[DK] Und ewig rauscht das Meer: Unterwegs auf Dänemarks Ostseeradweg

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  • Sylvie
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    • 20.08.2015
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    • Meine Reisen

    #21
    Zitat von Fjellfex Beitrag anzeigen
    Echt jetzt? Da siehste mal, wie ich rumkalke...
    Rumkalken! Das Wort ist auch nicht von schlechten Eltern.
    Das wiederum werde ich mir merken.

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    • Sylvie
      Erfahren
      • 20.08.2015
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      • Meine Reisen

      #22
      Zitat von Flachlandtiroler Beitrag anzeigen

      ACK. Kann es sein das ist das kleine Küstenwäldchen bei Kettingskov?
      Spoiler: Da ist IIRC auch ein Übernachtungsplatz des Gendarmenstien.

      Ich war gelegentlich mal im Nachbarort und das war so der einzige Platz weit und breit mit richtig begeisternder "Landschaft". (Aus mir wird nie ein DK-Fan... )
      Nee, das Foto ist weiter vorne entstanden, wahrscheinlich in dem Wäldchen bei Sonderburg oder vor Horuphav. Und mit der Begeisterung ist es ja immer so ne Sache. Gottseidank begeistern sich die Menschen für verschiedene Dinge und Orte. Sonst würden sie alle in der gleichen Region rumkrauchen. Und vielleicht kommt die Begeisterung für manche Regionen ja auch erst, wenn man sich für längere Zeit durch sie hindurchbewegt? Aber generell gebe ich Dir Recht: es gab zwar auch später noch reizvolle Abschnitte auf unserer Tour, aber der Gendarmenstieg war mit Abstand das Abwechslunsgreichste und Spannendste. Ich bin aber auch der Meinung, dass man die Dinge durchleben muss, um sich ein Urteil zu bilden. Wären wir nicht dort gewesen, könnten wir's nicht einschätzen.

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      • Sylvie
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        • 20.08.2015
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        #23
        Zitat von Ljungdalen Beitrag anzeigen
        OT:

        +1. Sieht aus wie bei mir "nebenan" (in MV). Also schon schön, sonst würde ich da nicht wohnen, und (Fahrrad-)Touren mache ich da - also bei mir - auch, aber einen ganzen Urlaub...? Muss schon *richtig anders* sein (Felsen - d.h. nicht nur Kreide oder sowas, (noch) menschenleer(er)...)


        Aber schöner Bericht, verfolge ihn mit Interesse. Vielen Dank.
        Tja, wer da wohnt, wo andere Urlaub machen, der hat natürlich andere Ansprüche. :-) Wir fanden schon toll, dass wir täglich das Meer sahen und als Innenstadtbewohner waren wir mit den wenigen Menschen, die wir gerade auf dieser Strecke trafen, auch ganz zufrieden.

        LG
        Sylvie

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        • Sylvie
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          • 20.08.2015
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          #24
          15. August 2021: Inselhüpfen I, nach AEro
          Die Nacht war für mich weniger prickelnd. Also schon bequem, aber geschlafen habe ich dennoch sehr wenig. Erst war ich stundenlang mit Schreiben beschäftigt, dann hab ich im Hüttchen ein nettes Buch entdeckt, mit dem man dänisch lernen konnte. Dann noch ein anderes nettes, das vom Gendarmenstien handelte. Auch mehrere Ausflüge auf’s WC ins Haupthaus standen auf meiner Agenda; ein jeder glich einer kleinen Nachtwanderung in absoluter Dunkelheit durch nassquackernde Wiesen. Und dann, das war das Seltsamste, bin ich halb sechs schon wieder von alleine aufgewacht. Gibt’s das denn? Ich stöber noch ein bisschen im Bildband über Dänemarks Ostseeküste und dämmer dann aber noch mal weg. Frühstück gibt’s später in einem der Hauptgebäude und endlich sehen wir mal die anderen Bewohner des Pilgerhofes. Manche von ihnen müssen lange schon unterwegs gewesen sein; oder intensiv. Sie scheinen mir sehr entrückt. Das Essen ist, wie wir vermuteten, wohlsortiert und wohlkalkuliert. Aber alles ist selbstgemacht, bio und oberlecker. Die selbstgebackenen Körnerbrötchen begeistern uns schwer. Dann packen wir unsere Siebensachen, wechseln noch 30 Worte mit unserem Gastgeber und düsen davon.


          Wir fahren zunächst ganz brav die vorgeschlagene Bike-Line-Route, es geht straßenbegleitend zurück nach Horuphav und dann in Kirke Horup mit einem scharfen Rechtsknick nach Osten und wieder in Richtung Meer. Der Weg ist asphaltiert und radelt sich fein. Generell ist das Radwegnetz in Dänemark extrem gut ausgebaut und auch hervorragend beschildert. Die meisten straßenbegleitenden Radwege sind durch dichte Hecken oder schmale Waldstreifen komplett von der Straße abgeschirmt. Sehr oft sind sie auch zur Feldseite hin (der Weg führt in diesen Gegenden häufig durch Felder) mit Hecken oder Baumstreifen bepflanzt, sodass man oft wie durch einen grünen Tunnel fährt. Der Vorteil ist: Man ist vor Wind geschützt. Der Nachteil: Man sieht nichts von der Gegend. Deshalb und weil die Bikeline-Route uns zu weit weg vom Meer nach Norden abknickt, verlassen wir die Strecke irgendwann wieder und suchen uns unseren eigenen Weg durch verschlafene Dörfchen und auch auf Feldwegen. Gegen Mittag endet diese Suche nach fahrbaren Küstenwegen an einer steilen Treppe, die direkt die Steilküste runter zum Strand führt. Hier können wir mit den Rädern nicht hinab; unser Weg endet also hier. Auch entlang der Steilküste gibt es hier keinen Weg und also müssen wir wenden.

          Bevor wir das tun, klettern wir aber kurz noch die Stiege runter an die See und überlegen, ob wir nicht kurz hineinspringen. Denn das Wetter – ich habe noch gar nicht übers Wetter gesprochen – ist heute ausgesprochen sonnig und warm. Unten angekommen dösen wir kurz in der Sonne rum, beschließen aber dann, doch nicht zu baden. Wir wollen heute nach Fynshav noch und die Fähre nach Aero kriegen; allzuviel Trödeln ist grade nicht angebracht. Also rauf auf die Räder und einen anderen Weg gesucht. Wir orgeln letztendlich auf einem kleinen Sträßchen parallel zur Küste entlang. Das Meer ist immer in Sichtweite und ich hab das Gefühl, wir fallen in einen Farbtopf aus gelb, grün und blau. Wunderschön.

          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 15 8 0.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,35 MB ID: 3087241
          Aber in Fynshav trübt sich der Himmel ein und es nieselt leicht. Ist aber längst noch kein Grund, die Regenjacken vorzukramen. Kurz vor dem Hafen geht es steil bergab, sodass wir die vielen Fährwilligen mit ihren Zwei- und Vierrädern schon von Weitem wie ein Wimmelbild betrachten können. Es ist ordentlich was los hier. Viel Fahrradvolk ist unterwegs, viele Deutsche zumal und alle sind irgendwie allgemein verwirrt, denn keiner weiß, was die Fähre kostet und wo man die Tickets kaufen kann. Es gibt hier zwar ein Ticketverkaufshäuschen, aber das ist augenscheinlich von der Konkurrenz; hier fahren offenbar verschiedene Linien. Die aufgeregten Deutschen huschen hin und her und versuchen immer mal den ein oder anderen Vertreter des Fährhafenpersonals, die man zuweilen durchs Gelände schlendern sieht, auszuquetschen. Doch die scheinen auch von der Konkurrenz oder zumindest nicht auskunftsfreudig zu sein. Sie meinen, man solle einfach warten bis die Fähre aus Aero kommend sich entleert hat und dann einsteigen. Das mit den Tickets löse man dann schon. Ja, aber hier gibt’s doch verschiedene Linien. Welche ist denn dann die nach Aero??? Für manche Deutsche ist das ein undenkbares Szenario. Alles plappert wild durcheinander, jeder fragt jeden, keiner weiß was.

          Wir ziehen uns etwas zurück aus diesem Plapperhaufen und Stefan findet dann irgendwo versteckt auf einem Plakat einen QR-Code, der ihn offenbar auf die richtige Seite führt wo man für diese Linie Tickets buchen kann. Das tut er und wir schwingen uns noch mal aufs Rad und fahren zurück in Richtung Ort. Wir haben noch anderthalb Stunden bis zur Abfahrt und ein nettes kleines Café, wo man gleichnamiges Heißgetränk schlürfen kann, gibt’s hier nicht, wie ich zuvor gehofft hatte. Also trecken wir diesen Berg wieder hinauf und finden alsbald einen Supermarkt mit einem winzigen Imbissbüdchen dran. Hier gibt es schlechten Kaffee für mich und nen pappigen Hotdog, aber die Küchlein, die Stef nebenan im Supermarkt besorgt hat, schmecken lecker. Wir setzen uns vor die Tür unter ein paar Linden und schwatzen mit einem Pärchen aus Bayern, das auch nach Aero rübermachen will. Sie fahren wie wir den Ostseeradweg, aber anders als wir, haben sie jedes Hotel vorgebucht und sind daher ständig in Sorge, ihre vorgeplanten Strecken zu schaffen. Wir reden solange die Zeit uns lässt über Räder, Strecken und Reisen und strampeln dann schnellstens zurück zum Hafen.

          Kurz bevor die Fähre ankommt, lernen wir Thomas kennen, ein Alleinradler, der sich wie wir, von Unterkunft zu Unterkunft durchschlägt. Er hat ne kleine Gitarre im Gepäck, aber ich sehe sofort, dass er nicht die klassische Richtung auf der Laute bedient. Woher weißt Du das, fragt er erstaunt. Deine Fingernägel, sag ich nur. Bei den Klassikern sind sie rechts lang und links kurz. Er nickt. Plektrum, meint er grinsend und wir müssen lachen. Dann reihen wir uns ein in die lange Schlange der Radfahrerhorde und der ganze Tross erobert das Boot.

          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 15 8 3.jpg Ansichten: 0 Größe: 4,83 MB ID: 3087239Die Überfahrt dauert eine Stunde. Das Wetter ist unruhig und unser Schiff schlingert sich tapfer durch halbwilde Wellen.

          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 15 8 4.jpg Ansichten: 0 Größe: 4,88 MB ID: 3087240
          Wir sitzen am Oberdeck an einem großen runden Tisch, trinken Kaffee und reden uns die Köpfe heiß über die aktuelle Coronalage. Das bayrische Pärchen und auch die anderen sind genau wie wir nach Dänemark gefahren, weil hier alles sehr viel entspannter und gelockerter zugeht als in Deutschland. Keine Tests, keine Masken nirgendwo, keine Abstandsregeln, keine Nachweispflichten. Ein Stückchen Normalität, das uns allesamt aufatmen lässt. Tagesfüllend könnten wir uns darüber auslassen, aber schon läuft das Schiff im Hafen von Soby ein und man kehrt uns von Deck.

          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 15 8 4b.jpg Ansichten: 0 Größe: 759,0 KB ID: 3087236Die wilde Horde stiebt auseinander; die meisten wollen heute noch bis Aerosköbing fahren, wo sie ihr Quartier gebucht haben. Sie nehmen die von Bikeline empfohlene Nordroute über die Insel. Nur dreie bleiben zurück: Thomas und wir. Wir entschließen uns kurzerhand, an der Südküste langzufahren.

          Aero ist winzig, etwa 30 Kilometer lang und sechse breit. 6000 Einwohner, 3 Hafenstädtchen, ein paar Dörfchen, viele Gehöfte. Hier gibt es nur wenige möblierte Übernachtungsmöglichkeiten und also suchen wir gar nicht erst lange, sondern wählen ziemlich sofort die unmöblierten. Wir nehmen das Zelt heute; Stefan frohlockt, ich eher weniger. Die meisten Nebenstraßen an Aeros Südküste sind wohlgeteert und einspurig. Autos gibt es kaum. Ideale Radfahrbedingungen.

          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 15 8 4a.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,67 MB ID: 3087237
          Wir verabschieden uns von Thomas, der noch ein bisschen am Hafen verweilen will und demmeln nach Süden bis zum Meer, dann verlassen wir auch die Teerstraßen und nehmen wieder die wilden Wege auf der Düne. Das Wetter ist nieselig-dieselig, aber nicht wirklich kalt. Nach ein paar Kilometern langsamem Sandgegurke wird uns das aber zu anstrengend und wir kehren erneut auf die Landstraße zurück. Und hier holt Thomas uns ein. Wir radeln ein bisschen zusammen, zu dritt nebeneinander und reden über viele Dinge. Ich bin immer wieder erstaunt, wie viel Persönliches zur Sprache kommt bei diesen kurzen Reisebegegnungen. Offenbar macht das der Weg mit uns. Er öffnet uns für die Landschaft und für die Schmerzen in unserem Körper; er öffnet unsere Sinne nach innen und nach außen; er öffnet uns zu uns selbst hin und auch zu anderen hin. Und viele sind ja auch unterwegs, um den Sinn zu sich selbst neu zu finden. Wenn man neugierig ist (so wie ich), dann erfährt man sehr viel über seine Reiseabschnittsgefährten, die einem, eben noch fremd, plötzlich vertraut vorkommen. Wir passieren verschlafene Höfe und suchen mit der Shelter App nach geeigneten Wildzeltplätzen.

          Und wir werden fündig. Irgendwo im Niemandsland zwischen zwei Gehöften, kurz vor Voderup, sagt uns die App sollen wir einfach nach rechts Richtung Meer abbiegen. Ein Platz, fast am Meer? Den wollen wir uns ansehen. Wir verabschieden uns ein zweites Mal von Thomas, denn der will noch ein bisschen weiterfahren. Wir aber schauen, wo das Weglein uns hinführt, den die App uns weist. Nach einem dunklen Mirabellentunnel kommen wir tatsächlich auf eine kleine Wiese, abgezäunt inmitten von Kuhweiden und Dünenwiesen. Es gibt eine Feuerstelle, zwei kleine Tische, ein Klohäuschen und sogar eine spartanische Dusche. Und es gibt einen grandiosen Blick weit über die Dünen aufs Meer. Zeltplatz mit Meerblick – hier bleiben wir.

          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 15 8 5.jpg Ansichten: 0 Größe: 5,94 MB ID: 3087238Stefan baut das Zelt auf, ich trage Packtaschen hierhin und dorthin, hänge Wäsche zum Trocknen auf, pflücke ein paar Mirabellen und koche erst mal Kaffee. Wir machen‘s uns in unseren Stühlen bequem und genießend schwatzend die Aussicht. Das Wetter ist etwas freundlicher jetzt; ab und zu grüßt uns die Sonne.

          Nach dem kleinen Imbiss schultern wir unsere Handtücher und zuckeln los Richtung Meer, uns den Schweiß von der Haut wellen. Über mehrere Trittleitern müssen wir klettern, um die verkrautete Dünenlandschaft zu erreichen, die hier offenbar gleichzeitig als Kuhweide genutzt wird. Ein deutsches Pärchen kommt uns entgegen. Ihr habt Euch den schönsten Platz weit und breit gesucht, schwärmen sie; es ist so schön nah am Meer und die Aussicht!

          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 15 8 6.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,77 MB ID: 3087212Sie selbst wohnen ganz in der Nähe bei einem Freund, sie kommen mehrmals im Jahr aus Hamburg hierher, um die Stille zu feiern. Na dann, auf geht’s zum Strand, wir wünschen uns was und trollen uns. Die Dünenlandschaft, mit hohem Gras und Buschwerk bestückt breitet sich hügelig vor uns aus. Wir laufen eine ganze Weile ehe wir in Meeresnähe gelangen. Aber ach – die Enttäuschung ist groß – hier können wir nirgends ans Wasser; überall dicke Elektrozäune und dahinter Abgründe von steilen Klippen. Selbst wenn die Zäune nicht wären, würden wir da nicht hinunterwollen. Das Pärchen, so schließen wir messerscharf, gehört offenbar nicht zur badenden Fraktion der Bevölkerung, sondern meinte mit der angepriesenen Meeresnähe wohl eher die schöne Sicht, die man zweifelsohne von den Klippen aus hat.

          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 15 8 7.jpg Ansichten: 0 Größe: 4,87 MB ID: 3087213Wir laufen die Küstenlinie lange in beide Richtungen ab. Nichts. Nirgends ein Treppchen oder Stieglein, das uns sicher hinunterführen könnte. Missmutig trotten wir zurück und gucken, was wir zu Essen finden in den Urgründen unserer Packtaschen.

          Dann kommt eine Wandertruppe aus den Dünen gerauscht. Drei junge Männer und ein Mädchen. Sie packen lärmend ihre Siebensachen aus und ich habe mal wieder ein Fernsehprogramm für den Abend. Aber nicht lange, der Himmel verdunkelt sich drastisch; die jungen Leute müssen federn, damit sie noch ihre Zelte aufgebaut kriegen. Auch wir haben zu tun, alles was rumliegt und -hängt einzusammeln und ins Zelt zu werfen. Kurz bevor die ersten schweren Tropfen fallen, kommt einer der Jungen zu uns rüber und lädt uns ein, unter ihr Tarp zu kommen. Es gibt dort mehr Platz zum Essen, meint er. Aber wir haben heute keine Lust mehr auf Menschen und lehnen dankend ab. Dann prasselt es auch schon gewaltig herab, mal wieder schüttet es wie aus Wannen. Stef zieht noch einmal die Spannleinen fest, dann schlüpfen wir glücklich ins Zelt. Zeltplatz mit Meerblick heißt eben auch: es gibt keinen Schutz vor Poseidons Atem. Die Zeltwände biegen sich gewaltig, während wir drinnen hocken und unser Knäckebrot mümmeln. Dazu gibt’s Salami, Käse und Mirabellen.

          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 15 8 8.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,31 MB ID: 3087211Stef kocht in der Apsis noch einen Tee, den wir, schon in den Schlafsäcken liegend, friedlich in uns reinschlürfen. Draußen geht grade die Welt unter. Es gewittert und stürmt die ganze Nacht. Wir aber liegen, wachsam zunächst, unterm schützenden Baldachin und lassen uns langsam vom Regen einlullen. Gottseidank haben wir das Zelt so aufgebaut, dass die Eingänge nicht Richtung Meer weisen. Auch nach mehreren Stunden schlimmsten Gedonners ist es noch nicht mit uns fortgeflogen. Da schlafen wir langsam ein. Ungewaschen ins Bett!, grummel ich kurz vor der Nachtschicht zu Stefan. Du solltest Dir viel mehr meinen Grundsatz zu eigen machen. Was ist Dein Grundsatz?, nuschelt er halb im Schlaf zurück. Zelte nur, wenn Du musst!
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          Zuletzt geändert von Sylvie; 30.10.2021, 15:25.

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          • oesine63
            Erfahren
            • 27.11.2013
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            #25
            Sylvie radelt wieder - wie schön . Habt ihr den Donauradweg von Passau auch schon "erledigt"? Ich meine mich zu erinnern, dass ihr den machen wolltet. Freue mich auf mehr!

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            • carolinenord
              Erfahren
              • 21.11.2009
              • 124
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              • Meine Reisen

              #26
              Danke für den tollen Bericht!
              Der dänische Ostseeradweg steht ganz oben auf meiner Radtourenwunschliste. Ist aufgrund von Corona und anderen Gründen dieses und letztes Jahr nichts geworden.
              ​​​​

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              • Flachlandtiroler
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                • 14.03.2003
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                • Meine Reisen

                #27
                OT:
                Zitat von Sylvie Beitrag anzeigen
                Und mit der Begeisterung ist es ja immer so ne Sache. Gottseidank begeistern sich die Menschen für verschiedene Dinge und Orte. Sonst würden sie alle in der gleichen Region rumkrauchen. Und vielleicht kommt die Begeisterung für manche Regionen ja auch erst, wenn man sich für längere Zeit durch sie hindurchbewegt? Aber generell gebe ich Dir Recht: es gab zwar auch später noch reizvolle Abschnitte auf unserer Tour, aber der Gendarmenstieg war mit Abstand das Abwechslunsgreichste und Spannendste. Ich bin aber auch der Meinung, dass man die Dinge durchleben muss, um sich ein Urteil zu bilden. Wären wir nicht dort gewesen, könnten wir's nicht einschätzen.
                Sehe ich ganz genauso. Hatte damals eine Woche und es war... eindrücklich.
                (Vielleicht hätte mir die Gegend auch mehr zugesagt, wenn wir so Kaiserwetter gehabt hätten wire auf Deinen Bildern.
                Aber selbst im beschaulichen Dänemark kann auch ganz schön garstiges Wetter erleben... )
                Meine Reisen (Karte)

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                • Sylvie
                  Erfahren
                  • 20.08.2015
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                  #28
                  Zitat von oesine63 Beitrag anzeigen
                  Sylvie radelt wieder - wie schön . Habt ihr den Donauradweg von Passau auch schon "erledigt"? Ich meine mich zu erinnern, dass ihr den machen wolltet. Freue mich auf mehr!
                  Hallo Oesine,
                  und wie schön erst, dass wir uns hier wiedersehen. Ich freue mich jedesmal, wenn ich Dich mit im Boot weiß. Donauradweg haben wir noch nicht "erledigt". Uns zog's mal wieder in den Norden dieses Jahr. Und ans Meer wollten wir. Und nicht ganz so weit reisen - also isses am Ende Dänemark geworden. Aber Passau-Budapest steht noch unverrückbar auf unserer Liste.

                  Bis denne
                  Sylvie

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                  • Sylvie
                    Erfahren
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                    #29
                    Zitat von carolinenord Beitrag anzeigen
                    Danke für den tollen Bericht!
                    Der dänische Ostseeradweg steht ganz oben auf meiner Radtourenwunschliste. Ist aufgrund von Corona und anderen Gründen dieses und letztes Jahr nichts geworden.
                    ​​​​
                    Danke Caroline,
                    freut mich, dass er Dir gefällt. Und ja.... Corona bzw. die entsprechenden Maßnahmen haben ja so ziemlich allen Menschen gehörig die Pläne durchkreuzt. Aber vielleicht klappt es bei Dir ja nächstes Jahr.

                    Ich drücke die Daumen
                    Sylvie

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                    • Sylvie
                      Erfahren
                      • 20.08.2015
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                      #30
                      Zitat von Flachlandtiroler Beitrag anzeigen
                      OT:
                      Sehe ich ganz genauso. Hatte damals eine Woche und es war... eindrücklich.
                      (Vielleicht hätte mir die Gegend auch mehr zugesagt, wenn wir so Kaiserwetter gehabt hätten wire auf Deinen Bildern.
                      Aber selbst im beschaulichen Dänemark kann auch ganz schön garstiges Wetter erleben... )
                      Nu ja.... Kaiserwetter ist auch ein ziemlich dehnbarer Begriff. Ich kann total verstehen, dass einem das Wetter gehörig den Optimismus vernebeln kann. Dann wird halt alles langweilig und grau...

                      So wie bei uns an manchen Tagen. Wart's ab!

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                      • Sylvie
                        Erfahren
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                        #31
                        16. August 21: Inselhüpfen II, Aero-Langeland
                        Am Morgen hat der Regen aufgehört. Na fein. Wir frühstücken ausgiebig, packen unsere Siebensachen, wünschen den Wandervögeln noch ne spannende Tour und düsen davon. Heute wollen wir nach Marstal, einem Ort am ganz östlichsten Zipfel der Insel. Von hier geht die Fähre nach Langeland. Bikeline schlägt indes was Anderes vor: Man solle von Aeronköbing erst mal Richtung Norden rüber nach Fünen fahren, dort nur ein winziges Streckchen bis Svendborg demmeln und von dort aus wieder zurück Richtung Süden übersetzen nach Langeland. Sehr viel später, auf dem Rückweg gewissermaßen und nach der Umrundung des Belts, würde man dann Svendborg (Fünen) ein zweites Mal passieren und sich fürderhin an die Umrundung des kleinen Belts machen. Man fährt also eine riesige Acht mit Svendborg als Scheitelpunkt der beiden Runden. Warum? Fragen wir uns und machen aus der Acht kurzerhand ne Eieruhr, indem wir gleich nach Langeland aufbrechen. Svendborg, vermuten wir, wird es verkraften, wenn wir es nur einmal und zwar auf dem Rückweg besuchen.


                        Wenn es eine Straße gäbe, die schräg-quer von der Südseite der Insel bis in den Nordosten führte, wir würden sie nehmen, aber es gibt diese Straße nicht. Wir können entweder erst ganz nach Osten fahren und uns dann nordwärts bewegen oder wir fahren erst nordwärts und biegen dann nach Osten ab. Beide Strecken sind etwa gleichlang, aber von hier aus gleich nordwärts geht's nach Aeronköbing. Die Bayern hatten uns von diesem Örtchen vorgeschwärmt, dass es recht hübsch und ansehnlich sei. Also fahren wir erst mal nach Aeronköbing und schauen uns das an. Die Insel ist nach wie vor wenig befahren, jedes Dörfchen träumt hier seinen eigenen Traum, der Himmel hängt tief und die Sonne schläft ebenfalls. Kurz vor Aeronköbing regnet es. Ein ordentlicher Landregen, nicht allzu heftig, aber auch kein Nieselregen mehr. Wir fahren nur kurz durch das Städtchen – es ist in der Tat zauberhaft, aber Lust zum Verweilen hätten wir nur bei besserem Wetter.

                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 16 8 1.jpg Ansichten: 0 Größe: 7,03 MB ID: 3088484
                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 16 8 2.jpg Ansichten: 0 Größe: 7,01 MB ID: 3088483
                        Mitten in der Stadt treffen wir Thomas wieder, freuen uns leis am Wiedersehen, fahren ein Stück mit ihm gemeinsam und nehmen dann ein drittes Mal Abschied von ihm. Das Pärchen aus Bayern sehen wir nicht noch mal. Kurz bevor wir die Stadt verlassen trascht es dann doch mit Nachdruck und wir wickeln uns ein in unsere Regenklamotten. Dann geht’s weiter, auf einem lieblichen Pfad an der Küste entlang, den wir kaum genießen, weil es einfach zu nass ist. Wir pausieren kurz an einem Shelterplatz und warten auf besseres Wetter.

                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 16 8 3.jpg Ansichten: 0 Größe: 8,67 MB ID: 3088486

                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 16 8 6.jpg Ansichten: 0 Größe: 6,60 MB ID: 3088482

                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 16 8 4.jpg Ansichten: 0 Größe: 8,44 MB ID: 3088487
                        Hier gibt es einen seltsamen Platz mit Pfahlschnitzereien

                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 16 8 5.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,09 MB ID: 3088481 Manche der Figuren muten fast futuristisch an.

                        Der Regen pausiert ein Zeitchen und wir machen uns feucht-trüb wieder auf den Weg. Auch von Marstal kriegen wir wenig mit, wir trudeln mit den Rädern durch enge menschenleere Gässchen über Kopfsteinpflaster und erreichen die Fähre kurz vor der Angst. Dürfen wir noch mit, fragen wir bang. Wir dürfen; eine freundliche Fährfrau winkt uns hinein. Was ist mit den Tickets, wo gibt’s die denn? Das klären wir später, meint die Dame, ich komme dann zu Euch. Easy, unkompliziert, sehr angenehm geben sich diese Dänen hier. Im Inneren des Expressbotes herrscht eher eine Art Zug-Atmosphäre. Viele Sitze, große Fenster, Ladebuchsen allerorten für die Handys. Und es ist warm und trocken. Ahhhh… wir atmen auf und machen’s uns bequem, hängen die nassen Sachen zum Trocknen auf die Lehnen und werden erstmals heute fröhlich. Ein Kaffee aus dem Automaten hebt meine Stimmung gänzlich in fast nette Höhen.

                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 16 8 7.jpg Ansichten: 0 Größe: 4,70 MB ID: 3088485Während wir auf die Fahrkartendame warten plaudern wir heiter über dieses und jenes – allein sie kommt nicht. Was soll uns jetzt das? Die Fähre legt schon am Hafen an. Auf dem Weg zum Autodeck treffen wir einen anderen Fährangestellten und fragen ihn, wie wir das Ticket bezahlen können. Aber der Typ winkt lachend ab: Ihr seid kostenlos gefahren, meint er. Wieso denn das?, wollen wir wissen. Naja, Ihr wart zu spät, um am Hafen Tickets zu kaufen, also haben wir Euch einfach so mitgenommen. Wie nett. Wir staunen wieder, wie unkompliziert das hier gehandhabt wird. Erst im Nachhinein erfahren wir, dass die Freifahrten zu den Corona-Sommermaßnahmen der dänischen Regierung gehören. Nicht alle Fährlinien haben davon Gebrauch gemacht.
                        Zuletzt geändert von Sylvie; 03.11.2021, 22:56.

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                          #32
                          Immer noch 16. August: Inselhüpfen III, Langeland-Lolland
                          An Langeland habe ich, außer dass es die ganze Zeit regnete, kaum weitere Erinnerungen. Wir fahren von Rudköbing bis Spodsbjerg, etwa 10 Kilometer, einmal quer über die Insel, wie durch einen Vorhang aus Regentropfen. Felder, ich glaube Felder gab’s wieder mal am Wegrand zu sehen, aber ganz sicher bin ich mir nicht mehr. In Spodsbjerg probieren wir das Spiel mit den Tickets noch mal. Aber es dauert noch, bis die Fähre ablegt; der Fährmann schickt uns zum Ticketschalter zurück. Nun gut, wir zahlen teures Geld für die Karte und entern das Schiff. Hier gibt’s ne Kantine und die plündern wir jetzt. Die Überfahrt über mürrische See dauert über ne Stunde.

                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 16 8 8.jpg Ansichten: 91 Größe: 4,98 MB ID: 3088496Wir snacken ein kleines Smörrebröd mit Kaffee und Bier. Dann gehen wir an Deck, die neue Insel begrüßen. Hier klart der Himmel etwas auf. Endlich. So viel schlechtes Wetter trübt selbst das sonnigste Gemüt ein.

                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 16 8 9.jpg Ansichten: 92 Größe: 4,41 MB ID: 3088497Heute gibt’s mal wieder ein Hotel, juchu. Stefan hat in Nakskov was gefunden und dorthin fliegen wir jetzt ein. Wir haben noch knapp 30 Kilometer, der Himmel blaut auf, es geht ein fürstlicher Wind, der hier wie verrückt über weite Felder braust. Wir durchstrampeln das tapfer; unterwegs spielen wir Raten-was-im-nächsten-Fenster-kommt; ein äußerst amüsantes Spiel, das vor allem Jenem hohe Punktzahlen bringt, der außer Lampen und Rosen was anderes anbietet.

                          Schon von weitem sehen wir Nakskovs riesige Kirche über den Dächern blinken. Aber die Einfahrt in die Stadt geht zunächst durch hässliches Hafengelände am Nakskov-Fjord, das uns wenig einladend mit Lagerhallen begrüßt. Irgendwann wandelt sich das Gelände und ich bin immer wieder fasziniert von diesen Übergängen, die uns mal schleichend, mal abrupt den Beginn der eigentlichen Stadt anzeigen. Hier in Nakskov geht das eher schleichend, die Hafengegend ist erst zaghaft, dann häufiger, immer mal mit einem Häuslein bestückt. Die werden irgendwann groß und viele und die Mole verschwindet. Schwupps sind wir mittendrin in der Stadt. Das Hotel Harmonien liegt ziemlich zentral am Rande der Fußgängerzone. Das Haus ist dunkelrot angemalt, innendrin in der Lobby strahlt uns verstaubter Charme von alten Ledercouchen entgegen. Die Damen des Hauses, blondgefärbt, rauchend und mit schlechten Zähnen, wirken verlebt und wenig gepflegt. Wie das ganze Haus übrigens. Auch das Zimmer ist meines Erachtens unterste Schublade, außer nem Bett (und nem Fernseher) gibt’s nichts darinnen, keine Nachtschränke, keine Stühle, das winzige Bad ist fensterlos und wenig durchdacht. Wir haben Mühe geeignete Trockenplätze für unsere nassen Sachen zu finden. Na gute Nacht Marie! Ich zetere ein bisschen rum, was Stefan sich da wieder hat aufschwatzen lassen, aber der zuckt nur mit den Schultern. Es gab nichts anderes, sagt er, und er hat recht damit.

                          Na, ist jetzt auch egal, die Sonne scheint und wir wollen uns die Stadt ansehen. Und Hunger haben wir auch. Also duschen wir flott und machen uns ausgehfein. Unten an der Rezeption offeriert man uns gleich, dass heute Grillabend ist im Hotel. All you can eat. Die gesamte Offerte wird so honigfreundlich, witzig und charmant an uns herangetragen, dass wir zusagen. In einer Stunde sind wir zurück versprechen wir lachend und die beiden verlotterten Damen schreiben uns grinsend in ihre Gästeliste.

                          Nakskov ist hübsch, aber ausgestorben. Obgleich es noch früher Abend ist, sieht man kaum Menschen auf den Straßen. Auch Läden und Restaurants gibt es wenige; die meisten haben bereits geschlossen.
                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 16 8 12.jpg Ansichten: 92 Größe: 2,81 MB ID: 3088493
                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 16 8 13.jpg Ansichten: 86 Größe: 7,05 MB ID: 3088500
                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 16 8 14.jpg Ansichten: 91 Größe: 1,19 MB ID: 3088495Wir schlendern ein bisschen herum und besehen uns die große Nikolaikirche. Auf dem Weg zur Kirche, ich hab mein Handy stets für Fotos gezückt, rennt mir eine Frau ins Bild und kommt dann plappernd auf mich zu: Ahhh Paparazzi ruft sie mir schallend entgegen. Aber nein nein… ich wollte doch nur die Kirche… Ich weiß, meint die Frau und lacht sich kaputt. Ich hab doch nur Spaß gemacht.

                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 16 8 10.jpg Ansichten: 86 Größe: 6,18 MB ID: 3088498Sowas passiert uns hier andauernd. Die Dänen haben einen glänzenden Sinn für Humor. Sie witzeln und scherzen in einer Tour, sie sind immer offen und freundlich, sie lachen viel und ihre Zunge klebt häufig locker am Gaumen. Wir bierernste Deutsche sind davon manchmal verunsichert. Naja… Datenschutz und so… man weiß ja nie… Herrgott, was haben die deutschen Reglementierungen uns schon in ein Korsett von bizarrer Steifigkeit gezwungen. Man sollte hier länger bleiben, um das wieder zu verlernen.

                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 16 8 11.jpg Ansichten: 91 Größe: 4,71 MB ID: 3088494
                          Wie so oft in nordischen Kirchen zieren Schiffe das Kirchenschiff

                          Nach dem Kirchenbesuch trudeln wir heimwärts zu All you can eat. Und was uns hier erwartet, haben wir nicht erwartet. Ganz am Gegensatz zum Rest des Hotels ist das Essen allererste Sahne. Draußen im Hof steht ein wahrer Metzgermeister mit riesigen Messern bewaffnet an einem übermenschlich großen Grill. Es gibt Fleisch aller Sorten und Arten, paniert, naturell, mit Soßen, ohne Soßen, mit Pilzen, Tomaten und Kartoffeln jedweder Machart. Und drinnen biegt sich ne riesige Tafel mit Salaten aller Arten und Sorten, mit Dips und Soßen, Nüssen und Croutons, sauer eingelegtem Allerlei, Obst und Süßspeisen – was für ein Paradies. Haben wir das verdient? Haben wir! Nach diesem hässlichen Regentag. Wir essen vorsichtig von diesem und jenem, eine solches Überangebot birgt die Gefahr des Überfressens, aber irgendwann treckt uns die Neugier doch noch dieses Küchlein und jenes Steaklein auf den Teller und das ganze artet aus in eine mittelschwere Schlemmerei. Naja, all you can eat eben – trotz der gehobenen Preise allerorten, hier haben sich die Dänen wahrlich nicht lumpen lassen. Wir verzehren von fast allem etwas, trinken dazu Bier und Irish Coffee und wanken dann nur noch ins Bett. Das miese Zimmer ist jetzt irgendwie gar nicht mehr wahrnehmbar. Wie sagten unsere Großmütter immer? Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen. Wir wissen jetzt auch, warum das Hotel Harmonien heißt.

                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 16 8 15.jpg Ansichten: 91 Größe: 5,24 MB ID: 3088499
                          Hier noch ein letzter Blick in den Hinterhof des Harmonien.
                          Zuletzt geändert von Sylvie; 10.11.2021, 22:45.

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                            17. August 2021: Wir fliegen mit dem Wind
                            Heute lacht uns die Sonne. Vorerst zumindest. Regen ist angesagt, aber noch stürmt es nur mittelprächtig. Nach dem Frühstück – auch das war wieder ausgesprochen gut im Hamonien – düsen wir los Richtung Südküste. Lolland ist größer als Aero und mächtiger sind auch die Felder. Sie füllen die Welt von hier bis zum Horizont. Der Wind, besonders wenn er von der Seite kommt, pustet uns streckenweise fast vom Rad. Ja, tobe Du nur, tobe, Du zorniger Sturm, wir halten kräftig dagegen und lassen uns gar nicht einschüchtern. Bikeline schickt uns heute um den Nakskovfjord herum wieder nach Westen, dann immer an der Küste entlang erst süd- und dann ostwärts. Wir klemmen uns die Ausbuchtung nach Westen und fahren von Nakskov aus ziemlich direkt nach Süden. Durch Felder, Felder, Felder – ganz Dänemark scheint hier nur aus Feldern zu bestehen. Ab und zu gibt’s beschauliche Orte, dann hat uns der Wind wieder ganz für sich.

                            In Maglehoj Strand stoßen wir auf ein wildes Meer und auf den Ostseeradweg. Der führt hier schnurgerade direkt an der Küste entlang.


                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 17 8 1.jpg Ansichten: 0 Größe: 6,49 MB ID: 3090354
                            Wir stehen ein bisschen staunend herum, dann schwingen wir uns auf die Sattel und semmeln los.

                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 17 8 2.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,58 MB ID: 3090352Der Wind kommt von hinten und pustet uns regelrecht durch die Landschaft. Hier fliegt man faktisch dahin. Normalerweise finde ich diese ewig langen Deichwege ja irgendwann langweilig, aber heute tobt direkt neben uns das Meer und ich kann ihm die ganze Zeit bei der Arbeit zusehen. Das wird mir niemals öde.

                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 17 8 3.jpg Ansichten: 0 Größe: 6,45 MB ID: 3090356
                            Hätte ich nicht den Gendarmenstieg jetzt und für immer zu meinem absoluten Lieblingsweg erklärt – dieser hier, obgleich so anders, könnte ihm glatt Konkurrenz machen.

                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 17 8 5.jpg Ansichten: 0 Größe: 7,61 MB ID: 3090357
                            Wir fliegen vorbei an kleinen Küstenwäldchen und ausgedehnten Ferienhaussiedlungen, die sich hier exklusiv direkt hinter die Düne brezeln.

                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 17 8 4.jpg Ansichten: 0 Größe: 7,07 MB ID: 3090355Ein Pärchen mit E-Bikes überholt uns; wir hatten sie schon im Harmonien getroffen. Wir bequatschen ein bisschen das Woher und Wohin, aber sie müssen federn, um ihr nächstes Etappenziel zu erreichen. Apropos, frage ich Stefan, wie und wo wollen wir eigentlich heute übernachten? Hm… der Tag ist noch jung, aber je weiter östlich wir kommen, umso dünner gesät sind die Gasthäuser. Wird also Zeit, mal zu schauen, was die Gegend im Osten der Insel so zu bieten hat.

                            Booking.com wird von den Dänen offenbar wenig genutzt, aber über Google Maps kann man auch ganz gut sehen, welche Unterkünfte gerade im Angebot sind. Die meisten haben eigene Webseiten, auf denen man aber leider nicht erfährt, ob noch was frei ist, geschweige denn selbst buchen kann. Also müssen wir anrufen. Das tun wir dann auch immer mal, wenn wir kurz pausieren.

                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 17 8 7.jpg Ansichten: 0 Größe: 8,21 MB ID: 3090359


                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 17 8 6.jpg Ansichten: 0 Größe: 5,81 MB ID: 3090353
                            Rosen im Sturm, direkt am Meer - ganz meine Kragenweite

                            In Rodbyhavn ist unser spannender Meeresschauweg leider zu Ende. Wir fahren scharf links Richtung Norden und gönnen uns in Rodby eine Pause in einem zauberhaften kleinen Cafe mit einer zauberhaft konfusen jungen Wirtin, die uns erzählt, dass sie erst seit einer Woche geöffnet hat. Wir helfen bei der Firmengründung kräftig mit und bestellen mehr als wir wollten: leckere Baigels und hinterher noch Kaffee und Kuchen. Während wir schlemmen entlädt sich die dunkle Wolkenfront, die uns den ganzen Tag schon begleitete in einem heftigen Guss.

                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 17 8 9.jpg Ansichten: 0 Größe: 6,44 MB ID: 3090361
                            Wir stellen die Räder schnell unter und essen dann gemütlich weiter. Und suchen nebenbei weiter nach Unterkünften. Die Wirtin kriegt das mit und entführt uns gleich in die obere Etage, wo sie bereits ein Gästezimmer vorbereitet hat. Das ist noch nicht offiziell am Start und wir müssen durch ihre eigene Wohnung und eine ziemlich chaotische Küche hindurch, um in die kleine Kammer zu gelangen. Gebt mir zwei Stunden, sagt die junge Frau, und ich werde aufräumen und aufräumen und aufräumen. Puh… was für ein Stress für dieses agile Persönchen! Stef ist nicht wohl bei dem Gedanken, durch ihr privates Reich zu laufen. Wir lehnen also dankend ab und schlendern noch mal durch die Stadt, denn Google hat uns die Präsenz eines Hotels ganz in der Nähe angezeigt.

                            Rodby ist, wie gestern schon Nakskov, eigentümlich menschenleer. Wo sind nur die Leute alle hin, die hier wohnen? Arbeiten die? Aber es gibt doch auch Kinder und alte Menschen, manche müssen doch mal einkaufen? Der Ort ist beschaulich und hübsch, nur eben arm an Menschen.

                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 17 8 8.jpg Ansichten: 0 Größe: 6,53 MB ID: 3090360
                            Das Hotel, das es geben soll, scheint nicht mehr zu existieren, allerdings ist im verramschten Schaufenster ne große Karte mit ner Telefonnummer drauf. Ich speicher die schon mal ein, will aber erst mal in der Kneipe nebenan fragen, ob man mir weiterhelfen kann. Seltsam, es gibt hier keine nennenswerten Restaurants und wenig Läden aber gleich zwei Kneipen in direkter Nachbarschaft. In beiden stehen riesige Billardtische und es wird geraucht, dass die Schwaden Tango tanzen. Boar, ein Raum, wo man noch richtig schmauchen kann. Ich komme mir richtig verwegen vor, als ich ihn betrete. Dabei habe ich früher an solchen Orten gelebt. Fast schon ein bisschen schüchtern wage ich mich vor zum Tresen. Viele Gestalten, Männer und Frauen gleichermaßen, sitzen mit glasigem Blick auf ihren Hockern und beäugen mich neugierig. Aber mein freundliches Hey lässt sie freundlich zurückgrüßen, bevor sie sich wieder ihren Gläsern zuwenden und mich nicht weiter beachten. Die in der ersten Kneipe schicken mich rüber zur zweiten. Ich frage die Wirtin nach dem Hotel. Ja…., hier gab es mal ein Hotel sagt sie langsam wie in Zeitlupe. Gibt’s da nicht ne Telefonnummer? Ich zücke mein Handy und sie ruft für mich an. Dann sagt sie schulterzuckend: Es gibt hier keine Hotels mehr, es gibt nur noch das hier – sie weist auf die trinkenden Menschen ringsrum. Und obgleich es nicht wirklich lustig ist, müssen wir beide lachen. Die durstigen Dänen prosten uns zustimmend zu.

                            Kaum hab ich die Kaschemme verlassen, klingelt mein Telefon. Eine Herbergsmutter, der ich heute Morgen auf den AB gesprochen hatte, meldet sich zurück. Nein leider ist sie auch schon voll, aber wir sollen es mal im Ebsens Hotel in Maribo versuchen. Ok, wir rufen dort an und haben Glück. Sein letztes Zimmer, sagt der Wirt, hält er für uns bereit. Prima! Also hopp hopp auf die Räder, wir haben für heute ein Ziel.

                            Das Wetter ist feucht-diesig, ab und zu nieselt es, der starke Sturm ist vorüber. Wir demmeln fröhlich und wieder mal anders, als Bikeline empfiehlt, auf ziemlich kürzestem Weg auf einer stillgelegten Bahnstrecke entlang, die sich von dichtem Buschwerk umgeben schnurgerade durch windstarke Felder zieht. Ab und zu sehen wir am Wegesrand alte Bahnstationen, die zu Wohnhäusern umgewidmet wurden. Maribo, 5000 Einwohner, hübsch, gepflegt und menschenleer, fläzt sich direkt ans Ufer des großen Söndersees und auch unser Hotel ist nur einen Steinwurf vom Ufer entfernt. Das Ebsens mutet von außen fast an wie ein bayrischer Landgasthof, weiß getünchte Wände, viele Geranien und ein großer Biergarten im Hof. Der Wirt, der für uns reserviert hat, begrüßt uns freundlich auf Deutsch und gibt uns sogleich die Schlüssel für nicht sein bestes Zimmer, aber das letzte, wie er uns mehrfach versichert. Nun denn: Wir ahnen schon, dass wir gespannt sein dürfen.

                            Im hinteren Trakt des Hauses ist es dann auch vorbei mit dem bayrischen Eindruck und wir schangeln uns mühsam mit unseren Taschen durch ein Labyrinth aus engen Gängen und gefühlt 50 Zimmern, alle auf unterschiedlichen Höhen, kleine Treppchen hier und dort – fast wie im Fuchsbau bei Harry Potters Weasley-Familie. Im Zimmer selbst staunen wir erst recht, alles ist windschief und schräg, die Armaturen hornalt, die Möbel fallen auseinander, der Boden rollt abschüssig in Richtung Fenster. Gottseidank haben die Betten keine Räder, sonst könnten wir hier fröhlich den kleinen Häwelmann spielen. Ich bin beeindruckt. Ich kann mir immer gar nicht vorstellen, dass man solche abgeranzten Hornsken (das ist der hallesche Begriff für armselige Bruchbuden) überhaupt noch irgendjemandem anbieten kann. Aber man kann, wie wir hier lernen. Irgendwie fühl ich mich stark in alte Zeiten zurückversetzt. Obwohl… ein Urlaub im runtergekommensten DDR-FDGB-Heim wäre hiergegen Luxus gewesen. Klo und Bad sind gemeinschaftlich zu nutzen und irgendwo übern Flur – also genauer gesagt über drei verschlungene Gänge, halbe Treppe hoch und wieder runter. Auch hier natürlich der arg verstaubte Charme von vor … keine Ahnung, 70 Jahren? Aber es gibt ne riesige Wanne in diesem Bad und die enter ich jetzt erst mal. Stefan geht joggen, ich schwimmen – so hat halt jeder sein Tun. Wir treffen uns alsbald frisch gestriegelt zum Essen.

                            Das Restaurant im Erdgeschoss ist knackevoll. Heute machen wir keine Experimente, vermutlich wird’s auch in diesem Ort nur sehr überschaubare Möglichkeiten geben, irgendwo ein warmes Abendessen herzukriegen. Also ordern wir kurzerhand den letzten Tisch - und hier sitzen wir nun, inmitten von lauten, lärmenden, lachenden Dänen. Bis das Essen kommt blättern wir eifrig im Bikeline und planen schon mal grob, wie’s weitergehen soll. Ein dänisches Bauarbeiter-Duo vom Tisch nebenan betrachtet das alles sehr interessiert und gibt uns dann Tipps zur weiteren Route. Das Essen kommt und es ist wieder mal außerordentlich gut, auch wenn mir der Kellner das falsche Gericht bringt, sich dafür vielfach entschuldigt, kein Problem, sag ich, ich habe sowieso Hunger und das hier schmeckt auch ganz vorzüglich – aber nein, seine Kellner-Ehre ist angekratzt und er übernimmt unsere Getränke. Ein Bier und ein Irish Coffee auf’s Haus – nun gut, wir fühlen uns etwas versöhnt mit dem nicht besten, aber dafür letzten Zimmer, was hier vermutlich in der Tat im Umkreis von 50 Kilometern noch zu haben gewesen ist.

                            Nach dem Essen schlendern wir noch ein bisschen runter zum See und wieder einmal durch menschenleere Gassen.

                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 17 8 10.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,22 MB ID: 3090358

                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 17 8 11.jpg Ansichten: 0 Größe: 6,51 MB ID: 3090362
                            Das Birgittenkloster in Maribo. Der ganze Ort entstand um das Kloster drumrum.

                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 17 8 12.jpg Ansichten: 0 Größe: 5,99 MB ID: 3090364
                            Oh, Du mein Dänemark! Was bist Du nur für ein seltsames Fleckchen Erde. Deine Straßen sind verwaist, aber voll sind die Kneipen. Deine Häuser sind allesamt zauberhaft, aber wo sind die Menschen, die diese Schmuckstücke bewohnen? Wir wissen es nicht und es bleibt uns ein Rätsel.

                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 17 8 13.jpg Ansichten: 0 Größe: 6,72 MB ID: 3090365
                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 17 8 14.jpg Ansichten: 0 Größe: 6,53 MB ID: 3090366
                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 17 8 15.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,52 MB ID: 3090363 Symphonie in blau, rot, gelb und grün. Welch tröstliche Farben zum Abend.

                            Die Betten im Ebsens – immerhin – sind gut und bequem. Und eigentlich braucht’s auch gar nicht viel mehr, sagen wir uns schon im Wegdämmern.
                            Zuletzt geändert von Sylvie; 12.11.2021, 16:28.

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                              Erfahren
                              • 20.08.2015
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                              #34
                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

Name: 18 8.jpg
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Größe: 5,21 MB
ID: 3093594
                              Zuletzt geändert von Sylvie; 22.11.2021, 00:05.

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                              • Sylvie
                                Erfahren
                                • 20.08.2015
                                • 361
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                                #35
                                18. August 2021: Inselhüpfen IV - von Maribo nach Marielyst
                                Heute werde ich mal meiner Rolle als Kultur-Attachée auf dieser Reise gerecht. Doch dazu später, erst mal müssen wir frühstücken und unsere Sachen zusammenpacken. Dann verabschieden wir uns herzlich vom Ebsens-Wirt, der uns nochmals beteuert, dass wir nicht sein bestes Zimmer gekriegt haben…. aber sein letztes, erwidern wir lachend. Und ja, Hauptsache das Bett war kuschlig, betonen wir höflich, wobei wir insgeheim vermuten, dass auch alle anderen Zimmer in diesem Haus nicht die besten, aber bestimmt immer die letzten sind. Der Wirt wünscht uns noch gutes Wetter und schickt uns winkend hinaus in die Welt. Besseres Wetter! Ja, das könnten wir brauchen. Der Himmel seufzt immer noch regenschwer und es windet gehörig. Wir fahren zunächst rechts am See entlang, denn ich habe dort ein Freilichtmuseum entdeckt. Das wollen wir uns ansehen. Ich liebe ja diese kleinen Hütten mit ihrem historischen Interieur, das ist wie IKEA im Mittelalter, sag ich zu Stef. Der nickt nur stumm und lässt das alles über sich ergehen.

                                Nach ein bisschen Sucherei finden wir das Museum, erstreiten kurz mit der Wärterin die Möglichkeit, unsere Räder drinnen abzustellen und durchschreiten dann staunend Hütte um Hütte, Schulgebäude und Stallungen.

                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 18 8 1.jpg Ansichten: 0 Größe: 7,09 MB ID: 3093601
                                Ein kapitaler Hahn stolziert hier erhaben durchs Gelände

                                Das Skansen ist klein aber fein, besonders spannend sind für mich die Erzählungen, die man von den einstigen Bewohnern dieser Häuser zusammengetragen hat.

                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 18 8 2.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,78 MB ID: 3093596 Die Schule

                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 18 8 4.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,66 MB ID: 3093599 ...und ein Vierseitenhof, der mich stark an die Höfe in der Puszta erinnert.

                                Die Hütten stammen zudem aus verschiedenen Epochen und Gebieten – sie wurden alle irgendwann als museumswürdig eingestuft, in ihrem Heimatdorf komplett abgebaut und hier in Maribo wieder aufgebaut. Skandinavische Museumskultur in Hochform – wir sind beeindruckt.

                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 18 8 6.jpg Ansichten: 0 Größe: 4,80 MB ID: 3093600

                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 18 8 3.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,83 MB ID: 3093598

                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 18 8 5.jpg Ansichten: 0 Größe: 4,75 MB ID: 3093597Ländliche Szenerie aus den 50-er Jahren

                                Alsbald schlüpfen wir wieder heraus und jetzt geht’s auf den eigentlichen Weg. Stefan sucht wie immer nach Alternativen zu Bikeline, aber so recht gelingt es ihm heute nicht. Immer wieder bremst er ab – meist vor Steigungen - um auf sein Handydisplay zu gucken. Ich, die ich hinter ihm fahre und nicht erahnen kann, dass er jetzt langsamer wird, komme regelmäßig ins Straucheln, weil ich so schnell nicht runterschalten kann, um dann den Anstieg zu bewältigen. Das nervt. Wir verfransen uns gehörig in einer dänischen Wohnsiedlung, die vor jeder größeren Straße mit kindersicheren Halbschranken umgeben ist. Schnell mal über den Fahrweg fahren ist hier nicht möglich. Nicht dass es hier viel Verkehr gäbe, auch dieses Gebiet scheint uns mehr tot als lebendig, aber immerhin sind wir vorhin an einer Schule vorbeigekommen und vom Hof her schlug uns lärmend ein buntes Gewimmel entgegen - es gibt hier also Menschen, stellen wir fast schon erleichtert fest. Für diese fröhlichen Kinder hier sind demnach die ganzen Halbschranken gemacht. Das ist löblich. Sehr löblich. Nur für uns mit unseren fetten Packtaschen wird das Durchschlängeln dieser Schranken jedes Mal zur Zitterpartie. Wobei ich die Erfahrung mache, dass ich linksrum irgendwie besser durchkomme als rechtsrum, aber das nur am Rande. Irgendwann bin ich von diesem Gegurke derart genervt, dass ich vorschlage, jetzt doch die Bikelineroute zu suchen. Das beschließen wir dann.

                                Nur müssen wir vorher noch, also nach der Siedlung, einen dunklen Buchenwald queren, dessen Wege sandig sind und teilweise zugewuchert. Anstrengende Fizzelarbeit. Ich schwitze und friere zugleich. Endlich stoßen wir hinter Saksköbing wieder auf die Route und auf kleineren, angenehm geteerten Straßen geht’s weiter. Von Gehöft zu Gehöft; die Gegend ist nicht sonderlich üppig besiedelt. An einer großen Brombeerhecke halten wir kurz um zu picknicken. Heute gibt’s unterwegs keine kleinen Cafés, wo wir in großem Luxus Hotdogs oder kleine Küchlein verspeisen können, also nehmen wir das, was wir finden: Brombeeren, Äpfel und Mirabellen. Dazu ein paar Salznüsse und netten Trinkjoghurt. Das muss reichen an einem trüben Tag wie heute. Nach dem Brombeerstopp spielt auch das Wetter hervorragend mit und wird seiner Rolle als Sinnenvertrüber vollends gerecht – es regnet mal wieder Bindfäden, wie heute den ganzen Tag schon immer mal. Wir passieren den Herrensitz Krenkerup, der einladend und sehr idyllisch an einem kleinen See liegt, leider aber vollends privat ist und somit nichts für unsere neugierigen Augen.

                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 18 8 7.jpg Ansichten: 0 Größe: 5,42 MB ID: 3093603
                                Aber gleich nebenan gibt’s die Krenkerup-Brauerei, wo man uns vollmundig auf riesigen Schildern einen Bierausschank verspricht. Wir fahren durch riesige Torbögen ins herrschaftliche Betriebsgelände aus Klinkersteinen und finden in der Tat einen winzigen Shop mit Straßenverkauf. Aber leider werden hier die Flaschen nur im Sixpack verkauft. Wir verweisen auf unsere prall gefüllten Packsäcke und ziehen unbehopft weiter.

                                Danach kommt ein ziemlich dröger Abschnitt, wo sich Maisfeld an Maisfeld reiht. Mais-Gehöft-Mais-Gehöft – das alles an ziemlich schnurgerader Straße – man hat überhaupt nicht das Gefühl, vorwärts zu kommen. Im Gegensatz zum Gendarmenstieg: hier kamen wir mit großer Sicherheit nur langsam voran, aber weil der sich ständig änderte, hatten wir dieses Gefühl nicht. Eigentlich ist es doch das, was uns Einstein erklären wollte mit seiner Relativitätstheorie. So rauschen wir sinnierend an Mais und Mais vorbei und endlich kommt Abwechslung: Zuckerrüben! Und ab und zu Weizen, falls noch nicht abgeerntet. Und dann die totale Abwechslung: Sundby, der nächste größere Ort. Wir fahren aber noch nicht sofort über den Guldborgsund auf die Halbinsel Falster, sondern wenden uns zunächst küstenbegleitend nach Norden ins Mittelalterzentrum, wo man mit experimenteller Archäologie die alten Gewerke betreibt. Hier kehren wir ein, denn das macht mich neugierig. Und heute gibt's ja mal Kultur, wie wir gestern beschlossen haben.

                                Leider sind wir etwas spät dran, es ist fast schon um drei, die Ritterspiele und andere Rummelplatzattraktionen sind bereits vorüber, aber wegen diesen sind wir auch nicht hergekommen. Immerhin bezahlen wir nur noch den halben Eintrittspreis und haben noch gut eine Stunde, um uns ein bisschen umzusehen. Drinnen tummelt sich viel Volk, was uns richtig seltsam vorkommt nach diesen menschenleeren Tagen. Das Mittelalterzentrum ist zugleich eine Stätte der Forschung und der Technologien. Hier werden die alten Gewerke nicht nur gezeigt, erforscht und entwickelt, sondern man lebt hier anscheinend auch komplett wie im Mittelalter. Wir schreiben das Jahr 1411, im Gasthaus, in der Schmiede, in allen Häusern herrscht reges Treiben, dennoch gehen die Uhren hier etwas gemächlicher, die Schausteller – oder eigentlich müsste man sagen die Bewohner des Dorfes – sind freundlich und nehmen sich viel Zeit für ihre Gäste.

                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 18 8 8.jpg Ansichten: 0 Größe: 7,76 MB ID: 3093604 Sehr viele Fotos haben wir nicht gemacht an diesem Tag. Unterwegs war's uns zu trübe und hier im Dorf waren wir ständig im Gespräch mit den Handwerkern

                                Eine alte Dame in einer Verkaufsbude zeigt uns, wie man ganz ohne Nadeln strickt. Sie erzählt uns, wie es hier zugeht. Manche Bewohner sind angestellt, andere arbeiten auf Honorarbasis, wieder andere sind arbeitslos und lernen hier als Umschulung ein Handwerk. Im Sommer, erklärt sie uns, kommen ganze Familien und leben hier eine Zeitlang, gewissermaßen als Urlaub. So ist das Dorf immer bevölkert und helfende Hände sind auch immer da. Sie spricht hervorragend deutsch und auf Nachfrage erklärt sie uns lachend, dass sie Deutsche ist, also Österreicherin. Früher war sie Lehrerin, kam einst mit ihrer Schulklasse hierher und seitdem wusste sie, dass sie als Rentnerin hier leben will. Und als die Zeit ran war - und ihre blauen Augen strahlen unter einem weißen Haarkranz hervor - habe ich dort alles aufgegeben und bin hier hoch in den Norden gezogen.

                                Im Nachbarhaus lebt ein Schriftgelehrter und Wappenzeichner, der uns erklärt, bei welchem Wetter man am besten die Holztafeln grundiert. Spannend wird es am Stand der Stoff-Färberin. Wir sehen Wespengallen (die gelb färben), Färberkrepp (macht rot), Kermesläuse (karminrot) und Indigo, ein zusammengepresstes blauschwarzes Pulver der Indigopflanze. In einem Eisenkessel hinter ihr brodelt es. Im Kupferkessel daneben nicht minder. Anderer Kessel, gleicher Farbstoff, anderes Farbergebnis erklärt uns die emsige Alchimistin. Sie ist gerade mächtig am Experimentieren. Wie färbt man grün?, wollen wir wissen. Oh, das ist nicht einfach, sagt sie. Man färbt zunächst gelb und dann blau darüber. Am schwersten zu färben ist tiefes schwarz. Erst blau, dann rot, dann lila. Schwarz muss man sich leisten können, stellt sie fest. Sie haben alles richtig gemacht, strahlt sie mich an. Sie haben sich einen sehr reichen Mann ausgesucht, zeigt sie schmunzelnd auf Stefan, der wie immer in schwarz unterwegs ist. Aber, fügt sie streng blickend hinzu: Sie müssen mal mit Ihrem Mann reden. Er soll Ihnen mal ein schönes Kleid kaufen. Es kann doch nicht sein, dass Sie die ganze Zeit in seiner Unterhose rumlaufen. Es gibt allgemeines Gelächter und ein prüfender Blick an mir herab, zeigt auch für mich: die Radhose schlackert mir weit an den Beinen herum; die Nähe zur Unterhose ist gar nicht weit hergeholt. Wir trennen uns lachend von dieser Witzkuller und besichtigen schnell noch die anderen Lokalitäten hier. Dann werden wir rausgefegt aus diesem wunderlichen Ort, was wir etwas bedauern.

                                Wir schwingen uns ziemlich lustlos aufs Rad, aber bisschen fahren müssen wir noch. Stef hat heute Morgen ein feines Hotel gebucht; das steht auf der nächsten Insel in Marielyst.


                                Fortsetzung bald.
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                                Zuletzt geändert von Sylvie; 02.12.2021, 00:04.

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                                • Karlsson
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                                  • 20.05.2021
                                  • 991
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                                  #36
                                  Vielen Dank für Deinen Bericht. Das Lesen macht mir großen Spaß + Freude!

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                                  • Sylvie
                                    Erfahren
                                    • 20.08.2015
                                    • 361
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                                    #37
                                    Danke sehr Karlsson. Ich schreibe gleich ein bisschen weiter.

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                                    • Sylvie
                                      Erfahren
                                      • 20.08.2015
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                                      #38
                                      Immer noch 18.8.2021: Nach Marielyst im Regen
                                      Wir trampeln also die fünf Kilometer wieder nach Sundby zurück, es regnet mal wieder und zwischendurch fegt uns der Wind in launischen Böen die Hüte vom Kopf. Also mir nicht, ich trage keinen. Aber Stefans Hut reißt es hoch in die Lüfte. Der rollt dann verloren die einsame Küstenstraße entlang. Und hinten tobt ewig das Meer. Es dauert ein ganzes Weilchen, ehe Stef seinen Flughut wieder einholt und ihn zerknüllt in die Tasche steckt. Immer wenn wir auf Brücken übers Meer fahren, weint hier der Himmel. Bisher gab's noch keine Ausnahme von dieser Regel. Mal wieder im Regen geht es über den Sund nach Nyköbing Falster. Von der Stadt, die recht hübsch sein soll, sehen wir wenig. Eine riesige Zuckerfabrik thront prominent am Eingang der Stadt, aber zu näheren Zentrumsbesichtigungen können wir uns bei dem Wetter nicht motivieren. Und außerdem haben wir „größeres“ vor. Stef ist der Meinung, dass unser Hotel in Marielyst, es ist ein edleres Gasthaus, bestimmt einen Coronatest von uns sehen will und deshalb will er sich testen lassen. Ich bin dieser Meinung nicht, aber falls es so ist, habe ich bei diesem Wetter natürlich auch keine Lust, die 20 Kilometer wieder zurück zu fahren nur für den Test.

                                      Anders als bei uns, gibt es hier in der Gegend nur wenige Testzentren und das eine hier in Nyköbing Falster befindet sich auch nicht im Stadtzentrum sondern etwas außerhalb im Gewerbegebiet. Wir durcheilen also auf kürzestem Weg die Stadt und melden uns an. Der Test findet in einer alten Werkshalle statt. Ein paar Krankenwagen stehen in der Gegend rum, es gibt wenige Menschen hier und noch weniger, die sich testen lassen wollen oder müssen. Die Halle ist der einzige Ort bisher, wo wir Masken tragen müssen. Die junge Frau, die das Prozedere vornimmt, kikelt mir so lange und so penetrant in der Nase herum, dass ich furchtbar niesen muss. Sorry, sag ich und ernte dafür einen Blick, der irgendwo zwischen biersauer und vernichtend rangiert. Wie geht es denn jetzt weiter?, frage ich sie. Wir kennen ja die Gepflogenheiten in Dänemark nicht. Wann und wie erfahren wir denn das Ergebnis? Die Frau sieht mich ziemlich lange scharf an. Unter der Plexiglasmaske hat sie noch eine zweite Maske auf und ich sehe nur ihre Augen, kann also nicht wirklich erkennen, was ihr Gesichtsausdruck mir sagen soll. Sie guckt und schweigt so lange, dass ich am Ende ganz unsicher werde und mich frage, ob ich irgendwas falsch gemacht habe. I... don’t ... know sagt sie dann ganz langsam und betont dabei jedes Wort. Das Ganze wirkt irgendwie bedrohlich auf mich. Ok, ok, ich winke ab. Ich sollte wohl keine weiteren Fragen stellen, wenn ich hier lebend rauskommen will.

                                      Verwirrt und immer noch niesend torkele ich aus dem Gebäude und warte auf Stef, der ebenso niesend die Halle verlässt. Wir sind verwundert. Das erste Mal sind wir in Dänemark auf einen Menschen gestoßen, der nicht locker und hilfsbereit und allgemein witzig drauf ist. Ein bisschen mehr Interesse an den allgemeinen Arbeitsabläufen hätte ich schon erwartet, wenn man einen soooo wichtigen Job ausübt, konstatiert Stef. Also so viel zumindest, dass man nem blöden Touristen erklären kann, wie die Regeln hier sind. Aber die Frage klärt sich rasch. Wir kriegen alsbald ne Nachricht aufs Handy, dass der Test eingegangen ist. Nach ner halben Stunde die zweite mit dem Ergebnis. Ein grünes lachendes Smiley. Na fein, dann kann’s ja jetzt endlich weitergehen nach Marielyst.

                                      Die letzten 15 Kilometer radeln wir absichtlich neben einer großen Straße. Der Bikelineradweg führt uns umweglich am Meer entlang – wir aber wollen nur noch ankommen. Das Wetter ist heute nicht unser Freund. Es regnet faktisch ohne Unterlass. Wir semmeln tapfer neben der Straße, mal halb im Wald, mal an Feldern entlang bis wir endlich in Marielyst einreiten. Der Ort ist eigentlich ne einzige Hotelanlage, aber keine Hochhäuser gottseidank, alles schmiegt sich als schmuckes Ressort einstöckig in die bucklige Dünenlandschaft. Ein kleiner Ort, freundlich, direkt am Meer, 700 Einwohner, aber 50.000 Touristen. Im Sommer zumindest. Selbst jetzt, bei strömendem Regen sieht man fröhliche Horden unter bunten Regenschirmen schnatternd durch die Ortschaft turnen.


                                      Im Hotel fragt uns kein Mensch nach dem Test. Wir schwatzen kurz mit dem Rezeptionisten und beziehen unser Zimmer, das wunderbar geschmackvoll eingerichtet und ein schöner Kontrast zur gestrigen Bruchbude ist. Nu ja, die Hotels sind hier wie das Wetter. Wechselhaft. Interessanterweise gibt’s aber wenig Unterschiede im Preis. Teuer sind sie alle, aber die Luxusdinger mit gefühlt doppelt so schönem Ambiente sind nicht wesentlich teurer als die urigen Hornsken aus dem 18. Jahrhundert. Wir duschen und schließen alle Geräte an den Strom. Das sind gar nicht so wenige: Wir haben meine E-Zigaretten, unsere Fitness-Uhren, alle Handys und die Powerbänke aufzuladen. Sobald wir irgendwo ein Hotelzimmer betreten geht der Run auf die Steckdosen los. Ach je, ach ja, was wären wir ohne unsere vielen kleinen stromfressenden Hilfsmittel? Nächstes Jahr wollen wir für längere Zeit nach Schweden. Bis dahin sollte ich mir das Dampfen abgewöhnen, sonst wird das alles nur stressig dort.

                                      Aber noch sind wir in Dänemark und bisher musste ich meine Powerbank zumindest noch nicht mit Muskelkraft aufladen. Aber auch das wird noch kommen, denn hier, ganz im Osten, auf Falster und später auf Mon gibt es weniger Herbergen, aber schneeweiße Strände. Und also mehr Urlauber. Hier ist so schön, sag ich zu Stefan. Wollen wir nicht einen Pausentag einlegen? Stef ist dafür aber der Wirt lehnt uns ab. Das Zimmer ist ab morgen wieder vergeben. Wir bedauern das und belohnen uns dann mit einem fürstlichen Mahl. Was für ein langer bewegter Tag! Das Essen ist auch hier wieder eher ungesund (wenig Gemüse) aber extrem lecker. Und teuer. Vermutlich sind die Pommes handgeschnitzt. Wir verspeisen das alles bis zum letzten Krümel, trinken noch dies und das dazu und fallen dann verzückt in unsere Federn.
                                      Zuletzt geändert von Sylvie; 29.11.2021, 23:43.

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                                      • Sylvie
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                                        • 20.08.2015
                                        • 361
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                                        #39
                                        19.8.2021: Abmatten in Marielyst
                                        Das Zimmer ist zwar zauberhaft, aber die Betten sind grottig schräg und viel zu weich. Ich kämpfe die ganze Nacht gegen eine übermannende Abschüssigkeit und gegen mein ständiges Bestreben herauszufallen. Auch meine Bettdecke kann der Gravitation nicht recht widerstehen und rutscht dauernd den Abhang hinunter. Ziemlich zermartert wache ich auf stelle unmissverständlich fest: Heute ist Pausentag. Wenn nicht hier, dann woanders. Nach einem sehr feinem Frühstück im Hotel (das ist wieder allererste Sahne) satteln wir unsere Pferde und radeln gemütlich Richtung Strand.

                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 19 8 1.jpg Ansichten: 0 Größe: 6,35 MB ID: 3096355
                                        Der Strand sieht hier so aus.

                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 19 8 2.jpg Ansichten: 0 Größe: 5,83 MB ID: 3096356
                                        ... und so.

                                        Hier gleich daneben geht auch der Radweg wieder weiter.

                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 19 8 3.jpg Ansichten: 0 Größe: 6,49 MB ID: 3096358

                                        Den zuckeln wir heute mal fröhlich entlang. Das Wetter ist milde, der Himmel zwar bedeckt, aber kein Regen peinigt uns heute und Sturm gibt es auch nicht. Wir sind’s zufrieden und schwatzen radelnd über unser seltsames Leben in diesen seltsamen Zeiten.

                                        Nach kurzer Zeit schon taucht er erste wilde Zeltplatz auf. Großflächig, mit mehreren von runden Buschwerk-Inseln getrennten Liegeflächen, mehreren Feuerstellen und hölzernen Tischgarnituren, eingeklemmt zwischen rauschenden Maisfeldern und dem Ostseeradweg. Und direkt dahinter das Meer.

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                                        Hier bleiben wir heute. Stef baut das Zelt auf, ich koche Kaffee.

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                                        Ein Bett am Corn-Feld....yeah!

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                                        Dann baden wir endlich auch mal in diesem Meer, das wir nun seit Tagen schon in allen Varianten kennenlernen durften. Nur aus der Fischperspektive haben wir’s noch nicht erlebt, das wird jetzt nachgeholt. Allerdings gibt’s hier Feuerquallen, die uns recht schnell wieder vertreiben aus dem Reich der Fische.

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                                        Danach tut ein jeder, wozu er geboren ist. Stef wuselt rum und ich schreibe. Während ich eifrig Zeile um Zeile generiere, holt er erst mal Wasser vom nächsten öffentlichen Zeltplatz, dann fährt er einkaufen in Marielyst, was in der entgegengesetzten Richtung liegt. Dann geht er joggen und endlich endlich kommen wir doch noch zu unserem Strandspaziergang, den wir heute noch machen wollten. Das Wetter ist noch schöner geworden. Ein frischer Wind weht die Regenwolken von der Küste fort und also regiert die Sonne. Wir staken lange lange durch diesen endlosen wunderbaren Sand und sind ganz eins mit uns und der Welt.

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                                        Der Strand ist menschenleer hier; nur ein paar Fischer stehen wie die Flamingos weit im Wasser draußen. Wir laufen bis zur nächsten Bucht und dann noch bis zur nächsten und noch ein Stückchen weiter, bis wir müde und satt sind.

                                        Als wir zurückkommen hat sich der Zeltplatz mit allerlei Volk gefüllt. Auch auf „unserer Wiese“ ist gerade ein Radfahrer angekommen. Micha aus Dresden, wir machen uns gleich erstmal miteinander bekannt. Micha steigt ab und besieht sich den ganzen Zeltplatz. Dann kommt er zurück und meint grinsend: „Also, Ihr habt Euch hier den besten Platz ausgesucht. Darf ich mich daneben stellen? Ich bin auch ganz leise.“ Ich lache laut auf. „Also… hm… ist ja schön, wenn Du ganz leise bist. Aber wir, musst Du wissen, sind ziemlich laut.“ Micha guckt bisschen verdutzt und ich lache noch lauter: „Na klar, kannste hier zelten Meiner! Immer heran an die gute Stube, willste ein Bier?“ And this is the beginning of a beautiful friendship…. Wir sitzen noch lange nach Mondenschein an einem winzigen Feuerlein und trinken und essen und reden. Und Micha ist uns ein angenehmer und sehr interessanter Gesprächspartner. Und so beschließen wir selig den Tag.

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                                        Zuletzt geändert von Sylvie; 02.12.2021, 00:01.

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                                        • Sylvie
                                          Erfahren
                                          • 20.08.2015
                                          • 361
                                          • Privat

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                                          #40
                                          20. August 2021: Inselhüpfen V und VI – über Bogo nach Mon
                                          Micha fährt auf dem N8 von Berlin nach Kopenhagen. Seine Route macht einen Abstecher auf die Insel Mon, die auch das unsrige Ziel ist. Also beschließen wir, ein Stück des Weges zusammen zu fahren. Heute lacht uns die Sonne (vorerst zumindest) und es geht jetzt an den östlichsten Punkt unserer Reise, nach Mon – jene Insel, von der man uns unterwegs immer wieder zuraunte, wie schön sie doch sei. Wir sind gespannt und frühstücken eilig, packen alles zusammen und fahren voll Übermut los.

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                                          Blick zurück, wir warten auf Stefan, der kurz nach dem Start wieder mal Brombeeren entdeckt hat...

                                          Am nächsten offiziellen Zeltplatz schnell noch die Flaschen gefüllt und weiter geht’s, bald durch herrlichen Wald nahe am Meeresrauschen. Ein bisschen Kultur steht heute auch auf der Agenda. Wir besuchen zuerst den Park von Schloss Corselitze, wo man uns üppige Rosen und holzige Skulpturen verspricht.


                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 20 8 2.jpg Ansichten: 0 Größe: 7,01 MB ID: 3096515
                                          Allein, die Rosen sind verblüht und die Skulpturen hat man wohl weggeräumt, damit der Rasenmäher besser durchkommt. Wir durchstreifen ein bisschen den ansonsten recht ansehnlichen Park und ziehen hernach von dannen.

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                                          Inzwischen hat sich der Himmel deutlich verdunkelt, frisch weht uns der Wind ins Gesicht und immer mal nieselt es. Ich ziehe erst meine Windjacke an, dann tausche ich das T-Shirt gegen einen Pullover, dann die Windjacke gegen meine Fließjacke. So hangle ich mich durch den Tag. Auf die Regenjacke greife ich nur zurück, wenn’s richtig jirscht (hallisch für regnen), weil diese nicht wirklich atmungsaktiv ist und ich irgendwann innen dann auch nur nass bin. Micha rauscht uns sehr schnell vorneweg, wir kommen mächtig ins Schwitzen und beschließen alsdann, dass das nicht unser Reisetempo ist. Das nächste Kulturhighlight – die Hügelgräber von Halskov Vaenge – wollen wir uns aber noch zusammen ansehen, bevor wir dann vorerst getrennt weiterfahren. Auch die Hügelgräber sind unseres Erachtens eher unspektakulär (ein Archäologe würde das sicher anders sehen); sie kuschen sich schüchtern als kleine und größere Hügelchen, manchmal mit Steinen bekrönt, in einen dichten Buchenwald ein.

                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 20 8 4.jpg Ansichten: 0 Größe: 6,52 MB ID: 3096513
                                          Damit es nicht allzu langweilig wird, hat man noch ein paar Ponys im Wald abgeladen – glauben wir zumindest zunächst. Erst später erfahren wir, dass das wahrscheinlich eine von Dänemarks Wildpferdherden war, die wir im dichten Blattwerk beobachten durften. Wir durchstreifen ein bisschen die Gegend und der verwilderte Wald mit den verwilderten Pferden verfehlt dennoch seine Wirkung nicht. Mir zumindest kommt er märchenhaft geheimnisvoll und fast atmosphärisch vor – aber ich bin mir nicht sicher, ob die Männer das auch so sehen. Nach diesem Ausflug ins Schattenreich verabschieden wir uns von Micha. Auf dem ersten Zeltplatz in Mon, in Harbolle Havn wollen wir uns heute Abend wiedersehen. Das ist der lose Plan. Aber Micha soll schon mal nen guten Platz für uns dreie finden, scherzen wir noch im Abschiedsgeplänkel. Mal gucken, ob dieser Plan aufgeht.

                                          Micha rast los, wir aber zuckeln gemütlich hinterher und verlassen mal wieder den Bikeline-Weg Richtung Küste. Es gibt ein Restaurant hier am Steilufer, das heißt Pomle Nakke Traktorsted, dort wollen wir hin. Das Gasthaus scheint irgendwie beliebt oder berühmt zu sein, denn lange bevor wir es erreichen, parken hier Autos in endlosen Schlangen am Straßenrand mitten im Wald. Das Haus liegt idyllisch direkt an der Steilküste und man isst hier stilvoll mit einem herrlichen Blick auf die See. Hier oben, dem Himmel so nah, herrscht ein fast hektisches Gästegetümmel. Wir, die wir nur einen Kaffee wollten, beschließen, an dieser Stätte nicht einzukehren. Stattdessen stellen wir unsere Stühle ein stückweit entfernt an den Abgrund und genießen die Sicht auf ein flaschengrünes und sehr ruhiges Meer heute.

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                                          Ah… Mittagspause, Zeit für ein paar Nüsse und Haferkekse. Was kanns uns doch gut gehen auf dieser Welt. Bald fängt es wieder zu nieseln an, was wir ziemlich bedauern, denn der Moment und die Sicht und die Stimmung hier waren so schön und voller Harmonie und Zuversicht, dass uns der Aufbruch wirklich schwerfällt. Aber wir wollen ja noch nach Mon heute kommen und vorher müssen wir mit der Fähre auf die winzige Insel Bogo, weil es gibt keine direkte Fährverbindung zur Monschen Zauberinsel mit den berühmten Kreidefelsen. Und ehe wir hier im Sitzen nass werden, können wir auch im Fahren nass werden.

                                          Also packen wir die Stühle wieder ein und treten in die Pedale, zunächst durch ewige Buchenwälder, später dann wieder sehr küstennah durch eher landwirtschaftlich geprägtes Gelände. Der Regen hat sich inzwischen einen ordentlichen Sprüh zugelegt, die historischen Fischerkaten von Hesnaes, die sogar an den Wänden mit Reet verkleidet sind, erkennen wir nur durch feinsten Regenschleiernebel. Inzwischen hab ich den 3. Pullover an und das Fließ gegen die Regenjacke getauscht. Die Regenschürzen rauszukramen, sind wir aber zu faul. Es kommen bald wieder dichte Wälder, wir hoffen einfach, dass es hier ein bisschen geschützter ist. Und in der Tat: der dunkle Baldachin aus wispernden Blättern hält uns das Wasser vom Leibe. Das Wetter zerrt gewaltig an unserer Motivation; wir rasten kurz am Wegesrand, ganz dicht an den Baumstämmen dran im Buchen-Regenschatten – und hopp sind wir eingeschlafen. Ein Powernap im Straßengraben, zwei müde Abenteurer halbliegend im Dreck – was für ein Bild! Halb im Erwachen sehen wir, wie ein paar Spaziergänger uns im Vorübergehen leise belächeln. Aber danach geht’s uns besser und jetzt nieselt es auch wieder nur noch. Na immerhin. In Naesgard kürzen wir den Küstenweg ab und fahren einmal quer durchs Land bis nach Stubbeköbing, wo wir die Fähre nach Bogo zu nehmen gedenken.
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                                          Zuletzt geändert von Sylvie; 02.12.2021, 02:40.

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