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Aller Anfang ist schwer.
Das ist ein Sprichwort, das immer dann zutrifft, wenn ich mich an einen neuen Reisebericht setze. So viel Spaß das Verfassen, das Raussuchen der Bilder und das erneute Durchleben auch bringen, so schwer fallen mir die ersten Zeilen.
Prolog
Da aber jede Geschichte einen Anfang hat, in denen meist einleitende Worte den Leser auf die nächsten Kapitel vorbereiten, will ich hier keine Ausnahme machen.
Nach der Sarek und Stora Sjöfallet Tour von 2012 war für mich klar, dass ich wieder in den Norden muss. Anfangs habe ich noch gehofft, dass mein bester Freund Sebastian mich auf dem Weg erneut begleiten wird, aber seine berufliche Situation würde das für das kommende Abenteuer nicht zulassen. So blieben mir 2 Möglichkeiten offen, 2013 keine Tour unternehmen, oder 2013 meine erste Solotour starten. Das Nordfieber ließ Variante 1 nicht zu! Die Planungen begingen bereits im August 2012. Ich wollte eine Region in schwedisch Lappland besuchen, die einfach mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen ist und die ich noch nicht kannte. Schnell ist hier die Entscheidung auf Abisko als Einstiegspunkt gefällt worden. Die Planung der Strecke hat mich einige Wochen gekostet, denn zum einen war mir nicht bewusst, wie viele Optionen in dieser Region einem offen stehen und welche verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten zusammenstellbar sind. Wie immer haben mir bei meinen Entscheidungen Reiseberichte anderer Forumsmitglieder den Weg gewiesen und die Sehnsüchte für bestimmte Gebiete geweckt. Dieser Reisebericht ist selbstverständlich auch als kleiner Dank zu verstehen
Im Januar 2013 wurde der Urlaubsschein für den Reisezeitraum vom 15.06.2013 bis 07.07.2013 eingereicht und abgesegnet und ich konnte die organisatorischen Notwendigkeiten in Angriff nehmen. in den kommenden Wochen wurden die Zugtickets gebucht, Geld gewechselt, Nahrung gekauft, Ausrüstung ergänzt etc.. Ihr kennt das ja alle
Die Anreise mit der Bahn kann ich jedem wärmstens empfehlen, der es ruhig angehen lassen will. Für mich war es die kostengünstigste Alternative (ca. 260 Euro Hin- und Rückweg), auch wenn es 36 Stunden benötigt um vom westfälischen Lippstadt nach Abisko zu gelangen. Die Zeit kann man wunderbar nutzen um sich gemächlich vom Alltag zu verabschieden.
Kapitel 1 - Endlich unterwegs
15.06 und 16.06
Drei Uhr morgens stehe ich in Hamm auf dem Bahnhof. Den ursprünglichen Start in Soest lasse ich aus, da sonst sofort eine 50 minütige Umstiegszeit in Hamm auf mich gewartet hätte und ich so einfach noch eine Stunde länger ruhen konnte. An Schlaf war nicht zu denken gewesen, ich war viel zu aufgedreht vor meiner ersten Tour alleine. Meine Eltern sind ebenfalls vor Ort um sich bei mir zu verabschieden und mir noch ein letzes Mal einzutrichtern, dass ich nichts Riskantes unternehmen soll. Der Zug kommt mit 10 minütiger Verspätung an, ich steige ein und verfrachte den Rucksack über meinen Sitz. Gar nicht so einfach bei sperrigen 30kg. Kurz nach Abfahrt hänge ich in Gedanken meinen Sorgen nach, ob ich auch nichts Wichtiges vergessen habe. Ein kurzer Check meines Ziplockbeutels beruhigt mich sofort. Alle Fahrkarten und das Geld sind dabei.
In Bremen steigt ein junges Paar ein, die die beiden Sitze neben mir besetzen. Eher aus Langeweile bekomme ich einige Gesprächsfetzen mit. "lange Fahrt, Treckingtour, Stockholm, Abisko". Ich spreche die zwei an und wie der Zufall so will, sind auch sie unterwegs nach Abisko und wollen den Kungsleden bis nach Kvikkjokk laufen. Die Wartezeit in Hamburg verbringen wir gemeinsam und wir tauschen unsere bisherigen Erfahrungen aus. Für die zwei ist es das erste Mal schwedisch Lappland. Um kurz nach halb 8 trifft der Zug ein, ohne Verspätung. Das Wetter verspricht warm zu werden. Das ist das erste Wochenende dieses Jahres in Deutschland, dass es über die 20 Grad Marke klettern soll. Ohne Besonderheiten gelangen wir auf die Fähre in Putgarden.
Es ist gerade mal 4 Wochen her, dass ich mit meinem Kumpel Sven denselben Weg bis nach Stockholm zurückgelegt habe. Ich laufe auf dem Deck rum bei spitzenmäßigem Wetter, schwelge in Erinnerungen und genieße die Seeluft.

In Kopenhagen wechseln wir flott in den Anschlusszug Richtung Stockholm. Hier verlieren wir uns aus den Augen. Ich bin wieder allein.... aber nicht lange. Neben mich gesellt sich eine Dame älteren Jahrgangs. Wir kommen ins Gespräch. Auch sie ist eine Deutsche, die ihre Freundin in Stockholm besuchen will. Ein wenig fragt sie mich noch zu meinem Vorhaben aus, aber der Dialog wird schnell zum Monolog, der immerhin unterhaltsam bleibt. Eine kleine Lebensgeschichte über ihren begabten Sohn, seinen Werdegang als Mediziner, dass er keine Zeit mehr für seine Mutter hat und sie kaum noch ihre Enkel zu Gesicht bekommt, wird detailiert beschrieben.
Was soll ich sagen, die Fahrt vergeht wie im Flug! Und ich wollte noch ein Buch einpacken...
Um 17 Uhr erreichen wir Stockholm, die Hitze ist kaum noch auszuhalten. Wie schon vor 4 Wochen sind die Schweden mit schönem Wetter gesegnet. Ich habe noch 5 Stunden Aufenthalt, bis mein Anschlusszug nach Abisko abfährt. Diese nutze ich um ein wenig durch Stockholm zu laufen. Später begebe ich mich in die Wartehalle des Bahnhofs und bestelle mir ein Whoppermenü beim Burgerking. Die letzte Mahlzeit hatte ich freitag mittag. Während ich den Burger verdrücke, wühlt ein Obdachloser in den Abfalleimern und den zurückgelassenen Resten einer Teenagergruppe auf den Tischen nach was Essbarem. Als er genug zusammen hat, setzt er sich zwei Tische weiter und fängt an die Reste zu vertilgen. Ich spiele kurz mit dem Gedanken ihm ein Menü zu spendieren, lasse es dann aber. 10 Minuten später setzten sich zwei gehetzt wirkende Südländer etwas abseits und schauen sich ständig um. Kurz darauf erscheinen zwei muskelbepackte Securityleute, sprechen in ihr Funkgerät und gehen auf die beiden zu. Ich bekomme fast einen Lachanfall als einer der Typen eine Sonnenbrille aus der Jeansjacke zaubert und sich diese aufsetzt. Als ob er nun unmöglich von den nur noch 7 Metern entfernten Wachleuten erkannt werden würde. Auf einmal tauchen 6 weitere Sicherheitsleute auf, die beiden Südländer werden jeweils von einem Paar eingehackt und abgeführt. Keiner Diskutiert rum, keiner setzt sich zur Wehr. Die verbliebenen Wachleute überprüfen Mülleimer, Tische und Bänke. Aller Wahrscheinlichkeit nach Drogendealer. Naja, Zeit zu gehen.
Am Bahnsteig werde ich vermehrt nach Zügen, Halteorten und Wegbeschreibungen gefragt. Wieso denken die Leute immer, wenn man eine Outdoorkluft trägt, dass man sich automatisch überall auskennt? Schwedisch sehe ich nun wirklich nicht aus. Antworten kann ich hingegen schon. Nachdem ich begriffen hatte, dass die gute Frau nach Gävle will, kann ich ihr versichern, dass sie am richtigen Gleis steht. Die Ausprache Jävle ließ mich zuerst kurz ahnungslos dreinblicken
Im Nachtzug schaffe ich es dann tatsächlich einige wenige Stunden zu schlafen, und das auch noch bequem, obwohl ich kein Schlafabteil gebucht hatte. Eine doppelte Sitzbank geht zur Not auch. Als ich am nächsten Tag aufwache, bemerke ich zwei Jungs, die ungefähr in meinem Alter sein müssten, sie sprechen deutsch und sitzen einige Reihen hinter mir. Beim letzten Umstieg in Boden kommen wir dann auch ins Gespräch. Die beiden sind aus Berlin und fahren den weiten Weg hier hoch um eine Woche zu trecken. Respekt! Wär mir fast zu wenig Zeit.
In Kiruna wird noch einmal Halt gemacht und die Lock umgesetzt. Zeit ein wenig die Beine zu vertreten. Das Wetter sieht bei Weitem nicht mehr so freundlich aus, wie in Stockholm. Es ist frisch und bewölkt.

Schlaf gibt es nun keinen mehr. In meinem Wagen ist eine chinesiche Großfamilie untergebracht, die lauthals über jeden schneebedeckten Hügel und Gipfel jubelt und zumindest für japanische Verhältnisse ganz stereotypisch die Kameras zuckt und fotografiert. Die restlichen Kilometer ziehen sich ein wenig, aber der Ausblick entschädigt für alles.
Um kurz vor 17 Uhr erreichen wir endlich Abisko. Beinahe alle steigen aus und machen sich auf den Weg zur Turiststation. Auch die Großfamilie...

Ich setze mich an die Haltestelle und überlege kurz. Bin total aufgedreht, die Müdigkeit ist komplett verflogen und wirklich Bock auf den Trubel habe ich auch nicht. Ich knipse noch ein paar Bildchen und beschließe noch einmal zu Hause anzurufen und mich für die nächsten Wochen abzumelden, während die letzten beiden Wanderer sich auf den Weg machen.

Obwohl es etwas nieselt und das Wetter wie bei allen unseren vorangegangenen Touren hier oben anfangs nicht gerade einladend ist, packe ich alles ein, und sehe mich zuerst ein wenig um. Ich weis zwar, dass ich dem Paddus Naturstig folgen muss um Richtung Lapporten zu kommen, aber wo gehts hier denn los?
Das hier ist die Aurora Skystation auf dem Njullá.

Genau was ich gesucht habe. Ein paar Meter hinter dem Parkplatz findet sich ein Wegweiser!

Aber was ist denn das? Sind das etwa Raupen? Der Wegweiser ist voll mit den grünen Tierchen.

Ein Denkmal gibt es auch noch in der Nähe.

Nachdem ich eine halbe Stunde nahe der Haltestelle in den Büschen rumgeirrt bin, finde ich endlich den richtigen Weg. Der Breiteste vom Parkplatz aus, natürlich muss ich den übersehen.... Nach nur wenigen Minuten wird Lapporten sichtbar. Der Weg ist von tausenden von Raupen gepflastert. Wirklich wiederlich. Ich dachte letztes Jahr im Stora Sjöfallet wären die schon eine Plage, aber das hier ist um Längen schlimmer. Die Biester baumeln an Fäden von den Ästen und lassen sich sofort auf einem nieder, wenn man sie nur streift. In kürzester Zeit bin ich eine kleine wandelnde Siedlung für die Viecher.
Ob ich es heute noch bis dort hin schaffe? Der Plan ist eigentlich nur ein paar km laufen und eine geeignete Raststelle zum Ausruhen zu finden.

Immerhin ist der Weg nicht mehr zu verfehlen, der Nieselregen hat auch aufgehört und ich gehe weiter, immer dem Blümchen folgend.

Schon bald kommt man an eine kleine Lichtung, wo ich einige Nachbauten der traditionellen samischen Sommerhütten bewundern darf. Wirklich nett gemacht, ich nehme mir die Zeit und lese die Infotafeln.


Irgendwann beschließe ich weiter zu gehen, wer weis schon genau wie lange es bei den Wolken hier oben trocken bleiben wird. Noch bin ich längst nicht aus dem Abisko Nationalpark.

Der Weg führt seicht immer weiter hinauf. Steinig wie der Kungsleden und anscheinend viel begangen. Es kreuzen immer wieder andere Pfade und ab und an komme ich ins grübeln, ob ich wohl noch richtig bin. Hin und wieder taucht aber eine Blümchenmarkierung auf und gibt mir Gewissheit. Die Birken sind nahezu kahl gefressen von den Raupen. Eigentlich hätte hier schon alles in einem frischen Grünton erblühen müssen, so wirkt die Gegend eher trostlos und irgendwie kommt eine Endzeitstimmung auf. Wenn nicht hin und wieder Geräusche von Autos an mein Ohr dringen würden und das Hundegebell aus Richtung der Turiststation, wäre es komplett still. Ich bin durstig, schwitze viel und hoffe, dass ich bald an einen Wasserlauf gelange.

Hier tauchen verstreut noch einige Kiefern zwischen den für diese Breitengrade typischen Birken- und Weidengewächse auf.

Nach etwa einer Stunde erreiche ich die Grenze des Nationalparks Abisko. Ab nun darf ich mir ohne schlechtes Gewissen einen Zeltplatz suchen

Das letzte Mal, dass ich etwas gegessen habe, ist schon 24 Stunden her. Ich pausiere, nehme einen Schluck Wasser, ich bin sehr sparsam, da ich noch kein fließendes Gewässer gefunden habe, und gönne mir einen Proteinriegel. Die Raupen auf meinen Klamotten lasse ich rumkrabbeln, solange man zwischen den Bäumen umherirrt, ist das zwecklos die Tiere abzustreifen. Die Plage pflastert quasi den Weg, den ich langlaufe!

Langsam merke ich aber den Schlafmangel und hoffe, dass es nun nicht mehr allzuweit ist bis Lapporten. Irgendwie reitet mich gerade der Teufel und ich will es noch heute bis da hoch schaffen.

In Gedanken rechne ich noch mit 5 bis 8 km, nach mehr sieht das nicht aus. Kurz darauf springt mir ein Schild ins Gesicht, als ob es extra für mich dort angebracht worden wäre!

OK! 12 km schaffe ich heute nicht mehr. Was soll auch dieses Gehetze? Also weiter, bis ich fließendes Wasser finde, dann direkt das Zelt aufbauen, was futtern und eine Runde schlafen. Ich komme an einigen guten Plätzen vorbei. Sogar einen kleinen Steinofen gibt es hier

Immer wieder halte ich inne und genieße die Stille, den Ausblick, die Natur! Es ist einfach nur herrlich nach einem Jahr endlich wieder hier oben unterwegs zu sein. Die lange Anreise habe ich schon zu dem Zeitpunkt vergessen. Sie ist es jedes Mal Wert gewesen!
Das Wasser aus dem See lasse ich links liegen. Mir sind in unmittelbarer Nähe einfach zu viele alte Lagerstätten aufgefallen.

Also weiter geht es! Mittlerweile wechseln sich Kahlfjäll und bewaldete Ausläufer ab. Der Weg macht mir sehr viel Spaß! Hier ein Blick zurück, kurz bevor ich die Waldgrenze hinter mich lasse. Der Törneträsk im Hintergrund. Die Gipfel des Gebirges am Nordufer in Wolken gehüllt.


Es ist bereits kurz vor 8. Ich habe schon eine Weile diese hellen Punkte in einem Hang bemerkt. Endlich ist die Sicht freier und ich erkenne, dass es sich dabei um eine Ansammlung von Zelten handelt. Irgendwo habe ich gelesen, dass es hier oben eine Forschungsstation geben soll. Das ist sie vermutlich. Gut zu wissen, wo man im Notfall einen Ersatzhering oder sogar ein Ersatzzelt abstauben könnte
Sieht auch nicht so aus, als ob jemand anwesend wäre.


Alt und neu. Ich nehme mir immer noch die Zeit die kleinen Dinge zu bewundern. Wird ja nicht dunkel

Irgendwie kommt Lapporten nicht näher und näher.

An dieser Stelle ein kleiner Tipp für alle, die es eilig haben. Verlasst hier den Weg und folgt dem eher unscheinbaren Pfad nach Norden! Der ausgetrampeltere Weg südlich um den Aussichtpunkt führt irgendwann nach Abisko, aber an einer Abzweigung wird darauf hingewiesen. Ich bin der leider erst gefolgt und später umgekehrt. Den kleinen Umweg hätte ich mir sparen können.
So langsam schleppe ich mich aber auch nur noch dahin. Ein Felsblock erweckt meine Neugier und ich lege hier eine weitere kleine Pause ein, ein Schluck Wasser, etwas Schokolade und weiter geht es.

Irgendwann verlasse ich den Pfad um abzukürzen. Jetzt wird es auf die letzten Meter nochmal anstrengend. Die erste sumpfige Stelle auf dieser Tour. Nichts Neues für mich, aber so wirklich Bock hab ich da jetzt nicht mehr drauf.

Um 21 Uhr beschließe ich, dass es jetzt gut ist für heute. Ich finde einen sehr schönen Zeltplatz, von dem aus ich den Ausblick auf den Törneträsk genießen kann. Leider gibt es hier in der Nähe aber kein Wasser. Mein übriger halber Liter ist mir in flüssiger Form wichtiger und ich entscheide nicht warm zu kochen. Sowieso fehlt mir irgendwie der Appetit und ich mampfe ein wenig Schokolade, ein paar Erdnüsse und lege mich dann irgendwann schlafen. Die Anreise hat mich doch mehr geschlaucht, als gedacht. Ich schlummere mit einem Grinsen ein, denn ich bin endlich wieder da wo es mich hinzieht.

Nun ja. Hiermit ist der Anfang getan. Ab jetzt wird es alle paar Tage ein Update geben. Je nach Zeit, Lust und Laune. Ich hoffe ich kann meine Stimmungen halbwegs gut auf euch Leser übertragen und dass ihr auch an diesem Bericht etwas Freude haben werdet. Alle Kapitel werden aus den dunklen Ecken meiner Erinnerung verfasst. Lediglich die Zeitstempel der Bilder und meine Wanderkarte von calazo vervollständigen die Lücken. Es wird ein längerer Bericht mit vielen Fotos, da ich selber solche Berichte liebe!
Das ist ein Sprichwort, das immer dann zutrifft, wenn ich mich an einen neuen Reisebericht setze. So viel Spaß das Verfassen, das Raussuchen der Bilder und das erneute Durchleben auch bringen, so schwer fallen mir die ersten Zeilen.
Prolog
Da aber jede Geschichte einen Anfang hat, in denen meist einleitende Worte den Leser auf die nächsten Kapitel vorbereiten, will ich hier keine Ausnahme machen.
Nach der Sarek und Stora Sjöfallet Tour von 2012 war für mich klar, dass ich wieder in den Norden muss. Anfangs habe ich noch gehofft, dass mein bester Freund Sebastian mich auf dem Weg erneut begleiten wird, aber seine berufliche Situation würde das für das kommende Abenteuer nicht zulassen. So blieben mir 2 Möglichkeiten offen, 2013 keine Tour unternehmen, oder 2013 meine erste Solotour starten. Das Nordfieber ließ Variante 1 nicht zu! Die Planungen begingen bereits im August 2012. Ich wollte eine Region in schwedisch Lappland besuchen, die einfach mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen ist und die ich noch nicht kannte. Schnell ist hier die Entscheidung auf Abisko als Einstiegspunkt gefällt worden. Die Planung der Strecke hat mich einige Wochen gekostet, denn zum einen war mir nicht bewusst, wie viele Optionen in dieser Region einem offen stehen und welche verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten zusammenstellbar sind. Wie immer haben mir bei meinen Entscheidungen Reiseberichte anderer Forumsmitglieder den Weg gewiesen und die Sehnsüchte für bestimmte Gebiete geweckt. Dieser Reisebericht ist selbstverständlich auch als kleiner Dank zu verstehen

Im Januar 2013 wurde der Urlaubsschein für den Reisezeitraum vom 15.06.2013 bis 07.07.2013 eingereicht und abgesegnet und ich konnte die organisatorischen Notwendigkeiten in Angriff nehmen. in den kommenden Wochen wurden die Zugtickets gebucht, Geld gewechselt, Nahrung gekauft, Ausrüstung ergänzt etc.. Ihr kennt das ja alle

Die Anreise mit der Bahn kann ich jedem wärmstens empfehlen, der es ruhig angehen lassen will. Für mich war es die kostengünstigste Alternative (ca. 260 Euro Hin- und Rückweg), auch wenn es 36 Stunden benötigt um vom westfälischen Lippstadt nach Abisko zu gelangen. Die Zeit kann man wunderbar nutzen um sich gemächlich vom Alltag zu verabschieden.
Kapitel 1 - Endlich unterwegs
15.06 und 16.06
Drei Uhr morgens stehe ich in Hamm auf dem Bahnhof. Den ursprünglichen Start in Soest lasse ich aus, da sonst sofort eine 50 minütige Umstiegszeit in Hamm auf mich gewartet hätte und ich so einfach noch eine Stunde länger ruhen konnte. An Schlaf war nicht zu denken gewesen, ich war viel zu aufgedreht vor meiner ersten Tour alleine. Meine Eltern sind ebenfalls vor Ort um sich bei mir zu verabschieden und mir noch ein letzes Mal einzutrichtern, dass ich nichts Riskantes unternehmen soll. Der Zug kommt mit 10 minütiger Verspätung an, ich steige ein und verfrachte den Rucksack über meinen Sitz. Gar nicht so einfach bei sperrigen 30kg. Kurz nach Abfahrt hänge ich in Gedanken meinen Sorgen nach, ob ich auch nichts Wichtiges vergessen habe. Ein kurzer Check meines Ziplockbeutels beruhigt mich sofort. Alle Fahrkarten und das Geld sind dabei.
In Bremen steigt ein junges Paar ein, die die beiden Sitze neben mir besetzen. Eher aus Langeweile bekomme ich einige Gesprächsfetzen mit. "lange Fahrt, Treckingtour, Stockholm, Abisko". Ich spreche die zwei an und wie der Zufall so will, sind auch sie unterwegs nach Abisko und wollen den Kungsleden bis nach Kvikkjokk laufen. Die Wartezeit in Hamburg verbringen wir gemeinsam und wir tauschen unsere bisherigen Erfahrungen aus. Für die zwei ist es das erste Mal schwedisch Lappland. Um kurz nach halb 8 trifft der Zug ein, ohne Verspätung. Das Wetter verspricht warm zu werden. Das ist das erste Wochenende dieses Jahres in Deutschland, dass es über die 20 Grad Marke klettern soll. Ohne Besonderheiten gelangen wir auf die Fähre in Putgarden.
Es ist gerade mal 4 Wochen her, dass ich mit meinem Kumpel Sven denselben Weg bis nach Stockholm zurückgelegt habe. Ich laufe auf dem Deck rum bei spitzenmäßigem Wetter, schwelge in Erinnerungen und genieße die Seeluft.

In Kopenhagen wechseln wir flott in den Anschlusszug Richtung Stockholm. Hier verlieren wir uns aus den Augen. Ich bin wieder allein.... aber nicht lange. Neben mich gesellt sich eine Dame älteren Jahrgangs. Wir kommen ins Gespräch. Auch sie ist eine Deutsche, die ihre Freundin in Stockholm besuchen will. Ein wenig fragt sie mich noch zu meinem Vorhaben aus, aber der Dialog wird schnell zum Monolog, der immerhin unterhaltsam bleibt. Eine kleine Lebensgeschichte über ihren begabten Sohn, seinen Werdegang als Mediziner, dass er keine Zeit mehr für seine Mutter hat und sie kaum noch ihre Enkel zu Gesicht bekommt, wird detailiert beschrieben.
Was soll ich sagen, die Fahrt vergeht wie im Flug! Und ich wollte noch ein Buch einpacken...
Um 17 Uhr erreichen wir Stockholm, die Hitze ist kaum noch auszuhalten. Wie schon vor 4 Wochen sind die Schweden mit schönem Wetter gesegnet. Ich habe noch 5 Stunden Aufenthalt, bis mein Anschlusszug nach Abisko abfährt. Diese nutze ich um ein wenig durch Stockholm zu laufen. Später begebe ich mich in die Wartehalle des Bahnhofs und bestelle mir ein Whoppermenü beim Burgerking. Die letzte Mahlzeit hatte ich freitag mittag. Während ich den Burger verdrücke, wühlt ein Obdachloser in den Abfalleimern und den zurückgelassenen Resten einer Teenagergruppe auf den Tischen nach was Essbarem. Als er genug zusammen hat, setzt er sich zwei Tische weiter und fängt an die Reste zu vertilgen. Ich spiele kurz mit dem Gedanken ihm ein Menü zu spendieren, lasse es dann aber. 10 Minuten später setzten sich zwei gehetzt wirkende Südländer etwas abseits und schauen sich ständig um. Kurz darauf erscheinen zwei muskelbepackte Securityleute, sprechen in ihr Funkgerät und gehen auf die beiden zu. Ich bekomme fast einen Lachanfall als einer der Typen eine Sonnenbrille aus der Jeansjacke zaubert und sich diese aufsetzt. Als ob er nun unmöglich von den nur noch 7 Metern entfernten Wachleuten erkannt werden würde. Auf einmal tauchen 6 weitere Sicherheitsleute auf, die beiden Südländer werden jeweils von einem Paar eingehackt und abgeführt. Keiner Diskutiert rum, keiner setzt sich zur Wehr. Die verbliebenen Wachleute überprüfen Mülleimer, Tische und Bänke. Aller Wahrscheinlichkeit nach Drogendealer. Naja, Zeit zu gehen.
Am Bahnsteig werde ich vermehrt nach Zügen, Halteorten und Wegbeschreibungen gefragt. Wieso denken die Leute immer, wenn man eine Outdoorkluft trägt, dass man sich automatisch überall auskennt? Schwedisch sehe ich nun wirklich nicht aus. Antworten kann ich hingegen schon. Nachdem ich begriffen hatte, dass die gute Frau nach Gävle will, kann ich ihr versichern, dass sie am richtigen Gleis steht. Die Ausprache Jävle ließ mich zuerst kurz ahnungslos dreinblicken

Im Nachtzug schaffe ich es dann tatsächlich einige wenige Stunden zu schlafen, und das auch noch bequem, obwohl ich kein Schlafabteil gebucht hatte. Eine doppelte Sitzbank geht zur Not auch. Als ich am nächsten Tag aufwache, bemerke ich zwei Jungs, die ungefähr in meinem Alter sein müssten, sie sprechen deutsch und sitzen einige Reihen hinter mir. Beim letzten Umstieg in Boden kommen wir dann auch ins Gespräch. Die beiden sind aus Berlin und fahren den weiten Weg hier hoch um eine Woche zu trecken. Respekt! Wär mir fast zu wenig Zeit.
In Kiruna wird noch einmal Halt gemacht und die Lock umgesetzt. Zeit ein wenig die Beine zu vertreten. Das Wetter sieht bei Weitem nicht mehr so freundlich aus, wie in Stockholm. Es ist frisch und bewölkt.

Schlaf gibt es nun keinen mehr. In meinem Wagen ist eine chinesiche Großfamilie untergebracht, die lauthals über jeden schneebedeckten Hügel und Gipfel jubelt und zumindest für japanische Verhältnisse ganz stereotypisch die Kameras zuckt und fotografiert. Die restlichen Kilometer ziehen sich ein wenig, aber der Ausblick entschädigt für alles.
Um kurz vor 17 Uhr erreichen wir endlich Abisko. Beinahe alle steigen aus und machen sich auf den Weg zur Turiststation. Auch die Großfamilie...

Ich setze mich an die Haltestelle und überlege kurz. Bin total aufgedreht, die Müdigkeit ist komplett verflogen und wirklich Bock auf den Trubel habe ich auch nicht. Ich knipse noch ein paar Bildchen und beschließe noch einmal zu Hause anzurufen und mich für die nächsten Wochen abzumelden, während die letzten beiden Wanderer sich auf den Weg machen.

Obwohl es etwas nieselt und das Wetter wie bei allen unseren vorangegangenen Touren hier oben anfangs nicht gerade einladend ist, packe ich alles ein, und sehe mich zuerst ein wenig um. Ich weis zwar, dass ich dem Paddus Naturstig folgen muss um Richtung Lapporten zu kommen, aber wo gehts hier denn los?
Das hier ist die Aurora Skystation auf dem Njullá.

Genau was ich gesucht habe. Ein paar Meter hinter dem Parkplatz findet sich ein Wegweiser!

Aber was ist denn das? Sind das etwa Raupen? Der Wegweiser ist voll mit den grünen Tierchen.

Ein Denkmal gibt es auch noch in der Nähe.

Nachdem ich eine halbe Stunde nahe der Haltestelle in den Büschen rumgeirrt bin, finde ich endlich den richtigen Weg. Der Breiteste vom Parkplatz aus, natürlich muss ich den übersehen.... Nach nur wenigen Minuten wird Lapporten sichtbar. Der Weg ist von tausenden von Raupen gepflastert. Wirklich wiederlich. Ich dachte letztes Jahr im Stora Sjöfallet wären die schon eine Plage, aber das hier ist um Längen schlimmer. Die Biester baumeln an Fäden von den Ästen und lassen sich sofort auf einem nieder, wenn man sie nur streift. In kürzester Zeit bin ich eine kleine wandelnde Siedlung für die Viecher.
Ob ich es heute noch bis dort hin schaffe? Der Plan ist eigentlich nur ein paar km laufen und eine geeignete Raststelle zum Ausruhen zu finden.

Immerhin ist der Weg nicht mehr zu verfehlen, der Nieselregen hat auch aufgehört und ich gehe weiter, immer dem Blümchen folgend.

Schon bald kommt man an eine kleine Lichtung, wo ich einige Nachbauten der traditionellen samischen Sommerhütten bewundern darf. Wirklich nett gemacht, ich nehme mir die Zeit und lese die Infotafeln.


Irgendwann beschließe ich weiter zu gehen, wer weis schon genau wie lange es bei den Wolken hier oben trocken bleiben wird. Noch bin ich längst nicht aus dem Abisko Nationalpark.

Der Weg führt seicht immer weiter hinauf. Steinig wie der Kungsleden und anscheinend viel begangen. Es kreuzen immer wieder andere Pfade und ab und an komme ich ins grübeln, ob ich wohl noch richtig bin. Hin und wieder taucht aber eine Blümchenmarkierung auf und gibt mir Gewissheit. Die Birken sind nahezu kahl gefressen von den Raupen. Eigentlich hätte hier schon alles in einem frischen Grünton erblühen müssen, so wirkt die Gegend eher trostlos und irgendwie kommt eine Endzeitstimmung auf. Wenn nicht hin und wieder Geräusche von Autos an mein Ohr dringen würden und das Hundegebell aus Richtung der Turiststation, wäre es komplett still. Ich bin durstig, schwitze viel und hoffe, dass ich bald an einen Wasserlauf gelange.

Hier tauchen verstreut noch einige Kiefern zwischen den für diese Breitengrade typischen Birken- und Weidengewächse auf.

Nach etwa einer Stunde erreiche ich die Grenze des Nationalparks Abisko. Ab nun darf ich mir ohne schlechtes Gewissen einen Zeltplatz suchen


Das letzte Mal, dass ich etwas gegessen habe, ist schon 24 Stunden her. Ich pausiere, nehme einen Schluck Wasser, ich bin sehr sparsam, da ich noch kein fließendes Gewässer gefunden habe, und gönne mir einen Proteinriegel. Die Raupen auf meinen Klamotten lasse ich rumkrabbeln, solange man zwischen den Bäumen umherirrt, ist das zwecklos die Tiere abzustreifen. Die Plage pflastert quasi den Weg, den ich langlaufe!

Langsam merke ich aber den Schlafmangel und hoffe, dass es nun nicht mehr allzuweit ist bis Lapporten. Irgendwie reitet mich gerade der Teufel und ich will es noch heute bis da hoch schaffen.

In Gedanken rechne ich noch mit 5 bis 8 km, nach mehr sieht das nicht aus. Kurz darauf springt mir ein Schild ins Gesicht, als ob es extra für mich dort angebracht worden wäre!


OK! 12 km schaffe ich heute nicht mehr. Was soll auch dieses Gehetze? Also weiter, bis ich fließendes Wasser finde, dann direkt das Zelt aufbauen, was futtern und eine Runde schlafen. Ich komme an einigen guten Plätzen vorbei. Sogar einen kleinen Steinofen gibt es hier


Immer wieder halte ich inne und genieße die Stille, den Ausblick, die Natur! Es ist einfach nur herrlich nach einem Jahr endlich wieder hier oben unterwegs zu sein. Die lange Anreise habe ich schon zu dem Zeitpunkt vergessen. Sie ist es jedes Mal Wert gewesen!
Das Wasser aus dem See lasse ich links liegen. Mir sind in unmittelbarer Nähe einfach zu viele alte Lagerstätten aufgefallen.

Also weiter geht es! Mittlerweile wechseln sich Kahlfjäll und bewaldete Ausläufer ab. Der Weg macht mir sehr viel Spaß! Hier ein Blick zurück, kurz bevor ich die Waldgrenze hinter mich lasse. Der Törneträsk im Hintergrund. Die Gipfel des Gebirges am Nordufer in Wolken gehüllt.


Es ist bereits kurz vor 8. Ich habe schon eine Weile diese hellen Punkte in einem Hang bemerkt. Endlich ist die Sicht freier und ich erkenne, dass es sich dabei um eine Ansammlung von Zelten handelt. Irgendwo habe ich gelesen, dass es hier oben eine Forschungsstation geben soll. Das ist sie vermutlich. Gut zu wissen, wo man im Notfall einen Ersatzhering oder sogar ein Ersatzzelt abstauben könnte

Sieht auch nicht so aus, als ob jemand anwesend wäre.


Alt und neu. Ich nehme mir immer noch die Zeit die kleinen Dinge zu bewundern. Wird ja nicht dunkel


Irgendwie kommt Lapporten nicht näher und näher.

An dieser Stelle ein kleiner Tipp für alle, die es eilig haben. Verlasst hier den Weg und folgt dem eher unscheinbaren Pfad nach Norden! Der ausgetrampeltere Weg südlich um den Aussichtpunkt führt irgendwann nach Abisko, aber an einer Abzweigung wird darauf hingewiesen. Ich bin der leider erst gefolgt und später umgekehrt. Den kleinen Umweg hätte ich mir sparen können.
So langsam schleppe ich mich aber auch nur noch dahin. Ein Felsblock erweckt meine Neugier und ich lege hier eine weitere kleine Pause ein, ein Schluck Wasser, etwas Schokolade und weiter geht es.

Irgendwann verlasse ich den Pfad um abzukürzen. Jetzt wird es auf die letzten Meter nochmal anstrengend. Die erste sumpfige Stelle auf dieser Tour. Nichts Neues für mich, aber so wirklich Bock hab ich da jetzt nicht mehr drauf.

Um 21 Uhr beschließe ich, dass es jetzt gut ist für heute. Ich finde einen sehr schönen Zeltplatz, von dem aus ich den Ausblick auf den Törneträsk genießen kann. Leider gibt es hier in der Nähe aber kein Wasser. Mein übriger halber Liter ist mir in flüssiger Form wichtiger und ich entscheide nicht warm zu kochen. Sowieso fehlt mir irgendwie der Appetit und ich mampfe ein wenig Schokolade, ein paar Erdnüsse und lege mich dann irgendwann schlafen. Die Anreise hat mich doch mehr geschlaucht, als gedacht. Ich schlummere mit einem Grinsen ein, denn ich bin endlich wieder da wo es mich hinzieht.

Nun ja. Hiermit ist der Anfang getan. Ab jetzt wird es alle paar Tage ein Update geben. Je nach Zeit, Lust und Laune. Ich hoffe ich kann meine Stimmungen halbwegs gut auf euch Leser übertragen und dass ihr auch an diesem Bericht etwas Freude haben werdet. Alle Kapitel werden aus den dunklen Ecken meiner Erinnerung verfasst. Lediglich die Zeitstempel der Bilder und meine Wanderkarte von calazo vervollständigen die Lücken. Es wird ein längerer Bericht mit vielen Fotos, da ich selber solche Berichte liebe!
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