[NO] Leicht (und lecker!) auf Tour im Saltfjellet-Svartisen und Børgefjell NP

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  • Borgman
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    • 22.05.2016
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    • Meine Reisen

    #81
    Donnerstag, 26. August

    Im fahlen Licht des frühen Morgens flattert das Zelt nur noch leicht, als ich aufwache. Hab ich also doch ein paar Stunden geschlafen. Zutraulich schmiegt sich das schlaffe Außenzelt an meinen Schlafsack, der ohne Widerstand alles Kondenswasser aufsaugt. Den muss ich heute unbedingt trocken kriegen. Nachdem der Stock wieder auf normale Länge gestellt ist und das Zelt sich reckt und streckt, wage ich einen Blick nach draußen. Sieht gut aus, zum Glück. Paar Wolken am Himmel, kein Nebel, keine Böen mehr, stattdessen stetiger Ostwind bei 2°C. Ich fühle mich nicht unbedingt ausgeruht, aber unternehmungslustig. Also los. Kaffee kochen, packen, Aufbruch viertel vor acht.



    See 884m

    Am See 884m entlang laufe ich ins Lotterdal. Breit und freundlich zieht es sich nach Süden und scheint irgendwie auf mich zu warten. Oder vielleicht nicht speziell auf mich, aber es sieht einladend aus. Komm und lass es dir wohl ergehen hier, Wanderer.




    Lotterdalen

    Auf den ersten Kilometern ist das Gelände noch nass und etwas steinig, aber je weiter ich gehe, umso besser wird es. Beerenbewachsene Hügel, trockene Wiesen, ein munterer Bach in der Mitte … Sonne! Vielleicht kann ich sogar bald Mütze und Handschuhe ausziehen, noch weht der Wind zu kalt. Nach dem ungemütlichen Tag gestern ist das aber nur ein sehr kleiner Wermutstropfen, eigentlich nicht erwähnenswert. Ich bin gut gelaunt und mache viele Fotos. Alles erscheint mir in diesem Tal, an diesem Morgen besonders anmutig: Formen, Farben, die vorbeiziehenden Rentiere, Wollgras, Farn und sogar die Krähenbeeren.


    Blick auf Orvassdalen mit Getsvatnet und Orvatnet


















    Orvassdalen



    Nach knapp zwei Stunden die ersten Birken. Natürlich sind es besonders anmutige Birken, doch das soll sich bald ändern, denn ganz allmählich komme ich hinunter ins Orvassdal. Ein geschütztes Paradies für Birken, die sich hier dicht an dicht drängeln, aber weniger für den Wanderer, der es einfach nur queren will. Wo immer möglich, halte ich mich an die Moore. Im Moor geht es für kurze Zeit gut voran, bis es am nächsten Birkenwald … am nächsten Birkendickicht … endet. Manchmal finde ich Wildwechsel in meine Richtung, oft genug nicht. Oder ich folge einem Tierpfad, der dann am Hang nach Westen schwenkt, folge ihm noch ein Stück, in der Hoffnung, er möge sich wieder talwärts wenden, was er nicht tut, und schlage mich dann doch wieder durchs Unterholz. Das war dann einfach nur ein unnötiger Umweg. Weiter unten gibt es mehr Moor, aber auch das allseits beliebte Silberweidendickicht. Vom Regen in die Traufe. Plötzlich stehe ich vor dem Fluss, Orvasselva. Paar hundert Meter westlich der Einmündung der Lotterelva. Uff … wird aber auch Zeit.


    Moor ist gut …


    bis es endet


    Da noch durch … Silberweiden


    Lotterelva


    Orvasselva

    Die sieht hier recht tief aus, aber ich habe ganz bestimmt keine Lust, so lange am Ufer entlangzugehen, bis ich eine bessere Furtstelle finde. Es ist halb elf, Frühstück gibt es erst auf der anderen Seite. Hose hochkrempeln wird hier nicht reichen. Na ja, es geht dann doch ganz gut, inklusive Unterbodenwäsche, soll heißen knapp hüfttief. Glücklich auf der anderen Seite finde ich nach kurzer Suche einen passenden Platz für die erste Pause im Birkenwald und trockene Unterwäsche im Rucksack. Alles Nasse darf über die Zweige gebreitet trocknen. Birken sind doch ungemein praktisch.

    Nach ausgiebiger Körperpflege (ja, Fjellfex, auch mit Rasur), fühle ich mich so richtig gründlich wohl. Schön dieses üppige Tal, wirklich sehr, sehr schön.



    Ohne weitere Umstände geht es um 13:00 Uhr gleich hier den Hang hoch. Egal wie, nur raus aus dem Wald. Wie auf der Nordseite muss man auch hier auf der Südseite einfach gucken, wo die Birken weniger dicht wachsen und später den Kurs korrigieren. Kommt mir hier einfacher vor, aber vielleicht bin ich auch nur ausgeruhter. Der Blick von hier über den Fluss zum Lotterdal ist auf jeden Fall großartig. Getsklumpen heißt dieser Berg, und ich will mitten drüber. Dafür muss ich oberhalb der Waldzone ein bisschen weiter nach Süden gehen und den felsigen Ausläufer des westlichen Gipfels übersteigen. Von oben hat man einen weiten Blick über den Namsvatn.


    Orvassdalen


    Blick über Orvassdalen zum Lotterdal


    Kann man Moltebeeren eigentlich auch in s/w fotografieren?


    Ja, ich finde, es geht


    Unteres Lotterdalen


    Namsvatnet Nordbucht


    Namsvatnet


    Letzter Blick auf das Lotterdal

    Dann komme ich in ein kleines Hochtal, das sich von NO nach SW über den Getsklump zieht. Für eine kurze Pause nach dem Aufstieg weht der Ostwind hier leider zu frisch, also laufe ich gleich weiter. Auf der Südseite geht es genau so einfach wieder runter. Ich versuche, so gut wie möglich die Richtung zu halten und peile den mittleren Måarenjaevrie (Beinvatn) mit der Höhe 690m an.


    Getsklumpen-Hochtal


    Zu windig für eine Pause


    Neugierige Rentiere


    Hochtal




    Beinvassdalen




    Blick nach Westen zum Namsvatn

    Weiter unten mache ich eine gute Stunde Pause in der Strauchzone, windgeschützt und sonnig. So kann man es aushalten. Trotz wenig Schlaf bin ich heute richtig gut drauf, nur die Beine werden allmählich müde.

    Man hat es von oben schon gesehen: vor dem mittleren Beinvatn muss eine nasse, sehr nasse Ebene durchquert werden. Die ist dann tatsächlich unangenehm, aber auch nicht so groß. Bald stehe ich vor dem Bach, der als hübscher Wasserfall aus meinem angepeilten See herausfließt.





    Blick zurück: Getsklumpen und nasse Ebene


    Beinvatnet 690m, Blick nach Süden, in meine Laufrichtung

    Dieser See ist wirklich wunderschön. Einzelne Birken, Beeren- und Strauchheide, kleine Sandstrände und Moore fügen sich hier zu einer besonders harmonischen Landschaft, die mich berührt. Auf einem Tierpfad laufe ich gegen den Uhrzeigersinn um den See herum, die Seite sieht mir weniger nass aus, und entdecke dabei eine oder zwei Feuerstellen. Erst jetzt fällt mir auf, dass es seit den Hütten am Store Kjukkelvatn keinerlei menschliche Spuren irgendwelcher Art gab. Die Route bis hier wird wohl nur sehr selten begangen.





    Nur wenige Meter hinter diesem See komme ich zum oberen Måarenjaevrie oder Beinvatn, an dem ich ebenfalls westlich entlang laufe. Hier ist das Ufer etwas nasser. Allmählich halte ich auch die Augen offen nach möglichen Übernachtungsplätzen, überquere am Südwestende noch den Zulauf … eigentlich sieht hier alles zu feucht und krautig aus … und stehe plötzlich mitten auf dem perfekten Zeltgelände. Herrlich! Eine reiche Auswahl ebener Stellen, offen mit Blick über den See oder geschützt unter Birken. Mir ist heute der geschützte Platz lieber, als Kontrast zu gestern. Glücklich stelle ich das Zelt auf, wasche mich kurz und genieße ein gepflegtes Heißgetränk in der späten Nachmittagssonne. Mit Vogelgesang und allem drum und dran ... wie man sich eben den perfekten Abend in der Wildnis vorstellt. Fühle mich sauwohl.


    Beinvatnet 694m




    Perfekter Zeltplatz am oberen Beinvatn
    Zuletzt geändert von Borgman; 09.10.2021, 07:09.

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    • Fjellfex
      Fuchs
      • 02.09.2016
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      • Meine Reisen

      #82
      Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
      Nach ausgiebiger Körperpflege (ja, Fjellfex, auch mit Rasur)
      Von einem Fjell-Gentleman wie dir habe ich nichts anderes erwartet!

      Die s/w-Moltebeere will mich gar nicht anlachen; die überlasse ich dir und nehme lieber die farbige.

      Und klasse, mal endlich was über die Gegend rund ums Orvassdalen lesen zu können! Selbst bei einschlägigen norwegischen Tourenportalen ist das ziemliche terra incognita.

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      • Borgman
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        • 22.05.2016
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        • Meine Reisen

        #83
        Ja, das war auch ein Grund, warum mich diese Route so gereizt hat - von der Gegend hört oder liest man fast nie was. Um die Lücke zu schließen, und damit Andere das Wandergelände besser einschätzen können, habe ich im Zweifelsfall lieber ein Foto mehr als zu wenig mit reingenommen. Hier noch mal der Link zum Album, wo man sich die Bilder für mehr Details mit zwei Vergrößerungsstufen in Originalgröße anschauen kann:

        https://www.flickr.com/photos/144877...57719867318946

        (Und natürlich gebe ich Dir Recht, nur die farbige Moltebeere sieht lecker aus. Mir ging es eher um die Frage, ob man in dem wuseligen Gras und Kraut (denkbar ungeeignet für s/w) überhaupt ein halbwegs ausdrucksvolles Foto hinbekommt. Schwierig ... man darf geteilter Meinung sein )

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        • Fjellfex
          Fuchs
          • 02.09.2016
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          • Meine Reisen

          #84
          Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
          Ja, das war auch ein Grund, warum mich diese Route so gereizt hat - von der Gegend hört oder liest man fast nie was.
          Das Orvassdalen war mir eigentlich nur von "Jens i villmarka" im norwegischen Fernsehen vertraut. So schön das Tal ist - die Geländebeschaffenheit zum Wandern wird von Jens da als "møkkadritt" bezeichnet... und von dir in gewisser Weise bestätigt. Vielleicht sind deshalb ja so wenige dort unterwegs.

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          • Borgman
            Dauerbesucher
            • 22.05.2016
            • 795
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            • Meine Reisen

            #85
            Ja genau … Jens Kvernmo hatte sowieso einen Hammertag mit Bamse und Tarzan, weil er es unbedingt rechtzeitig zum kalvmerking am Südostende vom Orvatnet schaffen wollte. Vom Gaukarvatn! Og dit er det ganske langt (ab Minute 11:30). Im Wald (ab 15:00) machte er einen reichlich erschöpften Eindruck. Habe den Link noch mal rausgesucht (lohnt sich):

            https://tv.nrk.no/serie/jens-i-villm...de/6/avspiller

            Ganz genau konnte ich nicht erkennen, wo sich unsere Routen kreuzen oder vielleicht ein Stück parallel gehen, aber man sieht in der Episode auf jeden Fall schön was vom Børgefjell.

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            • Borgman
              Dauerbesucher
              • 22.05.2016
              • 795
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              • Meine Reisen

              #86
              Freitag, 27. August

              An diesem Wohlfühl-Platz konnte ich endlich mal wieder richtig gut schlafen. Nach den zwei wegen Wind kaum erholsamen Nächten war das auch dringend nötig. Gar nicht mal so sehr in körperlicher Hinsicht, ich komme zur Not auch eine Woche mit sehr wenig Schlaf aus, aber in seelischer.

              Heute ist es mit 5°C sogar einen Tick wärmer als gestern Abend, also logischerweise kein Kondenswasser am Zelt, und das gewaschene T-Shirt ist auch über Nacht getrocknet. Bedeckter Himmel, leichter Südostwind. Ich möchte den schönen Platz noch ein Weilchen ausnutzen, bevor ich ihn verlasse. Nichts drängt mich. Für die grob geschätzt 45 Wanderkilometer bis Namsskogan, je nach Gelände ein paar mehr oder weniger, bleiben mir drei volle Tage. Sollte das Wetter schlechter werden, könnte ich auch nach Røyrvik laufen, Sonntag den Bus bis Grøndalselv und von Lassemoen den Abendzug nach Namssogan nehmen. Nicht sehr elegant, aber ein Notnagel. Es gibt also überhaupt noch keinen Grund für einen Plan.




              So sieht mein Frühstück aus, und praktischerweise ist auf dem Foto auch mein neuer Kocher zu sehen, mit dem ich soweit sehr zufrieden bin. Toaks Siphon mit dem einfachen Topfstand aus Draht. Gegenüber dem Trangia ist er nicht nur viel leichter, sondern hat noch andere Vorteile. Die Löcher am oberen Rand sind nach innen gerichtet, wodurch meiner Meinung nach weniger Wärme verloren geht, wenn ein schmaler, hoher Titantopf drauf steht. Titan als Topfmaterial (anders bei Tassen) ist eigentlich Quatsch, weil es so schlecht Wärme leitet. Hatte früher mal einen für eine Tour benutzt und danach wieder verschenkt. Aber mit dem Toaks-Brenner funktioniert es ganz gut. Außerdem zündet dieser bei kühlen Temperaturen etwas besser als der Trangia. Was ich für einen Nachteil hielt, nämlich dass man wegen des fehlenden Deckels nur so viel Spiritus einfüllen sollte wie man tatsächlich braucht (Zurückgießen ist eine Kleckerei), spielt überhaupt keine Rolle. Das hat man sehr schnell im Gefühl. Dadurch verbrauche ich nicht mehr Spiritus als früher, eher sogar etwas weniger. Der Topfstand ist bei unebenem Boden oder auf Pflanzendecke natürlich wackelig, da werde ich mir noch einen stabileren zulegen. Mit so einem guten Kochstein wie auf dem Foto ist es zwar überhaupt kein Problem, nur findet man die nicht überall.


              Måarenjaevrie 694m

              Nach einem kleinen Morgenspaziergang frühstücke ich in Ruhe und gehe um neun los. Zuerst mal hier am Bach hoch bis zum See 755m, dann immer weiter über den flachen Sattel zwischen Rööpse/Raudfjellet und dem Berg 932m. Alles ziemlich einfach. Am höchsten Punkt überschreite ich die Nationalparkgrenze.


              Zwischen den Seen 694m und 755m




              Rööpse (links) und der Übergang nach SW


              Am See 755m

              Bisschen blöd wird es erst, als ich mich entscheide, rechts vom Bach zu den Renselskardtjønnin abzusteigen. Hier ist die Vegetation mit Birken und Silberweiden nämlich viel dichter als auf der anderen Seite. Geht aber trotzdem. Jetzt komme ich in eine schönes grünes Tal mit Namen Renselskard. Eine Kette kleinerer Seen wird hier überragt von einer Kette interessanter Berge, den drei Dearkas. Luvlie- Gaske- und Jillie-Dearka. Gaske heißt mittlerer, also wird luvlie vermutlich östlicher und jillie westlicher bedeuten? Mit Sørsamisk kenne ich mich überhaupt nicht aus.


              Renselskardet mit den drei Dearkas

              Wenn das Wetter es zulässt, will ich gerne einen Blick auf die Südseite der Bergkette werfen ... das hat allerdings noch nicht entschieden, ob es aufklart oder sich zusammenzieht. Hat ja auch noch Zeit. Ich gehe vorerst an der Nordseite der Seen entlang nach Westen. Nasse Stellen und kleine Moore gibt es, wie üblich, aber man kommt gut voran. Schneehühner und Rentiere fühlen sich hier auch wohl. Am höchsten Punkt, bevor das Tal zum Storgollomsvatn abfällt, mache ich am kleinen See 720m eine längere Pause.


              Abstieg zur Seenkette


              Samenkote am ersten See … hier hätte ich einen Pfad erwartet, werde aber enttäuscht




              See 707m


              See 720m, Blick nach WNW

              Immer noch weht der Wind ungemütlich kalt aus Osten, aber manchmal kommt schon für ein paar Minuten die Sonne durch. Das lässt hoffen. Bei schlechter Sicht könnte man bestimmt auch einfach die Höhe halten und am Berghang entlang gehen … sieht von hier ziemlich uneben aus, mit Buckeln und Felsbändern, die sich den Hang herunter ziehen … oder eben die attraktivere Variante, nämlich zum Gaske-Dearka aufsteigen und nordwestlich davon wieder runter. Nach einem zweiten Kaffee fühle ich mich frisch genug für diese Route. Und das Wetter spielt mit!


              Blick nach NW


              Meine Aufstiegsroute zum Gaske-Dearka … sieht nicht schwierig aus


              Etwas höher


              Blick zurück, Renselskardet

              Eine knappe Stunde nach der Pause erreiche ich die kleine Hochebene direkt unterhalb des Gaske-Dearka. Hier lasse ich den Rucksack an einem markanten Stein stehen (hoffentlich finde ich ihn später wieder) und steige über den Felsriegel, mit dem Gaske-Dearka nach Osten ausläuft. Wow … was auf der Karte schon spannend aussah, ist in Wirklichkeit ... hammergeil!


              Luvlie-Dearka, rechts Bielnie


              Bielnie und Mealhkoe, der See rechts heißt Bielnietjonne


              Gaske-Dearka


              Renselskardet


              Namsvatnet mit Kvigtinden in der Ferne




              Gaske-Dearka

              Eine ganze Weile verbringe ich hier, glücklich staunend über die einzigartige Landschaft, bevor ich zurück zum Rucksack gehe. Noch will ich hier nicht runter, also fülle ich an einem Bächlein meine Wasserflasche, laufe zum Nordrand der Hochebene und suche mir ein windgeschütztes Plätzchen mit Blick zum Namsvatn.


              Jillie-Dearka von der kleinen Hochebene aus



              Da ganz weit im Norden bin ich vor wenigen Tagen gelaufen … vor dem ungemütlichen Wetter … in einer anderen Zeit. Seltsam, wie einem das Gefühl für die Zeit entgleitet, wenn man so intensiv im Augenblick lebt … wenn man so mit der spürbaren Wirklichkeit beschäftigt ist, der Natur, dem Gelände, dem Wetter … pfadlos, mit einem Ziel aber ohne Plan, … dass man kaum noch weiter über den Augenblick hinaus denkt als bis zum nächsten Felsbuckel.




              Kleiner See am Jillie-Dearka


              Blick zurück zum Gaske-Dearka



              Felsbuckel ist ein gutes Stichwort. Blanke Felsplatten, Buckel, Rinnen, Stufen prägen den Abstieg nach Nordwesten, trocken oder nass, stellenweise mit dünner Vegetationsdecke. Wenn man es nicht gerade eilig hat, macht das richtig Spaß. Ich probiere es auf der rechten Seite vom Bach, auf der linken, dann wieder auf der rechten, immer auf der Suche nach dem besten Übergang zur nächsten Stufe, umgehe glatte Stellen und komme so allmählich hinunter.


              Storgollomsvatnet, dahinter Namsvatnet


              Blick zurück … die Hälfte ist geschafft




              Noch ein Stück runter und dann auf dem grünen Band um den Berg


              Bei Nässe vielleicht weniger schön

              Durch ziemlich unebenes Gelände geht es weiter am Nordhang des Jillie-Dearka. Hier gäbe es kaum gute Zeltmöglichkeiten, deshalb setzte ich meine ganze Hoffnung auf den einzigen See, der noch auf meiner Route liegt, Aleksandertjønna, und werde nicht enttäuscht. Im Gegenteil, der See ist ein Traum! Und noch besser: auf einer kleinen Landzunge lockt unwiderstehlich der schönste Zeltplatz, den man sich überhaupt nur denken kann.


              Aleksandertjønna

              Heute ist wirklich mein Glückstag. Ich kann gar nicht aufhören zu grinsen, als ich gegen 17:30 Uhr den Wandertag für beendet erkläre und die Landzunge in Beschlag nehme. Was für ein geiler Platz! Eine kleine Feuerstelle zeigt, dass ich nicht der erste bin, der so denkt.


              Landzunge mit Zelt

              Nach der üblichen Routine, Zeltaufbau, waschen, Kaffee kochen, flaut der ohnehin nicht besonders starke Wind ab. Am frühen Abend ist es ganz still. Dass den Mücken das Wetter auch sehr gut passt und ich ein paar Stiche abkriege, stört mich überhaupt nicht. Tolles Licht jetzt … muss noch mehr Fotos machen.









              Ein bisschen zögere ich, jetzt schon das Mobiltelefon einzuschalten … eigentlich will ich noch keinen Kontakt zur Zivilisation. Na ja, meine Frau wird sich freuen, dass ich wohlauf bin, also mache ich es doch. Schwaches Netz, aber für eine Textnachricht reicht es. Und für die aktuelle Wettervorhersage … sieht gut aus, noch zwei Tage trocken, danach Regen. Dann schalte ich das Ding wieder ab und bereite das Abendessen vor.



              Der Windschutz aus Titanfolie ist super, ich benutze ihn immer, auch wenn ich in der Apsis koche. So schön man bis jetzt draußen sitzen konnte, bei Sonnenuntergang kühlt es sehr schnell ab. Man kann dem Thermometer praktisch beim Fallen zusehen. 2°C um 20:40 Uhr.

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              • Taffinaff
                Fuchs
                • 03.01.2014
                • 1069
                • Privat

                • Meine Reisen

                #87
                Danke für einen spannenden Bericht, gut geschrieben und feine Bilder!

                Kannst Du noch was zu dem Windschutz sagen? Wo kommt der her? Ich bin auch sehr für Titanfolie, unkaputtbar und leicht und vor allem kann man den super einfach zusammenrollen, ohne daß er verknickt. Nie wieder Alu!

                Taffi

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                • pix
                  Erfahren
                  • 12.11.2007
                  • 180

                  • Meine Reisen

                  #88
                  Ein spannender Bericht. Deine Tour würden wir glatt als copy übernehmen :-)

                  Wer dringend eine ausführliche Anreisebeschreibung braucht, möge bitte jetzt die Hand heben, dann kann ich sie nachliefern.
                  Wären wir wirklich daran interessiert.

                  Kannst du bitte noch kurz 2 Sätze zu deiner Navigation während der Tour schreiben, Papierkarten, digitale Karten auf Smartphone etc. Deinen Tourenverlauf hast du diesen als gps track zu Hause am PC geplant und auf dein Smartphone überspielt, falls vorhanden oder spontan vor Ort dem Gelände angepasst?

                  Vielen Dank und LG

                  Kungsleden - 2010
                  Nordkalottleden - 2010
                  Pacific Crest Trail - Class of 2016 - Thru Hike

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                  • Borgman
                    Dauerbesucher
                    • 22.05.2016
                    • 795
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #89
                    @Taffi: Der Windschutz war in diesem Set von Toaks dabei, gekauft bei walkonthewildside. Da kriegt man die Titanfolie auch einzeln, für 12,90€. In das Set, also den Topf, passt zusätzlich exakt die 375ml Tasse von Toaks, nicht aber der Windschutz, der ist zu hoch. Einziger Nachteil: als Titanfolien-Anfänger hab ich mich erst mal damit in den Finger geschnitten, die ist scharf wie ein Messer.

                    @pix: Freut mich, dass ihr hier Anregungen für eine eigene Tour findet. Das Børgefjell ist ja so abwechslungsreich, dass man je nach Wetter und verfügbaren Wandertagen ganz viel variieren kann. Ich habe nur Start Ivarrud und Ziel Namsskogan festgelegt, mit der Option, nach Røyrvik auszusteigen, wenn die Zeit knapp wird. Die Route war wie gesagt absichtlich nicht vorgeplant. Ich hätte mir auch vorstellen können, vom Kvigtind genau nach Osten zur Hütte im Ranserdal zu gehen und von dort zum Orvassdal. Auf jeden Fall wollte ich die Gegend östlich und südlich vom Namsvatn durchwandern, vom Orvassdal zu den Dearkas. Deshalb wäre das Boot über den Namsvatn für mich keine Option gewesen. Damit kann man natürlich auch abkürzen (rechtzeitig vorbestellen).

                    Navigiert habe ich nur nach Papierkarte. Den Kompass brauchte ich hier gar nicht, ist aber immer griffbereit in der Hüftgurttasche vom Rucksack. Das Smartphone bleibt aus, dann muss ich auch nicht nachladen. GPS benutze ich überhaupt nur dort, wo die Navigation nach Karte schwierig ist, also auf hoher See und in den unendlichen Weiten
                    der Finnmark. (Nicht, dass ich in Wirklichkeit auf hohe See fahren würde, also nur in der Finnmark )

                    Zur Anreise kann ich gerne noch was schreiben. Was interessiert euch denn? Die nervige Einreise nach Norwegen, weil die Grenzpolizei am Flughafen Mittagspause hatte/einen Betriebsausflug machte/gemeinsam auf dem Klo war/verkatert zu Hause lag, weil der Betriebsausflug am Tag zuvor in eine Schnapsbrennerei ging … jedenfalls nicht am Arbeitsplatz … und man uns ohne den Wisch von der Polizei, dass wir zertifiziert geimpft sind, in die Schlange zum Testen geschickt hat? Oder mehr zum Reisen in Norwegen mit Bus, Bahn und Fähre und den diversen Apps (man braucht eben doch zwingend ein Smartphone seit Corona), die alles für mein Empfinden erst mal komplizierter, weil ungwohnt, dann aber in der Praxis sehr viel einfacher gemacht haben?

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                    • pix
                      Erfahren
                      • 12.11.2007
                      • 180

                      • Meine Reisen

                      #90
                      ...Oder mehr zum Reisen in Norwegen mit Bus, Bahn und Fähre und den diversen Apps (man braucht eben doch zwingend ein Smartphone seit Corona), die alles für mein Empfinden erst mal komplizierter, weil ungwohnt, dann aber in der Praxis sehr viel einfacher gemacht haben?
                      Genau, diie Anreise klingt zeitaufwendig und wie du geschrieben hast logistisch recht aufwendig.
                      Kungsleden - 2010
                      Nordkalottleden - 2010
                      Pacific Crest Trail - Class of 2016 - Thru Hike

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                      • Borgman
                        Dauerbesucher
                        • 22.05.2016
                        • 795
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                        #91
                        Zitat von pix Beitrag anzeigen
                        Genau, diie Anreise klingt zeitaufwendig und wie du geschrieben hast logistisch recht aufwendig.
                        Och, das ging eigentlich diesmal recht einfach ... als ich mich dran gewöhnt hatte. Kann ich gerne am Reisetag (30.08.) mehr drüber schreiben, da passt es.

                        In den jetzt folgenden Teil nehme ich auch wieder mehr Fotos rein als nötig, damit man sich die Wanderstrecke gut vorstellen kann ... die dürfte auch noch nicht oft beschrieben worden sein.

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                        • Borgman
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                          • 22.05.2016
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                          #92
                          Samstag, 28. August

                          Viel kühler wurde es dann gar nicht, und weil der Schlafsack gestern bei besten Bedingungen trocknen konnte, war er auch wieder mollig warm. Bin um 05:30 Uhr wach … viel Kondenswasser … klarer Himmel, fast kein Wind, 2°C. Die Sonne wird noch lange nicht über den Hang im Osten klettern. Ich bleibe noch eine Weile liegen, lasse mir Zeit mit dem Kaffee und breche kurz nach acht auf, gleichzeitig mit dem Sonnenaufgang über der Landzunge.




                          Ein weiteres Ausrüstungsteil, und sogar das wichtigste, wenn es um Gewichtseinsparung geht, wurde noch gar nicht erwähnt: Mein neuer Rucksack, der Exped Lightning 60. Hier nach einer guten Wanderwoche schon nicht mehr ganz voll. Tom (evernorth) hatte so einen in blau bei zwei unserer Wochenendtrips dabei, und da fand ich ihn erst mal einfach nur extrem schick. Konnte mir aber nicht vorstellen, dass er für eine längere Wildnistour geeignet ist ... tja, man muss eben offen für verschiedene Möglichkeiten sein. Mit knapp 17 kg war er in Ivarrud für 9 Tage beladen und trug sich damit angenehm. Was will man mehr? Rückenpolster, Deckel- und Bodenfach habe ich nach kurzer Gewöhnung nicht vermisst. 10, 11 Tage gehen bestimmt auch noch, dann wird es vermutlich eng. Es sei denn, man kann Nahrung nachkaufen.



                          Nördlich laufe ich um den See und dann einfach nach Westen den Hang runter. Oben noch angenehm über Beerenheide, weiter unten durch glitzernden Birkenwald. Das Tal ist noch großflächig von Bodennebel bedeckt. Sieht schön aus von hier, aber tauschen wollte ich mit den armen Talbewohnern nicht. Die stehen bestimmt unten und sagen „was für ein feuchtkaltes Dreckswetter“ … und wissen gar nicht, wie herrlich es hier oben ist.









                          Stellenweise muss ich mich durch sehr dichte Vegetation schlagen, die natürlich auch noch von Kondenswasser tropft. Hose und Schuhe werden schnell nass. Egal, das trocknet wieder. Für heute habe ich ausnahmsweise ein festes Ziel: Saaksendurrie, die Ebene unterhalb Sandåmoskardet. Ich weiß nur noch nicht genau, wie ich da hin komme. Die Karte gibt keine eindeutige Route her … hängt alles vom Gelände ab. Zuerst mal runter zum eingezeichneten Pfad, der kann nicht mehr weit sein. Jetzt bin ich so lange pfadlos durch die Wildnis gelaufen, dass ich mich wirklich drauf freue. Als ich ihn dann treffe, hält sich meine Begeisterung in Grenzen – zu 90% ist er nur eine markierte Matsch-Spur durchs Moor. Das wäre dann auch nicht nötig gewesen, danke, meine Stiefel sind schon nass genug. Erst ganz am Ende der zwei Kilometer sind ein paar Bohlen ausgelegt.






                          Blick zurück zum Jillie-Dearka

                          Immerhin hat sich der Bodennebel mittlerweile in Wohlgefallen aufgelöst. Jetzt kommt der einfache Teil des Tages – 500 Meter auf der Straße, dann 2 ½ km auf einem Schotterweg nach Westen. An dessen Ende steht ein einzelnes Häuschen, dahinter eine verfallene Hofstelle, Myrheim. Nomen est omen.


                          Vektaren heißt der See, den ich nördlich umgehe


                          Myrheim



                          Hinter dem Hof geht es wie gewohnt ohne Pfad weiter. Ich darf mich entscheiden, ob ich mich durch den dichten Birkenwald schlage oder durchs Moor stapfe. Ganz sicher wird ab jetzt beides im Wechsel unausweichlich sein. Später … nach dem Frühstück. Im Myrheimer Moor finde ich ein Bächlein und auf einem waldigen Hügel den Pausenplatz. Zwei Stunden Ruhe mindestens, und ein paar Haferkekse extra. Für die nächste Etappe werde ich Kraft brauchen. Im Ruhemodus nehme ich träge die Karte zur Hand … normalerweise spricht die Karte zu mir, also besser ausgedrückt: normalerweise finde ich auf einen Blick eine ansprechende Route … aber hier sagt sie mir immer noch gar nichts. Wo geht man hier am besten? Keine Ahnung.

                          Nach dem ersten Moor ein Stück durch den Wald, dann kommt wieder ein Moor und … nee, nicht wieder Wald, der wächst hier zu dicht, dazu kommen eine Menge Hindernisse in Form von umgestürzten Fichten. Das wird auf die Dauer zu mühsam. Ich muss am Hang aufsteigen, da läuft es sich hoffentlich besser. Also genau nach Norden … Stormyra, das klingt gut. Weiter oben komme ich tatsächlich besser voran, nur der Kurs stimmt natürlich nicht. Das Tal oberhalb von Sandåmovika quere ich deshalb bei einem kleinen Moorsee auf ca. 550m Höhe und halte anschließend so gut wie möglich die Richtung NW.






                          Sandåmoviktjønna


                          Kleiner Moorsee, Blick zurück

                          Über waldige Hügel, ein bisschen kreuz und quer um zu nasse und zu dicht bewachsene Stellen herum, laufe ich die nächsten Kilometer nach Gefühl und Sonnenstand. Aus dem anfänglichen „bloß raus aus dem Wald“ hat sich inzwischen ein konkreter Plan geformt. Zum See Langtjønna will ich, und ab da genau nach Westen, quer über den Höhenzug am Saaksenbaarmoe. Das sieht gut aus.


                          Saaksenbaarmoe


                          Langtjønna




                          Südufer

                          Sogar richtig gut! Langtjønna ist ein überraschend schöner See. In den mühsamen und landschaftlich wenig berauschenden anderthalb Stunden über die Hügel hatte ich mich schon gefragt, ob es wirklich so eine gute Idee war, die Børgefjell-Tour nach Namsskogan zu verlängern, aber jetzt bin ich wieder überzeugt. Mittagspause bis kurz nach vier auf einem Heidelbeer-Hügel in der Sonne. Danach geht es einfach am Saaksenbaarmoe-Hang hoch zum Saaksenbaarmoenjaevrie.


                          Langtjønna


                          Blick zurück … da hinten beim Jillie-Dearka bin ich heute früh gestartet

                          Direkt nördlich vom Saaksenbaarmoenjaevrie müsste man kurz und steil weiter aufsteigen können, um die Richtung zu halten. Das klappt auch sehr gut. Mit einem letzten Foto verabschiede ich mich vom Børgefjell und gehe weiter nach Westen über den Bergrücken.


                          Nordufer vom Saaksenbaarmoenjaevrie – da geht es hoch


                          Von oben


                          Letzter Blick zurück


                          Sandåmoskardet voraus … herrliche Landschaft ... kein Wald weit und breit

                          An der Westseite halte ich mich nördlich von dem tiefen Einschnitt und steige ins Tal ab. Viel Beerenheide, wenige nasse Stellen, weiter unten Felsbrocken. Der Fluss, der auf der Karte so stolz und breit aussieht, ist in Wirklichkeit kaum mehr als ein Hasenpipi. Da werden nicht mal die Schuhe nass. Nicht sehr aufregend, dieses Tal.


                          Einschnitt am Westhang


                          Blick nach Norden


                          Blick zurück


                          Sag ich doch: ein stolzer Strahl Nagetier-Urin

                          Hier gibt es überhaupt keine guten Zeltplätze, alles ist nass und/oder steinig und/oder mit niedrigen Weidensträuchern bewachsen. Ich gehe noch ein Stück hoch Richtung Sandåmoskardet und quere dann nach Südwesten, wo flache Beerenhügel locken. Ja, hier findet man was. Nicht so toll wie gestern, aber ich bin zufrieden. Die Mücken haben mich auch schon geortet ... bin ziemlich verschwitzt heute. Das mögen sie. Nach dem Waschen lassen sie mich weitgehend in Ruhe und umschwirren stattdessen meine Stiefel. Wie nicht anders erwartet war das einer der anstrengenderen Tage. Als Belohnung gibt es zum Kaffee den letzten Share Schoko-Vanille-Riegel (lecker!) und anschließend das letzte Real Turmat. Morgen ist Resteessen – was halt noch in den Beuteln liegt und bisher keine Abnehmer fand.


                          Links von der Mitte der Einschnitt, an dem ich runter gekommen bin


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                          • Fjellfex
                            Fuchs
                            • 02.09.2016
                            • 1723
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                            #93
                            Wie witzig: da bist du also (ohne es zu wissen) auf "meiner" Route von 2017 vom Langtjønna zum Saaksendurrie (...und vielleicht weiter bis Namskogan? wird spannend zu verfolgen...)... diese Linie hat auch was. Allerdings bist du - stets auf Herausforderungen aus - das steilere Nordufer des Saaksenbaarmoenjaevrie entlang, während ich das Weicheiterrain am Südufer bevorzugt habe; interessant, wie verschieden man vom Gelände "angelacht" wird.
                            Dank deiner Fotos weiß ich jetzt wenigstens, wie die Gegend bei schönem Wetter aussieht.
                            Zuletzt geändert von Fjellfex; 13.10.2021, 07:03.

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                            • Lhor
                              Erfahren
                              • 01.10.2020
                              • 110
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                              #94
                              "Zitat von Borgman
                              Westlich Gæivenåsen mache ich nach zwei Stunden eine kleine Pause und laufe dann noch eine Stunde, bis ich von einem Hügel das untere Virmadal bis zum Namsvatn ganz überblicken kann. Sehr schön ist das. Nach der kargen Landschaft der vergangenen Tage freue ich mich einfach über den Anblick von Bäumen und Wald. Dazu wärmt die Sonne. Hier ist der richtige Platz für eine längere Pause.



                              Virmadalen, mit Namsvatnet in der Ferne
                              (Foto erst am Nachmittag, als die Sonne nicht mehr genau über dem Tal steht)
                              "

                              ... bin etwas hinten nach mit Lesen dieses Berichtes, aber möchte hier folgendes kurz erwähnen: Dieses Bild und die Erzählung dazu, haben eine riesige Sehnsucht in mir erweckt.

                              Ich finde das ein Super Foto. Und fantastischer Schreibstil..! Kompliment
                              Zuletzt geändert von Lhor; 20.10.2021, 11:57.

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                              • Borgman
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                                • 22.05.2016
                                • 795
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                                #95
                                @Fjellfex: Nicht, dass ich mehr Herausforderungen suche - von oben war einfach nur die Aussicht schöner. Den Blick direkt über den See zum Jillie-Dearka wollte ich mir nicht entgehen lassen. Deine Route von 2017 hatte ich tatsächlich (leider??) überhaupt nicht auf dem Schirm, und dazu eine alte Karte, auf der einige Pfade und Straßen (z.B. die am Westufer vom Namsvatn zum Damm) noch gar nicht eingezeichnet waren. Wer zwischen Namsskogan und Namsvatnet unterwegs ist, sollte sich auf jeden Fall Deine Route genauer anschauen:
                                https://www.outdoorseiten.net/vb5/fo...fjell-majavatn

                                @Lhor: Dankeschön! Ja, Virmadalen hat was ... für mich ein ganz besonderes Tal. Im Gegenlicht fand ich es schwierig, ein brauchbares Foto zu machen. Damals bei meiner Tour von Grong bis Mo i Rana bin ich mit dem Boot über den Namsvatn gefahren (Storelva) und westlich vom Fluss das Virmadal hochgelaufen, am Virmavatn vorbei und hinter dem Steintind hoch zum Sjaarejaevrie. Kann ich sehr empfehlen, diese Wanderung. Im unteren Virmadal gab es die meisten Moltebeeren, die ich je an einer Stelle gefunden habe.


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                                • Borgman
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                                  • 22.05.2016
                                  • 795
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                                  #96
                                  Sonntag, 29. August

                                  Wieder 2°C um 05:30 Uhr und viel Kondenswasser am Außen- und Innenzelt. Der mäßige Wind, der von Westen über den Pass weht, reicht nicht, um das Zelt zu trocknen. Dafür habe ich, anders als gestern, den günstigsten Platz für einen frühen Sonnenaufgang. Heute soll erst mal der letzte schöne Spätsommertag sein, den will ich auskosten. Aufbruch erst viertel vor neun.

                                  Nach den Erfahrungen, die ich gestern östlich der Bergkette sammeln durfte, rechne ich westlich davon auch mit einiger Plackerei durch Wald und Moor, bis ich an der Sandåa die Straße erreiche. Irgendwie habe ich mir in den Kopf gesetzt, hinter dem Pass nach Südwesten dem Tal zu folgen, obwohl es Alternativen gäbe. Man soll sich halt nicht zu früh festlegen…


                                  Erst mal geht es sehr angenehm über den Pass, Sandåmoskardet. Ich bin gespannt, was mich auf der anderen Seite erwartet.


                                  Sandåmoskardet



                                  Das gefällt mir. Eine Landschaft aus blanken Felsplatten, über die sich wunderbar laufen lässt. Man muss nur ein bisschen auf nasse, glatte Stellen aufpassen und immer mal wieder einen Übergang zur nächsten Terrassenstufe finden. Es gibt auch zwei oder drei Markierungen aus aufgestellten Steinen, aber daraus kann ich keine durchgehende Route erkennen. Besonders lange suchen will ich aber auch nicht, also … kann sein, dass da noch mehr sind.




                                  Links der Berg 806m


                                  Blick zum Stöörje




                                  Freier Blick nach Westen

                                  Ich gehe jedenfalls genau nach Südwesten über die Ebene und wo sie endet am Hang von Berg 806m. Bisschen hoch und runter wegen der stufigen Felsbänder, die natürlich quer zu meiner Richtung verlaufen, aber alles ganz einfach. Das ändert sich mit den ersten Birkenwäldchen, die anfangs nur stellenweise in geschützten Rinnen wachsen, etwas weiter dann großflächig am Hang. Wie gestern halte ich mich wo möglich an die Moore, was aber auch bedeutet, dass ich mehr auf- und absteigen muss. Außerdem ist das Laufen über die dicken Moospolster in den Mooren kraftraubend. Nach zwei Stunden mache ich ziemlich erschöpft eine halbe Stunde Pause an einem Bach. Hm … so weit bin ich noch gar nicht vorangekommen … na ja, zwei Drittel der Strecke bis zur Straße ... die leichteren zwei Drittel. Am Ende wird es nur noch durch Wald gehen.


                                  Hangaufwärts sieht es besser aus, ist nur nicht meine Richtung


                                  Pausenplatz




                                  Allmählich geht es hinunter – erste Kiefern

                                  Hier endet auch meine Karte. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund hielt ich es nicht für nötig, von dem angrenzenden Gebiet wenigstens einen Ausdruck von Norgeskart mitzunehmen. Wahrscheinlich, weil nicht sicher war, dass ich hier überhaupt lang gehen würde. In den Mooren und wo die Bäume niedrig sind, ist die Orientierung einfach, da peile ich den tiefsten Punkt der Stromleitung an. Schwieriger wird es im Tal. Durch Zufall treffe ich auf Wintermarkierungen. Wahrscheinlich eine Skuterløype, und wahrscheinlich endet sie an der Straße. Sie verläuft fast durchgehend im Matsch, ist aber dafür frei von Gestrüpp. Leider verliere ich die Løype in der Ebene und mache dann den Fehler, dass ich weiter auf die Stromleitung zugehe.


                                  Wintermarkierung

                                  Ein Stück geht es noch voran, dann komme ich in ein Gelände, das man unter allen Umständen vermeiden sollte. Dichtes Riedgras, das mir bis zur Brust reicht und im Wasser steht, Sumpfbinsen oder so, keine Ahnung, dann ein tiefer, schlammiger Bach, den ich nicht mal zu furten versuche. So’n Mist, da hab ich mich kurz vor dem Ziel noch mal gründlich verhauen. Hier geht es definitiv nicht weiter. Also zurück und … ja klar, die Markierungen umgehen das Gebiet weiträumig. Jetzt ist es nicht mehr weit.



                                  Über die Brücke käme man zu zwei Hütten, die ich aber nicht angucke. Sandådal fritidsområde heißt das hier und wäre eigentlich ganz nett, wenn nicht die fette Hochspannungstrasse genau darüber verliefe. An einem Holzgestell, vermutlich Teil eines alten Strommasts (?), hänge ich Zelt, Schlafsack und alle anderen Sachen zum Trocknen auf und koche erst mal einen Kaffee. Nach den gut drei anstrengenden Stunden in meist sehr nassem Gelände müssen die Stiefel auch trocknen.


                                  Blick zurück von der Brücke


                                  Trocknungsanlage für Wanderausrüstung


                                  Idyllisch: Sandådal fritidsområde

                                  So, schön, das wäre geschafft. Gegen zwei oder so laufe ich auf der Schotterstraße die letzten Kilometer bis zur Hauptstraße, dann bin ich schon fast in Namsskogan.







                                  Das Thema Resteessen treibt mich ein bisschen um, als ich im Örtchen Namsskogan ankomme. Was wirklich Leckeres ist nicht mehr übrig, und die Ansprüche steigen bekanntlich sprunghaft, sobald man bewohntes Gebiet betritt. Am Sonntag hat der Laden zwar zu, aber es gibt eine Tankstelle nördlich des Flusses. Die steuere ich als erstes an und erwerbe ein Dreierpack Schokobrötchen (Rosine ist aus) und einen Kaffee, mit dem ich mir ein nettes Plätzchen am Namsen suche. Oh ja, die sind lecker! Erst mal nur eins … und vielleicht ein- zweimal abbeißen vom zweiten … nee, die Versuchung ist zu groß. Hab ja noch ein drittes für später.

                                  Befriedigt laufe ich zurück zum Bahnhof und inspiziere den Warteraum. Ich habe nicht vor, die ganze Zeit bis kurz nach drei in der Nacht hier zu verbringen, will aber mit heißem Wasser und Seife ein paar Sachen waschen. Die Wettervorhersage sieht nicht gut aus für die nächsten Tage, vielleicht sind es bis zum Rückflug am Samstag die letzten gewaschenen Sachen, die trocknen. Da bin ich ziemlich penibel – auf Reisen trägt man saubere Klamotten.


                                  Namsen



                                  Erst jetzt dämmert mir, dass die Reihenfolge total verkehrt war. Es ist schon nach 17:00 Uhr, als ich vom Bahnhof zur Schule von Namsskogan laufe, und die Sonne wird heute wieder im Westen untergehen … im Westen, hinter dem Berg. Warum bin ich Esel nicht zuerst zum Bahnhof gegangen und danach zur Tanke? Dann hätten die Sachen anderthalb Stunden länger in der Sonne trocknen können. Lässt sich jetzt auch nicht mehr ändern. An der Schule beginnt eine Lysløype, schöne breite Schotterwege, die ich auch im Dunkeln nicht verfehlen kann. Aber dichter, hoher Fichten- und Birkenwald. Ich brauche eine Weile, um einen Platz zu finden, an dem ich für die nächsten Stunden mein Zelt aufstellen kann. Bis ich meine nassen Sachen in die Bäume gehängt habe, steht die Sonne nur noch knapp über dem Berg.

                                  Dann stelle ich fest, dass der Boden hier viel zu nass ist und suche mir einen anderen Platz. So kann man auch seine Zeit verbringen. Als endlich alles genehm ist, esse ich das dritte Schokobrötchen, stelle den Wecker auf 01:15 und versuche, ein paar Stunden Schlaf zu kriegen. Natürlich ist es dafür noch zu früh. Stattdessen überlege ich, was sich mit den restlichen Urlaubstagen noch anfangen lässt. Eigentlich würde ich gerne eine kleine Runde im Sjunkhatten Nationalpark drehen, aber das macht bei Regen und Wind auch keinen Spaß. Oder ich erhole mich ein bisschen … Bodømarka ist eigentlich immer ganz schön und nicht so herausfordernd. Oder was ganz Anderes. Die Entscheidung verschiebe ich auf die lange Zugfahrt nach Fauske.


                                  Ende Teil 2

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                                    • 10.06.2004
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                                    #97
                                    Ein toller Bericht von Dir mit wirklich schönen Fotos. Hab ihn grundsätzlich sehr gerne gelesen, auch wenn ich zum Thema Rasur nun eine ganz andere Einstellung habe. Aber waren zwei wirklich interessante Touren und auch landschaftlich echt abwechslungreich, wobei mir die Bilder aus dem Børgefjell sogar noch besser gefallen haben.

                                    Hab während meiner Tour diesen August am Nordkalottleden beim Sårgåjavrre einen jungen Norweger getroffen der Norge på langs gelaufen ist. Und als ich ihn fragte wo es ihm denn bisher am besten gefallen hat, hat er sofort Børgefjell gesagt. Wenn ich mir dann Deinen Bericht so ansehe, denke ich mal, dass er das schon nicht ohne Grund gesagt hat.

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                                    • berniehh
                                      Alter Hase
                                      • 31.01.2011
                                      • 2628
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                                      #98
                                      Ich kann Matthias nur zustimmen, wirklich klasse Fotos hast Du gemacht und unterhaltsamer Text. Auch mir gefällt das Borgefjell sehr gut. Irgendwann komme ich da vielleicht auch mal hin😎

                                      Zitat von Mortias Beitrag anzeigen
                                      Hab während meiner Tour diesen August am Nordkalottleden beim Sårgåjavrre einen jungen Norweger getroffen der Norge på langs gelaufen ist.
                                      Vielleicht ist das ja der Gleiche den ich Anfang Juli auch getroffen habe😉
                                      www.trekking.magix.net

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                                      • Mortias
                                        Fuchs
                                        • 10.06.2004
                                        • 1279
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                                        #99
                                        Zitat von berniehh Beitrag anzeigen
                                        Vielleicht ist das ja der Gleiche den ich Anfang Juli auch getroffen habe😉
                                        OT: Hmmm, der hieß nicht zufälig Thomas, war Anfang 30 und etwa nen Kopf größer als Du?

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                                        • berniehh
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                                          • 31.01.2011
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                                          Zitat von Mortias Beitrag anzeigen

                                          OT: Hmmm, der hieß nicht zufälig Thomas, war Anfang 30 und etwa nen Kopf größer als Du?
                                          Nein der war es auf keinem Fall. Dann war´s wohl doch ein anderer.
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