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Die vom Fjellfex verlinkte Arbeit von Tina Solbakken kann ich auch wärmstens empfehlen. Für die Vorbereitung hatte ich nur die relevanten Abschnitte gelesen (es gibt ja so wenig zu Øvre Anárjohka), will mir den Text aber mit meinem neuen Blick auf Landschaft und Kultur demnächst in Gänze zu Gemüte führen. Jetzt geht es erst mal weiter mit einer langen Wanderstrecke:
Donnerstag, 24. August: Bosmmiidjávri bis See 356m (Goššjohgiera)
Wie so oft nach einem Ruhetag brauche ich in der zweiten Nacht nicht viel Schlaf. An einem klaren Morgen wäre ich noch früher aufgebrochen, aber bei dem trüben, leicht nebligen Wetter reicht mir die Sicht erst um halb sechs. Einziger Nachteil der höheren Route ist, dass es keine Bäche gibt. So fülle ich um 6:15 Uhr beide Trinkflaschen und laufe durch tropfnasse Büsche und Birkenwald nach NO zum Punkt 461m. Eine einsame Kiefer zwischen all den Birken fällt schon von Weitem auf – ich muss da hin und ein Foto machen. Schwierig bei dem Licht.
Ab hier geht es wie erhofft sehr einfach über den langgestreckten Hügelrücken Čuoikamaras nach Norden. Nur wenige nasse und dichter bewachsene Stellen sind zu überwinden. Das ändert sich, als ich nach anderthalb Stunden Strecke und einer halben Stunde Pause nach Osten schwenke und direkt auf den Noarvváš zu halte.
Noarvváš erkennt man immer, weil er von allen Seiten genau gleich aussieht
Auf der Karte sind als abwechselnd blau gestrichelte und grüne Streifen schon einige quer verlaufende Moore und höhere Vegetation zu erkennen, und als Bonus gibt es auch noch das berüchtigte Anárjohka-Moos, in dem man bis über den Knöchel einsinkt. Plus Torfhöcker. Das ist mal der seltene Fall wo Querstreifen schlank machen. Auf dem guten Kilometer Hindernislauf zum Fuß des Noarvváš verbrenne ich jedenfalls etliche Kalorien.
und die Mühe wird nicht mal durch schöne Aussicht belohnt – Noarvváš hüllt sich ab jetzt hartnäckig in Wolken
Blick zurück
Blick voraus
Dafür wird das Gelände wieder höchst angenehm. Oben beginnt es zu regnen. Dort stelle ich um 9:45 Uhr das Zelt für eine eher ungemütliche Frühstückspause auf, was erstens nach 3 Stunden reiner Wanderzeit sowieso nötig ist und zweitens dem Wetter Gelegenheit zum Aufklaren gibt.
Blick nach SO: Bassejávri
Blick nach O in meine Wanderrichtung
Um 11:40 Uhr geht es hinunter in eine waldige Ebene. Immer noch mit einigen Regenschauern, aber dafür gelingt die Navigation zwischen kleinen Mooren, Seen und sanften Hügeln perfekt.
der Deanobokvárri (Mitte) ist von der Ebene aus leider nicht mehr so gut sichtbar, sonst wäre es einfacher
See 440m
Rotkappen findet man viele
Moor am Bach nach ziemlich genau der halben Strecke
Elche gibt es hier wohl auch
Deanobokvárri schon zum Greifen nah
Zwei Stunden seit der Pause werden die Beine langsam müde, aber den Anstieg schaffe ich noch. Oben am Deanobokvárri fällt mir zuerst auf, wie still es ist. Regen, Wind, Insekten, ab und zu ein Vogel, alles macht Geräusche, aber hier ist … nichts. Absolut still. Die ruhige, harmonische Landschaft ist genau, was ich brauche. Mittagspause 14:00 bis 15:45 Uhr.
Blick zurück zum Noarvváš
Blick nach SO, See 411m (416m bei H+E)
Blick nach N, links im Hintergrund das Quellgebiet der Goššjohka, die im weiteren Verlauf der Tour noch wichtig werden wird. Aber nicht heute. Zuerst will ich zum Wasserfall Gumpegorži, dem Wolfsfall. Wer die Karte vor sich liegen (oder Norgeskart geöffnet) hat, dem sticht sofort eine Route ins Auge, nämlich vom Deanobokvárri über den Hügel 437m und Ruvžaskáidi bis zur Ruvžajohka und dann parallel zur Anárjohka bis Gumpegorži. Während ich die ersten Kilometer laufe, denke ich darüber nach, entscheide mich dann aber spontan für eine andere Route.
wieder Blick nach N
Vom Hügel 466m gehe ich nicht halb rechts (Ruvžaskáidi), sondern folge der Hügelkette weiter nach Norden, die auf dem Foto etwa in der Mitte zu sehen ist. Zwei Goldregenpfeifer rufen sich gegenseitig zu, und mir fällt auf, dass es die ersten überhaupt auf dieser Tour sind.
Hier noch besser zu erkennen. Bis auf die nassen Senken zwischen den Hügeln bleibt das Gelände so angenehm. Das ändert sich erst auf dem Hügel 418m, wo sich dichterer Wald mit Heidekrautflächen und Torfbuckeln abwechselt. Um 18:00 Uhr will ich einen Platz für die Nacht haben und drifte allmählich zum See 356m. Leider ist hier alles zu uneben, damit war nun wirklich nicht zu rechnen. Überall sonst gab es reichlich Auswahl an geeigneten Stellen. Weiter gehen werde ich aber nicht. Die Strecke war lang genug. Nach ein paar Minuten Suche stelle ich das Zelt an einem weniger hubbeligen Platz auf und bin zufrieden. Gründliche Waschaktion im See bei schwachem Wind und 9°C.
Auch hier ist es sehr still – ab und zu summt eine Mücke oder Fliege. Seltsam, wie wenige Vögel man hört. Am Deanobokvárri konnte ich einen Falken beobachten, groß und sehr dunkel, vielleicht ein Gerfalke. Die als einzige Ausnahme unter den Vögeln regelmäßig anzutreffenden Schneehühner würden ja dazu passen. Rentiere habe ich gar keine mehr gesehen. Hmm,Øvre Anárjohka ist definitiv nicht überbevölkert.
Regen um 3 Uhr am Morgen. Etwas verschlafen checke ich automatisch in Gedanken, ob ich am Abend alles reingeholt habe … Schuhe, Socken, Hose … nee, die Socken hängen noch draußen. Hat zum Glück gerade erst angefangen, sie sind nur leicht feucht geworden. Zum Frühkaffee um 6 regnet es nicht mehr. Der Himmel ist bedeckt, leichter Wind, 9°C. Heute kann ich mir Zeit lassen, denn ich will nur bis zum Gumpegorži laufen. Das sind geschätzt 12 oder 13 km im Gelände – knapp halb so viel wie gestern. Aufbruch um 7:00 Uhr durch tropfnassen Wald (und Gebüsch) zum See 368m …
… wo ich zum ersten Mal ein kurzes Stück einem Wildpfad folge. Ich hatte schon fast vergessen wie angenehm so ein Pfad sein kann. Verlockend und gerade deshalb auch trügerisch, weil er oft nicht dahin führt wo man hin möchte. So auch hier: er biegt nach Süden ab, wo doch meine Richtung Osten ist. Und er verdirbt die Moral. Nach wenigen hundert Metern platt getrampelter Spur wirkt die gewohnte Vegetation abseits davon viel dichter, obwohl sie es wahrscheinlich nicht ist.
Blick zurück auf die Hügelkette von gestern Nachmittag, hier wieder ohne Wildpfad
Jetzt steige ich auf den Ruvžavárri (439m), halte mich oben nach OSO und mache nach der ersten Wanderstunde eine kurze Pause. Die brauche ich auch, um mir so gut es geht das Gelände einzuprägen, denn danach kommt es auf die richtige Route an. Durch die Ebene ziehen sich drei parallele Moore als kilometerlange Streifen, die ich vermeiden will. Es ist so schon nass genug. Wichtig ist, den Übergang zu einer ebenfalls kilometerlangen Reihe Kiefern zu finden, die hinter dem dritten Moor nach NO verläuft, genau in meine Richtung. Da müsste man gut voran kommen.
Blick vom Ruvžavárri nach W zum See 356m (Nachtlager)
Das Foto ist anderthalb Stunden später gemacht, aber so ungefähr kann man sich die Ebene vorstellen. Trockener Streifen, nasser Streifen, trockener Streifen. Nur dass manche der nassen Streifen randvolle Moore und praktisch unpassierbar sind. Nach einer weiteren Pause 9:30 bis 10:00 Uhr geht es größtenteils angenehm in lichtem Wald über den Hügel 331m. Šuojáskáidi heißt das hier. Die Strecke bis zum nächsten Hügel (326m) zieht sich in die Länge, und hier beginnt es zu regnen, erst ganz wenig, dann immer stärker. Gumpegorži kann warten, wäre bei dem Wetter auch nicht sonderlich attraktiv. Ich gehe noch hinunter zum Bach und stelle das Zelt für eine längere Pause auf, es ist 11:30 Uhr. Frühstück!
Eine Stunde später hört der Regen auf, aber ich warte noch ab, ob es wirklich trocken bleibt. Trinke noch einen 2. Kaffee, dann gehe ich gemächlich das letzte Stück zum Wasserfall.
Von hier sieht man noch nicht viel. Ich lasse den Rucksack stehen und erkunde ausgiebig die Felslandschaft. Schöne Abwechslung, das macht Spaß. Anárjohka führt ordentlich Wasser.
Goržžifielbmá
flussaufwärts vom Wasserfall
Gumpegorži ist ganz offensichtlich der touristische Hotspot des Nationalparks. Es gibt mehrere kleine Feuerstellen, ab und zu lässt sich sogar ein rudimentärer Pfad erkennen. Wenn man irgendwo Menschen treffen könnte, dann ja wohl hier. Nachdem ich etliche der Felsen auf dieser Seite des Flusses erklommen und den Wasserfall aus unterschiedlichen Perspektiven fotografiert habe, könnte ich mir bald einen Platz suchen, das Zelt aufstellen und später noch mal losziehen. Wie man auf den Bildern schon erkennt, ist das Gelände eher steinig. Richtung Gorsavárri sieht es ganz gut aus, aber ich suche mindestens eine halbe Stunde kreuz und quer, bis eine geeignete Stelle gefunden ist. Ich will auf jeden Fall hier die Nacht verbringen.
Zum Waschen und Wasser holen muss ich sowieso runter zum Bach und setze mich dann noch mal an den Rand der Schlucht. Jetzt kommt die Sonne durch, und ich überlege kurz, ob ich die Kamera holen soll. Aber es ist zu schön, einfach nur zu sitzen und sich wärmen zu lassen.
Samstag, 26. August: Gumpegorži bis Goššjohka nördlich Heastavárri
Nach dem sonnigen Abend hoffte ich auf trockenes Wetter, wovon heute Früh allerdings nichts zu sehen ist. Nicht weil es regnet, sondern weil man im dichten Nebel einfach gar nichts sieht. Das bremst ehrlich gesagt ein bisschen meinen Tatendrang. Eigentlich wollte ich noch ein Foto in der Morgensonne vom Wasserfall machen und dann sofort aufbrechen. Vielleicht noch einen zweiten Kaffee und ein Stündchen abwarten?
In der Zeit nehme ich ein weiteres Mal die Karte zur Hand, obwohl sich kein Honig daraus saugen lässt. Die Option, von hier in einem Tagesmarsch zur Andreas-Nilsen-hytta zu gehen, von dort zur Straße und dann rund 60 km nach Karigasniemi, wäre nur die ultimative Schlechtwetter-Variante gewesen. Mein aktueller Plan ist, mich bis zum Gollevárri irgendwie durch die Ebene zu schlagen und dann hoffentlich entspannt über alle Hügel vor und hinter dem Stuorra Gurbeš nach Norden zu laufen. Am Ende des Tages würde ich zwischen Heastavárri und Nirvejávri die Goššjohka queren. Dort endet auf der Nordwestseite eine ATV-Spur, also muss es ja wohl eine gute Furtstelle geben.
Aber daran muss ich jetzt noch keinen Gedanken verschwenden. Als sich um 7 Uhr der Nebel etwas lichtet, packe ich zusammen und gehe um 7:30 Uhr los, Kurs NNW. Zuerst über den Hügel, dann durch ein quer verlaufendes Moor …
… auf den nächsten Hügel. Dahinter müsste ich auf die Šuoiajohka stoßen. Genau genommen gibt es zwei Bäche des selben Namens, die an dieser Stelle zusammen fließen. Vorzugsweise furte ich sie direkt danach in einem Rutsch statt einzeln. Was ich mir abschminken kann. Viel zu viel Wasser in einem viel zu schmalen Bett macht das Flüsschen zu einem ernsthaften Hindernis.
zu tief für die kräftige Strömung
Weil ich mir gar nicht vorstellen kann, dass dies nur der südliche Bach ist, folge ich ihm durch extrem nasses, dicht mit Sträuchern bewachsenes Gelände nach Westen. Hier steht das Wasser höher als meine Stiefel sind, und obwohl ich immer versuche auf die Sträucher zu treten, läuft mir Wasser über den Schaft. So kämpfe ich mich ein Stück bis zu einer breiteren Stelle durch.
hier gelingt die Furt
Also, ich bin mir jetzt wirklich nicht sicher. So viel Wasser kann doch nicht in einem Bach von vielleicht 10 km Länge sein. Oder? Im Nebel ist aber auch gar nichts zu sehen. Nicht mal, wo das Gelände ansteigt und man einen Hügel vermuten könnte. Wie auch immer, der Kompasskurs WNW ist auf jeden Fall richtig. Und führt vom Nassen ins Trockene. Nach einem weiteren Kilometer bin ich mir ziemlich sicher, dass es die Höhe 304m ist und schwenke nach NW.
Da ist auch schon die nördliche Šuoiajohka zu erahnen und der Nebel löst sich allmählich auf. Nach der Furt stelle ich um 9:00 Uhr für eine halbe Stunde die nassen Stiefel und Socken in die Sonne, was nichts bringt. Egal – Wetter und Sicht sind perfekt, und meine Laune könnte nicht besser sein.
Blick zurück
Gollevárri – ab jetzt kann ich auf Sicht navigieren
Für die nächsten Kilometer geht es anstrengend durch dicht bewachsenes, weiches und oft nasses Gelände. Ich bin froh, als es am Hang des Gollevárri endlich einfacher wird. Zur Frühstückspause 11:00 bis 13:00 Uhr lasse ich das vom Nebel noch nasse Zelt trocknen. Hier hat man gutes Mobilnetz aus Finnland, das ich wieder für Wetter und Nachrichten nutze.
Blick zurück
sonnige Pause
Hinter dem Zelt sieht man Heargevárri und links im Bild Lulimus Gurbeš (574m). Wenn mich die letzten Tage eins gelehrt haben, dann dass man hier gut daran tut, so hoch wie nötig über alle Hügel zu gehen. Die paar Höhenmeter sind lange nicht so anstrengend wie die Vegetation um die Hügel herum. So mache ich das dann auch in den folgenden zwei Stunden und komme so flott voran wie schon lange nicht mehr.
abgesehen von den Übergängen natürlich, wie hier zwischen Gollevárri und Hügel 488m
Blick nach NW zum Tal der Goššjohka
Zwischen Hügel 488m und Lulimus Gurbeš ist eine breite, moorige Senke zu überwinden, aber danach geht es für mehrere Kilometer durch einfaches Gelände.
Stuorra Gurbeš (589m)
An dem kleinen See vor Stuorra Gurbeš mache ich von ca. 15:00 bis 16:30 Mittagspause. Zum Vergleich: in den letzten zwei Wanderstunden habe ich genau so viel Strecke geschafft wie in den drei Stunden am Morgen.
Die Furt Goššjohka macht mir ein bisschen Sorge, seit die Šuoiajohka ein so überraschendes Hindernis war. Wenn sie auch Hochwasser hat, könnte das schwierig werden. Im schlimmsten Fall müsste ich mir eine ganz neue Route ausdenken. Aber so weit sind wir noch nicht. Vorerst geht es noch eine Stunde angenehm über das Gurbeš-Plateau zum nördlichsten Hügel …
… Davimus Gurbeš …
… an dessen Nordwesthang ich um 17:30 Uhr eine halbe Stunde Pause mache. Ich muss mich ein bisschen ausruhen, weil ich für den letzten Teil volle Konzentration brauche. Nicht wieder so wie an der Kárášjohka, man ist ja lernfähig. Es gilt, inmitten von Wald und kleinen Hügeln genau die richtige Stelle zu treffen und dann kühlen Kopf zu bewahren.
Der See links ist Nirvejávri, rechts in dem Einschnitt fließt die Goššjohka, ganz rechts Galmmatnussir. Dahinter sieht man schon den Höhenzug Iškoras. Um es kurz zu machen: die Navigation im Wald klappt perfekt, und abgesehen von ein paar anstrengenden Stellen finde ich auch eine gut gangbare Route.
kurz vor dem Fluss – Goššjohka fließt direkt hinter der Baumreihe ganz links im Bild
Das ist die Stelle, wo auf der anderen Seite die ATV-Spur endet. Auf dieser Seite ist ein Stück Rentierzaun und ebenfalls eine Fahrspur. Irgendwie muss man hier rüberkommen. Aber nicht heute. Ich teste mit dem Stock: zu tief, zu schlammiger Boden, zu starke Strömung. Ich versuche es gar nicht erst, sondern schlage mich durch hohes Gras und Buschwerk flussabwärts am Ufer entlang, das an einigen Stellen überschwemmt ist.
Blick vom Ufer nach Süden zum Davimus Gurbeš, es ist 19:05 Uhr
Hinter der Insel könnte man furten, aber wie zur Insel kommen? War es doch ein Fehler, das Packraft nicht mitzunehmen? Nach einem Kilometer am nassen Ufer, gegenüber bzw. kurz nach der Einmündung des Bachs aus dem Nirvejávri, gebe ich entnervt auf und suche mir auf höher liegendem Gelände einen Platz für die Nacht. Um 19:30 Uhr steht das Zelt, eine halbe Stunde später halte ich einen Kaffee in der einen und die Karte in der anderen Hand und denke nach.
feuchtes Moos als Untergrund, das lässt sich jetzt nicht ändern
So weit man das anhand der teilweise überspülten Pflanzen im Uferbereich beurteilen kann, ist der Pegel höher als normal, aber Goššjohka ist jetzt auch kein reißendes Ungeheuer. Gut möglich, dass sie an anderer Stelle mit entsprechender Vorsicht zu queren ist. Auf der Karte sehe ich zwei Stellen, die erste nach einem knappen Kilometer, die zweite gute drei Kilometer dahinter, wo vielleicht eine Furt klappen könnte. Die will ich mir noch angucken. Falls beide nicht gehen, werde ich dem Fluss nicht weiter folgen, sondern irgendwie über die Hügel nach Nordosten zur Straße laufen.
So. Der Plan steht. Jetzt kann ich mich eigentlich entspannenund die Gedanken an die mögliche oder unmögliche Furt nach hinten schieben. Vom nebligen Morgen über die lange Hügelstrecke mit weitem Blick in alle Richtungen bis zum Abend an derGoššjohka war das jedenfallsein abwechslungsreicher Wandertag.
Ich bekomme höchsten Respekt vor Deinen Navigationskünsten, in einer Gegend mit so wenigen markanten Punkten wäre ich ohne GPS wohl hoffnungslos verloren.
Und das...
Dankeschön, Anne! Ja, die Rentierflechte ist sehr dekorativ zwischen den Beeren.
Zur Navigation muss man sagen, dass sie manchmal eben auch nicht so gut geklappt hat. Hilfreich sind in der Papierkarte die zusätzlichen 10m Höhenlinien, weswegen sie deutlich besser zu lesen ist als Norgeskart. Wenn man nach ein paar Tagen ein Gefühl für die Landschaft hat und oft mit der Karte abgleicht, ist es aber auch nicht so schwierig. Meine Entscheidung gegen GPS habe ich jedenfalls nicht bereut.
Sehr spannend berichtet. Bei den Furten leidet und fiebert man richtig mit😧. Ich freue mich auf die Fortsetzung.
Auch dir vielen Dank, Goldi. Ich mache mir ja sonst nicht übermäßig viele Gedanken um Furten, irgenwie kommt man meistens rüber, aber in dieser Gegend sollte man Flüsse und Regenmenge bei der Routenwahl unbedingt berücksichtigen. Ob es hier klappt werden wir gleich sehen.
Sonntag, 27. August: Goššjohka bis Stuorra Vuččoljávri
Wie gestern stehe ich im Nebel, als ich um 5 mal raus muss. Bei 1°C, feuchtem Untergrund und ein paar nassen Sachen in der Apsis hat sich auch viel Kondenswasser an Innen- und Außenzelt gebildet. Und ich zelte natürlich nah am Fluss. Heute habe ich keine Geduld, um auf bessere Sicht zu warten. Nach einem ersten Kaffee bin ich um 6:15 Uhr gestiefelt und gespornt. Bereit, den Stier namens Goššjohka bei den Hörnern zu packen. Obwohl … große Chancen sehe ich nicht, wenn ich ehrlich bin.
Den ersten Versuch will ich einen knappen Kilometer flussabwärts unternehmen. Das ist nicht weit, geht aber fast nur durch extrem nasses Gebüsch. Als ich die Stelle erreiche, bin ich immer noch skeptisch.
Hier teilt sich der Fluss in zwei Arme, und das Ufer ist steinig. So weit so gut. Man kann nur nicht erkennen, wie tief er ist und wie der zweite Strom hinter der Insel aussieht. Ich gehe ein Stück am Ufer entlang … der hintere ist schwächer … suche mir nach Beobachtung der Strömung eine Stelle aus … hier kann es klappen. Diesmal ist der Quilt in einer Extratüte, Schuhe oben am Rucksack, Kamera wasserdicht verpackt. In der Mitte geht das Wasser bis zu den Oberschenkeln, die Stöcke vibrieren stark in der Strömung und lassen sich nur mühsam weiter bewegen. Aber ich achte Schritt für Schritt auf sicheren Stand, bewahre kühlen Kopf und schaffe es tatsächlich auf die Insel. Geil! Ein Freudenschrei hallt durch den Nebel. Der zweite Strom ist dagegen ein Klacks, nur knietief.
vor dieser Stelle hätte ich nur schwimmen können
Blick zurück zum Hauptstrom, links die Insel
Ja, ich bin sehr glücklich, dass die Furt beim ersten Versuch geklappt hat. Jetzt muss ich nur noch das Moor dahinter umgehen und auf dem waldigen Hügel die Fahrspur finden. Die dürfte kaum zu verfehlen sein, sofern ich auch nur ungefähr nach Westen laufe, aber die Strecke kommt mir viel zu lang vor. Wahrscheinlich bin ich nach den vielen pfadlosen Kilometern nur ein bisschen ungeduldig.
Da ist sie. Gut erkennbar, aber wohl selten befahren. Nach Spuren und Hinterlassenschaften zu urteilen, wird sie hauptsächlich von Elchen frequentiert. Jetzt kann ich endlich das Gehirn auf Durchzug schalten und super entspannt einfach nur laufen. Und den wirklich schönen Wald genießen. Schon etwas herbstlicher als gestern, finde ich.
Halbe Stunde Pause am Wegesrand, dann führt die Fahrspur über den Veaiganmaras zum nächsten Fluss, Áibmejohka. Direkt an der Furt ist ein Lagerplatz mit Feuerstelle eingerichtet. Weil ich das samische Wort für Bratpfanne nicht kenne, nenne ich es „Camp stekepanne“.
bestimmt ist die Pfanne keine Markierung, sondern ordentlich aufgehängter Gebrauchsgegenstand
Furt stekepanne
Áibmejohka
Auch hier sieht man an den überspülten Pflanzen, dass der Pegel nicht immer so hoch ist. Weil die nächste Furt keine 500 Meter entfernt liegt, wechsele ich gar nicht erst die Schuhe. Sie sieht ganz ähnlich aus:
Furt Rávotjohka
Kurz dahinter stelle ich um 9:30 Uhr am See 272m das nasse Zelt für die Frühstückspause auf. Immer noch ist es empfindlich kühl, auch schafft es die Sonne nicht, den Nebel komplett aufzulösen.
oder doch?
Als ich um 11 Uhr gestärkt weitergehe, ist es schon viel heller, und die wärmende Sonne lässt nicht mehr lange auf sich warten. Ganz herrlich! Natürlich verläuft die Fahrspur auch durch Moore und nasse Stellen, die besser im Bogen durch die Büsche umgangen werden. Dann wieder lange Strecken auf dem perfekten Wanderweg.
Bevor es zum Njoammelčearru hoch geht, setze ich mich noch mal für eine halbe Stunde unter eine Birke. Oben zweigt eine Spur nach Osten ab. Hier gutes Netz für eine Wettervorhersage. Morgen soll noch trocken sein, am Dienstag regnen.
Njoammelčearru
Blick zum Iškoras, meine Richtung
Ich gehe weiter nach Norden, hinunter zur Máttit Njoammeljohka, wo ich von 14:00 bis 15:30 Uhr meine Mittagspause mache – im Schatten, weil mir die Sonne schon zu warm wird. Der Bach muss gefurtet werden, der nächste (Davit Njoammeljohka) lässt sich ohne Schuhwechsel überwinden. Zwischen beiden geht es viel durch nasses Gelände, was etwas Zeit kostet.
Davit Njoammeljohka
Am Hügel 407m brauche ich noch eine Verschnaufpause, danach ist es nur noch eine Dreiviertelstunde bis zum Stuorra Vuččoljávri.
letzte Furt für heute am Abfluss
die Insel im Stuorra Vuččoljávri
Direkt danach finden sich um ziemlich genau 18 Uhr an der Landzunge ebene Zeltflächen, die ich mir nicht entgehen lasse. Besser könnte es nicht sein. Bei goldenem Spätsommerlicht und Windstille bade ich im See und bin glücklich über den gelungenen Tag.
Ich versuche gar nicht erst, deine genaue Route nachzuvollziehen. Mir reicht es zu wissen, wo der Øvre Anárjohka liegt. So oder so ist deine Schilderung faszinierend zu lesen. Ich leide vor allem mit, wenn du dich bei Nebel und Niesel durch dichtes Weidengestrüpp und nasse Sümpfe kämpfst.
November: Vielen Dank! Freut mich, dass dir der Bericht gefällt, und dass die vielen Details zu Route, Gehzeiten und Geländebeschaffenheit den Lesefluss anscheinend nicht zu stark behindern. Ich beschreibe so ausführlich, damit man beim Lesen eine möglichst realistische Vorstellung davon bekommt, also wer z.B. selber mal in dem Gebiet wandern will. Man findet im Netz wirklich erstaunlich wenig Nutzbares zu Øvre Anárjohka, und entlang meiner Route praktisch gar nichts. Nicht mal zu meinem Ein- und Ausstieg, mit dem es gleich weiter geht.
Montag, 28. August: Stuorra Vuččoljávri bis Ell-áhkojohka
Auch dieser Morgen beginnt kühl und neblig, nur viel entspannter als gestern. Hehe, heute muss ich nur ein paar Meter zum Weg gehen und nicht einen unberechenbaren Fluss furten. Da schmeckt der Kaffee doppelt so gut, und ich lasse es ruhig angehen. Aufbruch um 6:45 Uhr klingt bestimmt für Manche extrem früh, aber ich wüsste gar nicht, was ich bei schönem Wetter noch länger im Zelt machen sollte. Bin halt ein ausgeprägter Morgenmensch.
und ich liebe das Morgenlicht
Aufbruch am Stuorra Vuččoljávri
Außerdem will ich heute ein gutes Stück schaffen und lieber morgen bei Regen ausruhen. Schon nach kurzer Zeit löst sich der Nebel auf. Am Seeufer steht eine kleine Hütte, die ich mir angucke. Sie ist in gutem Zustand und … offen. Im Notfall darf man hier bestimmt übernachten. Sonst wäre sie ja abgeschlossen, oder?
weiter auf der Fahrspur
Wie gestern gibt es trockene und nasse Stellen. Nach ein paar Kilometern halte ich Ausschau nach dem Wegabzweig zum Noaidatvárri, denn ich will die kürzeste Strecke zum Iškoras nehmen. Eigentlich erwarte ich genau so eine Fahrspur wie diese, aber was ich dann treffe, ist eine Route mit Wintermarkierungen. Kann das richtig sein? Ist diese vielleicht nur nicht in der Karte eingezeichnet und mein Abzweig kommt danach? Winterroute ist mir gar nicht recht, die verläuft bestimmt viel durch Moor. Andererseits führt sie in die richtige Richtung, nach Norden. Wie weit will ich weiter nach Westen gehen, um dann vielleicht festzustellen, dass es keine andere gibt? Gar nicht. Ich folge jetzt den Markierungen und schaue mir das an.
Winterroute
Sie führt natürlich gleich am Anfang durch weiches Moos und ein Moor, ziemlich anstrengend zu gehen. Wieder auf trockenem Gelände setze ich mich für eine halbe Stunde und konsultiere die Karte. Sieht ganz danach aus, als gäbe es zwei Routen nach Norden – die für den Winter ist nur nicht durchgehend als Pfad eingezeichnet. Kurz danach treffe ich dann auf eine von links kommende, lange nicht mehr benutze Fahrspur, die genau auf den mittleren Hügel Noaidatvárri zuläuft. Die ist richtig.
See 344m nördlich des Noaidatvárri, noch 11km Luftlinie bis zum Iškoras
Frühstückspause 9:30 bis 11:00 Uhr am Hügel 374m, nicht ohne am Bach davor noch einen unnötigen Umweg gemacht zu haben. Es gibt hier mehr Wegabzweige als die Karte suggeriert. Nicht immer eindeutig, welcher der richtige ist. Markierungen gibt es auch keine. Mit zwei einfachen Regeln finde ich mich aber trotzdem sehr gut zurecht: 1. ein Abzweig, der ins Moor führt, ist falsch, 2. der Weg in Richtung Iškoras ist immer richtig. Zweifelsfälle gibt es zum Glück seit der Winterroute keine mehr.
Bajit Šuolggajávri und Šuolggavárri nach der Pause
Furt Šuolgajohka
Zwei Kilometer nach der Furt mache ich noch eine halbe Stunde Pause und nehme dann das letzte Stück zum Iškoras in Angriff.
an der niedrigsten Stelle quere ich den Höhenzug, der Übergang heißt Guovžilbohki
Rechts am Hang sieht man die Straße zur Radarstation, zum Mast und zur Wetterstation auf dem Iškoras. Heute bin ich schon etwas mehr als 20 km gelaufen, und die merke ich auch in den Beinen.
kleiner See vor der Straße
mein Weg geht direkt auf der anderen Straßenseite weiter …
… und rechts am Hügel Guovžilčohkka vorbei
Ziemlich trocken auf dieser Seite. Mit Blick nach NO suche ich mir kurz nach 14:00 Uhr ein schattiges Plätzchen für die Mittagspause. Es ist zwar bestimmt nicht wärmer als 15°C, aber ich habe heute schon viel Sonne abgekriegt und keine Sonnencreme dabei. Als ich mich gegen 15:30 Uhr zum Weitergehen aufraffen kann, ziehen allmählich Wolken auf. Es ist noch eine weiter Weg bis Karasjok, den ich nicht morgen im Regen gehen will. Also sollte ich heute noch ein ordentliches Stück schaffen. Am Mittwoch möchte ich mittags den Schulbus nach Karigasniemi kriegen.
hier sieht man die Anlagen auf dem Iškoras
den Bauwagen mit 2 Abteilen finde ich bemerkenswert
der hübsche Bach Linddejohka wird zweimal gequert
Hilfreich für die Motivation ist, dass mir die Landschaft hier nördlich des Iškoras ausgesprochen gut gefällt. Eigentlich ist sie nicht viel anders als auf der anderen Seite, aber die zwei, drei Kilometer am Bach entlang sind mal eine Abwechslung. Weniger hilfreich ist ein kleines Missgeschick danach: ich sinke nämlich mit beiden Stiefeln bis über den Schaft im Moor ein. Na super, die werden jetzt bis übermorgen kein bisschen trocknen. Und dieses Missgeschick erklärt auch eine Fehlentscheidung nach einer halben Stunde Pause am NW-Rand des Bálggesvárri.
An einem Abzweig geht die linke Fahrspur geradewegs in ein Moor und die rechte in trockenem Gelände etwas höher am Hang. Regel Nr. 1, Moor ist falsch. Also rechts. Wahrscheinlich eine Variante, die elegant die nasse Ebene umgeht, denke ich. Doch dann steigt sie unerwartet stark an, und mir dämmert, dass ich vergessen habe, Regel Nr. 2 zu ändern, nämlich in: nach Norden ist immer richtig. Diese führt nach Osten. Hmm … vielleicht ein guter Weg, der nur in meine Karte nicht eingezeichnet ist und über die Hügel östlich meiner geplanten Route nach Karasjok läuft? … äh, nein, er endet am Bálggesvárri.
Blick von selbigem nach Norden
Kurz überlege ich, ob ich dann nicht eben pfadlos östlich über die Hügel gehen soll oder auf dem Weg zurück zu meiner ursprünglichen Route … und entscheide mich für einen gar nicht goldenen sondern ziemlich bescheuerten Mittelweg: pfadlos diagonal durch die Ebene zu meinem voreilig verlassenen Weg. Was theoretisch eine kürzere Strecke sein sollte, aber in Wirklichkeit viel anstrengender durch Gebüsch, nasse Stellen und über weiches Moos geht. Eine Mühsal, die ich schon hinter mir gelassen glaubte. Außerdem wäre so langsam Zeit für den Feierabend.
Blick zurück zum Bálggesvárri
wieder auf dem richtigen Weg um 18:20 Uhr
Dem folge ich noch für eine knappe halbe Stunde und halte in Bachnähe schon mal Ausschau nach ebenen Plätzen. Sieht schlecht aus. Aber direkt nach der Furt Ell-áhkojohka habe ich Glück.
Heute nur Katzenwäsche, dann ein Kaffee mit einem der extra speziell leckeren Riegel, die ich mir als besondere Belohnung aufgespart habe. Selbst ohne den Umweg über den Bálggesvárri wäre die Strecke von mehr als 30 Kilometern knackig gewesen. Dafür ist es morgen nur noch ein Katzensprung bis zum See auf dem Rihtávárri, an dem ich den Regentag verbringen möchte. Ich stelle den Wecker auf 4 Uhr, dann schaffe ich es hoffentlich noch im Trockenen. 10°C am Abend.
Dienstag, 29. August: Ell-áhkojohka bis Rihtávárri, dann Ruhetag
Tatsächlich ist es noch trocken, als um 4 Uhr der Wecker klingelt. Man weiß das ja nie so genau – die Vorhersage liegt öfter mal um ein, zwei Stunden daneben. Heute nicht. Ich nehme einen schnellen Kaffee ein, packe ebenso schnell zusammen und bin um 5 auf dem Weg. Hinter dem ersten Hügel, Ell-áhkoeana, gibt es vor und hinter dem Bach ein bisschen nasses Gelände, danach steigt die Fahrspur sanft an zum Rihtávárri.
Blick zurück zum Iškoras
Den richtigen Abzweig (nach Norden) verpasse ich diesmal nicht, und um 6:20 Uhr stehe ich am See. In meiner Vorstellung sollte um die Südspitze herum ein perfekt ebener Zeltplatz sein, an dem ich dann bis morgen Früh abhängen würde.
Doch die Realität sieht anders aus, jedenfalls aus der Nähe. Das ganze Gelände weit und breit besteht aus überwachsenen Steinen. Auf der Nordseite ist es nicht besser. Erst nach einer Weile des Suchens finde ich nah an der Fahrspur eine gute Stelle.
Für Wasser muss ich allerdings doch noch mal zum See, weil der eingezeichnete Bach kein fließendes Wasser führt. Mit den ersten Regentropfen bin ich zurück am Zelt. Also, es ist nicht wirklich ein Unwetter, was da kommt. Ein paar Stunden gutmütiger Landregen, dann eine Weile trocken. Man kann sich auch mal die Beine vertreten und die nächsten Regenstunden ganz gemütlich im Zelt verbringen. Ich überlege sogar, ob ich das letzte Stück noch gehen soll, nach Karasjok sind es von hier nur ca. 2 ½ Stunden, und eine Nacht auf dem Campingplatz verbringe. Da könnte ich Sachen waschen und schon mal einkaufen. Aber ich bin einfach lieber in der Natur als in der Stadt.
Mittwoch, 30. August, Vormittag: Rihtávárri bis Karasjok
Der Tag beginnt mit Nebel bei 7°C und verspricht, schön zu werden. Mein Bus nach Karigasniemi fährt erst um 13:00 Uhr. Also frühstücke ich in aller Ruhe und gehe um 8:00 Uhr los.
Bajitvárláttu, einer der kleinen Seen auf dem Jalgavárri
der Nebel lichtet sich um 8:30 Uhr
Weiter unten gib es sehr schönen Kiefernwald mit mehr guten Zeltstellen als oben auf dem Hügel. Darauf wollte ich es gestern nicht mehr ankommen lassen, weil die Straße nur anderthalb Kilometer entfernt ist. Merke ich mir aber, falls ich noch mal in die Gegend komme. Der Bach im Tal erfordert den allerletzten Schuhwechsel vor Karasjok. Danach eine halbe Stunde Pause.
Furt Dáktejohka
Kárášjohka ist hier ein bisschen breiter als an meiner Furtstelle vor 8 oder 9 Tagen. Bei dem Wetter wünschte ich mir ein Packraft, um die letzten Kilometer nach Karasjok zurückzulegen. Na ja, dann hätte ich die Tour ganz anders geplant, also ist das irrelevant. Auf der Straße gehe ich jetzt nur noch eine Dreiviertelstunde bis zur Brücke.
die schmalen Flussboote gibt es hier auch
Blick von der Brücke
So, damit wäre der erste Teil abgeschlossen. Hat doch letzten Endes super geklappt, Wegfindung, Furten, einfach alles. Die veranschlagten 12 Wandertage haben genau ausgereicht, und mit dem Wetter hatte ich auch richtig Glück. Eine rundum gelungene Tour, finde ich. Für mehr als dieses Kurzfazit habe ich jetzt keine Ruhe, denn ich muss Essen für die nächste Woche kaufen (vorher den Einkaufszettel noch mal konzentriert durchgehen), das Telefon laden, Spiritus besorgen und Sachen waschen. Dann alles im Rucksack verstauen, ein paar Nachrichten und Fotos verschicken, während ich gepflegt einen Kaffee von der Tankstelle einnehme und rechtzeitig am Bus sein.
Wenn mein Wetterglück anhält, wird die Anschlusstour im Muotkatunturi-Gebiet wesentlich einfacher. Die Strecke ist schon mal kürzer, es soll laut Karte einen Pfad geben, von dem ich allerdings nicht viel weiß (markiert? unmarkiert? sichtbar? überwachsen?) und es sind wohl auch keine größeren Flüsse zu furten. Aber meistens erwartet einen dann doch die eine oder andere Überraschung. Ich bin wirklich sehr gespannt.
Eine rundum gelungene Tour, finde ich. Für mehr als dieses Kurzfazit habe ich jetzt keine Ruhe
Vielleicht gehst du gelegentlich auf folgendes ein: Für mich war Øvre Anárjohka rein landschaftlich die "unspektakulärste" Tour, die ich im Norden gemacht habe ... aber vom "Wildnis-Erlebnis" hat es selbst "ultimative Gegenden" wie Børgefjell oder Sarek deutlich in den Schatten gestellt. Bei dir auch?
"Unbekannte" = supereinsame Gegenden haben was... wobei es mir persönlich konkret dort insgesamt etwas zu "platt" (relativ, klar) aussieht.
Die relativ flache Topographie war für mich auch lange das Fragezeichen, weswegen ich da nicht schon 10 Jahre früher hingefahren bin, obwohl es mindestens so lange auf der Liste stand. Wäre eine Tour dort nicht auf die Dauer langweilig, Tag für Tag eher unspektakuläre Landschaft? Ich konnte mich ja auch bis zum Ende nicht dazu durchringen, die größeren Hügel „Berge“ zu nennen.
Und doch ist da mehr als, du hast es gesagt, wie die Landschaft aussieht. Fjellfex nennt es „Wildnis-Erlebnis“. Ja, ich kann gerne versuchen, darauf einzugehen. Obwohl es schwer in Worte zu fassen ist (und gar nicht in Fotos). Bei mir hat sich auch ein besonderes Gefühl eingestellt, und das hat wohl direkt mit der eigentümlichen Landschaft zu tun und nicht nur damit, dass es ein vergleichsweise großes und supereinsames Gebiet ist. Es war ein tieferes „Eintauchen“ in die Wildnis – völlig anders als das Gefühl, wenn man z.B. auf einem Gletscher oder nackten Fels steht. Das „Sein“ im Gegensatz zum „Machen“ drängt sich mir als Gedanke auf, obwohl es doch eigentlich immer beides ist auf einer Tour. Also kein Gegensatz? Wahrscheinlich muss ich noch ein bisschen darüber nachdenken.
Bei mir hat sich auch ein besonderes Gefühl eingestellt.... Es war ein tieferes „Eintauchen“ in die Wildnis ... Das „Sein“ im Gegensatz zum „Machen“ drängt sich mir als Gedanke auf ... Wahrscheinlich muss ich noch ein bisschen darüber nachdenken.
Da hattest du also auch dieses besondere Gefühl. "Eintauchen" und "Sein" halte ich für gute Erklärungsansätze. Richtig auf den Punkt bringen kann ich es immer noch nicht, aber es war "real".
Aber vielleicht sollte man nicht zu viel drüber "denken", sondern es lieber erneut "erleben"... mit Touren in ähnlichen Gegenden.
Fjellfex : Recht hast du. Manches lässt sich nicht erklären, sondern nur erspüren. Und ganz vielleicht erneut erleben. Belassen wir es dabei und wenden uns dem zweiten Teil zu.
"Eintauchen" und "Sein" halte ich für gute Erklärungsansätze.
Übrigens fand ich den Bericht trotzdem sehr ansprechend. Ich war zwar nicht da und werde auch nicht hinfahren, aber zwischen den Zeilen der ausführlichen Narration entsteht im Verbund mit den Bildern eben doch eine spezielle Atmosphäre. Ob man die (qualitativ) genauso erleben würde, wenn man selbst hinfährt, ist zwar nicht sicher. Aber sie ist jedenfalls im Bericht präsent.
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