regen, aber mit Furtschuhen sollte er kein Problem darstellen.



                                                                      Als ich mich am Ufer hinsetze, einen weiteren Proteinriegel vernichte und mit Wasser nachspüle um den chemischen Geschmack von Blaubeermuffin aus dem Mund zu bekommen, trotten ein Vater mit seinem Sohn an. Ich beginne mir langsam die Neoprenschuhe anzuziehen, während ich von den beiden beäugt werde. "A very smart decision of you to use surferboots!", sagt der Vater zu mir. Ich erwidere, dass die Wahl aus früheren Erfahrungswerten herrührt. Plötzlich kommt eine ganze Horde Leute den kleinen Hang hinuter gelatscht. Ohje, jetzt haben sie mich doch eingeholt. Eine ganz übereifrige junge Dame geht direkt ins Wasser. schuhe werden nicht umgezogen. Ich entscheide mich, mir die Sache in Ruhe anzusehen, bevor ich selber losgehe. Vielleicht findet sie ja einen guten Weg. Kurz darauf stellt sie fest, dass es doch wesentlich tiefer wird, als vermutet, aber der Stolz verbietet es ihr zurückzugehen. Nach einem kleinen Zick-Zack-Kurs geht sie irgendwann einfach quer zum anderen Ufer. Ich vermute, die Schuhe sind bereits nass geworden und es war ihr nun egal. Die Gruppe applaudiert ihr zu und ich mache mich auf den Weg. während die anderen sich noch beraten.



                                                                      Nun wird mein Versuch genau inspiziert. Ich schlage einen direkten Weg ein und bin in wenigen Schritten drüben. Mein Applaus ist kaum zu vernehmen, so laut rauscht das Wasser. Während ich mich der Neoprenüberzieher entledige und meine Füße trockne, kommt die junge Frau auf mich zu und fragt, was sie jetzt machen soll. Ich sage, dass ich nicht verstehe wie sie das meint. Sie zeigt nur auf ihre Stiefel und meint "Look at them, they are ruined!". Ich muss mich arg zusammen reissen um nicht in schallendes Gelächter auszubrechen. Stattdessen gebe ich mir Mühe sie zu beruhigen, da sie wirklich aufgelöst wirkt. Was sie jetzt tun soll, die sind völlig nass und sie hat nur noch ein Paar Socken dabei. Ich sage ihr, dass die Schuhe für sowas ausgelegt sind und die definitv trocknen werden, vielleicht nicht mehr heute, aber das wird schon. Während die anderen ihre Wege suchen, wohlgemerkt alle in Wanderschuhen, erzählt sie mir, dass es sich hier um eine Anfängergruppe handelt. Lediglich der Vater mit seinem Sohn haben schon in ihrer Heimat Erfahrungen gesammelt. Die beiden kommen aus Neuseeland, der Rest der Truppe stammt aus Schweden. Alle auf ihrer ersten Hikingtour. Hier ein Foto vom Vater-Sohn Gespann, die Tips von einer zierlichen Schwedin bekommen.



                                                                      Die meisten rüber gerufenen Hinweise werden nicht gehört. Am Ende haben die meisten nasse Stiefel. Ich bleibe sitzen, während die Gruppe weiter geht. Habe echt keine Lust auf den Troubel und nasche lieber noch ein stück Schoki. Der Weg hoch zur Tjäktjastugan führt über Reste von gigantischen Schneeverwehungen.



                                                                      Der Wind nimmt eine ungeahnte Stärke an. Es ist ein absoluter Kampf für mich, dort hoch zu kommen. Der Pass dort oben verstärkt den Wind wie ein Tunnel. Die Böen sind teilweise so stark, dass ich insgesamt dreimal auf dem Schnee umgeworfen werde. Der Wind keilt sich zwischen meinem Körper und dem Rucksack ein und drückt mit einer unglaublichen Kraft gegen mich. Auf dem rutschigen Schnee habe ich nicht genügend Halt und mir bleibt nichts anderes übrig als sich immer wieder mit dem Körper abzuwenden. Vor allem um auch normal zu Atem zu kommen. Streckt mal bei 200km/h den Kopf aus dem Auto und versucht in Fahrtrichtung normal zu atmen....
                                                                      Der Aufstieg dauert eine ganze Weile, aber irgendwann schaffe ich es dann doch nach oben. An die Brücke kommt man ebenfalls nur, wenn man über ein kurzes Stück Schnee läuft. Hier breche ich durch und lande im Matsch. War ja klar! Die Schneereste sehen trotzdem total toll vor dieser Kulisse aus. Auf der anderen seite muss ich sofort ein Foto machen.



                                                                      Von dort aus muss man wieder ein paar Meter zurück laufen, um zur Hütte zu kommen. Nach dem Aufstieg beschließe ich für heute Schluss zu machen, das Wetter spielt einfach nicht mit und ich bin immerhin trocken geblieben, was ich nicht aufs Spiel setzen will. Was solls, neues Tagesziel Tjäktja. Kurz vor der Hütte bei den Gasflaschen stehen zwei Gestalten. Es sind die beiden Hamburger, ich gehe auf sie zu, sie erkennen mich und grinsen. Ich bleibe 10 Meter vor ihnen stehen und rufe laut "Verdammt nochmal! Die ganze Zeit voll in die Fresse rein!". Sie lachen laut und ich stimme mit ein. Die Zwei haben ebenso sehr wie ich mit dem Wind zu kämpfen gehabt. Beide wollen es aber trotz des schlechten Wetters versuchen und sich zumindest bis hinter den Pass durchschlagen. Sie hatten sich eine Stunde in der Hütte aufgewärmt und waren gerade auf dem Weg loszulaufen. Wie immer wünscht man sich alles Gute.
                                                                      Als ich an der Hütte ankomme sehe ich erst keine Menschenseele, bis ich irgendwann um eine Hausecke schaue. Dort sitzt die Wandergruppe, die Hüttenwartin weist sie gerade ein und unterbricht ihr Prozedere, als ich auftauche. Es ist mir sofort unangenehm. Sie stellt sich mir als Monika vor und fragt ob ich hier bleiben will, wenn ja, dann müsste ich aber zelten, da kein Zimmer mehr frei wäre. Kein Problem, sage ich und sie gibt mir eine nette Info, dass ich gute, windgeschützte Plätze weiter hinten finden würde. Also los gehts. Ich marschiere noch ungefähr 250 Meter weiter zurück und finde einen perfekten Platz. Wenn ich stehe pfeift der Wind mir durch die Haare, gehe ich in die Hocke ist es absolut windstill. Der Blick ins Tal wäre ebenfalls toll von hier, wenn es nicht voller Wolken hängen würde. Ich halte mich an meine Regel immer zuerst die Pflichten zu erfüllen, bevor ich mich erhole. Also wird sofort das Zelt aufgebaut.



                                                                      Danach wird direkt Wasser geholt. Ich gebe mich nicht mit einem flachen Rinnsal zufrieden und gehe runter zum Hauptstrom des Čeavččanjira. Eine kleine Ortserkundung muss schließlich sein. Die Schneewand ist beeindruckend und strahlt so hell bei diesem tristen Wetter.



                                                                      Auf einmal geschieht ein kleines Wunder und die Sonne bricht doch noch durch die Wolkendecke hindurch! Das Weiß des Schnees und des Wassers wirkt sofort noch strahlender als zuvor.



                                                                      Innerhalb weniger Minuten reist eine große Lücke in der Wolkendecke auf, so dass auch blauer Himmel zum Vorschein kommt. Ich kann mein Glück kaum fassen!



                                                                      Das zaubert mir direkt ein Grinsen ins Gesicht!



                                                                      Nachdem ich den Wassersack gefüllt habe, begebe ich mich zurück zum Zeltplatz. Laufe aber anschließend noch weiter um ein Blick ins Tal zu riskieren. Hier werde ich nun direkt am Abend für meine Strapazen entlohnt! Ein wahrhaft schöner Ausblick ins sofort freundlich wirkende Tal! Herrlich, Balsam für die Seele



                                                                      Als ich am Zelt anfange zu kochen, gönne ich mir als Selbstbelohnung eine leckere, scharfe Elchwurst als Vorspeise. Der Himmel zieht sich mittlerweile wieder zu und nur noch vereinzelt schaut die Sonne hervor. Das macht nichts, es ist trocken, ich kann draußen kochen und essen, was will ich mehr?



                                                                      Bei so einem Tagesabschluss schmecken die Nudeln doch direkt besser. Heute gibt es eine Kräuter-Dill-Sauce für Fischgerichte. Eine absolut geniale Alternative, anstelle der Tomaten- und Jägersauce. Leider hatte ich nur eine Packung davon mit. Der Kräutergeschmack haut einen echt um!



                                                                      Um 19 Uhr bin ich damit fertig, begebe mich noch auf den letzten Weg Richtung Hütte zur Abendtoilette und verschwinde dann auch schon zeitig im Zelt. Nicht weil ich müde bin, sondern weil es wieder anfängt zu regnen. Aber der heutige Tag hat echt alles gehabt! Spaß <-> Hass, Regen <-> Sonne, Freude <-> Trauer (darüber, dass der Topf Nudeln mit der leckeren Dill-Sauce so schnell alle war). Ich liege noch eine Weile wach, lausche den Regentropfen, dem Wind und bin einfach nur happy, den heutigen Tag so gut überstanden zu haben. Irgendwann schleiche ich von meinem Dämmerzustand in die Traumwelt hinein.

                                                                      Kommentar


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                                                                        Fuchs
                                                                        • 10.06.2004
                                                                        • 1232
                                                                        • Privat


                                                                        #36
                                                                        AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                        Ich denk mal solche Momente, wo nach einem anstrengenden verregneten Tag abends plötzlich die Sonne rauskommt und auf einmal die miese Stimmung wie weggeblasen ist haben wir alle schon mehr oder weniger erlebt. Ist immer wieder eine tolle Erfahrung, und freut mich, dass Du es auch genießen konntest. Noch besser natürlich, dass Du beim wunderschönen Abschnitt nach Allesjaure so tolles Wetter hattest. Ich hoffe nur, dass Du auf Deiner Tour noch häufiger solche schönen Tage hattest. Aber auch bei schlechtem Wetter, der Bericht ist echt gut geschrieben und die Landschaft dennoch (trotz Regen) sehr schön.

                                                                        Kommentar


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                                                                          Erfahren
                                                                          • 23.08.2010
                                                                          • 228
                                                                          • Privat


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                                                                          AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                          Zitat von Mortias Beitrag anzeigen
                                                                          Ich denk mal solche Momente, wo nach einem anstrengenden verregneten Tag abends plötzlich die Sonne rauskommt und auf einmal die miese Stimmung wie weggeblasen ist haben wir alle schon mehr oder weniger erlebt. Ist immer wieder eine tolle Erfahrung, und freut mich, dass Du es auch genießen konntest. Noch besser natürlich, dass Du beim wunderschönen Abschnitt nach Allesjaure so tolles Wetter hattest. Ich hoffe nur, dass Du auf Deiner Tour noch häufiger solche schönen Tage hattest. Aber auch bei schlechtem Wetter, der Bericht ist echt gut geschrieben und die Landschaft dennoch (trotz Regen) sehr schön.
                                                                          Danke Mortias
                                                                          Der Tag kann noch so besch... verlaufen, wenn man mit kleinen Lichtblicken gefüttert wird, hält es einen am Laufen! Ich will nicht all zu viel vorwegnehmen, aber das schlechte Wetter kam immer wieder mal durch, wie schlimm genau, erfährst du, wenn der Bericht so weit ist

                                                                          Bei der Schönheit der Landschaft muss ich dir einfach zustimmen. Der Flair ist bei schlechtem Wetter ein anderer, aber dennoch empfinde ich eine Begeisterung. Eigentlich müsste man die Streckenabschnitte einer Tour in allen Jahreszeiten erleben um die volle Schönheit eines einzigen Ortes auskosten zu können.

                                                                          So, noch kurz Korrekturlesen und dann gibt es das nächste Kapitel!

                                                                          Kommentar


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                                                                            Erfahren
                                                                            • 23.08.2010
                                                                            • 228
                                                                            • Privat


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                                                                            AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                            Kapitel 7 - Die Stille im Regen
                                                                            23.06

                                                                            Früh die Augen aufzuschlagen bedeutet nicht zwangsläufig, dass alle negativen Aspekte des Vortages automatisch verschwunden sind. Erneut lausche ich den Wassertropfen, wie sie mein Zelt malträtieren. Na gut, ich bin positiv eingestellt und döse einfach ein wenig vor mich hin. Wird schon gut werden, hat doch gestern auch alles prima geklappt. Ich freue mich schon insgeheim auf den Abstieg vom Tjäktjapass. Der Blick ins Tal wird bestimmt hervorragend und das Wetter wird sich auch bestimmt bald bessern. Gestern überlegte ich kurz durchs höher gelegene Šielmmavággi Richtung Nallo zu laufen, aber da noch nicht einmal die Hälfte meiner Tour um ist, verwarf ich den Gedanken auch schnell wieder.
                                                                            Wie ich so da liege und über die Sehenswürdigkeiten des Tages nachdenke, verrinnt die Zeit Minute um Minute und vom 6:30 Augen aufmachen bis um 10 Uhr bessert sich die Lage nicht. Enttäuscht packe ich meine Klamotten zusammen und genehmige mir das Frühstück heute einmal im Zelt. Um der nassen Kälte gleich noch gegenzusteuern, koche ich mir einen leckeren Tee.



                                                                            Kochen im Akto ist durchaus möglich. Man sollte lediglich die Windverhältnisse berücksichtigen und die Flamme klein halten, dann kann auch nichts "anbrennen"
                                                                            Nur wenige Momente nach dem letzten Schluck hört der Regen endlich auf. Ich lasse mich nicht zwei Mal bitten und packe die Ausrüstung zusammen und mache mich startklar. Die beiden anderen Zelte, die noch gestern Abend weiter oben im Hang aufgebaut wurden, sind ebenfalls noch da. Es sah aber nicht so aus, als ob jemand mit dem Gedanken spielte loszulaufen. Aber erneut einen Tourentag dem Regenwetter zu Opfer fallen zu lassen, das kann und will ich einfach nicht! Also Augen zu und durch.



                                                                            Als ich an der Tjäjktjastugan vorbeikomme, nutze ich noch kurz die Gunst der Stunde und mache Gebrauch von der Sanitäreinrichtung. Die Toilettenhäuschen sind innen mit Bildern behangen. Zu meiner Rechten tolle Aufnahmen aus verschneiten Gebirgen und zu meiner Linken schaut mich ein Braunbär an, ich fühle mich eingeschüchtert und werde schnell mit dem Geschäft fertig. Kurz noch Monika "Tschüss" sagen, muss aber sein. An der Hütte ist sonst niemand mehr zu sehen, es ist still. Vermutlich sind alle schon unterwegs. Ich finde sie in ihrer kleinen Hütte und sie lädt mich noch auf einen Tee in der Gemeinschaftsküche ein, die sie ohnehin noch putzen muss. Sie fragt mich zu meiner Tour aus und will einen ausführlichen Bericht. Na gut, früh loslaufen kann ich auch noch am Nachmittag
                                                                            Ich berichte ihr von meinem Pech bei Lapporten und der daraus resultierenden Routenänderung. Findet sie jedoch nicht schlimm, wie ich im übrigen auch nicht. Dann erzählt sie mir von der geführten Wandergruppe. Diejenige, die es eilig bei der Furt hatte und als Erste über den Fluss gegangen war, jammerte gestern bei der Einweisung die ganze Zeit rum, dass sie frieren würde, ihre Schuhe nass seien und ob sie den Trockenraum nutzen wolle, den es natürlich dort nicht gibt! Monika verrät mir, dass sie mit solchen Leuten kein Mitleid hat. "You know, these townpeople... always the same!", sagt sie mit einem Grinsen auf den Backen. Niemand mag nasse Sachen, aber rumnörgeln, weil die Schuhe möglicherweise ruiniert sind, das geht ihr zu weit! Ich erkundige mich, wer noch alles gestern vorbeigekommen ist. Viele waren es dann nicht mehr. Aber besonders bitter wurde es für 4 ganz junge Kerle. Ohoh denke ich mir, etwa die Jungs aus Alesjaure? Als sie mir den Zustand der Jungs beschreibt, bleibt kein Zweifel mehr. Die 4 hatten nur synthetische Klamotten mit, keine groß wärmenden Sachen. Und jetzt kommt es, dank der Gruppe war die Hütte rappelvoll. Sie wollten gerne übernachten, hatten aber kein Zelt für die Tour dabei! Monika hat sie weiter geschickt. Ich dachte, ich höre nicht recht. Doch doch, 2 waren am Zittern wie Espenlaub, der Eine am humpeln, nur der Letzte machte einen halbwegs fitten Eindruck. Monika meint, dass sie absolut unzureichend für so eine Wanderung ausgerüstet seien, weder Zelt noch warme Kleidung dabei, unpassende Schuhe. Als ich frage, warum sie sie nicht in der Küche nächtigen hat lassen, sagt sie nur, dass das noch lange kein Notfall sei. Die Etappe wird unangenehm und beim nächsten Mal haben sie dazugelernt. Falls es ein nächstes Mal geben wird und sie nicht durch die Erlebnisse abgeschreckt werden
                                                                            Fairerweise erwähnt sie, dass sie die 4 kostenlos 2 Stunden die Küche hat nutzen lassen.

                                                                            Wir unterhalten uns eine knappe Stunde, sie gibt mir noch ein paar Ratschläge und rät mir unbedingt ab durch das Šielmmavággi zu gehen. Zu viele Wolken, die Sicht sehr schlecht und noch einige Schneefelder, vor allem runter nach Nallo. Klingt doch vielversprechend, aber ich will die Landschaft sehen, ein Blick in das Tal ist von hier unten kaum möglich, die Wolken haben es komplett erobert. Wirklich schade! Als ich am kleinen Wasserfall vorbeikomme, knipse ich noch ein Foto.



                                                                            Auf der anderen Seite des Čeavččanjira geht es sich recht flott Richtung Pass. Der Weg ist breit ausgetrampelt und ebenfalls noch gut markiert. Für meinen Geschmack könnte es ein wenig trockener sein. Der Regen setzt wieder ein, so dass ich schon hier zu meiner Regenkluft greifen muss. Wäre ja auch zu schön gewesen.



                                                                            Die Landschaft finde ich dennoch äußerst angenehm zu beobachten. Die Brauntöne der verwitterten Pflanzen vom Vorjahr, die noch nicht lange frei von Schnee sein können und die Schneekleckse an den nassen Berghängen verzaubern meine Stimmung. Ich hege nur noch den Wunsch, dass die Wolken ein wenig höher steigen, damit ich mehr von all dem sehen kann. Im weiteren Verlauf hoch zum Pass springt mir hin und wieder etwas Grellgrünes ins Auge. Der Kontrast der Farbtöne wirkt hier oben völlig fehl am Platz.



                                                                            Der gut sichtbare Weg verschwindet je höher man kommt. Hier oben liegen fast nur noch Steine und man hat zwei Möglichkeiten, der Navigation, ohne technische Hilfsmittel. Man folgt Steinmarkierungen, die es hier zu Hauf gibt, aber leider auch nicht alle zum gewünschten Pass führen!!! Oder man folgt der Wintermarkierung... sofern man diese in den Wolken ausmachen kann. Die Sicht wird nämlich ebenfalls immer schlechter, was auch meinen beschlagenen Brillengläsern zuzuschreiben ist. So ein Sauwetter und ich werden bestimmt keine Freunde mehr!
                                                                            Deutliche Steinmännchen wie dieses hier, findet man leider nicht immer. Ferner kann die Sicht auch schon ab und an so miserabel sein, dass man von einem Männchen zum Anderen nicht gucken kann. In solchen Situationen hilft GPS, oder einfach das Vertrauen in den eigenen Instinkt. Das kleine Steinmännchen rechts im Bild führt NICHT auf direktem Wege rauf zum Pass, nur eines von einigen Beispielen.



                                                                            Mittlerweile halte ich an um meinen Energielevel oben zu halten, Proteinriegel und Wasser direkt vom Boden! Wasser ist hier überall um mich rum. Es fließt im Fluss entlang, es kommt von den Hängen herunter, der, zum Glück wesentlich schwächere Wind als gestern, weht es mir von allen Seiten um die Ohren.



                                                                            Während der Pause reist es minimal auf und ich bekomme für einen Augenblick die Sicht auf die Nothütte am Pass! Noch bevor ich ein Foto machen kann, ist sie auch schon in den Wolken verschwunden.



                                                                            Macht nichts, jetzt habe ich einen Anhaltspunkt und meine ohnehin angepeilte Richtung wird mir dadurch bestätigt. Ich schultere den Rucksack und gehe weiter. Die Sicht verschlechtert sich schlagartig! Erst kurz vor der Hütte, kann man deren Umrisse erahnen.



                                                                            Als ich an der Hütte ankomme, vermute ich sie bereits belegt, aber ich irre mich. Perfekt, ich sehe fast nichts mehr um mich herum und entscheide mich einfach etwas auszuharren. Die nassen Klamotten kommen so weit es geht runter und werden in dem recht dreckigen Innenraum aufgehangen, während ich meiner Seele mit Trockenobst, Erdnüssen und Schokolade eine kleine Pflegeeinheit verpasse.



                                                                            Jetzt legt auch der Wind enorm zu, ich bekomme langsam aber sicher das Gefühl, dass diese Tour die Quittung für die 10 Tage Sonnenschein letztes Jahr ist. Man muss es eben nehmen, wie es kommt. Ich vertreibe mir die Zeit und blättere in den Hüttenbüchern, leider wurden die Alten zum Feuer anzünden gefleddert. Wirklich schade! Isabell und Jürgen haben sich eingetragen, habe ich es also doch nicht mehr geschafft sie einzuholen.
                                                                            Auf dem einzigen Regal liegt ein sehr abgenutztes Exemplar von "Into The Wild", womit ich mir ein wenig die Zeit vertreibe. Zum Glück auf Englisch! Leider lenkt es mich nicht besonders von dem Dreckswetter draußen ab. Nach guten 2 Stunden ist das Schlimmste überstanden und ich trete vor die Tür, es nieselt nur noch und der Wind hat beinahe aufgehört. Fast euphorisch ziehe ich die klitschnassen Kleidungsstücke wieder über und gehe los. Die Sicht kann man mittlerweile beinahe wieder als "gut" bezeichnen! Als ich an der Hütte ankam, konnte man kaum die Steinmarkierung erkennen.



                                                                            Die Wolken werden immer heller und ich vermute, dass jeden Moment die Sonne durchbrechen muss. Genial, komme ich doch noch zu meinem Blick ins Tal! Keine 20 Meter später erwischt mich ein Platzregen. Binnen kürzester Zeit bin ich komplett nass. Das Wasser läuft mir überall runter und das Gefühl, dass mir hier höhere Mächte nicht besonders positiv gesonnen sind, macht sich breit. Jetzt ist es zumindest egal, wie ich weiter gehe. Nach feucht kommt nass, nach nass wieder trocken, also einfach nicht drüber nachdenken. Schade um den Ausblick, aber was solls. Der Abstieg selbst ist bei so einem Wetter echt nicht ohne. Der Weg ist zwar recht einfach zu finden, aber das Wasser nutzt ihn ebenfalls, um ins Tal zu fließen. Jeder Schritt erfordert meine Konzentration, trotzdem rutsche ich zwei Mal unfreiwillig und einige Male gewollt ab. Dreck an den Klamotten macht mir jetzt auch nichts mehr aus. Meine Laune ist eh hinüber. Mein Gesichtsausdruck spricht Bände!



                                                                            Um 18 Uhr bin ich runter vom Pass und laufe schnell im Tal lang. Angepeiltes Tagesziel -> Sälka
                                                                            Hier unten reist es endlich auf und die Wolken geben die Sicht auf ein wenig Landschaft frei. Wurde aber auch Zeit! Die drei Schwäne auf dem kleinen Tümpel stört das Wetter kein Stück. Zwei der Schwäne schwimmen genau am Schneefeld lang und sind hier nicht sichtbar



                                                                            Der Regen zuvor war wirklich schlimm. Das ganze Tal schwimmt, fließt und matscht vor sich hin. Ich stelle auf Panzermodus und marschiere ohne Verluste drauf los. Ich schaue nur ein einziges Mal zurück, dieses Bild ist dabei entstanden.



                                                                            Die Holzbohlen wurden teilweise komplett weggeschemmt, so dass die sumpfigen Gebiete eine kleine Herausforderung werden. Ok, wenn ich trocken bleiben wollte, wären sie eine Herausforderung, so stampfe ich einfach durchs Wasser, die Stiefel sind sowieso voll davon. Nach 2 Kilometern begegnet mir eine kleine Rentierherde, die ich freudig auf mehreren Bildern festhalte. Alle Fotos werden verschwommen und sind nicht zu gebrauchen, was sich rückblickend wunderbar mit diesem Tag einhergeht
                                                                            Eines von insgesamt 5 Landschaftsfotos ist gelungen. Hier regnet es nur noch sehr mäßig und die Wolken verziehen sich immer mehr und mehr. Ich bin mir nicht sicher, welcher Berg das ist, aber ich meine es müsste sich um den nördlichen Teil des Sälka-Massivs handeln. Korrigiert mich, wenn ihr es genau wisst!



                                                                            Die Strecke zieht sich, besonders als ca. 1km vor mir die Wolkendecke aufreist und die Sonne genau auf Höhe des Wanderweges den Boden erreicht. Ich knirsche mit den Zähnen und laufe im Regen weiter. Die Höhere Macht versprottet mich nun. Ich schimpfe in Gedanken und renne dem Sonnenfleck hinterher, der konstant weit entfernt von mir bleibt. 2 Kilometer vor Sälka hört der Regen auf, so dass ich zumindest die Regenhose an den Rucksack heften kann und die Hoffnung hege, dass meine Trekkinghose ein wenig trocknet. Um 19:54 sitze ich in Sälka auf der Holztreppe, im Sonnenschein. Da hier Leute der Wandergruppe und einige Andere durch die Gegend flitzen verkneife ich mir einen Fluch, der mir auf den Lippen liegt. Ändert ja auch nichts an der Sache.



                                                                            Ja ich fühle mich absolut verarscht. Oberflächlich bin ich wenigstens trocken geworden.

                                                                            Als ich den Shop betrete, werde ich wärmstens in Empfang genommen. Mir wird sofort eine heisse Tasse Tee gereicht, so mitleiderregend muss ich aussehen. Eigentlich wollte ich nur zelten und Geld sparen, aber als mir von beiden Hüttenwarten nahe gelegt wird, den Ofen anzufeuern, lasse ich mich dadurch überreden. Was soll der Geiz! Ich trage mich im Buch ein, wie ich es an allen anderen Stationen auch gemacht habe, bezahle meine Gebühr und bekomme noch eine Tasse Tee spendiert.
                                                                            Der ältere, hochgewachsene Hüttenwart macht einen auf "automatisches Programm runterspulen" und erklärt mir das Recyclingsystem und das Verhalten auf den Hütten im Detail. Alles Brennbare in diese Container! Und jetzt pass auf, dünne Folie oder Bonbonpapier... "ist auch brennbar, und gehört nicht in den Plastikcontainer, ich weis.", unterbreche ich ihn. Noch hoffe ich, dass er bemerkt, dass ich das schon alles weis, aber nope! Dosen kommen hier rein, er zeigt auf den entsprechenden Container mit unverwechselbarem Symbol. "Habe ich eh nicht dabei." Pfandflaschen und harter Platik hierhin, "ebenfalls nichts dabei, guter Herr". Langsam bin ich genervt und fange an runterzurattern welche Abfälle in welchen Container gehören, verbrauche ich Feuerholz oder Wasser, muss ich auch für Nachschub sorgen, kenne ich alles! Er steht nur da und kurz rechne ich damit, dass er mir in die Fresse haut, stattdessen streckt er mir die Hand entgegen, drückt meine Pranke wie ein Bär und spricht mir seinen Lob aus, wie gut ich informiert sei. Phuu, Glück gehabt.

                                                                            Ich bekomme ein Achterzimmer auf einer Hütte zugewiesen. Bisher sei nur eine Person dort, mit der ich es teilen müsse. Wie sollte es anders sein, er ist auch ein Deutscher! Als ich den Shop verlasse, hat sich das Wetter schon merklich gebessert.



                                                                            Ich betrete die Hütte, und lerne Hubert kennen. Er ist aus Bayern und ungefähr in meinem Alter. Er sitzt am Tisch und speist gerade, also will ich ihn nicht großartig stören. Ein schwedisches Paar sitzt einen Tisch weiter. Wir quatschen 5 Sätze miteinander und ich ernte abfällige Blicke und einen dummen Spruch, dass es hier oben auch mal nass wird, ich sollte mich doch vorab informieren. Das Gespräch ist damit von meiner Seite beendet, ich lächle und sehe zu, dass meine Klamotten an die Wäscheleinen am Ofen kommen. Hubert hat nichts dagegen, dass ich ein Feuer mache, weil auch seine Sachen ein wenig feucht sind. Da kaum Anzündholz rumliegt und ich keine Lust habe noch heute die Axt zu schwingen, packe ich aus meinem Notfallkit das Stückchen Esbit aus und lege es zwischen zwei nicht ganz trockene Scheite. Der Hüttenwart kommt uns besuchen und leiert sofort neue Verhaltensregeln runter. Legt nicht zu viel Holz in den Ofen, die Hitze kommt zeitverzögert. Stellt eure Stiefel nicht auf den Ofen. Ich nicke nur noch resigniert vor mich hin und atme ruhig ein und aus. Muss ja schon Vollidioten gegeben haben, die ihre Klamotten auf dem Ofen geschmolzen bzw. abgefackelt haben, sonst würde er es ja nicht erwähnen. Er entschuldigt sich dafür, aber er sei vepflichtet das jedem aus versicherungstechnischen Gründen mitzuteilen. Unweigerlich stelle ich ihn mir als Beamten in einer deutschen Behörde sitzend vor und muss grinsen. Während ich nun mein Abendessen zubereite, besucht Hubert die Sauna.

                                                                            Zusammen mit mir kochen noch eine bildhübsche Italienerin namens Sara und ihr schwedischer Freund ihr Abendessen. Sie haben das Viererzimmer für sich alleine und feuern ebenfalls den kleinen Holzofen an. Es gibt Nudeln mit Tomatensauce und vorab eine Heisse Tasse Suppe. Sara humpelt ein wenig, ihr Knöchel ist etwas geschwollen. Sie will es morgen ruhig angehen lassen, ihr Freund aber bis nach Alesjaure durchlaufen. Wir hocken uns zusammen an einen Tisch und ich lasse mir ihre bisherige Tour schildern. Die Sonne scheint mittlerweile und der Himmel wird immer blauer! Das Abendessen in so einer netten Gesellschaft schmeckt doppelt gut und meine Laune hebt sich merklich an. Die beiden haben den Kebnekaise in Form einer Tagestour an der Steilwand erklettert. Das wird von der Fjällstation aus angeboten, muss aber vorab gebucht werden. Für Sara ist es das erste Mal outdoor, das erste Mal klettern und das erste Mal so eine körperliche Belastung. Als sie davon berichtet leuchten ihre Augen vor Begeisterung. Nordfieber lässt grüßen! Das ist ansteckend und wir sitzen eine ganze Weile zusammen, bevor die beiden raus gehen und ich den Abwasch übernehme.

                                                                            Als ich den Ofen nachfeuere und nach hinten zum Fenster raus schaue, sehe ich eine nackte Person mit einem Blecheimer zum Fluss rennen, Wasser auffüllen und wieder in eine kleine Hütte eilen. Da war wohl das Wasser in der Sauna alle

                                                                            Da hier alles in Butter ist, begebe ich mich dann nochmals vor die Tür, die Sonne lockt und es ist eine wirklich tolle Atmosphäre draußen.



                                                                            Der Blick Richtung Süden gibt ein anderes Farbenspiel preis.



                                                                            Irgendwann schleiche ich mich zurück ins Haus und lasse die Hitze über mich ergehen. Hubert ist bereits anwesend. Ich erzähle ihm vom Nackedei an der Sauna und er lacht und meint, dass er es war. Hatte die Sauna für sich alleine, naja fast, gegen 21 Uhr kam der Hüttenwart rein und hat geschimpft, dass er über der Zeit sei. Er hätte so einen anstrengenden Tag und kann es nicht gebrauchen, dass sich die Leute nicht an die Regeln halten. "Hockt den guanzn Tag nur rum, muasst ja eh jeder alles selbst machn'. Dem hätt I' eine langn könn'!", schimpf Hubert. Ich verstehe ihn und wir reden noch ein bisschen. Für ihn sind auch mal 30km an einem Tag drin und auch sonst macht er einen fitten Eindruck. Normalerweise wäre sein Bruder mit dabei, aber mit dem Urlaub hat es dieses Jahr nicht geklappt, also ist er alleine los. Sein Plan sei auch nach Nikkaluokta zu laufen und den Kebnekaise mitnehmen. Aber es hätte noch bei jeder Gipfeltour bei ihm schlechtes Wetter gegeben, so dass er nur äußerst selten einen schönen Ausblick genießen kann. Kommt mir irgendwie bekannt vor

                                                                            Als ich mich schlafen lege, ist es kurz vor 12 nachts. Zwei Dinge halten mich noch länger wach. Erstens, die Vorfreude auf das Losmarschieren am folgenden Tag, denn mittlerweile sind die Wolken verschwunden und die Sonne strahlt bei Kaiserwetter vom Himmel! Zweitens, Hubert hat Gesellschaftsspiele für sich entdeckt und spielt Kniffel.... mit sich alleine. Die Würfel pollern wieder und wieder auf dem Tisch herum. Um 1 Uhr nachts überlege ich kurz, ob ich was sagen soll, aber hej, ich kann eh nicht schlafen. Ich bin so aufgedreht wie als kleines Kind zu Weihnachten am Tag vor der Bescherung.

                                                                            Und wieder ist ein Tag der Tour rum. Das Wetter hat heute einen negativen Höhepunkt erreicht, der nicht so einfach zu toppen sein wird. Die schönsten Sichten versaut durch sehr tief hängende Wolken, klitschnasse Klamotten, misslungene Bilder und dann noch dieser Spott mit dem Sonnenloch vor mir auf den letzten Kilometern. Das hat mich einiges an Nerven gekostet. Aber wie auch schon gestern bei Tjäktja hat das Blickenlassen der Sonne zum Tagesabschluss enorm positiv auf meine Stimmung gewirkt. Auch Hubert, Sara und ihr Freund haben nochmals einiges rausgerissen und für die nötige Ablenkung gesorgt. So verkehrt ist es für mich also nicht dem Kungsleden zu folgen. Schade, dass es hier schon die letzte Etappe davon ist. Ab morgen will ich durchs Stuor Reaiddávággi nach Nallo. Im Vorfeld (5 Wochen vorher in Stockholm) habe ich von vintervik gehört, dass es hier sehr schön sein soll und er unbedingt mal da lang will. Naja, das ist der riesen Vorteil, wenn man spontan plant, einfach mal die Route ändern und weiter gehts. Am Wochenende gibt es mehr Lesestoff für euch!

                                                                            Kommentar


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                                                                              Fuchs
                                                                              • 05.11.2012
                                                                              • 1929
                                                                              • Privat


                                                                              #39
                                                                              AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                              Zitat von efbomber Beitrag anzeigen
                                                                              Ab morgen will ich durchs Stuor Reaiddávággi nach Nallo. Im Vorfeld (5 Wochen vorher in Stockholm) habe ich von vintervik gehört, dass es hier sehr schön sein soll und er unbedingt mal da lang will.
                                                                              Japp, und da meine Diss, die mich letztes Jahr davon abgehalten hat, dort lang zu kommen, nun abgeschlossen ist, werde ich nun hoffentlich bald mal da langstiefeln.

                                                                              Kommentar


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                                                                                • 13981
                                                                                • Privat


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                                                                                AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                Das garstige Wetter kommt in deinem Bericht gut rüber, man leidet so richtig mit.
                                                                                Mit den Hüttenwarten in Tjäktja und Sälka hast du ja etwas spezielle Exemplare erwischt
                                                                                Nur weil alle Betten besetzt sind, heisst das noch lange nicht dass weitere Gäste einfach abgewiesen werden können. Auch ohne Notlage können die dann, gegen Bezahlung des normalen Übernachtungspreises, auf Matrazen oder dem Fussboden schlafen.
                                                                                Oavsett om du förbetalat boende i en STF Fjällstuga eller inte, är du alltid garanterad en sovplats och tak över huvudet. En sovplats i våra fjällstugor är antingen en ordinarie sängplats eller en bekväm golvbädd som innebär en madrass på golvet, täcke och kudde
                                                                                Einen Trockenraum hat die Hütte übrigens auch (Zwischen Eingang und Küche), aber der ist bei vollbelegter Hütte schnell mal überlastet.
                                                                                Beim Hüttenwart in Sälka habe ich den Eindruck dass der entweder seinen ersten Einsatz nach dem Kurs hatte und "Angst" hatte Fehler zu machen, oder dass er seine Erfahrungen mit absoluten Banausen gemacht hat und deshalb alles so genau erklärt hat.

                                                                                Gruss
                                                                                Henning
                                                                                Es gibt kein schlechtes Wetter,
                                                                                nur unpassende Kleidung.

                                                                                Kommentar


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                                                                                  Dauerbesucher
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                                                                                  • 644
                                                                                  • Privat


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                                                                                  AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                  Feiner Bericht; vielen Dank!

                                                                                  OT: Noch ein bisschen Klugscheiß zu den Raupen: Dass das in Abisko jetzt schon drei Jahre am Stück so heftig ist, ist schon eher außergewöhnlich, aber kommt gerade bei den grünen Raupen (Epirrita autumnata) doch mal vor. Normalerweise gibt es diese Peaks etwa alle 8-10 Jahre und dauern dann, je nach den beteiligten Arten, ein oder eben mehrere Jahre an. Üblicherweise verpuppen sich die Raupen nach einigen Wochen und schlüpfen dann im Spätsommer (je nach Region etwa ab Ende August) als Falter wieder.
                                                                                  Wenn die Birken kahlgefressen sind, hat sich das mit den Blättern für die jeweilige Saison egtl. erledigt und bilden erst wieder im nächsten Jahr Blätter.
                                                                                  Bilder.

                                                                                  Kommentar


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                                                                                    Erfahren
                                                                                    • 23.08.2010
                                                                                    • 228
                                                                                    • Privat


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                                                                                    AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                    Zitat von Fjaellraev Beitrag anzeigen
                                                                                    Mit den Hüttenwarten in Tjäktja und Sälka hast du ja etwas spezielle Exemplare erwischt
                                                                                    Nur weil alle Betten besetzt sind, heisst das noch lange nicht dass weitere Gäste einfach abgewiesen werden können. Auch ohne Notlage können die dann, gegen Bezahlung des normalen Übernachtungspreises, auf Matrazen oder dem Fussboden schlafen.
                                                                                    Einen Trockenraum hat die Hütte übrigens auch (Zwischen Eingang und Küche), aber der ist bei vollbelegter Hütte schnell mal überlastet.
                                                                                    Beim Hüttenwart in Sälka habe ich den Eindruck dass der entweder seinen ersten Einsatz nach dem Kurs hatte und "Angst" hatte Fehler zu machen, oder dass er seine Erfahrungen mit absoluten Banausen gemacht hat und deshalb alles so genau erklärt hat.
                                                                                    Bei den Hüttenwarten war ich mir teilweise wirklich nicht sicher, ob die für diese Aufgabe tatsächlich geeignet waren. Der in Abiskojaure mit seinen beiden Auszubildenden war TOP! Alesjaure war auch super, ab dann ein wenig fragwürdig. Wobei, seien wir mal ehrlich. Es gibt genug Trottel, die sich auch im Fjäll so richtig daneben benehmen können. Die Landschaft sieht aus wie bei Conan, also kann ich mich auch so benehmen wie der Barbarenkönig. Gerade an den Hütten muss ein wenig Disziplin herrschen, sonst kann man nach einer Saison alles renovieren.
                                                                                    Ich denke nur an die Asozialen, die beim Rudern das letzte Boot an einem Ufer nehmen, aber kein Leeres zurückbringen. Die nächsten Wanderer haben das Nachsehen.

                                                                                    morit.z: Das mit den Raupen habe ich am Ende der Tour in der Abisko Turiststation auch gehört. Drittes Jahr in Folge und für viele Birken sieht es nicht gut aus. Es wurde sogar erzählt, dass in so einem Fall der Wald angezündet werden soll um das Wachstum neuer Bäume zu fördern. Ich hoffe ernsthaft, dass das nur blödes Geschwafel war, wäre echt schade drum

                                                                                    Jetzt gehts aber weiter mit dem nächsten Kapitel!
                                                                                    Gruß
                                                                                    David

                                                                                    Kommentar


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                                                                                      • 23.08.2010
                                                                                      • 228
                                                                                      • Privat


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                                                                                      Kapitel 8 - Aufbruch zum Nallo
                                                                                      24.06.

                                                                                      Immer wieder schaue ich auf die Uhr, die Sonne knallt durch die dicken Vorhänge in der Hütte und neckt mich mit ihrer Präsenz. Um 6 Uhr will ich nicht länger warten und stehe auf. Hubert schläft noch und ich versuche möglichst leise meine Klamotten zusammenzupacken. Fast alles ist schön trocken geworden. Lediglich der Hosenbund und natürlich die Stiefel sind noch feucht bzw. nass. In der Küche wird ein Pott Wasser erhitzt, heute mal ausnahmsweise nicht für Kaffee oder Tee. Da ich die ersten Tage kein Frühstück zu mir genommen hatte, habe ich sehr viel Milchpulver über. Ich rühre also das Pulver im Wasser an und gebe 2 Päckchen Vanillinzucker, dass normalerweise auch ins Müsli kommt, hinzu. Für die Geschmacksnerven eine wahre Explosion, auch wenn es sich nur um Aromastoffe und Zucker handelt. Während ich versuche in der Küche leise rumzuhantieren gesellen sich Sara und ihr Freund hinzu. Beide wollen ebenfalls rechtzeitig los um eventuell bis Alesjaure durchzuwandern. Die Pflichten in der Küche teilen wir 3 unter uns auf, wie schon am Vorabend. Während wir gemeinsam frühstücken und uns noch ein wenig über Dieses und Jenes unterhalten, hält es mich kaum noch auf der Sitzbank. Das Wetter ist zu bombastisch!

                                                                                      Um halb 8 trete ich vor die Tür und putze mir die Zähne vor einer traumhaft schönen Kulisse. Fast keine Wolken auszumachen im Stuor Reaiddávággi.



                                                                                      Und auch am Sälka kann man einen freien, blauen Himmel bestaunen.



                                                                                      Als ich mit der Morgenhygiene fertig bin, packe ich alles Abmarschbereit zusammen, schüttele die Bettdecke aus, fege den Raum komplett bis auf den Teil, der von Huberts Sachen bedeckt wird. Er wird kurz wach, wünscht mir einen guten morgen, dreht sich wieder um und schläft weiter. Der Rucksack wird bereits draußen abgestellt. Jetzt muss ich nur noch Holz sägen und hacken. Leider ist kaum jemand unterwegs und ich weis nicht, ob die Leute noch schlafen oder nur in ihren Hütten sitzen. Also gehe ich zu den beiden Hüttenwarten, die mittlerweile auf der Holztreppe vor dem Shop sitzen und die Sonne genießen und frage, ob es ok ist, jetzt schon Krach zu machen, weil ich niemanden verärgern will. Ja, wäre kein Problem, die Stimmung der Wandergruppe gestern war eh nicht so gut, die sind früh schlafen. Als ich nachhake, warum, wird mir berichtet, dass sich ein Mädel beim Abstieg vom Tjäktjapass vermutlich den Arm bei einem Sturz gebrochen hat. Die wissen nicht, ob sie weiterlaufen möchte, oder doch zur Vernunft kommt und sich rausfliegen lässt. Bitter sowas, aber ich sage ihm, wenn sowas passiert, da ist es immer gut, wenn man in einer Gruppe ist und nicht alleine. Ich frage wo man das Werkzeug herbekommt und der langgewachsene Schwede führt mich zum Schuppen, mustert mich und reicht mir dann die größte und heilste der 3 Äxte, und eine normale Bügelsäge. Natürlich kommt er nicht drumrum mir die Handhabung der Axt und Säge zu erläutern. Ich grinse breit und stelle mich doof. Er weis ja nicht, dass wir daheim nur mit Holz heizen und ich Jahr für Jahr anhängerweise Holz kleinhauen muss. Immerhin erklärt er alles richtig! Ich stampfe zum aufgestapeltem Holz, schnappe mir das dickste Meterstück vom Haufen und fange an zu sägen. In wenigen Minuten habe ich 4 gleichgroße Stücke fertig, die zum Hackklotz geworfen werden. Ich begnüge mich nicht damit und trage dick auf, indem ich auch noch die anderen kleingesägten Scheite zum Hackklotz trage. Ich begutachte den Axtstiel, der bereits ordentlich in Mitleidenschaft gezogen wurde und ich hoffe, dass ich ihm nicht den Rest gebe. Zu Hause habe ich meine gute Fiskars Spaltaxt, der Karbonschaft hält einfach den übelsten Misshandlungen stand. Davor habe ich jedes Jahr 1 oder 2 Holzstiele verbraten.
                                                                                      Birke lässt sich zum Glück sehr einfach Spalten und ohne Mühe und in kürzester Zeit haue ich die Klötze klein. Saras Freund kommt aus der Hütte mit dem Schmutzwasser und geht an mir vorbei. "Sieht aus, als ob du weist, was du da tust." Ausnahmsweise ja! Als alles kleingehauen ist, was man kleinhauen konnte, packe ich das Werkzeug weg und gehe noch kurz Wasser für Sara holen. Ihrem Knöchel geht es schon besser, aber ihr graut es vor dem langen Marsch nach Alesjaure und dem Aufstieg am Tjäktjapass.

                                                                                      Auf dem Rückweg von der Wasserstelle hockt ein Schneehuhn direkt neben dem Weg. Ich sehe es kaum, weil es einfach richtig gut getarnt ist.



                                                                                      Ein paar Meter weiter rechts auf der Wiese sitzt ein männliches Exemplar im Gras und wartet, dass ich mich verdrücke. Ich mache einen kleinen Bogen um das Weibchen und bemerke ein weiteres Männchen links vom Weg. Na das kann ja noch heiter werden! Und tatsächlich, als ich den Wassereimer in der Küche abstelle geht es draußen Rund. Der Kampf dauert nicht lange und der Sieger muss erst einmal mitten auf dem Holzstapel posen! Alle, die das mitbekommen haben, greifen zu ihrem Kameras.



                                                                                      Danach ist es Zeit für mich aufzubrechen. Der Rucksack wird geschultert und ich sage Sara und ihrem Freund "good bye". Sie wünschen mir Glück und viele Sonnenstunden. Kurz gehe ich noch zu den beiden Hüttenwarten, die junge Frau fragt mich direkt, ob es ok war, dass sie Fotos von mir beim Holzhacken gemacht hat. Ich bin ein wenig erstaunt, muss ich ja doch eine gute Figur gemacht haben. Ich sage, dass es kein Problem sei und mich geehrt fühle, hoffe aber zeitgleich, dass kein Abzug davon in den Toilettenhäuschen von Sälka an den Wänden landet. Der ältere Herr fragt mich, wo es heute für mich lang geht. Ich zeige in Richtung Stuor Reaiddávággi und er nickt anerkennend. "Very good choise!". Er schwärmt mir kurz von der Schönheit dieses Tals vor und meint, dass er sich das bei diesem Wetter auch nicht entgehen lassen will. Sein Ziel ist allerdings der Reaiddánjunni. Er verspricht mir zu winken, wenn ich Ausschau nach ihm halte und er mich im Tal erblicken wird. Er gibt mir noch die Hand und bedankt sich für meinen Einsatz bei den Pflichten. Nicht alle würden sich so vorbildlich daran halten. Okay, die erste kleine Egopolitur motiviert für die heutige Strecke!
                                                                                      Das hat jetzt alles wieder viel zu lang gedauert und ich komme erst gegen 9:40 in die Pötte. Egal, das "Lagerleben" an den Hütten ist bis jetzt immer sehr unterhaltsam und eine tolle Ergänzung gewesen.

                                                                                      Um ins Stuor Reaiddávággi zu gelangen, muss ich auf die andere Seite des Hauptstroms, der aus dem Tal runter fließt. Eine Holzbrücke, wie zu den Hütten vom Kungsleden aus, gibt es hier aber nicht. Lediglich eine Bohle ist mitten im Wasser und erleichtert an der tiefsten Stelle das Furten. Stiefel muss ich nicht wechseln, dass geht noch gerade so.



                                                                                      Der nördliche Berg des Sälkamassivs.



                                                                                      Anfangs kann man noch einem sehr gut sichtbarem Weg folgen, der hinauf ins höher gelegene Tal verläuft. Es geht immer schön am Hauptstrom entlang. In der Karte ist dort kein Name vermerkt, was ich beinahe kaum glauben kann, da es sich nicht gerade um einen kleinen Bach handelt. Es ist nahezu windstill, was mich sofort zum Schwitzen bringt. Es ist wie im Sommer in Deutschland, nur nicht schwül und der Regen bleibt auch fern
                                                                                      Der Gaskkasnjunni muss für dieses Foto als Motiv herhalten.



                                                                                      Ein Blick Richtung Süden nach Singi verrät mir, dass es wohl nicht den ganzen Tag so schön bleiben wird. Erste Wölkchen ziehen auch schon über mir dahin.



                                                                                      Ich nutze die Gelegenheit und schieße so viele Fotos bei dem tollen Wetter, wie es mir möglich erscheint. Der Reaiddánjunni macht sich wirklich gut!



                                                                                      Auch die Blicke zurück erlauben grandiose Szenarien, die einen Knips wert sind.



                                                                                      Fast auf der Höhe des Tals angekommen, bekommt man eine wunderschöne Aussicht auf die weiter hinten gelegenen Berggipfel des Nállu und Šielmmačohkka.



                                                                                      Reaiddánjunni mit der charakteristischen Gesteinslandschaft zu seinem Fuße.



                                                                                      Was ebenfalls für dieses Tal charakteristisch ist, es ist voll von Wasser! Überall aus den umliegenden Berggipfeln strömt es hinunter. Der Ausblick ist fantastisch! Solche Täler sind mir die Liebsten.



                                                                                      Viele Flächen mit Erde gibt es nicht, und wenn doch, dann ist der Boden meist so unterspült, dass man sehr leicht einsackt. Die Hitze ist trotz einer aufziehenden Wolkendecke enorm und ich mache immer wieder Stopps um meinen Wasserverlust aufzutanken.



                                                                                      Irgendwann schaue ich auf den Reaiddánjunni und erblicke tatsächlich eine Gestalt. Ich denke mir nur, leck mich fett, wie schnell ist der Kerl da hoch gekommen! Aber klar, nur Tagesgepäck und eine allgemeine gute Kondition machen das möglich. Wenn ihr genau auf dem folgenden Bild in die Mitte schaut, leicht links von der höchsten Stelle des Gipfels aus, könnt ihr ein paar Pixel erahnen, die den Hüttenwart darstellen. Mein Winken sieht er natürlich nicht.



                                                                                      Dutzende Wasserquerungen muss ich heute vornehmen, aber nur selten die Stiefel wechseln. Hier fließt der Strom vom Reaiddáglaciären herab, an dieser Stelle war mir ein Wechseln lieber, da sich der Strom in mehrere, teils doch tiefe Abschnitte aufteilt und die Stiefel so langsam beim Gehen trocknen.



                                                                                      Meine Beine sind einfach zu kurz, um die Stelle sicheren Schrittes überqueren zu können.



                                                                                      Immer wieder gibt es schöne Spiegelbilder im Wasser, der Vorteil, wenn es windstill ist.



                                                                                      Auch Schneefeldreste gibt es hier oben. Ich vertraue auf mein Glück und überlaufe es wagemutig, obwohl ich vermute, dass sich unterhalb davon das Wasser ansammelt. Der gesamte Bereich ist vollgesogen wie ein Schwamm.



                                                                                      Bislang ist mir noch nicht klar, wo dort die Nallostugan stehen soll. Laut Karte geht es abwärts in ein tiefer gelegenes Tal, aber irgendwie wird das hier noch gar nicht ersichtlich.
                                                                                      Auf der anderen Seite des Tals weckt dieser Wasserlauf meine Aufmerksamkeit. Oberhalb des erstes Schneefeldes in Talnähe erblicke ich einen anderen Wanderer. Ich hatte selbst überlegt die andere Seite zu nutzen, da dort weniger Flüsse von den Hängen strömen, aber mich dagegen entschieden, da die gesamte Strecke nur knapp 10km ausmacht. Sollte es mir bei Nallo gefallen, will ich sowieso einen Ruhetag einlegen. Da machen ein paar Flussquerungen mehr auch nichts aus!



                                                                                      Das Wandern im Stuor Reaiddávággi ist sehr entspannend für mich. Die Füße bekommen im Vergleich zum doch recht ausgetrampelten Kungsleden genügend Abwechslung und in den Pausen fliegen die Schuhe auch immer wieder von den Füßen. So trocknet die Restfeuchte vom Vortag idealerweise beim Laufen sehr gut nach. Irgendwann kommt der Reaiddájávri ins Blickfeld. Ich dachte schon, den würde es hier nicht mehr geben, aber durch die Beschaffenheit des Tals ist erst ein später Blick darauf möglich, wenn man nicht ein paar Meter höher im Hang langläuft. Der See ist von Eisschollen bedeckt, was mich prompt an meine letzte Tour zurückdenken lässt.



                                                                                      Als ich mich mal wieder umdrehe, bekomme ich ein ungutes Gefühl wegen dem Wetter. Hier kann man nur äußerst schwer einen Zeltplatz finden, der relativ steinfrei und nicht unterschwemmt ist. Ich beschließe mich zu beeilen und laufe etwas schneller weiter.



                                                                                      Leider renne ich nicht runter zum See, ich denke, dass es oberhalb auf dieser Seite weiter geht und schaue auch anfangs nicht auf die Karte. Irgendwann wird es kriminell, denn die Felsen sind nass und die Querungen der kleinen Flussläufe sind haarsträubend. Ich erinnere mich ans Gespräch heute früh mit den Hüttenwarten. Beim Sturz vermutlich den Arm gebrochen. Ich hole die Karte dann mal endlich raus und merke sofort, dass ich doch einfach nur doof bin. Die Route geht auf der anderen Talseite weiter und ich stapfe die ganzen Höhenmeter wieder runter zum See.
                                                                                      Die Spitze des westlichen Ausläufers des Räitatjåkka sticht in die Höhe.



                                                                                      Ich muss sogar wieder ein Stück zurück um zum Auslauf des Sees zu gelangen. Dafür darf ich den bereits gefurteten Querstrom, nochmals furten. Die Zeit beim Schuhwechsel geht flöten und der Blick zurück lässt gemeine Erinnerungen der Vortage hochkochen.



                                                                                      Tatsächlich ist eine geeignete Furtstelle mit einer alten Eisenstange auf meiner Seite und einem großen Steinmännchen auf der anderen Seite markiert. Ich begucke sie mir genau und beschließe, dass es bei gegebenem Wasserstand sicherlich weiter Flussabwärts besser gehen wird. Also furte ich den Seitenarm ein drittes Mal und finde kurz dahinter eine prima Möglichkeit zum Queren. Während ich die Furtschuhe anziehe, fallen die ersten Regentropfen, was mich jedoch nicht weiter stört. Die paar Meter bis zum Wasser sind unangenehm zu laufen. Trotz 5mm Gummisohle spüre ich die teils spitzigen Steine unangenehm stechen.



                                                                                      Auch wenn es nicht so aussieht, die Furt hat es dann doch ein wenig in sich. Die Lichtverhältnisse haben die Tiefe einiger Stellen von meiner Uferseite aus nicht preisgegeben. Die Hosenbeine nur über die Knie gestülpt, muss ich mir an drei Stellen im Wasser einen Alternativweg suchen. Zurückgehen und Hose ausziehen ist jetzt keine Option mehr. Es gelingt ganz gut und nur ein Hosenbein wird ein wenig nass. Drüben angekommen wird noch ein kleines Päuschen eingelegt und Schokolade und Trockenfeige auf die Kauleiste gelegt. Was zu trinken hole ich mir ebenfalls, dann geht es auch schon weiter.



                                                                                      200 Meter weiter hört es auf zu regnen und die Sonne versucht den Kampf gegen die Wolken zu gewinnen. Die Rückblicke am heutigen Tag lohnen sich immer wieder! Grandios!





                                                                                      Tatsächlich kann sich die Sonne nochmals durschetzen und setzt den gegenüberliegenden Hang in Szene.



                                                                                      Auf dieser Seite des Flusses muss ich noch einige Schneefelder überqueren und das auch noch an recht kritischen Passagen mit fließendem Wasser drunter. Ich sehe nur einen einzigen Schuhabdruck an einer Stelle. Die Person muss wesentlich leichter gewesen sein, als ich, denn ich breche auch prompt ein. Zum Glück nur knietief und darunter ist ein Felsen, auf dem ich zu stehen komme. Ab jetzt halte ich mich nicht mehr an die Steinmarkierungen und suche meine eigenen Wege! Das funktioniert ganz gut und bald macht sich der Blick in den weiteren Talverlauf am Nállu frei.



                                                                                      Die Kombination der Gesteinsformationen und den Schneeresten ist einfach nur sagenhaft! Ich könnte hier stundenland durch die Gegend rennen und die Details mit meiner Kamera auf der SD-Karte bannen. Aktuell kümmert mich die Sorge um den Regen kein Stück mehr. Ich genieße die Landschaft in vollen Zügen!



                                                                                      Eine kleine Wassertreppe.



                                                                                      Egal in welcher Richtung man durch dieses Tal wandert, umdrehen ist angesagt! Die Perspektiven sind genial.



                                                                                      Als ich schon nicht mehr damit rechne, taucht urplötzlich die Nallostuggan vor mir auf. Das ist der krasse Gegensatz zur Alesjaurestugorna, welche man schon gefühlte 10km vorher erblickt. Ich werde schlagartig neidisch auf den Hüttenwart, der hier einige Wochen am Stück verbringen darf. Traumhafter Standort! Meine Überlegung heute eventuell bis nach Visttas zu laufen, begrabe ich sofort.



                                                                                      Als ich an der Hütte ankomme, ist niemand anwesend. Weder Zelte noch Hüttenbewohner sind zu sehen. Ich klopfe und rufe, niemand meldet sich. Auf der verschlossenen Tür des Hüttenwarts hängt ein Zettel auf Schwedisch und zum Glück auch Englisch. "I am out for a hike, be back at 4 o'clock in the afternoon. Greetings, Agneta".
                                                                                      Okay, es ist erst 20 vor 3 und ich bin mir nicht sicher, ob man hier eine Gebühr bezahlen, muss, wenn man in der Nähe zeltet oder ob es so wie bei Tjäktja gebührenfrei bleibt. Der Wegweiser sieht mir nach einem Original aus alten Westernfilmen aus, weshalb er auch auf der SD-Karte als Bildchen landet.



                                                                                      Als ich um 15 Uhr niemanden weit und breit erblicke, suche ich mir einen geeigneten Zeltplatz aus. Ich versuche so wenig wie möglich der hübschen, lilafarbenen Alpenveilchen plattzutrampeln und baue das Zelt in wenigen Handgriffen und Minuten auf. Hier pfeift mittlerweile ein leichter Wind, so dass ich die Heringe mit Steinen beschwere, man weis ja nie.
                                                                                      Im Sarek und Stora Sjöfallet beinahe nur in Gelb zu bewundern, hier allerdings fast ausnahmsweise in Lila!



                                                                                      Zeltplatz mit Blick auf den Wasserfall und den Šielmmáčorru.



                                                                                      Gerade als alles fertig ist, kommt eine Wanderin aus dem Stuor Reaiddávággi herunter. Sie bleibt bei mir stehen und stellt sich als Agneta vor. Die Hüttenwartin von Nallo freut sich über meinen Besuch und lädt mich direkt auf einen süßen Tee ein um die verbrauchte Energie aufzufrischen. Ich folge ihr wieder zur Hütte und wir quatschen über die Gegend. Als der Tee fertig ist, setzen wir uns draußen vor die Hütte und glotzen die Landschaft weg. Sie war es, die ich vorhin auf der anderen Seite im Tal gesehen habe. Sie war auf der Suche nach einer besseren Furtstelle, weil viele ein Problem mit der aktuellen Stelle haben, da dort bei regnerischem Wetter ganz schnell das Wasser bis zur Hüfte gehen kann. Agneta ist das erste Mal hier oben und sie liebt es, bisher war sie nur in der Visttasstugan stationiert. Bevor ich es vergesse, richte ich ihr Grüße von Monika aus. Sie freut sich drüber und fragt mich aus, wie es ihr bei Tjäktja geht.
                                                                                      Im weiteren Gesprächsverlauf lerne ich, dass das Amt des Hüttenwarts ehrenamtlich ist und meist der Jahresurlaub von den entsprechenden Personen dabei drauf geht. Wahnsinn! Ich kann das aber verstehen und würde das an den weniger besuchten Hütten definitiv gerne machen. Sie erzählt mir ebenfalls, dass es noch früh in der Saison sei und kaum jemand hier lang geht. Letztes Jahr zur selben Zeit, war hier noch alles voller Schnee. Ohne Winterausrüstung keine Chance. Irgendwann gegen 19 Uhr verdrücke ich mich zum Zeltplatz, langsam werde ich hungrig. Ich bleibe der einzige Gast für Agneta! Das ist ein tolles Gefühl hier oben die Szenerie mit keinem anderen Wanderer teilen zu müssen.



                                                                                      Zum Dinner gibt es erneut Nudeln mit Jägersauce, dazu ein paar Erdnüsse. Die kleinen Dinger werden irgendwie nicht weniger im Beutel!



                                                                                      Kurz nach dem Essen wird es aus heiterem Himmel ungemütlich. Ich schaffe es noch gerade das Geschirr bei den Hütten zu spülen und trocken ins Zelt. Dann bricht die Hölle los! Es pfeift ein Wind, der Seinesgleichen sucht und rüttelt am Akto. Der Regen knallt unerbittlich aufs Zelt herab. Aber wisst ihr was? Das war in dem Augenblick völlig egal! Der Tag war ein voller Erfolg! Die Strecke war genial zu laufen, schön anzuschauen und ich habe das Gefühl an einem ganz besonderen Ort angelangt zu sein! Das Wetter kann mich mal kreuzweise und ich lasse den Tag im Zelt Revue passieren.

                                                                                      Als Fazit bleibt mir nur übrig zu sagen, dass sich der Hinweis von Vintervik bezüglich Nallo als wahrer Geheimtipp für mich bewahrheitet hat! Das Wetter kommt mir mittlerweile jeden Tag dumm, aber heute hatte ich mal wieder Glück. Die gesamte Tour bisher war diesbezüglich irgendwie Zuckerbrot und Peitsche, meist mehr Peitsche, aber dennoch versuchte ich das Beste draus zu machen. Und für zwei bescheidene Tage habe ich bislang immer einen richtig Genialen erleben dürfen. Ob das im weiteren Verlauf anhalten wird, erfahrt ihr nur, wenn ihr gespannt mitlest

                                                                                      Kommentar


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                                                                                        #44
                                                                                        AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                        wie jemand schon so schön sagte: Bericht=Bombe

                                                                                        Lese sehr gerne mit und macht Lust auf eigene Unternehmungen.

                                                                                        mal eine Frage zu den Fotos: Du machst ja ziemlich viele. Da sist schön für uns , beim lesen.
                                                                                        Aber, ist es nicht problematisch, sich auf einer tour immer wieder aufs fotografieren zu konzentrieren? Das nimmt einen doch immer so aus dem Moment raus...jedenfalls hab ich die Erfahrung gemacht.
                                                                                        Wie ist das bei Dir, bist Du noch richtig "da" wenn Du nach einem guten Foto schaust?

                                                                                        Lg und weiter so,
                                                                                        Syncronizer

                                                                                        Kommentar


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                                                                                          Erfahren
                                                                                          • 23.08.2010
                                                                                          • 228
                                                                                          • Privat


                                                                                          #45
                                                                                          AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                          Zitat von syncronizer Beitrag anzeigen
                                                                                          mal eine Frage zu den Fotos: Du machst ja ziemlich viele. Da sist schön für uns , beim lesen.
                                                                                          Aber, ist es nicht problematisch, sich auf einer tour immer wieder aufs fotografieren zu konzentrieren? Das nimmt einen doch immer so aus dem Moment raus...jedenfalls hab ich die Erfahrung gemacht.
                                                                                          Wie ist das bei Dir, bist Du noch richtig "da" wenn Du nach einem guten Foto schaust?
                                                                                          Also ich verstehe worauf du hinaus willst. Bei mir ist es nicht so, dass ich wie verrückt um mich schaue um ein geeignetes Motiv zu finden. Ich achte so oder so auf viele Details, wenn es die Umstände erlauben. Das ist bei meiner Olympus µ1030 auch keine Frage von langer Vorbereitungszeit beim Fotografieren. Die kompakte Digicam wird aus der Tasche geholt, eingeschaltet, knips, ausgeschaltet und weggepackt.

                                                                                          Klar, wenn ich jetzt bei jedem Tag mit 20+ Kilometer kalkuliert hätte, dann würde ich nicht so viel Zeit haben mich umzuschauen. Aber persönlich stört mich das nicht, lieber ein paar km weniger und dafür die Zeit zum Umsehen nutzen. Die Fotos entstehen sozusagen als Nebenprodukt und reissen mich dadurch auch nicht aus dem Moment

                                                                                          Gruß
                                                                                          David

                                                                                          Kommentar


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                                                                                            Gerne im Forum
                                                                                            • 14.01.2013
                                                                                            • 61
                                                                                            • Privat


                                                                                            #46
                                                                                            AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                            Coole Sache - habe heue gerade die umgekehrte Strecke gepostet Und wir hatten tatsächlich den gleichen Platz an der Nallostugan. Bin gespannt wo dein Weg weiter geht.
                                                                                            Lg
                                                                                            Christoph

                                                                                            Kommentar


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                                                                                              Erfahren
                                                                                              • 23.08.2010
                                                                                              • 228
                                                                                              • Privat


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                                                                                              AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                              Kapitel 9 - Erkundungstag am Nállu
                                                                                              25.06

                                                                                              Ich erwache und habe ein leichtes Panikgefühl, Atemnot, es ist mörderisch warm im Zelt. Was aber bedeutet, dass die Sonne scheinen muss! Schnell das Zelt geöffnet und frische Luft hereingelassen, jetzt gehts sofort besser und ich beruhige mich. Das Gefühl von völlig überhitzter Luft im Innenzelt jagt mir Angst und ein richtiges Unwohlsein ein. Der Anblick bei diesem herrlichen Wetter haut mich doch glatt schon vom Zelt aus um!





                                                                                              Es ist gerade Mal 7 Uhr morgens, aber das ist gut so. Ich wollte heute eigentlich weiterlaufen, wenn die Sicht so verhangen wäre wie gestern Abend. Aber mit diesem genialen Wetter habe ich nicht gerechnet. Während ich aufstehe und mich auf dem Weg zum Fluss mache um mich zu waschen, überlege ich, ob ich heute nicht einfach hier bleiben soll. Spricht absolut nichts dagegen, ich weis nicht, wie ich laufen soll, damit ich meine volle Zeit ausschöpfen kann und trotzdem passend wieder in Abisko bin. Ich gehe ein wenig talabwärts und finde eine schöne Stelle am Ufer, wo es nicht sonderlich matschig ist und auch das Wasser eher ruhig und gemächlich dahinfließt. Der Standort ist perfekt zum baden. Ich ziehe blank und hoffe, dass Agneta nicht gerade aus dem Fenster guckt. Das frische Wasser ist eiskalt und in wenigen Minuten verschwindet das Gefühl in den Fingern und Zehen. Mein Kopf kriegt nahezu sofort Gehirnfrost. Ihr kennt das Gefühl, wenn man einen Milchshake zu schnell austrinkt? Genau so fühlt sich das an. Danach ist man frisch und wach. Ich wasche ebenfalls die Unterwäsche und mein T-Shirt. Den zweiten Satz ziehe ich mir an. Dann mache ich mich auf den Weg zum Zeltplatz um mein redlich verdientes Frühstück zuzubereiten.

                                                                                              Ich habe 2 Sorten Müsli mit, Eines mit kernigen Haferflocken und Nüssen und ein Zweites mit zarten Haferflocken und Schokosplittern, die extrem schnell weich werden und aufquellen. Zweiteres ist mir lieber, da muss ich nicht so lange warten, bevor ich essen kann. Allerdings macht Ersteres länger satt und gibt auch für den Tag mehr Energie. Ich muss mir für die kommende Tour hierzu noch dringend Gedanken machen
                                                                                              Die nassen Klamotten landen auf dem Zelt zum Trocknen, während ich das Müsli mit Schokopops mampfe und Darjeeling-Tee mit Zucker trinke. Während ich esse fallen mir über den Spitzen des Tjäktjajåkka 6 größere Raubvögel auf. Es sind keine Adler, dafür sind sie zu klein, Agneta meinte später, dass es Bussarde sind. Aber wie herrlich dieser Anblick der wilden Tiere doch ist.



                                                                                              Beim Spülen des Geschirrs an der Hütte taucht Agneta vor der Tür auf. Sie strahlt mit der Sonne um die Wette. Ich bin mir sicher, dass mein Gesichtsausdruck auch vor Freude über das gute Wetter geprägt ist. Wir setzen uns wieder auf die Holztreppe und beraten kurz, was man heute anstellen könnte. Agneta wollte hoch Richtung Pass zu Tjäktja und sich die Gegebenheiten angucken um eventuellen Gästen bessere Tipps geben zu können. Sie empfiehlt mir den Nállu zu besteigen oder eine ca. 10km große Rundtour um den Nállu herum zu machen. Das klingt sehr verlockend und ich frage, ob das nicht zu viel Kraxelei ist. In ihren Augen kein Problem, wenn man ohne Gepäck unterwegs ist. Nur beim Wetter ist sie sich nicht sicher, ob der Sonnenschein lange anhalten wird. Ich bedanke mich für die Tipps und mache mich auf den Weg. Ein leichter Wind hat begonnen zu wehen, weshalb ich auch die Softshell überziehe. Außerdem gibt mir das mehr Taschen um meine Trinkwasserflasche und ein klein wenig Proviant mitzuschleppen. Ich bin kurz am Überlegen, ob ich die Furtschuhe benötige, die Furt ist extrem breit bei der Hütte, aber teilweise dann auch nicht so flach, wie man vermutet. Ich entscheide mich dagegen und laufe los. Nach einigen haarsträubenden Situationen und ein wenig vor und zurück gelange ich dann doch trocken hinüber. Jetzt geht es für die ersten paar Meter einem kleinen Trampelpfad folgend nach oben zum Wasserfall. Der Blick zurück auf die nassen Steilwände des Räitatjåkka und die im Tal gelegenen Hütten ist wirklich toll!



                                                                                              Ein Blick auf den Nállu lässt mich dann doch kurz schlucken. Da soll ich hoch? Das geht definitiv nicht auf direktem Weg. Ich beschließe dem Pfad zu folgen und mich von den nassen, glänzenden und vermutlich extrem rutschigen Felsen fern zu halten. Lieber im Geröllfeld an der Westseite hochkraxeln.



                                                                                              Es geht jetzt eigentlich nur noch nach oben, ich komme ins Schnaufen und fange an zu schwitzen. Die Softshell wandert kurzfristig in die Hand, was aber beim kraxeln zum Hindernis wird, also wieder angezogen das Teil und weiter gehts. Der kleine Wasserfall macht richtig Krach und teilweise muss man sehr nah am Rand des Canyons langwandern. Hier kommen mir bereits erste Bedenken. Ich habe kein Problem irgendwo im steilen Winkel hochzulaufen, aber runter muss ich auch wieder, was meist das größere Problem bei mir darstellt.



                                                                                              Bis hierhin ist es noch sehr einfach, selbst mit Rucksack hätte ich mir das zugetraut. Lediglich die glattgeschliffenen Felsen muss man meiden, dann bekommt man überall guten Halt. Trittsicherheit hilft aber ungemein! Die Geröllpassagen sind nicht unbedingt fest. Die Hauptroute scheint von einem Felsrutsch verschüttet worden zu sein, man muss sich über sehr loses Gestein nach oben arbeiten. Mehrmals kippen kleinere Steinchen um oder rutschen ab.



                                                                                              Aber alleine die ersten Einblicke in die Hochtäler und an die Gipfel sind die Mühe wert! Ich schließe diese Gegend sofort in mein Herz und ärgere mich extrem, dass ich nicht meinen Rucksack mitgenommen habe.



                                                                                              Immer wieder strecken sich kleine Blümchen aus dem kargen Gelände zur Sonne. Ich fühle mich prima!



                                                                                              Nach einer knappen Stunde ist der Ausblick ins Tal schon recht beeindruckend. Das Wetter spielt bisher mit und ich kann garnicht genug von den Gipfeln um mich herum bekommen.



                                                                                              Der Pass Richtung Tjäktja ist wirklich noch gut mit Schneefeldern bestückt. Aber bei dem Wetter wäre es ein Traum dort lang zu wandern.



                                                                                              Der See bei 1078m ist ebenfalls noch partiell gefroren und die Spitze des Tjäktjajåkka liegt in Wolken. Das bisschen Wasser, was zu sehen ist, spiegelt je nach Winkel die Gipfel wieder oder schimmert in einem wahnsinnig tollen Blau- und Grünton. In einem Schneefeld unterhalb von mir liegen zwei Rentiere und kühlen sich ab.



                                                                                              Aus dem nordwestlichen Gebirge strömen die Wassermassen am glattgeschliffenen Felsen direkt aus dem Gletscher hinab und verschwinden unter einer geschlossenen Schneedecke. All das bewundern zu dürfen weckt in mir den Wunsch hier hochzuziehen.





                                                                                              So langsam aber sicher wird mein Wasservorrat knapp und absteigen zum See will ich jetzt nicht mehr. Da es immer noch brütend heis ist, kommt mir der Gedanke das restliche Wasser mit Schnee zu vermischen. Das ergibt einen leckeren Wasserfrappé! Kühlt, erfrischt und ist wesentlich besser als den Schnee im Mund zu tauen. Ich habe wirklich extremen Durst und stopfe immer wieder Schnee in die Flasche, welche nah am Körper transportiert wird um den Schmelzvorgang zu beschleunigen.



                                                                                              Der Blick auf die Gebirgskette des Šielmmáčohkka bringt mich erneut ins Staunen und Träumen. Der Kontrast der weißen Schneefelder und der dunklen Felsen bei blauem Himmel ist einfach nur wundervoll.



                                                                                              Die Wolken nehmen leider zu und ich werde unsicher. Soll ich tatsächlich noch rauf auf den Nállu? Weit ist es zwar nicht mehr, aber fast der komplette Weg runter ins Tal besteht aus Felsen, wenn es hier nur 10 Minuten regnet, wird der Rückweg extrem gefährlich. Kurz überlege ich die Rundwanderung zu unternehmen, aber hierzu fehlen mir zwei entscheidende Dinge. Meine Gamaschen, die natürlich im Rucksack geblieben sind, wären hier sehr nützlich, da die Schneefelder sehr weich sind und man sehr tief einsinkt. Man schaufelt sich die Hacken sofort mit Schnee voll und triefnasse Stiefel sind die Folge. Weiterhin die Wanderstöcke, um die Festigkeit der Schneedecke zu testen und ggfs. Wasser oder Freiräume unterhalb des Schnees besser ausfindig machen zu können. Schade aber auch. Ich gehe weiter Richtung Nállu und genieße die Aussicht.



                                                                                              Das Stuor Reaiddávággi von hier oben aus betrachtet ist ein Traum! Ich kann den kompletten Weg von gestern sehen und nachverfolgen. Das sind die zauberhaften Momente, für die man jede Entbehrung und Last auf so einer Tour in Kauf nimmt. Man bekommt es tausendfach zurückgezahlt! Das ist eines meiner absoluten Favoritenbilder der Tour!



                                                                                              Da sich der Himmel immer mehr zuzieht und ich keine Lust habe hier oben einen kleinen Schauer vom gestrigen Kaliber abzubekommen, entscheide ich mich jetzt schon für den Rückweg. Im Nachhinein könnte ich mich Ohrfeigen, aber die Entscheidung war richtig. Ich gehe jetzt viel weiter oben auf direktem Weg hinab und muss so einige Schneeflecken hinabrutschen und auch an einigen Geröllteilen hinuntergleiten. Es ist sehr steil, aber ich komme flott voran. Die Aussicht ist immer noch genial!





                                                                                              Beim weiteren Abstieg komme ich an eine Stelle, wo die Überreste eines toten Rentiers verrotten. Vom Kopf fehlt jede Spur. Ich vermute, dass das Kleintier von einem Adler geschnappt und fallengelassen wurde. Die Knochen, Fellfetzen und Fleischbrocken verteilen sich auf mehreren Quadratmetern. 30 Meter weiter unten liegt der Schädel zwischen zwei Felsen. Die ein oder andere Situation beim Abstieg lässt mich grausen, aber alles geht gut und ich komme heile unten an. Das erste, was ich am Fluss mache, ist ausgiebig zu trinken. Die Wasserflasche ist oben bereits geleert worden. Die Furt wird erneut anspruchsvoll, gelingt aber zum zweiten Mal ohne nasse Stiefel zu bekommen. Als ich am Zelt ankomme, fängt es bereits an zu regnen. Na klasse. Agneta ist noch nicht zurück von ihrem Tagestrip. Hoffentlich hat sie Regenklamotten mitgenommen.

                                                                                              Nach einer knappen Stunde ist der Spuk vorbei und die Sonne kommt wieder raus. So schnell kann das hier gehen. Die Hänge sind klitschnass und ich bin froh dann doch nicht den Aufstieg zur Spitze in Angriff genommen zu haben. Ich hätte meine Klamotten auswringen können und wäre vermutlich immer noch beim Runterkraxeln. Irgendwann in der letzten Stunde muss Agneta doch zurückgekehrt sein, sie steht vor der Hütte und trocknet ihr Haar. Ich gehe rüber und wir berichten über unsere Erlebnisse. Irgendwann holt sie ihre Kamera hervor und zeigt mir einen Elch, der direkt bei der Vistasstugan vorm Wegweiser steht. Sie und die Frau vom Hüttenwart von Visttas waren gerade auf Toilette und kamen nicht mehr ins Haus zurück. Der junge Elchbulle war extrem aggressiv und schnaubte wie wild. Laut Agneta ein Jungtier, das vermutlich kurz vorher von seiner Mutter in die große weite Welt ausgestoßen wurde. Die Tiere sind dann mit Vorsicht zu genießen, weil sie nicht wissen, was jetzt Sache ist. Später am Abend ruft sie mich noch einmal herbei und drückt mir ein Fernglas in die Hand. Beim Aufstieg ins Stuor Reaiddávággi rennt ein junger Elch über Schneefelder hin und her. Sie lacht und meint es sei genau dasselbe Tier, welches sie vor 3 Tagen bei der Vistasstugan gesehen hat. Schon verrückt, die Tiere finden hier oben in der Regel nicht genug zu fressen, aber das Verhalten könnte tatsächlich zu einem verschreckten Jungtier passen. Gegen 18 Uhr wird es wieder sehr ungemütlich. Ich hocke im Zelt und koche mein Abendessen bei geschlossener Apsis. Der Wind ist wieder extrem, der Regen nichts Neues mehr. Die Nudeln in Tomatenbolognese schmecken fabelhaft und ich habe nichts am heutigen Tag auszusetzen



                                                                                              Kurz lässt der Schauer nach, so dass ich nochmals mein Geschirr spülen gehen kann. Mittlerweile hat Agneta 2 Besucher aus Visttas in ihrer Hütte untergebracht, oberhalb von meinem Zeltplatz ist ein Tipi aufgebaut. Ich staune nicht schlecht, da man diese Konstruktionen eher selten bis gar nicht zu Gesicht bekommt. Das Wetter wird garstig und ich verdrücke mich ins Zelt.

                                                                                              Das wars dann vorerst mit der schönen Aussicht!





                                                                                              Noch nicht ganz eingeschlafen pollert etwas unheimlich laut vor dem Zelt und endet mit einem lauten Platschen. Ich kann das Geräusch überhaupt nicht zuordnen. Kurz denke ich an den jungen Elchbullen, der hier Amok läuft, aber das kann unmöglich sein. Das Geräusch kommt von viel zu weit weg, irgendwo weiter unten im Tal. Ich schlage die Zeltwand auf und erblicke ein weiteres, rotes Zelt neben meinem. Was das Geräusch verursacht hat, bleibt mir ein Rätsel. 10 Minuten später dasselbe Spiel nochmal. Es klingt nach einem riesigen Felsbrocken, der am Hang hinabfällt und immer wieder in die Felswand donnert. Anschließend landet er im Wasser, was das Platschen erklären würde. Morgen früh frage ich mal die anderen dazu aus, aber jetzt ist Nachtruhe angesagt. Trotz miesem Abendwetter schlafe ich wieder einmal tief und fest. Das Vertrauen ins Akto ist unerschütterlich auf dieser Tour gewachsen.

                                                                                              Der Ruhetag war genial. Nicht wirklich notwendig, aber der kleine Abstecher nach oben hat sich ausgezahlt und mir den Aufenthalt am Nállu nochmals verschönert und einen ticken unvergesslicher gemacht.

                                                                                              Kommentar


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                                                                                                Fuchs
                                                                                                • 23.04.2012
                                                                                                • 1541
                                                                                                • Privat


                                                                                                #48
                                                                                                AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                Ich wollte dir auch mein Lob nicht vorenthalten und für diesen wirklich tollen Reisebericht Danken.
                                                                                                Er annimiert mich selbst mal eine Solotour zu unternehmen. Was mich, außer die Weiterführung deiner Tour, noch brennend interessiert, wäre deine Packliste sowie deine Zufriedenheit mit der Ausrüstung. Würde mich freuen wenn du dies eventuell noch hinten ranhängen könntest. Außer der Aufwand ist dir zu groß.

                                                                                                Grüße

                                                                                                Kommentar


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                                                                                                  Freak
                                                                                                  Liebt das Forum
                                                                                                  • 21.12.2003
                                                                                                  • 13981
                                                                                                  • Privat


                                                                                                  #49
                                                                                                  AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                  Nallo ist einfach ein wunderbarer Platz.
                                                                                                  Im Sommer bin ich bisher nur durchgelaufen, aber schon bei meinem ersten Besuch dort (Übernachtung im Winter) war mir klar dass ich da irgendwann auch mal einen (oder mehrere) "Ruhetag" verbringen muss. Mal schauen wann es so weit ist.

                                                                                                  Gruss
                                                                                                  Henning
                                                                                                  Es gibt kein schlechtes Wetter,
                                                                                                  nur unpassende Kleidung.

                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                    Gerne im Forum
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                                                                                                    • 59
                                                                                                    • Privat


                                                                                                    #50
                                                                                                    AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                    Klasse geschrieben und wundervolle Fotos, mach bitte weiter

                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                      Dauerbesucher
                                                                                                      • 31.12.2005
                                                                                                      • 558
                                                                                                      • Privat


                                                                                                      #51
                                                                                                      AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                      Sehr schöner Bericht, danke! Ich habe dass Gefühl, dort gerade wieder unterwegs zu sein.

                                                                                                      Bin im Sommer von Abisko übers Vistasvaggi zur Nallo und dann über Alesjaure, Hukejaure, Ritsem und Padjelantaleden bis Kvikkjokk. Dort musste ich nach ca. 6 Wochen aus gesundheitlichen Gründen abbrechen.

                                                                                                      Es war großartig! An der Nallo stand auch mein Zelt wo Deins stand und Deine Eindrücke von diesem Ort kann ich nur zu gut verstehen.

                                                                                                      HAL
                                                                                                      Vieles kommt - aber alles geht!

                                                                                                      Den Plünnenkreuzer, Landgänger und das neue raus&weg-Blog findet ihr entsprechend der Forumsregeln unter diesem einen Link - click!

                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                        Fuchs
                                                                                                        • 10.06.2004
                                                                                                        • 1232
                                                                                                        • Privat


                                                                                                        #52
                                                                                                        AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                        Kann mich den anderen nur anschließend, gerade Dein Abstecher zum Nallo hat tolle Bilder geliefert, die auch in mir die Lust wecken diesen herrlichen Ort mal wieder zu besuchen. Bei der Geschichte mit dem jungen Elch musste ich ziemlich schmunzeln, wäre irgendwie lustig gewesen, wenn er noch zur Hütte hoch gekommen wäre.

                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                          Erfahren
                                                                                                          • 30.01.2010
                                                                                                          • 278
                                                                                                          • Privat


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                                                                                                          AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                          Ein sehr schöner und sympathischer Bericht; ich freue mich auf die Fortsetzung!

                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                            Erfahren
                                                                                                            • 01.07.2009
                                                                                                            • 186
                                                                                                            • Privat


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                                                                                                            AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                            Zitat von dingsbums Beitrag anzeigen
                                                                                                            Ich tippe drauf, dass es dieser war. Kallax Flyg hat zur Saison einen Hubschrauber in Abisko stationiert und fliegt dich, wohin immer du willst. Vielleicht wollte jemand nach Alesjaure, angeblich lassen sich da oft Leute hinfliegen.

                                                                                                            das Geschäft scheint zu florieren, 2010 hat uns dieser Heli locker 10mal überflogen, eine ziehmlich nervige Angelegenheit...
                                                                                                            Viel zu spät begreifen viele, die versäumten Lebensziele:
                                                                                                            Freude, Schönheit der Natur, Gesundheit, Reisen und Kultur,
                                                                                                            Darum, Mensch, sei zeitig weise! Höchste Zeit ist's! Reise, reise!

                                                                                                            (Wilhelm Busch, 1832-1908)

                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                              Erfahren
                                                                                                              • 23.08.2010
                                                                                                              • 228
                                                                                                              • Privat


                                                                                                              #55
                                                                                                              AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                              Ich danke euch allen für die netten und aufmunternden Worte!

                                                                                                              Zitat von HAL 23562 Beitrag anzeigen
                                                                                                              Bin im Sommer von Abisko übers Vistasvaggi zur Nallo und dann über Alesjaure, Hukejaure, Ritsem und Padjelantaleden bis Kvikkjokk. Dort musste ich nach ca. 6 Wochen aus gesundheitlichen Gründen abbrechen.
                                                                                                              Hallo HAL! Wow spitze! Ich hebe meinen Hut vor allen, die so eine lange Tour auf die Beine gestemmt bekommen
                                                                                                              Wäre da nicht mal ein Reisebericht von dir fällig?
                                                                                                              Blöd wenn man gezwungen ist abzubrechen, aber die Gesundheit sollte immer vor gehen, auch wenn man das nicht immer wahr haben will. Wie viel von deiner Tour konntest du denn nicht beenden?

                                                                                                              Zitat von Fjaellraev Beitrag anzeigen
                                                                                                              Nallo ist einfach ein wunderbarer Platz.
                                                                                                              Da gibt es nichts mehr hinzuzufügen!

                                                                                                              Zitat von Mortias Beitrag anzeigen
                                                                                                              Bei der Geschichte mit dem jungen Elch musste ich ziemlich schmunzeln, wäre irgendwie lustig gewesen, wenn er noch zur Hütte hoch gekommen wäre.
                                                                                                              Hahaha, ja klar, bei meinem Glück hätte der sich über mein Zelt hergemacht. Schon ganz gut, dass er nicht dort aufgetaucht ist.

                                                                                                              Zitat von Polte Beitrag anzeigen
                                                                                                              Er annimiert mich selbst mal eine Solotour zu unternehmen. Was mich, außer die Weiterführung deiner Tour, noch brennend interessiert, wäre deine Packliste sowie deine Zufriedenheit mit der Ausrüstung. Würde mich freuen wenn du dies eventuell noch hinten ranhängen könntest. Außer der Aufwand ist dir zu groß.
                                                                                                              Ich hatte anfangs sehr große Bedenken bei einer Solotour, aber völlig unbegründet. Einfach mal ausprobieren, ob negativ oder positiv, du machst Erfahrungen fürs Leben!
                                                                                                              Also RobMenzel hatte auch schon wegen einer Packliste angefragt. Ich kann mir am Ende gerne die Mühe machen und die Packliste posten, ferner was davon auf der Tour nützlich war, was nicht. Den Aufwand mache ich mir dann einfach.
                                                                                                              Allerdings kann das noch ein wenig Dauern, es stehen noch ein paar Tage aus und die haben Vorrang!

                                                                                                              Gleich folgt neues Futter für euch mit Kapitel 10!

                                                                                                              Gruß
                                                                                                              David

                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                Erfahren
                                                                                                                • 23.08.2010
                                                                                                                • 228
                                                                                                                • Privat


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                                                                                                                AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                Kapitel 10 - Abschied vom Nallo
                                                                                                                26.06

                                                                                                                Morgens halb 10 in Schwedisch Lappland, wo zum Henker ist das Knoppers hin? Ich erblicke das Tageslicht und stelle erschrocken fest, dass es noch regnet, oder vielleicht wieder? Egal, erstmal ist ein ausgiebiges Frühstück angesagt. Müsli und Tee, auf mehr habe ich dann doch keine Lust. Um kurz nach 10 ist vom Regen nichts mehr zu hören, sehen oder spüren. Ich verlasse das Zelt und kann draußen essen, was für eine Wohltat! Gerade als ich fertig bin und das Wasser für meinen Tee kocht, kommt eine Person aus Richtung Stuor Reaiddávággi runtergelaufen. Ohne Rucksack, dafür mit Knäckebrot und einer lecker aussehenden Wurst belegt. Ich mache große Augen und bekomme direkt ein Stück angeboten, was ich dankend ablehne, da Wurst hier draußen in meinen Augen eines der wertvollsten Güter ist
                                                                                                                Wir stellen uns vor, der junge Kerl ist gebürtiger Finne und heißt Oskari. Er ist auf dem Weg zur Hütte um ein paar Erkundungen einzuholen und hat es ein klein wenig eilig. Den Tee genieße ich noch vor der herrlichen Kulisse und trample nachher zum Geschirr spülen und Morgentoilette zur Hütte. Dabei fällt mir auf, dass das rote Zelt vom Abend zuvor, bereits fort ist, nun ja, man kann nicht jeden Nachbarn kennen lernen. Als ich am Eingang der Hütte vorbeigehe ist Agneta gerade am Fegen und ruft mich hinein. Sie meint ob ich Oskari nicht ein paar nette Tipps geben kann, da er gerne den 1997er Gipfel am Šielmmáčohkka besteigen möchte und ich ja gestern da oben einen Blick auf die Umgebung werfen konnte. Wow, ich bin baff. Ich setzte mich zu den Zweien in die Gemeinschaftshütte und verrate ihm, dass dort im Tal noch sehr sehr viel Schnee liegt und ohne die richtige Ausrüstung in meinen Augen der Aufstieg nur schwer machbar ist. Oskari ist ein wenig bedrückt und entschließt sich mindestens den Nállu zu besteigen. Seinen Freunden zu Hause hat er gesagt, dass er auf seiner Tour mindestens einmal die 2000er Marke knacken will. Mir bleibt nichts anderes übrig als darauf hinzuweisen, dass es sich hier aber nur um 1997 Meter handeln würden. Er antwortet keck darauf "I am tall an I can jump very high! This would count at home!". Genial, wir bleiben auch abseits dieser Thematik im Gespräch, wo ich erfahre, dass er sogar direkt aus Deutschland seine Tour gestartet ist. Rock am Ring ist auch in Finnland beliebt. Das Teilnehmerarmband hängt immer noch an seinem Handgelenk. "This stays until the end, I refuse to take it off."

                                                                                                                Beim weiteren Plausch erzählt mir Agneta, dass die beiden aus dem roten Zelt neben mir auch Deutsche sind. Wer hätte das gedacht! Sie sind gestern noch spät abends aus dem Šielmmávággi gekommen. Ebenfalls noch voller Schnee, aber kein Thema für die zwei, da sie die Schneefelder meistens hinabgerutscht sind. Eigentlich eine geniale Sache, denke ich mir, aber wenn dabei dann doch was passiert? Was dann? Ich nutze die Gelegenheit und frage nach dem lauten Geräusch gestern Abend. Agneta bestätigt mir, dass es sich wirklich um kleinere Steinstürze gehandelt hat. Wenn kleine Felsstürze so ein Getose verursachen, will ich keine Großen erleben!

                                                                                                                Agneta fragt, wo ich heute hin will und ich meine Vistasstugan wird vermutlich reichen. Sie meint, ich werde auf meinem Weg garantiert das ältere Ehepaar treffen, dass dort die Hütte bewirtet. Sie sind auf dem Weg hierher um das Nottelefon zu laden, deren Ladestation sei defekt. Das bedeutet, dass alle 3 Tage ein Weg rauf, ein paar Stunden Ladezeit und Pause und dann wieder ein Weg runter, absolviert werden muss. Ich kenne die Strecke noch nicht, aber auf der Karte geht man eigentlich konstant hoch für ca. 10km bzw. auf dem Rückweg runter. Ganz so leicht ist dass dann bestimmt nicht. Es bleibt natürlich nicht dabei und wir verquatschen uns. Noch bevor ich mein Zelt abbauen kann, sind die beiden Hüttenwarte der Vistasstugan in Nallo angekommen. Ich war so frei und habe sie bei der Furt fotografiert.



                                                                                                                Auch wenn es ein wenig herangezoomt ist, kann man jetzt ungefähr eine Vorstellung bekommen, wie breit der Wasserlauf an der Stelle ist. Also zumindest diejenigen von euch, die dort noch nie waren

                                                                                                                Es wird jetzt aber höchste Zeit. Oskari macht sich auf den Weg und will mal gucken, bis wohin er hinauf kommt. Ich packe eilig meine sieben Sachen zusammen und will direkt bei der Hütte furten, da ich auf das Steingehüpfe keine Lust habe. Nach dem Regen ist der Wasserstand sowieso höher als am Vortag, somit muss ich so oder so in die Neoprenschuhe wechseln. Leider ist der Strom in der Mitte sehr tief und reißend. Ich stehe einen Schritt davor und überlege, ob ich mit einem großen Ausfallschritt.... Ach lieber nicht, 2009 bin ich schon Mal baden gegangen, bei weit weniger Wasserströmung. Ich watschele also ungefähr 30 Meter weiter hoch, wo sich die Furt als weniger riskant entpuppt und komme heil rüber. Ein Hosenbein hat es aber erwischt, da es sich gerade mitten im Fluss vom Knie gerollt hat. Egal, das Wetter wird schon halten und die Hose wieder trocknen. Ich laufe auf einem gut sichtbaren Pfad los und stehe wenige hundert Meter weiter vor einem Rest Schnee, der bis in den Fluss hineinragt. Ich gehe oberhalb davon lang, Blicke danach zurück und bekomme diese wunderschöne Perspektive geboten!



                                                                                                                Auf Wiedersehen Nallo!
                                                                                                                Vor mir breitet sich die Steilwand des Räitatjåkka aus.



                                                                                                                Immer wieder finden sich entlang des Wegs diese hellgrünen Moosflächen. Die kontrastreichen Farben animieren zur Makrofotografie und ich lasse mir mal wieder Zeit für Details.



                                                                                                                Sehr interessant sind die Steinformationen entlang des Flussufers. Die Schräglage der Steine lässt vermuten, dass hier vor einer Ewigkeit die Erdplatten hochgedrückt wurden. Völlig untypisch für die restlichen Gebirge, kann man jedoch im ganzen Canyon diese Formationen bewundern.



                                                                                                                Ein kleiner Gletscher wird sichtbar. Wie lange dieser kleine Rest wohl noch den Wetterbedingungen Stand halten kann, bevor er endgültig dahingeschmolzen ist?



                                                                                                                Das ist weder Ort noch Zeit sich von diesem Gedanken runterziehen zu lassen und so schreite ich guter Laune voran.



                                                                                                                Der Nállu zeigt sich in einer seltsamen Form. Ich kenne nur Bilder aus dem Forum, aber mir ist ein eher spitz zulaufender Gipfel in Erinnerung geblieben. Schnell frage ich mich, ob ich hier richtig bin, aber wie kann man sich hier verlaufen? Vielleicht liegt es ja an der Perspektive. Agneta hat mir erklärt, dass Nállu Nadelspitze bedeutet. Das sieht jedoch eher aus wie ein Elefantenbein...



                                                                                                                Viele Stein- und Geröllfelder liegen am Fuße der verschiedenen Berge, am Nállu sogar bis zum Fluss hinein. Ein Stück muss man so über die Felsen laufen, aber sowohl kleinere Steinmarkierungen weisen einen guten Weg, als auch die allgemeine Einfachheit der Passage leisten einer meisterhaften Überquerung keinen Widerstand. Die Weite des Tals vor mir lässt sich bereits langsam erahnen. Ich freue mich auf eine grandiose Aussicht!



                                                                                                                Aus diesem Blickwinkel sieht der Nállu aus wie eine alte verfallene Burg. Ich erinnere mich einige Tage zurück an die Geschichte von den steinfressenden Flugsauriern, die eine Burg bei Tjäktja bauen und schaue mich verstohlen um. So ein Blödsinn! Wenn ich das nicht sein lasse, kriege ich bald kein Auge mehr im Zelt zu. Ich versuche mich mit Schokolade abzulenken, was prima funktioniert.



                                                                                                                Nach der Passage schaue ich mich erneut um und sehe erste Sonnenstrahlen, die die Gipfel berühren. Sollte es etwa doch noch richtig toll werden?



                                                                                                                Der Kugghjulskammer scheint ebenfalls aus diesem "porösem" Material zu bestehen. Die Furchen in seinen Steilwänden mit den Resten von Schnee sehen wirklich toll aus.



                                                                                                                Kurz darauf stehe ich auch schon am Flüsschen, der aus dem Nállojávrrit herausfließt. Die ersten Ärmchen gehen noch so, danach muss ich zwingend die Furtschuhe anziehen. Die Vorschau auf das bevorstehende Tal ist atemberaubend!



                                                                                                                Nach der Querung sehe ich mich direkt um und siehe da, endlich nimmt der Nállu seine Form an, die ich schon auf einigen Bildern bewundern durfte. Ich gehe ein paar Schritte weiter und trockne meine Beine und Füße, während ich weiter unten einen anderen Wanderer erblicke. Er geht ein paar Meter höher an den Fluss heran und inspiziert in kritisch. Er schaut weiter nach oben, dann nach unten, wieder geradeaus und scheint nicht zu wissen, was nun. Ich gehe zu ihm hin und grüße freundlich, was er höflich erwidert. Ich frage ob alles ok ist, er meint nur, dass er sich nicht sicher ist, ob die Furt einfacher weiter oben ist oder doch eher weiter unten. Ich meine nur, dass ich nicht lange überlegen und furten würde, das Suchen kostet meistens mehr Zeit und im schlimmsten Fall muss man sowieso das Schuhwerk wechseln. Der nette Mann ist ein Schwede, der schon jahrelang Touren unternimmt, aber bei Flussquerungen immer wieder mit sich hadert. Er wünscht mir schnell noch alles gute und empfiehlt die Vistasstugan, dann geht er weiter stromaufwärts. Als ich meinen Rucksack erreiche und noch einen Proteinriegel vernichte, ist er bereits 200m weiter oben, aber immer noch auf dieser Seite des Flusses. Ich gehe los und schaue mich 3 Minuten später nochmals um, jetzt ist er wieder an derselben Stelle, immer noch nicht drüben. 2 Minuten danach blicke ich nochmals zurück, er ist jetzt 100 Meter weiter unten, sitzt auf einem Stein und wechselt die Schuhe. Ich kann nicht anders und muss ein wenig lachen. Typische Geschichte, die nur das Fjäll schreiben kann.





                                                                                                                Im Verlauf des Pfades gibt es auch einige gute Zeltmöglichkeiten am Wasser. Wer also mal dort lang möchte ohne die Hütten in Blickweite zu haben, der wird hier schnell fündig. Feuerstellen sind allerdings auch vorhanden. Ich beschließe erneut eine kleine Snackpause einzulegen und die Umgebung auf mich wirken zu lassen. Als ich den Schädel entdecke, läuft es mir kalt den Rücken herunter. Flugsaurier waren doch Fleischfresser.... Okay, Zeit aufzuhören mit dem Unsinn!



                                                                                                                Meine Mütze habe ich schon vor einer ganzen Weile gegen meinen Hut getauscht. Die Sonne gewinnt an Kraft und es macht wirklich Spaß heute hier lang zu laufen. Da kann ich nicht anders und muss einfach breit Grinsen.



                                                                                                                Mittlerweile hat sich die Vegetation verändert. man läuft in einem nassen Pfad das Tal entlang. Häufig springt mir das grelle Grün von großen Flecken Moos ins Auge. Manchmal seitlich am Weg in einem kleinen Rinnsal, manchmal aber auch direkt auf dem Weg!



                                                                                                                Abschnitte des Pfades ähneln mehr einem Bach als einem Wanderweg, aber das ist nach den letzten Tagen mit dem Regen auch kein Wunder. Das Wasser sucht sich den einfachsten Weg ins Tal.



                                                                                                                Immer wieder wechselt man vom verschlammten Arealen zu kleinen Wiesen, auf denen Unmengen von gelben Zweiblättrigen Veilchen wachsen. Frische Farne setzen sich im Landschaftsbild von den Weidensträuchern ab. Ich fühle mich zwischen Frühling und Sommer hin und her gerissen. Das Ganze noch in der Kombination mit dem Kugghjulskammer im Hintergrund ergibt einen wunderbaren Kontrast zwischen Frische und Rauheit.



                                                                                                                Immer wieder fällt der Blick zurück, ich habe das Gefühl, dass ich einer Einbahnstraße in der falschen Richtung folge. Es zieht mich zurück, der Anblick hinter mir ist einfach unglaublich schön!



                                                                                                                Auch wenn das Wetter besser und besser wird, den strahlend blauen Himmel vom Vortag bekomme ich nur andeutungsweise zu Gesicht. Es ist sehr warm und eine leichte Brise verschafft mir Kühlung. Ein perfekter Wandertag! Warum fühlt es sich dann so komisch an von diesem tollen Ort wegzugehen?



                                                                                                                Das Tal wird immer breiter. Die Weite und der Rundumblick sind wunderbar! Riesige Steilwände der nördlichen Gebirge grenzen die Sicht zwar ein, aber alles sieht zum Greifen nah aus, obwohl es noch so weit weg ist! Der Vássačorru sieht aus, als ob er am Horizont vor Millionen vor Jahren nach links gekippt wäre.



                                                                                                                Der Weg ist heute sehr kurz, also nehme ich mir für Pausen mehr Zeit als sonst und genieße die mückenfreie Ruhe und die Natur. Ich mümmle meine leckerste Trockenfrucht weg, die ich auf Tour dabei hatte. Mango zeichnet sich durch den intensiven tropischen Geschmack aus und gibt mir das Gefühl von Luxus XXL im Fjäll. Ich bin sparsam, da ich nur 100gr davon dabei habe. Ich trinke meine Wasserflasche leer lege mich auf einen warmen Stein und döse eine Weile. Das ist doch ein klasse Erholungsurlaub! Da verzichte ich jedes Mal auf einen Strandurlaub. Vor allem bei diesem Ausblick.
                                                                                                                Der Nállu weit hinten, zu seiner Rechten Kugghjulskammer und Siehtagas vorne rechts im Bild.



                                                                                                                Das weite Visttasvággi Richtung Südosten liegt vor meinen Augen. Ein gigantischer Blick von hier aus. Kurz denke ich an den Mårmapass und frage mich wie genial das bei dem heutigen Wetter wohl von da oben aussehen würde. Auf dem Foto muss der Pass irgendwo hinten links sein. Rechts wäre mein Aufstieg ins Kaskavagge. Ich seufze einmal laut und denke mir nur, ein anderes Mal! Für mich steht ja schon seit langem fest, dass ich meinen Urlaub nur noch Touren opfern will, ob das auch in Zukunft so klappt, wird sich bald zeigen. Langsam trotte ich dem Pfad weiter folgen abwärts Richtung Tagesziel.





                                                                                                                Das gute Wetter macht nach und nach den ersten Wolken wieder platz und ich frage mich, ob es heute zum Gewitter kommen kann. Es ist beinahe windstill geworden, die Luft sogar ein wenig schwül. Etwas, dass ich in Lappland noch nie wirklich erlebt habe. Was ist nur los mit meinem Land der Winde? Am Wegesrand fotografiere ich nochmals eine einzeln stehende bunte Blume.



                                                                                                                Der Abstieg wird nochmals ein wenig anstrengend, da es anscheinend zwei Wege gibt, einen Alten und einen Neuen. Anhand der Markierung weis ich nicht, wo ich langlaufen soll und wo nicht. 50/50 Chance, ich entscheide mich für rechts, weil der Weg runter führt. 30 Meter weiter weis ich, dass die Entscheidung falsch war! Ich stehe mitten im Sumpf und saue mir meine Stiefel bis obenhin ein. Den letzen Schritt schaffe ich nur mit Hilfe von einem Stein, den ich mir einige Meter zurück hole und ins tiefe Wasser vor mir werfe. Danach geht es einfach und trocken weiter. Leider in Begleitung von Mücken. Aber die gehören ja auch zu einem normalen Lapplandurlaub dazu! An den Hütten angekommen baue ich als einziger Anwesender mein Zelt auf der südlichen Flussseite auf. Freie Platzwahl, mal wieder



                                                                                                                Ich koche in Ruhe mein Abendessen, naja jedenfalls so ruhig, wie es die Mücken zulassen. Die Biester zeigen mir sehr deutlich, dass ich ihnen gefehlt habe und sind anhänglicher denn je. Vor Freude schwimmen sie auch gerne die eine oder andere Runde in meinem Topf. Ob das bei denen eine gängige Sportart ist? Myggalympics, denke ich mir nur und bekomme fast einen Lachflash. Ist das schon wieder dem geistigen Verfall oder einfach nur der ersten Solotour zuzuschreiben, dass ich immer an so einen Schwachsinn denken muss? Egal, hält mich bei Laune und lässt das Essen wieder schmecken, trotz den ungewollten Zusatzproteinen. Danach will ich mir noch die Beine vertreten und die Hütten auf der anderen Seite anschauen. Von der Hängebrücke, die über den Visttasjohka führt, lassen sich prima Fotos schießen.





                                                                                                                Ich schlendere durchs "Dörfchen" und mache mich mit den Toiletten vertraut und verharre kurz am Wegweiser. Ich muss an den Elchbullen denken und schaue mich vorsichtig um. Nein, ich bin alleine hier. Der Blick von hier aus ist ebenfalls traumhaft! Das Tal im Allgemeinen verspricht schon Einiges für die morgige Etappe! Ich freue mich drauf und ziehe mich ins Zelt zurück, die Sonne hat doch ganz schön gebrannt.



                                                                                                                Bevor ich komplett wegdämmern kann, höre ich Schritte. Zwei Personen gehen direkt an meinem Zelt vorbei, vermutlich die beiden Hüttenwarte mit dem fertig geladenen Hjelptelefon. Für die zwei ein viel längerer Tag als für mich. Ich bin vielleicht 5% vom Schlaf entfernt, als plötzlich jemand nach mir ruft.
                                                                                                                "David? Are you inside? It's me, Oskari!"
                                                                                                                Das ist ja mal eine Überraschung, ich schlage das Zelt auf, aber lasse den Mückenschutz geschlossen. Er berichtet kurz über seinen Abstecher rauf zum Nállu, der andere Berg war nicht machbar, und da er es ja eilig hat, hat er sich entschieden noch hierher zu wandern. Jetzt tut ihm aber das Knie weh und er weis nicht, ob er morgen so flott unterwegs sein kann. Mir tut es leid, dass ich mich an dem Abend nicht mehr überwinden konnte ihm Gesellschaft zu leisten. Aber die Mücken haben sich für ihn kein Stück interessiert. Das gemeinschaftliche Beisammensitzen hätte ich so unmöglich genießen können. Ich sage, ich sei müde und will mich entschuldigen. Er fragt noch, in welche Richtung ich morgen will. Nördliches Visttasvággi, so weit ich komme. Ob wir nicht zusammen gehen wollen? Ja gerne doch!
                                                                                                                Oskari ist nen' Netten und gemeinsam schlägt sichs sicherlich leichter durch den Busch. Wir klären noch kurz die Aufstehzeit ab. Passt, beides Frühaufsteher! Oskari verdrückt sich in sein Tipi!!! Ich realisiere jetzt erst, dass es seines bei Nallo war! Morgen muss ich ihn mal dazu ausfragen. Wir wünschen uns eine gute Nacht und ich brauche jetzt erst eine Weile um in den Schlafmodus zu wechseln. In den letzten wachen Momenten registriere ich erste Regentropfen. Déjà-vu! Morgen wird ein schöner Tag!

                                                                                                                Diese Etappe war sicherlich eine meiner Ruhigsten schlechthin. Lediglich die Knie sind ein klein bisschen angespannt, wenn man mit viel Gewicht die ganze Zeit abwärts läuft. Es ist zwar kaum steil, aber nach den 10km merkt man es doch. Oskari hatte ja auch noch den ganzen Weg vom Nállu dazuzurechnen, kein Wunder dass ihm das eine Knie ebenfalls schmerzte. Wenn man Richtung Nallo geht, sollte man meiner Ansicht nach lieber von dieser Richtung kommen. Wenn man freie Sicht hat, so wie ich an diesem Tag, ist der Anblick zum Nállu einfach nur genial! Der Weg runter fühlte sich irgendwie falsch an. Die Aussicht ist auch so wunderschön, aber dem Gebrige entgegen zu wandern ist ein Tick dramatischer, wenn ihr versteht, was ich meine. Bald geht es weiter. Der nächste Tag wird wieder sehr lang.

                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                  Erfahren
                                                                                                                  • 19.04.2013
                                                                                                                  • 136
                                                                                                                  • Privat


                                                                                                                  #57
                                                                                                                  AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                  @efbomber: ich muss Dir mal mein Lob aussprechen. Das ist wirklich ein ganz einzigartig gut geschriebener Bericht!!!! Richtig Richtig gut! Ich bin gepsannt, wie es weitergeht!!

                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                    Anfänger im Forum
                                                                                                                    • 10.12.2013
                                                                                                                    • 48
                                                                                                                    • Privat


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                                                                                                                    AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                    Vielen Dank auch von mir für diesen überaus sympatischen Bericht. Ich plane ja gerade selbst eine Tour in der Gegend und nehme immer wieder gerne Inspirationen aus Deinem Bericht zur Hand. Leider muss ich meine Tour aufgrund meiner familiären Situation auf 2015 verschieben, wenngleich ich mir keinen besseren Grund als meinen vorstellen kann.

                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                      Freak

                                                                                                                      Liebt das Forum
                                                                                                                      • 21.01.2008
                                                                                                                      • 11979
                                                                                                                      • Privat


                                                                                                                      #59
                                                                                                                      AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                      Ist wirklich sehr schön hier mitzulesen. Durch die ausführlichen Schilderungen ist es fast so, als wäre man selber dort unterwegs gewesen.

                                                                                                                      Du bist ja ein äußerst geduldiger Mensch - ich hätte eine Krise bekommen, wenn in meinem Zimmer jemand nachts um ein Uhr kniffelt !

                                                                                                                      Deine Tages-Tour bei Nallo will ich für mich als Anregung nehmen, auch mal an einem Ort zu bleiben, um dort eine Tagestour zu machen. Wirklich schade um die schönen Ausblicke, die einem beim Durchlaufen entgehen.

                                                                                                                      Die Dill-Sauce werde ich mal ausprobieren.

                                                                                                                      Wie unterschiedlich es doch bei den Hütten sein kann, also z.B. Sälka und Nallo....

                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                        Erfahren
                                                                                                                        • 23.08.2010
                                                                                                                        • 228
                                                                                                                        • Privat


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                                                                                                                        AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                        Zitat von chrizzlythebear Beitrag anzeigen
                                                                                                                        Leider muss ich meine Tour aufgrund meiner familiären Situation auf 2015 verschieben, wenngleich ich mir keinen besseren Grund als meinen vorstellen kann.
                                                                                                                        Dann mal herzlichen Glückwunsch an dieser Stelle
                                                                                                                        Und aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben!


                                                                                                                        Zitat von Prachttaucher Beitrag anzeigen
                                                                                                                        Du bist ja ein äußerst geduldiger Mensch - ich hätte eine Krise bekommen, wenn in meinem Zimmer jemand nachts um ein Uhr kniffelt !
                                                                                                                        Naja, er war ja in der Küche. Er hat somit alle Bewohner des Hauses gleich viel gestört, und keiner hat was gesagt oder dagegen unternommen. Ich war mit den Gedanken eh wo anders. Ich kann bei sowas aber auch ganz flott hoch gehen. Auf Tour sein lernt mich aber auf die wesentlichen Dinge zu achten

                                                                                                                        Zitat von Prachttaucher Beitrag anzeigen
                                                                                                                        Die Dill-Sauce werde ich mal ausprobieren.
                                                                                                                        Ist eigentlich für Fischgerichte Gedacht, aber ich fand es eine richtig tolle Alternative zu den sonst eher tomtig-lastigen Saucen.

                                                                                                                        Gruß
                                                                                                                        David

                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                          • 228
                                                                                                                          • Privat


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                                                                                                                          Kapitel 11 - Der Finne und das Visttasvággi

                                                                                                                          Ich bin stolz auf mich, da ich schon wieder ohne den vorsichtshalber gestellten Weckruf wach werde, sogar noch eine ganze Weile vorher! Es ist kurz vor 7 und ich bereite mir gemütlich im Schlafsack mein Essen zu. Oskari und ich hatten uns für 8 Uhr verabredet. Während ich noch in meinem Rucksack nach dem Milchpulver wühle, vernehme ich schon Geräusche aus der Richtung von Oskaris Zeltplatz. Na da kann ich mich auch gleich auf die Beine machen. Fix werden die Kleidungsstücke durch das Mückennetz ins Zelt geholt und angezogen. Der nächste Griff ist nicht dem Müsli gewidmet, sondern dem Mygga. Alle offenen Hautstellen werden eingeschmiert und ich kann mich endlich vors Zelt wagen. Ein wenig frisch und verhangen, aber immerhin trocken. Ich nehme das als positiven Start in den Tag und mische mir nun das Frühstück zusammen, was ich heute mit Zartbitterschokolade und Trockenfrüchten versetze. Ein Traum! Oskari ist ebenfalls wach und gesellt sich zu mir. Gefrühstückt hat er bereits, ich staune darüber, er war schon eine ganze Stunde vor mir wach. Er verrät mir, dass ich der zweite David bin, den er auf seiner Tour kennenlernt. Der Andere ist ein Belgier und er hat ihn in Norwegen getroffen. Er wollte bis nach Nikkaluokta laufen und Oskari witzelt, dass wir ihm heute vielleicht begegnen könnten. Den Zeitplan von belgisch David hat er aber nicht.

                                                                                                                          Wir unterhalten uns weiter über das Wetter und sind uns einig, dass man nicht sicher sein kann, ob es ein schöner Tag wird oder die Wolken die Überhand behalten.



                                                                                                                          Als ich mein Geschirr gesäubert habe, schaue ich mir Oskaris Tipi genauer an. Das ist eine simple und wirklich praktische Konstruktion. Ich erfahre, dass ihm seine Schwester das Zelt genäht hat. Das Tipi hat sieben Teilwände, von denen er drei ganz öffnen kann um ein Panorama zu bewundern. Er hat sich auf den Weg gemacht und wollte unter freiem Himmel schlafen. Ganz ohne Zelt wollte ihn seine Familie aber nicht ziehen lassen, also hat ihm seine Schwester dieses äußerst schöne Zelt konstruiert. Damit es steht benötigt er einen seiner Wanderstöcke als Pfeiler in der Mitte. Ich frage wie es mit der Standfestigkeit bei starkem Wind aussieht. Seine ersten Bedenken, die er in solchen Situationen ebenfalls hatte, haben sich als völlig unbegründet erwiesen. Steht wie eine 1. Ich habe leider kein Foto davon gemacht

                                                                                                                          Bevor wir auf die andere Seite des Flusses wechseln, verrät er mir, dass es nur durch Zufall zum gemeinsamen Wandern gekommen ist. Er wollte eigentlich durch das Unna Vistasvággi nach Alesjaure, aber Agneta hat ihm gesagt, dass man da oben nur schwer einen anständigen Zeltplatz bekommen könnte. Kurzerhand entschied er sich also für das nördliche Visttasvággi, die Entfernung dürfte in etwa identisch sein.
                                                                                                                          Wir bauen unsere Lager komplett ab und schleppen schon Mal alles zu den Hütten, wo wir noch kurz die Toiletten in Anspruch nehmen und uns bei den zwei Hüttenwarten abmelden und verabschieden. Ich frage noch wegen dem Aufstieg zum Mårmapass nach, doch die nette Dame meint nur, dass das Wetter zu unbeständig ist und ich das lieber nicht versuchen soll. Ich hatte es zwar eh nicht mehr vor, aber hätte sie gesagt, dass Wetter wird die nächsten Tage spitzenmäßig, hätte ich mich vielleicht doch noch umentschieden. Ich bin froh, dass ich es nicht tat!

                                                                                                                          Um 9 Uhr kommen wir los und lassen uns wirklich Zeit. Oskari sorgt sich um sein Knie und will nichts überstürzen. Die ersten Schritte am Pfad durch das Visttasvággi sind sehr schlammig und matschig. Die Auswirkung des Regens der letzten Tage ist in allen Tälern zu spüren. Vor der ersten gefluteten Stelle bleibt Oskari hinter mir stehen und meint, dass das doch typisch ist. Seine Schuhe sind nicht mehr wasserdicht, der linke Schuh hat sogar einen Riss in der Membran und saugt das Wasser förmlich auf. Er fragt ob wir uns einen Alternativweg suchen können und ich habe nichts dagegen. Meine Stiefel haben seit der Neubesohlung auch nicht mehr die Wasserresistenz wie nach dem Neukauf. Einige Meter neben dem Pfad laufen wir weiter und streifen ein wenig Restfeuchte von den Büschen. Zwischendurch wird angehalten und ich knipse mit meiner Kamera drauf los. Oskari hat vor sich in einer Fototasche eine Canon Spiegelreflex. Sowas will ich auch gerne, die Bilder mit einer richtigen Ausrüstung sehen so viel schöner aus!



                                                                                                                          Nach einer Stunde sind wir luftlinientechnisch gerade mal am Fuße des Siehtagas angelangt. Oh je, wir kommen kaum voran, aber wenn man alle paar Meter den tiefen Pfützen ausweichen will, dann dauert es eben länger. Immerhin schlängelt sich der Pfad nun etwas höher entlang und die Matschfelder verschwinden vorerst. Am anderen Ufer tobt eine Schar Möwen herum. Ich bekomme direkt das Gefühl in der Nähe eines Hafens zu sein. Es ist für mich das typische Hafengeräusch schlechthin!



                                                                                                                          Nach knapp 2 Stunden machen wir unsere erste Pause. Ich laufe mittlerweile im T-Shirt durch die Gegend. Wenn die Maschine erstmal in Betrieb ist, dann wird Hitze produziert. Das kühle Wetter ist mir durchaus willkommen. Die Wolken hängen auch nicht so tief, dass sie einem die Sicht auf dieses wunderschöne Tal versauen könnten. Beim Laufen wechseln wir uns ab, einmal bin ich vorne, einmal Oskari. Ich bin beruhigt und stelle fest, dass er mir nicht davonrennt, wenn er die Führung übernimmt. Mein Tempo ist also genau richtig und ich bin ihm nicht zu langsam. Hier hocken wir uns hinter den Steinen hin und trinken frisches Wasser aus dem Visttasjohka. Es ist ganz leicht sedimenthaltig und Oskari fragt mich, ob das ungesund wäre. Nein, nicht wirklich, es kann höchstens ein wenig knusprig beim Trinken werden



                                                                                                                          Die Stelle zum Fluss ist ein wenig abschüssig und ich bekomme es beim Auffüllen der Wasserflasche mit der Angst zu tun. Keiner rutscht ab und wir erholen uns noch ein Weilchen. Oskari packt einen riesigen Beutel Nuss- und Trockenfruchtmischung aus, die mit dunkler Marabou Schokolade gespickt ist. Mein gieriger Blick wird richtig gedeutet und ich darf ebenfalls zulangen. Er verrät mir, dass für seinen Trip ein guter Freund, der irgendwas im Bereich Ernährungswissenschaften studiert, den täglichen Kalorienbedarf maßgeschneidert berechnet hat. Oskari ist nicht so zimperlich wie ich, greift in den Beutel, zieht eine volle Hand der Mischung hervor und stopft sie sich in den Mund. "I need approximately 6000 calories each day! I hate nuts! But it is the only way, that I stay fit during my tour." Die Marabou Schokolade soll über den Geschmack der Nüsse hinweghelfen. Er mampft noch eine Hand voll runter und schiebt sich eine Reihe Marabou Darkmjölk mit Nüssen hinterher. Seine Lieblingssorte!
                                                                                                                          Nach 15 Minuten gehen wir weiter und uns kommen die ersten Wanderer entgegen. 4 Leute die nur kurz angebunden sind, ein Hej entgegnen und mit trüben Gesichtern schnell an uns vorbeirauschen. "Bad day faces.", stellt Oskari fest.

                                                                                                                          Auf der anderen Flussseite hat man einen schönen Einblick auf den Siehtagasglaciären.



                                                                                                                          Trotz den Wolken eine ausgesprochen schöne Gegend! Ich hatte mich mit Mortias über die Möglichkeiten und verschiedenen Alternativen ausgiebig unterhalten. Das Visttasvággi hat er mir sehr nahe ans Herz gelegt und was soll ich sagen. In meinen Augen ein absolutes Muss! Wenn ihr die Gelegenheit habt und euch ein wenig Buschwerk nichts ausmacht, plant dieses Tal in eure Touren mit ein! Der Pfad ist eigentlich prima zu gehen also keine Sorge



                                                                                                                          Wir kommen etwa 15 Minuten lang gut voran, bevor uns der nächste Wanderer mit richtig Tempo entgegen kommt. Ich höre Oskari nur hinter mir sagen "That can't be...! No it's not him, is it? Oh my god, it is!". Wie sollte es auch anders sein. Vor uns kommt der belgische David zu stehen. Der Kerl ist Anfang 40 und sieht topfit aus. Er grinst breit und grüßt uns auf Englisch, dass einen irischen Akzent aufweist. Wie der Zufall so will, ist er schneller unterwegs als gedacht, deshalb haben wir ihn auch hier getroffen. Er und Oskari unterhalten sich über deren bisherigen Tourenverlauf und ich höre still zu. David fragt noch wie so die weitere Strecke zu laufen ist und ob es wohl heute machbar ist bis nach Nikkaluokta zu laufen, wo sein Auto steht. Wir raten ihm beide davon ab, das wären jetzt noch mehr als 30km. Er meint aber, dass er das schaffen kann. Er ist nicht ausgelastet, wenn er nur kurze Etappen läuft. "You are hardcore.", sage ich, denke mir aber "Junge, kannst du denn dann noch die Landschaft genießen?". Aber die Leute kommen mit den unterschiedlichsten Bewegründen hierher. Ich kann auch das Kilometerfressen respektieren. Eine sportliche Herausforderung ist sowas allemal! Wir verplappern uns fast eine Stunde und machen uns wieder auf den Weg. Oskari ist ganz entsetzt, dass es jetzt schon 12 Uhr mittags durch hat und meint, wenn es so weiter geht, sollten wir schon mal nach einem geeigneten Zeltplatz ausschau halten

                                                                                                                          Hier würde es für uns hinauf gehen, wenn wir ins Unna Visttasvággi gewollt hätten. Es sieht ebenfalls sehr verlockend aus!



                                                                                                                          Hier der südliche Teil des Unna Visttasčohkka.



                                                                                                                          Das Tal öffnet sich ein wenig und die Birken werden lichter, bis man kurzzeitig nur noch durch kniehohes Weidengestrüpp laufen muss. Wir kommen also endlich etwas leichter und flotter voran.



                                                                                                                          Ein Blick zurück an einem sehr schönen Zeltplatz. Der letze Camper hat sogar noch einen Haufen Holz an der Feuerstelle liegen lassen. Wir ignorieren das Angebot und laufen natürlich weiter.



                                                                                                                          Die Felsformationen an den Gipfeln sind jedes Mal ein Hingucker! Was für ein wundervolles Tal! Brachial wirkende Berge, grüne, teils dichte Vegetation und ein sanft dahinfließender Visttasjohka.



                                                                                                                          Oskari und ich unterhalten uns nicht nur in den Pausen. Seit wir gestartet sind gehen wir Thema für Thema durch, Politik, Natur, Musik usw. Ununterbrochen quatschen wir daher. Wir haben einige Gemeinsamkeiten und kommen vielleicht deshalb besonders gut aus miteinander. Obwohl wir nur langsam voran kommen, verfliegt der Tag aber viel zu schnell.
                                                                                                                          Ich erfahre, dass Oskari als Telefonverkäufer bei einem nicht näher zu nennendem Unternehmen gearbeitet hat. Ich frage warum "hat"? Und nun erzählt er mir seine Geschichte
                                                                                                                          Der Job hat ihn angekotzt. Er musste möglichst viel Verkaufen und ob die Leute das benötigten oder nicht, spielte keine Rolle. Alte Menschen, die keine Ahnung haben, sind ein leichtes Opfer für sowas. Er war aber immer ehrlich und hat gerade den Alten immer günstigere Alternativen empfohlen und im Zweifelsfall immer vom Kauf abgeraten. Seine Verkaufszahlen waren nicht die Besten und es gab immer wieder Ärger mit seinem Vorgesetzten. Irgendwann hat er sich gesagt, er muss sein Leben grundlegend ändern, sonst kommt er nie aus diesem Loch raus. Den Job konnte er nicht länger mit seinem Gewissen vereinbaren. Kurzerhand hat er gekündigt und diese Tour geplant. Aktuell ist er bei Tag 18 und hat noch einige vor sich. Ich frage wie weit er noch laufen möchte und er sagt, mal gucken wie weit ihn die Beine tragen. Geplant sind 1000km in 6 Wochen. Mir fällt die Kinnlade runter. Ich hätte nie gedacht, dass er auf so einer großen Tour ist! Die Reise begann für ihn in Deutschland beim Rock am Ring und von dort aus ging es dann nach Norwegen zum Rago Nationalpark. Die Grenze nach Schweden wurde im Padjelanta überquert. Dann ging es von Ritsem aus über Hukejaure weiter und ab Sälka dann bis hierher. Ein Teil der Strecke war auch Bestandteil meiner "langen Route Alternative", zu der es nicht gekommen ist.

                                                                                                                          Ich spreche ihm meine Bewunderung und meine vollste Anerkennung zu diesem Schritt aus. Nach der Tour will er schauen, was ihn beruflich anzieht. Ich hätte Angst alles von heute auf morgen zu ändern, aber manchmal ist es genau das, was man braucht!
                                                                                                                          Irgendwann erblicken wir einen großen Steinrutsch am Unna Visttasčohkka. Die harten Linien, die dadurch in die Landschaft gezeichnet werden, lassen es wie Formationen aus einem Sandkasten erscheinen, nur in extra groß.



                                                                                                                          Ein kleiner, dünner Wasserfall am Bogičohkka, der unter dem Geröll verschwindet, was man in dieser Aufnahme aber nicht sieht.



                                                                                                                          Noch immer dürfen wir im Trockenen wandern und sind dankbar dafür. Bald hinter dem linken Ausläufer müsste eine Renvaktarstuga zu sehen sein. Dann hätten wir einen Großteil schon geschafft.



                                                                                                                          Wir kommen an eine Stelle, wo sehr viel Sediment abgelagert ist, so dass man praktisch einen schwarzen Sandstrand am Bachlauf hat. Eine Holzkonstruktion führt über den Bach, ist aber komplett vom Weidengestrüpp zugewuchert, so dass wir durchs Wasser von Stein zu Stein laufen. Zeit einen Blick zurück zu werfen.



                                                                                                                          Die letzten Schneereste an den Gipfeln geben der karger werdenden Landschaft ein gewisses Etwas!



                                                                                                                          Als wir die Hütte passieren, sind wir auf das Thema Bücher gewechselt. Oskari hat einen Band der Game of Thrones Reihe in Englisch dabei. Ich habe bisher nur die Serie geschaut, die mir allerdings sehr gut gefallen hat. In den Büchern sollen aber noch mehr Personen vorkommen und irgendwann wird mir das zu viel. Keine Sorge, meint Oskari, die Wichtigen behält man in Erinnerung, der Rest lebt nicht lange genug. Ich habe mir mittlerweile die ersten 5 Bände zugelegt, bin aber leider noch nicht zum Lesen gekommen. Aktuell zieht es mich mehr in den Horror-Bereich. Das nächste Thema umfasst Schimpfworte. Ich lerne, dass Perkele eines der mächtigsten finnischen Schimpfwörter ist, was man sowohl im positivem, als auch negativem Sinne nutzen kann. Es ist ein "allrounder" "like the englisch word fuck".
                                                                                                                          Gegen 15:30 erreichen wir die Stahlhängebrücke über den Moarhmmájohka. Der Miniaturwasserfall ist so wunderschön, dass wir beide uns entschließen eine kleine Fotosession einzulegen. Das Farbenspiel ist heute besonders toll.







                                                                                                                          Natürlich wird auch kurz etwas genascht, ich spendiere Oskari etwas getrocknete Mango, die sehr gierig gefuttert wird. Danach ist der Beutel leer, muss ich wieder auf Feigen wechseln, die ich aber schon nicht mehr so gut sehen kann. Als wir unsere Rucksäcke schultern, ahne ich noch nichts von dem anstrengenden Aufstieg, der kurz darauf folgen wird. Zuerst geht man wieder einige Meter weit runter, nur um nach einem sumpfigen Areal ordentlich rauf zu wandern. Das Gesprächsthema sind nun diese schwedischen Pfade und Wanderwege, die immer wieder rauf, und runter führen. Wir schimpfen zusammen über diese zusätzlichen "Strapazen" dieses Tages und ich schließe das Thema mit einem laut gerufenen PERKELE ab. Oskari ist zufrieden mit mir.
                                                                                                                          Vor dem Aufstieg weis ich bereits, dass ich richtig gut ins Schnaufen kommen werde. Nach 20 Metern dreht sich Oskari um und erkundigt sich nach meinem Befinden. Ich versichere ihm, dass alles in bester Ordnung ist. So lange er mich schnaufen und prusten hört, ist alles gut, das kann ich den ganzen Tag so durchhalten, auch wenn man das nicht glauben mag. Sorgen muss er sich machen, wenn es auf einmal still hinter ihm wird, dann bin ich vermutlich zusammengebrochen

                                                                                                                          Der Blick zurück ins Visttasvággi von der Anhöhe aus. Wundervoll!



                                                                                                                          Ich frage Oskari, wo er heute sein Lager aufschlagen will. Hier noch nicht, auf jeden Fall irgendwo hinter Alesjaure, sonst kommt er mit seinen Tagesplanungen nicht mehr klar. Somit steht fest, dass wir uns noch vor Tagesende voneinander verabschieden müssen. Mich stimmt das tatsächlich traurig. Ich will aber noch so weit wie möglich mitgehen und wir laufen weiter. Zwischen den Seen Vuolip Čazajávri und Balip Čazajávri steht eine verfallene Lehmhütte der Sami. Wir beschließen dort eine längere Pause mit einer warmen Kleinigkeit zu machen. Passend hierzu kommt die Sonne raus und vertreibt die Wolken immer weiter! Oskari holt seinen selbstmodifizierten Gaskocher aus dem Rucksack und macht sich ein Nudelgericht fertig. Ungefähr sowas wie die Maggi Asia Nudelsnacks, die man nur mit kochendem Wasser übergießen muss und dann ziehen lässt. Ich finde das wirklich prima, wie er sich zu dieser Tour Gedanken gemacht hat und wie viel sinnvolle Vorabplanung in so kurzer Zeit seinerseits möglich war. Ich liege nur rum und mampfe meine Proteinriegel, die mittlerweile total schmierig und zerquetscht sind. Oskari holt sich einen Becher Wasser und fängt an ein Pulver hinein zu schütten. Auf meine Frage, was das sei, antwortet er mir, dass es sich um einen Proteinshake handelt. 250gr dieses Pulvers, was ich zu Hause nehme, wenn ich Krafttrainig mache, haut er sich täglich rein. Die 6000 Kalorien müssen ja von irgendwoher kommen :-)



                                                                                                                          Danach kocht er nochmals Wasser auf und packt ein kleines Tütchen aus, auf dem Värma Koppar steht, wenn ich mich ganz recht entsinne. Das sind wie bei uns die Heisse Tasse Süppchen, jedoch hier in der süßen Variante. Er haut sich Blaubeergeschmack in die Tasse und will mich fragen, ob ich die Geschmacksrichtung... "How do you say it. I don't know, damn, I know this, why can't I remember?". Ich denke er meint Erdbeere und sage anstatt strawberry "Do you mean jordgubbar?". Ich bin selbst verwundert warum ich einem Finnen die schwedische Bezeichnung nenne, aber er schnallt es direkt und meint "YES! Thank you, strawberry!". Ich wundere mich wie er jetzt auf den englischen Namen kommt, aber ja ich mag die Geschmacksrichtung Erdbeere sehr gerne. Wir lachen über diese multilinguale Unterhaltung und genießen unsere extrem süßen Suppen. Aber immerhin mal was Anderes und den Gaumen freut die Abwechslung sehr. Er lässt mir noch einmal Vanille-Erdbeere und Apfel-Zimt da, in zwei Tagen will er in Abisko sein und dann lässt er sowieso alles liegen, was er noch übrig hat. Für jede Etappe kauft er neu ein, wenn er die Reste jedes Mal mitschleppt kommt er mit seinen Berechnungen durcheinander. Da Apfel-Zimt seine Lieblingssorte ist, fühle ich mich besonders geehrt. Bevor er sich langsam zum Weitermarschieren fertig machen will, fragt er mich wie die Strecke nach Abisko am Kungsleden so ist. Einfach und gut zu gehen! Das sollte er auf alle Fälle schaffen. Als er mich fragt, ob ich noch mitkomme, schaue ich mich nur kurz in diesem tollen Hochtal um und fälle die Entscheidung mein Lager aufzuschlagen.

                                                                                                                          Oskari holt jetzt ein Buch aus seinem Rucksack und fragt, ob ich ihm meine E-Mailadresse und den Facebookaccount geben möchte. Na logo! Ich freue mich sehr darüber und diktiere ihm alles Buchstabe für Buchstabe, damit er mich auf jeden Fall findet. Ich bin richtig gespannt wie es für ihn weiter gehen wird und er meint, dass er hin und wieder bei Facebook etwas posten will. Als er alles eingepackt hat, geben wir uns die Hand und wünschen uns gegenseitig nur das Allerbeste für den weiteren Tourenverlauf. Ich trichter ihm nochmals ein, dass er mich bei Facebook kontaktiert und dann zieht er auch schon ab. Ein leicht melancholisches Gefühl stellt sich bei mir ein. Wann trifft man denn schon jemanden, mit dem man sich auf Anhieb so gut versteht? Nach nur einem Tag im Fjäll kommt mir es so vor, als ob wir uns besser kennen als manch ein anderer Mensch zu Hause.

                                                                                                                          Bei diesem wunderbaren Wetter will ich dieses tolle Tal nicht verlassen. Was dahinter kommt, kenne ich bereits und mir ist dieser Ort für mein Lager daher lieber.



                                                                                                                          Während ich mein Zelt auspacke, ausrolle und aufbaue, blicke ich Oskari hinterher. Es sieht so aus, als ob er zurückschaut und ich winke. Vermutlich sieht er es nicht mehr, die Entfernung ist bereits zu groß. Als das Zelt steht, beschließe ich direkt das Tal weiter zu erkunden. Das Wetter ist wieder traumhaft geworden und ich will die Möglichkeit auf ein paar Schönwetterbilder nicht verstreichen lassen. Dank dem Wind, der mittlerweile sein Unwesen hier oben treibt, habe ich das Zelt direkt hinter der alten Hütte aufgebaut.



                                                                                                                          In der alten Kåtan und drumrum findet sich jede Menge Müll. Meist alte, verrostete Konservendosen oder Gaskartuschen, aber auch aktuellere Trekkingfoodverpackungen werden gerne dort abgelegt. Ist doch ätzend! Ich ärgere mich zum zweiten Mal auf der Tour über diese Ignoranz einiger Leute gegenüber dieser Landschaft. Eine Feuerstelle neben der Hütte enthält geschmolzene Plastikreste. Woher nehmen die Leute hier nur das Brennmaterial? Ach ja, die offen liegenden Holzstreben der alten Hütte brennen sicherlich prima... Der alte Stahlofen liegt umgekippt hinter der Hütte. Auch dort liegen Reste von Müll drin. Selbst, wenn ich wollte, so viel Müll bekomme ich nie und nimmer alleine hier weg. Ich lasse alles so wie es ist und starte meinen Erkundungsgang.

                                                                                                                          Die Aussicht beruhigt mich umgehend wieder und lässt mich dahinträumen. Bogičohkka und Vássačorru.



                                                                                                                          Ich strahle mit der sonne um die Wette!



                                                                                                                          Das Tal wechselt von steinigen Passagen zu grünen Wiesen mit lauter Blümchen. Sommergefühle werden wach!



                                                                                                                          Die Kulisse ist so wunderschön, dass ich mehr als 2 Stunden durchs Tal streife, rauf und runter, immer weiter weg vom Zelt.



                                                                                                                          Das Abendlicht vermittelt eine heimelige Atmosphäre.



                                                                                                                          Als ich bereits kurz vor dem Visttasvárri stehe, kehre ich um. Was für ein Fehler! An diesem Abend hätte ich dort rauf klettern sollen. Die Aussicht wäre atemberaubend gewesen! An dem Tag kam mir dieser Gedanke leider überhaupt nicht in den Sinn.



                                                                                                                          Ich überquere das Tal und kehre auf der anderen Seite zurück.



                                                                                                                          Wieder am Zelt, packe ich mein Kochgeschirr aus und zaubere mir eine warme Portion Nudeln mit Tomatensauce.



                                                                                                                          Ich liege im Windschatten der alten Hütte mit dem Namen Tjatjajaurekåtan und lasse die Seele baumeln. Seit dem Belgier sind uns keine weiteren Leute begegnet. Abseits des Kungsleden werden selbst die schöneren und bekannteren Routen eher wenig frequentiert. Wer hier seine Ruhe sucht, wird sicherlich fündig!
                                                                                                                          Irgendwann gegen halb 9 lege ich mich zur Ruhe. Der Tag fordert seinen Tribut ein und ich werde schlagartig müde. Na klar, frische Luft in Massen, gutes Essen und die Bewegung sind eine gesunde Kombination. Eine Portion fester Schlaf obendrauf und man hat die perfekte Mischung!



                                                                                                                          Ich lasse das Zelt offen und schaue dann doch noch eine ganze Weile auf die Hänge des Unna Visttasčohkka und beobachte die Schattenspiele. Das Zelt bleibt heute Abend offen. Ich döse bei diesem schönen Ausblick langsam ein.

                                                                                                                          Fazit des Tages: Das Visttasvággi hat seine Versprechen in jeder Hinsicht gehalten! Es war herrlich im dichteren Wald startend sich langsam hochzuarbeiten. Immer wieder hat man tolle Blicke auf die umliegenden Gipfel bekommen. Die Wolken hingen zum Glück sehr hoch. Mit Oskari war die Gesellschaft ebenfalls erstklassig! Achja, als ich Oskari beim Zeltaufbau gewunken habe, hat er sich tatsächlich umgedreht. Er hat ein Foto gemacht und mich vor einigen Tagen drauf angesprochen, ob ich ihm darauf winke oder er sich das nur einbildet. Er hat das Bild genau in dem Moment geschossen, als ich gewunken habe! Ja wir sind über Facebook weiterhin in Kontakt geblieben und ich habe seine weitere Tour verfolgt, als ich bereits lange nach meiner Eigenen daheim war. Bei ca. 1100 von 1000 geplanten Kilometern war er damit fertig. Respekt für diese Aktion. Kurz darauf stand ich selbst nur ganz knapp davor ähnlich zu handeln. Aber was ist danach? Ich habe mich diesen Schritt bislang nicht getraut, aber wer weis was die Zukunft noch bringt.
                                                                                                                          Zuletzt geändert von efbomber; 15.02.2014, 14:18.

                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                            Erfahren
                                                                                                                            • 23.08.2012
                                                                                                                            • 471
                                                                                                                            • Privat


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                                                                                                                            Zauberschön. Mehr Worte braucht es nicht.

                                                                                                                            Knuspriges Wasser - muss ich mir merken.

                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                              Alter Hase
                                                                                                                              • 30.05.2007
                                                                                                                              • 3996
                                                                                                                              • Privat


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                                                                                                                              AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                              Teksti on perkele hyvää!
                                                                                                                              So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                                                                                                              A. v. Humboldt.

                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                Dauerbesucher
                                                                                                                                • 19.05.2011
                                                                                                                                • 614
                                                                                                                                • Privat


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                                                                                                                                AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                Zitat von Mika Hautamaeki Beitrag anzeigen
                                                                                                                                Teksti on perkele hyvää!
                                                                                                                                Die Google-Übersetzung ist definitiv nicht jugendfrei... aber lustig!

                                                                                                                                Hier noch eine Impression zum Thema von meiner 2011er Tour:



                                                                                                                                @ efbomber: geiler Bericht, weiter so!
                                                                                                                                Zuletzt geändert von GandalftheGrey; 31.01.2014, 17:37.

                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                  Alter Hase
                                                                                                                                  • 30.05.2007
                                                                                                                                  • 3996
                                                                                                                                  • Privat


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                                                                                                                                  AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                  Zitat von GandalftheGrey Beitrag anzeigen
                                                                                                                                  Die Google-Übersetzung ist definitiv nicht jugendfrei... aber lustig!

                                                                                                                                  Hier noch eine Impression zum Thema von meiner 2011er Tour:


                                                                                                                                  @ efbomber: geiler Bericht, weiter so!
                                                                                                                                  OT: Genial, was der Translater alles macht, wenn man nur einzelne Buchstaben in Teksti ändert, nimm mal rückwärts die Buchstaben einzeln weg...
                                                                                                                                  So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                                                                                                                  A. v. Humboldt.

                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                    Fuchs
                                                                                                                                    • 10.06.2004
                                                                                                                                    • 1232
                                                                                                                                    • Privat


                                                                                                                                    #66
                                                                                                                                    AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                    Sehr schick und es freut mich natürlich auch zu lesen, dass ich Dir mit meinem Tipp zu einer schönen Etappe verhelfen konnte. Wobei ich finde, dass man beim Vistasvaggi (besonders beim Abschnitt Vistasstuga - Alesjaure) eigentlich auch nicht viel falsch machen kann, wenn man ne schöne Route sucht. Und die Gesellschaft und Erzählungen von Oskari haben den Abschnitt natürlich nochmal zusätzlich aufgewertet.

                                                                                                                                    OT: Bei der Erwähnung, dass Oskari ein Buch der Game of Thrones Reihe dabei hatte musste ich sehr schmunzeln. Ich hatte die Bücher selber im letzten Frühjahr gelesen, und hätte ich die nicht so schnell durchgelesen, so wäre son Buch ein super Leseproviant für meine Tour gewesen, da die englische Ausgabe pro Band über 1000 Seiten besitzt und auch ein angenehm kompaktes Format hat. Kann Dir nur empfehlen die Bücher zu lesen, aber Vorsicht: Die Reihe ist noch nicht abgeschlossen. Und bist Du erstmal mit Band 5 (bzw. im deutschen Band 10) durch, so beginnt die lange Zeit des Wartens auf die Fortsetzung.

                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                      Gerne im Forum
                                                                                                                                      • 14.01.2013
                                                                                                                                      • 61
                                                                                                                                      • Privat


                                                                                                                                      #67
                                                                                                                                      AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                      Sehr sehr schön. Der obere Teil des Visttasvággi ist traumhaft. Ich liebe es, wenn die Birken lichter werden und man die Baumgrenze überschreitet. Das Hochtal ist mit den grünen Wiesen und Blumen wieder mal einzigartig. Super, bin gespannt auf weiteres.
                                                                                                                                      Lg
                                                                                                                                      Christoph

                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                        Erfahren
                                                                                                                                        • 23.08.2010
                                                                                                                                        • 228
                                                                                                                                        • Privat


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                                                                                                                                        AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                        Zitat von Mika Hautamaeki Beitrag anzeigen
                                                                                                                                        Teksti on perkele hyvää!
                                                                                                                                        Kiitos!

                                                                                                                                        Zitat von GandalftheGrey Beitrag anzeigen
                                                                                                                                        Hier noch eine Impression zum Thema von meiner 2011er Tour:

                                                                                                                                        Sehr genial! Das zeigt, dass die Finnen stolz auf ihre Schimpfwortkultur sind

                                                                                                                                        Zitat von Mortias Beitrag anzeigen
                                                                                                                                        Sehr schick und es freut mich natürlich auch zu lesen, dass ich Dir mit meinem Tipp zu einer schönen Etappe verhelfen konnte. Wobei ich finde, dass man beim Vistasvaggi (besonders beim Abschnitt Vistasstuga - Alesjaure) eigentlich auch nicht viel falsch machen kann, wenn man ne schöne Route sucht.
                                                                                                                                        Absolut richtig! Einfach wunderschön und ich bin froh, dass ich das Tal als kleines Highlight mitnehmen durfte

                                                                                                                                        Zitat von Mortias Beitrag anzeigen
                                                                                                                                        OT: Bei der Erwähnung, dass Oskari ein Buch der Game of Thrones Reihe dabei hatte musste ich sehr schmunzeln. Ich hatte die Bücher selber im letzten Frühjahr gelesen, und hätte ich die nicht so schnell durchgelesen, so wäre son Buch ein super Leseproviant für meine Tour gewesen, da die englische Ausgabe pro Band über 1000 Seiten besitzt und auch ein angenehm kompaktes Format hat. Kann Dir nur empfehlen die Bücher zu lesen, aber Vorsicht: Die Reihe ist noch nicht abgeschlossen. Und bist Du erstmal mit Band 5 (bzw. im deutschen Band 10) durch, so beginnt die lange Zeit des Wartens auf die Fortsetzung.
                                                                                                                                        OT: Ich habe mir ebenfalls die englische Ausgabe geholt. Der Preis stimmt hier einfach! Ich zahl doch nicht 15 Euro pro Band, also 30 Euro pro Buch, wenn ich die bisher komplette englische Ausgabe für nur 25 Euro bekommen kann! Dass die Geschichte noch nicht fertig ist, ist mir ebenfalls bekannt. Bin dass aber schon von Clive Barkers Abarat-Reihe gewöhnt

                                                                                                                                        Zitat von Trolltinden Beitrag anzeigen
                                                                                                                                        Sehr sehr schön. Der obere Teil des Visttasvággi ist traumhaft. Ich liebe es, wenn die Birken lichter werden und man die Baumgrenze überschreitet. Das Hochtal ist mit den grünen Wiesen und Blumen wieder mal einzigartig.
                                                                                                                                        Genau so ging es mir dort auch! Vom Wald in den Busch auf offenes, kargeres Gelände und schließlich ins Hochtal! Genial!

                                                                                                                                        An dieser Stelle euch allen ein Danke Schön, dass ihr so eifrig mitlest. Gleich gibt es das nächste Kapitel.

                                                                                                                                        LG
                                                                                                                                        David

                                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                                          Erfahren
                                                                                                                                          • 23.08.2010
                                                                                                                                          • 228
                                                                                                                                          • Privat


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                                                                                                                                          AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                          Kapitel 12 - Flucht nach Vorne
                                                                                                                                          28.06

                                                                                                                                          Es ist immer wieder erstaunlich, wie schnell sich hier oben das Wetter vom Guten zum Schlechten wenden kann. Irgendwann in der Nacht werde ich wach und stelle erschrocken fest, dass ein ordentliches Lüftchen weht und die ersten Regentropfen in meinem noch immer offen stehenden Zelt landen. In Null-Komma-Nichts bin ich auf 180 und führe eine Schnellinventur meiner Kleidung durch, die auf dem Rucksack in der Apsis liegt. Es ist noch alles vorhanden, Glück gehabt! Ich schließe das Zelt und lege mich wieder hin. Die Müdigkeit suche ich in den nächsten 3 Stunden vergeblich. Es fängt nämlich an zu regnen, anfangs noch moderat, später immer stärker. Die Windböen lassen die Tropfen mit einem gewalttätigen Stakkato auf die Zeltplane niederprasseln, aber irgendwann übermannt mich doch die Müdigkeit und ich schlafe bis ca. 10 Uhr morgens. Die Laune hält sich stark in Grenzen. Als ich hinaus blicke, bin ich froh in der Wolkensuppe die alte Hütte 5 Meter weiter sehen zu können. Ich bereite mir in Ruhe mein Frühstück zu, der Wassersack hat noch mehr als genug Wasser, so dass ich mir den Gang durch den Regen sparen kann. Frühstück im Schlafsack hat ja auch was, aber die Umstände, die dazu führen, könnten ein wenig erfreulicher sein.

                                                                                                                                          Gegen 12:30 Uhr lässt der Regen ab und an nach und ich strecke meinen Kopf hinaus. Das erste Foto des Tages entsteht bei mittlerweile fast schon wieder guten Verhältnissen!



                                                                                                                                          Somit ziehe ich mich langsam an, packe alles im Zelt ein, was möglich ist und hoffe, dass es bald erträglich wird, ins Freie zu kriechen. Eine Stunde später ist es dann schlagartig so weit und ich schaffe es trocken vor das Zelt. Die Zeit für eine verspätete Morgentoilette nehme ich mir einfach, Zähneputzen nach jeder Mahlzeit muss einfach sein! Anschließend schüttele ich die Nässe vom Zelt und packe es klamm ein. Um 14:30 bin ich dann endlich startklar, die Laune wieder prima, da die Sonne es auch zumindest zeitweise geschafft hat, sich durch die Wolkendecke zu schlagen.



                                                                                                                                          Ich bewege mich zügig durch das Tal, habe ja bereits gestern fast alles erkundet. Ich habe gewaltiges Glück, dass ich in Richtung Alisjávri unterwegs bin und nicht zur Vistasstugan. Der Wind ist sehr stark und pustet mich in Laufrichtung voran. Den ganzen Tag dagegen anrennen würde etwas unangenehm werden. Ich hege die Hoffnung, dass es weiter unten beim See weniger windig wird. Bei jedem Blick zurück strafft der Wind unerbittlich meine Gesichtshaut.



                                                                                                                                          Immer weider faszinieren mich diese losen Geröllansammlungen. Die Gipfel sehen teilweise porös wie ein Zuckerhut aus, den man mit Wasser überschüttet hat.



                                                                                                                                          Noch ist der Weg gut sichtbar. Am Ende des Bajip Čazajávri kann man bereits die wolkenverhangenen Gipfel des Tjålmeåive erkennen. Trotz des trüben Wetters gestern bin ich froh, die Etappe nicht heute gelaufen zu sein. Visttasvággi bei den morgendlichen Regenstunden hätte sicherlich keine Freude bereitet und die Berge hätten sich alle in den Wolken versteckt.



                                                                                                                                          Der Hauptpfad führt hier oben Richtung Alesjaurestugorna, wohin ich aber nicht möchte. Ich verlasse also den Pfad und laufe querfeldein runter zum Samidorf Alisjávri. Nach einigen Passagen Busch und Sumpf, gelange ich auf einen kleinen Pfad, der genau hinunter ins Dorf führt. Von hier oben sieht das so schön idyllisch aus!



                                                                                                                                          Ich meine eine Tür unten im Dorf zuschlagen zu sehen, bin mir aber nicht sicher. Einige Meter weiter rennt jemand über den Platz in ein Haus. Also ist Alisjávri doch nicht ganz verlassen und die ersten Sami bereiten schon ihren Sommeraufenthalt vor.
                                                                                                                                          Von hier oben bekommt man einen herrlichen Ausblick auf Alesjaure!



                                                                                                                                          Mein Weg führt mich direkt durchs Dorf, ich finde es traumhaft schön und könnte mir sehr gut vorstellen meinen Sommer an einem Ort wie diesem zu verbringen. Ich schlendere durch die Vorgärten und lasse die Atmosphäre auf mich wirken. Kleine winzige Steingärten gibt es an einigen Hütten, die meistens typisch in Rot gehalten sind. Einige wenige Blau- oder Graufarbene stellen die Ausnahme. Vor den Hütten gibt es große, in Tipiform gestellte Birkenstämme. Ich vermute es handelt sich um Feuerholz, dass im Winter mit den Schneemobilen angefahren wird und nicht im Schnee und Matsch liegen soll. Eine Person erblicke ich aber nicht. Alles ist ruhig und still und weckt das Gefühl in mir, mich in einer Geisterstadt zu bewegen. Der Wind ist hier unten nicht mehr so extrem und man hört es nur oben aus dem Tal herunterpfeifen. Irgendwie unheimlich. Ich gehe langsam weiter und traue mich am Ende des Dörfchens noch ein Foto zu schießen.



                                                                                                                                          Es führen sehr viele Wege aus Alisjávri heraus. Ich entscheide mich für einen breitspurigen Quadtrail und bereue es einige Meter weiter. Ich stehe mitten im Sumpf und watschele vorsichtig an dessen Rand. Über eine kleine Kuppe hinweg kann ich einen anderen Pfad ausmachen, auf den ich sofort wechsle. Gleiches Spiel hier, 200 Meter weiter verschwindet er im Nirgendwo und ich stehe wieder im Sumpf. Das Spiel wiederholt sich noch mehrere Male. An dieser Stelle meine Empfehlung für alle, die dort mal langlaufen möchten, geht euren eigenen Weg und haltet euch nicht an Quadspuren, Trampelpfade und Wildwege. Ich vermute gerade wegen den Rentieren gibt es hier oben dutzende Pfade, die keine sind. Irgendwann beschließe ich mich an eben gegebenen Ratschlag zu halten und lasse jeden Weg links und rechts von mir liegen. Als ich zurückblicke pustet der Wind ordentlich, die Aussicht ist aber toll. Im Hintergrund die etwas bedrohlich wirkenden Wolken und ich laufe schön in einem Schönwetterloch davon. So kann es gerne bleiben, aber wirklich rechnen tue ich damit nicht. Ganz genau am See kann man leider nicht langlaufen, ein elend langer Rentierzaun verhindert das. Einen Überstieg habe ich nicht entdecken können, allerdings laufe ich meist am Fuße des Visttasvárri lang, so dass nicht immer der Zaun zu sehen ist. Eine Möglichkeit diesen zu überklettern oder passieren, kann mir daher durchaus entgangen sein.



                                                                                                                                          Der Ausblick von weiter oben ist sowieso viel schöner. Das Farbenspiel des Sees Alisjávri ist wahnsinnig toll.





                                                                                                                                          Heute ist einer der Tage, wo es einfach läuft. Der späte Start ist zwar nicht so schön gewesen, aber dank der Mitternachtssonne stellt dies kein Problem dar. Zu meiner Rechten vernehme ich ein leises Tosen, welches ich sofort einem Wasserfall zuordne. Und tatsächlich wird auch kurz darauf der Blick darauf frei. Vorne ragt schon der Gipfel des Njuikkostakbákti in den Himmel.





                                                                                                                                          Ich überlege kurz, ob es sich lohnt dort hin zu laufen und entscheide mich dagegen. Ein größeres Sumpffeld liegt zwischen mir und dem Wasserfall. Das Wetter ist auch nicht ideal um ein Bad zu nehmen und so laufe ich weiter. Schon am Abend werde ich mich ärgern, diese Möglichkeit nicht genutzt zu haben. Ich bin einfach tierisch neugierig wie das dort von Nahem aussehen mag.
                                                                                                                                          Plötzlich stehe ich vor einem schnell fließendem Bächlein. Gerade breit genug, dass man nicht mit einem Schritt drübersteigen kann. Heute habe ich aber keine Lust jetzt schon meine Furtschuhe zu verwenden und ich folge dem Wasserlauf etwas flussaufwärts. Ich habe Glück und komme an eine Stelle, wo ein größerer Stein mitten im Bach liegt und überspült wird. Mit Zuhilfenahme von meinen Wanderstöcken kann ich mich auf dem Stein problemlos ausbalancieren und den Fluss ganz normal überqueren. Zur Belohnung bekomme ich ein schönes Fotomotiv kurz dahinter geboten.



                                                                                                                                          Irgendwie gefällt mir die Aussicht von weiter oben viel besser und ich klettere immer weiter Richtung Hang. Die Landschaft ist toll und einfach anders im Vergleich zum Gegenstück des Kungsleden auf der westlichen Seite des Alisjávri. Die felsigen Stellen wirken wie zähflüssig dahingegossen und anschließend geglättet. Beim Aufstieg muss ich aber an einer zu hohen Felswand entlang, habe in etwa eine Fußbreite platz zum Laufen während Weidengestrüpp mich vom Hang wegdrückt und zu meiner Linken ist ein extrem breiter, matschiger, mit Schmelzwasser gefluteter Bereich. Eine Möwe zieht ihre Kreise über mich hinweg und macht Radau, ich schaue hoch und wie soll es auch anders sein, stolpere über meinen eigenen Wanderstock und rutsche endgültig aus beim Versuch festen Boden unter die Füße zu bekommen. Beim Fallen kann ich mich noch zur Seite drehen und lande mit dem Rucksack voran im Dreck. Es erwischt nur mein linkes Hosenbein und der Rucksack liebt ja ohnehin Matsch. Ich muss einfach drauf loslachen und rappele mich dabei langsam wieder auf. Der weitere Verlauf nach oben wird angenehmer! Der Blick zurück ist klasse, nach vorne sieht man nicht viel, da immer weitere Felsen, die höher als die Vorangegangenen sind, die Aussicht verdecken.



                                                                                                                                          Die Sonne reflektiert vom Alisjávri und hält mir den Rücken frei. Auch wenn es wettertechnisch besser hätte sein können, zum Wandern ist der Tag perfekt! Trocken und nicht zu warm, so dass man selbst eingepackt in Softshell und Mütze nicht all zu sehr ins Schwitzen kommt. Das Hosenbein trocknet in wenigen Minuten. Einige Meter weiter trifft mich ein Schwall Wärme von Hinten. Ich drehe mich um und stehe mitten im Sonnenloch! Was für ein tolles Gefühl. Ich bleibe stehen und genieße den Moment!



                                                                                                                                          Irgendwann muss ich feststellen, dass es nach hoch auch wieder runter geht. Dies erweist sich allerdings als weitaus komplizierter, da die Felsen steil und in großer Kaskadenform abfallen. An einer Stelle bleibt mir nichts anderes übrig, als meinen Rucksack abzulegen und vorsichtig hinunterzuwerfen. Es sind ungefähr 2 Meter, die ich hinab muss und will meine Knie nicht mit dem Zusatzgewicht belasten. Die Wanderstöcke werfe ich ebenfalls runter, sie bleiben im Matsch stecken und ich frage mich, ob ich gleich hüfttief in der Suppe verschwinde, wenn ich mich hinablasse. Jetzt gibt es aber kein Zurück mehr. Die Ausrüstung ist dort unten, ich muss jetzt hinterher. Vorsichtig setze ich mich an die Kante und rutsche langsam hinab. Der Fall beträgt jetzt vielleicht nur noch 120 / 130 cm. Ich komme hart auf. Der Untergrund am Felsen ist sehr fest. Nur ein Meter weiter ist alles matschig und siffig. Glück gehabt. Der weitere Verlauf wird aber noch haarstäubender, so dass ich mich entschließe zum see abzusteigen. Dazu muss ich stellenweise sogar einige Meter zurück laufen, um nicht wieder Rutschpartien von mehreren Metern in Kauf zu nehmen. Ist mir egal, mein Tagesziel ist irgendwo am Áhpparjávri, ist ja nicht mehr so weit.



                                                                                                                                          Die Impressionen, die mir das Kraxeln gebracht hat, möchte ich auch nicht missen. Viele keine Details sind mir ins Auge gesprungen und haben diese Etappe damit bereichert. Kraxelbegeisterte hätten sicherlich ihren Spaß gehabt und ich meine, wenn man noch weiter am Hang langgelaufen wäre, könnte man sogar einige Meter Weg einsparen und eine schönere Aussicht genießen.
                                                                                                                                          Wie windig es in dieser Gegend ist, kann man gut an dieser einzeln stehenden Birke erkennen.



                                                                                                                                          Nach ca. 2 1/2 Stunden stehe ich am Ende des Alisjávri. Der Weg führt jetzt gut sichtbar an den Seen entlang und ich beschließe ihm wieder mein Vertrauen zu schenken, mit der Hoffnung, dass er mich nicht erneut fehlleitet.



                                                                                                                                          Den Weg in entgegengesetzter Richtung zu laufen, würde eine Sonnenbrille fast unabdingbar machen. Jedes Mal, wenn ich zurückschaue, reflektiert sie sich von der Wasseroberfläche.



                                                                                                                                          Auf diesem Bild erkennt man gut die Hügelchen vor dem Njuikkostakbákti, die seicht hinauf führen, aber dann plötzlich abbrechen und einen zum Klettern zwingen.



                                                                                                                                          Ich laufe anfangs sehr nahe am Rádujávri lang und entspanne mich. Irgendwo dort lege ich meinen Rucksack ab und haue mich für 15 Minuten in die Sonne. Schokolade, frisches Wasser und ein paar Trockenfeigen versüßen mir die Pause. Auf dem Kungsleden ist heute schon mehr los, der weitläufige Blick gab schon während der ganzen Etappe immer wieder vereinzelte, bunte Punkte preis, die in beide Richtungen unterwegs sind. Tja, auf meiner Seite bin ich mutterseelenallein und freue mich darüber. So schön die Bekanntschaften und Hüttentage auch waren, so gerne will ich ein wenig dieser lappländischen Einsamkeit für mich ganz alleine haben.
                                                                                                                                          Als die Pause vorbei ist, laufe ich wieder zu den ersten Felsvorsprüngen. Auf einmal stelle ich fest, dass der Wind endlich nachlässt. Ich freue mich und hoffe, dass so das schöne Wetter länger erhalten bleibt. Dann bemerke ich schnell, dass der vermeintliche Segen ein Fluch ist. Vor mir erheben sich im windgeschützen Bereich die Mücken und wittern bereits ihre Mahlzeit!

                                                                                                                                          Kurz bevor ich dank dem Ausläufer hier in einen großen windstillen Bereich gelange. Die Wetterlage ändert sich nicht, wie ich zuerst annahm.



                                                                                                                                          Meine Schritte werden moderat schneller, verdoppeln sich, dann renne ich bald durch die Landschaft. Irgendwann hab ich die Schnauze voll und packe das Insektenmittelchen auf die Haut und Ruhe ist. Das ständige Summen der Viecher geht mir aber auf die Nüsse. Man kann nicht alles haben! Der Weg ist recht einfach und nur von wenigen sumpfigen Stellen geprägt, die sich auch noch sehr leicht umgehen lassen.



                                                                                                                                          Der Weg bis zum Gletscherfluss Godujohka, der vom Goduglaciären gespeist wird, vergeht wie im Flug. Am Strom angekommen ist sofort klar, dass hier ein Schuhwechseln von Nöten ist. Ich fackel nicht lange rum und beeile mich die Neoprenschuhe anzuziehen. Die Mücken nehmen das kurzfristige Angebot an und malträtieren meine Waden und Kniekehlen. Ich schreite langsam durchs Wasser und entspanne im kühlenden Nass. Die Mücken lassen mich hier in Ruhe und die frischen Stiche jucken Dank der Kälte nicht.



                                                                                                                                          Irgendwann bin ich aber drüben und ziehe sofort die Hosenbeine runter. Das Trocknen und Stiefel anziehen dauert nur wenige Sekunden. Erst als die Schnürsenkel wieder festgebunden sind, beruhige ich mich. Mygga wird noch flott nachgetragen und unterdessen vernehme ich Vogellaute um mich herum. Ich mache mich weiter auf den Weg und stehe einige Schritte später direkt vor der nächsten breiten Furt. Diese meistere ich ebenfalls ohne größere Probleme und gehe weiter. Die Vogellaute tauchen wieder auf und ich bleibe stehen um den Übeltäter auszumachen. Ich kann nichts entdecken und laufe weiter. Dann auf einmal wieder dieser Laut. Jetzt von rechts her. Und tatsächlich erblicke ich in der Ferne einen Vogel auf einem Stein, der fröhlich vor sich dahinpfeift. Meine erste Bekanntschaft mit dem Goldregenpfeifer oder Fjällpiparen, wie die Schweden sagen. Auf den Bildern ist der kleine Piepmatz leider kaum zu erkennen. Er verfolgt mich noch einige hundert Meter, bevor er von mir ab lässt. Beim Blick zurück stärkt mir immer noch die Sonne den Rücken!



                                                                                                                                          Ab jetzt wird es wieder windiger und die Mückenplage lässt sofort nach. Der Blick auf Rádujávri, Miesákjávri und Áhpparjávri ist richtig toll. Am Anfang der Tour wollte ich ja unbedingt hier lang und jetzt habe ich meinen Willen bekommen. Eine wirklich tolle Gegend!



                                                                                                                                          Ab jetzt wird es nochmals kurz anstrengender. Ein paar Moränen müssen überquert werden. In den Tälern sind noch Reste von alten Schneefeldern und Schmelzwasser, was die Wegfindung ein klein bisschen erschwert. Die Markierungen des Winterwanderwegs geben mir hier aber einen etwaigen Anhaltspunkt. Und plötzlich stehe ich vor einem kleinen, namenlosen See. Der Ausblick auf den Šiellačohkka ist richtig schön.



                                                                                                                                          Ich werfe den Rucksack ab und überlege kurz. Schöne Aussicht, kleiner privater See, Wind direkt aus dem Tal, der die Mücken in Schach hält. Ich beschließe schon hier mein Nachtlager aufzubauen und den ohnehin schon spät gestarteten Tag früh zu beenden.



                                                                                                                                          Das Zelt steht bereits um 19:40 und irgendwie fühle ich mich nicht ausgelastet. Aber jetzt habe ich noch sage und schreibe 6 volle Tage vor mir! Wie soll ich denn noch laufen, ohne vorzeitig bei Abikso anzukommen? Ich packe meinen Trangiakocher aus und bereite mir die allabendliche Portion Nudeln vor. Das ist das erste Mal, dass ich den Spiritus nachfüllen muss. Der Wind ist so stark, dass ich versuche mit Hilfe von Rucksack und meinem eigenen Körper den Kocher so gut wie möglich abzuschirmen, aber der volle Brenn-Behälter ist trotzdem leer, bevor mein Essen fertig ist. Soll mir egal sein, habe sowieso noch mehr als genug Spiritus dabei. Heute gibt es eine Tomatensauce auf Basis von Jalapenogewürz. Ich liebe scharfes Essen und ist auch mal was anderes. Leider ist von dem Zeug eine ganze Packung auf einen Topf einfach zu viel. Ich fülle daher extra den Wassersack für die Nacht auf. Salziges Essen macht bekanntlich Durst!



                                                                                                                                          Als ich am See das erste Mal einen Schluck Wasser entnehme und koste, verzieht sich mir das Gesicht. Das ist jetzt das erste Mal, dass das Wasser hier oben einen ekeligen Nachgeschmack hat. Eine Note von Wacholderbusch sticht durch. Ich frage mich, ob der Geschmack von einer Metallsorte herrühren kann und bin mir unschlüssig, ob ich dieses Wasser trinken soll. Aber rund um den see sind viele Wacholdersträucher und vielleicht rührt der Geschmack tatsächlich daher. Ich nehme das Wasser mit und denke mir nichts mehr dazu.
                                                                                                                                          Der Miesákčohkka im Abendlicht.



                                                                                                                                          Den Abend verbringe ich durch die Gegend streifend bevor ich mich ins Zelt verdrücke. Der Wind ist fies und ich sehne mich nach dem wärmenden Schlafsack.

                                                                                                                                          Was soll ich dazu noch groß sagen? Heute war das genaue Gegenstück zum Tourentag Tjäktja - Sälka. Ich bin immer mit der Sonne gelaufen, was mich den anfänglichen Tagesstart mit Dauerregen sofort vergessen ließ. Man befindet sich zwar nur auf der gegenüberliegenden Etappe zum Kungsleden, aber ist hier direkt viel abgeschiedener unterwegs. Einzige Manko sind die vielen unnützen Pfade und Wege um Alisjávri, die ins Nirgendwo führen. Wenn man das aber mal weis, lässt man sich nicht mehr dadurch irritieren. Die Blautöne der Seen haben auch an diesem Tag wieder ihren Zauber bei mir gewirkt. Die Etappe lohnt sich!

                                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                                            • 94
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                                                                                                                                            Toller Bericht! Ich bin auf die nächsten Etappen sehr gespannt.

                                                                                                                                            Edit: Glatt vergessen: Vielen Dank für die Mühe, die du dir mit diesem ausführlichen Bericht machst!
                                                                                                                                            Zuletzt geändert von Dwalinn; 02.02.2014, 15:21.

                                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                                              Fuchs
                                                                                                                                              • 10.06.2004
                                                                                                                                              • 1232
                                                                                                                                              • Privat


                                                                                                                                              #71
                                                                                                                                              AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                              Zitat von efbomber Beitrag anzeigen
                                                                                                                                              So schön die Bekanntschaften und Hüttentage auch waren, so gerne will ich ein wenig dieser lappländischen Einsamkeit für mich ganz alleine haben.
                                                                                                                                              Ich würd mal sagen da sprichst Du mir ziemlich gut aus der Seele, das empfinde ich sehr ähnlich.

                                                                                                                                              Zitat von efbomber Beitrag anzeigen
                                                                                                                                              Und tatsächlich erblicke ich in der Ferne einen Vogel auf einem Stein, der fröhlich vor sich dahinpfeift. Meine erste Bekanntschaft mit dem Goldregenpfeifer oder Fjällpiparen, wie die Schweden sagen.
                                                                                                                                              Der schwedische Name ist ja lustig, aber passt finde ich, ziemlich gut. Ich bezeichne die Viecher auch immer als Piepvögel. Und manchmal können sie ziemlich nervig werden.

                                                                                                                                              Zitat von efbomber Beitrag anzeigen
                                                                                                                                              Ich liebe scharfes Essen und ist auch mal was anderes. Leider ist von dem Zeug eine ganze Packung auf einen Topf einfach zu viel. Ich fülle daher extra den Wassersack für die Nacht auf. Salziges Essen macht bekanntlich Durst!
                                                                                                                                              Jo das kenn ich nur zu gut. Ich hau mir Abends auch gerne mal ordentlich Salz in die Nudeln, einfach um mehr Geschmack zu haben. Und jedes Mal ärgere ich mich dann, dass ich tierischen Durst habe und nachts dann entsprechend häufig austreten muss.

                                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                                Gerne im Forum
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                                                                                                                                                • 64
                                                                                                                                                • Privat


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                                                                                                                                                AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                                Sehr schöner Bericht, es macht sehr viel Spaß ihn zu lesen.
                                                                                                                                                Vielen Dank das Du dir diese Mühe machst.
                                                                                                                                                Freue mich schon auf den nächsten Abschnitt
                                                                                                                                                "Es gibt keine frustrierteren Naturforscher als Astronomen im Nebel."

                                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                                  Dauerbesucher
                                                                                                                                                  • 31.12.2005
                                                                                                                                                  • 558
                                                                                                                                                  • Privat


                                                                                                                                                  #73
                                                                                                                                                  AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                                  Zitat von efbomber Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                  Hallo HAL! Wow spitze! Ich hebe meinen Hut vor allen, die so eine lange Tour auf die Beine gestemmt bekommen
                                                                                                                                                  Wäre da nicht mal ein Reisebericht von dir fällig?
                                                                                                                                                  Hallo David,
                                                                                                                                                  meine Reiseberichte für Faltboot und Rucksack und anderes Zeugs zum Thema Outdoor stell ich immer auf meiner Website "Plünnenkreuzer". Den letzten vom Fjäll hab ich leider noch nicht gemacht - hatte einfach noch keine Zeit dafür da viele andere Projekte. :-)
                                                                                                                                                  Zitat von efbomber Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                  Blöd wenn man gezwungen ist abzubrechen, aber die Gesundheit sollte immer vor gehen, auch wenn man das nicht immer wahr haben will.
                                                                                                                                                  Reinhold Messmer soll mal gesagt haben, dass er überlebt hat, weil er umkehren konnte, und wenn es 100 m unter dem Gipfel sein musste. Ich bin natürlich Lichtjahre von Messmer entfernt aber ich konnte zum Glück auch umkehren. Und da ich weiß wie besch... sich das anfühlt kann ich Dir nur meine Hochachtung sagen. Auch zu Deinem Mut dazu zu stehen. Meine Entscheidung erwies sich hinterher sogar als 150% richtig und Deine wird das wohl auch gewesen sein.
                                                                                                                                                  Zitat von efbomber Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                  Wie viel von deiner Tour konntest du denn nicht beenden?
                                                                                                                                                  Seufz ... sehr, sehr viel! Ich wollte eigentlich über nördlichen Kungsleden, südlichen Kungsleden und europäischen Fernwanderweg bis Göteborg. Ich bin Mitte letzten Jahres in den Ruhestand gegangen und die Tour war der Traum vieler Jahre. War ich deprimiert. Aber vielleicht werde ich den nördlichen diesen Sommer beenden und noch eine Weile im Bereich des südlichen trekken. Schaun mer mal.

                                                                                                                                                  Deine Eindrücke kann ich nur zu gut teilen. Ich schau mir Deine Bilder an und denk manchmal ich hätte sie gemacht.
                                                                                                                                                  Ich wollte Ende Juni nach der Ankunft in Abisko eigentlich auch dort übernachten. Das Wetter war jedoch zu schön und so machte ich mich eine Stunde nach Ankunft auf den Weg. Ganz gemütlich. Gegen Mitternacht war ich dann in Abiskojaure und die Mitternachtssonne erhellte alles.
                                                                                                                                                  Der Weg zur Alesjaure war auch für mich ähnlich wie von Dir beschrieben. Die letzten 5 Kilometer zur Hütte nahm mich allerdings ein Sami auf seinem Quad mit. Der höllischste Ritt meines Lebens! Absolut, quer durchs Fjäll.
                                                                                                                                                  Das Vistavaggi erlebte ich z.T. im Regen und es war trotzdem einer der Höhepunkte der Tour, es ist sogar im Regen wunderschön - aber man wird nass bis auf die Knochen.
                                                                                                                                                  Der Weg zur Nallo rauf war anstrengend und spektakulär - anfangs lohnte es sich auch immer wieder zurück zu schauen. Ich bin dann an der offiziellen Watstelle - war das ätzend an der Hütte vorbei zu laufen - trockenen Fusses von Stein zu Stein rüber zur Hütte. Auch bei mir war die taffe und total nette Stugvärd nicht da und wollte auch um 16.00 zurück sein. War sie auch, auf die Minute. War mal eben zu ihren Freunden in der Sälka zum Kaffee geflitzt. Was das bedeutet habe ich dann am nächsten Tag gesehen.
                                                                                                                                                  Allein die Schneefelder am steilen Hang überm Fluss und die scheinbar endlosen Steinfelder. Und dann diese Kulisse und die erste richtige Wataktion im ziemlich reißenden und eiskalten Seeabfluss. Irgendwann tauchte ganz winzig unten im Tal die Sälka auf. Was für ein Wunder - vom grauen Mond ins grüne Hobbitland. Unten im Hobbitland gings an flinken Gewässern über besagte Holzplanke zur Hütte. Hast Du auch das künstliche Gebirge nahe der neuen Toilette gesehen?
                                                                                                                                                  Ich nehme an, dass sich dann unsere Wege trennten, da ich zur Hukejaure weiterging und da landete ich dann endgültig auf dem Mond.
                                                                                                                                                  Bin gespannt auf den restlichen Bericht.

                                                                                                                                                  Gruß - Hartmut
                                                                                                                                                  Vieles kommt - aber alles geht!

                                                                                                                                                  Den Plünnenkreuzer, Landgänger und das neue raus&weg-Blog findet ihr entsprechend der Forumsregeln unter diesem einen Link - click!

                                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                                    Erfahren
                                                                                                                                                    • 23.08.2010
                                                                                                                                                    • 228
                                                                                                                                                    • Privat


                                                                                                                                                    #74
                                                                                                                                                    AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                                    Zitat von Mortias Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                    Der schwedische Name ist ja lustig, aber passt finde ich, ziemlich gut. Ich bezeichne die Viecher auch immer als Piepvögel. Und manchmal können sie ziemlich nervig werden.
                                                                                                                                                    Der schwedische Name ist mehr als treffend! Und ja, die wurden auch noch extrem anhänglich

                                                                                                                                                    Zitat von Mortias Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                    Jo das kenn ich nur zu gut. Ich hau mir Abends auch gerne mal ordentlich Salz in die Nudeln, einfach um mehr Geschmack zu haben. Und jedes Mal ärgere ich mich dann, dass ich tierischen Durst habe und nachts dann entsprechend häufig austreten muss.
                                                                                                                                                    Richtig, meistens dann, wenn man extrem gut geschlafen hat, weckt einen dieses Bedürfnis mal auszutreten. Raus ausm warmen Schlafsack. Oder man wartet bis man eh aufstehen muss, allerdings wird das dann kaum was mit dem Pennen

                                                                                                                                                    Zitat von HAL 23562 Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                    Hallo David,
                                                                                                                                                    meine Reiseberichte für Faltboot und Rucksack und anderes Zeugs zum Thema Outdoor stell ich immer auf meiner Website "Plünnenkreuzer". Den letzten vom Fjäll hab ich leider noch nicht gemacht - hatte einfach noch keine Zeit dafür da viele andere Projekte. :-)
                                                                                                                                                    Danke für den Link! Werde ich mir in meinen Mittagspausen ansehen und wie so oft meiner ekeligen Realität als Systemadmin entfliehen

                                                                                                                                                    Zitat von HAL 23562 Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                    Reinhold Messmer soll mal gesagt haben, dass er überlebt hat, weil er umkehren konnte, und wenn es 100 m unter dem Gipfel sein musste. Ich bin natürlich Lichtjahre von Messmer entfernt aber ich konnte zum Glück auch umkehren. Und da ich weiß wie besch... sich das anfühlt kann ich Dir nur meine Hochachtung sagen. Auch zu Deinem Mut dazu zu stehen. Meine Entscheidung erwies sich hinterher sogar als 150% richtig und Deine wird das wohl auch gewesen sein.
                                                                                                                                                    Absolut! Der Reinhold ist nicht blöd und ich versuche auch immer die richtigen Entscheidungen zu treffen, auch wenn manchmal ein bitterer Beigeschmack vorhanden ist. In den restlichen Tagen der Tour wird zu dem Thema noch einiges kommen und im Fazit werde ich auch noch näher darauf zu sprechen kommen!

                                                                                                                                                    Zitat von HAL 23562 Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                    Hast Du auch das künstliche Gebirge nahe der neuen Toilette gesehen?
                                                                                                                                                    Hmmm meinst du etwa dieses "künstliche Gebirge"?


                                                                                                                                                    Zitat von HAL 23562 Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                    Ich nehme an, dass sich dann unsere Wege trennten, da ich zur Hukejaure weiterging und da landete ich dann endgültig auf dem Mond.
                                                                                                                                                    Da hast du Recht. Hukejaure stand in meiner Auswahl für die längste Route, daraus ist aber nichts geworden. Diesmal jedenfalls nicht Ich finde das aber super, dass du dir diesen Traum dann wenigstens nach und nach erfüllst! Viele werfen dann die Flinte gleich ins Korn. Kompromisse finden ist das Zauberwort! Ich werde auch vermutlich nie von meinem aktuellen Arbeitgeber mehr als 3 Wochen am Stück Urlaub bekommen. Aber dann muss ich mich aktuell damit arrangieren und später kann man immer noch gucken, dass mal mehr draus wird

                                                                                                                                                    Freut mich bislang sehr, dass ich mit dem Bericht so viel positives Interesse wecken kann und zeitgleich entschuldige ich mich, dass ich im Lauf der Woche kein weiteres Kapitel fertiggestellt habe. Aber beruflich und privat bin ich zu stark eingebunden gewesen.

                                                                                                                                                    Später im Verlauf des Tages gibt es dann Kapitel 13!
                                                                                                                                                    Viele Grüße
                                                                                                                                                    David

                                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                                      Erfahren
                                                                                                                                                      • 23.08.2010
                                                                                                                                                      • 228
                                                                                                                                                      • Privat


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                                                                                                                                                      Kapitel 13 - Endlich Wildnis
                                                                                                                                                      29.06

                                                                                                                                                      Es pustet und pustet, das Zelt steht wie eine 1! Es ist frisch geworden und meine Apsis ist voller Mücken. Die Biester sind aber kein Stück in Stechlaune und nur heilfroh, dass sie hier einen windgeschützten Unterschlupf finden konnten. Es ist kurz vor 8, ich habe sehr gut geschlafen und fühle mich, als könnte ich Bäume ausreißen! Schnell kleide ich mich an und bereite mir das Müsli zu. Die Schokopops werden übersichtlich. Das Zeug befindet sich immer oben in der Tüte und verschwindet bei den ersten 2 bis 3 Ausschüttungen. Danach wird man aber bei gleichem Volumen satter, da mehr Haferflocken im Topf sind!
                                                                                                                                                      Gegessen wird draußen, ich wende mich dazu vom Wind ab, damit das Müsli nicht vom Löffel fliegt. Bevor das Zelt abgebaut wird, entschließe ich mich noch schnell eine kleine Körperwäsche einzulegen. Das Ufer am See ist flach und man kommt leicht ins sehr flache Wasser. Es wird eisig so ganz ohne Klamotten und ich beeile mich anschließend wieder hineinzusteigen. Um 20 nach 9 bin ich mit allem fertig und 10 Minuten später ist auch das Zelt verpackt und ich laufe los!



                                                                                                                                                      Die dichten und teils doch dunklen Wolken wecken in mir die Befürchtung, dass ich mein Glück in den letzten Etappen aufgebraucht habe. Was soll denn schon passieren? Nässe bin ich ja gewohnt, also nicht drüber nachdenken und weiterlaufen. Noch ist die Sicht prima und der Weg trocken. Kurz nach meinem Nachtlager empfängt mich auch schon das Weidengestrüpp. Lichtblicke der Sonne versüßen mir den Weg hin und wieder.



                                                                                                                                                      Der erste Wasserlauf kreuzt meinen Weg und ich schütte sofort das nach Wacholder schmeckende Wasser weg, spüle die Flasche aus und fülle die frisch schmeckende Flüssigkeit ein. Da sich bei mir in der Verdauung noch keine signifikante Änderung ergeben hat, war es wohl ungefährlich das Seewasser zu trinken. Aber alleine der Geschmack war schon widerlich genug.



                                                                                                                                                      Das Gebüsch ist mein stetiger Begleiter und ich halte mich immer ein paar Meter höher als die Wintermarkierungen. Einen richtigen Wanderpfad gibt es hier nicht und ich fange an diese Etappe dafür zu mögen. Endlich kann ich mal wieder meiner eigenen Nase folgen ohne von Dutzenden Pfaden abgelenkt zu werden. Hin und wieder wird ein alter Trampelpfad sichtbar, aber relativ selten und so viel besser zu laufen als querfeldein ist er auch nicht. Das Atmen fällt mir teilweise sehr schwer, der Wind ist sehr kräftig und druckbetankt meine Lungenflügel automatisch. Das Ausatmen wird zur sportlichen Höchstleistung. Ich bin froh mich direkt zu Beginn meines Tages für die T-Shirt - Wollmützen Kombo entschieden zu haben. Ich komme nur leicht ins Schwitzen und gar nicht ins Frieren! Idealerweise sollte es immer so laufen



                                                                                                                                                      Direkt an den Seen ist es teilweise sehr sumpfig, was oft vom Weidengestrüpp gut verdeckt wird. Kleine Sandsträndchen laden zu Badepausen im Hochsommer ein. Für die Jahreszeit einfach zu früh und ich bedauere das ein wenig.



                                                                                                                                                      Zwischendurch drehe ich mich immer wieder um. Zum einen um den Ausblick zu genießen und zum anderen um die Atmung besser regulieren zu können. Die Weite, die man von hier aus erfassen kann ist gigantisch. Vor allem, weil ich zu Beginn der Tour den kompletten Horizont lang gelaufen bin. Man hat einfach die Größenverhältnisse, die einem sonst fehlen, wenn man in die Ferne schaut. Rechts ist der Gárddenvárri zu sehen.



                                                                                                                                                      Bald gelange ich an eine Stelle, die mich an der Unberührtjeit dieses Gebietes zweifeln lässt. An den Wasserausläufen aus dem Kåtotjåkka-Massiv sind Steinaufschüttungen anzutreffen, die aussehen, als wären sie von einem gigantischen Kipplader hingeschüttet worden.



                                                                                                                                                      Am Wasserlauf fülle ich die Flasche erneut auf und trinke direkt einen Becher. Obwohl ich kaum schwitze habe ich Durst, was ich immer noch dem Salzgehalt der Sauce von gestern Abend zuschreibe.



                                                                                                                                                      Kurz danach gelange ich an eine kleine Erhöhung, die sich seicht in die Länge zieht. Sofort fühle ich mich wie in die Prärie des Wilden Westens versetzt! Steinige Flächen sind von lichten Gräsern und Sträuchern bedeckt. Der Boden selbst nahezu sandig locker. Hier findet man viele Steinmännchen, die einem den Weg weisen sollen. Die Abwechslung auf dieser Etappe ist schon klasse! Während ich noch über die Gegebenheiten auf der Erhöhung staune, gesellt sich wieder ein Fjällpiparen zu mir. Das markante Pfeifen verfolgt mich nun über die komplette Ebene! Ein Männchen und ein Weibchen kreisen mich ein und pfeifen drauf los. Ich finde das noch sehr lustig und freue mich über die Gesellschaft.



                                                                                                                                                      Lichte Momente in der Wolkendecke wecken die Hoffnung, dass sich das Wetter auch heute noch zum Guten wenden wird. Der Šiellačohkka auf der nördlichen Uferseite sieht bereits nahezu freundlich aus.



                                                                                                                                                      Irgendwann bin ich am Ende der Steppe angelangt und muss nun über einen recht schnell dahinfließenden Fluss furten. Leider ist er zu breit um an die andere Seite zu springen und so müssen die Furtschuhe angezogen werden. Während ich mir einen Stein suche, auf dem ich meinen Rucksack ablegen kann, der gesamte Boden rundherum ist matschig und sehr nass, attackiert mich eine Möwe. Auf dem Bild ist das Vieh zu erkennen, wie es seine Kreise zieht und mich argwöhnisch betrachtet. Die Goldregenpfeifer tauchen auch wieder auf und lassen nicht von mir ab.



                                                                                                                                                      Der Übergang ist erfrischend und problemlos. Ich nutze den Schuhwechsel direkt für eine kleine Pause und nasche etwas aus dem Rucksack. Lecker Cranberries! Nicht weit von der Furtstelle gelange ich erneut an Schneefeldreste. Immer wieder muss ich dran denken, wie es hier wohl aussehen würde, wenn der Mai nicht so extrem heiß gewesen wäre. Vermutlich um einiges weißer Der Bieggačohkka sticht im Hintergrund aus dem Tal hervor.



                                                                                                                                                      Früher oder später musste ich ja über Spuren stolpern. Ich habe allerdings keine Ahnung worum es sich handelt. Ich vermute ganz stark, dass es einfach nur Tapsen von einem großen Hund sind, da eine Renvaktarstuga weiter oben im Hang steht. Sicher bin ich mir aber keinesfalls und lasse meiner Fantasie freien Lauf



                                                                                                                                                      In der Nähe der Hütte ist ein stärker erkennbarer Trampelpfad auszumachen. Kurzzeitig folge ich diesem, bis ich an einige alte Holzbohlen gelange, die über eine sumpfige Passage gelegt sind. Grüner Schlick und kleine Moosbüschel zeugen vom Alter der Bohlen und machen diese extrem gefährlich. Den ersten Abschnitt kann ich noch ganz gut ausbalancieren, beim zweiten lege ich fast einen Spagat hin. Ab sofort laufe ich durch den Schmodder daneben und gehe das Risiko eines Bänderrisses nicht mehr ein. Saugefährlich in diesem Zustand, die Holzplanken! Was das Wetter angeht, immer noch windig, aber trocken. Irgendwo dort hinten muss ich noch über den kleinen Hügel rüber. Bin schon ganz gespannt wie die Aussicht sein wird



                                                                                                                                                      Ich verlasse den Trampelpfad nach nur wenigen Metern in einem riesigen Weidengebüsch. Die Sträucher reichen mir bis zum Bauch und verdecken die Sicht auf den Boden komplett. Der Weg ist exakt so Breit wie mein Fuß und ich rutsche mehrfach von Steinen ab und knicke weg. Abseits vom Pfad kämpfe ich mich einfacher und vor allem sicherer durch den Busch.



                                                                                                                                                      Um kurz vor halb 1 gelange ich dann an den Biegganjira, den ich nur mit Furtschuhen überqueren kann. Der Anblick ist traumhaft schön und stellt eine Mischung aus Bedrohlichkeit und Hoffnung dar. Es ist immer noch nicht sicher, ob das Wetter halten wird. Die Chancen stehen 50/50 in jede Richtung.



                                                                                                                                                      Der Blick hinunter am Flusslauf entlang ist beeindruckend. Kurz hinter dem Bieggaluoppal schlängelt sich das Wasser in einem breiten Strom durch das Tal während die Wolken an der Spitze des Gielasčohkka hängen bleiben.



                                                                                                                                                      Mir wird bewusst, dass ich noch kein einziges Foto vom Wollgras gemacht habe. Beim heutigen Wind fächeln die Halme mit den Köpfen hin und her und es stellt sich als recht schwierig heraus, ein geeignetes Motiv zu finden. Irgendwann komme ich an einer sumpfigen stelle vorbei, die mir diesen kleinen Schnappschuss gönnt, der aber nicht mal besonders schön ist. Egal, Wollgras ist nun mit dabei



                                                                                                                                                      Anschließend konzentriere ich mich auf den folgenden kleinen Anstieg. Das sah von Weitem jetzt wesentlich höher aus, aber man gelangt recht schnell und leicht über die Anhöhe zwischen Suorivárri und seinem nördlichen, namenlosen Bruder. Irgendwo auf der Anhöhe hängt dann ein Verkehrsschild unter der Wintermarkierung, was den Scooterbetrieb in entgegengesetzter Laufrichtung im Winter verbietet. Ich frage mich gerade, wie die Sami dann nach Alisjávri kommen. Vermutlich gilt diese Regelung wieder nicht für sie. Aber Ordnung muss auch im Fjäll sein! Ich denke mir nur, das ist doch irgendwie typisch deutsch und muss schmunzeln!



                                                                                                                                                      Šiellačohkka, Hongá und Gielasčohkka unter dunklen Wolken. Bedrohlich und schön!



                                                                                                                                                      Tatsächlich habe ich ein wenig Glück und die Sonne scheint auf mich herab. Hätte ich heute nicht mehr mit gerechnet um ehrlich zu sein. Ein richtig schöner Falter oder eine Motte, bin mir hier nicht sicher, landet direkt vor meinen Füßen. Ich schaffe es ein Foto in Nahaufnahme zu machen bevor er sich verkrümeln kann. Wie er nur mit dem Wind hier klar kommt, staune ich nur.



                                                                                                                                                      Der Winterwanderweg kreuz erneut meinen Pfad und plötzlich erschrecke ich mich zu Tode, als direkt vor mir eine schneehuhnglucke mit ihren 6 Kücken in Panik ausbricht. Die kleine Familie ist wohl auf dem Tagesausflug gewesen und mindestens genau so erschrocken wie ich! Die Mutter gackert und stellt sich verletzt um mich von den Jungtieren abzulenken, die sich in alle Windrichtungen verteilen. Einige stolpern und kullern durch die Gegend. Ich habe sofort ein schlechtes Gewissen und entferne mich zügig rückwärts. Ich hoffe, dass die Familie wieder komplett zueinander gefunden hat und sich kein Kücken verletzt hat. Der Schreck sitzt bestimmt tief! Ich umlaufe den Bereich großzügig und entferne mich schnell, damit ich nicht mehr als Bedrohung eingestuft werde. Die kleinen Tierchen sahen sowas von niedlich aus

                                                                                                                                                      Ein paar Meter weiter, völlig abseits eines Weges leuchtet etwas Weißes im grünen Bodenbewuchs. Ich setze den Rucksack ab, da mir ohnehin nach einer Pause ist, und inspiziere das seltsame Objekt. Es stellt sich als eine kleine schwarze Gürteltasche heraus, die bereits komplett weiß ausgebleicht ist. Ich drehe das Teil um und die Seite, die dem Boden zugewandt war, ist noch pechschwarz. Ich habe keine Ahnung wie lange das Ding hier schon liegt und packe den Inhalt aus. Ein schlichter Kompass und ein völlig intaktes Multitool! Wow, ein kleiner Schatz hier draußen und in mir werden sofort Kindergefühle wach und ich suche die Gegend genauer ab, finde aber nichts mehr. Das Täschchen habe ich liegen gelassen, es war bereits mit Ameisen bevölkert, Multitool und Kompass habe ich aber eingesteckt, man kann ja nie wissen



                                                                                                                                                      Auf dem weiteren Weg achte ich besonders gut auf die nähere Umgebung. Der Jäger und Sammler in mir ist erwacht! Jetzt, wo es wieder bergab geht, kommt man auch wieder in Kontakt mit Weidensträuchern. Erste Tropfen fliegen mir aus Richtung Süden entgegen. Ich laufe immer noch ohne Regenklamotten weiter.



                                                                                                                                                      Trotz der Wolken hat die Aussicht einiges zu bieten! in weiter Ferne ist der Alip Vealevárri am imposantesten anzuschauen. Bis hierher habe ich mir keinerlei Gedanken wegen meines Rastplatzes für den heutigen Tag gemacht. Wie weit will ich noch gehen? Ich fühle mich super, also erstmal einfach weiter!



                                                                                                                                                      Da man den Weidensträuchern sowieso kaum ausweichen kann und ich ohnehin runter ins Tal muss, entferne ich mich von den Hängen und laufe durch die Büsche. Sommerwiesengefühle werden wach in mir!



                                                                                                                                                      Irgendwann stoße ich auf einen alten Pfad, eine uralte Holzbohlenbrücke führt über einen lächerlich kleinen Bachlauf. Ich meide das Holz und trete selbst mit meinen kurzen Beinen einfach hinüber. Auch wenn die Holzbohlen trocken sind, meine Stiefelsohlen sind es nicht, was zum Ausrutschen völlig ausreicht.



                                                                                                                                                      Ich laufe einfach frei nach Schnauze in einem Zick-Zack-Kurs und irgendwann kommt der erste Schauer runter. Ich ziehe die Regenjacke über, das muss reichen. Der Wind ist mittlerweile nur noch ein Schatten seiner selbst. Meine Freunde, die Mücken, sind dafür sofort wieder am Start. Sie zeigen mir überdeutlich wie sehr sie mich vermisst haben. Zum Glück ist noch reichlich Mygga da ;)
                                                                                                                                                      Der Šiellačohkka und Honga in der Ferne kratzen an der Wolkendecke. Trotz des fast schon traurig anmutenden Wetters ein toller Anblick.



                                                                                                                                                      Ich bin mir unschlüssig, ob ich den reißenden Strom im Tal furten soll, laufe fast bis zu seinem Ufer, aber stelle dann zwei Dinge fest. Erstens ist der Fluss mörderisch schnell am fließen und zweitens schlängelt sich auf der anderen Seite ein Rentierzaun entlang. Auf meiner Karte ist der nicht vermerkt, aber ich lasse den Versuch so oder so sein, somit kann mich der Zaun mal kreuzweise
                                                                                                                                                      Plötzlich komme ich an eine Stelle, wo das Weidengestrüpp meine Körpergröße überschreitet. Erneut schauert es ein wenig, alles ist ekelig nass. Und mitten in dem Gestrüpp fließt der Strom vom Suorijávri entlang, den ich nie und nimmer ohne Schuhwechsel queren kann. Na super! Die Mücken belästigen mich ganz penetrant und die Aktion wird schnell von meiner Seite durchgezogen. Wenige Schritte am anderen Ufer befördern mich aus dem Gebüsch auf offene Fläche, wo ich erst wieder auf meine Wanderstiefel wechsle. Der Regen hört in dem Moment auf, als ich mich zum Weiterlaufen erhebe. Danke für diese unangenehme Erfahrung!

                                                                                                                                                      Ich erreiche den Vierrojohka ungefähr auf der Höhe einer Brücke. Ich schaue sie mir nur aus der Ferne an und meine, dass es sich hier um eine weiß gestrichene Holzkonstruktion handelt. Da wäre ich ursprünglich drüber um weiter hoch zum Mårmapass zu kommen. Ich seufze kurz, drehe mich um und denke nicht weiter drüber nach. Lieber sich mit dem befassen, was vor mir liegt, anstatt immer nur zurück zu schauen. Ist auch im Allgemeinen ein guter Ratschlag fürs Leben, den ich mir ruhig öfters vorsagen sollte
                                                                                                                                                      Der Vierrojohka frisst sich laut tosend durchs Gestein hinab ins Tal und ich folge seinem Verlauf.



                                                                                                                                                      Auf der rechten Uferseite steht wieder eine dieser alten Lehmhütten, laut Karte müsste die weiter unten sein, aber naja, vielleicht nehmen die das hier nicht so genau. Immer wieder ziehen dunkle Wolken über das Gebiet. Vereinzelt wird der Regen abgeschüttelt, was mein Glück ist.



                                                                                                                                                      Man gelangt auf einen relativ gut ausgetretenen Pfad, der einen vom Flussufer steil in die Höhe trägt. Das Gekraxel ist nicht ganz ohne. Man befindet sich quasi im Hang direkt über dem Vierrojohka, wenn ich hier abrutsche, dann wird es sehr schnell sehr sehr nass! Die Birken und Weiden schubsen mich immer wieder in diese Richtung, aber letztendlich gewinne ich den Kampf und stehe irgendwann oben auf einem kleinen Hügel. Der Ausblick ist fantastisch!



                                                                                                                                                      Ein Pfad führt wieder hinab, aber ich denke mir, hier oben ist bestimmt ein viel schöneres Lager zu finden. Für heute sollte es auch langsam gut sein. Die Aussicht ist toll, es ist absolut windstill, aber leider ist der Untergrund extrem sandig. Schon beim drüber Hinweggehen hinterlässt man Spuren wie am Sandstrand! Das Zelt richtig abzusichern wäre hier fast unmöglich.



                                                                                                                                                      Ich gehe daraufhin zurück und folge dem Pfad wieder hinab zum Fluss. Wie war das noch mit dem Rauf und Runter auf schwedischen Pfaden? ;)
                                                                                                                                                      Ich laufe noch einige Schritte weiter, da man hier nirgendwo gut ans Wasser kommt. Das Getöse des Vierrojohka macht mir nichts aus, Hauptsache es ist nicht anstrengend ans Wasser zu gelangen.



                                                                                                                                                      Ich bin nicht mehr weit vom Delta entfernt, wo der Vierrojohka in den Aliseatnu mündet. Auf der gegenüberliegenden Seite ist noch so eine Lehmhütte! Sind wohl nicht alle in meiner Calazo eingezeichnet. Und endlich finde ich eine super Stelle, die auch schon andere für sich entdeckt haben. Eine alte Feuerstelle weist darauf hin. Das Zelt wird schnell aufgebaut, Wasser geholt und ich schnüre die Stiefel locker auf während ich anfange mein Essen zu köcheln. Mein Feuerzeug will aber nicht zünden, ein kleiner Rest Spiritus ist im Beutel ausgelaufen und der blöde Feuerstein macht nicht mehr mit. Ich lasse das Ding auf einem Stein auslüften und hole meine Notration Streichhölzer hervor, mit denen ich den Spiritus beim dritten Versuch anzünden kann. Sogar die gute alte Sonne kommt heraus und leistet mir Gesellschaft! Das ist sowas von klasse! Lediglich die Mücken sind aufmüpfig ohne Ende und gehen beim Kochen gleich Reihenweise baden. Leicht herauszufischen sind sie, bis ich die Nudeln reinschütte. Dann fische ich nur noch bei Gelegenheit nach den toten Insekten, wenn sie zwischen den Nudeln vom Topfboden hochköcheln. Als mein Essen fertig ist, landen sie auf fast jeder Portion, die ich mir in den Mund schieben will und bleiben an der Tomatensauce kleben. Das gibt es doch nicht, denke ich und sammle die lebenden Tierchen von meinem Essen, diese Überwindung muss nicht sein. Tot vermischt in der Sauce ist halb so wild aber auf dem Löffel zappelnd verzichte ich dankend auf die Zusatzproteine! Nach dem Essen hocke ich mich am Ufer auf einen Stein und lasse mich vom Lärm der Flusses berauschen. Keine Menschenseele ist hier und ich habe das alles nur für mich! Das sedimenthaltige Wasser schmeckt hervorragend und ich trinke direkt aus dem Wasserlauf. Irgendwann gehe ich wieder rauf zum Zelt und mache mich schlaffertig.



                                                                                                                                                      Das Feuerzeug ist mittlerweile auch trocken und wieder funktionsfähig, ich packe es ein. Das Zelt stand schon um 18 Uhr und ich fühle mich prima. Ein ganz normaler Wandertag! Ich habe in meinen Augen einen guten Kilometerschnitt hingelegt und mehr muss ja auch nicht sein. Im Zelt liege ich auf dem Schlafsack, es ist total warm. Hier gibt es wieder einige dieser Raupen, die sich genüsslich an meinem Innenzelt langschlängeln. Ich mache mir einen Spaß daraus sie in die Atmosphäre zu schnippen. Drecksviecher! Bald verschwindet die Sonne und ich befördere mich nun doch noch in den Schlafsack und mache die Augen endgültig für heute zu.

                                                                                                                                                      Die heutige Etappe hatte alles zu bieten, was ich so an Lappland liebe! Einsamkeit, Berge, Täler, Flüsse, Wildheit und Abenteuer! Die Schwierigkeit ist nicht besonders hoch, aber bei starkem Regen gibt es zwei wichtige Punkte zu beachten. Erstens könnten einige Flussquerungen sehr kompliziert werden, und zweitens benötigt man sehr gute Regenkleidung, da die Weidenbüsche sehr zahlreich vertreten sind. Sich dort hindurch zu kämpfen macht nur bei schönem Wetter Spaß
                                                                                                                                                      Die gesamte Strecke über konnte man wirklich viele Vögel beobachten. Zeitweise wurde man auch eher von ihnen beobachtet als umgekehrt, ich meine natürlich die sehr anhänglichen Goldregenpfeifer! Ornithologen hätten dort ihre Freude gehabt! Besonders toll fand ich die Schneehuhnfamilie. Ich hoffe, dass die Kücken den Schrecken gut überstanden haben. Im Zelt musste ich auch noch an diese Begegnung denken. Wo ich doch eigentlich die Tierwelt so gut wie möglich nicht mit meiner Anwesenheit stören will, aber kann halt passieren sowas. Hätte auch genau so gut vor einem Bären stehen können, wer wäre dann wohl panisch davongelaufen, bzw. hätte es versucht?

                                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                                        Dauerbesucher
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                                                                                                                                                        • 558
                                                                                                                                                        • Privat


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                                                                                                                                                        Zitat von efbomber Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                        Hmmm meinst du etwa dieses "künstliche Gebirge"?
                                                                                                                                                        Jaaaa, genau! War mir auch einige Fotos wert.
                                                                                                                                                        Hatte mich immer gefragt, wie die Schweden ihre Zwei- und Vierzylinder im Fjäll entsorgen, wenn sie randvoll sind. Diese Lösung hätt ich mir eigentlich denken können, pragmatisch wie die sind. Reißen einfach die alten Boxen ab, bauen einige Meter weiter neue und überlassen die Shitberge der Erosion. Aber irgendwie habe ich damals einfach meinen Augen nicht getraut.

                                                                                                                                                        HAL
                                                                                                                                                        Vieles kommt - aber alles geht!

                                                                                                                                                        Den Plünnenkreuzer, Landgänger und das neue raus&weg-Blog findet ihr entsprechend der Forumsregeln unter diesem einen Link - click!

                                                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                                                          Freak
                                                                                                                                                          Liebt das Forum
                                                                                                                                                          • 21.12.2003
                                                                                                                                                          • 13981
                                                                                                                                                          • Privat


                                                                                                                                                          #77
                                                                                                                                                          AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                                          OT: Die Hügel haben mittlerweile übrigens mindestens zwei Jahre überdauert Manchmal werden für die Hinterlassenschaften ja auch vorgängig Gruben ausgehoben, oder sie so positioniert dass Löcher aufgefüllt werden, aber in Ausnahmefällen sieht es dann halt mal eine Weile so aus...
                                                                                                                                                          Die Kåtas der Sami die du als Lehmhütten bezeichnest sind übrigens keine solchen, sondern Torfhütten mit einem tragenden Holzgerüst.
                                                                                                                                                          Bin gespannt wie du weiter läufst, diese Ecke habe ich ja auf meiner Tour im letzten Sommer auch besucht - auf dem Weg nach Mårma.

                                                                                                                                                          Gruss
                                                                                                                                                          Henning
                                                                                                                                                          Es gibt kein schlechtes Wetter,
                                                                                                                                                          nur unpassende Kleidung.

                                                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                                                            Gerne im Forum
                                                                                                                                                            • 26.07.2009
                                                                                                                                                            • 94
                                                                                                                                                            • Privat


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                                                                                                                                                            AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                                            Phantastisch! Ich darf hier gar nicht weiter lesen, da bekomme ich nur Lust wieder loszugehen. Nur leider wird daraus in diesem Jahr nichts . Mit Spannung erwarte ich die Fortsetzung.

                                                                                                                                                            Gruß...


                                                                                                                                                            p.s.: Dein "Falter oder Motte" gehört in die Familie der Widderchen, welches genau weiß ich auch nicht.

                                                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                                                              Erfahren
                                                                                                                                                              • 23.08.2010
                                                                                                                                                              • 228
                                                                                                                                                              • Privat


                                                                                                                                                              #79
                                                                                                                                                              AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                                              Kapitel 14 - Nicht mein Tag
                                                                                                                                                              30.06

                                                                                                                                                              Als ich wach werde ist es noch früh. Im Zelt ist es sehr warm und ich kleide mich sofort an um schnell aus der Hitze zu kommen. Die Mücken haben sich mal wieder in meiner Apsis breit gemacht und wollen auch mit viel Überredungskunst nicht hinaus. Das Essen bereite ich draußen bei etwas diesigem Wetter.



                                                                                                                                                              Ich muss feststellen, dass mein Müslivorrat langsam zu Neige geht, obwohl ich die ersten Tage nichts gefrühstückt habe. Allerdings habe ich auch nie meine Portionen mit dem Becher abgemessen sondern immer "aufs Auge" den Topf befüllt. Ich gehe runter zum Fluss um das Geschirr zu waschen und fülle meinen Wasservorrat der Trinkflasche auf. Gleich geht es wieder los und ich freue mich auf die Tagesetappe. In vielen Berichten habe ich gelesen, dass der Pfad am Hang des Báhkkabahočohkka schwer zu finden sei. Ich glaube das aber bin der Ansicht, dass es nicht schwer sein kann von der Hängebrücke aus dem Pfad zu folgen. Den Aliseatnu kann man hier unten kaum an anderer Stelle furten, also sollte das doch kein Problem darstellen.
                                                                                                                                                              Blick vom Zeltplatz aus am Morgen kurz vor Start der Tagesetappe. Es ist warm und noch immer weht kein Lüftchen. Bis auf das Wasserrauschen ist es still. Herrlich!



                                                                                                                                                              Als alles verpackt und verstaut ist, laufe ich los. Irgendwie fühle ich mich nicht besonders gut, was mich aber nicht davon abhält mein normales Tempo zu laufen. Heute geht es zuerst wieder ein wenig zurück. Ich muss von der kleinen Spitze, wo der Lagerplatz war wieder rauf zur Stahlhängebrücke. Eigentlich dürfte das kaum mehr als ein Kilometer sein, aber der anfänglich kaum zu übersehende Weg verliert sich sehr schnell in sumpfigen Stellen und überwucherten Steinfeldern. Das Foto ist noch von einem Abschnitt, der bereits einfacher und besser zu gehen ist.



                                                                                                                                                              Irgendwann sehe ich dann doch noch die Brücke! Kurzzeitig habe ich nicht mehr daran geglaubt, dass sie existiert. Eine Stahlseilverankerung auf meiner Seite ist gerissen. Die Stufen hinauf sind bereits aus Bohlen gefertigt, die Metallstufen, die es einst wohl dort gegeben hat, sind weit und breit nirgends zu sehen. Der Strom ist reißend und ich bin dankbar für diese Überquerungsmöglichkeit. Auf der anderen Seite angekommen folge ich dem Trampelpfad bis zu einer frisch bewachsenen Wiese. Aber wo ist der Weg hin? Ich laufe links und rechts durch die Gegend und suche wie blöd, aber sehe absolut nichts. Ich lege eine kleine Pause ein und überlege kurz, was ich machen soll. Am besten einfach direkt rauf und über die Vegetationsgrenze. Der komplette Hang ist gut bewachsen auf eine Höhe von etwa 900 bis 950 Meter. Ich schultere also den Rucksack und schreite durch die erste sumpfige Passage, immer darauf bedacht ein Auge für einen erkennbaren Pfad offen zu halten. Anfangs geht es noch seicht nach oben, aber bereits hier ist die Vegetation dicht und es nicht ganz einfach sich da durch zu bewegen.



                                                                                                                                                              Ich schwitze bereits wie ein Schwein, die Mücken sind zahlreich und wollen ihr Frühstück, was ich ihnen absolut nicht gönnen will. Ich halte an und trage etwas Mygga auf, dann geht es direkt weiter. Ich will hier nicht unnötig lange im Busch rumlaufen, die Aussicht ist miserabel und irgendwie durch die Windstille herrscht ein richtig schwüles Klima. Das Krabbeln im Busch wird zunehmend anstrengender und mir läuft die Suppe in Strömen runter. Oft muss ich die Hände zur Hilfe nehmen um mich samt Rucksack nach oben zu befördern. Der Hand ist meist mit Birken und Weidengestrüpp zugewuchert, hinzu kommt kniehohes Gras, welches Steine und Wurzeln sehr gut versteckt. Mehrfach rutsche ich ab oder knicke um. Nie wirklich schlimm, aber es ist nervig und kostet unheimlich viel Konzentration. Der stete Schwarm von Mücken, die um mich herumwirbeln macht das Ganze nicht erträglicher. Irgendwann blicke ich zurück und stelle fest, dass ich bereits ein wenig nach Oben gekommen bin. Wie weit ich noch muss, ist schwer zu sagen, da ich nur wenige Meter weit hoch gucken kann.



                                                                                                                                                              Als ich auf die Uhr schaue, stelle ich erschrocken fest, dass ich noch keine 45 Minuten unterwegs bin. Ich bin viel zu schnell gestartet, aber ich komme mir so unendlich langsam vor! Ich setzte 5 Minuten später den Rucksack im Hang ab, trage neues Mygga auf und muss erstmal ein wenig trinken. Mit ein wenig meine ich verdammt viel. Ich mache die Flasche leer und hoffe, dass ich schnell an einen kleinen Rinnsal gelange. Mein T-Shirt ist klitschnass und ich laufe einfach weiter. Oberste Priorität lautet über die Vegetationsgrenze hinaus zu kommen. Kurzfristig gelange ich an eine Stelle, wo ein großer Bereich Gras platt gedrückt ist. Spuren im Matsch lassen darauf schließen, dass sich hier ein Elch vor nicht all zu langer Zeit zur Ruhe gelegt hat. Ich gelange an einen Wildpfad, der sich etwas in meine Wanderrichtung lang schlängelt. Kurz überlege ich und ich weis, dass ich die Hoffnung aufgegeben habe, den echten Pfad jemals zu finden. Also los gehts. Einige Meter komme ich jetzt einfacher voran, aber der Weg führt dann wieder nach unten. Schade, also weiter querfeldein nach oben. Teilweise komme ich mir wie im Regenwald vor, so feucht und ekelig ist die Luft um mich herum und so dicht ist das Buschwerk.



                                                                                                                                                              Hilft ja nichts, ich quäle mich Stück für Stück voran. Auf einer buschfreien Anhöhe drehe ich mich um und darf das erste Mal ein wenig Weitsicht bestaunen. Mittlerweile etwas länger als eine Stunde unterwegs und die erste kleine Belohnung für diesen Kraftakt ist ein Stück Schokolade beim ins Tal hinabstarren.



                                                                                                                                                              Hier ist auch ganz deutlich zu erkennen, dass man den Fluss auch weiter oben hätte unmöglich überqueren können ohne ein enormes Risiko einzugehen. Also alles gut gemacht! Ich muss erneut Mygga nachlegen. Es sei hier mal direkt gesagt, dass das Roll-on von Mygga nicht für stark schwitzende Menschen geeignet ist. Der Stick trägt einen schmierigen Film auf, der auch bei starker körperlicher Anstrengung auch in etwa einen halben Tag lang anhält. Das flüssige Zeug aus dem Roll-on-Stick ist in knapp 10 Minuten wirkungsfrei, wenn man sehr stark schwitzt. Mir fängt die Haut von dem Zeug bereits an zu brennen, weshalb ich dann einfach noch zusätzlich die Softshell drüberziehen muss. Bei der totalen Windstille und der hohen Luftfeuchtigkeit der blanke Horror für mich! Ich habe richtig Durst, wird Zeit, dass ich Wasser finde. Leider geht es durch immer dichteres und höheres Weidengebüsch aufwärts. Es wird kurzzeitig so anstrengend, dass ich mich mitten im Aufstieg in ein Gestrüpp lege und ein wenig durchschnaufe. Keine Ahnung was heute los ist, aber ich bin richtig platt.

                                                                                                                                                              Als sich meine Atmung beruhigt hat, krieche ich weiter. Irgendwann bleibe ich in einem brusthohen Weidengestrüppfeld stehen und sehe mich um. Und was sehe ich? Eine Torfhütte! Es ist die Hütte, die auch auf der Karte direkt am Weg verzeichnet ist. Das kann doch nicht wahr sein! 5 Schritte später stehe ich auf einem gut verdeckten Pfad. Na klasse! Ich denke mir nur, Perkele! Ich laufe zur Hütte und werfe den Rucksack ab.



                                                                                                                                                              Auch diese Bleibe ist verdreckt, allerdings könnte man zur Not auch noch die eine oder andere Nacht darin verbringen. Selbst eine Bügelsäge liegt unter einer Hartplastikverschalung, die wohl als Arbeitsfläche oder Liegeunterlage dient. Weiter hinten sehe ich einen kleinen Bachlauf und ich schnappe mir meine leere Wasserflasche um sie zu füllen. Ich verharre am Ufer und schlage mir den Wanst mit dem frischen und köstlichem Nass voll. Als ich auf dem Weg hoch bin fällt mir auf, dass ich vergessen habe die Flasche zu füllen... heute stimmt echt was nicht mit mir!



                                                                                                                                                              Kurz genieße ich noch die Aussicht von der kleinen Anhöhe bevor ich zurück zur Hütte trabe.



                                                                                                                                                              Bei der Hütte blicke ich den Hang hinab und sehe einen richtig breit ausgetretenen Pfad. Wie zum Teufel kann man den bis nach ganz unten verlieren? Ganz kurz bin ich davor dem Verlauf ohne Rucksack zu folgen, nur um festzustellen, dass ich auch wirklich unten keine Chance hatte den Pfad zu finden. Aber die Angst, dass ich vielleicht nur einen Strauch zwischen mirund dem Weg hatte ist zu groß. Ich würde mich dafür nur unnötig ärgern und außerdem wollte ich doch ein wenig anspruchsvolles Gelände.

                                                                                                                                                              Irgendwie habe ich keine Lust mehr, aber die Mücken sind so wild, dass ich es nicht aushalte und abgesehen davon bin ich doch erst eineinhalb Stunden unterwegs. Selbst eine längere Pause will ich hier nicht machen. Bleibt nur die Frage, wie ich weiterlaufe. Dem Weg folgend, der anscheinend nicht aus dem Gestrüpp herausführt oder weiter hoch und frei nach Schnauze wandern? Da ich mich ziemlich K.O. fühle, entscheide ich mich dem Weg zu folgen, was ich wenige Meter später bereue. Der Weg ist kaum zu sehen, die Sträucher verdecken ihn fast komplett. Darunter stolpert man häufig und einige Passagen wird der Pfad auch vom Wasser als Bachlauf genutzt. Irgendwann halte ich an und mache eine kurze Pause, mal wieder... und stelle fest, dass Blattläuse auf die Farbe blau stehen. Zum Glück habe ich heute mein schwarzes T-Shirt an! Mein Rucksack ist voll von den Biestern.
                                                                                                                                                              Irgendwann gelange ich an einen Wasserlauf, der von einem riesigen Rest Schnee teilweise bedeckt ist. Ich schaue nach oben, Schnee so weit ich gucken kann. Ich schaue nach unten, Schnee für ca 100 Meter. Ich habe absolut keine Lust das zu umgehen, also wage ich mich ganz vorsichtig vor. Von der Stelle aus, wo ich stehe, kann ich nicht einsehen, ob die Schneefläche bis runter zur anderen Seite geschlossen ist, oder ob sie steil abfällt. Der Schnee ist brutal hart und ich habe meine Mühe Trittflächen einzuarbeiten. Noch einen Meter bevor man rüber schauen kann, rutsche ich beim Spurtreten aus und stolpere, falle auf den Hintern und fange an zu rutschen! Scheiße, denke ich nur und versuche mich mit den Hacken abzubremsen. Es gelingt nicht und ich rutsche nicht nur über die Kante sondern auch noch leicht talabwärts. Ich habe mehr Glück als Verstand, denn die Schneedecke ist bis zur anderen trockenen Seite geschlossen und trägt mich auch noch! Auf der anderen Seite stoße ich mich mit einem Bein am Felsen ab und komme zu stehen. 5 Meter weiter unten und ich wäre die 100 Meter komplett runtergerutscht. Scheiße war das knapp! Mein Adrenalinhaushalt ist am Überschwappen und ich lege vorerst meinen Rucksack ab. Als ich meinen Trinkbecher gefüllt habe und einen Proteinriegel verdrücke, zittern mir die Hände leicht. Ich mache noch schnell ein Foto von der kleinen Unfallstelle bevor ich weiter gehe.



                                                                                                                                                              Ein wenig weiter oben hätte der Sturz auch noch andere Folgen haben können. Hätte bestimmt weh getan



                                                                                                                                                              Die Strecke danach fängt an sich zu ziehen und ich befürchte, dass noch mindestens 2 weitere Aktionen dieser Art mir bevorstehen werden. Zum Glück trifft dies aber nicht zu. Auch wenn die Flüsschen ebenfalls im Hang eingebettet liegen, ist sonst nirgendwo so viel Schnee, dass ich darüberlaufen müsste. Das Glück ist wie immer mit den Doofen
                                                                                                                                                              Immer wieder wechseln sich kleinere freie Stellen mit Buschwerk ab. Nur ab und zu knipse ich ein paar Bilder, die Lust vergeht mir und ich fange bereits an zu Gähnen. Irgendwie bin ich total hinüber, warum eigentlich?



                                                                                                                                                              An jedem fließenden Gewässer bleibe ich stehen und trinke etwas. Ich schleppe mich Stück für Stück voran, fange aber langsam wieder an meine Aufmerksamkeit der Umgebung zu schenken. Der Blick hinab ins Tal ist trotz dem trüben Wetter grandios!



                                                                                                                                                              Die Blümchen an den buschfreien Passagen heben meine Stimmung mit ihren kräftigen Farben. Der Alip Vealevárri auf der südlichen Seite des Tals ist gigantisch. Es fängt an wieder Spaß zu machen



                                                                                                                                                              Wie immer in buschigen und nassen Passagen leiden die Hosenbeine am meisten. Ich habe meine Gamaschen immer noch nicht aus dem Rucksack geholt! Mitdenken fällt mir heute einfach zu schwer, jetzt ist es sowieso egal.



                                                                                                                                                              Ein Blick zurück ist atemberaubend und macht mir deutlich, was ich bis hierhin bereits geschafft habe. Nicht sonderlich viel! Aber mein Körper fühlt sich, als ob er dreißig Kilometer im Rapadalen zurückgelegt hat. Den heutigen Tag kann ich auch gut als "Tag der Pausen" bezeichnen. Alle 15 Minuten bleibe ich jetzt stehen und verschnaufe. Langsam macht sich ein pochender Schmerz in meinem Kopf breit. Auch das noch, aber normal, wenn man überanstrengt ist.



                                                                                                                                                              Kurz vor 13 Uhr bekomme ich das erste Mal einen kleinen Blick auf den Rautasjaure.



                                                                                                                                                              Was muss das hier schön aussehen, wenn der Himmel blau ist und die Sonne strahlt! Oder gar im Herbst, wenn die bunten Rot und Gelbtöne überwiegen! Ich achte eigentlich nur noch auf den Rautasjaure und knipse alle paar 100 Meter ein bild davon. Die Luftfeuchte ist irgendwie greifbar, ich schwitze immer noch und meine körperliche Verfassung wird auch nicht besser.



                                                                                                                                                              Das einzige, was sich verbessert ist der Weg. Buschwerk ist meist nur noch knie- bis hüfthoch, was das vorankommen doch erheblich erleichtert.



                                                                                                                                                              Die Wolken werden auch langsam dichter und dunkler. Ob ich wohl ein Gewitter miterleben darf? Bei den heutigen Temperaturen sicherlich eine gegebene Möglichkeit. Der Rautasjaure ist wirklich hübsch, wie er so zwischen Viddjá und Alip Vealevárri liegt. Man kann locker bis nach Čoalmi schauen.



                                                                                                                                                              Bei der nächsten Pause überlege ich mein Zelt aufzuschlagen, leider fehlt es mir an Wasser in der Nähe. Die Wolken werden immer dunkler, ich frage mich wie viel Zeit mir noch bleibt.



                                                                                                                                                              Ab nun habe ich das Tal nicht mehr im Blick und laufe nordwärts. Der Pfad ist deutlich auszumachen und mittlerweile sehr einfach zu gehen. Pausen lege ich dennoch immer wieder ein. Meine Wasserflasche ist wieder leer und hier gibts es einfach nichts zu trinken.



                                                                                                                                                              Weiter und weiter schleppe ich mich durch eine herrliche Gegend! Die Blüten sind auf den Wiesen zahlreich, immer wieder steigt man über eine Moräne um wieder in ein kleines Blumenwiesental zu gelangen. Vereinzelt stehen kleinere Birken zwischen den Weidensträuchern. Wenn ich doch nur noch irgendwo Wasser finden würde. Kurz überlege ich bis nach unten ins Tal abzusteigen, aber lasse es bleiben. Gute Zeltplätze finde ich da eh nicht und muss nur wieder hoch. Dann noch mit einem vollen Wassersack. Besser nicht.



                                                                                                                                                              Auf einer Moräne lege ich erneut eine Pause ein und lutsche einige Kästchen Schokolade. Als ich mich auf einen Stein setze und abrutsche, wird mir langsam klar, dass ich für heute fertig bin. Als ich auf dem sandigen Boden liege, erblicke ich eine hellblaue Dose unter einem Stein. Eingelegte Pilze... wer nimmt denn bitte sowas mit auf eine Tour? Ich lasse den Dreck da liegen, habe weder Lust noch Platz im Rucksack um den Müllmann der Wegwerfgesellschaft zu machen.
                                                                                                                                                              Um 20 vor 4 habe ich dann endlich Glück und komme an einem kleinen flachen Rinnsal entlang. Hier kann ich genug Wasser für alle Belange aufsammeln. Nur 50 Meter weiter gibt es einen richtig schönen, weichen Zeltplatz obendrauf. Das zaubert mir sofort ein breites Grinsen auf die Schnute und ich baue das Lager in Null-komma-nix auf. Die Handgriffe sitzen bereits und ich muss nicht mehr nachdenken, ob ich was vergesse. Danach beschaffe ich mir genug Wasser für den Abend und die Nacht und lege mit dem Kochen los!



                                                                                                                                                              Passend zum Grand Finale kommt Wind auf. Immerhin hält das die Drecksmücken fern von meinem Kochtopf! Heute gibt es Nudeln mit Gulaschsauce. Ein passender Abschluss des heutigen Tages. Da merkt man schon nach dem ersten Bissen, dass der Beutel nicht auf 125g Nudeln gedacht ist und vor allem viel Fleisch benötigt wird um den salzigen Geschmack zu übertünchen. Es ist eine richtige Überwindung den Topf leer zu bekommen, und dann auch noch bei meinem ohnehin schon riesigen Durst. Echt super.... Dann ist heute noch Sonntag und ich muss dran denken, dass es eine langjährige Familientradition ist, jeden Sonntag zu grillen. Ich könnte gerade töten für ein saftiges Steak!



                                                                                                                                                              Ich hocke nach dem Essen nur noch am Lager und genieße die Landschaft. Genau gegenüber am Viddjá darf ich einen gewaltigen Steinsturz bestaunen. Ich frage mich, wie das ist, wenn man sowas live miterlebt. Spürt man das noch in so einer entfernung im Boden, hört man das Geräusch? Warum bricht eigentlich ein Hand so in sich zusammen? Ist das schon die normale Korrosion oder warum passiert sowas? Der Rest des Berges sieht halbwegs stabil aus.



                                                                                                                                                              Ich fühle mich heute Abend beschissen und will auch eilig ins Bett. Aber ich bekomme Gesellschaft, die ich einfach nicht mehr los werde. Fjällpiparen at it's best! Zwei Viecher kreisen ununterbrochen um mein Lager und piepen was die Lunge her gibt. Eigentlich süß, aber ich will doch nur meine ruhe haben. Immerhin bekomme ich einen der Racker aufs Bild und freue mich drüber



                                                                                                                                                              Eigentlich wollte ich noch so gerne auf den Goalkáščohkka, aber ich bin einfach zu kaputt und erledigt für eine kleine Gipfelbesteigung. Die Wolken werden ebenfalls immer unfreundlicher und ich haue mich dann einfach schon gegen 18 Uhr in den Schlafsack. Bevor ich einschlafe fallen die ersten Regentropfen. Die Goldregenpfeifer stört das nicht und sie piepen unentwegt weiter. Ich gewöhne mich an beides und schlummere ein.

                                                                                                                                                              Keine Ahnung was los war an diesem Tag, aber ihr kennt das sicherlich selbst. Auf einer großen Tour ist mal der eine oder andere schlechte Tag dabei. Meiner war definitiv am 30.06! Müdigkeit, Kopfschmerzen, Hitze, Schwüle, Durst, alles Punkte die den Ausschlag gegeben haben, dass ich mich auf dieser Etappe einfach unwohl gefühlt habe. Der Pfad, den ich am Anfang gar nicht entdecken konnte und der anstrengende Aufstieg haben ihr übriges dazu getan. Eigentlich mag ich solche "anspruchsvolleren" Passagen sehr gern, aber gerade heute hätte ich sie nicht gebraucht. Konnte ich mir aber nicht aussuchen, immerhin hat es nicht geregnet. Wäre beim Aufstieg noch das Nass von oben gekommen, ich hätte das ganz große Kotzen gekriegt

                                                                                                                                                              Heute Abend gibt es dann noch das nächste Kapitel!

                                                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                                                Fuchs
                                                                                                                                                                • 10.06.2004
                                                                                                                                                                • 1232
                                                                                                                                                                • Privat


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                                                                                                                                                                AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                                                Hahaha, und wieder jemand, der den Weg bei der Brücke nicht gefunden hat. Sorry das sich lachen muss, aber ist mir damals auch passiert und soweit ich das von anderen Berichten verfolgt habe war auch nicht nicht der erste. Scheint einfach ein unheimlich schlecht markiert und ausgetretener Pfad zu sein, der es eigentlich nicht verdient als markierter Wanderweg auf der Fjällkarte eingezeichnet zu sein.
                                                                                                                                                                Aber heftige Etappe die Du da hinter Dich gebracht hast. Aber Du hast schon recht, ich kenn das selber zu gut, diese Etappen an denen es einfach nicht laufen will und sowohl Kraft als auch Konzentration nicht vorhanden sind. Da ist es dann nur vernünftig, so wie Du, zeitig das Zelt aufzuschlagen.
                                                                                                                                                                Ach ja, noch ein kleiner Tipp zur Müslirationierung: Ich verpacke vor Beginn einer Tour mein Müsli immer als 2-Tagesportionen in Ziploc-Tüten. Auf diese Weise vermeide ich einen Müslimangel zum Ende der Tour.

                                                                                                                                                                Freu mich auf die Fortsetzung, auch wenn ich leider den Eindruck bekomme, dass Dein Bericht sich langsam dem Ende zuneigt.

                                                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                                                  Freak
                                                                                                                                                                  Liebt das Forum
                                                                                                                                                                  • 21.12.2003
                                                                                                                                                                  • 13981
                                                                                                                                                                  • Privat


                                                                                                                                                                  #81
                                                                                                                                                                  AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands


                                                                                                                                                                  Ich weiss ehrlich nicht ob man den Pfad finden kann wenn man von der Brücke her kommt. Ich habe ihn in der Gegenrichtung ebenfalls verloren und mich dann, ein kurzes Stück, quer durch das Waldstück geschlagen. Von der Kota aus gibt es ja zwei Pfade, einen von oben gesehen links, der gleich im Gebüsch verschwindet, und einen rechts, der erstmal im offenen Gelände verläuft. Diesem Pfad bin ich bis zur Renvaktarstuga gefolgt, bis dahin war er gut sichtbar, aber auf der Wiese dort habe ich ihn dann aus den Augen verloren, dann aber - oh Wunder - genau bei der Brücke an den Fluss gekommen.

                                                                                                                                                                  In der Region MUSS man einfach mindestens einmal den Pfad verlieren. Willkommen im Club

                                                                                                                                                                  Gruss
                                                                                                                                                                  Henning
                                                                                                                                                                  Es gibt kein schlechtes Wetter,
                                                                                                                                                                  nur unpassende Kleidung.

                                                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                                                    Erfahren
                                                                                                                                                                    • 23.08.2010
                                                                                                                                                                    • 228
                                                                                                                                                                    • Privat


                                                                                                                                                                    #82
                                                                                                                                                                    AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                                                    Zitat von Mortias Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                    Hahaha, und wieder jemand, der den Weg bei der Brücke nicht gefunden hat. Sorry das sich lachen muss, aber ist mir damals auch passiert und soweit ich das von anderen Berichten verfolgt habe war auch nicht nicht der erste. Scheint einfach ein unheimlich schlecht markiert und ausgetretener Pfad zu sein, der es eigentlich nicht verdient als markierter Wanderweg auf der Fjällkarte eingezeichnet zu sein.
                                                                                                                                                                    Nicht schlimm, ich fand das immer seltsam genau das in vielen anderen Berichten gelesen zu haben. Irgendwie konnte ich mir sowas absolut nicht vorstellen und als ich dann selbst in diese Situation gekommen bin, habe ich mir nur gedacht, dass ist vergeudete Zeit nach diesem blöden Pfad zu suchen. Wer weis, hätte ich diese Vorinformation nicht gehabt, wäre ich möglicherweise hartnäckiger dran geblieben

                                                                                                                                                                    Zitat von Mortias Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                    Ach ja, noch ein kleiner Tipp zur Müslirationierung: Ich verpacke vor Beginn einer Tour mein Müsli immer als 2-Tagesportionen in Ziploc-Tüten. Auf diese Weise vermeide ich einen Müslimangel zum Ende der Tour.
                                                                                                                                                                    Das Problem wollte ich eigentlich mit meinem Trinkbecher lösen. Da sind mehrere Markierungen draufgemalt. Für Flüssigkeit, Nudeln und eben Müsli. Leider war ich zu faul den Becher einzusetzen, da meistens eine Restfeuchte am Boden war und das Müsli somit in dem Ding kleben geblieben ist.... Ich versuche das auf jeden Fall mit den Beuteln auf der kommenden Tour!

                                                                                                                                                                    Zitat von Mortias Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                    Freu mich auf die Fortsetzung, auch wenn ich leider den Eindruck bekomme, dass Dein Bericht sich langsam dem Ende zuneigt.
                                                                                                                                                                    Da liegst du richtig, aber noch ist nichts vorbei
                                                                                                                                                                    Außerdem bedeutet jedes Ende den Anfang von was Neuem (ok genug Philosophie reingestreut! )

                                                                                                                                                                    Zitat von Fjaellraev Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                    Ich weiss ehrlich nicht ob man den Pfad finden kann wenn man von der Brücke her kommt.
                                                                                                                                                                    Wenn man weis, wonach man Ausschau halten soll, dann vielleicht. Ansonsten ein klares NEIN!

                                                                                                                                                                    Zitat von Fjaellraev Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                    Von der Kota aus gibt es ja zwei Pfade, einen von oben gesehen links, der gleich im Gebüsch verschwindet, und einen rechts, der erstmal im offenen Gelände verläuft. Diesem Pfad bin ich bis zur Renvaktarstuga gefolgt, bis dahin war er gut sichtbar, aber auf der Wiese dort habe ich ihn dann aus den Augen verloren, dann aber - oh Wunder - genau bei der Brücke an den Fluss gekommen.
                                                                                                                                                                    Danke für die Info! Ich hatte die Renvaktarstuga von der anderen Uferseite vom Zeltplatz aus gesehen und mir fast gedacht, dass es irgendwie dort lang gehen muss. Wäre ich dem sehr gut sichtbaren Weg von der Kota wieder runter gefolgt, wäre ich also zwangsläufig dort aufgetaucht!

                                                                                                                                                                    Zitat von Fjaellraev Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                    In der Region MUSS man einfach mindestens einmal den Pfad verlieren. Willkommen im Club
                                                                                                                                                                    Hahahaha Danke! Das ist eine sehr exklusive Mitgliedschaft, der ich gerne beiwohne

                                                                                                                                                                    Weiter gehts jetzt mit dem noch versprochenen Kapitel!
                                                                                                                                                                    Zuletzt geändert von efbomber; 15.02.2014, 21:36.

                                                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                                                      Erfahren
                                                                                                                                                                      • 23.08.2010
                                                                                                                                                                      • 228
                                                                                                                                                                      • Privat


                                                                                                                                                                      #83
                                                                                                                                                                      AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                                                      Kapitel 15 - Ein Spaziergang zum Lapporten
                                                                                                                                                                      01.07

                                                                                                                                                                      Direkt vor mir taucht ein Rentier auf einer Kuppe auf. Es kommt auf mich zu und legt sich vor mich hin. Ich schaue an mir hinab und bemerke, dass ich in meinen Händen eine Gabel und ein Messer halte. Als ich das Rentier wieder anschauen will steht ein fertig gedeckter Tisch mit einer riesigen Fleischtafel vor mir. Die sonne scheint und ich setze mich hin und will gerade das erste Stück Rentiersteak auf meinen Teller wuchten und es mir schmecken lassen.... *fiiiiiieeeeeeep* ..... Der Stuhl bricht unter mir zusammen und ich liege im Dreck..... *fiiiiiieeeeeeep* ..... Als ich aufstehe ist der Tisch verschwunden, die sonne verschwindet gerade hinter einer bedrohlichen Wolkendecke...... *fiiiiiieeeeeeep* ...... Der Regen kommt als Sturzflut vom Himmel, ich schwimme in Richtung meines Zeltes...... *fiiiiiieeeeeeep* ..... Ich schlage die Augen auf und vernehme zwei Dinge, meine Nachbarn, die Goldregenpfeifer nerven wie die Pest und ich wünschte mir ein Luftgewehr um sie zum Schweigen zu bringen. Das schlimmere Übel ist aber das Geräusch von Regen auf meinem Zelt. So ein Mist aber auch! Dabei ist gestern noch alles so schön trocken geworden. Hilft nichts, muss ich halt im Regen los. Als ich meine Klamotten ins Innenzelt hole und das T-Shirt schon angezogen habe, schaue ich kurz auf die Uhr und muss feststellen, dass es erst kurz nach 4 Uhr morgens ist. Okay.... kommt davon, wenn man so zeitig schlafen geht und dann wie ein Stein durchpennt. Die Klamotten fliegen nochmal ins Vorzelt und ich lasse den Regen einfach mal Regen sein

                                                                                                                                                                      Mein Versuch beim Steakdinner in meinem Traum anzuknüpfen scheitert leider. Aber immerhin hat der Spuk um 7 ein ende und die Sonne taucht sogar auf! Was für ein Glück, ich fühle mich frisch und super! Ich nehme mein Müsli draußen zu mir und genieße die Mückenfreie Landschaft, die ich beinahe für mich alleine habe. Nur die Goldregenpfeifer beobachten mich misstrauisch und fiepen wie die Irren. 15 Schritte laufen, fiep, 10 Schritte laufen, fiep, 15 Schritte zurück, fiep... So goldig ich die Piepmatze auch finde, hätte ich ein Gewehr bei mir gehabt, wäre es um sie geschehen!



                                                                                                                                                                      So sehr ich einen klaren, blauen Himmel in den Bergen liebe, muss ich auch zugeben, dass die Kulisse mit schnell daherziehenden Wolken auch wirklich etwas Schönes zu bieten hat. Ich bin fasziniert von dem Schauspiel und genieße einfach ein wenig das faule Lagerleben. Der Vorteil daran ist auch, dass das Zelt von alleine trocknet. In solchen Momenten schüttele ich es immer direkt nach dem Aufstehen aus und packe es erst ein, wenn der Rest bereits verstaut ist.



                                                                                                                                                                      Irgendwie weis ich, dass es heute nicht mehr regnen wird und ich beschließe diese Etappe einfach so zu nehmen, wie sie kommt und für mich das Maximalste herauszuholen. Meine Rückreise geht erst am 05.07 und der Weg zur Abisko Turiststation ist rein theoretisch schon heute schaffbar. Aber ich will nicht so schnell raus aus dem Fjäll, ich bin doch gerade erst warm geworden und entscheide mich recht schnell heute bei Lapporten an einem der beiden Seen mein Lager aufzuschlagen. Wenn das Wetter mitspielt kann ich vielleicht einen Tagesausflug auf den südlichen Vorgipfel des Nissončorru machen! Boah wär das toll!

                                                                                                                                                                      Mein Kram ist in wenigen Handgriffen verpackt und ich verabschiede mich von meinen nervtötenden Nachbarn mit einem "Perkele Fjällpiparen!" und hoffe, dass sie mich verstehen. Und zum Glück habe ich nach nur 10 Minuten Ruhe vor den Biestern. Es geht leicht auf einem gut sichtbaren Pfad geradeaus. Immer wieder gelangt man an flache, nahezu sandige Stellen. Die Bodenbeschaffenheit erinnert mich an die weichen Stellen, wo man leicht einsinkt, wenn das Tauwetter noch in vollem Gange ist. Jetzt ist alles trocken und ungefährlich. Über den Alip Vealevárri und den Viddjá flitzen die Wolken hinweg, aber ich darf im seichten Sonnenschein, mit T-Shirt und Hut bekleidet, laufen. So ists gut!



                                                                                                                                                                      Da ich den Weg sowieso irgendwann Richtung Lapporten verlassen muss, entscheide ich mich relativ zügig meine eigene Route zu finden. Die Landschaft ist malerisch und ich staune nicht schlecht, als ich plötzlich vor einem kleinen Canyon stehe und eine Flussquerung vor mir habe. Ich bin schon tatsächlich nach nur einem Stündchen spazieren gehen am Nissonvággijohka! Hier rüber zukommen ist mir nicht ganz geheuer. Da Wasser läuft wie in einer Steinrutsche hinab ins Tal und ich müsste noch irgendwie von den Steinvorsprüngen ins Wasser gelangen. Och ja, gehe ich einfach weiter flussaufwärts, hab doch eh alle Zeit der Welt



                                                                                                                                                                      Tatsächlich komme ich auch bald an eine geeignete Stelle an, wo man leicht drüber kommt. Das Wetter spielt zu 100% mit und ich beschließe direkt nach der Furt eine Pause auf einer Steinplatte einzulegen.



                                                                                                                                                                      Der kleine Wasserfall ist super und ich überlege kurz zu duschen, aber während der Furt siegt das Faultier in mir und ich begnüge mich damit lediglich am Wasser sitzend einen kleinen Snack zu verdrücken. Die Arme und das Gesicht wasche ich mir dann doch noch, die Erfrischung ist göttlich! Was würde ich dafür geben zu Hause so leckeres Wasser vor der Haustür zu haben!
                                                                                                                                                                      Mit Sonnenschein und Hut wird alles gut! Die gute Laune steht am Anschlag und das sieht man mir auch an!



                                                                                                                                                                      Auf der anderen Seite geht es einige Meter steil nach oben, aber ich lasse das flott hinter mir. Auf dem Hügel angelangt muss ich unbedingt kurz inne halten und die Landschaft mit meinen Blicken aufsaugen. Was für ein schönes Tal!



                                                                                                                                                                      Der Blick in die andere Richtung lässt einen die Weite erahnen. Ich stehe total auf sowas! Alleine diese kleine Anhöhe hat mir heute alles gegeben um die Qualen des gestrigen Tages vergessen zu machen. Das beste daran ist, dass mir noch immer niemand über den Weg gelaufen ist! Alles meins!



                                                                                                                                                                      Die Region wird jetzt ein wenig felsiger, was mir weitere tolle Motive beschert. Dieser große Findling wurde durch die Witterungsbedingungen quer gespalten. Beindrucken welche Kräfte durch etwas Wasser und Frost freigesetzt werden.



                                                                                                                                                                      Mittlerweile geht es stetig bergauf und ich kann bereits einen ersten Blick ins Nissonvággi erhaschen. Auch hier hängen die Spitzen des Pallentjåkka in den Wolken. Schade.



                                                                                                                                                                      Die recht einfach zu laufende Ebene wird nun leider immer bewachsener. Das Areal wechselt sich nun öfters ab und macht auch Weidengestrüpp und größeren sumpfigen Passagen platz. Das Wetter hält noch immer zu mir und ich muss oft trinken. An diesem Bachlauf freue ich mich endlich wieder meinen Wasservorrat aufzufüllen, was ich aber dann doch lieber sein lasse. Zuerst trinke ich aus vollen Zügen aus meinem Becher, nur um beim dritten Schluck einen sauren Nachgeschmack zu verspüren. Ich spucke den Rest sofort aus, warte eine Minute und nehme dann einen kleinen Schluck und spüle damit meinen Mund aus. Total sauer und ekelig. Was zum Henker ist das nur? Da liegt doch nicht etwa ein totes Tier oberhalb im Bachlauf? Igitt!



                                                                                                                                                                      Ich folge dem Bächlein weiter und gelange an einen kleinen Sumpf. Hier läuft das Wasser aus allen möglichen Richtungen zusammen und findet sich im Bachlauf wieder. Die ganze Ebene sieht irgendwie ungesund sumpfig aus. Vielleicht sind das ja nur irgendwelche verrottenden Pflanzenteile, die diesen seltsamen Geschmack verursachen. Weitere Bachläufe sind laut Karte nun nicht mehr bis nach Lapporten eingezeichnet. Ich rationiere also meinen Rest in der Wasserflasche und nehme nur kleine Schlückchen. Damit sollte ich schon auskommen. Plötzlich fühle ich mich beobachtet. Ich bleibe stehen, schaue mich um und erschrecke mich, als ich kurz vor mir ein *fiep* höre. Oh mein Gott, nicht schon wieder diese Viecher
                                                                                                                                                                      Fjällpiparen Suchbild! Der Piepmatz hat einen Freund dabei! Finde ihn ;)



                                                                                                                                                                      Ich werde eine ganze Weile verfolgt und beschimpft, ich vermute mittlerweile, dass die Vögel mich aufs Übelste beleidigen, was sollten sie mir sonst mit dem Fiepen mitteilen wollen? Rückblickend werden die Wolken immer dichter und auch ich laufe nicht mehr im Sonnenschein durch die Gegend.



                                                                                                                                                                      Sumpf, Weiden, Sumpf, Weiden, immer im Wechsel. Phuu, ganz schön langatmig und der Durst ist auch blöd. Immerhin sind die Vögel wieder weg. Da liegt aber noch ein ganz schönes Stück vor mir!



                                                                                                                                                                      Aber der Blick runter ins Bessešvággi ist die Belohnung für die Mühen!



                                                                                                                                                                      Beim Zurückschauen sieht das gar nicht so wild aus, aber von hier oben täuscht es doch. Dieses konstante nach oben laufen ist nicht ohne. Wenn der Boden nicht sumpfig und matschig ist, läuft man über eine Vegetation, die wie eine Gummimatte jeden schritt federt. Von der Anstrengung her ist es ähnlich wie eine Wanderung am Sandstrand. Wenn ich doch nur mehr zu trinken hätte. Aber lange dauert es nicht bis ich bei Lapporten bin, dort gibt es dann wieder frisches Wasser!



                                                                                                                                                                      Hier sieht man ganz schön die Beschaffenheit des Bodens. Gut ist was anderes. Meine Stiefel ziehen ein wenig Nässe und es wird unangenehm.



                                                                                                                                                                      Ich laufe weiter den Hang hinauf, folge den ersten Wegmarkierungen und denke es handelt sich um den Pfad. Naja, nicht wirklich, denn ich komme viel höher als das eigentliche Tal raus. Aber immerhin lohnt sich der Ausblick. Das erste Mal, dass ich das charakteristische Trogtal zu Gesicht bekomme!



                                                                                                                                                                      Der Nissončorru ist leider in Wolken gehüllt. Schade! Aber erstmal ist frisches Wasser finden die Priorität Nummer 1. Ich begebe mich langsam weiter im Hang abwärts und folge den Markierungen. Bald gelange ich an einen Wasserlauf, wie ich vermute. Allerdings muss ich erschrocken feststellen, dass es hier kaum Wasser hat. Meinen Durst kann ich aber problemlos stillen. Endlich!



                                                                                                                                                                      Beim Auffüllen der Wasserflasche bricht ein Stück der Böschung weg und ich wäre im Wasser gelandet, wenn es hier genug gegeben hätte. Ich lache über mein Missgeschick und schnappe mir meine Klamotten. Weiter geht es dem Bächlein folgend. Das Tal ist der Wahnsinn! Tausende gelbe Blumen wachsen auf den Wiesen. Ein traumhaft schöner Anblick!



                                                                                                                                                                      Es geht noch immer leicht aufwärts. Ich vermute nach der kleinen Kuppe werde ich den ersten See zu Gesicht bekommen. Man meint zwar, dass das Tal recht klein ist, aber es zieht sich doch einige Kilometer in die Länge!



                                                                                                                                                                      Ich überquere den Čuonjájohka ohne weitere Probleme und wundere mich über den niedrigen Wasserstand doch sehr. Überall war es eher feucht und nass, und dann dieser Fluss, der sogar einen Namen hat, soll so wenig Wasser führen? Wie passt das nur zusammen? Mein Vorhaben auf den südlichen Ausläufer zu steigen hat sich heute somit sicherlich erledigt. Viel zu viele Wolken.



                                                                                                                                                                      Weiter im Tal gibt es viele gute Zeltplätze. Unter anderem findet man bereits aufgestellten Windschutz aus Steinplatten. Tolle Sache, aber noch ist mir das zu früh, ein paar Meter will ich noch laufen. Vom ersten kleinen See ist noch nichts zu sehen oder ahnen.



                                                                                                                                                                      Irgendwann finde ich aber eine tolle Stelle für mein Zelt und entscheide, dass jetzt der richtige Moment gekommen ist, das Lager aufzuschlagen. Ich finde eine kleine Erhöhung mit wenig Steinen im Untergrund, so dass ich die Heringe relativ leicht setzen kann.



                                                                                                                                                                      Der Blick Richtung Tjuonatjåkka ist noch frei. Nissončorru versteckt sich hinter mir in den Wolken. Noch während des Zeltaufbaus fallen erste Regentropfen. Ich bin mir nicht mal sicher, ob ich schon den kleinen See erreicht habe, vor mir könnte auch lediglich eine Wassermulde sein. Jedenfalls will ich noch eilig den Wassersack auffüllen, allerdings erwischt mich noch beim Kramen im Rucksack ein Platzregen. Ich krieche sofort ins Innenzelt und will mir diese Behandlung nicht gefallen lassen! Den Schauer sitze ich kurz ab und dann kann es auch gleich weiter gehen....

                                                                                                                                                                      So, fertig für heute!
                                                                                                                                                                      Der Weg von dieser Seite nach Lapporten ist ganz... nun ja sagen wir mal interessant! Egal wie rum man läuft, tut sich nicht viel. Allerdings der Blick Richtung Bessešvággi hat schon seine gewissen Reize
                                                                                                                                                                      Die Goldregenpfeifer sind extreme Lärmterroristen! Da gibts nichts mehr zu diskutieren! Die Etappe hat mich lediglich 4 Stunden gekostet und ich habe mir dazu auch noch sehr viel Zeit gelassen. Der Plan die Gipfelbesteigung als Tagestour zu machen... *seufz* Das gehört schon ins nächste Kapitel, welches es wohl morgen geben wird! Gute Nacht!

                                                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                                                        Fuchs
                                                                                                                                                                        • 10.06.2004
                                                                                                                                                                        • 1232
                                                                                                                                                                        • Privat


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                                                                                                                                                                        Hehe, ja die guten Goldregenpfeiffer können einen manchmal ganz schön auf die Nerven gehen. Mir gefällt ja Dein lässiger unverbindlicher Schreibstil und ich finde darin hast Du sehr gut zum Ausdruck gebracht, was Du für die netten Vögelchen empfindest.

                                                                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                                                                          Gerne im Forum
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                                                                                                                                                                          • 61
                                                                                                                                                                          • Privat


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                                                                                                                                                                          AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                                                          Sehr schön. Da hast du einsame Wege ausgesucht. Der Kampf durch die Birken, das Weidegestrüpp... erinnert mich auch immer ans Rappadalen. Schön, bist du nun wieder bei Lapporten gelandet. Jetzt heisst es, die letzten Tage im Fjell noch zu geniessen.
                                                                                                                                                                          lg

                                                                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                                                                            Erfahren
                                                                                                                                                                            • 23.08.2010
                                                                                                                                                                            • 228
                                                                                                                                                                            • Privat


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                                                                                                                                                                            AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                                                            Kapitel 16 - Das ätzende Ende
                                                                                                                                                                            01.07 - 03.07

                                                                                                                                                                            ... Jetzt regnet es schon seit 3 Stunden! Verdammt nochmal, warum passiert das jetzt wieder gerade mir? Das Wetter Konnte nicht noch eine halbe Stunde aushalten, oder? Ich verzichte jetzt aufs Wasser holen und krieche in den Schlafsack. Die Klamotten fliegen natürlich ins Innenzelt, wo mittlerweile einige Mücken Schutz und Komfort suchen. Wasser holen kann ich immer noch später, Hunger habe ich sowieso noch nicht, also egal. Nach einem Nickerchen sieht die Welt wieder bestimmt anders aus! Mit dem kleinen Problem, dass der Regen so laut aufs Zelt prasselt, dass ich kein Auge zu bekomme! So liege ich also im Schlafsack, in meinem Zelt, wieder im Regen. Aber immerhin bin ich diesmal in Lapporten!
                                                                                                                                                                            Um 21 Uhr packt mich die Langeweile und ich krame in meinem Beutel mit den Rückreisetickets rum nur um etwas lesen zu können. Da ich noch genug Akkus übrig habe, schaue ich mir auch die Bilder der vergangenen Tage an, besonders die mit Sonnenschein, und schwelge in Erinnerungen. Zum Regen gesellt sich auch ein strenger Wind, der wenigstens für eine Abwechslung in der Geräuschkulisse sorgt. Ich frage mich ernsthaft, womit ich das verdient habe, aber irgendwozu wird das ja sicherlich gut sein. Oder?....

                                                                                                                                                                            Nach dem Regen kam der Wind, nach dem Wind kommt die Kälte. Ich kann meinen Atem im Zelt sehen, es hat sich merklich abgekühlt. Schade, dass es immer noch regnet und nicht schneit. Ich mag ja Schnee doch sehr gerne und so ein kleiner Schneesturm hätte doch was Feines. Zumindest fallen Flöckchen nicht so laut aufs Zelt! Nach zwei Stunden frösteln krame ich die Notdecke wieder aus dem Rucksack und lege diese zusätzlich um meine Beine. Das ständige Liegen und der Mangel an Bewegung lässt die Kälte doch viel eher an einen ran, als wenn man in Bewegung ist. Ich weltze mich von einer Seite auf die andere und weis nicht, was ich noch machen soll. Ab und an nasche ich etwas Schokolade, aber auch das kann meine Stimmung nicht merklich steigern. Es ist bereits mitten in der Nacht und noch bin ich der festen Überzeugung, dass der Spuck morgen früh vorbei ist.
                                                                                                                                                                            Irgendwann beobachte ich die Insekten, die sich an meinem Innenzelt tummeln. Die Raupen schnippe ich einfach hinfort, Mücken werden zwischen Innen- und Außenzelt vorsichtig zerdrückt. Bei zweihundert habe ich aufgehört mitzuzählen. Es werden nicht weniger. Dann gibt es da noch ganz kleine Käfer, die nicht so oft vorkommen wie das andere Kriechzeug. Sie laufen eher gemütlich rum, aber wenn man an die Zeltwand haucht und somit die Temperatur schlagartig nach oben bringt, flitzen die wie von der Tarantel gestochen davon. Es reicht sogar, wenn man ganz vorsichtig den Finger an die Zeltwand hält. Der Temperaturanstieg wird vermerkt und in Windeseile die Flucht ergriffen. So verbringe ich meine Zeit bis zur Mittagszeit des folgenden Tages. Der Regen hat bislang noch keine Minute Pause eingelegt. Ich schaue ab und an aus dem Zelt nur um mich zu vergewissern, dass der Rest der Welt noch da ist. So sieht es um 12:23 am 02.07 aus. Scheiße! Keine Besserung in Sicht.



                                                                                                                                                                            Ich habe noch immer keinen Hunger, stopfe aber dennoch Erdnüsse, Trockenobst und Schokolade in mich hinein. Mein Wasservorrat von einem knappen Liter ist auf die Hälfte geschrumpft. Irgendwann muss ich für kleine Wanderer und vors Zelt. Es ist bitterkalt, ich gehe nicht weit, erledige mein Geschäft und fülle die Flasche an einer Pfütze auf. Bevor ich am Zelt bin, bin ich klitschnass. Ich trockne mich schnell ab, bevor ich mich in den Schlafsack lege. Ich habe ja aus meinen Fehlern gelernt
                                                                                                                                                                            Um 16:29 reißt die Wolkendecke etwas auf, was mich sogleich hoffen lässt, dass der Regen endlich aufhört!



                                                                                                                                                                            Als absoluter Widerspruch dazu fallen immer dickere Tropfen. Etwas später wird die Sicht auch sofort wieder schlechter.



                                                                                                                                                                            Ich liege weiter rum und fühle mich wie im Gefängnis. Mittlerweile liege ich schon mehr als 24 Stunden im Zelt und habe nur einige wenige Minuten Powernapping gemacht. Mehr ging einfach nicht. Das Getöse um mich herum ist einfach zu laut. Der Nachmittag neigt sich dem Ende zu und ich der Abend bricht an. Es wird Zeit sich eine Ausweichstrategie einfallen zu lassen. Wie soll die aussehen? Ach ja, richtig... einfach die Sachen zusammenpacken und loslaufen! Aber ich habe mich so auf das Lapporten gefreut und da ich ja noch genügend Zeit habe, will ich noch bis zum Morgengrauen warten. Die Nacht wird lang... sehr lang! Aus purer Verzweiflung, weil ich dieses verdammte Regengeräusch nicht mehr ertragen kann, packe ich mein Smartphone und die Kopfhörer aus und höre etwas Musik. Die Regentropfen hallen nur noch dumpf durch die Musik hindurch. Der Akku zeigt über 90% an, was mir mindestens noch 5 Stunden Musik bescheren sollte. Knapp 80 Minuten später fällt er auf unter 15%. Ich fluche, schalte das Teil aus und packe es wieder ein. Diese Drecksteile sind echt ungeeignet für Outdoorerlebnisse! Die Akkulaufzeit bei vielen kälteren Tagen ist miserabel! Selbst ausgeschaltet verliert der Akku enorm an Leistung. Und nein ich habe keinen ipod oder sowas in der Art

                                                                                                                                                                            Das einzige Geräusch sind ab und an Vogellaute und ein heulendes Bellen. Wie soll ich es beschreiben... ich assoziiere den Laut mit einem Fuchs. Das veranlasst mich nochmals aus dem Zelt zu kriechen und mich umzusehen. Das Geräusch höre ich noch öfters. es bewegt sich schnell um meinen Lagerplatz herum und wird immer leiser. Schade, nichts gesehen. Abtrocknen und wieder ins Zelt.
                                                                                                                                                                            Es ist mittlerweile Nacht und ich stehe dem Wahnsinn sehr nahe. Entweder das oder ich packe schleunigst meine sieben Sachen und verdrücke mich von hier. vor über 30 Stunden hat es angefangen zu regnen, warum sollte es denn bald aufhören, es gibt keine Anzeichen dafür. Vielleicht ist ja weiter unten das Wetter schön und die Wolken sammeln sich hier einfach nur. Völlig entnervt und übermüdet in Selbstmitleid versunken merke ich anfangs gar nicht, dass es um mich herum ruhiger wird. Irgendwann fällt mir die Veränderung der Geräusche auf und ich stelle fest, dass der Regen nachgelassen hat. Ein Blick nach draußen zeigt allerdings kaum Besserung in Wanderrichtung.



                                                                                                                                                                            Zur selben Zeit zeigt der Blick zurück sogar ein wenig blauen Himmel. Unglaublich, was das für einen Unterschied ausmachen kann, je nachdem wo man sich im Gebirge befindet!



                                                                                                                                                                            Am 03.07 um 05:39 sieht es so hinter mir aus.



                                                                                                                                                                            Allerdings muss ich in diese Richtung laufen. Es ist derselbe Zeitstempel auf den Fotos....



                                                                                                                                                                            Während des Zeltabbaus weht mir die ganze Zeit ein leichter Sprühregen entgegen. Da es noch recht weit bis Abisko Turist ist, hacke ich den Wandertag bereits als nass und unangenehm ab und wechsle erst gar nicht in die Regenklamotten, die das Wandern nur noch anstrengender gestalten würden. Die Sicht ist fast nicht vorhanden. Ich laufe gegen den Wind und somit gegen den Sprühregen an.



                                                                                                                                                                            Das Panorama von hier oben, auf das ich mich so gefreut habe, kann ich vergessen. Ich gehe wenige Meter an den seen entlang und kann diese nicht mal sehen. An einer Stelle laufe ich genau am Ufer entlang. Ich sehe ungefähr 8 Meter weit aufs Wasser, das war es dann auch schon. Der Wind pfeift über Felsen hinweg und erzeugt schaurig schöne Geräusche dabei. Ich komme mir vor wie der Protagonist in einem Horrorfilm. Ich bleibe zwischendurch kurz stehen und lausche, höre aber nichts außer Wasser, Regen, Wind und mein Atmen. Lange bleibe ich nie stehen um nicht zu frieren. Ich war kurz nach Start schon ordentlich nass und Meter für Meter wird es schlimmer.
                                                                                                                                                                            Hier die Aussicht auf den See. Ob es der Große oder der Kleine ist.... keine Ahnung.



                                                                                                                                                                            Nach über 30 Stunden Dauerregen ist das Tal nicht nur nass, es schwimmt beinahe. Kaum eine ebene Stelle ist trocken. Das Wasser steht teilweise einige Zentimeter hoch. Die Trampelpfade sind wie kleine Flüsse geworden, ich muss mir meinen eigenen Weg suchen und helfe mir mit den Steinmarkierungen, die ich ab und an erblicken kann. Die Stiefel sind bereits vollgelaufen. Alles widerlich, alles kacke!



                                                                                                                                                                            Nach einer knappen Stunde höre ich ein gedämpftes Tosen. Ein Wasserfall? Je weiter ich komme, desto dröhnender wird es. Irgendwann stehe ich vor einer kleinen Anhöhe und sehe... rein gar nichts! Das Wasser scheint hier vom großen See abzulaufen. Das Getöse lässt auf einen ordentlichen Wasserfall schließen. Vermutlich begründet durch den vielen Regen. Meine Laune ist im Keller, ich hätte das doch so gerne gesehen! Aber alles Meckern und Fluchen bringt jetzt nichts. Ich laufe frustriert weiter und hoffe, dass ich in Abisko meine ruhe haben werde, die Klamotten trocknen und endlich etwas Leckeres und Warmes zu Essen kochen kann.
                                                                                                                                                                            Nach der Anhöhe geht es bergab. Ich muss also tatsächlich am ende des Tals angelangt sein. Ich bin vorsichtig beim Hinabsteigen, es ist einfach zu glatt und nass und das letzte, was ich noch gebrauchen kann, ist ein Sturz mit Verletzungsfolge. Eigentlich denke ich, dass es jetzt nur noch ein "Die Tour nach Hause bringen" ist, wiege mich damit aber schon zu sehr in Sicherheit. Plötzlich stehe ich nämlich vor einem reißenden Strom, den es zu überqueren gilt. Klasse! Besser kann es ja nicht mehr kommen. Der Wasserstand ist Dank dem Regen doch schon enorm. Das Flussbett lässt aber von seiner Breite her schließen, dass es durchaus noch übler zur Sache gehen kann, als das, was vor mir liegt. Ich gehe rauf und runter und finde nur diese eine Stelle als geeignet zum Furten. Die Steinmännchen, die gute Stellen markieren, sind alle vielleicht unter normalen Umständen einfach, aber aktuell unmöglich. Am beeindruckendsten finde ich einen Findling, dessen obere Hälfte, die aus dem Flussbett herausragt größer als ich selbst ist. Normalerweise furte ich gerne im "Windschatten" von größeren Felsen, weil hier die Strömung gebrochen wird. Bei diesem Stein wäre es tödlich gewesen. Direkt dahinter verbirgt sich eine ca. 1,5 Meter tiefe mit Wasser gefüllte Mulde. Wäre der Strom hier ebenfalls am Fließen gewesen, hätte man das nicht sehen können. Ich verliere hier samt Furt eine halbe Stunde, ärgere mich aber nicht sonderlich darüber. Bei der Furt war der letzte Arm der schlimmste, er war relativ tief und ging mir bis Mitte meines Oberschenkels. Warum ich mir die Furtschuhe angezogen habe, weis ich bis heute nicht. Alles Andere war ohnehin schon nass.



                                                                                                                                                                            Die Stelle sieht auf dem Foto fast zahm aus. Dort bin ich im Zickzack hindurch. Am Ufer an Land zu gelangen ist relativ schwer. Die Seite ist rausgebrochen und ich ziehe mich mit beiden Händen aus dem Wasserlauf auf den Boden hoch. Heile auf der anderen Seite angekommen, suche ich mir einen Stein in der Nähe der Böschung, der etwas windgeschützt liegt und ziehe mir wieder die nassen Klamotten über. Innerhalb der drei Minuten, die das dauert, reist die Wolkendecke teilweise auf. Ich fasse es nicht! Ich laufe weiter und will eigentlich nicht mehr zurückblicken, aber ich tue es dennoch. So sieht es um 7:26 aus.



                                                                                                                                                                            Hätte ich noch 2 Stunden gewartet, dann wäre ich im Sonnenschein durchs Lapporten gewandert! Mir steht die Pipi fast in den Augen und ich bin wütend. Was hätte noch 2 weitere Stunden ausgemacht bei knapp 40 Stunden abwettern.... Mir kommen automatisch ein paar Flüche über die Lippen und ich laufe weiter. Der Blick auf den Torneträsk ist leider immer noch größtenteils verdeckt. Aber ich erwarte auch kein Entgegenkommen vom Wetter mehr auf dem Rest der Tour!



                                                                                                                                                                            Es gibt jetzt kaum noch Fotos vom Rest der Strecke. Wozu auch, keine 3 Wochen ist es her, da bin ich denselben Abschnitt gelaufen. Aber die Vegetation hat sich verändert. Ich laufe an einigen Pilzen vorbei und bin total erstaunt, dass bei diesen Temperaturen die Dinger so gut wachsen. Normalerweise könnte mich nichts davon abhalten welche zusammeln und später unten in Abisko Turist eine leckere Suppe daraus zu kochen. Steinpilzcremesuppe habe ich immer noch als Grundlage dabei. Aber meine Laune ist so dermaßen im Keller, dass ich Pilze stehen lasse. Irgendwann beim Abstieg verfalle ich in einen routinierten Trott. Ich nehme meine Umgebung kaum noch wahr und laufe die Strecke ab. An dem Strom, wo ich am Anfang der Tour mein fehlendes Wasser aufgefüllt habe, rutsche ich auf einem Stein aus, als ich einer Möve hinterhergucke. Ich mach mich lang, knalle beim Sturz gegen eine Birke und schürfe mir ganz leicht den Knöchel meiner linken Hand auf. Ich stehe auf und gehe stumpf weiter. Nichtmal zum Schimpfen habe ich noch Lust. Irgendwann registriere ich, dass meine linke Hand voller Blut ist. Ich wische es an meiner Hose ab und sehe, dass sich das nur wegen dem Niesel so gut verteilt, die Wunde zwickt etwas, ich ignoriere es und laufe weiter. Moltebeeren ohne Ende stehen hier rum. Leider die falsche Jahreszeit!



                                                                                                                                                                            Das letzte Foto von diesem Tag zeigt nochmals den erstklassigen Ausblick, den ich auf den Torneträsk hatte! Ihr müsst nur etwas genauer am Horizont schauen! Da hinter den Wolken sollte er irgendwo sein



                                                                                                                                                                            Diesmal begegnet mir niemand bis zur Turiststation. Ich hatte nun keinen menschlichen Kontakt mehr seitdem sich Oskari von mir verabschiedet hatte. Ein mulmiges Gefühl kommt in mir hoch, als ich so beim Abstieg bin. Ich werde langsamer und suche Dinge, die den Abstieg hinauszögern. Aber ich muss runter und meine Klamotten in den Trockenraum verfrachten. Vor allem meine Füße sind die Hölle! Dadurch, dass die Stiefel ständig mit Wasser gefüllt sind, sind die Füße sehr weich und jeder Tritt schmerzt extrem. Ich habe auch weiter oben einen Affenzahn an Tempo zugelegt, aber wozu eigentlich. Auf den letzten 7-8 Kilometern hört selbst der Niesel auf. Die Klamotten trocknen aber nicht mehr von selbst. Die sind klitschnass. Frieren tue ich nicht und ich lege noch einige Pausen ein. Ich bin traurig, dass die Tour zu ende gegangen ist, vor allem noch so beschissen. Aber wie zu Beginn, ich kann mir das nicht aussuchen, so ist es nun einmal und damit muss ich leben.

                                                                                                                                                                            Gegen 11 Uhr am 03.07 komme ich an der Turiststation an. Es ist erschreckend.... die Sonne scheint mittlerweile und der Himmel ist größtenteils blau. Die Leute sind wesentlich zahlreicher unterwegs als noch vor knapp 3 Wochen. Ich werde von den meisten schief angeguckt. So nach dem Motto, wie zum Henker sieht der denn aus? Ich denke mir "fuck you" lächle aber freundlich. Bin ja schließlich gut erzogen. Ich nehme mir ein Zimmer, sage ich möchte ein Bett unten haben. Im Zimmer merke ich, dass ich die obere Liege bekommen habe. Keine Lust mich zu streiten, ich sitze ein paar Minuten im 5-er Zimmer für mich alleine. Ich gehe zuerst meine Ausrüstung säubern, die Putzfrauen sind wieder unterwegs. Wir kommen ins Gespräch, ich erzähle meine Tortur der letzten 3 Tage in einer Ultrakurzfassung und ende mit dem Satz "Now I need a shower badly!", worauf die Putzfrau nur trocken antwortet "Yes, I can smel that.".
                                                                                                                                                                            Im Zimmer schäle ich mich aus den Klamotten. Die Stiefel stinken wie der Tod. Dank dem Sumpfwasser muffeln die Teile nach verrottendem Gehölz. Im Waschraum wringe ich die Klamotten aus, hänge sie zum Trocknen auf, dann gehe ich eine halbe Stunde lang duschen! Die Socken wasche ich im warmen Wasser unter der Dusche um den Sumpf und die Erde da raus zu bekommen.

                                                                                                                                                                            Als Highlight gönne ich mir heute mal einen Besuch im Restaurant. Irgendwie muss ich doch meine schlechte Laune bekämpfen. Es ist recht voll dort, zumindest für meine Verhältnisse übervoll, auch wenn mehr als die Hälfte der Tische frei ist. Ich freue mich auf Rentierbraten oder Elchgulasch oder sowas in der Art. Es gibt Kartoffeln, Brathering, eine kleine Auswahl an frischen Salaten und ganz besonders toll, frischen Saft! Ich bediene mich einfach, keine Ahnung wo hier jemand rumrennt, wo man das bezahlen muss. Lecker ist es! Später steht eine Dame am Buffet und füllt auf, ich frage nach dem Preis fürs Buffet und wo ich es bezahlen kann, die Kasse sei ja unbesetzt. Kein Problem, sie macht die Kasse auf. Ich meine mich erinnern zu können, dass ich 120 Kronen bezahle oder so. Absolut in Ordnung! Das Essen ist spitze!

                                                                                                                                                                            Den Rest des Tages verbringe ich dann im Zimmer. Ich habe Schlaf nachzuholen. Draußen strahlt die Sonne als ob es einen Wettbewerb zu gewinnen gäbe, ich finde das nicht witzig und halte mein Nickerchen. Keine 20 Minuten später bekomme ich Gesellschaft. Zwei Schweden. Trailrunner. Sie sind hier um in Norwegen an einem Wettkampf teilzunehmen. Sie wollen trainieren und ziehen sich um. Das Zimmer sieht aus wie nach einem Bombeneinschlag... Egal, ich liege hier oben und bewege mich heute nicht mehr weg! Kurz darauf kommt noch jemand. Eine junge Schwedin aus Stockholm, wie ich schnell erfahre. Sie ist mit einer Bekannten für 3 Tage hier oben gewesen. Vorgestern nach Abiskojaure, gestern abgewettert, heute zurück. Sissi ist 23 Jahre alt und ne ganz angenehme Gesprächspartnerin. Sie geht ebenfalls kurz duschen und anschließend hockt sie sich nur mit einem Handtuch bekleidet neben mich und wir quatschen über unsere Touren. So hatte ich auch ein wenig fürs Auge
                                                                                                                                                                            Ihr Freund (war ja sowas von klar!) ist beim Militär und konnte nicht mit. Aber eine befreundete Soldatin von ihm, wollte hier rauf. Sissi nahm die Gelegenheit wahr und hat sich angeschlossen. Allerdings stellt sich schnell heraus, dass die zwei sich nicht sonderlich gut leiden können. Kurz läuft ihre Bekannte vor dem Fenster lang, was Sissi mit "That's the bitch!" kommentiert. Also beste Voraussetzungen für so eine Tour
                                                                                                                                                                            Anfang ging es wohl noch, aber nach den ersten Kilometern war Schicht im Schacht. Das dauernd von der "dumb cow" angeboten wurde Sissi das Gepäck abzunehmen, weil sie ja beim Militär ist und viel fitter, es würde ihr nichts ausmachen das mitzuschleppen... Phuu, ich kann Sissi gut verstehen, das nervt einfach auf Dauer. Daher ist die Bekannte auch im Zelt geblieben. Irgendwann ist es Abend, wir hatten echt Spaß beim Reden und meine Laune ist wieder gut. Gegen 23 Uhr bekommen wir noch einen Mitbewohner. Wie sollte es anders sein, ein junger Bursche Anfang bis Mitte 20. Er bereitet sich seine Militärnahrung vor, weil er noch Hunger hat. Mir fällt auf, dass er alles mit einer Hand und seinem Mund macht. Also Tüte aufbeißen und Umrühren und so. Als ich frage warum, erzählt er uns seine Story.
                                                                                                                                                                            Er hat Urlaub und war im Fjäll um einen Fjälltriathlon zu absolvieren. Kanu fahren, Mountainbiken und Trailrunning auf einen Gipfel. Beim Mountainbiken ist er gestürzt und hat sich den Arm verletzt, was ihn nicht davon abgehalten hat den Triathlon zu beenden. Krasser Typ! Den Arm konnte er danach nicht mehr bewegen, ist nach Hause gefahren und hat festgestellt, dass es zu Hause wieder halbwegs ging. Kurzerhand hat er den Rucksack gepackt, ist hier hoch gefahren und HEUTE nach Abiskojaure gelaufen, wo es wieder schlimmer wurde. Das Zelt konnte er nicht aufbauen und nach Rücksprache mit dem Hüttenwart hat er sich entschieden wieder zurückzulaufen. HEUTE! Also 28 km mit diesem Handicap ist schon beeindruckend. Harte Sau!

                                                                                                                                                                            Kurz nach zwölf schlafen wir alle ruhig ein und ich ärgere mich erneut über das Hochbett. Bullenhitze hier oben!

                                                                                                                                                                            Fazit für die letzten Tage:
                                                                                                                                                                            Regen kann einem die Tour richtig gut vermiesen! Allerdings nach so einer langen Zeit im Zelt lernt man sich selbst zwangsläufig sehr gut kennen! Oft habe ich an schöne Momente mit Freunden zurückgedacht, das hilft aber auch nur bedingt weiter. Irgendwann ist man einfach nur noch kirre in der Birne. Sowas gehört aber auch dazu und ich habe gelernt, dass das Wandern nicht immer ein Zuckerschlecken ist Keine Gipfeltour mehr, keinen schönen Ausblick von Lapporten herab. So ist das nun mal.

                                                                                                                                                                            Was für eine Tour! Die Reise ist aber noch nicht ganz vorbei. Ich hoffe, ich komme dieses WE zum Ende

                                                                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                                                                              Erfahren
                                                                                                                                                                              • 23.08.2010
                                                                                                                                                                              • 228
                                                                                                                                                                              • Privat


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                                                                                                                                                                              AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                                                              Kapitel 17 - Tagestour und Abschied
                                                                                                                                                                              04.07 - 07.07

                                                                                                                                                                              Als ich die Augen öffne ist Sissi bereits am Packen. Sie will heute ganz früh auf den Nuolja und von der Sky Station den Ausblick genießen, bevor heute nachmittag ihr Zug Richtung Stockholm abfährt. Ich wünsche ihr viel Spaß, sie mir eine gute Reise und schon ist sie weg. Die beiden Läufer machen sich für die nächste Trainigseinheit bereit und der Soldat packt auch sein Zeug zusammen. Ich warte bis alle fertig sind und stelle fest, dass sich keiner berufen fühlt die Bude zu putzen. Ich genehmige mir ein Frühstück aus dem kleinen Laden bei der Rezeption. Brot mit Rentier drauf. Echt lecker! Ein Elchstofftier wird auch gekauft als kleines Souvenir für die erste Solotour.

                                                                                                                                                                              Gegen 9 ziehe ich mir die noch klammen Stiefel an und mache eine kleine Rundtour entlang des Abiskojåkka. Das Wetter ist nicht mehr ganz so fantastisch wie gestern. Es sind ein paar Wolken unterwegs. Heute will ich kein Trübsal blasen und lenke mich damit ab auf die kleinen Dinge um mich herum zu achten. Wie diese kleine Hummel bei der Arbeit.



                                                                                                                                                                              Der Canyon hat es mir echt angetan. Die Steinformationen und die Farbe des Wassers sind wirklich klasse.



                                                                                                                                                                              Die Klarheit des Wassers nach den ganzen Regentagen ist beeindruckend. Ich hätte immer gedacht, dass gerade dann jede Menge Matsch und Erde mit hinuntergespült wird.



                                                                                                                                                                              Ich habe mir vorgenommen bis zum Torneträsk zu gehen, was gar nicht so leicht sein wird. Ständig bleibe ich stehen und muss Fotos machen oder einfach nur die Landschaft auf mich wirken lassen. Es ist kein Mensch außer mir unterwegs, was ich sehr verwunderlich finde, da es bei der Turiststation nur so von Tagestouristen wimmelt.



                                                                                                                                                                              Das poröse Gestein wird durch ein Stahlseil abgegrenzt, was anscheinend die Wenigsten davon abhält sich dennoch bis an den Rand vorzuwagen. Ich habe Respekt davor und halte mich schon hinter den Absperrungen auf.



                                                                                                                                                                              Auf diesem Bild stehen eine Ansammlung von Birken, die von den Raupen verschont geblieben sind. Warum ist mir ein Rätsel. Eigentlich sollte hier alles in diesen frischen Grüntönen strahlen.



                                                                                                                                                                              Weiter unten verläuft ein großer flacher Stein in den Wasserlauf. Ich hocke mich hin und genieße die Aussicht und entspanne meine doch arg mitgenommenen Füße von der gestrigen Etappe. Der Blick rauf zur Turiststation, die von hier unten wie eine kleine Burg aussieht.



                                                                                                                                                                              Wie ich das alles vermissen werde, wenn ich wieder zu Hause bin....



                                                                                                                                                                              Hunderte dieser kleinen Falter flattern durch die Lüfte. Ob das die transformierten Raupen sind?



                                                                                                                                                                              Wenige Meter später komme ich an einen kleinen Privatstrand. Da wäre genau für mich Platz!



                                                                                                                                                                              So ganz alleine bin ich hier unten dann doch nicht unterwegs. Der kleine Frosch hüpft mir auf dem Pfad entgegen.



                                                                                                                                                                              An einer Flussgabelung bleibe ich stehen und schaue nach einer Möglichkeit auf die kleine Insel zu kommen. Diese ist weitaus grüner als die Bäume am Festland. Vermutlich kommen hier die Raupen nicht so gut ran.



                                                                                                                                                                              Aber es ist unmöglich von dieser Seite aus auf die Insel zu gelangen. Das wäre dort drüben bei der Steinbank vielleicht ein wenig leichter.



                                                                                                                                                                              Es ist nicht mehr weit bis zum Torneträsk und meine Vorfreude steigt. Der Blick über diesen gigantischen See muss traumhaft sein



                                                                                                                                                                              Leider komme ich nicht mehr sonderlich weit. Ein Schild steht plötzlich neben dem Pfad. Bird Sanctuary vom 01.05 bis 31.07! Na super! Ich bin selbstverständlich nicht so asozial das zu ignorieren und mache kehrt. Aber woanders an den Torneträsk zu laufen... nee, lieber noch hier durch die Gegend streifen. Hebe ich mir das für meinen nächsten Besuch auf
                                                                                                                                                                              Ich suche mir eine Anhöhe um Lapporten ordentlich ins Bild zu bekommen, aber von hier unten ist das schwieriger als man denkt. Immer hat man irgendwelche Bäume, Sträucher, Stromleitungen oder Straßenlampen im Blick. Naja abgesehen davon ist das heute auch schon wieder halb mit Wolken verhangen und nicht mit strahlend blauem Himmel gesegnet. Was solls, ein anderes Mal! Der Blick auf die kleine Insel mit Abiskojåkka, Torneträsk und den Bergen auf der Nordseite ist dafür um so schöner!



                                                                                                                                                                              Hier noch einmal besonders gut zu sehen, wie viel grüner es auf der kleinen Insel ist.



                                                                                                                                                                              Auf dieser Seite sieht der Wald aber irgendwie surreal aus. Frühling am Boden, Winter in den Baumkronen.



                                                                                                                                                                              An der Turiststation ist der Sommer ausgebrochen. Sowohl die Hitze ist krass, als auch die ganzen Blumen auf den Grünflächen.



                                                                                                                                                                              Was hätte ich nur dafür gegeben so ein Wetter oben bei Lapporten zu haben, ach verdammt, während der gesamten Tour!!! Ich glaube kaum, dass ich freiwillig zurückgekommen wäre ;)



                                                                                                                                                                              Die Kleewiese hat den Raupen zum Glück wohl nicht gemundet. Birkenblätter scheinen deren Leibgericht zu sein.



                                                                                                                                                                              Selbst bei Turiststation ist kaum was los. Die Tagestouristen scheinen alle bei der Sky Station zu sein. Wäre eigentlich auch eine tolle Sache gewesen. Von da oben hätte ich sicherlich ein paar gute Fotos vom Lapporten bekommen. So muss ich mich mit Flachlandbildern zufrieden geben. Es ist kurz nach 13 Uhr und ich beschließe heute wieder das Restaurant zu besuchen. Im Zimmer angekommen sehe ich, dass ich einen neuen Mitbewohner bekommen habe. Zumindest liegt sein Zeug auf dem Bett, von ihm ist keine Spur zu sehen. Ich krame mein Geld raus und freue mich schon auf etwas Fleischiges! Am Buffet ernüchtern sich meine Vorstellungen von einem Steak rapide. Es ist Donnerstag und es gibt Pfannkuchen mit Früchten und Sahne. Boah das ist zwar auch voll lecker, aber so meine Bedürfnisse sind doch nicht 100%ig zufrieden gestellt. Egal.

                                                                                                                                                                              Als ich nach dem Essen im Zimmer aufschlage liegt mein Mitbewohner im Bett und döst. Er sieht total fertig aus. Ich grüße kurz und denke, dass es eine dieser schwierigen Bekanntschaften wird, so Leute die nicht gerne reden. Von ihm aus kommt nichts und ich frage ob er gerade seine Tour startet oder beendet hat. Weder noch, er kommt grad irgendwo von Nordwesten her. War Angeln. Aber das Wetter war so beschissen, dass er keine Lust mehr hatte und er will jetzt noch an die finnische Grenze. Er hofft dass es dort besser laufen wird. Schon sind wir im Gespräch verwickelt und labern und labern. Nach 3 Stunden stellen wir uns dann auch mal endlich vor. Axel kommt aus Schweden, genauer gesagt aus Kiruna und ist einer von 4 Ärzten dort. Ocha, immer gut so jemanden zu kennen, denke ich mir
                                                                                                                                                                              Das krasse bei ihm ist, er nimmt seinen Jahresurlaub am Stück. Die 6 Wochen verbringt er dann in der Wildnis, dabei hat er Lebensmittel für 1 Woche, den Rest muss er durch Angeln und sammeln dazubekommen. Sammeln ist natürlich zur jetzigen Jahreszeit eher nicht möglich. Er war 4 Wochen bei meist miserablem Wetter unterwegs. Dieser stetige Dauerregen sind für diese Region normalerweise sehr untypisch, versichert er mir. Ich frage ob er jetzt kurz zu Hause vorbeischaut, worauf er meint, dass er das nicht kann. Er hat seine Wohnung vermietet und muss noch 2 Wochen in der Wildnis oder seinem Auto pennen. Ich erfahre viel über Kiruna, die Erzmine und den damit verbundenen Wohnungsmangel. Die Zeit streicht dahin und wir verstehen uns prima, so prima, dass wir alle Pläne für den nachmittag vergessen. Als es 19 Uhr ist, futtern wir zusammen in der Küche und quatschen über diverse Themen wie Politik, Wehrdienst, Umweltsünder, die Freaks, die man teilweise hier oben antrifft und so weiter. Axel wollte sich eigentlich erholen und den gesamten Tag mit Pennen verbringen, aber als wir endlich dazu kommen ist es schon Freitag kurz vor 2 Uhr morgens. Dank der Mitternachtssonne kriegt man das einfach nicht mit. Axel hat eine gute Ausrede um die Zeit aus den Augen zu verlieren. Er nimmt nie eine Uhr mit auf seine Tour. Wie er das dann weis, wann er zurück muss, frage ich ihn. Weis er nicht, er macht das frei nach Schnauze. Kam schon vor, dass er ein, zwei Tage später zurück war. Was sein Arbeitgeber davon hält? Nicht viel, aber er muss es tolerieren, will ja sonst kaum ein Arzt hier oben arbeiten. Hmmm hätte ich doch nur Medizin studiert, meine Bewerbung wäre sofort reingeflattert, denke ich mir

                                                                                                                                                                              Morgens bin ich als erster wach, packe in Ruhe meine Klamotten zusammen und frühstücke den Rest von meinem Müsli weg. Oben bei Lapporten hatte ich ja noch gespart. Anschließend kümmere ich mich um die lauten Verpackungsarbeiten, womit ich Axel wecke. Er ist total kaputt, wird aber flott munter und packt ebenfalls zusammen. Ich will die Putzarbeiten erledigen, er hält mich aber davon ab. Warum das denn? Weist du wie teuer das hier ist? Ja weist du, du hast ja auch bezahlt, also lass das sein, dafür haben die Putzfrauen. Hier bekommst du nicht mal frische Bettwäsche und zahlst fast so viel wie in einem Hotel in Stockholm. Hmpf... ich habe ein schlechtes Gewissen und fege zumindest den gröbsten Schmutz zusammen. Damit ist er einverstanden. Danach geben wir die Schlüssel ab und hocken uns an eine Sitzbank mit Tisch nach draußen und beobachten die Leute um uns herum. eigentlich wollte Axel früh los, aber er fragt wann mein Zug kommt. Gegen 14:30. Ok, sagt er, bleibt ja noch Zeit. Er leistet mir bis zur Abreise Gesellschaft, wofür ich echt dankbar bin. Die Zeit vergeht wie im Flug. Wir holen uns ein Brötchen aus dem kleinen Laden und etwas zu trinken. Sofort bekommen wir an unserem Tisch Gesellschaft von zwei frechen Spatzen. Die stört unsere Anwesenheit nicht im Geringsten und sie hüpfen über den Tisch und picken die Krümel weg.



                                                                                                                                                                              Da ich weis, was für eine Zugfahrt mir noch bevorsteht, will ich um 1 noch kurz in das Restaurant. Axel klinkt sich hier aus und verabschiedet sich von mir. Ich wünsche ihm alles Gute und sitze keine 5 Minuten später mit Kartoffelpüree, Schweinebraten gefüllt mit Trockenpflaume und jede Menge Grünzeug am Tisch. Endlich Fleisch!! Leider mag ich die Kombination Fleisch und Trockenobst nicht sehr gerne

                                                                                                                                                                              Das Wetter zieht sich stark zu und es fängt an zu nieseln. Ich stehe mittlerweile am Bahnsteig mit 10 anderen Reisenden. Das Wetter wird schlechter und meine Laune auch. Ende, vorbei, das wars, jetzt wieder warten, bis es das nächste Mal losgeht. Im Zug habe ich bis nach Stockholm einen Einzelplatz! Sauber! Keiner da, der mich stört. In Kiruna müssen wir mehr als eine Stunde zwischenhalten, die Erzbahn hat Vorrang! Danach geht es weiter, ich bin der einzige in meinem Abteil, der eine Elchkuh mit ihrem Kalb keine 20 Meter vom Gleis entfernt beim Äsen bemerkt. Ein Foto bekomme ich nicht mehr hin, obwohl der Zug sehr langsam unterwegs ist. Ich mache die Augen zu und schlafe etwas.

                                                                                                                                                                              In Stockholm komme ich mehr als eine Stunde eher an. Tja, die SJ ist besser als die DB, die schafft nicht mal 5 Minuten Verspätung von Soest nach Hamburg auszugleichen. Ich habe noch genug Umstiegszeit und bin hier auf einen kleinen Plausch mit Vintervik und Kuoika verabredet. ODS-Stammtisch Stockholm, wenn man so will
                                                                                                                                                                              Die Metropole wirkt auf mich sehr beengend. So viel Leute bin ich einfach nicht mehr gewohnt. Das Wetter ist hier wie eigentlich immer, wenn ich hier bin, richtig toll! Wir treffen uns am Bahnhof, laufen zu einem Bäcker, genießen Backware, einen Joghurtdrink mit Himbeeren (!! richtig lecker!!) und ich berichte die ersten Erlebnisse. Ich kann mich noch gut erinnern, wie negativ ich das Regenwetter empfunden habe. Ich muss jedoch gestehen, beim Verfassen des Berichtes war dies schon sehr, sehr weit nach hinten gerückt. Die Positiven Eigenschaften überwiegen im Nachhinein halt doch immer. Der Aufenthalt ist sehr kurz und ich muss schon wieder um kurz nach 12 weiter.

                                                                                                                                                                              Beim Umstieg in Koppenhagen treffe ich auf einen alten Bekannten. Hubert, den ich in Sälka kennen lernen durfte! Wie klein doch die Welt ist. Er hatte natürlich Pech am Kebnekaise, es war bewölkt und die Aussicht nicht gut, er war trotzdem oben. Dort an der Fjällstation hat er sein erstes Gewitter erlebt. Er meint das ist nicht vergleichbar mit Deutschland. Sehr furchteinflößend und beeindruckend zugleich. Auf die Erfahrung verzichte ich doch gerne
                                                                                                                                                                              Auf der Fähre und in Hamburg kaufen wir uns dann nochmals über den Weg und regen uns über die typisch deutsche Hektik auf, die hier überall an den Tag gelegt wird.

                                                                                                                                                                              Um 2 in der Nacht von Samstag auf Sonntag werde ich von meinen Eltern am Bahnhof abgeholt. Wieder daheim. Es gibt noch etwas zu Essen, dann geht es unter die Dusche und es gibt wenige Stunden Schlaf. Montag geht es wieder zur Arbeit, als ob nichts gewesen ist.

                                                                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                                                                Erfahren
                                                                                                                                                                                • 23.08.2010
                                                                                                                                                                                • 228
                                                                                                                                                                                • Privat


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                                                                                                                                                                                AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                                                                Fazit

                                                                                                                                                                                Was gibt es da groß zu erzählen? Ich fand die Tour gelungen, ich hatte meinen Spaß, auch wenn das Wetter an ein paar Tagen gegen mich war. Die größte Angst hatte ich, dass ich alleine nicht klar komme, was jedoch unbegründet war. Damit hat sich für mich eine ganz neue Möglichkeit ergeben. Ich kann jetzt einfach los, wenn es mich danach sehnt. Ich muss nichts mit jemandem abklären oder Kompromisse finden. Das ist toll, auch wenn man die schönen Erlebnisse nicht teilen kann.

                                                                                                                                                                                Eine Solotour ist nichts, wovor man Angst haben sollte. Bedenken sind normal und natürlich, aber für alle, die das schon immer mal machen wollten und sich das bisher nie getraut haben, macht es einfach! Es ist eine total andere Erfahrung als, wenn ihr zu Zweit oder in einer Gruppe unterwegs seid. Ich bin richtig glücklich, dass ich diese Erfahrung machen durfte!

                                                                                                                                                                                Was hat sich jetzt dadurch für mich geändert? Mehrere Dinge. Zuert will ich jetzt mindestens ein Mal im Jahr eine Tour starten, ich kann einfach nicht mehr 2 Wochen Urlaub zu Hause machen. Dazu ist die Freizeit einfach zu kostbar! Vielleicht reicht es auch für 2 große Touren, mehr als 3 Wochen am Stück wird schwer, aber die gehen ja eventuell. Weiterhin öchte ich jetztt doch einmal den Kungsleden komplett laufen. Von vielen als Wanderautobahn verrufen hat er dennoch seine schönen Seiten. Die Landschaft war zumindest auf meinen Etappen beindruckend und richtig schön! Das kann ich mir sehr gut zum späten Zeitpunkt in der Saison vorstellen, oder aber wieder genauso früh. Da dürfte das Aufkommen an anderen Wanderern vergleichbar gering sein, wie auf dieser Tour. Abgesehen davon gibt es noch dutzende Alternativen und Paralleltäler. Dieses Jahr wird es mich nicht dort hin ziehen, eher wieder ewiter südlich, aber für das kommende Jahr sind die Optionen vielfältiger denn je! Die Solotour war das absolut beste, was ich 2013 auf die Beine gestellt bekommen habe.

                                                                                                                                                                                Eine Packliste habe ich ja ebenfalls versprochen. Die muss ich aber immer noch digitalisieren. Das gibt es irgendwann im Laufe der Woche.

                                                                                                                                                                                Zum Ende vielen lieben Dank fürs Mitlesen und die durchweg positiven Feedbacks von euch! Es hat mir sehr viel Freude bereitet diese mittlerweile knapp 70 Stunden Arbeit in den Reisebericht zu stecken. Ich hoffe es hat euch bis zum Schluss Spaß gemacht und dass ich vielleicht den einen oder anderen / die eine oder andere für eine Solounternehmung begeistern konnte. Für mich war es eine der schönsten Erfahrungen meines Lebens.

                                                                                                                                                                                Gruß
                                                                                                                                                                                David

                                                                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                                                                  Fuchs
                                                                                                                                                                                  • 10.06.2004
                                                                                                                                                                                  • 1232
                                                                                                                                                                                  • Privat


                                                                                                                                                                                  #89
                                                                                                                                                                                  AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                                                                  Wow, 70 Stunden Aufwand zum verfassen eines Reiseberichtes. Hut ab vor dieser Arbeitsleistung!!! Und nochmal ein ganz großes Dank dafür, dass Du Dir die Zeit genommen hast, so ehrlich und detailliert über die Landschaft aber auch über Deine persöhnlichen Erfahrungen und Emotionen zu berichten. Da konnte ich mich so richtig gut hineinversetzten und fühlte mich auch sehr oft an meine erste Solotour erinnert. Ich hab es damals ziemlich ähnlich empfunden mit der Begeisterung. Schade nur, dass Du die letzten Tage so ein unheimliches Pech mit dem Wetter hattest. So lange im Zelt abwettern zu müssen stelle ich mich schon übel vor. Und gut kann ich auch Deinen Frust nachvollziehen, den Torneträsk nicht in seiner vollen Schönheit bewundern zu können. Das hätte mich ähnlich stark angekotzt. Aber dennoch hab eich den Eindruck, dass Du trotz allem ganz gut auf Deine Kosten gekommen bist. Schade nur, dass Du nicht noch länger unterwegs warst, war mittlerweile echt eine schöne Gewohnheit geworden immer regelmäßig die Updates aus Deinem Reisebericht zu lesen.

                                                                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                                                                    Freak
                                                                                                                                                                                    Liebt das Forum
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                                                                                                                                                                                    • 13981
                                                                                                                                                                                    • Privat


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                                                                                                                                                                                    AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                                                                    Na da hat es dich zum Schluss ja nochmal richtig erwischt.
                                                                                                                                                                                    30 Stunden im Zelt, ich denke da wünscht man sich schonmal etwas grösseres als das Akto. Mir würde es in dem Moment auf jeden Fall so gehen, aber meine grösseren Zelte wiegen leider auch das Doppelte.
                                                                                                                                                                                    Um bei solchem Wetter wenigstens halbwegs zum schlafen zu kommen sind Ohrenpfropfen ganz hilfreich. Als Seitenschläfer habe ich manchmal nur im "oberen" Ohr einen drinnen, so dass ich heftige Geräusche doch noch mitbekommen würde. - Sie erleichtern mir auch das Schlafen im Zug, oder mit schnarchenden Zimmergenossen, ungemein.
                                                                                                                                                                                    Bei dem Bach nach Lapporten musste ich erstmal auf die Karte schauen, als ich da vor ein paar Jahren Anfang September, auch nicht bei optimalem Wetter (Den Seen entlang hatten wir etwa gleiche Sicht), hoch bin habe ich den Bach ohne ihn gross wahrzunehmen gequert.
                                                                                                                                                                                    Wenn du das nächste Mal in Abisko bist und runter an den Torneträsk willst, folge dem "Fahrweg" von der Station zum alten Hafen. Von dort aus hat man einen recht guten Blick auf Lapporten. Meine Sommerbilder habe ich nicht im Netz aber hier eines vom Winter (Gut da stand ich ein paar Meter auf dem See draussen, aber das macht nicht viel aus).
                                                                                                                                                                                    Man kann auch dem Ufer entlang ein Stück in Richtung Delta laufen.
                                                                                                                                                                                    70 Stunden für den Reisebericht, das tönt zwar erstmal nach viel und ist es auch, aber ich vermute ich habe jeweils nicht viel weniger gebraucht... Danke auf jeden Fall für deine Arbeit.

                                                                                                                                                                                    Gruss
                                                                                                                                                                                    Henning
                                                                                                                                                                                    Es gibt kein schlechtes Wetter,
                                                                                                                                                                                    nur unpassende Kleidung.

                                                                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                                                                      Fuchs
                                                                                                                                                                                      • 16.09.2008
                                                                                                                                                                                      • 2211
                                                                                                                                                                                      • Privat


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                                                                                                                                                                                      Vielen Dank für diesen schönen, erheiternden udn ehrlichen Bericht!

                                                                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                                                                        Alter Hase
                                                                                                                                                                                        • 30.05.2007
                                                                                                                                                                                        • 3996
                                                                                                                                                                                        • Privat


                                                                                                                                                                                        #92
                                                                                                                                                                                        AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                                                                        Vielen, vielen Dank für diesen genialen Bericht!!!! Der Aufwand von Dir hat sich auf jeden Fall gelohnt! Mich hat der Bericht mehrere Tage phantastisch unterhalten!
                                                                                                                                                                                        So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                                                                                                                                                                        A. v. Humboldt.

                                                                                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                                                                                          Gerne im Forum
                                                                                                                                                                                          • 02.11.2011
                                                                                                                                                                                          • 85
                                                                                                                                                                                          • Privat


                                                                                                                                                                                          #93
                                                                                                                                                                                          AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                                                                          Hallo David!

                                                                                                                                                                                          Tausend Dank für deinen tollen Bericht!!!

                                                                                                                                                                                          Man konnte sich richtig in die Tour hineinversetzen und all deine Hoch- und Tiefpunkte miterleben. Da werden Erinnerungen an ähnliche Szenarien, Situationen und Begegnungen wiederbelebt - toll!

                                                                                                                                                                                          Hatte mich mich immer gefreut, wenn wieder eine neue Etappe hinzukam!

                                                                                                                                                                                          Weiter so! Meiner bescheidenen Meinung nach kann nur die Solotour das ungefilterte Naturerlebnis nahebringen!

                                                                                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                                                                                            Anfänger im Forum
                                                                                                                                                                                            • 14.02.2014
                                                                                                                                                                                            • 34
                                                                                                                                                                                            • Privat


                                                                                                                                                                                            #94
                                                                                                                                                                                            AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                                                                            Mh, ..., DANKE FÜR DEN BERICHT mehr gibt es hier nicht zu sagen

                                                                                                                                                                                            Alles andere wurde schon gesagt, und/oder beschreibt überhaupt wie genial Dein Reisebericht war.

                                                                                                                                                                                            Schön finde ich Deine Anmerkungen zum Solo-Lauf im Fazit. Ich bin noch nie alleine losgezogen - vielleicht wird es mal Zeit.

                                                                                                                                                                                            Die 70 Stunden Arbeit haben sich gelohnt. Voll und ganz

                                                                                                                                                                                            Gruß
                                                                                                                                                                                            Alex

                                                                                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                                                                                              Gerne im Forum
                                                                                                                                                                                              • 26.07.2009
                                                                                                                                                                                              • 94
                                                                                                                                                                                              • Privat


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                                                                                                                                                                                              AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                                                                              Ich habe deinen Bericht sehr gern gelesen. Schade das er nun fertig ist. Vielen Dank.

                                                                                                                                                                                              Gruß,
                                                                                                                                                                                              Henning

                                                                                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                                                                                Fuchs
                                                                                                                                                                                                • 30.01.2013
                                                                                                                                                                                                • 1944
                                                                                                                                                                                                • Privat


                                                                                                                                                                                                #96
                                                                                                                                                                                                AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                                                                                Ich finde die souveräne Subjektivität bezaubernd, mit der Du Dich an der drohenden Monotonie des Genres ›ODS-Reisebericht aus Lappland‹ vorbeigemogelt hast. Oskari, Sissi, Axel; dreißig Stunden bei Dauerregen im Zelt, alles sehr fein und aufschlussreich beschrieben. Und das ausgerechnet von einem Lippstädter.
                                                                                                                                                                                                Lebe Deine Albträume und irre umher

                                                                                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                                                                                  Gerne im Forum
                                                                                                                                                                                                  • 18.01.2011
                                                                                                                                                                                                  • 76
                                                                                                                                                                                                  • Privat


                                                                                                                                                                                                  #97
                                                                                                                                                                                                  AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                                                                                  Ein toller und ehrlicher Reisebericht über Höhen und Tiefen, den ich gerne verschlungen hab.
                                                                                                                                                                                                  Bin begeistert und der Arbeitsaufwand den Bericht zu schreiben verdient höchsten Respekt.
                                                                                                                                                                                                  Die Straße gleitet fort und fort,
                                                                                                                                                                                                  durch Berg und Schlucht, durch Feld und Tann,....

                                                                                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                                                                                    Anfänger im Forum
                                                                                                                                                                                                    • 24.06.2013
                                                                                                                                                                                                    • 27
                                                                                                                                                                                                    • Privat


                                                                                                                                                                                                    #98
                                                                                                                                                                                                    AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                                                                                    Vielen Dank für diesen schönen Bericht, fast so als ob man selbst dabei gewesen wäre.

                                                                                                                                                                                                    Hast du unterwegs eigentlich Tagebuch geführt oder hast du dir die ganzen Details alle so merken können?
                                                                                                                                                                                                    ...but she would not think of battle that reduces men to animals,
                                                                                                                                                                                                    so easy to begin and yet impossible to end.
                                                                                                                                                                                                    For she the mother of all men did council me so wisely then
                                                                                                                                                                                                    I feared to walk alone again and asked if she would stay.

                                                                                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                                                                                      Gerne im Forum
                                                                                                                                                                                                      • 05.12.2013
                                                                                                                                                                                                      • 59
                                                                                                                                                                                                      • Privat


                                                                                                                                                                                                      #99
                                                                                                                                                                                                      AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                                                                                      Danke für diesen sehr ausführligen Einblick in Dein "Reisetagebuch". Das ganzr stimmt moch schon voller Vorfreude

                                                                                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                                                                                        Erfahren
                                                                                                                                                                                                        • 23.08.2010
                                                                                                                                                                                                        • 228
                                                                                                                                                                                                        • Privat


                                                                                                                                                                                                        AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                                                                                        Zitat von Boby Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                        Hast du unterwegs eigentlich Tagebuch geführt oder hast du dir die ganzen Details alle so merken können?
                                                                                                                                                                                                        Das ist alles in den Tiefen meiner Gehirnwindungen abgespeichert. Die Tour ist ja auch noch keine 5 Jahre her, die feineren Details werden sicherlich irgendwann schwinden, aber ein halbes Jahr sich alles sehr sehr genau merken ist kein Problem. Habe im Allgemeinen auch ein richtig gutes Gedächtnis.

                                                                                                                                                                                                        Vielen Dank an euch alle, für die netten Feedbacks! Da weis man, wofür man sich die Mühe und Arbeit macht!

                                                                                                                                                                                                        Jetzt schulde ich euch nur noch Rückmeldung zur Ausrüstung, wo ich bisher leider noch nicht zu gekommen bin.

                                                                                                                                                                                                        Gruß
                                                                                                                                                                                                        David

                                                                                                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                                                                                                          Freak
                                                                                                                                                                                                          Liebt das Forum
                                                                                                                                                                                                          • 21.12.2003
                                                                                                                                                                                                          • 13981
                                                                                                                                                                                                          • Privat


                                                                                                                                                                                                          AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                                                                                          Zitat von efbomber Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                          Das ist alles in den Tiefen meiner Gehirnwindungen abgespeichert. Die Tour ist ja auch noch keine 5 Jahre her, die feineren Details werden sicherlich irgendwann schwinden, aber ein halbes Jahr sich alles sehr sehr genau merken ist kein Problem. Habe im Allgemeinen auch ein richtig gutes Gedächtnis.
                                                                                                                                                                                                          Respekt.
                                                                                                                                                                                                          Ich hätte ohne mein Tagebuch Mühe einen so detaillierten Bericht zu verfassen. Nicht dass ich alle Details notiert hätte, aber es hilft mir doch sehr die Erinnerungen dem richtigen Zeitpunkt zuzuordnen.
                                                                                                                                                                                                          Aber es mag natürlich auch daran liegen dass ich die bildliche Gedankenstütze in einem viel eingeschränkteren Rahmen nutze - 2 Filme (ca 80 Aufnahmen) müssen bei mir für eine Woche reichen, die restlichen Bilder sind nur im Kopf (Manche davon vermisse ich dann wenn ich die entwickelten Dias bekomme ) aber da halten sie auch sehr gut.

                                                                                                                                                                                                          Gruss
                                                                                                                                                                                                          Henning
                                                                                                                                                                                                          Es gibt kein schlechtes Wetter,
                                                                                                                                                                                                          nur unpassende Kleidung.

                                                                                                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                                                                                                            Alter Hase
                                                                                                                                                                                                            • 21.10.2011
                                                                                                                                                                                                            • 4401
                                                                                                                                                                                                            • Privat


                                                                                                                                                                                                            AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                                                                                            Ich hätte ohne mein Tagebuch Mühe einen so detaillierten Bericht zu verfassen. Nicht dass ich alle Details notiert hätte, aber es hilft mir doch sehr die Erinnerungen dem richtigen Zeitpunkt zuzuordnen.
                                                                                                                                                                                                            Dito.

                                                                                                                                                                                                            Habe schon von vielen Leuten gelesen die für diesen Zweck ein Diktiergerät nutzen. Keine schlechte Idee, denke ich auch drüber nach.

                                                                                                                                                                                                            mfg
                                                                                                                                                                                                            cane

                                                                                                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                                                                                                              Erfahren
                                                                                                                                                                                                              • 27.07.2011
                                                                                                                                                                                                              • 141
                                                                                                                                                                                                              • Privat


                                                                                                                                                                                                              AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                                                                                              Dein Reisebericht hat Überlänge! Ich hatte schon vor dem Filmabend meiner Frau damit angefangen und nachdem "Eat, Pray, Love" vorbei war (was ich nicht unbedingt anschauen musste ) war ich immer noch nicht ganz durch. Ein Blockbuster mit Überlänge! Großes Kino! Tolle Panoramaaufnahmen! Fähige Darsteller! Und eine fesselnde Story! Wer braucht schon Julia Roberts und Javier Bardem. Lieber Oskari statt Oscars!
                                                                                                                                                                                                              Nein ehrlich, das war ein schöner Bericht, ich habe ihn verschlungen. Und wenn meine eigenen Solotour-Erfahrungen auch nur aus dem Schwarzwald stammen, spiegelten sich doch manche Erfahrungen, die Du beschreibst, in meinen. Insbesondere wie die Laune wie ein "Blauewolkenfetzen-Barometer" hin und her schwankt. Irgendwie ist das viel extremer, wenn man alleine unterwegs ist. Dein Bericht macht mir auf jeden Fall Mut, vielleicht doch mal wieder eine Solotour zu starten, nachdem ich eigentlich in Richtung Skandinavien nicht alleine planen wollte, da ich schon im Schwarzwald Gesellschaft vermisste:
                                                                                                                                                                                                              Schwarzwaldüberquerung-Vom-Münstertal-bis-in-die-Wutachschlucht
                                                                                                                                                                                                              Aber mit Mitte 30 ist es leider schwer, Termine mit guten Freunden in Einklang zu bringen, wenn Job und Familie bei jedem auch in die Planungen integriert werden wollen.

                                                                                                                                                                                                              Vielen Dank für den tollen Bericht! Freue mich schon auf Deinen nächsten!
                                                                                                                                                                                                              Blicke windwärts...

                                                                                                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                                                                                                Anfänger im Forum
                                                                                                                                                                                                                • 24.06.2013
                                                                                                                                                                                                                • 27
                                                                                                                                                                                                                • Privat


                                                                                                                                                                                                                AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                                                                                                                                                                                                OT:
                                                                                                                                                                                                                Zitat von efbomber Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                                Das ist alles in den Tiefen meiner Gehirnwindungen abgespeichert. Die Tour ist ja auch noch keine 5 Jahre her, die feineren Details werden sicherlich irgendwann schwinden, aber ein halbes Jahr sich alles sehr sehr genau merken ist kein Problem. Habe im Allgemeinen auch ein richtig gutes Gedächtnis.
                                                                                                                                                                                                                Schön, wenn ich nicht jeden Morgen zum Frühstück das gleiche essen würde könnte ich wir wahrscheinlich nicht einmal das merken. Und das mit Anfang 20.
                                                                                                                                                                                                                ...but she would not think of battle that reduces men to animals,
                                                                                                                                                                                                                so easy to begin and yet impossible to end.
                                                                                                                                                                                                                For she the mother of all men did council me so wisely then
                                                                                                                                                                                                                I feared to walk alone again and asked if she would stay.

                                                                                                                                                                                                                Kommentar