[SE][NO] Lappland. Ein Sommermärchen - Nikkaluokta-Abisko auf einsamen Pfaden

Einklappen

Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

  • Mortias
    Fuchs
    • 10.06.2004
    • 1261
    • Privat

    • Meine Reisen

    [SE][NO] Lappland. Ein Sommermärchen - Nikkaluokta-Abisko auf einsamen Pfaden

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Und wieder gehen die Monate ins Land wo ich fremde Reiseberichte lese und denke „Hey, Du musst auch mal wieder ran Du fauler Sack“. Dauert halt leider immer ein bisschen bis ich mich zum Schreiben überwinde. Hat wohl auch damit zu tun, dass ich schon im Voraus weiß, dass es wieder viel Arbeit wird und ich es deswegen gerne vor mir herschiebe. Aber jetzt geht’s mal los hier...




    Vorwort
    Eigentlich habe ich dieses Jahr mich schon mit dem traurigen Gedanken abgefunden überhaupt keine Wandertour unternehmen zu können. Der Grund lag darin, dass ich im Frühling nach meiner Promotion an der Uni auf Jobsuche war. Und mir war klar, dass wenn ich bis zum Sommer keinen Job finde, ich es mir sicherlich nicht erlauben kann in meiner Bewerbungsphase zwischendurch auf Tour zu gehen. Gleichzeitig wusste ich auch, dass wenn ich einen Job finde, es wegen Probezeit in den ersten Monaten meist eher schlecht mit Urlaub aussieht. Sprich die Chancen für die Durchführung einer Tour waren mäßig bis schlecht.

    Ende Juni hatte ich dann endlich eine Jobzusage bekommen. Da der Arbeitsbeginn allerdings erst Anfang September war, hatte ich plötzlich doch die Möglichkeit spontan eine Tour einzuschieben; welch herrliches Gefühl. Jetzt hieß es nur noch mir schnell eine gute Route zusammenzubasteln.

    Auch auf die Gefahr hin langweilig und unkreativ rüberzukommen, aber auch dieses Mal stand ziemlich schnell fest, dass ich wieder Lappland einen Besuch abstatten wollte. Nach meinem Sarek-Abstecher im Vorjahr hatte ich wieder Lust auf einen hochalpinen Abschnitt, so dass ich die Gegend ums Kebnekaisemassiv näher ins Auge gefasst habe. Vor allem der Trepassleden hatte mich eh schon länger mal gereizt. Genauso wollte ich endlich auch mal ins norwegische Storsteinsfjellet. So fügte sich dann eins ins andere und nach ein wenig Kartenstudium hatte ich meine diesjährige Route dann auch schon fertig. Konnte also losgehen...


    Ungefährer Streckenverlauf
    Los ging die Tour in Nikkaluokta. Über den Darfalcorru ging es dann nach Tarfala und von da aus über den Trepassleden zur Unna Räitastuga. Anschließend dann durchs Unna Reaiddavaggi und Sielmmavaggi zum Tjäktjapass. Von da dann durchs Geargevaggi, übern Geargevakkicohkka und weiter durchs Muorahisvaggi. Nach einem kurzen Abstecher ins Alisvaggi ging es über den Gungarpass Richtung Cunovuopmi und weiter zur Lossistua. Anschließend dann durchs Rienatvaggi und Hunddalen bis zur Furt bei der Schotterstraße. Anschließend ging es querfeldein ins Dossagevaggi und weiter ins Hoiganvaggi. An dessen Westende lief ich dann über Boazocahca zur Kårsavaggestuga und weiter durchs Latnjavaggi zur Låktatjåkkastuga. Zu guter letzten ging es dann in westlicher Richtung übern Njulla nach Abisko, wo die Tour dann endete.

    Eine Übersicht vom Routenverlauf kann HIER angeschaut werden. Alternativ ist auch eine GOOGLE MAPS SATTELITENBILDANSICHT vorhanden.

  • Mortias
    Fuchs
    • 10.06.2004
    • 1261
    • Privat

    • Meine Reisen

    #2
    AW: [SE][NO] Lappland. Ein Sommermärchen - Nikkaluokta-Abisko auf einsamen Pfade

    Tag 1 (16.07.)
    Relativ unausgeschlafen und noch verkatert vom Vorabend (am Vorabend hab ich noch schön mit paar Freunden einen gehoben) machte ich mich daran die letzten Sachen in den bereits fast fertig gepackten Rucksack zu stecken und mich anschließend entspannt am frühen Nachmittag Richtung Bahnhof aufzumachen. Vom Hamburger Hauptbahnhof ging es dann per ICE nach Kopenhagen. Das Wetter war schön und während der Überfahrt von Fehmarn nach Dänemark erfreute ich mich an der Seeluft und dachte ein bisschen daran wie schön ruhig und entspannt jetzt so ein Strandurlaub doch wäre (diese Stimmung war wohl noch ein bisschen meinem Vorabendkater geschuldet).


    Bei der Bootsfahrt nach Dänemark


    Auf der Ostsee

    In Kopenhagen wollte ich dann den Öresundzug nehmen. Dabei war mein erstes Problem, dass ich keinen passenden Fahrkartenautomaten fand. Nach einigem Rumsuchen und rumfragen fand ich ihn dann am Eingang vom Bahnhof. Irgendwie nervig, dass da nicht mehr von rumstanden. Na ja, wie auch immer, ich schaffte es noch den gewünschten Zug zu nehmen und erreichte dann um kurz nach 9 Uhr Abends Malmö. Hier hatte ich jetzt noch ein bisschen Leerlauf, bis dann gegen halb 11 der Nachtzug nach Stockholm losfuhr.


    In Malmö


    Nachtzug nach Stockholm

    Endlich war ich nun im Nachtzug. Was freute ich mich mittlerweile darauf endlich schlafen zu können. Mittlerweile hat sich mein Schlafdefizit doch etwas bemerkbar gemacht. Zu meinem Unglück allerdings war unter anderem noch ein recht korpulenter Spanier in meinem Schlafabteil. Und dieser schien zumindest des Nachts ein recht passionierter Holzfäller zu sein, so dass es mir aufgrund seiner Schnarchgeräusche extrem schwer fiel überhaupt etwas Schlaf zu finden. Entspannung war was anders. Ich ärgerte mich deswegen extrem darüber meine Ohrstöpsel nicht mitgenommen zu haben.

    Kommentar


    • Mortias
      Fuchs
      • 10.06.2004
      • 1261
      • Privat

      • Meine Reisen

      #3
      AW: [SE][NO] Lappland. Ein Sommermärchen - Nikkaluokta-Abisko auf einsamen Pfade

      Tag 2 (17.07.)
      Um kurz vor 6 hielt der Zug dann in Stockholm. Ich weiß zwar nicht wie lange ich nun wirklich geschlafen habe, aber es war definitiv zu wenig. So gönnte ich mir in der Bahnhofshalle zum Frühstück erstmal nen großen Kaffee um halbwegs wieder auf die Beine zu kommen. Anschließend galt es noch ein paar Stunden Zeit totzuschlagen, bis der Flughafenbus losfuhr. Ich nutzte die Zeit um ein bisschen durch die Stockholmer Innenstadt zu laufen und beim ICA noch weitere Lebensmittel einzukaufen. Anschließend setzte ich mich auf eine Parkbank und machte mich daran die Sachen einigermaßen in meinen Rucksack zu verstauen. Platztechnisch durchaus eine Herausforderung. Und wirklich leicht war der Rucksack anschließend leider auch nicht. Na das konnte ja heiter werden.


      Stockholm

      Um 9.30 nahm ich dann den Flughafenbus nach Arlanda. Am entsprechenden Gate konnte ich dann bereits erkennen, dass ich nicht der einzige Wanderer war, der nach Kiruna wollte. Was für eine Überraschung... Aber irgendwie auch lustig so viele Gleichgesinnte zu sehen. Abflug war dann um 11.45 Uhr. Zwar hatte ich einen Fensterplatz, nur leider brachte dieser nicht die gewünschte Aussicht, da eine Wolkendecke als Spielverderber fungierte. Bisher hatte ich jedes Mal, wenn ich den Flieger nach Lappland genommen habe, das Pech nichts viel von der Landschaft zu sehen. So als ob die Natur nicht möchte, dass ich sie auf so bequeme Weise bewundere sondern nur durch die Strapazen einer Wanderung.


      Anflug nach Kiruna

      Nach der planmäßigen Landung im bewölkten Kiruna und einer kurzen Busfahrt zum Busbahnhof hieß es dann noch mal ein bisschen warten. Die Zeit konnte ich schon mal nutzen um den Rucksack wirklich wanderfertig zu packen. Anschließend war auch wieder mehr Platz vorhanden, zumindest habe ich alles soweit einigermaßen unterbekommen. Um 14.50 Uhr kam dann der Bus nach Nikkaluokta. Die letzte Etappe meiner Anreise begann. An mir zogen nun endlose Birkenwälder und langgezogene Seen vorbei, während am Horizont schon hin und wieder Berge vom Kebnekaisemassiv zu erspähen waren. Aber wirkliche Vorfreude (wie ich sie die letzten Jahre verspürte) wollte irgendwie nicht aufkommen. Ich denke mal, das war wohl meinem extremen Schlafdefizit verschuldet. Es machte mir aber trotzdem etwas Sorgen, dass ich die Fahrt relativ gleichgültig hinnahm und bei der Ankunft in Nikkaluokta ein bisschen ein „Business as usual“ Gefühl hatte. Im Laden habe ich dann noch Brennspiritus gekauft und einen Blick auf den Wetterbericht geworfen. Sah zwar für heute und Morgen eher mäßig aus, dann aber recht positiv. Gibt also schlimmeres. Andererseits wusste ich auch, dass diese Vorhersagen nie allzu genau waren.


      Rucksack packen


      Anfahrt nach Nikkaluokta

      Bevor ich dann loslief gönnte ich mir noch das Vergnügen meinen Rucksack zu wiegen. Als ich das Gewicht von 30,5 kg sah haute es mich fast von den Socken (und das noch ohne gefüllte Wasserflasche). Ich hatte irgendwie mit 26 oder 27 kg gerechnet, aber nicht mit soviel. Vom Gewicht fühlte es sich so an wie bei meinen letzten Touren. Da ich aber sonst beim Tourstart nie ne Waage zur Verfügung hatte, hab ich das Gewicht immer nur abgeschätzt und unterbewusst gespeichert. Jetzt diese hohe Gewichtszahl zu sehen hat meiner Motivation noch nen zusätzlichen Dämpfer verpasst. Aber egal, dann war halt quälen angesagt.


      Nikkaluokta


      Der Rucksack ist nun fertig gepackt.

      Um 16.15 Uhr lief ich dann endlich los. Obwohl es noch bewölkt war, schien die Sonne durch die Wolken und wärmte ganz ordentlich. Für den Anfang ging es jetzt immer auf dem Kungsleden Richtung Kebnekaise entlang. Landschaftlich ganz nett, aber irgendwie auch unspektakulär, zumal ich die Strecke bereits zweimal gelaufen bin. Nach etwa 45 Minuten überquerte ich dann eine Brücke. Anschließend wollte ich einen Trampelpfad Richtung Cievrracohkka folgen. Ich fand auch einen Pfad, dieser führte aber zu einem Zeltplatz. Da ich dort nicht stören wollte, beschloss ich erstmal weiter zu gehen, da ich glaubte, der eigentliche Pfad komme noch. 10 Minuten später sah ich meinen Irrtum ein und beschloss mich einfach querfeldein durch die Büsche zu schlagen. Nun ging es also durch Dickicht über unebenen Boden und dabei noch stetig bergauf. Dazu natürlich noch der schwere Rucksack auf dem Rücken und die stechende Sonne, die einen ordentlich schwitzen lässt. Eigentlich ne fiese Kombi aber irgendwie machte es mir auch Spaß mich schön auszupowern und Abwechslung zu dem breiten ausgetretenem Weg zu haben.


      Los geht's


      Kungsleden zum Anfang


      Cievrrajohka


      Und ab durch die Büsche..

      Irgendwann stieß ich dann auch auf den eigentlichen Trampelpfad. Ich folge ihm weiter bergauf und erreichte letztendlich die Baumgrenze. Hinter mir bot sich ein fantastischer Ausblick auf Nikkaluokta, den Paittasjärvi und das westliche Laddjuvaggi. Leider zog sich nur der Himmel zunehmend zu. Von der Sonne war nichts mehr zu sehen. Ich folgte dem Weg noch einige Zeit und beschloss um Viertel vor 7, dass es gut sei für heute. In der Nähe eines Baches und eines kleinen Teiches schlug ich mein Zelt auf. Mittlerweile war ich ziemlich fertig. Der Schweiß klebte noch an mir und ich merkte wie meine Abgekämpftheit sich mit meiner Müdigkeit verband. Leider war jetzt auch nicht mehr das Wetter für ein erfrischendes Bad, da es mittlerweile komplett bewölkt war und über Nikkaluokta auch erste Regenschauer niedergingen. Außerdem nervten die Mücken. So verzehrte ich recht abgekämpft und lustlos mein Abendbrot. Anstatt noch coole Abendbilder machen zu können (bei dem Ausblick prinzipiell ne gute Idee) zog auch noch ne Nebelfront auf. Ich verzog mich ins Zelt und legte mich gegen halb 10 schlafen. Ich glaub ich war ziemlich schnell weg.


      Die Baumgrenze ist erreicht.


      Am Zeltplatz, an sich eine sehr nette Aussicht.


      Regen zog auf.


      Wirklich viel sehen konnte ich heute Abend leider nicht mehr.

      Kommentar


      • Mortias
        Fuchs
        • 10.06.2004
        • 1261
        • Privat

        • Meine Reisen

        #4
        AW: [SE][NO] Lappland. Ein Sommermärchen - Nikkaluokta-Abisko auf einsamen Pfade

        Tag 3 (18.07.)
        Ich fühlte mich recht ausgeruht als mich um 8 Uhr der Wecker weckte. Die Sonne schien und es war recht warm. Im Tal lag der Paittasjärvi glatt wie ein Spiegel in der Sonne. Ein toller Anblick. Mittlerweile spürte ich auch langsam meine Motivation wiederkehren. Um kurz vor 10 marschierte ich dann los. Der Trampelpfad hatte sich schnell irgendwo im Nichts verloren und so lief ich einfach querfeldein am Fuße des Cievrracohkka weiter. Leicht steinig war der Boden, aber insgesamt sehr angenehm zu laufen, genau wie ich es mag.


        Spiegelglatter Paittasjärvi


        Es geht los...

        Gegen 11 Uhr erblickte ich in einiger Ferne die ersten hohen Berge (vermutlich Räitatjåhkka, Vassacorru und Kugghjulskammen). Zwar wollte ich nicht direkt dorthin laufen, aber allein der Anblick dieser rauen und mit Schnee bedeckten Berge löste in mir ein Hochgefühl aus wie ich es bei dieser Tour bisher noch nicht verspürt hatte. Endlich hatte ich das Gefühl wirklich angekommen zu sein. Meine Müdigkeit von gestern war weg und nun freute ich mich darauf mich dem hochalpinen Teil des Kebnekaisemassivs zu nähern. Als ich dann den Cievrracohkka hinter mir ließ, erspähte ich auch erstmals den Kebnekaise. Zwar war dies nicht das erste Mal dass ich ihn sah (oben war ich dort auch bereits) aber der Anblick erfreute mich dennoch. Bisschen störend waren lediglich die Mücken. Zwar möchte ich nicht von einer Plage sprechen, aber präsent waren die Viecher schon.


        Hohe Berge in Sicht


        Welcher Berg das jetzt genau ist, weiss ich nicht.

        Meine Route führte mich nun kontinuierlich den Darfalcorru hinauf. Das Terrain wurde zunehmend steiniger und die Sicht auf die im Norden liegenden Berge besser. Allerdings nervte der Anstieg etwas. Waren die ersten Höhenmeter noch verhältnismäßig steil, so war es nun eher eine sanft ansteigende Hochebene die sich ewig hinzuziehen schien. Irgendwie etwas nervig, da ich das Gefühl hatte mich kaum meinem Ziel zu nähern. Als ich um Viertel vor 2 auf ca. 1350 Höhenmetern mein Mittagsessen einnahm, stellte ich fest, dass die Mücken teilweise immer noch da waren. Grmpf, eigentlich hatte ich ja gehofft, dass die sich irgendwann freiwillig verziehen würden. Aber wahrscheinlich war es einfach zu warm. Im Süden zogen auch einige dichte Wolken auf und ich fragte mich, ob da heute noch ordentlich was runterkommen würde (laut Wetterbericht ja). Aber zumindest in Richtung Darfalcorru sah es noch ganz gut aus.


        Blick zurück


        Beim Anstieg zum Darfalcorru


        Der Ausblick nach Norden konnte sich immerhin mal sehen lassen.

        Also machte ich mich daran weiterzumarschieren. Nach etwa 40 Minuten erreichte ich dann den Kekkonen-toppen, einen 1530 m hohen Nebengipfel vom Darfalcorru. Hier machte ich eine kurze Rast und genoss die Aussicht. Gerade der Fernblick nach Süden war hier gar nicht schlecht und vom Kebnekaise konnte ich auch schon einiges sehen. Allerdings wollt ich mich auch nicht allzu lange hier aufhalten, da noch der Darfalcorru auf mich wartete.


        Kekkonen-toppen (Doppelklick aufs Bild für eine vergrößerte Ansicht)

        Kurze Zeit später stand ich dann oben auf dem 1626 m hohen Gipfel. Ziemlich abgekämpft und durchgeschwitzt war ich, aber andererseits war ich auch überglücklich. Im Norden lachten mich die Berge vom Kaskasatjåkka Massiv an, während im Westen der Kebnekaise in seiner Pracht zu sehen war und im Süden die Berge langsam abfielen und einer weiten Hügellandschaft Platz machten, die eine wunderbare Fernsicht bot. Wow, das hat sich echt mal gelohnt.


        Geschafft, oben


        Darfalcorru Panorama


        Kebnekaise


        Blick nach Süden; hier fiel die Landschaft merklich ab.


        Tarfala Talkessel

        Etwa eine halbe Stunde blieb ich hier oben, bis ich mich dann an den Abstieg Richtung Tarfala machte. Unter mir konnte ich dann auch schon die Hütten erblicken, die von hier oben in dieser prächtigen Hochgebirgslandschaft bedeutungslos klein wirkten. Nach etwa 20 Minuten Abstieg (ich hatte ca. 200 Höhenmeter zurückgelegt) hatte ich einen schönen Blick auf den Tarfala Talkessel und dachte mir, dass das eigentlich ein gutes Motiv für ein Selbstauslöserbild sei. Also setzte ich meinen Rucksack ab und wollte meinen kleinen Tripod rausholen. Ich suchte im Kopffach, wo ich den Tripod üblicherweise aufbewahrte, und stellte zu meinen Schrecken fest, dass er nicht da war. Wie konnte das nur sein??? Scheiße, hab ich Ihn etwa auf dem Gipfel vergessen, als ich selbstverliebt haufenweise Gipfel-Poserbilder von mir schoss? Und was jetzt? Meine Tour hat doch gerade erst angefangen, das wäre doch kacke, wenn ich die ganze Zeit jetzt keine guten Selbstauslöserbilder mehr machen könnte.
        Also entschied ich mich dafür kehrt zu machen und auf dem Gipfel nachzusehen. Ich setzte also meinen Rucksack ab und sputete zum Gipfel zurück. 20 Minuten später, und vollkommen durchgeschwitzt, stand ich dann wieder oben. Zu meiner Erleichterung sah ich, dass mein Tripod noch neben der Gipfelmarkierung lag. Puh, Glück gehabt. Ich war echt tierisch erleichtert und einfach nur in Hochstimmung, dass sich der Umweg noch gelohnt hat. Ich glaube, hätte ich den Verlust erst unten im Tarfala Talkessel bemerkt, wäre ich nicht mehr umgekehrt. So war ich jetzt heilfroh, dass ich meine Tour mit voller Ausrüstung weiterführen konnte. Recht entspannt stieg ich dann wieder ab zu meinen Rucksack und pausierte kurz.


        Blick auf die Tarfala Hütten; hier wollte ich eigentlich ein Selbstauslöser Bild machen.


        Da liegt ja mein guter Tripod.


        Die Freude darüber ihn wiedergefunden zu haben ist mir wohl einigermaßen anzusehen.

        Dann ging der Abstieg weiter. Zeitweise war dieser recht anstrengend, da es für ca. 200 Höhenmeter ziemlich steil war und gleichzeitig größeres Geröll rumlag. Somit war schon eine gewisse Konzentration angesagt, die selbstverständlich auch anstrengte (physisch und psychisch). Aber irgendwie störte mich das nicht so wirklich. Zu groß war meine Freude über den wiedergefundenen Tripod und die Schönheit dieser Berglandschaft. Gegen 18 Uhr hatte ich den Hauptanstieg hinter mir und befand mich nun im Darfalvaggi. Schnurstracks hielt ich nun auf den Darfaljavri zu und ließ dabei die Tarfalastuga links liegen.


        Abstieg in den Tarfala Talkessel


        Tarfalastuga

        Auf dem steinigen Talboden gab es in regelmäßigen Abständen freigeräumte Zeltplätze. Die ersten beiden waren mir aber noch zu nah an der Hütte. Außerdem wollte ich schon mal ein bisschen näher an den Anstieg zum Tarfalapass kommen. Der dritte Zeltplatz war dann meiner. Um 18.30 Uhr platzierte ich mein Zelt und war froh über die erfolgreich gelaufene Etappe. Insgesamt war es von den Höhenmetern schon nicht ohne (besonders auch aufgrund des schweren Rucksacks) aber ich wusste, dass Morgen die wohl anstrengendste Etappe meiner Tour auf mich warten würde, der Trepassleden. In dem Sinne war der heutige Tag ein gutes Training dafür.
        Schade nur, dass es abends so bewölkt war. Ich hätte gerne noch ein paar coole Abendsonnenbilder in diesem wundervollen Talkessel gemacht. So wirkte die Umgebung jetzt recht kalt und abweisend. Ich hoffte nur, dass es morgen auf den drei Pässen nicht zu neblig würde. Will ja schließlich was von der Landschaft sehen. Dennoch freute ich mich schon tierisch auf die vor mir liegende Etappe, als ich mich dann pennen legte.


        Hin und wieder arbeiteten sich ein paar Sonnenstrahlen durch die Wolken.


        Bei der abendlichen obligatorischen Kochsession


        Bisschen schöneres Wetter wäre mir in dieser tollen Umgebung schon recht lieb gewesen.

        Kommentar


        • Vintervik

          Fuchs
          • 05.11.2012
          • 1930
          • Privat

          • Meine Reisen

          #5
          AW: [SE][NO] Lappland. Ein Sommermärchen - Nikkaluokta-Abisko auf einsamen Pfade

          Also, ich finde das ja eigentlich ganz prima, wenn die Sommerreiseberichte während der dunklen Jahreszeit kommen.

          Interessant finde ich ehrlichgesagt Deine Anreise. Ich habe immer den Eindruck, die meisten fliegen nach Sthlm und nehmen dann den Zug, oder fliegen die ganze Strecke. Du hingegen fährst erst Zug, und fliegst dann.

          Bitte weiterschreiben!

          Kommentar


          • Blahake

            Vorstand
            Fuchs
            • 18.06.2014
            • 1918
            • Privat

            • Meine Reisen

            #6
            AW: [SE][NO] Lappland. Ein Sommermärchen - Nikkaluokta-Abisko auf einsamen Pfade

            , Oooh, so schön, bitte fleißig weiterschreiben!

            Kommentar


            • berniehh
              Alter Hase
              • 31.01.2011
              • 2626
              • Privat

              • Meine Reisen

              #7
              AW: [SE][NO] Lappland. Ein Sommermärchen - Nikkaluokta-Abisko auf einsamen Pfade

              Aah,.....endlich kommt dein Bericht! Der Beginn liest sich ja schonmal sehr interessant und ich bin gespannt wie es weitergeht
              www.trekking.magix.net

              Kommentar


              • Pluvialis
                Erfahren
                • 21.04.2012
                • 151
                • Privat

                • Meine Reisen

                #8
                AW: [SE][NO] Lappland. Ein Sommermärchen - Nikkaluokta-Abisko auf einsamen Pfade

                Mehr, mehr, mehr!

                Und schnell!

                Kommentar


                • aachenbenne
                  Erfahren
                  • 03.11.2013
                  • 296
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [SE][NO] Lappland. Ein Sommermärchen - Nikkaluokta-Abisko auf einsamen Pfade

                  Sehr schön geschrieben . Bitte schnell weitermachen!

                  Kommentar


                  • Mortias
                    Fuchs
                    • 10.06.2004
                    • 1261
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: [SE][NO] Lappland. Ein Sommermärchen - Nikkaluokta-Abisko auf einsamen Pfade

                    Danke für die vielen netten Kommentare. Sowas ermuntert natürlich stark zum Weiterschreiben.

                    Zitat von Vintervik Beitrag anzeigen
                    Interessant finde ich ehrlichgesagt Deine Anreise. Ich habe immer den Eindruck, die meisten fliegen nach Sthlm und nehmen dann den Zug, oder fliegen die ganze Strecke. Du hingegen fährst erst Zug, und fliegst dann.
                    Naja, bei mir war diese Anreise reiner Zufall. Hat sich halt gerade so ergeben, dass diese Variante die zeitlich und preislich günstigste war. Oftmals habe ich es aber auch anders herum gemacht. Je nachdem wie es gerade am besten passte.

                    Kommentar


                    • efbomber
                      Erfahren
                      • 23.08.2010
                      • 228
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: [SE][NO] Lappland. Ein Sommermärchen - Nikkaluokta-Abisko auf einsamen Pfade

                      Viel zu oft lese ich nur heimlich mit, ohne einen netten Kommentar oder meinen Dank liegen zu lassen. Deine Berichte haben mich nicht nur einmal inspiriert, also von daher endlich auch wieder mal ein Dankeschön von meiner Seite!

                      Ich sehe das wie Vintervik und freue mich über "helle" Reiseberichte in der "dunklen" Jahreszeit. Zum Glück werden die Tage wieder länger!

                      Tolle Route, die du dir diesmal ausgesucht hast. Nikkaluokta - Abisko klingt ja so nach "standard", aber abseits der Wege gibt es da dutzende schöne Möglichkeiten. Freu mich schon auf den weiteren Verlauf!

                      Gruß
                      David

                      Kommentar


                      • vobo

                        Vorstand
                        Dauerbesucher
                        • 01.04.2014
                        • 831
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #12
                        AW: [SE][NO] Lappland. Ein Sommermärchen - Nikkaluokta-Abisko auf einsamen Pfade

                        Immerhin hast Du zwei Tage früher als letztes Jahr Deinen Bericht begonnen, der über den Sarek ging am 25.02.2014 los. Ich habe schon über einige Variationen Deiner damaligen Route gerübelt, die mich dieses Jahr in der zweiten Augusthälfte beschäftigen wird.

                        Umso gespannter bin ich, ob mich diese Tour auch inspiriert. Freue mich .

                        Kommentar


                        • oesine63
                          Erfahren
                          • 27.11.2013
                          • 438
                          • Privat

                          • Meine Reisen

                          #13
                          AW: [SE][NO] Lappland. Ein Sommermärchen - Nikkaluokta-Abisko auf einsamen Pfade

                          Sehr schöner Bericht
                          Freue mich insbesondere deswegen auf Fortsetzung, weil ich dieses Jahr eine z.T. identische Route vorhabe und dankbar bin für jeden Input. Bitte weiter so
                          Gruß, oesine63

                          Kommentar


                          • evernorth
                            Fuchs
                            • 22.08.2010
                            • 1930
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #14
                            AW: [SE][NO] Lappland. Ein Sommermärchen - Nikkaluokta-Abisko auf einsamen Pfade

                            Na, das geht ja schon mal wieder wie gewohnt und richtig schick los. Da freue ich mich auf die Fortsetzung
                            und weitere ( Tripod- ) Fotos.
                            Bin gespannt.
                            My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

                            Kommentar


                            • Dwalinn
                              Gerne im Forum
                              • 26.07.2009
                              • 94
                              • Privat

                              • Meine Reisen

                              #15
                              AW: [SE][NO] Lappland. Ein Sommermärchen - Nikkaluokta-Abisko auf einsamen Pfade

                              Oh ja, das wird spannend; geht schon mal gut los . Ein paar Stellen im weiteren Verlauf der Route werden mich auch ganz speziell interessieren (ähnlich wie oesine63), ich werde also gespannt warten wie es weiter geht!

                              Gruß,
                              Henning

                              Kommentar


                              • Sebastianos
                                Erfahren
                                • 16.01.2013
                                • 180
                                • Privat

                                • Meine Reisen

                                #16
                                AW: [SE][NO] Lappland. Ein Sommermärchen - Nikkaluokta-Abisko auf einsamen Pfade

                                Prima, jetzt hast du dich dazu durchgerungen. Danke!
                                Twenty years from now you will be more dissapointed by the things you didn´t do, than by the things you did. So throw off the bowlines, sail away from the safe harbor. Catch the trade winds in your sails. Explore. Dream. (Mark Twain zugeschrieben)

                                Kommentar


                                • Mika Hautamaeki
                                  Alter Hase
                                  • 30.05.2007
                                  • 4006
                                  • Privat

                                  • Meine Reisen

                                  #17
                                  AW: [SE][NO] Lappland. Ein Sommermärchen - Nikkaluokta-Abisko auf einsamen Pfade

                                  Ah, ein Traum, endlich wieder ein Mortias-Bericht. Bitte fleißig weiter schreiben!!!!
                                  So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                  A. v. Humboldt.

                                  Kommentar


                                  • Mortias
                                    Fuchs
                                    • 10.06.2004
                                    • 1261
                                    • Privat

                                    • Meine Reisen

                                    #18
                                    AW: [SE][NO] Lappland. Ein Sommermärchen - Nikkaluokta-Abisko auf einsamen Pfade

                                    Vielen Dank für die vielen freundlichen Kommentare. Als Belohnung gibt es dann auch gleich mal ne kleine Fortsetzung.

                                    Kommentar


                                    • Mortias
                                      Fuchs
                                      • 10.06.2004
                                      • 1261
                                      • Privat

                                      • Meine Reisen

                                      #19
                                      AW: [SE][NO] Lappland. Ein Sommermärchen - Nikkaluokta-Abisko auf einsamen Pfade

                                      Tag 4 (19.07.)
                                      Der Tag begann leider ein bisschen wie befürchtet. Dunkle Wolken erzeugten eine kalte ungemütliche Stimmung (auch wenn es von der Temperatur her nicht kalt war). Bisschen frustriert darüber gammelte ich im Zelt rum, als ich dann sah, dass über dem Tarfalapass langsam die Wolken aufrissen und die Sonne sich rausschälte. Gegen 9 Uhr herrschte dann strahlendes Sommerwetter vor und ich beeilte mich fertig zu werden. Um 20 vor 10 ging es dann los. Hochmotiviert schnappte ich mir den (leider immer noch schweren Rucksack) und stapfte los Richtung Tarfalapass.


                                      Sommerwetter in Tarfala


                                      Es kann losgehen, juchuu


                                      Der erste Pass wartet schon.

                                      Die Landschaft hier war traumhaft. Schroffe Berghänge beflankten den Darfaljavri, der noch von einer großflächigen Eisschicht überzogen, die in der Sonne einfach herrlich aussah. Um kurz vor 10 stand ich dann vor dem Anstieg zur Gletschermoräne. Dann also los sagte ich mir und machte mich an den Anstieg. Dieser war, wie erwartet, unheimlich schweißtreibend, ging aber dennoch gut voran. Ich merkte, dass ich konditionell und motivationstechnisch gut drauf war und kam somit (trotz einigem Keuchen) recht schnell hoch. Der letzte Abschnitt zum Pass ging eigentlich über ein Schneefeld welches in den Giebmebakti-Gletscher überging. Da ich aber gelesen hatte, dass der Gletscher sich im Vorjahr wohl etwas verschoben hat und ich in nicht allzu weiter Entfernung auch Gletscherspalten im Schnee erkannte, zog ich es vor mich lieber an der etwas steileren Felswand entlangzumogeln. Ein paar Mal musste ich dabei auch meine Hände mit benutzen, aber irgendwie war es auch ne lustige Aktion. Ich denke aber, dass bei nassen Bedingungen dieser Abschnitt nur bedingt zu empfehlen ist.


                                      Eisbedeckter Darfaljavri


                                      An dieser Gletschermoräne ging es jetzt hoch.


                                      Blick zurück zum Darfaljavri


                                      Seitlich von der Gletschermoräne wäre der Aufstieg wohl kaum möglich gewesen.


                                      Hier bin ich jetzt weiter am Fels entlang gegangen und nicht über das Schneefeld.

                                      Um 20 vor 11 stand ich dann am Gaskkasjavri, dem höchstgelegenen See Schwedens. Jetzt merkte ich doch die zurückgelegten Höhenmeter und ich schnaufte erstmal ordentlich durch. Fieserweise sind mittlerweile wieder einige Wolken aufgezogen, so dass meine durchgeschwitzten Klamotten leider nicht sonderlich gut trockneten. So saß ich nun mit meinen klammen Klamotten am Seeufer und hoffte verstohlen auf ein paar wärmende Sonnenstrahlen (die leider nur sehr spärlich kamen). Nütze also nichts, da konnte ich auch weitergehen. Um 11:20 Uhr stand ich dann auf der Passhöhe, der ersten von dreien. Zwei lagen also noch vor mir, aber ich war ganz guter Dinge das alles heute hinzubekommen.


                                      Gaskkasjavri


                                      Auf der Passhöhe

                                      Beim Abstieg bot sich mir nun ein toller Blick auf den Drakryggen und kurze Zeit später auch ins Guobirvaggi. Mir kamen zwei schwedische Wanderer entgegen, beide waren ungefähr mein Alter. Wir unterhielten uns kurz über unsere Touren und auf einmal sagte einer der beiden plötzlich „Ahh, you must be german, right?“ Ich entgegnete „Oh yeah, you heard it from my german accent or what?” „No”, sagte der, “but only a german is crazy enough to walk alone in this mountain range over three passes a day”. Tja, was sollte ich dazu sagen. Ich schmunzelte zustimmend und verabschiedete mich von ihnen.


                                      Drakryggen


                                      Giebmebakti

                                      Vor mir lagen nun noch etwa 200 Meter Abstieg mit durchaus beachtlicher Steigung. Über Geröll wäre ich da ziemlich lange unterwegs. Allerdings erblickte ich ein ausgedehntes Schneefeld, was bis zur Talsohle zu führen schien. Was für ein Glücksfall. So konnte ich, halb rutschend und halb laufend dieses Hindernis ziemlich leicht nehmen und war schon kurze Zeit später am See 1193. Übers Geröll hätte ich vermutlich mindestens doppelt so lange gebraucht.


                                      Beim Abstieg ins Guobirvaggi

                                      Am See gönnt eich mir dann erstmal ne längere Pause. Die Sonne wärmte mich, während ich über diese noch im Winterzustand verbliebene Landschaft staunte. Es war Mitte Juli und sommerlich warm, aber der See 1193 war immer noch von einer dicken Eisschicht bedeckt. Schon krass.


                                      Tja, da hat wohl jemand den Sommer verschlafen.

                                      Nach ausgiebiger Pause und wieder vom Schweiß getrocknet machte ich mich nun also daran wieder ins Schwitzen zu kommen. Pass Nr. 2 Stand aufm Programm. Das heißt wieder 300 Meter über felsigen Boden ziemlich steil bergauf. War ein gutes Stück Arbeit und schnell floss auch wieder der Schweiß. Anderseits fühlte ich mich auch immer noch fit und war motiviert, da ich erfreulicherweise feststellte, dass ich gut vorankam. Während des Aufstieges konnte ich außerdem den Gaskkasbakti in seiner ganzen Pracht bestaunen, was meiner Motivation sicherlich nicht geschadet hat.


                                      Der zweite Pass wartet schon.


                                      Gaskkasbakti


                                      Gleich ist es geschafft...

                                      Nach einer knappen Stunde hatte ich das dann geschafft und stand oben auf dem Pass. Erschöpft und durchgeschwitzt gönnte ich mir erstmal eine Mittagspause. Schade nur, dass die Sonne jetzt weg war. Das hätte doch gut getan mich nun in der Sonne zu wärmen (besonders da meine Sachen wieder arg durchgeschwitzt waren). Dennoch, der Anblick hier oben war ziemlich geil. Zu beiden Seiten lagen hochalpine Täler mit schroffen Hängen und größeren Gletschern. Dieses gab mir genau das Hochgebirgsfeeling was ich bei meiner Planung ja auch gesucht hatte. In dem Sinne fühlte ich schon, dass ich voll auf meine Kosten gekommen bin.


                                      Mittagspause auf der Passhöhe


                                      Blick ins Kaskasavagge

                                      Beim Abstieg ins Kaskasavagge konnte ich dann wieder einige Firnfelder nutzen. Häufiger musste ich aber auch über größere Geröllfelder. Je weiter ich nun nach unten kam, desto dunkler wurde es. Im Westen konnte ich schon ein Regenschauer ausmachen und als ich dann endlich das Tal erreicht, erreichte mich auch der Regen. Ich zog also meine Regensachen an und wartete erstmal ab. Da es nämlich immer noch um die 20 Grad warm war, hatte ich eigentlich keine Lust den Aufstieg zum Pyramidenpass mit voller Regenmontur durchzuführen. Da würd ich mich ja totschwitzen. Also lümmelte ich mich auf den Boden und versuchte ein bisschen die Pause zu genießen (guter Witz).


                                      Ein Regenschauer zieht auf.


                                      Mit einem Male wirkte die Landschaft hier recht trist.


                                      Ich bei meinem superschlauen Versuch den Regen einfach auszusitzen.

                                      Nach 15 Minuten merkte ich aber, dass der Regen nicht daran dachte aufzuhören und ich fasste somit die Entscheidung den Aufstieg zum Pass jetzt anzugehen. Das Tal war mittlerweile in einer ziemlich grauen Suppe verschwunden. Tja, wenn ich da an 2010 zurückdenke, wo ich Anfang September an einem wunderbaren Spätsommertag durch das winterlich verschneite Kaskasavagge lief, so war dies jetzt irgendwie kein Vergleich.


                                      Wolkenverhangenes Kaskasavagge

                                      Irgendwie stocherte ich jetzt also voran den Pass hinauf. Aufgrund meiner Kapuze war meine Sicht nämlich doch etwas eingeschränkt. Aber ich wusste ja auch so, dass ich einfach nur bergauf musste. Dies stellte sich allerdings nochmal als ziemlich ätzend heraus. Wie schon befürchtet fing ich an im eigenen Schweiße zu baden. Zusätzlich nervte der Regen und ich nahm mir auch kaum die Zeit um die Landschaft zu betrachten (die eh trist wirkte). Nur noch hoch zum Pass wollte ich. Zum Ende hin wurde es dann noch mal ziemlich steil und des Geröll sehr rutschig, so dass ich ziemlich zu kämpfen hatte um hoch zu gelangen. Ständig rutschen Steine über den erdigen Boden runter und ich kam nur sehr mühsam voran.


                                      Beim Aufstieg zur Passhöhe

                                      Dann endlich war ich oben. Zuerst einmal stellte ich fest, dass ich es mir unnötig schwer gemacht habe. Weiter rechts wäre der Aufstieg etwas leichter gewesen. Aber so etwas sieht man von oben leider immer besser als von unten, zumal ich mir auch nicht soviel Zeit genommen hab eine gute Route auszukundschaften, sondern einfach nur hochwollte. Als nächstes merkte ich, dass der Regen erfreulicherweise nachließ und dann ganz aufhörte. Kurze Zeit später kam dann sogar die Sonne raus, so dass ich die Regensachen ausziehen und mich in der Sonne trocknen konnte. Das tat richtig gut. Jetzt konnte ich mir auch die Zeit und Muße nehmen um ausgiebige die Landschaft zu genießen. Eingerahmt von den beiden beeindruckenden Bergen Pyramide und Knivkamm stand ich nun auf der Passhöhe und blickte ins Unna Reaiddavaggi mit der charakteristischen die 150 Meter hohen Steilkante hinab. Fürwahr ein wirklich beeindruckender Anblick.


                                      Blick ins Unna Reaiddavaggi


                                      Blick zurück ins Kaskasavagge


                                      Pyramiden


                                      Ahh herrlich, das tat gut nach dem ätzenden Aufstieg im Regen.


                                      Knivkammen

                                      Jetzt wo ich also in T-Shirt und kurzer Hose hier oben saß war ich wieder mit der Natur versöhnt und alles Fluchen und Stöhnen von vorhin war wieder vergessen. Tja so schnell kann’s gehen. Eine knappe Stunde verbrachte ich nun hier oben. Ich war ja eh fast am Ziel und hatte keinen Zeitdruck mehr. Und Regen stand jetzt auch nicht mehr an, also sprach auch nichts dagegen die Schönheit der Landschaft aus vollen Kräften zu inhalieren. Um kurz nach 6 machte ich mich dann an den Abstieg. Dafür nutzte ich wieder ein ausgedehntes Firnfeld, welches zwar recht steil war, aber dessen Schnee eine gute Konsistenz hatte, so dass ich gemütlich innerhalb von 6-7 Minuten etwa 100 Höhenmeter runtergelaufen bzw. gehüpft bin. Das gestaltete sich richtig angenehm. Ich muss aber auch sagen, dass ich ziemliches Glück hatte. Wäre der Schnee fester gewesen, wäre ich da ohne Steigeisen wohl nicht so leicht runtergekommen. Und die Alternative wäre dann gewesen mühselig an einem ziemlich steilen Felsabschnitt runterzukraxeln. So war ich jetzt natürlich heilfroh und tierisch happy darüber, dass ich mir die Arbeit ersparen konnte. Ein bisschen hatte ich sogar ein schlechtes Gewissen dabei, dass ich bei meiner Etappe heute soviel „gemogelt“ habe indem so oft durch die Firnfelder meinen Abstieg erleichtert habe.


                                      Besagtes Firnfeld; man kann sogar noch meine Abstiegsroute erkennen


                                      Blick ins östliche Unna Reaiddavagge

                                      Als ich mich dann der Unna Räitastuga näherte sah ich dort etliche Leute rumlaufen. Zwei Zelte standen auch schon dort. Darauf hatte ich jetzt ja irgendwie gar keinen Bock in dieser schönen Bergwildnis mein Zelt an einem solch überfüllten Platz aufzustellen. Also platzierte ich mein Camp ein bisschen weiter südlich. Zwar sind die Leute bei der Hütte später noch verschwunden (wobei ich mich frage wohin sie zu so später Stund noch gelaufen sind), so dass ich dort die Zeltplätze für mich gehabt hätte, aber jetzt wollte ich mein Zelt nicht mehr umstellen. Vielmehr war ich sogar dankbar darüber mein Zelt hier aufgestellt zu haben, da die Stelle einfach wunderbar gelegen war. Viel schöner, als ich es an der Unna Räitastuga es hätte haben können.


                                      Die berühmte Steilkante; hier wollte ich lieber nicht meine Sprungkünste ausprobieren.


                                      In dieser herrlichen Umgebung durfte ich mein Zelt aufstellen.

                                      In der Abendsonne gönnte ich mir erstmal ein Bad im kalten Wasser vom See 1226. Tat richtig gut nach Tagen des Schwitzens mich mal wieder sauber zu fühlen. Anschließend konnte ich in vollen Zügen die langsam untergehende Sonne in dieser fantastischen Hochgebirgskulisse auf mich wirken lassen. Jetzt war ich einfach nur entspannt, zufrieden und glücklich darüber diese Landschaft bei so tollem Wetter bewundern zu können. 2011 bin ich schon mal hier vorbeigekommen, aber da habe ich in der Nebelsuppe, die damals herrschte, kein bisschen gesehen. Jetzt hingegen, tja, jetzt war einfach alles perfekt. Bis kurz nach 11 saß ich noch hier draußen.


                                      Meine heutige Kochsession hat mir doch deutlich mehr Spaß bereitet als die gestrige.


                                      Abendsonne im Unna Reaiddavagge


                                      Kurz nach 11; ein fantastischer Tag ging zu Ende.

                                      Kommentar


                                      • Mortias
                                        Fuchs
                                        • 10.06.2004
                                        • 1261
                                        • Privat

                                        • Meine Reisen

                                        #20
                                        AW: [SE][NO] Lappland. Ein Sommermärchen - Nikkaluokta-Abisko auf einsamen Pfade

                                        Tag 5 (20.07.)
                                        Warme Sonnenstrahlen weckten mich und sorgten dafür, dass ich mein Zelt verließ. Die Landschaft erstrahlte bei schönstem Sommerwetter und ich konnte mein Glück kaum fassen. Allerdings stand jetzt auch eine schwere Entscheidung an. Sollte ich die Pyramide besteigen oder nicht? Eigentlich hatte ich es ja schon 2011 eingeplant, aber damals aufgrund des schlechten Wetters gecancelt. Das war nun allerdings keine Ausrede mehr. Jetzt lag der Berg bei traumhaftem Wetter vor mir. Kritisch stimmten mich allerdings einige etwas steilere Abschnitte auf dem Gipfelgrat. Zumal ich gestern auf der Passhöhe auch schon einen guten Blick auf den Aufstieg werfen konnte und sah, dass es einige schwierige Stellen gibt. Da war ich dann doch etwas skeptisch. Ich glaube hätte ich vor meiner Tour wenigstens einen Bericht inklusive Bildern über die Besteigung der Pyramide gelesen, dann hätte ich den Aufstieg angegangen (solch einen Bericht habe ich leider erst nach meiner Tour gefunden). So war ich mir aber bezüglich der Machbarkeit etwas unsicher. Also entschied ich mich dagegen. Leicht fiel mir die Entscheidung aber nicht.


                                        Was für ein geiler Morgen...


                                        ...und was für ein herrlicher Ausblick auf das Unna Reaiddavaggi

                                        Als ich gegen halb 10 dann aufbrach war somit meine Laune auch etwas gedämpft. Irgendwie war es unbefriedigend den Berg bei so tollem Wetter serviert zu bekommen und dann einfach einzuknicken. Ständig musste ich mir einreden, dass es wohl aufgrund der Ausgangslage die vernünftigere Entscheidung war. Irgendwann klappte es dann und ich konnte auch wieder mehr Freude an der Landschaft gewinnen, während ich langsam das Unna Reaiddavaggi nach Westen durchwanderte und mich am Anblick vom Vaktposten und Knivkammen ergötze. Der Boden war zwar recht steinig, aber nicht sonderlich schwer, da das Geröll recht klein war. Somit kam ich flott und gemütlich voran.


                                        Klohaus an der Unna Räitastuga; mittlerweile ist es schon ziemlich heruntergekommen.


                                        Pyramide


                                        Knivkammen


                                        Vaktposten


                                        Blick zurück in dieses herrliche Tal

                                        Nachdem ich den Scheitelpunkt passiert habe, beschloss ich die markierte Route zu verlassen und mich am Hang vom Berg 1825 zu halten. Ich wollte nämlich noch einen Abstecher zum Punkt 1333 machen und hatte nicht vor vorher groß an Höhe zu verlieren. Tja, dummerweise war ich etwas voreilig in meiner Entscheidung und stolperte durch größeres Geröll am steilen Hang entlang. Einmal rutsche ich auch aus und konnte glücklicherweise meinen Sturz noch gut abfangen. Auf der Route sah ich grad zwei andere Wanderer und dachte mir, dass die mich bestimmt für ziemlich bescheuert halten müssen (sofern sie gesehen haben, was ich da gerade trieb). Also ging ich wieder leicht beschämt zur Route zurück, folgte ihr noch ein Stückchen und machte dann den Abstecher zu Punkt 1333.


                                        Am Scheitelpunkt des Tals; hier bin ich unsinnigerweise dann rechts durch das Geröll gelatscht.

                                        Den Rucksack hab ich einfach liegen gelassen und etwa 20 Minuten später war ich dann auch schon oben. Der Ausblick aufs Stuor Reaiddavaggi war hier wirklich fantastisch. An dieser Stelle mal ein großes Dankeschön an bernihh, der mir mit seinem Reisebericht vom letzten Jahr die Idee für den Abstecher gegeben hat. Ohne seinen Bericht wäre ich einfach stumpf an diesem geilen Aussichtspunkt vorbeigelaufen. Das wäre im Nachhinein doch ein ziemlicher Verlust gewesen.


                                        Ausblick von Punkt 1333


                                        Gute Stimmung bei guter Aussicht


                                        Blick ins Stuor Reaiddavaggi Richtung Vistas


                                        Die Nallostuga ist gerade so noch zu erkennen.


                                        Im Hintergrund sind die Berge vom Sielmmacohkka Massiv zu sehen.

                                        Nachdem ich mich an der Aussicht satt gesehen hatte ging ich wieder zurück, nahm meinen Rucksack auf und stieg ins Stuor Reaiddavaggi hinab. Die Route hab ich dabei irgendwie verloren und ich fand mich zum Furten des Baches etwas weiter nördlich der eigentlichen Stelle (Zufluss zum Reaiddajavri) wieder. War jetzt auch nicht weiter schlimm, einmal kurz Schuhe aus, Crocs an und durch. Am anderen Ufer war dann erstmal chillen angesagt. Es war wieder sehr warm, und ich hatte eh genug Zeit heute. Solche Etappen mag ich.


                                        Reaiddajavri


                                        Etwas weiter unten habe ich den Strom dann gefurtet.

                                        Nach ausgiebiger Pause folgte ich dann weiter dem Weg Richtung Nallostuga. Allerdings verließ ich den Weg bald wieder und stieg in nordwestlicher Richtung am Hang zum See 1078 auf. Hier war die Landschaft sehr steinig und karg. Schlecht zum Zelten, was ich eigentlich vorgehabt hatte. Am nördlichen Ufer vom Bach, der aus dem See 1078 rausfließt, hatte ich dann aber Glück und eine angenehme Stelle gefunden wo ich mein Zelt aufstellen konnte. Jetzt war es Viertel nach zwei und erstmal Mittagessen angesagt. Fertig war ich für heute aber noch nicht. Denn jetzt wartete noch der Nallu auf mich. Und diesmal gab es auch keine Ausrede mehr wie bei der Pyramide heute Morgen.


                                        Hier verließ ich dann den Wanderweg wieder und ging querfeldein am Hang hinauf.


                                        Hin und wieder war der Boden leicht matschig.


                                        So, das Zelt ist aufgestellt, kann also losgehen.

                                        Mit leichtem Gepäck marschierte ich dann gegen halb vier los. Anfangs ging es erstmal über eine nervige steinige Ebene. Ich hatte ich kaum das Gefühl irgendwie voranzukommen. Außerdem musste ich hin und wieder auch übers Geröll balancieren. Nervige Angelegenheit. Dann erreichte ich den eigentlichen Anstieg. Ca. 300 Höhenmeter lagen noch vor mir. Zwar wurde es jetzt deutlich steiler, nur führte das angenehmerweise dazu, dass ich mich nicht mehr so aufs Geröll konzentrieren musste, da ich einfach nur berauf musste. Ab und zu musste ich aber kleine Umwege eingehen um größeren Felsen aus dem Weg zu gehen.


                                        Das Nallu (1585 m) erwartet mich schon...


                                        Steiniger Aufstieg

                                        Die letzten Meter gingen dann noch mal über einen Grat der nur ca. 2 Meter breit war. Leute mit Höhenangst hätten hieran sicherlich nur bedingt ihre Freude. Um Viertel vor 5 stand ich dann oben. Obwohl ich ja schon den Ausblick von Punkt 1333 echt beeindruckend fand, hat das hier es nochmal deutlich getoppt. Die hohen Berge an den Talhängen und dazu in der Mitte eingefasst der Reaiddajavri boten einfach eine atemberaubende Kulisse. Weiter hinten fiel das Land dann spürbar ab und ging in eine Hügellandschaft über. Nördlich von mir befand sich ein kleines enges Seitental mit dem eisbedeckten Nallojavrrit, der von den steilen Wänden des Sielmmacohkka Massivs beflankt war. Als ich dann noch ein bisschen auf dem Gipfelgrat entlang ging, konnte ich dann auch noch einen Blick ins Visttasvaggi werfen und die charakteristische Bergspitze ausmachen, die dem Nallu (samisch: die Nadel) seinen Namen verleiht. Kurz gesagt: Einfach nur geil das alles. Jetzt waren also erstmal Gipfelfotos angesagt. Dafür konnte ich es mir nicht verkneifen extra meine mitgenommene Deutschlandfahne rauszuholen um meine Gipfelfreude in einen wahrhaft weltmeisterlichen Jubel zu hüllen.


                                        Die letzten Meter vom Aufstieg waren nochmal etwas abschüssig zu beiden Seiten.


                                        Geschafft, endlich oben.


                                        Weiter als bis hier wollte ich auf dem Gipfelgrat dann doch nicht laufen.


                                        Panoramablick über das Stuor Reaiddavaggi (Doppelklick für vergrößerte Ansicht)


                                        Ja da kam Freude auf.


                                        Hehe...

                                        Das einzig unentspannte waren die dunklen Wolken im Osten. Südlich vom Sälka schien sogar ein Regenschauer niederzugehen. Darauf hatte ich ja keinen gar Bock. Bei den vielen Steinen wollte ich lieber unten sein, bevor sie durch Regen nass und somit rutschig würden. Also entschied ich mich schweren Herzens für den Abstieg. Wieder ging es über die ausgedehnten Geröllfelder und ab und zu musste ich mich auch konzentrieren um den richtigen Tritt zu setzten (bergauf ist so was meistens deutlich leichter). War allerdings weniger schlimm a1s ich es befürchtet hatte. Und der Regen blieb auch aus. Erst nachdem ich unten wieder angekommen bin, mich im Bach gewaschen habe und mein Abendbrot bereits verzehrt hatte, kamen so gegen 21 Uhr ein paar Tröpfchen runter. Der Spuk hörte aber auch schnell wieder auf, so dass ich dann noch draußen den Ausblick ins Tal genießen und voller Freude den heutigen Tag Revue passieren lassen konnte.


                                        Regenschauer im Südwesten


                                        Beim Abstieg


                                        Zurück im Camp, der erwartete Regenschauer blieb zum Glück aus.


                                        Paar Tropen kamen runter, aber die wurden auch schnell wieder von der Sonne verdrängt.


                                        Abendliche Szenerie (mit Stinkesocken)

                                        Kommentar

                                        Lädt...
                                        X