[SE] von Gällivare nach Abisko

Einklappen

Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

  • wandler

    Erfahren
    • 25.02.2017
    • 172
    • Privat

    • Meine Reisen

    [SE] von Gällivare nach Abisko

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Tag 1


    Weckerpiepen reißt mich aus dem Schlaf, leise sammle ich meine Habseligkeiten zusammen und trete auf den Gang hinaus um sie dort schlaftrunken in den Packsack zu stopfen, während im Abteil das nette Pärchen aus Uppsala friedlich weiter vor sich hin schnorchelt.

    Es geht los! 2020 wurde coronabedingt doch wieder ein Alpensommer und mein kleines Bötchen konnte nur wochenends in Mecklen- und Brandenburg ausgeführt werden, aber jetzt liegen sie endlich vor mir: 6 Wochen Sumpf, Seen, Berge, Hitze, Schnee, Mücken, Gletscher, Himmel, Weite.
    Der Zug fährt schon ein, ich verzurre hastig den Packsack am Gestell, jetzt aber fix! Aufbuckeln, durch die Tür zwängen, schon steh ich, etwas benommen, auf dem Bahnsteig Gällivare.
    Ein wenig flau ist mir im Magen, ob das alles so hinhaut? Noch nie hab ich ein großes weitgehend wegloses Sumpf- und Waldgebiet durchquert, noch nie war der Rucksack so schwer, alles zur schlimmstmöglichen Mückenzeit, und plötzlich kommt es mir gar nicht mehr so sehr schlau vor, dass ich wie üblich keine Routenplanung gemacht habe und einfach ins Blaue hineinlaufe.
    Alles was ich weiß ist dass ich in 3 Wochen Abisko erreicht haben muss, dann muss mein gestern in Stockholm aufgegebenes Paket mit den Bergschuhen in der dortigen Fjällstation abgeholt werden, und da ich Knochengestell kein Gramm Fett zu verlieren habe wird das Essen nicht länger reichen.

    Vor 36 Stunden bin ich quasi direkt nach der Arbeit los, und natürlich habe ich in der Hektik was vergessen, Schmerzmittel und mein 50%-DEET-Nobite-Fläschchen. Macht nichts, denk ich mir, die werden sich hier ja auskennen mit Mücken, und frühstücke erstmal in Ruhe.

    Im Supermarkt wird mir Djungelolja empfohlen, ich kaufe zwei Fläschchen. Ein garstiges Zeug, das ich nach spätestens einer Woche nicht mehr riechen kann, zumal mit Öl sich einzuschmieren so ziemlich das letzte ist wonach es mich in der Hitze verlangt. So verlege ich mich zunehmend auf mechanischen Mückenschutz und versuche die Biester so weit möglich zu ignorieren.

    1 Kilo Butter wandert noch in den Sack, ein letztes Mal gibt es frisches Obst, ich koche mir ein paar Nudeln, kaufe eine Angelkarte am Bahnhof, trinke einen letzten Kaffee, und so ist es mittlerweile 12 Uhr mittags, als ich die Gleise nach Westen überquere.
    Kurz dahinter beginnt schon der Vassaraträsket, da kann ich ja gleich in See stechen! Boot aufpumpen, Weste aufpusten, tausend Sachen wollen von Reisen auf Wanderung umgepackt werden, es dauert. Eine alte Frau kommt vorbei, die sich offenbar köstlich amüsiert und munter anfängt zu schwatzen, ich lächle verlegen, zucke mit den Schultern und versuche ihr zu verstehen zu geben, dass ich gar nichts verstehe. Sie lässt sich davon überhaupt nicht stören und gickelt und gackert noch vor sich hin, als ich schon auf dem Wasser bin. Sie wird die letzte menschliche Stimme für die nächsten 11 Tage sein.

    Herrlich ist es auf dem See! Alles glitzert, alles steht in vollem Saft, ab und zu kann ich Fische im klaren Wasser sehen, in das ich immer mal wieder die nackten Füße tauche, denn es ist bulleheiß. Vor lauter Begeisterung fällt mir erst im Zufluss Torisjoki ein, dass ich ja auch mal ein Foto machen könnte:


    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild1.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,95 MB ID: 3095766

    Hier ist Schluss mit Paddelei, es geht durch lichten Wald mit ein paar moorigen Senken

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild2.jpg Ansichten: 0 Größe: 5,95 MB ID: 3095767


    den Torisjoki entlang


    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild3.jpg Ansichten: 0 Größe: 4,09 MB ID: 3095768


    bis ich auf den Rallarstigen treffe, einen 44km langen Wanderweg, der Gällivare mit Porjus verbindet. Ein – bis auf einen Abschnitt unter einer Stromleitung – wirklich schöner Pfad, dem ich etwa 10 km folge, bis ich den Njietsahkjávvre erreiche. Ich bin gar nicht böse darum den noch ungewohnten und sackschweren Rucksack wieder vom Rücken zu bekommen, mache ihn am Boot fest und paddele federleicht gen Westen.


    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild4.jpg Ansichten: 0 Größe: 4,69 MB ID: 3095769
    schiefe Brücke und korrespondierender Rucksack

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild5.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,77 MB ID: 3095770
    Einsatzstelle, im Hintergrund der Njiehtsagistjåhkkå, mein nächstes Ziel


    Hier auf der Ostseite stehen noch ein paar Ferienhäuser, das Westufer gehört schon zum Stubbá naturreservat. Heissahoppsa! Ich peile eine Insel an, weil ich da auf ein wenig Wind mit weniger Mücken hoffe. Tatsächlich hat sie noch ein paar vorgelagerte Miniinseln, von denen eine gerade genug Platz hat, dass ich drauf liegen kann. Und keine Mücken! Wunderbar! Nach einer Portion Nudeln lege ich mich auf das unglaublich dicke weiche Moospolster und dämmere schnell hinüber.


    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild6.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,70 MB ID: 3095771


    kein Platz für Freitag
    Zuletzt geändert von wandler; 28.11.2021, 23:47.

  • Fjellfex
    Fuchs
    • 02.09.2016
    • 1705
    • Privat

    • Meine Reisen

    #2
    Boah ey, genial! Sjaunja steht ja schon länger auf meiner Liste, und mit so einem Boot sollten sich viele unangenehme Passagen umschiffen lassen. (Dürften aber immer noch genug übrig bleiben. ) Unterhaltsam geschrieben ist es auch... bin gespannt!

    Kommentar


    • wandler

      Erfahren
      • 25.02.2017
      • 172
      • Privat

      • Meine Reisen

      #3
      @ Fjellfex: Danke, freut mich sehr! Wie ich in deinem letzten Bericht gelesen habe hast du ja auch genau das richtige Boot dafür😉. Ich freue mich schon auf deinen Sjaunjabericht, dann muss ich vielleicht doch nicht nochmal hin🕶

      Kommentar


      • wandler

        Erfahren
        • 25.02.2017
        • 172
        • Privat

        • Meine Reisen

        #4

        Tag 2

        Ziemlich unruhig und häufig unterbrochen habe ich geschlafen, wie das oft so ist bei mir ist in der ersten Nacht, und die permanente Helligkeit machts nicht besser. Schnell Biwak-/Schlafsack und Matte verstaut, Porridge gefuttert, wieder aufs Wasser!
        An der Insel vorbei fahr ich erst geradewegs nach Westen, aber irgendwann wird mir doch ganz schön mulmig in meinem Nussschälchen auf diesem See, der plötzlich riesengroß scheint. Der jetzt sehr merkliche Wind bringt doch ordentlich Bewegung ins Wasser.

        Ich halte nach Süd, und bin froh als nach 2km Paddeln das Ufer erkennbar nah ist. In einer Bucht erspähe ich einen dunkelbraunen Streifen vor dem waldigen Hintergrund, das wird doch nicht… ich halte immer drauf zu, und tatsächlich, ein Sandstrand! Wie geil ist das denn!
        Schon 100m vor dem Strand könnte ich stehen, ganz sanft steigt der Grund an, über dem ich zu schweben scheine, so klar und unbewegt ist das Wasser. Plötzlich rührt sich etwas am Ufersaum, ein weißes Ren erscheint, starrt mich regungslos an und verschwindet nach ein paar Sekunden wieder im Nichts. Ich könnte heulen vor Glück, als das Boot mit leisem Knirschen aufläuft. Kein Theater der Welt kann so magisch sein!

        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild7.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,56 MB ID: 3095966

        [Lustig, wieviel prosaischer das Bild auf mich wirkt, wenn ich die zugehörige Erinnerung ausblende. Hätte ich kein Bild gemacht und jemand würde mir erzählen, ich hätte an einem schneeweißen Korallenstrand ein Einhorn gesehen, ich würde es fast glauben. Die Realität ist oft so anders als ein popeliges Smartphon einfangen kann]

        Ich zerre das Boot an den Strand, reiße mir die Kleider vom Leib und renne in den See. Klares, kaltes, köstliches Wasser! Aller Dreck und Gestank fällt von mir ab, und als ich triefend wieder am Ufer stehe, ist der Berliner Alltag unendlich weit weg, ich bin angekommen und einfach da. Ich rubble mich trocken, lege mich in den Sand, und nicke kurz weg.

        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild8.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,08 MB ID: 3095967
        Traumstrand in Lappland

        Glücklicherweise nur kurz, ich Depp hätte das Boot in den Schatten legen müssen, die Haut ist schon zum Zerreißen gespannt, und als ich panisch das Ventil losschraube knallt es wie ein Sektkorken und fliegt meterhoch in die Luft.
        Ich ermahne mich nicht zu oft so bescheuert zu sein, und außerdem endlich mal die kaputte Ventilsicherung auszutauschen.
        Ein paar Schritte laufe ich in die Vegetation hinein, und werde sofort von Dutzenden Mücken angefallen. Verrückt! Zwei Meter weiter kann ich unbehelligt nackt am Strand liegen. Bis zum Ende der Tour werde ich oft nicht recht schlau aus den Viechern.
        Dann lieber in den Schatten, ich mampfe meine tägliche Nussration mit Schokolade, und döse bald mit ein bisschen Lautengeklimper im Ohr ein, gehe wieder schwimmen, futtere, höre Musik. Leben wie Gott in Lappland!

        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild9.jpg Ansichten: 0 Größe: 5,25 MB ID: 3095968

        Eine Besucherin schreckt mich auf

        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild10.jpg Ansichten: 0 Größe: 4,59 MB ID: 3095969

        Gar nicht so klein, wenn man sie direkt vor der Nasenspitze hat. Jetzt ist mal genug der Gammelei, vielleicht möchte sich ja ein Fisch dazugesellen? Ich gehe ein wenig das Ufer entlang und suche einen geeigneten Spot, probiere mal an einer steinigen Stelle, und natürlich hängt der Köder beim ersten Versuch fest, viel zu seicht, kein Geruckel hilft. Grrr, so viele hab ich nicht. Also Boot holen, Paddel in die eine, Angel in die andere Hand, geht nicht, Angel zwischen die Schenkel klemmen, Angel unter die Achsel klemmen, einhändig irgendwie die Spule aufrollen, natürlich gibt es sofort einen grauenhaften Schnursalat. Fuck. Irgendwie kriege ich aber tatsächlich den Köder gelöst, zurück zum Ufer mit dem ganzen Mist, Messer raus, random irgendwas durchschneiden, wie ich diese Fummelei hasse.
        Nach geraumer Zeit ist die Angel wieder fit, ob ich wohl vom Boot aus angeln kann? Ich fahre ein bisschen raus, aber es geht überhaupt nicht, sobald ich das Paddel ablege fängt das Boot sofort zu kreiseln an, und was eigentlich passiert, wenn jetzt noch ein Fisch dran zieht und ständig unter mir durchschwimmt will ich lieber gar nicht wissen. Was eine Schnapsidee, also zurück zum Strand.
        Noch eine kurze letzte Runde schwimmen, und dann in den Sumpfwald um das ungewohnte Terrain mal ein wenig kennenzulernen.

        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild11.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,12 MB ID: 3095970
        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild12.jpg Ansichten: 0 Größe: 4,95 MB ID: 3095971

        Sieht etwas finster aus, geht aber besser als erwartet. Allerdings hab ich ja den Dicken auch nicht auf dem Rücken. Ich streife eine ganze Weile umher, es wirkt alles leicht surreal auf mich, und hat doch eine ganz eigene morbide Schönheit.

        Als ich zurück zum Strand komme ist der Abend schon weit fortgeschritten.Ein bisschen Strecke sollte ich schon noch machen heute, sonst wird das nichts mehr mit Abisko, und dunkel wirds ja nicht. Den Dicken auf dem Boot festgezurrt, und weiterpaddeln in den Rovasenlahti, der eigentlich nur eine Ausbuchtung des Njietsahkjávvre ist.

        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild13.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,00 MB ID: 3095972

        Hier ist die Uferböschung überall steil und überwuchert, es ist einigermaßen mühsam, den Kram aus dem See zu hieven und zu verpacken. Ich kämpfe mich durch das schlammige Gestrüpp und finde tatsächlich einen Pfad, sogar mit Wegweiser, „Rovanen“, laut Karte eine kleine Anhöhe, die in Richtung Njiehtsagistjåhkkå liegt, auf dem ich schlafen will. Ich nehme dankend an, und folge ihm eine Weile, bis er sich auf der Kuppe verliert. Zwischendurch gibt es sogar eine eigentlich sehr schöne Campwiese, aber bei der Mückendichte hier habe ich wenig Lust. Die sieht hier im Wald und den Niederungen meistens ungefähr so aus, sobald man stehenbleibt:

        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild14.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,76 MB ID: 3095973

        Den Rovanen wieder hinunter gilt es sich ein Stück durchzuschlagen bis der Anstieg zum Njiehtsagistjåhkkå beginnt. Auf meiner Karte sehe ich ein schönes waldiges Band das zwischen rot und blau (zeitweilig überfluteten) schraffierten Sümpfen bis zum Anstieg führt. Sieht doch sehr machbar aus!
        Leider gibt es in der Realität nirgendwo Waldboden, es ist ein unentwirrbares Labyrinth aus ziemlich scharf voneinander abgegrenzten Sumpfbiotopen mit ganz unterschiedlichen Pflanzengemeinschaften, es gibt Morast mit viel Farn, unendliche Moosvariationen, einen Meter hohe wacklige tussockartige Säulen mit knietiefem Wasser dazwischen, fahle Buckel, mit einer schillernden Sosse dazwischen, die aussieht als hätte hier eine Ölpest stattgefunden, roten Modder, bleichen Modder, tote Baumstümpfe, Orchideen, Verwesendes, Blühendes, Fauliges, Aufschiessendes, ein Botaniker hätte wohl seine helle Freude darangehabt. Leider ist es zu dämmrig um im Zwielicht ein brauchbares Foto zu machen, und das ist wirklich sehr schade, den später finde ich nicht ansatzweise mehr eine solch bizarre Vielfalt von Dingen, für die ich gar keine Worte habe.
        Manchmal denke ich, eigentlich müsste ich nur dafür nochmal zurück.

        Ein Gedanke, der mir in dem Moment vermutlich reichlich bescheuert vorgekommen wäre, ich hampel mit meinen 33 Kilo auf dem Rücken von Grasbüschel zu Moosturm, springe über tiefe wassergefüllte Gräben, die Stiefel saugen sich ständig im Boden fest, und da ich depperterweise den Njiehtsagistjåhkkå nicht angepeilt habe als er noch sichtbar war kann ich nur aus dem vermuteten Sonnenstand ungefähr abschätzen, wo ich eigentlich bin, denn ich sehe hier gar nichts was weiter als fünfzehn Meter entfernt ist. Da gehts nicht weiter, wieder zurück, hier auch nicht, der Graben ist zu breit, das muss ich wohl besser rechtsherum probieren, der Schweiß rinnt mir übers Gesicht, bloß nicht stehenbleiben, sonst fressen mich die verfluchten Scheißmücken, ich kann bald nicht mehr, und plötzlich gehts bergauf! Halleluja! Weiter, weiter, nur ein paar vereinzelte Bäume noch, es wird steinig, flechtig, und unversehens steh ich auf dem weiten Gipfelplateau, ein gigantischer Fernblick, eine sanfte Brise, nicht ein Fliegeviech mehr, es ist kurz vor 4.

        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild15.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,78 MB ID: 3095974

        Ich bin schrecklich hungrig, koche noch was, bau das Lager auf, und falle erschöpft in den tiefsten Schlaf der gesamten Tour

        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild16.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,79 MB ID: 3095975
        Zuletzt geändert von wandler; 30.11.2021, 03:18.

        Kommentar


        • Blahake

          Vorstand
          Fuchs
          • 18.06.2014
          • 1958
          • Privat

          • Meine Reisen

          #5
          Geniale Route, geniale Bilder, genial geschrieben! Ich folge Dir auf Schritt und Paddelschlag!

          Kommentar


          • wandler

            Erfahren
            • 25.02.2017
            • 172
            • Privat

            • Meine Reisen

            #6
            oh... freut mich total!

            Kommentar


            • wandler

              Erfahren
              • 25.02.2017
              • 172
              • Privat

              • Meine Reisen

              #7
              Tag 3


              ...ist schon fast vorbei, als ich aufwache. Es ist kurz nach 21 Uhr, fast 16 Stunden hab ich quasi ununterbrochen geschlafen, vermutlich mein ewiger Tourrekord. Ich überlege kurz ob ich vielleicht was ausbrüte, allerdings hab ich auch ein ziemliches Schlafdefizit angehäuft, gestern sechs unruhige, im Nachtzug angenehme sieben und in der vorherigen Nacht im IC Hamburg-Kopenhagen bestenfalls drei grauenvolle Stunden. Und der Tag gestern hätte auch für zwei gereicht.


              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild17.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,95 MB ID: 3096239


              Ich kann kaum schlucken, so ausgedörrt bin ich. Nur ein winziger Tropfen ist noch in der Flasche, der hilft gar nichts. Und hier oben gibt es nicht mal ne Pfütze. Also wieder runter und den Hang absuchen, ich finde bald ein kleines Rinnsal – Labsal! Flaschen auffüllen, Porridge kochen, herumspazieren und in die Weite schauen, ich kann mich nicht satt sehen. Fern am Horizont im Westen leuchten die Skanden, nach Osten kommt vermutlich bis zum Ural nichts höheres mehr.
              Irgendwann überlege ich ob ich nicht mal langsam loslaufen soll, lege noch ein paar Kalorien nach, aber dann ist das Bett so warm, der Bauch so voll, der Wind so lau...und unten im Tal wohnen die Plagegeister… ich schlafe wieder ein.

              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild18(3).jpg Ansichten: 0 Größe: 1,77 MB ID: 3096240
              Zuletzt geändert von wandler; 01.12.2021, 02:20.

              Kommentar


              • Freedom33333
                Dauerbesucher
                • 09.09.2017
                • 900
                • Privat

                • Meine Reisen

                #8
                Moin, von mir auch schonmal ein herzliches Dankeschön fürs Schreiben des Reiseberichts dem ich im Detail folgen werde.

                Dass du nach dem Power-Tag dann so lange geschlafen hast sei dir gegönnt, nach der Beschreibung des Tages davor dachte ich erst, du musst ja ein ziemlicher Fitness-Freak sein ;).

                Ich habe ja selbst auch das Nano, wäge immer ab, ob ich mich damit auf Tour in Schweden trauen würde und freue mich daher natürlich ganz besonders über deinen Bericht. Über ein paar Touren auf heimischen Seen mit ca. 10kg rucksack bin ich bisher nicht hinausgekommen.

                Um ein paar Ausrüstungsfragen komme ich daher leider auch nicht drumrum
                - Hat das mit dem Rucksack, ca. 30kg dann ja anfangs, vorne drauf problemlos geklappt?
                - Wie hast du ihn befestigt? Einfach mit einem Packriemen durch die 3 Schlaufen vorne und quer oder hochkant vorne reingestellt? Wie "Bequem" war das dann beim Paddeln?
                - Welcher Rucksack? Welches Paddel?
                - Was hast du außer Boot und Paddel noch an Boots-Ausrüstung dabeigehabt?

                Beste Grüße

                Kommentar


                • wandler

                  Erfahren
                  • 25.02.2017
                  • 172
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  Hey Freedom, sehr erfreut! Gern:
                  - Ich würde sagen, je schwerer vorn desto besser weil umso stabiler, solang mans noch gut heben kann ist alles problemlos.
                  - mit drei Reepschnüren links, rechts und am Boden befestigt. Immer hochkant, quer würde gar nicht gehen. Bequemlichkeit ist ja so ne Sache mit dem Nano, das liegt aber nicht am Sack. Wobei große Menschen mit sehr großen Rucksäcken vielleicht irgendwann Probleme bekommen, ich bin 1,78. Die Beine lege ich rechts und links auf die Schläuche, ich finds völlig ok.
                  - Rucksack ist ein 80er Jahre Alpenlite Aussengestellrucksack, Packsack ausgetauscht mit einem 109l-Ortlieb PD350 Drybag. Paddel ist ein Anfibio Fly. Hier im Forum wurde es ja eher kritisiert, ich bin völlig zufrieden, habe aber auch keinen Vergleich.
                  - Eine Anfibio Buoy Boy Weste, ohne würde ich mich nicht weit vom Ufer entfernen wollen. Völlig unnötigerweise auch ein Anfibio AirSail, das nie zum Einsatz kam, weil der Wind immer aus der falschen Richtung wehte. Ich habs dann in Abisko zurück nach Hause geschickt.

                  Außerdem Neoprenschuhe und knielange Sealskinz, das finde ich beim ein- und ausbooten super praktisch, weil ich enorm empfindlich gegenüber kaltem Wasser an den Beinen bin und Hektik dabei grundsätzlich nicht gut ist. Tatsächlich habe ich die ganze Tour, auch beim Laufen mit den Lundhags, nicht einmal ungewollt nasse Füße gehabt. Würde ich immer wieder so machen.

                  Ich würde immer das Boot auf Skandinavientour einpacken, wenn es irgendeine sinnvolle Verwendung dafür gibt. Es ist einfach schön zur Abwechslung, man muss mal ne Weile gar nichts tragen und kommt trotzdem mit Gepäck voran, hat mal eine ganz andere Perspektive, und man kommt an ganz andere Ecken und ist viel flexibler. Auch im zweiten Teil meiner Tour hätte ich z.b. bei Sulitelma einen Gipfel sonst nur mit tagelangem Umweg erreicht. Paddel und Boot sind knapp 1,4 kg, mit Weste +350g. Schuhe und Socken hab ich eh zum Furten dabei. Das wärs mir immer wert.

                  Kommentar


                  • wandler

                    Erfahren
                    • 25.02.2017
                    • 172
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #10
                    Tag 4


                    Es geht bergab Richtung Nordwest durch schön zu laufenden Wald mit viel Gesang



                    Mir wird erst jetzt bewusst, wie still es bisher war. Bis auf diesen kurzen Abschnitt höre ich die gesamte Tour nur ganz selten mal einen Vogel, was ich bei laut Wiki 150 hier brütenden Vogelarten ganz anders erwartet hätte.
                    Den kleinen Buckel Guossagåbbå hoch und wieder hinunter geht es in die Sumpfniederungen, und ich treffe fast punktgenau den Haltepunkt Ödemarksvägen der Inlandbanan. Im Westen liegt eine riesige überflutete Sumpffläche, nach Norden schneidet sich eine schnurgerade Scooter/Quadpiste durch den Wald.
                    Eigentlich hasse ich Pistenlaufen, aber in Sjaunja ist manches anders, ganz von allein biegen meine Beine nach Nord ab, und ich sehe erstaunt zu, wie schnell plötzlich die Bäume an mir vorbeiziehen, und genieße es erst geradezu.

                    Nach einer Weile wird es dann doch langsam ätzend, die Piste immer hässlicher, aber die Wasserlöcher links und rechts sind auch nicht gerade einladender, und ich muss echt mal ein paar Kilometer fressen, sonst komme ich ja nie an.
                    Ich stecke mir Stöpsel ins Ohr, es gibt irre Orchesterglissandigeräusche aus dem vorletzten Donaueschinger Jahrgang, und setze stoisch einen Fuß vor den anderen, einen Fuß vor den anderen.
                    Irgendwann taucht der Bielloajvve auf, weiter schaffe ich heute nicht mehr, und ich brauche dringend Wasser. Also links abgebogen und durchschlagen zum Piellojärvi




                    und dann den Buckel hoch. Mir fehlt die Kraft dazu, also schon hier unten kochen. Wie üblich beteiligen sich siebentausend ungeladene Gäste an der Mahlzeit, die ich mechanisch mit der linken Hand totschlage, während ich mit der rechten schaufle. Ich bin ganz schön durch, aber es hilft nichts, nur weiter oben gibt es eine Chance auf ein bisschen Ruhe. Den unerwartet steilen Hang ziehe ich mich mehr an Birkenästen hoch als ich laufe, zwänge mich krabbelnd irgendwie durchs Dickicht.

                    Und oben weht ein strammer Wind!
                    Nur die Mücken haben es noch nicht gemerkt, es sind zwar nicht solche Heerscharen wie unten, aber schon Battailonsstärke. Immerhin, wenn ich schnell genug vom einen zum anderen Ende des kleinen Plateaus renne kann ich die durchaus sehr schönen Ausblicke kurz genießen.

                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild23.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,20 MB ID: 3096508
                    [vom nächsten Morgen, wie das folgende auch, ich hatte am Abend keines mehr gemacht]

                    Ich stelle das Tarp zur offenen Windseite

                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild21.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,38 MB ID: 3096509
                    das führt zumindestens dazu, dass sie sich an die Rückseite halten

                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild22(1).jpg Ansichten: 0 Größe: 2,25 MB ID: 3096510
                    und mich nicht allzusehr behelligen. Gute Nacht für heute!
                    Zuletzt geändert von wandler; 02.12.2021, 01:38.

                    Kommentar


                    • wandler

                      Erfahren
                      • 25.02.2017
                      • 172
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #11
                      Tag 5

                      Am Nordende des Gipfels gibt es eine Feuerstelle und einen kleinen Pfad, der wie ich vermute zur nahegelegenen Samisiedlung Allávarre führt. Er verliert sich jedoch bald im Dickicht, das zwar viel weniger steil und undurchdringlich ist als auf der Aufstiegsseite, trotzdem bin ich hart genervt, dass ich ständig mit meinem Trumm hängenbleibe. Also schnalle ich den Packsack so tief wie möglich, das macht ihn schwerer zu tragen, aber so geht es viel besser. Ich quere eine Straße, die zur besagten Siedlung führt, und überquere den Hügel Utukkavaara, hier ist der Wald glücklicherweise angenehmer zu laufen.
                      Dahinter kommt ein Rentierzaun, drunterdurchkrabbeln geht nirgendwo, klettere ich drüber mach ich ihn kaputt. Also wieder nach Osten, da verläuft die Straße Gällivare-Harrå durch den Zaun.

                      Und kaum steh ich auf der Straße sind die Mücken weg! Nicht ganz so krass wie am Strand vom Njietsahkjávvre, ich würde mich jetzt nicht nackt ausziehen, aber für eine fast ungestörte Mahlzeit reicht es. Versteh einer diese Biester. Also breite ich meinen Kram auf der Straße aus und speise zu Mittag.

                      Es fällt mir zu schwer danach sofort wieder in den Mückenwald zu gehen, ich folge der Strasse noch ein paar hundert Meter, bis sie den Liinágiera überquert, da möchte ich wieder nach Westen abbiegen. Und schon vor der Brücke hör ichs von ferne rauschen, endlich mal bewegtes Wasser nach all diesen lauwarmen Löchern der letzten zwei Tage! Hier ergießt sich die lange Seenkette des Allájavvre schäumend ein paar Felsen hinunter zum Liinágiera, ich liege auf den Steinen, genieße das Rauschen und mach ein Mittagsschläfchen.

                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild24.jpg Ansichten: 0 Größe: 4,02 MB ID: 3096761


                      Jetzt mal den See erkunden, etwas weiter oberhalb schiebt sich ein Felsriegel quer in den See. Eine perfekte Angelstelle! Gleich beim ersten Wurf hängt was dran, ich vermute erst eine Wasserpflanze, nichts zuckt, aber tatsächlich ist es ein gar nicht kleiner Fisch. Er wehrt sich überhaupt nicht, ich kann ihn einfach an Land ziehen. Vielleicht eine Art Barsch? Rote Flossen und sehr ledrige Haut, ich muss richtig sägen um ihn auszunehmen. Na wenn das so einfach hier ist gleich nochmal, beim dritten Wurf hängt noch einer dran, genauso ein müder Kumpan.
                      Ich koche sie ein bisschen an um die zähe Haut lösen zu können, und brate sie danach in Öl. Hmm… ganz schön quabbelig, schmackhaft ist was anderes. Trotzdem freue ich mich natürlich über Proteine, die ich mal nicht tragen musste, den zweiten noch zu vertilgen fällt mir aber dann doch schwer.

                      Besser paddeln! Ich fahre ein bisschen durch die Gegend, und lass mich bald einfach treiben, denn wenn was bequem ist am Nano, dann drin zu lümmeln.
                      Die Sonne steht schon tief, ich muss mal wieder zurück. Die Abendstimmung ist zauberhaft, ich kann noch nicht schlafen und streife lange nochmal im Dämmerlicht das Ufer entlang.

                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild25.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,59 MB ID: 3096762

                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild26.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,92 MB ID: 3096763

                      Zurück am Felsriegel weht eine sanfte Brise. Der Fels hat einen Riss, da passt genau der Trekkingstock rein. Also Mückennetz dran gehängt und abgelegt.

                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild27.jpg Ansichten: 0 Größe: 4,00 MB ID: 3096764
                      [natürlich vom nächsten Morgen, war schon zu dämmrig]
                      Zuletzt geändert von wandler; 03.12.2021, 01:44.

                      Kommentar


                      • wandler

                        Erfahren
                        • 25.02.2017
                        • 172
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #12
                        Tag 6


                        Tag 6, Scheiße, schon Tag 6. Ich messe auf der Karte nach: ich bin lächerliche 26km Luftlinie von Gällivare entfernt. Ein Viertel meiner Zeit ist um.

                        Abisko ist noch ewig weit weg. Da liegt mein Paket, ich habe draufgeschrieben, dass ich es in jetzt noch fünfzehn Tagen abhole. Und länger reicht das Essen keinesfalls, auch wenn ich Angelglück habe.

                        Ich bin einen Riesenbogen gelaufen, erstmal ein Stück nach Süden, dabei muss ich nach Nordwest. Dann verpenne ich einen gesamten Tag, und vertrödele den halben Tag gestern noch mit Rumstreiferei und Gammeln. So wird das nix.

                        Und jetzt? Wenn ich einfach auf der Straße nach Norden bis Harrå laufe? Dann hab ich immerhin 15 km fix hinter mir. Von da wieder nach Westen ins Gesumpfe, dann ist es nicht mehr weit zu einem Höhenzug, auf dem ich bestimmt schneller vorankomme. Vielleicht kann ich sogar per Anhalter abkürzen? Klingt doch nach nem Plan.

                        Also auf die Piste, Ohren zugestöpselt und Autopilot an, ich laufe so schnell der Dicke auf dem Rücken mich lässt. Natürlich kommt kein Auto.

                        [Rückblickend bereue ich diese Entscheidung zutiefst. Hätte ich gewusst, dass ich an der Kebnekaise-Fjällstation vorbeikommen werde und vor allem was das eigentlich ist und was für einen Riesenladen die haben (eine Minute Recherche 🙄) hätte ich mich da problemlos, wenn auch sauteuer, für x Tage mit Lebensmitteln eindecken können. Ich hätte zur Not auch problemlos einfach vom Kebnekaise den Kungsleden in zwei Tagen hochlatschen können.

                        Und es hätte auch niemand meine Bergschuhpaket in Abisko weggeschmissen wäre ich zwei Tage später angekommen.

                        Am Ende war ich eh früher da als gedacht. Wusste ich aber alles nicht.

                        Wahrscheinlich zwei, vielleicht auch drei Tage hätte ich länger gebraucht, wäre ich die zwei halben Tage Straße heute und Pistenabschnitt vorgestern stattdessen einfach durch Sumpf und Wald gelaufen. Diese blöden Unterbrechungen sind leider viel präsenter in meiner Erinnerung als mir lieb ist, und verschatten mir irgendwie die Tour. Schon deswegen muss ich eigentlich nochmal hin, um diesen „Makel“ auszubügeln für mich. Hilft wahrscheinlich auch nicht genug, wenn Fjellfex das für mich übernimmt ]



                        Mittags komme ich endlich an in Harrå. Wenig verwunderlich, dass ich nie ein Auto gesehen habe, hier endet die Straße, und Harrå besteht aus nur einer Handvoll Hüttchen. Dafür gibt es eine riesige Rentierschlachtanlage und ein unübersehbares Gewirr von Gattern und Zäunen, die hier zusammenlaufen. Auf der Karte sah das so einfach aus, da waren sogar Pfade drin, keine Ahnung wo die sein sollen. Ich verfranse mich ziemlich darin, und muss ständig wieder zurücklaufen, weil ich nie weiß ob ich nicht in einer Sackgasse lande. Oh Mann, ich hätte einfach weiter nach Norden laufen sollen.

                        Irgendwann bin endlich durch, dann stecke ich bald im brusthohen Gebüsch im morastigem Grund fest, die Sonne brennt erbarmungslos, zu allem Überfluss gesellen sich Bremsen zu den Mücken, ich fluche laut vor mich hin, um ein Flüßchen zu queren puste ich mein Boot auf, verpacke es wieder, kurze Zeit später wird das Dickicht auf dieser Seite undurchdringlich, also wieder auspacken, aufpusten, zurück zur anderen Seite, einpacken, es dauert ewig sich hier durchzuprügeln, für drei Scheißkilometer hab ich jetzt bestimmt schon fünf Stunden gebraucht, ich frage mich wirklich was ich hier eigentlich mache, und warum zur Hölle ich nicht einfach mit einem Cuba Libre am Strand sitzen kann in meinen Ferien.

                        Endlich wird das Gelände einfacher, und bald fräst sich eine Quadspur durch die Weite. Hurray! Schnell noch einen Kilometer gefressen, und dann hoch auf den Höhenzug, was ist es doch für eine Lust zu wandern!

                        Ich komme auf der Kuppe des Sálvvočohkka an, ein toller Blick, ein frischer Wind, Mückennetz brauch ich hier auch nicht, ich kann mich einfach neben die kleine Gipfelpyramide legen und unter den Quilt kriechen. Befriedigt stelle ich fest, dass ich über 20km Luftlinie von meinem letzten Schlafplatz geschafft habe und fast doppelt so weit von Gällivare entfernt bin wie heute morgen. Wird doch. Ein einziges Foto nur hab ich heute gemacht, das gehört dafür zu meinen Lieblingen, um 22:17:

                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

Name: bild27.jpg
Ansichten: 1347
Größe: 2,20 MB
ID: 3096936

                        Kommentar


                        • Leser
                          Erfahren
                          • 07.12.2013
                          • 228
                          • Privat

                          • Meine Reisen

                          #13
                          Deine Gefühlswelt ist so herrlich beschrieben.

                          Kommentar


                          • Fjellfex
                            Fuchs
                            • 02.09.2016
                            • 1705
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #14
                            Zitat von wandler Beitrag anzeigen
                            Hilft wahrscheinlich auch nicht genug, wenn Fjellfex das für mich übernimmt
                            Der Fjellfex ist ja ein faules Weichei: bis Harrå hätte der bestimmt (zu mückenfreier Zeit!) das 2x wöchentlich verkehrende Sammeltaxi benutzt.
                            (https://ltnbd.se/tidtabeller_print4w...614_220612.pdf)
                            Aber von Harrå Richtung NW den Höhenzug entlang ist eine interessante "logische Linie": aussichtsreicher/ leichter zu navigieren und wohl auch besser zu gehen als der etwas nördlich parallel verlaufende "Weg". Letzterer ist ja dieses Jahr von Robtrek ausgeforscht worden und war nicht der große Hit.
                            Veröffentliche ruhig alle Fotos aus der Ecke, die du hast: Bilder aus Sjaunja sind ein rares Gut und somit immer willkommen... selbst wenn es keine Kandidaten für den Fotowettbewerb sind.

                            Kommentar


                            • wandler

                              Erfahren
                              • 25.02.2017
                              • 172
                              • Privat

                              • Meine Reisen

                              #15
                              @Leser: 🙂. Das liegt auch daran, dass die Landschaft und die Umstände sehr viel innere Auseinandersetzung provozieren. Wirklich, geht alle nach Sjaunja, da kann man was erleben

                              Fjellfex: Ab dem Höhenzug ist es toll, aber die mindestens vier Kilometer Luftlinie bis dahin muss man halt irgendwie durch. Die Samen wissen natürlich wo, fragen würde aber wohl nicht viel helfen (wenn man überhaupt jemanden trifft, ich habe niemanden gesehen). Ich würde auch vermuten, dass sich in dieser Zaunlandschaft viel verändert über die Jahre.
                              Heute würde ich vermutlich probieren weiter nördlich daran vorbeizulaufen, aber um Sumpf und Dickicht kommt man nicht drumrum.
                              So eine richtig gute Idee hab ich nicht. Jedenfalls war das auf meiner Route ein richtig fieser Abschnitt, vielleicht findet man aber auch eine einfache, irgendwo gibts die bestimmt. Das Gelände ist jedenfalls zum Teil sehr unübersichtlich, auch mit tiefen Einschnitten, das löst meine 100:000 Karte gar nicht auf. Mit einem besseren Werkzeug mag man da mehr Chancen haben.

                              Fotos hab ich leider gar nicht so viele gemacht, am wenigsten an den schwierigen Stellen. Das ist auch immer ein Akt, Telefon hochfahren, warten, dann ist es oft zu kalt oder es spinnt aus sonst einem Grund. Jedenfalls hätte ich wirklich gern mal eine Kamera, das ist mein größter Wunsch für die nächste Tour.
                              Zuletzt geändert von wandler; 05.12.2021, 22:07.

                              Kommentar


                              • wandler

                                Erfahren
                                • 25.02.2017
                                • 172
                                • Privat

                                • Meine Reisen

                                #16
                                Tag 7

                                Ich habe lange tief und erholsam geschlafen, es ist kurz vor elf als ich dieses Bild mache

                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild29.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,09 MB ID: 3097402

                                Das Wetter könnte besser nicht sein, windig und sonnig und trotzdem bedeckt genug, dass man auch mal im Wolkenschatten laufen kann. Das Gelände so angenehm wie nie, und ein Panorama vom feinsten. Es wird ein grandioser Tag!

                                Ich halte erst nach Nord, dann hinunter in die kleine Schlucht Hávgargorsa.

                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild30.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,50 MB ID: 3097403

                                Kurz vor dem Wasserlauf bemerkt mich eine Elchkuh im unübersichtlichen Gelände erst als ich gute zehn Meter vor ihr stehe, wir sind beide gleichermaßen überrascht. Schnell und graziös läuft sie den gegenüberliegenden Hang hinauf, ich beobachte sie verzückt. Elche sind glaube ich wirklich meine Lieblingstiere, so will ich mich auch mal bewegen und hier zuhause sein können!

                                Ein bisschen suchen in Gestrüpp und Felsen, und ich finde tatsächlich eine richtige Quelle!

                                In meinem ganzen Leben hat mir noch nie ein Schluck so gut geschmeckt, und so wunderbar kalt, das erste frische Wasser seit...Berlin? Hängt davon ab wie frisch man das Leitungswasser da finden kann.

                                Leider bleibt das ein singuläres Ereignis bis zum Kebnekaisemassiv, ich trinke sonst gewungenermaßen weitgehend nur stehendes und lauwarmes Oberflächenwasser, ungewohnt für mich als Berggänger.

                                Dann geht es auf und ab den ganzen Tag, wieder hoch auf den Gussoaivi, hinunter in eine leicht sumpfige, aber völlig unproblematische Senke, den Rovvooaivi hinauf, hinunter zum Lagimgobba, durch die nächste (einfache) Sumpfsenke, den steinigen Duolbuk hinauf, immer wieder unterbrochen von kleinen angenehmen Pausen, denn die Mückenschleppe, die ich mir in Sumpfteilen einfange wird auch immer bald wieder weggepustet.

                                Es ist einfach wunderschön in dieser unendlichen Weite.

                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild31.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,70 MB ID: 3097404

                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild32.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,62 MB ID: 3097405
                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild33.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,57 MB ID: 3097406
                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild34.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,97 MB ID: 3097407

                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild35.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,00 MB ID: 3097408

                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild36.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,08 MB ID: 3097409

                                Spät ist es geworden, schon nach zwei. Ich leg mich mal hin.

                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild37.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,38 MB ID: 3097410
                                Zuletzt geändert von wandler; 05.12.2021, 22:32.

                                Kommentar


                                • Fjellfex
                                  Fuchs
                                  • 02.09.2016
                                  • 1705
                                  • Privat

                                  • Meine Reisen

                                  #17
                                  Zitat von wandler Beitrag anzeigen
                                  Ab dem Höhenzug ist es toll, aber die mindestens vier Kilometer Luftlinie bis dahin muss man halt irgendwie durch.
                                  Habe mir auf der online-Karte von Lantmäteriet mal das "Flygbild" angeschaut: es scheint eine schöne Piste von Harrå zu geben, die am Nordufer des Čearrugiešjávri-Sees vorbei zum südöstlichen Ende des Höhenzuges führt.

                                  Kommentar


                                  • wandler

                                    Erfahren
                                    • 25.02.2017
                                    • 172
                                    • Privat

                                    • Meine Reisen

                                    #18
                                    Die Seite ist ja der Hit! Das sieht wirklich sehr gut aus. Wie ich bei Robtrek gelesen habe hätte ich sogar Empfang in Harrå gehabt. Hätt ich das gewusst. Ich gebe zu, eine Tour auch mal zu planen ist nicht immer das schlechteste. Das wäre wirklich eine Variante wenn ich da nochmal lande, danke!

                                    Kommentar


                                    • wandler

                                      Erfahren
                                      • 25.02.2017
                                      • 172
                                      • Privat

                                      • Meine Reisen

                                      #19
                                      Tag 8

                                      Eigentlich wollte ich erst weiter nach Westen zum großen Nuvjávri und schön paddeln und angeln, aber gestern hat mich den ganzen Tag der schöne Rücken des Áraoaivi so angelacht, da möchte ich doch am liebsten hin.
                                      Also gradewegs nach Nord, 4km den langen Hang des Duolbuk hinab. An seinem Fuß quere ich eine Quadspur, die offenbar zum Nuvjávri führt, es geht erst durch schönen Birkenwald

                                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild39.jpg Ansichten: 0 Größe: 5,28 MB ID: 3097755

                                      und wird dann doch etwas dickichtiger, aber nicht unangenehm. Auf meiner Karte läuft östlich vom Áraoaivi ein Pfad vorbei in Richtung Serrujärvi/Liedik, den ich vielleicht morgen benutzen könnte um durch das Sumpfland zu kommen, und da ich noch viel Zeit habe versuche ich ihn zu finden. Die Suche bleibt aber ergebnislos, und die Mücken nerven.

                                      Also zurück zum Áraoaivi, der ist hier auf seiner Südostseite am steilsten, aber das ist mir grade recht, ich habe schon sehnsuchtsvoll durchs Fernglas seine Felsen betrachtet. In schön gestuftem Gelände geht es im Zickzack hinauf, und oben gibt es sogar ein ganz kleines bisschen zu kraxeln. Wieder mal merke ich, wie glücklich mich Steine machen können.
                                      Oben weht eine steife Brise, keine Chance für Flieggetier. Perfekt. Schön kochen, dann such ich mir zwischen den Felsen ein ruhiges Plätzchen im Windschatten und mach ein Nickerchen.

                                      Es ist wieder mal spät geworden, ich lasse den Dicken stehen und laufe einmal auf dem Kamm entlang, am Mittelgipfel finde ich sogar kaltes Wasser, hier legt noch eine ganze Menge Schnee. Weiter bis zum Westende, Sicht und Licht sind einfach bezaubernd, nachts ist es fast immer wolkenlos.

                                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild40.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,55 MB ID: 3097756

                                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild41.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,95 MB ID: 3097757
                                      Da komm ich her

                                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild42.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,85 MB ID: 3097758
                                      Da will ich hin

                                      Die drei Kilometer bis zum Rucksack zurück werden mir aber doch ganz schön lang. Nur 5km Luftlinie bin ich von gestern entfernt. Was solls. Heute Nacht ist es das erste Mal so kalt, dass ich mit Isojacke schlafen muss.

                                      Zuletzt geändert von wandler; 07.12.2021, 02:23.

                                      Kommentar


                                      • JustMe79
                                        Erfahren
                                        • 28.05.2015
                                        • 199
                                        • Privat

                                        • Meine Reisen

                                        #20
                                        Habe deine Route begeistert verfolgt und dachte Mensch, so ein geniales Fleckchen Erde mit so gut wie unberührter Wildnis soweit das Auge blickt, da könnte ich doch eventuell auch irgendwann mal hinwollen - und bin dann mal wieder innerlich gestorben, als ich die Windräder gesehen habe. Es ist echt ein Jammer. Dachte, der Satihaure im Süden wäre der einzige große Schandfleck in der Ecke, schade.

                                        Aber landschaftlich natürlich trotzdem wunderschön diese Weite, wenn man solche Dinge ausblenden kann bzw. sie einem nix ausmachen. Wie auch immer - dein toller und unterhaltsamer Schreibstil macht jedenfalls große Lust auf's Weiterlesen! Ich darf die Bilder halt einfach nicht immer vergrößern - suspension of disbelief und so...

                                        Kommentar

                                        Lädt...
                                        X