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Mitreisende | |
Land: Schweden
Strecke: Nördlicher Kungsleden, Abisko-Kvikkjokk, ca. 200km
Reisezeit: August / September 2014
Dauer: 9 Tage + 4 Tage An/Abreise
Übernachtung: im Zelt, autarke Verpflegung, Rucksäcke je 22 kg

Unsere erste Tour
Dies sollte unsere (Wolf, 52 / Kai, 17) erste mehrtägige Trekking-Tour werden. Nach dem Abi und vor dem Start ins Studium hatte sich Kai nochmal eine gemeinsame Papa/Sohn-Aktivität als Kindheitsabschieds-Event gewünscht. Er wollte Survival, aber wir haben uns dann geeinigt das zwei Wochen Trekking mit autarker Verpflegung genug Herausforderung sind, auch ohne Regenwürmer und Laubhüttenbau
.
Zwischen Alpenüberquerung auf dem E5, dem Matkatee in Estland und dem Kungsleden in Schweden hat er sich für letzteres entschieden.
Der folgende Teil zur Tourvorbereitung ist für die hier versammelten Profis wahrscheinlich zu ausführlich geraten, aber für uns als Einsteiger war das ein ganz wichtiger Teil, der zeitmäßig ein vielfaches der Tour selbst in Anspruch genommen hat - und vielleicht hilft es ja anderen die vor den gleichen Fragen stehen.
Vorbereitung
Unsere Trekking-Erfahrung war gleich Null. Zwar hatte ich als Teenager längere Strecken (60km) zu Fuß und per Ski zurückgelegt, Tagestouren in der Hohen Tatra und im Kaukasus unternommen und als Fallschirmjäger auch mehrtägige Gepäckmärsche, Bergsteigen und das Übernachten unter freiem Himmel im Winter genossen. Aber das lag 30 Jahre zurück, seitdem hatte die tägliche Schreibtisch-Fron ihren Tribut gefordert. Danach war ich ein paar Mal in den Alpen (Berchtesgaden, Davos, Cortina), auch auf Klettersteigen. Gemeinsam im Hochgebirge waren wir zuletzt vor 4 Jahren in der Tatra und in den Alpen, Kai damals noch ohne Rucksack. Seitdem hatten wir nur kürzere Wanderungen (10-15km) unternommen.
Wir hatten schon Respekt davor uns in ein Abenteuer zu stürzen, das etwas jenseits unserer aktuellen Wohlfühlzone lag. Bekannte die von unserer Tour erfahren hatten hielten uns für verrückt, fragten wie wir mit den Bären fertig werden wollten, verabschiedeten sich mitleidsvoll und waren insgesamt nicht von unserer Rückkehr überzeugt
. Um die Tour zu einem Erfolg zu machen und alle gesund und munter wieder zuhause abzuliefern war also einiges an Planung und Vorbereitung notwendig. Dabei haben das Internet und dieses Forum sehr geholfen.
Ausrüstung
Eine Bestandsaufnahme der vorhandenen Ausrüstung war ernüchternd. Wanderstiefel fielen auseinander, Rucksäcke waren mit 35 Liter auf Tagestouren ausgelegt, das 30 Jahre alte Kuppelzelt mit Glasfasergestänge zu schwer und ohne Apsis, ein russischer Benzinkocher schwer wie Stein, 20 Jahre alte Ajungilak-Ultralight-Kufa-Schlafsäcke hatten uns schon neu frösteln lassen und jetzt definitiv ihr Lebensende erreicht, Wasserflaschen aus PVC dufteten auch nach 30 Jahren noch nach Weichmacher, selbstaufblasende Supermarkt-Luftmatratzen waren dünn, schwer und sperrig, Hardshells -Fehlanzeige.

Aber wir hatten ja noch ein halbes Jahr Vorlauf für Gear-Recherche, -Vergleich und -Beschaffung. Erst mal habe ich für die ganze Tour 1000 Euro ins Familien-Budget eingestellt - wie naiv!
Das Optimum aus Performance, Gewicht, Robustheit und Kosten für jeden Ausrüstungsgegenstand für unsere angelesenen Anforderungen zu finden war zeitaufwändig und häufig wohl eine Glaubensfrage. Mit Excel und Küchenwaage bewaffnet fing ich an Ausrüstung, Bekleidung und Verpflegung zusammenzustellen, Volumen und Gramm zu reduzieren und Kilokalorien zu optimieren, inspiriert von vielen veröffentlichten Packlisten, Reiseberichten und Gear-Reviews. Kai konnte diesem bürokratischen Teil wenig abgewinnen, war dann im Verlauf der Tour aber doch zufrieden dass trotz überschaubarem Gewicht nie etwas gefehlt oder versagt hat. Hier unsere Packliste.
Wahrscheinlich waren wir am Ende für das Traumwetter das uns erwarten sollte etwas „over-equipped“. Sensibilisiert durch verregnete Youtube-Videos und eigene Erfahrungen mit Wetterumschwüngen in den Alpen waren da noch deutliche Reserven für schlechtes Wetter, Kälteeinbrüche und erzwungene Ruhetage. Aber „better safe than sorry“, besonders als Neulinge in Sachen Trekking und Fjäll.
Fitness-Check
Natürlich wollten wir nicht erst auf dem 2000 km fernen Trail feststellen ob wir noch/schon fit genug sind. Also erst mal eine Testwanderung von 42 km im heimischen Neandertal. Check. Dann eine zweite Tour über 24 Kilometer mit Gepäck (je 30x0,5 Liter Wasserflaschen). Check.
Gear-Check

Natürlich haben wir das neue Zelt (Exped Venus II Extreme) vorher aufgebaut, und die Isomatten (TAR ProLite Plus) und die Schlafsäcke (MH Lamina 0) während einer Probeübernachtung getestet. Bei unseren Wochenendwanderungen haben wir die Wanderschuhe (Meindl Vakuum GTX) eingelaufen und uns mit dem GPS (Garmin Oregon 650 mit OSM-Karten) vertraut gemacht.

Bannock frisch vom Hobo
Kai hat seine Skills mit Hobo und Feuerstahl perfektioniert. Und wir haben mit den Crocs das furten in der Düssel geübt. Taschenlampen (Zebra SC600) und Kopflampen (Zebra H600W) hatten wir schon häufiger dabei, dann auf Tour wegen der hellen Nächte aber wenig gebraucht. Nur bei den Rucksäcken (Deuter Aircontact PRO 60 + 15) haben wir uns auf die mehrstündige Anprobe im Globi verlassen und beim Kocher (Trangia 27-1 HA) auf die Feuertaufe verzichtet – etwas leichtsinnig, aber ohne Folgen.
Tourplanung
Sowohl bei der Vorbereitung als auch während der Tour hat uns Michael Hennemanns ausgezeichneter Kungsleden-Führer gute Dienste geleistet. Mit jeder Seite wuchs die Vorfreude. Wir wollten in Abisko starten, und dann dem Kungsleden von Nord nach Süd folgen. Für die Tour hatten wir grob 14 Tage geplant und Kvikkjokk als mögliches Ziel ins Auge gefasst. Wegen der fehlenden Erfahrung wollten wir zeitlich variabel bleiben und bei Bedarf verkürzen oder verlängern, selbst ein Thru-Hike war drin. Wir wollten im Zelt übernachten und uns autark versorgen, d.h. alle für die Tour benötigten Vorräte mit uns führen. Aus Kostengründen, aber vor allem der Challenge wegen. Die Hütten entlang des Kungsleden waren nur als Fallback eingeplant.
Blieb die Frage nach der besten Reisezeit. Ende August sollte der Kungsleden nicht mehr so überlaufen sein und September wurde als schönster Wandermonat mit wenig Mücken, unproblematischem Furten und toller Herbstfärbung genannt. Damit stand unsere Entscheidung für Ende August / Anfang September fest – und alle Vorhersagen sind auch perfekt eingetroffen.

Neben dem Kungsleden-Führer hatten wir auch ein GPS mit der OSM-Freizeitkarte Schweden und dem Kungsleden-Track im GPX-Format sowie Karten vom Calazo-Verlag und Kompass dabei. Die Karten gab es bei Outnorth deutlich günstiger als in Deutschland. Wegen der perfekten Wegbeschreibung und der vorbildlichen Markierung des Kungsleden haben wir die Papierkarten nie gebraucht und das GPS nur genutzt um die Kilometer bis zum nächsten Zwischenziel zu erfahren. Das kann natürlich bei schlechter Sicht oder Nebel schnell anders sein.
Packen
Wir waren bis zuletzt nicht ganz sicher ob sich die Berge von Ausrüstung und Kisten voller Proviant in unseren 60 Liter Rucksäcken restlos verstauen lassen würden. Zwar hatte ich in der Packliste schon eine ungefähre Position vorgesehen, aber die Realität sah dann doch etwas anders aus. Es bedurfte mehrerer Anläufe über zwei Tage um das Vorhaben erfolgreich abzuschließen. Hier sollte man bei neuer Ausrüstung genügend Zeit einplanen um nicht kurz vor Abfahrt in Panik zu geraten.
Für die Verpflegung mussten wir die „+15“ Reserve der Rucksäcke voll ausnutzen, darin die zweckentfremdeten Mesh-Stausäcke der Schlafsäcke um das Futter mit einem Griff entnehmen oder verstauen zu können. Für den restlichen Proviant haben wir auch noch die beiden Packsäcke der Schlafsäcke umgewidmet und außen befestigt. Mit Fortschreiten der Tour und jeder Mahlzeit wurde dieses Volumen/Gewicht natürlich immer weniger. Darüber hat sich vor allem Kai gefreut, während Zelt und Kocher in meinem Rucksack am Ende noch genauso viel wogen.
Wegen durchwachsener Erfahrungen mit Raincovern haben wir Bekleidung, Papiere und Batterien zusätzlich wasserdicht in Ziploc-Beuteln verpackt. So kann man Sachen auch besser gruppieren, die Übersicht bleibt erhalten, die Entnahme und das Verstauen gehen „reibungslos“, gefaltete Kleidungsstücke fallen dabei nicht auseinander und lassen sich luftdicht komprimieren.
Die Schlafsäcke haben wir jeweils in einem „Sea To Summit Compression Event Dry Sack“ verpackt, der im Gegensatz zum Original wasserdicht und komprimierbar war.
Da die beigelegten Packsäcke für die TAR-Isomatten sehr knapp bemessen sind mussten zusätzliche „Meru Mattress Straps“ das reibungsloses Verstauen und Entnehmen gewährleisten. Alle externen Teile (Zelt, Verpflegung, Brennstoff, Wasserflaschen) haben wir mit Paracord und Karabinern gegen verlieren gesichert.

Verpflegung für 10+ Tage, Crocs und Zelt

Schuhe, Bekleidung, Hardshell, Isojacke, Schlafsack, Isomatte, Rucksack

Trekking-Stöcke, Sonnenbrillen, Feuerzeuge, Batterien, Messer, Filter
Boonie Hat, Moskitonetz, Medpack, Medikamente, Kocher,
Ducktape, Paracord, Stativ, Sitzkissen, Karte und Kompass, Hygiene

Alles verpackt!
Es ging nicht darum alles irgendwie in die Säcke zu quetschen, sondern eine Ordnung zu schaffen die man während der ganzen Tour aufrechterhalten kann, in der alles seinen Platz hat, an den man sich auch unter erschwerten Bedingungen sofort erinnern kann und schnell Zugriff darauf hat – insbesondere Medpack, Navigation, Kamera, Licht, Wasser, Verpflegung, Hardshell und Thermojacke. Niemand hat Lust erschöpft, im Dunklen oder bei Unwetter alles auszupacken und zu suchen.
Anreise (24.8.-26.8.) Düsseldorf - Kopenhagen - Stockholm - Abisko Turist

22:02 Uhr fuhr der CNL40457 ab Düsseldorf über Hamburg und sollte 10:08 Uhr in Kopenhagen eintreffen. Wir hatten ein Doppelabteil im Schlafwagen, Frühstück inklusive. Die Entbehrungen würden ja früh genug beginnen
. 11:16 Uhr sollte uns der X2 536 dann von Kopenhagen nach Stockholm bringen. Die gesamte Strecke hatten wir online als Europa-Spezial Tarif bei der DB gebucht.


Am Morgen erfuhren wir das unser Zug inzwischen 90 Minuten Verspätung hatte und es ungewiss war ob wir unseren Anschlusszug erreichen würden. Der Zug holte etwas auf und 5 Minuten vor Abfahrt trafen wir ein. Da uns der Schaffner im Zug keinen Bahnsteig nennen konnte also schnell zum Fahrplan. Irgendwie haben wir das dänische System aber nicht verstanden, einen Bahnsteig konnten wir nicht erkennen.
Adrenalin! Nach einem Fehlversuch waren wir dann durch puren Zufall am richtigen Gleis, 10 Sekunden später fuhr der Zug.
Es war schwierig die Rucksäcke zu verstauen, da die Gepäckbereiche an den Wagenenden bereits überfüllt waren. Dann haben wir uns nett mit einem jungen Deutschen mit Bundeswehr-Background unterhalten, der mit einem gigantischen 100 Liter Berghaus Cyclops II Atlas, Bivy und Tarp in Norwegen trekken wollte und später mit uns den Nachtzug nach Narvik nahm. Kurz vor Stockholm kommt der schwedische Zoll und lässt die Rucksäcke durch einen Drogenhund beschnüffeln.
16:39 Uhr sind wir in Stockholm eingetroffen und haben uns erst mal bei McD gestärkt.
Der Nachtzug fuhr 17:55 Uhr und sollte 12:32 Uhr in Abisko Turist ankommen. Gebucht hatten wir online unter www.sj.se. Wieder Schlafwagen, diesmal ein 3er-Abteil. Zum Glück blieben wir trotzdem unter uns, denn es war eng und unsere Rucksäcke machten sich schon ziemlich breit, da sie weder in die Gepäckfächer im Abteil noch in die auf dem Gang passten. Nette Schweden machten uns darauf aufmerksam nicht in Abisko, sondern erst in Abisko Turist auszusteigen. Zwar hatte der Zug inzwischen wieder 90 Minuten Verspätung, aber diesmal nahmen wir es gelassen - schließlich hatten wir den Kungsleden erreicht und die Hektik der Zivilisation hatte keine Macht mehr über uns
.


das Abteil verlassen um den gigantischen Törneträsk in Fahrtrichtung rechts zu sehen

Eine sehr angenehme Reise - wenn man genügend Aufenthalt für Verspätungen einplant. Leider wird der Nachtzug nach Kopenhagen ab 1. November eingestellt.
1. Tag: (26.8.) Abisko Turist - Abiskojaure : 17km/5h
Da waren wir also! Nach der langen Reise und vor der großen Tour schnell noch Käsebaguette und Orangensaft in der Abisko Fjällstation, das obligatorische Foto am Kungsleden Portal und hinein ins Abenteuer.




Wir waren überwältigt. So musste das Paradies sein. Die Nachmittagssonne ging direkt ins Herz, der blaugrüne Abiskojakka rauschte im felsigen Canyon, rote Beeren und gigantische Pilze überall. Wir wandelten wie im Trance durch den grünen Korridor der Fjällbirken und konnten die Kamera gar nicht mehr aus der Hand legen.


Abiskojakka




Wir waren 15:00 Uhr gestartet und wollten jenseits der 17 km entfernten Grenzen des Nationalparks unser Lager aufzuschlagen. Nach einer Stunde erreichten wir den 4,5 km entfernten Zeltplatz Nissonjohka. Es herrschte emsiges Treiben das nicht so ganz unserer Vorstellung entsprach. Also weiter, über unsere erst große Hängebrücke, am See Abiskojärvi vorbei in Richtung Abiskojaure-Hütte.


Abiskojärvi



verzaubert

der Kieron

Brücke zur Absikojaure stugorna
Das Wetter war traumhaft und das Glücksgefühl hielt an - die perfekte Motivation für unseren ersten Trekking-Tag. Nachdem wir die Abiskojaure-Hütte 18:30 Uhr passiert hatten waren es noch 2,5 km zur Nationalpark-Grenze. Nun ging es steil aufwärts.
Unser Wasser war inzwischen aufgebraucht und so füllten wir am nächsten Bach unsere beiden Trinkflaschen und die 1,5 Liter Evernew Faltflasche fürs bevorstehende Camp auf. Das hat eine Weile gedauert, da wir das Wasser mit dem Sawyer Mini gefiltert haben. Man kann das Wasser auch ungefiltert trinken, aber wir hatten Berichte über durch Lemminge übertragene Hasenpest gelesen und wollten kein Risiko eingehen. Den süßen Fellknäulen und ihren Hinterlassenschaften sind wir dann auch häufig begegnet, ebenso einem skelettierten Rentierschädel im Bach - da hatte das Wasser seine Unschuld verloren. Der Filter nimmt kaum Platz weg, ist leicht und die Bedienung simpel. Das Befüllen der mitgelieferten Faltflasche war allerdings tricky. An dem langsam fließenden Bach füllte sich die Flasche einfach nicht mit Wasser. Wenn man die Flasche vorher aufbläst und den Boden mit den Fingern auseinander spreizt geht es aber. In der Strömung und an kleinen Wasserfällen ist es kein Problem. Wir haben auf der gesamten Tour gefiltert, sonst allerdings niemanden mit Filtern hantieren sehen. Da wir die Faltflasche beim Filtern immer aufgerollt haben um mehr Druck auszuüben, hat sich nach acht Tagen die äußere Folienschicht delaminiert, war aber immer noch dicht. Wir werden aber ohnehin von 0,5 auf 1 Liter Beutel umsteigen um den Ablauf zu beschleunigen.
Gegen 20:00 Uhr haben wird die Nationalparkgrenze erreicht und gleich unser Zelt aufgeschlagen. Ein netter ebener Platz ein paar Meter neben dem Kungsleden, den wohl schon viele Wanderer vor uns genutzt hatten.



Abends stand Borscht von trek'n eat auf der Karte. Klang verheißungsvoll, lag aber nachts wie Beton im Magen. War einer dieser Anfängerfehler. Unsere zwei Tüten benötigten jeweils 550 ml heißes Wasser. Der Trangia Topf war mit einem Liter angegeben. 10% Differenz sollten kein Problem sein, oder? Da die realistische Füllmenge vom Topf eher bei 0,7-0,8 Litern lag, hätten wir aber 50% mehr Wasser gebraucht! Glücklicherweise waren unsere anderen Fertigmahlzeiten von Travellunch und benötigten nur 375 ml Wasser.
Ein wundervoller Tag lag hinter uns und wir konnten lange nicht einschlafen. Auch nach Sonnenuntergang wurde es nicht dunkel, ganz anders als in den Alpen wo die Dunkelheit schlagartig hereinbricht sobald die Sonne hinter den Bergen verschwindet. Und es herrschte ein merkwürdig friedvolle Stille, nur ein Wasserfall rauschte leise in der Ferne. Diese Stille umfing uns jede Nacht im Fjäll, kein Laut, kein Knacken, nichts - ganz anders als die nächtliche Geräuschkulisse in unseren heimischen Wäldern, vom allgegenwärtigen Verkehr ganz abgesehen.
2. Tag (27.8.) Abiskojaure - Alesjaure : 20km/8h
7:30 Uhr sind wir langsam aufgestanden, zum Frühstück gab's Schokomüsli und Kaffee.

Als alles verpackt ist zeigte die Uhr schon 10:30. Drei Stunden - das muss schneller werden! Bald erreichten wir die Hängebrücke über den Siellajohka und konnten unser Wasservorräte auffüllen.


Nach der Brücke geht es erst steil, dann stetig bergan. Kurz den Rucksack absetzen, trinken und weiter.




Es war erstaunlich. Trotz all der Horrormeldungen hatten wir bisher keinerlei Probleme mit Mücken. Auf dem Pfad selber keine einzige, nur vereinzelt an Bächen beim Wasserholen oder abends im Camp.



Inzwischen gibt es keine Sträucher mehr und wir sind im Fjäll.
Die Sonne scheint über die weite Fläche, während Holzbohlen uns zügig über Sumpf und Felsenlöcher führen. Hat was von Autobahn.


Es ist windig und wir rasten geschützt hinter Felsbrocken. Es gibt für jeden zwei Bifi-Rolls-Surrogate und Wasser, gepimpt mit einer Tüte Xenofit Mineral Energy. Nichts für zu Hause aber hier draußen nimmts der Körper gierig auf.



Rechts vom Weg stehen ein paar Rentierzüchter-Hütten, während auf der linken Talseite ein See sich an den anderen anschließt - auf jeweils ansteigendem Höhenniveau. Nach einiger Zeit überqueren wir einen Rentierzaun über eine kleine Holzbrücke.




Am Alisjärvi gibt es die ersten Erschöpfungserscheinungen. Kai legt sich auf den Boden und sagt nichts mehr. Ich kann ihn mit Mühe überreden wenigsten die Hardshell anzuziehen. Der für ihn ungewohnt schwere Rucksack macht ihm zu schaffen, sein Rücken und seine Füße schmerzen.

Nach einer halben Stunde hat er sich gefangen und wir filtern Wasser. Er fragt aber wo der nächste Ausstieg aus dem Kungsleden ist und wie viele Tage dann noch vor uns liegen. Ich sage ihm das ein Tief am zweiten Tag nicht außergewöhnlich ist und dass der Körper sich erst umstellen und an die ungewohnte Belastung gewöhnen muss. Ich schlage vor das ganze etwas entspannter anzugehen, öfter Pausen zu machen oder die Tagesetappen zu verkürzen. Durch das Zelt sind wir ja nicht an die Hütten gebunden. Sonst könnten wir vor der Singihütte den Ausstieg über die Kebnekaise Fjällstation nach Nikkaluokta nehmen. Das wären noch 3-4 Tage. Kai ist einverstanden.


Samensiedlung am gegenüberliegenden Seeufer



Hängebrücke über den Aliseatnu
Nach weiteren 7km am Seeufer entlang erreichten wir die Alesjaure-Hütte. Es folgte ein kurzer steiler Abstieg zur Brücke über den Aliseatnu. Auf der gegenüberliegenden Seite rechts des Weges sahen wir den zur Hütte gehörigen Zeltplatz. Wir hielten nun ebenfalls nach einem geeigneten Nachtlager Ausschau. Es war 18:30 Uhr und wir hatten 8 Stunden für 20 km gebraucht. Sechshundert Meter weiter den Berg hinauf fanden wir unterhalb des Weges einen passablen Platz mit toller Aussicht auf das Flußdelta.
Ich schickte Kai, der recht angeschlagen war, gleich in den Schlafsack und brachte erst mal den Trangia auf Touren. Nach einiger Zeit gab es einen köstlichen Linseneintopf, danach Kaffee und Tee.
Abends im Zelt diskutierten wir nochmals die verschiedenen Optionen, machten die Entscheidung aber vom Verlauf der kommenden Tage abhängig. Ich wollte Kai nicht überfordern, andererseits gibt es bei jeder Tour Phasen wo man die Zähne zusammenbeißen muss.
Er würde Selbstvertrauen gewinnen, wenn er lernt die Reserven jenseits der Wellnessgrenze abzurufen.
3. Tag (28.8.) Allesjaure - Tjäktjahütte - Tjäktkapass : 17,5km/7,5h
Am Morgen begrüßte uns wieder ein blauer Himmel und strahlender Sonnenschein.

Delta des Aliseatnu

Leider hatten wir die Hangneigung nicht beachtet und mussten in der Nacht immer wieder nach oben kriechen, da die Schlafsäcke auf den Isomatten nicht genügend Halt fanden und nach unten rutschten. Zukünftig haben wir dann im Zweifel vor dem Zeltaufbau eine Liegeprobe auf dem Footprint gemacht.

Nach dem Frühstück packten wir und machten uns auf den Weg, wieder deutlich nach 10 Uhr.

Wolken zogen auf und ein kalter Wind blies vom Pass. Wir griffen wieder zur Hardshell.

Heute war der dritte Tag an dem wir zwei Frauen sahen die den Kungsleden mit Trekkingrädern befuhren. Nur fahren sahen wir sie nie. Sie hatten viel Gepäck und eigentlich mussten sie immer schieben oder zu zweit ihre Räder mühsam über kritische Stellen tragen.

Hängebrücke über den Bossusjakka




Nach einiger Zeit sahen wir die Tjäktjahütte am Horizont. Sie schien nicht mehr fern, sehr zur Beruhigung von Kai.


Sollte das die angekündigte Watstelle sein? Fürs Furten waren die Crocs bei unserer Tour überflüssig.

Es ging auf und ab und das Gelände war etwas unübersichtlich. Jedenfalls verloren wir die Hütte aus den Augen und als sie nach geraumer Zeit wieder auftauchte schien sie weiter entfernt als zuvor. Das dämpfte die Stimmung etwas.


Gegen 15:00 Uhr waren wir endlich auf Höhe der Hütte, getrennt durch ein Flusstal über das eine Brücke führte. Wir beschlossen weiterzugehen und heute noch den Tjäktjapass zu überqueren. Ab jetzt waren deutlich weniger Leute unterwegs.

Tjäktjastuga unter dem Muorahiscohkka



Mit den Holzbohlen endete der sichtbare Weg, und es ging über ein nasses Schuttfeld weiter in Richtung Pass, mit Steinmännchen als Wegweiser.


Nach einem kurzen Abstecher zu den letzten Resten eines Schneefeldes ging es dann sehr steil zum Pass hinauf.

"ich bin fröhlich, man kann es nur nicht sehen weil mir beim Lächeln die Lippen wehtun"

Oben an der Schutzhütte rasteten schon zwei Russinnen die von der anderen Seite gekommen waren.

Nach kurzer Pause stiegen wir steil ins gegenüberliegende Tjäktatal ab und begannen nach einem Lagerplatz Ausschau zu halten.

800m unterhalb des Passes fanden wir dann einen geeigneten Flecken an einem kleinen Bach. So langsam bekamen wir ein Auge dafür. Es war inzwischen 18:00 Uhr, wir bauten das Zelt auf und holten Wasser.

Heute standen Chinanudeln auf dem Programm, danach wieder Kaffee und Tee.

Aus Platz- und Gewichtsgründen hatte ich mich für das kleine Trangia-Modell entschieden, dafür mussten nun abends und morgens nacheinander zwei Töpfe mit heißem Wasser erhitzt werden. Die Bedienung war simpel und kaputt gehen konnte da nichts. Nachdem beide Gasfeuerzeuge versagt hatten nahmen wir den Feuerstahl zum zünden. Ging abends spielend, morgens wenn der Spiritus kalt war häufig nicht. Dann mussten Sturmstreichhölzer ran. Backup und Redundanz sind also nicht verkehrt. Leider ging die Flamme des Brenners manchmal aus, obwohl der Trangia eigentlich als Sturmkocher gilt und der Wind nicht wirklich stark war. Wir deckten den Topf/Windscreen immer mit dem Deckel/Pfanne ab. Gab es dadurch zu wenig Sauerstoff oder lief Wasser durch Überkochen oder Kondensation in die Flamme? Rätselhaft.
Da es der Spirituskocher auch sonst sehr gemächlich anging zog sich alles hin. Ohne Sonne wurde es empfindlich kühl und wir mussten eine weitere Jacke anziehen.
Strecke: Nördlicher Kungsleden, Abisko-Kvikkjokk, ca. 200km
Reisezeit: August / September 2014
Dauer: 9 Tage + 4 Tage An/Abreise
Übernachtung: im Zelt, autarke Verpflegung, Rucksäcke je 22 kg

Unsere erste Tour
Dies sollte unsere (Wolf, 52 / Kai, 17) erste mehrtägige Trekking-Tour werden. Nach dem Abi und vor dem Start ins Studium hatte sich Kai nochmal eine gemeinsame Papa/Sohn-Aktivität als Kindheitsabschieds-Event gewünscht. Er wollte Survival, aber wir haben uns dann geeinigt das zwei Wochen Trekking mit autarker Verpflegung genug Herausforderung sind, auch ohne Regenwürmer und Laubhüttenbau

Zwischen Alpenüberquerung auf dem E5, dem Matkatee in Estland und dem Kungsleden in Schweden hat er sich für letzteres entschieden.
Der folgende Teil zur Tourvorbereitung ist für die hier versammelten Profis wahrscheinlich zu ausführlich geraten, aber für uns als Einsteiger war das ein ganz wichtiger Teil, der zeitmäßig ein vielfaches der Tour selbst in Anspruch genommen hat - und vielleicht hilft es ja anderen die vor den gleichen Fragen stehen.
Vorbereitung
Unsere Trekking-Erfahrung war gleich Null. Zwar hatte ich als Teenager längere Strecken (60km) zu Fuß und per Ski zurückgelegt, Tagestouren in der Hohen Tatra und im Kaukasus unternommen und als Fallschirmjäger auch mehrtägige Gepäckmärsche, Bergsteigen und das Übernachten unter freiem Himmel im Winter genossen. Aber das lag 30 Jahre zurück, seitdem hatte die tägliche Schreibtisch-Fron ihren Tribut gefordert. Danach war ich ein paar Mal in den Alpen (Berchtesgaden, Davos, Cortina), auch auf Klettersteigen. Gemeinsam im Hochgebirge waren wir zuletzt vor 4 Jahren in der Tatra und in den Alpen, Kai damals noch ohne Rucksack. Seitdem hatten wir nur kürzere Wanderungen (10-15km) unternommen.
Wir hatten schon Respekt davor uns in ein Abenteuer zu stürzen, das etwas jenseits unserer aktuellen Wohlfühlzone lag. Bekannte die von unserer Tour erfahren hatten hielten uns für verrückt, fragten wie wir mit den Bären fertig werden wollten, verabschiedeten sich mitleidsvoll und waren insgesamt nicht von unserer Rückkehr überzeugt

Ausrüstung
Eine Bestandsaufnahme der vorhandenen Ausrüstung war ernüchternd. Wanderstiefel fielen auseinander, Rucksäcke waren mit 35 Liter auf Tagestouren ausgelegt, das 30 Jahre alte Kuppelzelt mit Glasfasergestänge zu schwer und ohne Apsis, ein russischer Benzinkocher schwer wie Stein, 20 Jahre alte Ajungilak-Ultralight-Kufa-Schlafsäcke hatten uns schon neu frösteln lassen und jetzt definitiv ihr Lebensende erreicht, Wasserflaschen aus PVC dufteten auch nach 30 Jahren noch nach Weichmacher, selbstaufblasende Supermarkt-Luftmatratzen waren dünn, schwer und sperrig, Hardshells -Fehlanzeige.

Aber wir hatten ja noch ein halbes Jahr Vorlauf für Gear-Recherche, -Vergleich und -Beschaffung. Erst mal habe ich für die ganze Tour 1000 Euro ins Familien-Budget eingestellt - wie naiv!
Das Optimum aus Performance, Gewicht, Robustheit und Kosten für jeden Ausrüstungsgegenstand für unsere angelesenen Anforderungen zu finden war zeitaufwändig und häufig wohl eine Glaubensfrage. Mit Excel und Küchenwaage bewaffnet fing ich an Ausrüstung, Bekleidung und Verpflegung zusammenzustellen, Volumen und Gramm zu reduzieren und Kilokalorien zu optimieren, inspiriert von vielen veröffentlichten Packlisten, Reiseberichten und Gear-Reviews. Kai konnte diesem bürokratischen Teil wenig abgewinnen, war dann im Verlauf der Tour aber doch zufrieden dass trotz überschaubarem Gewicht nie etwas gefehlt oder versagt hat. Hier unsere Packliste.
Wahrscheinlich waren wir am Ende für das Traumwetter das uns erwarten sollte etwas „over-equipped“. Sensibilisiert durch verregnete Youtube-Videos und eigene Erfahrungen mit Wetterumschwüngen in den Alpen waren da noch deutliche Reserven für schlechtes Wetter, Kälteeinbrüche und erzwungene Ruhetage. Aber „better safe than sorry“, besonders als Neulinge in Sachen Trekking und Fjäll.
Fitness-Check
Natürlich wollten wir nicht erst auf dem 2000 km fernen Trail feststellen ob wir noch/schon fit genug sind. Also erst mal eine Testwanderung von 42 km im heimischen Neandertal. Check. Dann eine zweite Tour über 24 Kilometer mit Gepäck (je 30x0,5 Liter Wasserflaschen). Check.
Gear-Check

Natürlich haben wir das neue Zelt (Exped Venus II Extreme) vorher aufgebaut, und die Isomatten (TAR ProLite Plus) und die Schlafsäcke (MH Lamina 0) während einer Probeübernachtung getestet. Bei unseren Wochenendwanderungen haben wir die Wanderschuhe (Meindl Vakuum GTX) eingelaufen und uns mit dem GPS (Garmin Oregon 650 mit OSM-Karten) vertraut gemacht.

Bannock frisch vom Hobo
Kai hat seine Skills mit Hobo und Feuerstahl perfektioniert. Und wir haben mit den Crocs das furten in der Düssel geübt. Taschenlampen (Zebra SC600) und Kopflampen (Zebra H600W) hatten wir schon häufiger dabei, dann auf Tour wegen der hellen Nächte aber wenig gebraucht. Nur bei den Rucksäcken (Deuter Aircontact PRO 60 + 15) haben wir uns auf die mehrstündige Anprobe im Globi verlassen und beim Kocher (Trangia 27-1 HA) auf die Feuertaufe verzichtet – etwas leichtsinnig, aber ohne Folgen.
Tourplanung
Sowohl bei der Vorbereitung als auch während der Tour hat uns Michael Hennemanns ausgezeichneter Kungsleden-Führer gute Dienste geleistet. Mit jeder Seite wuchs die Vorfreude. Wir wollten in Abisko starten, und dann dem Kungsleden von Nord nach Süd folgen. Für die Tour hatten wir grob 14 Tage geplant und Kvikkjokk als mögliches Ziel ins Auge gefasst. Wegen der fehlenden Erfahrung wollten wir zeitlich variabel bleiben und bei Bedarf verkürzen oder verlängern, selbst ein Thru-Hike war drin. Wir wollten im Zelt übernachten und uns autark versorgen, d.h. alle für die Tour benötigten Vorräte mit uns führen. Aus Kostengründen, aber vor allem der Challenge wegen. Die Hütten entlang des Kungsleden waren nur als Fallback eingeplant.
Blieb die Frage nach der besten Reisezeit. Ende August sollte der Kungsleden nicht mehr so überlaufen sein und September wurde als schönster Wandermonat mit wenig Mücken, unproblematischem Furten und toller Herbstfärbung genannt. Damit stand unsere Entscheidung für Ende August / Anfang September fest – und alle Vorhersagen sind auch perfekt eingetroffen.

Neben dem Kungsleden-Führer hatten wir auch ein GPS mit der OSM-Freizeitkarte Schweden und dem Kungsleden-Track im GPX-Format sowie Karten vom Calazo-Verlag und Kompass dabei. Die Karten gab es bei Outnorth deutlich günstiger als in Deutschland. Wegen der perfekten Wegbeschreibung und der vorbildlichen Markierung des Kungsleden haben wir die Papierkarten nie gebraucht und das GPS nur genutzt um die Kilometer bis zum nächsten Zwischenziel zu erfahren. Das kann natürlich bei schlechter Sicht oder Nebel schnell anders sein.
Packen
Wir waren bis zuletzt nicht ganz sicher ob sich die Berge von Ausrüstung und Kisten voller Proviant in unseren 60 Liter Rucksäcken restlos verstauen lassen würden. Zwar hatte ich in der Packliste schon eine ungefähre Position vorgesehen, aber die Realität sah dann doch etwas anders aus. Es bedurfte mehrerer Anläufe über zwei Tage um das Vorhaben erfolgreich abzuschließen. Hier sollte man bei neuer Ausrüstung genügend Zeit einplanen um nicht kurz vor Abfahrt in Panik zu geraten.
Für die Verpflegung mussten wir die „+15“ Reserve der Rucksäcke voll ausnutzen, darin die zweckentfremdeten Mesh-Stausäcke der Schlafsäcke um das Futter mit einem Griff entnehmen oder verstauen zu können. Für den restlichen Proviant haben wir auch noch die beiden Packsäcke der Schlafsäcke umgewidmet und außen befestigt. Mit Fortschreiten der Tour und jeder Mahlzeit wurde dieses Volumen/Gewicht natürlich immer weniger. Darüber hat sich vor allem Kai gefreut, während Zelt und Kocher in meinem Rucksack am Ende noch genauso viel wogen.
Wegen durchwachsener Erfahrungen mit Raincovern haben wir Bekleidung, Papiere und Batterien zusätzlich wasserdicht in Ziploc-Beuteln verpackt. So kann man Sachen auch besser gruppieren, die Übersicht bleibt erhalten, die Entnahme und das Verstauen gehen „reibungslos“, gefaltete Kleidungsstücke fallen dabei nicht auseinander und lassen sich luftdicht komprimieren.
Die Schlafsäcke haben wir jeweils in einem „Sea To Summit Compression Event Dry Sack“ verpackt, der im Gegensatz zum Original wasserdicht und komprimierbar war.
Da die beigelegten Packsäcke für die TAR-Isomatten sehr knapp bemessen sind mussten zusätzliche „Meru Mattress Straps“ das reibungsloses Verstauen und Entnehmen gewährleisten. Alle externen Teile (Zelt, Verpflegung, Brennstoff, Wasserflaschen) haben wir mit Paracord und Karabinern gegen verlieren gesichert.

Verpflegung für 10+ Tage, Crocs und Zelt

Schuhe, Bekleidung, Hardshell, Isojacke, Schlafsack, Isomatte, Rucksack

Trekking-Stöcke, Sonnenbrillen, Feuerzeuge, Batterien, Messer, Filter
Boonie Hat, Moskitonetz, Medpack, Medikamente, Kocher,
Ducktape, Paracord, Stativ, Sitzkissen, Karte und Kompass, Hygiene

Alles verpackt!
Es ging nicht darum alles irgendwie in die Säcke zu quetschen, sondern eine Ordnung zu schaffen die man während der ganzen Tour aufrechterhalten kann, in der alles seinen Platz hat, an den man sich auch unter erschwerten Bedingungen sofort erinnern kann und schnell Zugriff darauf hat – insbesondere Medpack, Navigation, Kamera, Licht, Wasser, Verpflegung, Hardshell und Thermojacke. Niemand hat Lust erschöpft, im Dunklen oder bei Unwetter alles auszupacken und zu suchen.
Anreise (24.8.-26.8.) Düsseldorf - Kopenhagen - Stockholm - Abisko Turist

22:02 Uhr fuhr der CNL40457 ab Düsseldorf über Hamburg und sollte 10:08 Uhr in Kopenhagen eintreffen. Wir hatten ein Doppelabteil im Schlafwagen, Frühstück inklusive. Die Entbehrungen würden ja früh genug beginnen



Am Morgen erfuhren wir das unser Zug inzwischen 90 Minuten Verspätung hatte und es ungewiss war ob wir unseren Anschlusszug erreichen würden. Der Zug holte etwas auf und 5 Minuten vor Abfahrt trafen wir ein. Da uns der Schaffner im Zug keinen Bahnsteig nennen konnte also schnell zum Fahrplan. Irgendwie haben wir das dänische System aber nicht verstanden, einen Bahnsteig konnten wir nicht erkennen.
Adrenalin! Nach einem Fehlversuch waren wir dann durch puren Zufall am richtigen Gleis, 10 Sekunden später fuhr der Zug.
Es war schwierig die Rucksäcke zu verstauen, da die Gepäckbereiche an den Wagenenden bereits überfüllt waren. Dann haben wir uns nett mit einem jungen Deutschen mit Bundeswehr-Background unterhalten, der mit einem gigantischen 100 Liter Berghaus Cyclops II Atlas, Bivy und Tarp in Norwegen trekken wollte und später mit uns den Nachtzug nach Narvik nahm. Kurz vor Stockholm kommt der schwedische Zoll und lässt die Rucksäcke durch einen Drogenhund beschnüffeln.
16:39 Uhr sind wir in Stockholm eingetroffen und haben uns erst mal bei McD gestärkt.
Der Nachtzug fuhr 17:55 Uhr und sollte 12:32 Uhr in Abisko Turist ankommen. Gebucht hatten wir online unter www.sj.se. Wieder Schlafwagen, diesmal ein 3er-Abteil. Zum Glück blieben wir trotzdem unter uns, denn es war eng und unsere Rucksäcke machten sich schon ziemlich breit, da sie weder in die Gepäckfächer im Abteil noch in die auf dem Gang passten. Nette Schweden machten uns darauf aufmerksam nicht in Abisko, sondern erst in Abisko Turist auszusteigen. Zwar hatte der Zug inzwischen wieder 90 Minuten Verspätung, aber diesmal nahmen wir es gelassen - schließlich hatten wir den Kungsleden erreicht und die Hektik der Zivilisation hatte keine Macht mehr über uns



das Abteil verlassen um den gigantischen Törneträsk in Fahrtrichtung rechts zu sehen

Eine sehr angenehme Reise - wenn man genügend Aufenthalt für Verspätungen einplant. Leider wird der Nachtzug nach Kopenhagen ab 1. November eingestellt.
1. Tag: (26.8.) Abisko Turist - Abiskojaure : 17km/5h
Da waren wir also! Nach der langen Reise und vor der großen Tour schnell noch Käsebaguette und Orangensaft in der Abisko Fjällstation, das obligatorische Foto am Kungsleden Portal und hinein ins Abenteuer.




Wir waren überwältigt. So musste das Paradies sein. Die Nachmittagssonne ging direkt ins Herz, der blaugrüne Abiskojakka rauschte im felsigen Canyon, rote Beeren und gigantische Pilze überall. Wir wandelten wie im Trance durch den grünen Korridor der Fjällbirken und konnten die Kamera gar nicht mehr aus der Hand legen.


Abiskojakka




Wir waren 15:00 Uhr gestartet und wollten jenseits der 17 km entfernten Grenzen des Nationalparks unser Lager aufzuschlagen. Nach einer Stunde erreichten wir den 4,5 km entfernten Zeltplatz Nissonjohka. Es herrschte emsiges Treiben das nicht so ganz unserer Vorstellung entsprach. Also weiter, über unsere erst große Hängebrücke, am See Abiskojärvi vorbei in Richtung Abiskojaure-Hütte.


Abiskojärvi



verzaubert

der Kieron

Brücke zur Absikojaure stugorna
Das Wetter war traumhaft und das Glücksgefühl hielt an - die perfekte Motivation für unseren ersten Trekking-Tag. Nachdem wir die Abiskojaure-Hütte 18:30 Uhr passiert hatten waren es noch 2,5 km zur Nationalpark-Grenze. Nun ging es steil aufwärts.
Unser Wasser war inzwischen aufgebraucht und so füllten wir am nächsten Bach unsere beiden Trinkflaschen und die 1,5 Liter Evernew Faltflasche fürs bevorstehende Camp auf. Das hat eine Weile gedauert, da wir das Wasser mit dem Sawyer Mini gefiltert haben. Man kann das Wasser auch ungefiltert trinken, aber wir hatten Berichte über durch Lemminge übertragene Hasenpest gelesen und wollten kein Risiko eingehen. Den süßen Fellknäulen und ihren Hinterlassenschaften sind wir dann auch häufig begegnet, ebenso einem skelettierten Rentierschädel im Bach - da hatte das Wasser seine Unschuld verloren. Der Filter nimmt kaum Platz weg, ist leicht und die Bedienung simpel. Das Befüllen der mitgelieferten Faltflasche war allerdings tricky. An dem langsam fließenden Bach füllte sich die Flasche einfach nicht mit Wasser. Wenn man die Flasche vorher aufbläst und den Boden mit den Fingern auseinander spreizt geht es aber. In der Strömung und an kleinen Wasserfällen ist es kein Problem. Wir haben auf der gesamten Tour gefiltert, sonst allerdings niemanden mit Filtern hantieren sehen. Da wir die Faltflasche beim Filtern immer aufgerollt haben um mehr Druck auszuüben, hat sich nach acht Tagen die äußere Folienschicht delaminiert, war aber immer noch dicht. Wir werden aber ohnehin von 0,5 auf 1 Liter Beutel umsteigen um den Ablauf zu beschleunigen.
Gegen 20:00 Uhr haben wird die Nationalparkgrenze erreicht und gleich unser Zelt aufgeschlagen. Ein netter ebener Platz ein paar Meter neben dem Kungsleden, den wohl schon viele Wanderer vor uns genutzt hatten.



Abends stand Borscht von trek'n eat auf der Karte. Klang verheißungsvoll, lag aber nachts wie Beton im Magen. War einer dieser Anfängerfehler. Unsere zwei Tüten benötigten jeweils 550 ml heißes Wasser. Der Trangia Topf war mit einem Liter angegeben. 10% Differenz sollten kein Problem sein, oder? Da die realistische Füllmenge vom Topf eher bei 0,7-0,8 Litern lag, hätten wir aber 50% mehr Wasser gebraucht! Glücklicherweise waren unsere anderen Fertigmahlzeiten von Travellunch und benötigten nur 375 ml Wasser.
Ein wundervoller Tag lag hinter uns und wir konnten lange nicht einschlafen. Auch nach Sonnenuntergang wurde es nicht dunkel, ganz anders als in den Alpen wo die Dunkelheit schlagartig hereinbricht sobald die Sonne hinter den Bergen verschwindet. Und es herrschte ein merkwürdig friedvolle Stille, nur ein Wasserfall rauschte leise in der Ferne. Diese Stille umfing uns jede Nacht im Fjäll, kein Laut, kein Knacken, nichts - ganz anders als die nächtliche Geräuschkulisse in unseren heimischen Wäldern, vom allgegenwärtigen Verkehr ganz abgesehen.
2. Tag (27.8.) Abiskojaure - Alesjaure : 20km/8h
7:30 Uhr sind wir langsam aufgestanden, zum Frühstück gab's Schokomüsli und Kaffee.

Als alles verpackt ist zeigte die Uhr schon 10:30. Drei Stunden - das muss schneller werden! Bald erreichten wir die Hängebrücke über den Siellajohka und konnten unser Wasservorräte auffüllen.


Nach der Brücke geht es erst steil, dann stetig bergan. Kurz den Rucksack absetzen, trinken und weiter.




Es war erstaunlich. Trotz all der Horrormeldungen hatten wir bisher keinerlei Probleme mit Mücken. Auf dem Pfad selber keine einzige, nur vereinzelt an Bächen beim Wasserholen oder abends im Camp.



Inzwischen gibt es keine Sträucher mehr und wir sind im Fjäll.
Die Sonne scheint über die weite Fläche, während Holzbohlen uns zügig über Sumpf und Felsenlöcher führen. Hat was von Autobahn.


Es ist windig und wir rasten geschützt hinter Felsbrocken. Es gibt für jeden zwei Bifi-Rolls-Surrogate und Wasser, gepimpt mit einer Tüte Xenofit Mineral Energy. Nichts für zu Hause aber hier draußen nimmts der Körper gierig auf.



Rechts vom Weg stehen ein paar Rentierzüchter-Hütten, während auf der linken Talseite ein See sich an den anderen anschließt - auf jeweils ansteigendem Höhenniveau. Nach einiger Zeit überqueren wir einen Rentierzaun über eine kleine Holzbrücke.




Am Alisjärvi gibt es die ersten Erschöpfungserscheinungen. Kai legt sich auf den Boden und sagt nichts mehr. Ich kann ihn mit Mühe überreden wenigsten die Hardshell anzuziehen. Der für ihn ungewohnt schwere Rucksack macht ihm zu schaffen, sein Rücken und seine Füße schmerzen.

Nach einer halben Stunde hat er sich gefangen und wir filtern Wasser. Er fragt aber wo der nächste Ausstieg aus dem Kungsleden ist und wie viele Tage dann noch vor uns liegen. Ich sage ihm das ein Tief am zweiten Tag nicht außergewöhnlich ist und dass der Körper sich erst umstellen und an die ungewohnte Belastung gewöhnen muss. Ich schlage vor das ganze etwas entspannter anzugehen, öfter Pausen zu machen oder die Tagesetappen zu verkürzen. Durch das Zelt sind wir ja nicht an die Hütten gebunden. Sonst könnten wir vor der Singihütte den Ausstieg über die Kebnekaise Fjällstation nach Nikkaluokta nehmen. Das wären noch 3-4 Tage. Kai ist einverstanden.


Samensiedlung am gegenüberliegenden Seeufer



Hängebrücke über den Aliseatnu
Nach weiteren 7km am Seeufer entlang erreichten wir die Alesjaure-Hütte. Es folgte ein kurzer steiler Abstieg zur Brücke über den Aliseatnu. Auf der gegenüberliegenden Seite rechts des Weges sahen wir den zur Hütte gehörigen Zeltplatz. Wir hielten nun ebenfalls nach einem geeigneten Nachtlager Ausschau. Es war 18:30 Uhr und wir hatten 8 Stunden für 20 km gebraucht. Sechshundert Meter weiter den Berg hinauf fanden wir unterhalb des Weges einen passablen Platz mit toller Aussicht auf das Flußdelta.
Ich schickte Kai, der recht angeschlagen war, gleich in den Schlafsack und brachte erst mal den Trangia auf Touren. Nach einiger Zeit gab es einen köstlichen Linseneintopf, danach Kaffee und Tee.
Abends im Zelt diskutierten wir nochmals die verschiedenen Optionen, machten die Entscheidung aber vom Verlauf der kommenden Tage abhängig. Ich wollte Kai nicht überfordern, andererseits gibt es bei jeder Tour Phasen wo man die Zähne zusammenbeißen muss.
Er würde Selbstvertrauen gewinnen, wenn er lernt die Reserven jenseits der Wellnessgrenze abzurufen.
3. Tag (28.8.) Allesjaure - Tjäktjahütte - Tjäktkapass : 17,5km/7,5h
Am Morgen begrüßte uns wieder ein blauer Himmel und strahlender Sonnenschein.

Delta des Aliseatnu

Leider hatten wir die Hangneigung nicht beachtet und mussten in der Nacht immer wieder nach oben kriechen, da die Schlafsäcke auf den Isomatten nicht genügend Halt fanden und nach unten rutschten. Zukünftig haben wir dann im Zweifel vor dem Zeltaufbau eine Liegeprobe auf dem Footprint gemacht.

Nach dem Frühstück packten wir und machten uns auf den Weg, wieder deutlich nach 10 Uhr.

Wolken zogen auf und ein kalter Wind blies vom Pass. Wir griffen wieder zur Hardshell.

Heute war der dritte Tag an dem wir zwei Frauen sahen die den Kungsleden mit Trekkingrädern befuhren. Nur fahren sahen wir sie nie. Sie hatten viel Gepäck und eigentlich mussten sie immer schieben oder zu zweit ihre Räder mühsam über kritische Stellen tragen.

Hängebrücke über den Bossusjakka




Nach einiger Zeit sahen wir die Tjäktjahütte am Horizont. Sie schien nicht mehr fern, sehr zur Beruhigung von Kai.


Sollte das die angekündigte Watstelle sein? Fürs Furten waren die Crocs bei unserer Tour überflüssig.

Es ging auf und ab und das Gelände war etwas unübersichtlich. Jedenfalls verloren wir die Hütte aus den Augen und als sie nach geraumer Zeit wieder auftauchte schien sie weiter entfernt als zuvor. Das dämpfte die Stimmung etwas.


Gegen 15:00 Uhr waren wir endlich auf Höhe der Hütte, getrennt durch ein Flusstal über das eine Brücke führte. Wir beschlossen weiterzugehen und heute noch den Tjäktjapass zu überqueren. Ab jetzt waren deutlich weniger Leute unterwegs.

Tjäktjastuga unter dem Muorahiscohkka



Mit den Holzbohlen endete der sichtbare Weg, und es ging über ein nasses Schuttfeld weiter in Richtung Pass, mit Steinmännchen als Wegweiser.


Nach einem kurzen Abstecher zu den letzten Resten eines Schneefeldes ging es dann sehr steil zum Pass hinauf.

"ich bin fröhlich, man kann es nur nicht sehen weil mir beim Lächeln die Lippen wehtun"

Oben an der Schutzhütte rasteten schon zwei Russinnen die von der anderen Seite gekommen waren.

Nach kurzer Pause stiegen wir steil ins gegenüberliegende Tjäktatal ab und begannen nach einem Lagerplatz Ausschau zu halten.

800m unterhalb des Passes fanden wir dann einen geeigneten Flecken an einem kleinen Bach. So langsam bekamen wir ein Auge dafür. Es war inzwischen 18:00 Uhr, wir bauten das Zelt auf und holten Wasser.

Heute standen Chinanudeln auf dem Programm, danach wieder Kaffee und Tee.

Aus Platz- und Gewichtsgründen hatte ich mich für das kleine Trangia-Modell entschieden, dafür mussten nun abends und morgens nacheinander zwei Töpfe mit heißem Wasser erhitzt werden. Die Bedienung war simpel und kaputt gehen konnte da nichts. Nachdem beide Gasfeuerzeuge versagt hatten nahmen wir den Feuerstahl zum zünden. Ging abends spielend, morgens wenn der Spiritus kalt war häufig nicht. Dann mussten Sturmstreichhölzer ran. Backup und Redundanz sind also nicht verkehrt. Leider ging die Flamme des Brenners manchmal aus, obwohl der Trangia eigentlich als Sturmkocher gilt und der Wind nicht wirklich stark war. Wir deckten den Topf/Windscreen immer mit dem Deckel/Pfanne ab. Gab es dadurch zu wenig Sauerstoff oder lief Wasser durch Überkochen oder Kondensation in die Flamme? Rätselhaft.
Da es der Spirituskocher auch sonst sehr gemächlich anging zog sich alles hin. Ohne Sonne wurde es empfindlich kühl und wir mussten eine weitere Jacke anziehen.
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