[SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

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  • efbomber
    Erfahren
    • 23.08.2010
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    • Meine Reisen

    #61
    AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

    Kapitel 11 - Der Finne und das Visttasvággi

    Ich bin stolz auf mich, da ich schon wieder ohne den vorsichtshalber gestellten Weckruf wach werde, sogar noch eine ganze Weile vorher! Es ist kurz vor 7 und ich bereite mir gemütlich im Schlafsack mein Essen zu. Oskari und ich hatten uns für 8 Uhr verabredet. Während ich noch in meinem Rucksack nach dem Milchpulver wühle, vernehme ich schon Geräusche aus der Richtung von Oskaris Zeltplatz. Na da kann ich mich auch gleich auf die Beine machen. Fix werden die Kleidungsstücke durch das Mückennetz ins Zelt geholt und angezogen. Der nächste Griff ist nicht dem Müsli gewidmet, sondern dem Mygga. Alle offenen Hautstellen werden eingeschmiert und ich kann mich endlich vors Zelt wagen. Ein wenig frisch und verhangen, aber immerhin trocken. Ich nehme das als positiven Start in den Tag und mische mir nun das Frühstück zusammen, was ich heute mit Zartbitterschokolade und Trockenfrüchten versetze. Ein Traum! Oskari ist ebenfalls wach und gesellt sich zu mir. Gefrühstückt hat er bereits, ich staune darüber, er war schon eine ganze Stunde vor mir wach. Er verrät mir, dass ich der zweite David bin, den er auf seiner Tour kennenlernt. Der Andere ist ein Belgier und er hat ihn in Norwegen getroffen. Er wollte bis nach Nikkaluokta laufen und Oskari witzelt, dass wir ihm heute vielleicht begegnen könnten. Den Zeitplan von belgisch David hat er aber nicht.

    Wir unterhalten uns weiter über das Wetter und sind uns einig, dass man nicht sicher sein kann, ob es ein schöner Tag wird oder die Wolken die Überhand behalten.



    Als ich mein Geschirr gesäubert habe, schaue ich mir Oskaris Tipi genauer an. Das ist eine simple und wirklich praktische Konstruktion. Ich erfahre, dass ihm seine Schwester das Zelt genäht hat. Das Tipi hat sieben Teilwände, von denen er drei ganz öffnen kann um ein Panorama zu bewundern. Er hat sich auf den Weg gemacht und wollte unter freiem Himmel schlafen. Ganz ohne Zelt wollte ihn seine Familie aber nicht ziehen lassen, also hat ihm seine Schwester dieses äußerst schöne Zelt konstruiert. Damit es steht benötigt er einen seiner Wanderstöcke als Pfeiler in der Mitte. Ich frage wie es mit der Standfestigkeit bei starkem Wind aussieht. Seine ersten Bedenken, die er in solchen Situationen ebenfalls hatte, haben sich als völlig unbegründet erwiesen. Steht wie eine 1. Ich habe leider kein Foto davon gemacht

    Bevor wir auf die andere Seite des Flusses wechseln, verrät er mir, dass es nur durch Zufall zum gemeinsamen Wandern gekommen ist. Er wollte eigentlich durch das Unna Vistasvággi nach Alesjaure, aber Agneta hat ihm gesagt, dass man da oben nur schwer einen anständigen Zeltplatz bekommen könnte. Kurzerhand entschied er sich also für das nördliche Visttasvággi, die Entfernung dürfte in etwa identisch sein.
    Wir bauen unsere Lager komplett ab und schleppen schon Mal alles zu den Hütten, wo wir noch kurz die Toiletten in Anspruch nehmen und uns bei den zwei Hüttenwarten abmelden und verabschieden. Ich frage noch wegen dem Aufstieg zum Mårmapass nach, doch die nette Dame meint nur, dass das Wetter zu unbeständig ist und ich das lieber nicht versuchen soll. Ich hatte es zwar eh nicht mehr vor, aber hätte sie gesagt, dass Wetter wird die nächsten Tage spitzenmäßig, hätte ich mich vielleicht doch noch umentschieden. Ich bin froh, dass ich es nicht tat!

    Um 9 Uhr kommen wir los und lassen uns wirklich Zeit. Oskari sorgt sich um sein Knie und will nichts überstürzen. Die ersten Schritte am Pfad durch das Visttasvággi sind sehr schlammig und matschig. Die Auswirkung des Regens der letzten Tage ist in allen Tälern zu spüren. Vor der ersten gefluteten Stelle bleibt Oskari hinter mir stehen und meint, dass das doch typisch ist. Seine Schuhe sind nicht mehr wasserdicht, der linke Schuh hat sogar einen Riss in der Membran und saugt das Wasser förmlich auf. Er fragt ob wir uns einen Alternativweg suchen können und ich habe nichts dagegen. Meine Stiefel haben seit der Neubesohlung auch nicht mehr die Wasserresistenz wie nach dem Neukauf. Einige Meter neben dem Pfad laufen wir weiter und streifen ein wenig Restfeuchte von den Büschen. Zwischendurch wird angehalten und ich knipse mit meiner Kamera drauf los. Oskari hat vor sich in einer Fototasche eine Canon Spiegelreflex. Sowas will ich auch gerne, die Bilder mit einer richtigen Ausrüstung sehen so viel schöner aus!



    Nach einer Stunde sind wir luftlinientechnisch gerade mal am Fuße des Siehtagas angelangt. Oh je, wir kommen kaum voran, aber wenn man alle paar Meter den tiefen Pfützen ausweichen will, dann dauert es eben länger. Immerhin schlängelt sich der Pfad nun etwas höher entlang und die Matschfelder verschwinden vorerst. Am anderen Ufer tobt eine Schar Möwen herum. Ich bekomme direkt das Gefühl in der Nähe eines Hafens zu sein. Es ist für mich das typische Hafengeräusch schlechthin!



    Nach knapp 2 Stunden machen wir unsere erste Pause. Ich laufe mittlerweile im T-Shirt durch die Gegend. Wenn die Maschine erstmal in Betrieb ist, dann wird Hitze produziert. Das kühle Wetter ist mir durchaus willkommen. Die Wolken hängen auch nicht so tief, dass sie einem die Sicht auf dieses wunderschöne Tal versauen könnten. Beim Laufen wechseln wir uns ab, einmal bin ich vorne, einmal Oskari. Ich bin beruhigt und stelle fest, dass er mir nicht davonrennt, wenn er die Führung übernimmt. Mein Tempo ist also genau richtig und ich bin ihm nicht zu langsam. Hier hocken wir uns hinter den Steinen hin und trinken frisches Wasser aus dem Visttasjohka. Es ist ganz leicht sedimenthaltig und Oskari fragt mich, ob das ungesund wäre. Nein, nicht wirklich, es kann höchstens ein wenig knusprig beim Trinken werden



    Die Stelle zum Fluss ist ein wenig abschüssig und ich bekomme es beim Auffüllen der Wasserflasche mit der Angst zu tun. Keiner rutscht ab und wir erholen uns noch ein Weilchen. Oskari packt einen riesigen Beutel Nuss- und Trockenfruchtmischung aus, die mit dunkler Marabou Schokolade gespickt ist. Mein gieriger Blick wird richtig gedeutet und ich darf ebenfalls zulangen. Er verrät mir, dass für seinen Trip ein guter Freund, der irgendwas im Bereich Ernährungswissenschaften studiert, den täglichen Kalorienbedarf maßgeschneidert berechnet hat. Oskari ist nicht so zimperlich wie ich, greift in den Beutel, zieht eine volle Hand der Mischung hervor und stopft sie sich in den Mund. "I need approximately 6000 calories each day! I hate nuts! But it is the only way, that I stay fit during my tour." Die Marabou Schokolade soll über den Geschmack der Nüsse hinweghelfen. Er mampft noch eine Hand voll runter und schiebt sich eine Reihe Marabou Darkmjölk mit Nüssen hinterher. Seine Lieblingssorte!
    Nach 15 Minuten gehen wir weiter und uns kommen die ersten Wanderer entgegen. 4 Leute die nur kurz angebunden sind, ein Hej entgegnen und mit trüben Gesichtern schnell an uns vorbeirauschen. "Bad day faces.", stellt Oskari fest.

    Auf der anderen Flussseite hat man einen schönen Einblick auf den Siehtagasglaciären.



    Trotz den Wolken eine ausgesprochen schöne Gegend! Ich hatte mich mit Mortias über die Möglichkeiten und verschiedenen Alternativen ausgiebig unterhalten. Das Visttasvággi hat er mir sehr nahe ans Herz gelegt und was soll ich sagen. In meinen Augen ein absolutes Muss! Wenn ihr die Gelegenheit habt und euch ein wenig Buschwerk nichts ausmacht, plant dieses Tal in eure Touren mit ein! Der Pfad ist eigentlich prima zu gehen also keine Sorge



    Wir kommen etwa 15 Minuten lang gut voran, bevor uns der nächste Wanderer mit richtig Tempo entgegen kommt. Ich höre Oskari nur hinter mir sagen "That can't be...! No it's not him, is it? Oh my god, it is!". Wie sollte es auch anders sein. Vor uns kommt der belgische David zu stehen. Der Kerl ist Anfang 40 und sieht topfit aus. Er grinst breit und grüßt uns auf Englisch, dass einen irischen Akzent aufweist. Wie der Zufall so will, ist er schneller unterwegs als gedacht, deshalb haben wir ihn auch hier getroffen. Er und Oskari unterhalten sich über deren bisherigen Tourenverlauf und ich höre still zu. David fragt noch wie so die weitere Strecke zu laufen ist und ob es wohl heute machbar ist bis nach Nikkaluokta zu laufen, wo sein Auto steht. Wir raten ihm beide davon ab, das wären jetzt noch mehr als 30km. Er meint aber, dass er das schaffen kann. Er ist nicht ausgelastet, wenn er nur kurze Etappen läuft. "You are hardcore.", sage ich, denke mir aber "Junge, kannst du denn dann noch die Landschaft genießen?". Aber die Leute kommen mit den unterschiedlichsten Bewegründen hierher. Ich kann auch das Kilometerfressen respektieren. Eine sportliche Herausforderung ist sowas allemal! Wir verplappern uns fast eine Stunde und machen uns wieder auf den Weg. Oskari ist ganz entsetzt, dass es jetzt schon 12 Uhr mittags durch hat und meint, wenn es so weiter geht, sollten wir schon mal nach einem geeigneten Zeltplatz ausschau halten

    Hier würde es für uns hinauf gehen, wenn wir ins Unna Visttasvággi gewollt hätten. Es sieht ebenfalls sehr verlockend aus!



    Hier der südliche Teil des Unna Visttasčohkka.



    Das Tal öffnet sich ein wenig und die Birken werden lichter, bis man kurzzeitig nur noch durch kniehohes Weidengestrüpp laufen muss. Wir kommen also endlich etwas leichter und flotter voran.



    Ein Blick zurück an einem sehr schönen Zeltplatz. Der letze Camper hat sogar noch einen Haufen Holz an der Feuerstelle liegen lassen. Wir ignorieren das Angebot und laufen natürlich weiter.



    Die Felsformationen an den Gipfeln sind jedes Mal ein Hingucker! Was für ein wundervolles Tal! Brachial wirkende Berge, grüne, teils dichte Vegetation und ein sanft dahinfließender Visttasjohka.



    Oskari und ich unterhalten uns nicht nur in den Pausen. Seit wir gestartet sind gehen wir Thema für Thema durch, Politik, Natur, Musik usw. Ununterbrochen quatschen wir daher. Wir haben einige Gemeinsamkeiten und kommen vielleicht deshalb besonders gut aus miteinander. Obwohl wir nur langsam voran kommen, verfliegt der Tag aber viel zu schnell.
    Ich erfahre, dass Oskari als Telefonverkäufer bei einem nicht näher zu nennendem Unternehmen gearbeitet hat. Ich frage warum "hat"? Und nun erzählt er mir seine Geschichte
    Der Job hat ihn angekotzt. Er musste möglichst viel Verkaufen und ob die Leute das benötigten oder nicht, spielte keine Rolle. Alte Menschen, die keine Ahnung haben, sind ein leichtes Opfer für sowas. Er war aber immer ehrlich und hat gerade den Alten immer günstigere Alternativen empfohlen und im Zweifelsfall immer vom Kauf abgeraten. Seine Verkaufszahlen waren nicht die Besten und es gab immer wieder Ärger mit seinem Vorgesetzten. Irgendwann hat er sich gesagt, er muss sein Leben grundlegend ändern, sonst kommt er nie aus diesem Loch raus. Den Job konnte er nicht länger mit seinem Gewissen vereinbaren. Kurzerhand hat er gekündigt und diese Tour geplant. Aktuell ist er bei Tag 18 und hat noch einige vor sich. Ich frage wie weit er noch laufen möchte und er sagt, mal gucken wie weit ihn die Beine tragen. Geplant sind 1000km in 6 Wochen. Mir fällt die Kinnlade runter. Ich hätte nie gedacht, dass er auf so einer großen Tour ist! Die Reise begann für ihn in Deutschland beim Rock am Ring und von dort aus ging es dann nach Norwegen zum Rago Nationalpark. Die Grenze nach Schweden wurde im Padjelanta überquert. Dann ging es von Ritsem aus über Hukejaure weiter und ab Sälka dann bis hierher. Ein Teil der Strecke war auch Bestandteil meiner "langen Route Alternative", zu der es nicht gekommen ist.

    Ich spreche ihm meine Bewunderung und meine vollste Anerkennung zu diesem Schritt aus. Nach der Tour will er schauen, was ihn beruflich anzieht. Ich hätte Angst alles von heute auf morgen zu ändern, aber manchmal ist es genau das, was man braucht!
    Irgendwann erblicken wir einen großen Steinrutsch am Unna Visttasčohkka. Die harten Linien, die dadurch in die Landschaft gezeichnet werden, lassen es wie Formationen aus einem Sandkasten erscheinen, nur in extra groß.



    Ein kleiner, dünner Wasserfall am Bogičohkka, der unter dem Geröll verschwindet, was man in dieser Aufnahme aber nicht sieht.



    Noch immer dürfen wir im Trockenen wandern und sind dankbar dafür. Bald hinter dem linken Ausläufer müsste eine Renvaktarstuga zu sehen sein. Dann hätten wir einen Großteil schon geschafft.



    Wir kommen an eine Stelle, wo sehr viel Sediment abgelagert ist, so dass man praktisch einen schwarzen Sandstrand am Bachlauf hat. Eine Holzkonstruktion führt über den Bach, ist aber komplett vom Weidengestrüpp zugewuchert, so dass wir durchs Wasser von Stein zu Stein laufen. Zeit einen Blick zurück zu werfen.



    Die letzten Schneereste an den Gipfeln geben der karger werdenden Landschaft ein gewisses Etwas!



    Als wir die Hütte passieren, sind wir auf das Thema Bücher gewechselt. Oskari hat einen Band der Game of Thrones Reihe in Englisch dabei. Ich habe bisher nur die Serie geschaut, die mir allerdings sehr gut gefallen hat. In den Büchern sollen aber noch mehr Personen vorkommen und irgendwann wird mir das zu viel. Keine Sorge, meint Oskari, die Wichtigen behält man in Erinnerung, der Rest lebt nicht lange genug. Ich habe mir mittlerweile die ersten 5 Bände zugelegt, bin aber leider noch nicht zum Lesen gekommen. Aktuell zieht es mich mehr in den Horror-Bereich. Das nächste Thema umfasst Schimpfworte. Ich lerne, dass Perkele eines der mächtigsten finnischen Schimpfwörter ist, was man sowohl im positivem, als auch negativem Sinne nutzen kann. Es ist ein "allrounder" "like the englisch word fuck".
    Gegen 15:30 erreichen wir die Stahlhängebrücke über den Moarhmmájohka. Der Miniaturwasserfall ist so wunderschön, dass wir beide uns entschließen eine kleine Fotosession einzulegen. Das Farbenspiel ist heute besonders toll.







    Natürlich wird auch kurz etwas genascht, ich spendiere Oskari etwas getrocknete Mango, die sehr gierig gefuttert wird. Danach ist der Beutel leer, muss ich wieder auf Feigen wechseln, die ich aber schon nicht mehr so gut sehen kann. Als wir unsere Rucksäcke schultern, ahne ich noch nichts von dem anstrengenden Aufstieg, der kurz darauf folgen wird. Zuerst geht man wieder einige Meter weit runter, nur um nach einem sumpfigen Areal ordentlich rauf zu wandern. Das Gesprächsthema sind nun diese schwedischen Pfade und Wanderwege, die immer wieder rauf, und runter führen. Wir schimpfen zusammen über diese zusätzlichen "Strapazen" dieses Tages und ich schließe das Thema mit einem laut gerufenen PERKELE ab. Oskari ist zufrieden mit mir.
    Vor dem Aufstieg weis ich bereits, dass ich richtig gut ins Schnaufen kommen werde. Nach 20 Metern dreht sich Oskari um und erkundigt sich nach meinem Befinden. Ich versichere ihm, dass alles in bester Ordnung ist. So lange er mich schnaufen und prusten hört, ist alles gut, das kann ich den ganzen Tag so durchhalten, auch wenn man das nicht glauben mag. Sorgen muss er sich machen, wenn es auf einmal still hinter ihm wird, dann bin ich vermutlich zusammengebrochen

    Der Blick zurück ins Visttasvággi von der Anhöhe aus. Wundervoll!



    Ich frage Oskari, wo er heute sein Lager aufschlagen will. Hier noch nicht, auf jeden Fall irgendwo hinter Alesjaure, sonst kommt er mit seinen Tagesplanungen nicht mehr klar. Somit steht fest, dass wir uns noch vor Tagesende voneinander verabschieden müssen. Mich stimmt das tatsächlich traurig. Ich will aber noch so weit wie möglich mitgehen und wir laufen weiter. Zwischen den Seen Vuolip Čazajávri und Balip Čazajávri steht eine verfallene Lehmhütte der Sami. Wir beschließen dort eine längere Pause mit einer warmen Kleinigkeit zu machen. Passend hierzu kommt die Sonne raus und vertreibt die Wolken immer weiter! Oskari holt seinen selbstmodifizierten Gaskocher aus dem Rucksack und macht sich ein Nudelgericht fertig. Ungefähr sowas wie die Maggi Asia Nudelsnacks, die man nur mit kochendem Wasser übergießen muss und dann ziehen lässt. Ich finde das wirklich prima, wie er sich zu dieser Tour Gedanken gemacht hat und wie viel sinnvolle Vorabplanung in so kurzer Zeit seinerseits möglich war. Ich liege nur rum und mampfe meine Proteinriegel, die mittlerweile total schmierig und zerquetscht sind. Oskari holt sich einen Becher Wasser und fängt an ein Pulver hinein zu schütten. Auf meine Frage, was das sei, antwortet er mir, dass es sich um einen Proteinshake handelt. 250gr dieses Pulvers, was ich zu Hause nehme, wenn ich Krafttrainig mache, haut er sich täglich rein. Die 6000 Kalorien müssen ja von irgendwoher kommen :-)



    Danach kocht er nochmals Wasser auf und packt ein kleines Tütchen aus, auf dem Värma Koppar steht, wenn ich mich ganz recht entsinne. Das sind wie bei uns die Heisse Tasse Süppchen, jedoch hier in der süßen Variante. Er haut sich Blaubeergeschmack in die Tasse und will mich fragen, ob ich die Geschmacksrichtung... "How do you say it. I don't know, damn, I know this, why can't I remember?". Ich denke er meint Erdbeere und sage anstatt strawberry "Do you mean jordgubbar?". Ich bin selbst verwundert warum ich einem Finnen die schwedische Bezeichnung nenne, aber er schnallt es direkt und meint "YES! Thank you, strawberry!". Ich wundere mich wie er jetzt auf den englischen Namen kommt, aber ja ich mag die Geschmacksrichtung Erdbeere sehr gerne. Wir lachen über diese multilinguale Unterhaltung und genießen unsere extrem süßen Suppen. Aber immerhin mal was Anderes und den Gaumen freut die Abwechslung sehr. Er lässt mir noch einmal Vanille-Erdbeere und Apfel-Zimt da, in zwei Tagen will er in Abisko sein und dann lässt er sowieso alles liegen, was er noch übrig hat. Für jede Etappe kauft er neu ein, wenn er die Reste jedes Mal mitschleppt kommt er mit seinen Berechnungen durcheinander. Da Apfel-Zimt seine Lieblingssorte ist, fühle ich mich besonders geehrt. Bevor er sich langsam zum Weitermarschieren fertig machen will, fragt er mich wie die Strecke nach Abisko am Kungsleden so ist. Einfach und gut zu gehen! Das sollte er auf alle Fälle schaffen. Als er mich fragt, ob ich noch mitkomme, schaue ich mich nur kurz in diesem tollen Hochtal um und fälle die Entscheidung mein Lager aufzuschlagen.

    Oskari holt jetzt ein Buch aus seinem Rucksack und fragt, ob ich ihm meine E-Mailadresse und den Facebookaccount geben möchte. Na logo! Ich freue mich sehr darüber und diktiere ihm alles Buchstabe für Buchstabe, damit er mich auf jeden Fall findet. Ich bin richtig gespannt wie es für ihn weiter gehen wird und er meint, dass er hin und wieder bei Facebook etwas posten will. Als er alles eingepackt hat, geben wir uns die Hand und wünschen uns gegenseitig nur das Allerbeste für den weiteren Tourenverlauf. Ich trichter ihm nochmals ein, dass er mich bei Facebook kontaktiert und dann zieht er auch schon ab. Ein leicht melancholisches Gefühl stellt sich bei mir ein. Wann trifft man denn schon jemanden, mit dem man sich auf Anhieb so gut versteht? Nach nur einem Tag im Fjäll kommt mir es so vor, als ob wir uns besser kennen als manch ein anderer Mensch zu Hause.

    Bei diesem wunderbaren Wetter will ich dieses tolle Tal nicht verlassen. Was dahinter kommt, kenne ich bereits und mir ist dieser Ort für mein Lager daher lieber.



    Während ich mein Zelt auspacke, ausrolle und aufbaue, blicke ich Oskari hinterher. Es sieht so aus, als ob er zurückschaut und ich winke. Vermutlich sieht er es nicht mehr, die Entfernung ist bereits zu groß. Als das Zelt steht, beschließe ich direkt das Tal weiter zu erkunden. Das Wetter ist wieder traumhaft geworden und ich will die Möglichkeit auf ein paar Schönwetterbilder nicht verstreichen lassen. Dank dem Wind, der mittlerweile sein Unwesen hier oben treibt, habe ich das Zelt direkt hinter der alten Hütte aufgebaut.



    In der alten Kåtan und drumrum findet sich jede Menge Müll. Meist alte, verrostete Konservendosen oder Gaskartuschen, aber auch aktuellere Trekkingfoodverpackungen werden gerne dort abgelegt. Ist doch ätzend! Ich ärgere mich zum zweiten Mal auf der Tour über diese Ignoranz einiger Leute gegenüber dieser Landschaft. Eine Feuerstelle neben der Hütte enthält geschmolzene Plastikreste. Woher nehmen die Leute hier nur das Brennmaterial? Ach ja, die offen liegenden Holzstreben der alten Hütte brennen sicherlich prima... Der alte Stahlofen liegt umgekippt hinter der Hütte. Auch dort liegen Reste von Müll drin. Selbst, wenn ich wollte, so viel Müll bekomme ich nie und nimmer alleine hier weg. Ich lasse alles so wie es ist und starte meinen Erkundungsgang.

    Die Aussicht beruhigt mich umgehend wieder und lässt mich dahinträumen. Bogičohkka und Vássačorru.



    Ich strahle mit der sonne um die Wette!



    Das Tal wechselt von steinigen Passagen zu grünen Wiesen mit lauter Blümchen. Sommergefühle werden wach!



    Die Kulisse ist so wunderschön, dass ich mehr als 2 Stunden durchs Tal streife, rauf und runter, immer weiter weg vom Zelt.



    Das Abendlicht vermittelt eine heimelige Atmosphäre.



    Als ich bereits kurz vor dem Visttasvárri stehe, kehre ich um. Was für ein Fehler! An diesem Abend hätte ich dort rauf klettern sollen. Die Aussicht wäre atemberaubend gewesen! An dem Tag kam mir dieser Gedanke leider überhaupt nicht in den Sinn.



    Ich überquere das Tal und kehre auf der anderen Seite zurück.



    Wieder am Zelt, packe ich mein Kochgeschirr aus und zaubere mir eine warme Portion Nudeln mit Tomatensauce.



    Ich liege im Windschatten der alten Hütte mit dem Namen Tjatjajaurekåtan und lasse die Seele baumeln. Seit dem Belgier sind uns keine weiteren Leute begegnet. Abseits des Kungsleden werden selbst die schöneren und bekannteren Routen eher wenig frequentiert. Wer hier seine Ruhe sucht, wird sicherlich fündig!
    Irgendwann gegen halb 9 lege ich mich zur Ruhe. Der Tag fordert seinen Tribut ein und ich werde schlagartig müde. Na klar, frische Luft in Massen, gutes Essen und die Bewegung sind eine gesunde Kombination. Eine Portion fester Schlaf obendrauf und man hat die perfekte Mischung!



    Ich lasse das Zelt offen und schaue dann doch noch eine ganze Weile auf die Hänge des Unna Visttasčohkka und beobachte die Schattenspiele. Das Zelt bleibt heute Abend offen. Ich döse bei diesem schönen Ausblick langsam ein.

    Fazit des Tages: Das Visttasvággi hat seine Versprechen in jeder Hinsicht gehalten! Es war herrlich im dichteren Wald startend sich langsam hochzuarbeiten. Immer wieder hat man tolle Blicke auf die umliegenden Gipfel bekommen. Die Wolken hingen zum Glück sehr hoch. Mit Oskari war die Gesellschaft ebenfalls erstklassig! Achja, als ich Oskari beim Zeltaufbau gewunken habe, hat er sich tatsächlich umgedreht. Er hat ein Foto gemacht und mich vor einigen Tagen drauf angesprochen, ob ich ihm darauf winke oder er sich das nur einbildet. Er hat das Bild genau in dem Moment geschossen, als ich gewunken habe! Ja wir sind über Facebook weiterhin in Kontakt geblieben und ich habe seine weitere Tour verfolgt, als ich bereits lange nach meiner Eigenen daheim war. Bei ca. 1100 von 1000 geplanten Kilometern war er damit fertig. Respekt für diese Aktion. Kurz darauf stand ich selbst nur ganz knapp davor ähnlich zu handeln. Aber was ist danach? Ich habe mich diesen Schritt bislang nicht getraut, aber wer weis was die Zukunft noch bringt.
    Zuletzt geändert von efbomber; 15.02.2014, 14:18.

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    • Kuoika
      Erfahren
      • 23.08.2012
      • 471
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      #62
      AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

      Zauberschön. Mehr Worte braucht es nicht.

      Knuspriges Wasser - muss ich mir merken.

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      • Mika Hautamaeki
        Alter Hase
        • 30.05.2007
        • 4006
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        #63
        AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

        Teksti on perkele hyvää!
        So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
        A. v. Humboldt.

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        • GandalftheGrey
          Dauerbesucher
          • 19.05.2011
          • 614
          • Privat

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          #64
          AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

          Zitat von Mika Hautamaeki Beitrag anzeigen
          Teksti on perkele hyvää!
          Die Google-Übersetzung ist definitiv nicht jugendfrei... aber lustig!

          Hier noch eine Impression zum Thema von meiner 2011er Tour:



          @ efbomber: geiler Bericht, weiter so!
          Zuletzt geändert von GandalftheGrey; 31.01.2014, 17:37.

          Kommentar


          • Mika Hautamaeki
            Alter Hase
            • 30.05.2007
            • 4006
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            #65
            AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

            Zitat von GandalftheGrey Beitrag anzeigen
            Die Google-Übersetzung ist definitiv nicht jugendfrei... aber lustig!

            Hier noch eine Impression zum Thema von meiner 2011er Tour:


            @ efbomber: geiler Bericht, weiter so!
            OT: Genial, was der Translater alles macht, wenn man nur einzelne Buchstaben in Teksti ändert, nimm mal rückwärts die Buchstaben einzeln weg...
            So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
            A. v. Humboldt.

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            • Mortias
              Fuchs
              • 10.06.2004
              • 1279
              • Privat

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              #66
              AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

              Sehr schick und es freut mich natürlich auch zu lesen, dass ich Dir mit meinem Tipp zu einer schönen Etappe verhelfen konnte. Wobei ich finde, dass man beim Vistasvaggi (besonders beim Abschnitt Vistasstuga - Alesjaure) eigentlich auch nicht viel falsch machen kann, wenn man ne schöne Route sucht. Und die Gesellschaft und Erzählungen von Oskari haben den Abschnitt natürlich nochmal zusätzlich aufgewertet.

              OT: Bei der Erwähnung, dass Oskari ein Buch der Game of Thrones Reihe dabei hatte musste ich sehr schmunzeln. Ich hatte die Bücher selber im letzten Frühjahr gelesen, und hätte ich die nicht so schnell durchgelesen, so wäre son Buch ein super Leseproviant für meine Tour gewesen, da die englische Ausgabe pro Band über 1000 Seiten besitzt und auch ein angenehm kompaktes Format hat. Kann Dir nur empfehlen die Bücher zu lesen, aber Vorsicht: Die Reihe ist noch nicht abgeschlossen. Und bist Du erstmal mit Band 5 (bzw. im deutschen Band 10) durch, so beginnt die lange Zeit des Wartens auf die Fortsetzung.

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              • Trolltinden
                Gerne im Forum
                • 14.01.2013
                • 61
                • Privat

                • Meine Reisen

                #67
                AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                Sehr sehr schön. Der obere Teil des Visttasvággi ist traumhaft. Ich liebe es, wenn die Birken lichter werden und man die Baumgrenze überschreitet. Das Hochtal ist mit den grünen Wiesen und Blumen wieder mal einzigartig. Super, bin gespannt auf weiteres.
                Lg
                Christoph

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                • efbomber
                  Erfahren
                  • 23.08.2010
                  • 228
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #68
                  AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                  Zitat von Mika Hautamaeki Beitrag anzeigen
                  Teksti on perkele hyvää!
                  Kiitos!

                  Zitat von GandalftheGrey Beitrag anzeigen
                  Hier noch eine Impression zum Thema von meiner 2011er Tour:

                  Sehr genial! Das zeigt, dass die Finnen stolz auf ihre Schimpfwortkultur sind

                  Zitat von Mortias Beitrag anzeigen
                  Sehr schick und es freut mich natürlich auch zu lesen, dass ich Dir mit meinem Tipp zu einer schönen Etappe verhelfen konnte. Wobei ich finde, dass man beim Vistasvaggi (besonders beim Abschnitt Vistasstuga - Alesjaure) eigentlich auch nicht viel falsch machen kann, wenn man ne schöne Route sucht.
                  Absolut richtig! Einfach wunderschön und ich bin froh, dass ich das Tal als kleines Highlight mitnehmen durfte

                  Zitat von Mortias Beitrag anzeigen
                  OT: Bei der Erwähnung, dass Oskari ein Buch der Game of Thrones Reihe dabei hatte musste ich sehr schmunzeln. Ich hatte die Bücher selber im letzten Frühjahr gelesen, und hätte ich die nicht so schnell durchgelesen, so wäre son Buch ein super Leseproviant für meine Tour gewesen, da die englische Ausgabe pro Band über 1000 Seiten besitzt und auch ein angenehm kompaktes Format hat. Kann Dir nur empfehlen die Bücher zu lesen, aber Vorsicht: Die Reihe ist noch nicht abgeschlossen. Und bist Du erstmal mit Band 5 (bzw. im deutschen Band 10) durch, so beginnt die lange Zeit des Wartens auf die Fortsetzung.
                  OT: Ich habe mir ebenfalls die englische Ausgabe geholt. Der Preis stimmt hier einfach! Ich zahl doch nicht 15 Euro pro Band, also 30 Euro pro Buch, wenn ich die bisher komplette englische Ausgabe für nur 25 Euro bekommen kann! Dass die Geschichte noch nicht fertig ist, ist mir ebenfalls bekannt. Bin dass aber schon von Clive Barkers Abarat-Reihe gewöhnt

                  Zitat von Trolltinden Beitrag anzeigen
                  Sehr sehr schön. Der obere Teil des Visttasvággi ist traumhaft. Ich liebe es, wenn die Birken lichter werden und man die Baumgrenze überschreitet. Das Hochtal ist mit den grünen Wiesen und Blumen wieder mal einzigartig.
                  Genau so ging es mir dort auch! Vom Wald in den Busch auf offenes, kargeres Gelände und schließlich ins Hochtal! Genial!

                  An dieser Stelle euch allen ein Danke Schön, dass ihr so eifrig mitlest. Gleich gibt es das nächste Kapitel.

                  LG
                  David

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                  • efbomber
                    Erfahren
                    • 23.08.2010
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                    AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                    Kapitel 12 - Flucht nach Vorne
                    28.06

                    Es ist immer wieder erstaunlich, wie schnell sich hier oben das Wetter vom Guten zum Schlechten wenden kann. Irgendwann in der Nacht werde ich wach und stelle erschrocken fest, dass ein ordentliches Lüftchen weht und die ersten Regentropfen in meinem noch immer offen stehenden Zelt landen. In Null-Komma-Nichts bin ich auf 180 und führe eine Schnellinventur meiner Kleidung durch, die auf dem Rucksack in der Apsis liegt. Es ist noch alles vorhanden, Glück gehabt! Ich schließe das Zelt und lege mich wieder hin. Die Müdigkeit suche ich in den nächsten 3 Stunden vergeblich. Es fängt nämlich an zu regnen, anfangs noch moderat, später immer stärker. Die Windböen lassen die Tropfen mit einem gewalttätigen Stakkato auf die Zeltplane niederprasseln, aber irgendwann übermannt mich doch die Müdigkeit und ich schlafe bis ca. 10 Uhr morgens. Die Laune hält sich stark in Grenzen. Als ich hinaus blicke, bin ich froh in der Wolkensuppe die alte Hütte 5 Meter weiter sehen zu können. Ich bereite mir in Ruhe mein Frühstück zu, der Wassersack hat noch mehr als genug Wasser, so dass ich mir den Gang durch den Regen sparen kann. Frühstück im Schlafsack hat ja auch was, aber die Umstände, die dazu führen, könnten ein wenig erfreulicher sein.

                    Gegen 12:30 Uhr lässt der Regen ab und an nach und ich strecke meinen Kopf hinaus. Das erste Foto des Tages entsteht bei mittlerweile fast schon wieder guten Verhältnissen!



                    Somit ziehe ich mich langsam an, packe alles im Zelt ein, was möglich ist und hoffe, dass es bald erträglich wird, ins Freie zu kriechen. Eine Stunde später ist es dann schlagartig so weit und ich schaffe es trocken vor das Zelt. Die Zeit für eine verspätete Morgentoilette nehme ich mir einfach, Zähneputzen nach jeder Mahlzeit muss einfach sein! Anschließend schüttele ich die Nässe vom Zelt und packe es klamm ein. Um 14:30 bin ich dann endlich startklar, die Laune wieder prima, da die Sonne es auch zumindest zeitweise geschafft hat, sich durch die Wolkendecke zu schlagen.



                    Ich bewege mich zügig durch das Tal, habe ja bereits gestern fast alles erkundet. Ich habe gewaltiges Glück, dass ich in Richtung Alisjávri unterwegs bin und nicht zur Vistasstugan. Der Wind ist sehr stark und pustet mich in Laufrichtung voran. Den ganzen Tag dagegen anrennen würde etwas unangenehm werden. Ich hege die Hoffnung, dass es weiter unten beim See weniger windig wird. Bei jedem Blick zurück strafft der Wind unerbittlich meine Gesichtshaut.



                    Immer weider faszinieren mich diese losen Geröllansammlungen. Die Gipfel sehen teilweise porös wie ein Zuckerhut aus, den man mit Wasser überschüttet hat.



                    Noch ist der Weg gut sichtbar. Am Ende des Bajip Čazajávri kann man bereits die wolkenverhangenen Gipfel des Tjålmeåive erkennen. Trotz des trüben Wetters gestern bin ich froh, die Etappe nicht heute gelaufen zu sein. Visttasvággi bei den morgendlichen Regenstunden hätte sicherlich keine Freude bereitet und die Berge hätten sich alle in den Wolken versteckt.



                    Der Hauptpfad führt hier oben Richtung Alesjaurestugorna, wohin ich aber nicht möchte. Ich verlasse also den Pfad und laufe querfeldein runter zum Samidorf Alisjávri. Nach einigen Passagen Busch und Sumpf, gelange ich auf einen kleinen Pfad, der genau hinunter ins Dorf führt. Von hier oben sieht das so schön idyllisch aus!



                    Ich meine eine Tür unten im Dorf zuschlagen zu sehen, bin mir aber nicht sicher. Einige Meter weiter rennt jemand über den Platz in ein Haus. Also ist Alisjávri doch nicht ganz verlassen und die ersten Sami bereiten schon ihren Sommeraufenthalt vor.
                    Von hier oben bekommt man einen herrlichen Ausblick auf Alesjaure!



                    Mein Weg führt mich direkt durchs Dorf, ich finde es traumhaft schön und könnte mir sehr gut vorstellen meinen Sommer an einem Ort wie diesem zu verbringen. Ich schlendere durch die Vorgärten und lasse die Atmosphäre auf mich wirken. Kleine winzige Steingärten gibt es an einigen Hütten, die meistens typisch in Rot gehalten sind. Einige wenige Blau- oder Graufarbene stellen die Ausnahme. Vor den Hütten gibt es große, in Tipiform gestellte Birkenstämme. Ich vermute es handelt sich um Feuerholz, dass im Winter mit den Schneemobilen angefahren wird und nicht im Schnee und Matsch liegen soll. Eine Person erblicke ich aber nicht. Alles ist ruhig und still und weckt das Gefühl in mir, mich in einer Geisterstadt zu bewegen. Der Wind ist hier unten nicht mehr so extrem und man hört es nur oben aus dem Tal herunterpfeifen. Irgendwie unheimlich. Ich gehe langsam weiter und traue mich am Ende des Dörfchens noch ein Foto zu schießen.



                    Es führen sehr viele Wege aus Alisjávri heraus. Ich entscheide mich für einen breitspurigen Quadtrail und bereue es einige Meter weiter. Ich stehe mitten im Sumpf und watschele vorsichtig an dessen Rand. Über eine kleine Kuppe hinweg kann ich einen anderen Pfad ausmachen, auf den ich sofort wechsle. Gleiches Spiel hier, 200 Meter weiter verschwindet er im Nirgendwo und ich stehe wieder im Sumpf. Das Spiel wiederholt sich noch mehrere Male. An dieser Stelle meine Empfehlung für alle, die dort mal langlaufen möchten, geht euren eigenen Weg und haltet euch nicht an Quadspuren, Trampelpfade und Wildwege. Ich vermute gerade wegen den Rentieren gibt es hier oben dutzende Pfade, die keine sind. Irgendwann beschließe ich mich an eben gegebenen Ratschlag zu halten und lasse jeden Weg links und rechts von mir liegen. Als ich zurückblicke pustet der Wind ordentlich, die Aussicht ist aber toll. Im Hintergrund die etwas bedrohlich wirkenden Wolken und ich laufe schön in einem Schönwetterloch davon. So kann es gerne bleiben, aber wirklich rechnen tue ich damit nicht. Ganz genau am See kann man leider nicht langlaufen, ein elend langer Rentierzaun verhindert das. Einen Überstieg habe ich nicht entdecken können, allerdings laufe ich meist am Fuße des Visttasvárri lang, so dass nicht immer der Zaun zu sehen ist. Eine Möglichkeit diesen zu überklettern oder passieren, kann mir daher durchaus entgangen sein.



                    Der Ausblick von weiter oben ist sowieso viel schöner. Das Farbenspiel des Sees Alisjávri ist wahnsinnig toll.





                    Heute ist einer der Tage, wo es einfach läuft. Der späte Start ist zwar nicht so schön gewesen, aber dank der Mitternachtssonne stellt dies kein Problem dar. Zu meiner Rechten vernehme ich ein leises Tosen, welches ich sofort einem Wasserfall zuordne. Und tatsächlich wird auch kurz darauf der Blick darauf frei. Vorne ragt schon der Gipfel des Njuikkostakbákti in den Himmel.





                    Ich überlege kurz, ob es sich lohnt dort hin zu laufen und entscheide mich dagegen. Ein größeres Sumpffeld liegt zwischen mir und dem Wasserfall. Das Wetter ist auch nicht ideal um ein Bad zu nehmen und so laufe ich weiter. Schon am Abend werde ich mich ärgern, diese Möglichkeit nicht genutzt zu haben. Ich bin einfach tierisch neugierig wie das dort von Nahem aussehen mag.
                    Plötzlich stehe ich vor einem schnell fließendem Bächlein. Gerade breit genug, dass man nicht mit einem Schritt drübersteigen kann. Heute habe ich aber keine Lust jetzt schon meine Furtschuhe zu verwenden und ich folge dem Wasserlauf etwas flussaufwärts. Ich habe Glück und komme an eine Stelle, wo ein größerer Stein mitten im Bach liegt und überspült wird. Mit Zuhilfenahme von meinen Wanderstöcken kann ich mich auf dem Stein problemlos ausbalancieren und den Fluss ganz normal überqueren. Zur Belohnung bekomme ich ein schönes Fotomotiv kurz dahinter geboten.



                    Irgendwie gefällt mir die Aussicht von weiter oben viel besser und ich klettere immer weiter Richtung Hang. Die Landschaft ist toll und einfach anders im Vergleich zum Gegenstück des Kungsleden auf der westlichen Seite des Alisjávri. Die felsigen Stellen wirken wie zähflüssig dahingegossen und anschließend geglättet. Beim Aufstieg muss ich aber an einer zu hohen Felswand entlang, habe in etwa eine Fußbreite platz zum Laufen während Weidengestrüpp mich vom Hang wegdrückt und zu meiner Linken ist ein extrem breiter, matschiger, mit Schmelzwasser gefluteter Bereich. Eine Möwe zieht ihre Kreise über mich hinweg und macht Radau, ich schaue hoch und wie soll es auch anders sein, stolpere über meinen eigenen Wanderstock und rutsche endgültig aus beim Versuch festen Boden unter die Füße zu bekommen. Beim Fallen kann ich mich noch zur Seite drehen und lande mit dem Rucksack voran im Dreck. Es erwischt nur mein linkes Hosenbein und der Rucksack liebt ja ohnehin Matsch. Ich muss einfach drauf loslachen und rappele mich dabei langsam wieder auf. Der weitere Verlauf nach oben wird angenehmer! Der Blick zurück ist klasse, nach vorne sieht man nicht viel, da immer weitere Felsen, die höher als die Vorangegangenen sind, die Aussicht verdecken.



                    Die Sonne reflektiert vom Alisjávri und hält mir den Rücken frei. Auch wenn es wettertechnisch besser hätte sein können, zum Wandern ist der Tag perfekt! Trocken und nicht zu warm, so dass man selbst eingepackt in Softshell und Mütze nicht all zu sehr ins Schwitzen kommt. Das Hosenbein trocknet in wenigen Minuten. Einige Meter weiter trifft mich ein Schwall Wärme von Hinten. Ich drehe mich um und stehe mitten im Sonnenloch! Was für ein tolles Gefühl. Ich bleibe stehen und genieße den Moment!



                    Irgendwann muss ich feststellen, dass es nach hoch auch wieder runter geht. Dies erweist sich allerdings als weitaus komplizierter, da die Felsen steil und in großer Kaskadenform abfallen. An einer Stelle bleibt mir nichts anderes übrig, als meinen Rucksack abzulegen und vorsichtig hinunterzuwerfen. Es sind ungefähr 2 Meter, die ich hinab muss und will meine Knie nicht mit dem Zusatzgewicht belasten. Die Wanderstöcke werfe ich ebenfalls runter, sie bleiben im Matsch stecken und ich frage mich, ob ich gleich hüfttief in der Suppe verschwinde, wenn ich mich hinablasse. Jetzt gibt es aber kein Zurück mehr. Die Ausrüstung ist dort unten, ich muss jetzt hinterher. Vorsichtig setze ich mich an die Kante und rutsche langsam hinab. Der Fall beträgt jetzt vielleicht nur noch 120 / 130 cm. Ich komme hart auf. Der Untergrund am Felsen ist sehr fest. Nur ein Meter weiter ist alles matschig und siffig. Glück gehabt. Der weitere Verlauf wird aber noch haarstäubender, so dass ich mich entschließe zum see abzusteigen. Dazu muss ich stellenweise sogar einige Meter zurück laufen, um nicht wieder Rutschpartien von mehreren Metern in Kauf zu nehmen. Ist mir egal, mein Tagesziel ist irgendwo am Áhpparjávri, ist ja nicht mehr so weit.



                    Die Impressionen, die mir das Kraxeln gebracht hat, möchte ich auch nicht missen. Viele keine Details sind mir ins Auge gesprungen und haben diese Etappe damit bereichert. Kraxelbegeisterte hätten sicherlich ihren Spaß gehabt und ich meine, wenn man noch weiter am Hang langgelaufen wäre, könnte man sogar einige Meter Weg einsparen und eine schönere Aussicht genießen.
                    Wie windig es in dieser Gegend ist, kann man gut an dieser einzeln stehenden Birke erkennen.



                    Nach ca. 2 1/2 Stunden stehe ich am Ende des Alisjávri. Der Weg führt jetzt gut sichtbar an den Seen entlang und ich beschließe ihm wieder mein Vertrauen zu schenken, mit der Hoffnung, dass er mich nicht erneut fehlleitet.



                    Den Weg in entgegengesetzter Richtung zu laufen, würde eine Sonnenbrille fast unabdingbar machen. Jedes Mal, wenn ich zurückschaue, reflektiert sie sich von der Wasseroberfläche.



                    Auf diesem Bild erkennt man gut die Hügelchen vor dem Njuikkostakbákti, die seicht hinauf führen, aber dann plötzlich abbrechen und einen zum Klettern zwingen.



                    Ich laufe anfangs sehr nahe am Rádujávri lang und entspanne mich. Irgendwo dort lege ich meinen Rucksack ab und haue mich für 15 Minuten in die Sonne. Schokolade, frisches Wasser und ein paar Trockenfeigen versüßen mir die Pause. Auf dem Kungsleden ist heute schon mehr los, der weitläufige Blick gab schon während der ganzen Etappe immer wieder vereinzelte, bunte Punkte preis, die in beide Richtungen unterwegs sind. Tja, auf meiner Seite bin ich mutterseelenallein und freue mich darüber. So schön die Bekanntschaften und Hüttentage auch waren, so gerne will ich ein wenig dieser lappländischen Einsamkeit für mich ganz alleine haben.
                    Als die Pause vorbei ist, laufe ich wieder zu den ersten Felsvorsprüngen. Auf einmal stelle ich fest, dass der Wind endlich nachlässt. Ich freue mich und hoffe, dass so das schöne Wetter länger erhalten bleibt. Dann bemerke ich schnell, dass der vermeintliche Segen ein Fluch ist. Vor mir erheben sich im windgeschützen Bereich die Mücken und wittern bereits ihre Mahlzeit!

                    Kurz bevor ich dank dem Ausläufer hier in einen großen windstillen Bereich gelange. Die Wetterlage ändert sich nicht, wie ich zuerst annahm.



                    Meine Schritte werden moderat schneller, verdoppeln sich, dann renne ich bald durch die Landschaft. Irgendwann hab ich die Schnauze voll und packe das Insektenmittelchen auf die Haut und Ruhe ist. Das ständige Summen der Viecher geht mir aber auf die Nüsse. Man kann nicht alles haben! Der Weg ist recht einfach und nur von wenigen sumpfigen Stellen geprägt, die sich auch noch sehr leicht umgehen lassen.



                    Der Weg bis zum Gletscherfluss Godujohka, der vom Goduglaciären gespeist wird, vergeht wie im Flug. Am Strom angekommen ist sofort klar, dass hier ein Schuhwechseln von Nöten ist. Ich fackel nicht lange rum und beeile mich die Neoprenschuhe anzuziehen. Die Mücken nehmen das kurzfristige Angebot an und malträtieren meine Waden und Kniekehlen. Ich schreite langsam durchs Wasser und entspanne im kühlenden Nass. Die Mücken lassen mich hier in Ruhe und die frischen Stiche jucken Dank der Kälte nicht.



                    Irgendwann bin ich aber drüben und ziehe sofort die Hosenbeine runter. Das Trocknen und Stiefel anziehen dauert nur wenige Sekunden. Erst als die Schnürsenkel wieder festgebunden sind, beruhige ich mich. Mygga wird noch flott nachgetragen und unterdessen vernehme ich Vogellaute um mich herum. Ich mache mich weiter auf den Weg und stehe einige Schritte später direkt vor der nächsten breiten Furt. Diese meistere ich ebenfalls ohne größere Probleme und gehe weiter. Die Vogellaute tauchen wieder auf und ich bleibe stehen um den Übeltäter auszumachen. Ich kann nichts entdecken und laufe weiter. Dann auf einmal wieder dieser Laut. Jetzt von rechts her. Und tatsächlich erblicke ich in der Ferne einen Vogel auf einem Stein, der fröhlich vor sich dahinpfeift. Meine erste Bekanntschaft mit dem Goldregenpfeifer oder Fjällpiparen, wie die Schweden sagen. Auf den Bildern ist der kleine Piepmatz leider kaum zu erkennen. Er verfolgt mich noch einige hundert Meter, bevor er von mir ab lässt. Beim Blick zurück stärkt mir immer noch die Sonne den Rücken!



                    Ab jetzt wird es wieder windiger und die Mückenplage lässt sofort nach. Der Blick auf Rádujávri, Miesákjávri und Áhpparjávri ist richtig toll. Am Anfang der Tour wollte ich ja unbedingt hier lang und jetzt habe ich meinen Willen bekommen. Eine wirklich tolle Gegend!



                    Ab jetzt wird es nochmals kurz anstrengender. Ein paar Moränen müssen überquert werden. In den Tälern sind noch Reste von alten Schneefeldern und Schmelzwasser, was die Wegfindung ein klein bisschen erschwert. Die Markierungen des Winterwanderwegs geben mir hier aber einen etwaigen Anhaltspunkt. Und plötzlich stehe ich vor einem kleinen, namenlosen See. Der Ausblick auf den Šiellačohkka ist richtig schön.



                    Ich werfe den Rucksack ab und überlege kurz. Schöne Aussicht, kleiner privater See, Wind direkt aus dem Tal, der die Mücken in Schach hält. Ich beschließe schon hier mein Nachtlager aufzubauen und den ohnehin schon spät gestarteten Tag früh zu beenden.



                    Das Zelt steht bereits um 19:40 und irgendwie fühle ich mich nicht ausgelastet. Aber jetzt habe ich noch sage und schreibe 6 volle Tage vor mir! Wie soll ich denn noch laufen, ohne vorzeitig bei Abikso anzukommen? Ich packe meinen Trangiakocher aus und bereite mir die allabendliche Portion Nudeln vor. Das ist das erste Mal, dass ich den Spiritus nachfüllen muss. Der Wind ist so stark, dass ich versuche mit Hilfe von Rucksack und meinem eigenen Körper den Kocher so gut wie möglich abzuschirmen, aber der volle Brenn-Behälter ist trotzdem leer, bevor mein Essen fertig ist. Soll mir egal sein, habe sowieso noch mehr als genug Spiritus dabei. Heute gibt es eine Tomatensauce auf Basis von Jalapenogewürz. Ich liebe scharfes Essen und ist auch mal was anderes. Leider ist von dem Zeug eine ganze Packung auf einen Topf einfach zu viel. Ich fülle daher extra den Wassersack für die Nacht auf. Salziges Essen macht bekanntlich Durst!



                    Als ich am See das erste Mal einen Schluck Wasser entnehme und koste, verzieht sich mir das Gesicht. Das ist jetzt das erste Mal, dass das Wasser hier oben einen ekeligen Nachgeschmack hat. Eine Note von Wacholderbusch sticht durch. Ich frage mich, ob der Geschmack von einer Metallsorte herrühren kann und bin mir unschlüssig, ob ich dieses Wasser trinken soll. Aber rund um den see sind viele Wacholdersträucher und vielleicht rührt der Geschmack tatsächlich daher. Ich nehme das Wasser mit und denke mir nichts mehr dazu.
                    Der Miesákčohkka im Abendlicht.



                    Den Abend verbringe ich durch die Gegend streifend bevor ich mich ins Zelt verdrücke. Der Wind ist fies und ich sehne mich nach dem wärmenden Schlafsack.

                    Was soll ich dazu noch groß sagen? Heute war das genaue Gegenstück zum Tourentag Tjäktja - Sälka. Ich bin immer mit der Sonne gelaufen, was mich den anfänglichen Tagesstart mit Dauerregen sofort vergessen ließ. Man befindet sich zwar nur auf der gegenüberliegenden Etappe zum Kungsleden, aber ist hier direkt viel abgeschiedener unterwegs. Einzige Manko sind die vielen unnützen Pfade und Wege um Alisjávri, die ins Nirgendwo führen. Wenn man das aber mal weis, lässt man sich nicht mehr dadurch irritieren. Die Blautöne der Seen haben auch an diesem Tag wieder ihren Zauber bei mir gewirkt. Die Etappe lohnt sich!

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                    • Dwalinn
                      Gerne im Forum
                      • 26.07.2009
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                      #70
                      AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                      Toller Bericht! Ich bin auf die nächsten Etappen sehr gespannt.

                      Edit: Glatt vergessen: Vielen Dank für die Mühe, die du dir mit diesem ausführlichen Bericht machst!
                      Zuletzt geändert von Dwalinn; 02.02.2014, 15:21.

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                      • Mortias
                        Fuchs
                        • 10.06.2004
                        • 1279
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #71
                        AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                        Zitat von efbomber Beitrag anzeigen
                        So schön die Bekanntschaften und Hüttentage auch waren, so gerne will ich ein wenig dieser lappländischen Einsamkeit für mich ganz alleine haben.
                        Ich würd mal sagen da sprichst Du mir ziemlich gut aus der Seele, das empfinde ich sehr ähnlich.

                        Zitat von efbomber Beitrag anzeigen
                        Und tatsächlich erblicke ich in der Ferne einen Vogel auf einem Stein, der fröhlich vor sich dahinpfeift. Meine erste Bekanntschaft mit dem Goldregenpfeifer oder Fjällpiparen, wie die Schweden sagen.
                        Der schwedische Name ist ja lustig, aber passt finde ich, ziemlich gut. Ich bezeichne die Viecher auch immer als Piepvögel. Und manchmal können sie ziemlich nervig werden.

                        Zitat von efbomber Beitrag anzeigen
                        Ich liebe scharfes Essen und ist auch mal was anderes. Leider ist von dem Zeug eine ganze Packung auf einen Topf einfach zu viel. Ich fülle daher extra den Wassersack für die Nacht auf. Salziges Essen macht bekanntlich Durst!
                        Jo das kenn ich nur zu gut. Ich hau mir Abends auch gerne mal ordentlich Salz in die Nudeln, einfach um mehr Geschmack zu haben. Und jedes Mal ärgere ich mich dann, dass ich tierischen Durst habe und nachts dann entsprechend häufig austreten muss.

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                        • Eld
                          Gerne im Forum
                          • 16.05.2003
                          • 64
                          • Privat

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                          #72
                          AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                          Sehr schöner Bericht, es macht sehr viel Spaß ihn zu lesen.
                          Vielen Dank das Du dir diese Mühe machst.
                          Freue mich schon auf den nächsten Abschnitt
                          "Es gibt keine frustrierteren Naturforscher als Astronomen im Nebel."

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                          • HAL 23562
                            Dauerbesucher
                            • 31.12.2005
                            • 558
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                            • Meine Reisen

                            #73
                            AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                            Zitat von efbomber Beitrag anzeigen
                            Hallo HAL! Wow spitze! Ich hebe meinen Hut vor allen, die so eine lange Tour auf die Beine gestemmt bekommen
                            Wäre da nicht mal ein Reisebericht von dir fällig?
                            Hallo David,
                            meine Reiseberichte für Faltboot und Rucksack und anderes Zeugs zum Thema Outdoor stell ich immer auf meiner Website "Plünnenkreuzer". Den letzten vom Fjäll hab ich leider noch nicht gemacht - hatte einfach noch keine Zeit dafür da viele andere Projekte. :-)
                            Zitat von efbomber Beitrag anzeigen
                            Blöd wenn man gezwungen ist abzubrechen, aber die Gesundheit sollte immer vor gehen, auch wenn man das nicht immer wahr haben will.
                            Reinhold Messmer soll mal gesagt haben, dass er überlebt hat, weil er umkehren konnte, und wenn es 100 m unter dem Gipfel sein musste. Ich bin natürlich Lichtjahre von Messmer entfernt aber ich konnte zum Glück auch umkehren. Und da ich weiß wie besch... sich das anfühlt kann ich Dir nur meine Hochachtung sagen. Auch zu Deinem Mut dazu zu stehen. Meine Entscheidung erwies sich hinterher sogar als 150% richtig und Deine wird das wohl auch gewesen sein.
                            Zitat von efbomber Beitrag anzeigen
                            Wie viel von deiner Tour konntest du denn nicht beenden?
                            Seufz ... sehr, sehr viel! Ich wollte eigentlich über nördlichen Kungsleden, südlichen Kungsleden und europäischen Fernwanderweg bis Göteborg. Ich bin Mitte letzten Jahres in den Ruhestand gegangen und die Tour war der Traum vieler Jahre. War ich deprimiert. Aber vielleicht werde ich den nördlichen diesen Sommer beenden und noch eine Weile im Bereich des südlichen trekken. Schaun mer mal.

                            Deine Eindrücke kann ich nur zu gut teilen. Ich schau mir Deine Bilder an und denk manchmal ich hätte sie gemacht.
                            Ich wollte Ende Juni nach der Ankunft in Abisko eigentlich auch dort übernachten. Das Wetter war jedoch zu schön und so machte ich mich eine Stunde nach Ankunft auf den Weg. Ganz gemütlich. Gegen Mitternacht war ich dann in Abiskojaure und die Mitternachtssonne erhellte alles.
                            Der Weg zur Alesjaure war auch für mich ähnlich wie von Dir beschrieben. Die letzten 5 Kilometer zur Hütte nahm mich allerdings ein Sami auf seinem Quad mit. Der höllischste Ritt meines Lebens! Absolut, quer durchs Fjäll.
                            Das Vistavaggi erlebte ich z.T. im Regen und es war trotzdem einer der Höhepunkte der Tour, es ist sogar im Regen wunderschön - aber man wird nass bis auf die Knochen.
                            Der Weg zur Nallo rauf war anstrengend und spektakulär - anfangs lohnte es sich auch immer wieder zurück zu schauen. Ich bin dann an der offiziellen Watstelle - war das ätzend an der Hütte vorbei zu laufen - trockenen Fusses von Stein zu Stein rüber zur Hütte. Auch bei mir war die taffe und total nette Stugvärd nicht da und wollte auch um 16.00 zurück sein. War sie auch, auf die Minute. War mal eben zu ihren Freunden in der Sälka zum Kaffee geflitzt. Was das bedeutet habe ich dann am nächsten Tag gesehen.
                            Allein die Schneefelder am steilen Hang überm Fluss und die scheinbar endlosen Steinfelder. Und dann diese Kulisse und die erste richtige Wataktion im ziemlich reißenden und eiskalten Seeabfluss. Irgendwann tauchte ganz winzig unten im Tal die Sälka auf. Was für ein Wunder - vom grauen Mond ins grüne Hobbitland. Unten im Hobbitland gings an flinken Gewässern über besagte Holzplanke zur Hütte. Hast Du auch das künstliche Gebirge nahe der neuen Toilette gesehen?
                            Ich nehme an, dass sich dann unsere Wege trennten, da ich zur Hukejaure weiterging und da landete ich dann endgültig auf dem Mond.
                            Bin gespannt auf den restlichen Bericht.

                            Gruß - Hartmut
                            Vieles kommt - aber alles geht!

                            Den Plünnenkreuzer, Landgänger und das neue raus&weg-Blog findet ihr entsprechend der Forumsregeln unter diesem einen Link - click!

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                            • efbomber
                              Erfahren
                              • 23.08.2010
                              • 228
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                              #74
                              AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                              Zitat von Mortias Beitrag anzeigen
                              Der schwedische Name ist ja lustig, aber passt finde ich, ziemlich gut. Ich bezeichne die Viecher auch immer als Piepvögel. Und manchmal können sie ziemlich nervig werden.
                              Der schwedische Name ist mehr als treffend! Und ja, die wurden auch noch extrem anhänglich

                              Zitat von Mortias Beitrag anzeigen
                              Jo das kenn ich nur zu gut. Ich hau mir Abends auch gerne mal ordentlich Salz in die Nudeln, einfach um mehr Geschmack zu haben. Und jedes Mal ärgere ich mich dann, dass ich tierischen Durst habe und nachts dann entsprechend häufig austreten muss.
                              Richtig, meistens dann, wenn man extrem gut geschlafen hat, weckt einen dieses Bedürfnis mal auszutreten. Raus ausm warmen Schlafsack. Oder man wartet bis man eh aufstehen muss, allerdings wird das dann kaum was mit dem Pennen

                              Zitat von HAL 23562 Beitrag anzeigen
                              Hallo David,
                              meine Reiseberichte für Faltboot und Rucksack und anderes Zeugs zum Thema Outdoor stell ich immer auf meiner Website "Plünnenkreuzer". Den letzten vom Fjäll hab ich leider noch nicht gemacht - hatte einfach noch keine Zeit dafür da viele andere Projekte. :-)
                              Danke für den Link! Werde ich mir in meinen Mittagspausen ansehen und wie so oft meiner ekeligen Realität als Systemadmin entfliehen

                              Zitat von HAL 23562 Beitrag anzeigen
                              Reinhold Messmer soll mal gesagt haben, dass er überlebt hat, weil er umkehren konnte, und wenn es 100 m unter dem Gipfel sein musste. Ich bin natürlich Lichtjahre von Messmer entfernt aber ich konnte zum Glück auch umkehren. Und da ich weiß wie besch... sich das anfühlt kann ich Dir nur meine Hochachtung sagen. Auch zu Deinem Mut dazu zu stehen. Meine Entscheidung erwies sich hinterher sogar als 150% richtig und Deine wird das wohl auch gewesen sein.
                              Absolut! Der Reinhold ist nicht blöd und ich versuche auch immer die richtigen Entscheidungen zu treffen, auch wenn manchmal ein bitterer Beigeschmack vorhanden ist. In den restlichen Tagen der Tour wird zu dem Thema noch einiges kommen und im Fazit werde ich auch noch näher darauf zu sprechen kommen!

                              Zitat von HAL 23562 Beitrag anzeigen
                              Hast Du auch das künstliche Gebirge nahe der neuen Toilette gesehen?
                              Hmmm meinst du etwa dieses "künstliche Gebirge"?


                              Zitat von HAL 23562 Beitrag anzeigen
                              Ich nehme an, dass sich dann unsere Wege trennten, da ich zur Hukejaure weiterging und da landete ich dann endgültig auf dem Mond.
                              Da hast du Recht. Hukejaure stand in meiner Auswahl für die längste Route, daraus ist aber nichts geworden. Diesmal jedenfalls nicht Ich finde das aber super, dass du dir diesen Traum dann wenigstens nach und nach erfüllst! Viele werfen dann die Flinte gleich ins Korn. Kompromisse finden ist das Zauberwort! Ich werde auch vermutlich nie von meinem aktuellen Arbeitgeber mehr als 3 Wochen am Stück Urlaub bekommen. Aber dann muss ich mich aktuell damit arrangieren und später kann man immer noch gucken, dass mal mehr draus wird

                              Freut mich bislang sehr, dass ich mit dem Bericht so viel positives Interesse wecken kann und zeitgleich entschuldige ich mich, dass ich im Lauf der Woche kein weiteres Kapitel fertiggestellt habe. Aber beruflich und privat bin ich zu stark eingebunden gewesen.

                              Später im Verlauf des Tages gibt es dann Kapitel 13!
                              Viele Grüße
                              David

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                              • efbomber
                                Erfahren
                                • 23.08.2010
                                • 228
                                • Privat

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                                #75
                                AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                Kapitel 13 - Endlich Wildnis
                                29.06

                                Es pustet und pustet, das Zelt steht wie eine 1! Es ist frisch geworden und meine Apsis ist voller Mücken. Die Biester sind aber kein Stück in Stechlaune und nur heilfroh, dass sie hier einen windgeschützten Unterschlupf finden konnten. Es ist kurz vor 8, ich habe sehr gut geschlafen und fühle mich, als könnte ich Bäume ausreißen! Schnell kleide ich mich an und bereite mir das Müsli zu. Die Schokopops werden übersichtlich. Das Zeug befindet sich immer oben in der Tüte und verschwindet bei den ersten 2 bis 3 Ausschüttungen. Danach wird man aber bei gleichem Volumen satter, da mehr Haferflocken im Topf sind!
                                Gegessen wird draußen, ich wende mich dazu vom Wind ab, damit das Müsli nicht vom Löffel fliegt. Bevor das Zelt abgebaut wird, entschließe ich mich noch schnell eine kleine Körperwäsche einzulegen. Das Ufer am See ist flach und man kommt leicht ins sehr flache Wasser. Es wird eisig so ganz ohne Klamotten und ich beeile mich anschließend wieder hineinzusteigen. Um 20 nach 9 bin ich mit allem fertig und 10 Minuten später ist auch das Zelt verpackt und ich laufe los!



                                Die dichten und teils doch dunklen Wolken wecken in mir die Befürchtung, dass ich mein Glück in den letzten Etappen aufgebraucht habe. Was soll denn schon passieren? Nässe bin ich ja gewohnt, also nicht drüber nachdenken und weiterlaufen. Noch ist die Sicht prima und der Weg trocken. Kurz nach meinem Nachtlager empfängt mich auch schon das Weidengestrüpp. Lichtblicke der Sonne versüßen mir den Weg hin und wieder.



                                Der erste Wasserlauf kreuzt meinen Weg und ich schütte sofort das nach Wacholder schmeckende Wasser weg, spüle die Flasche aus und fülle die frisch schmeckende Flüssigkeit ein. Da sich bei mir in der Verdauung noch keine signifikante Änderung ergeben hat, war es wohl ungefährlich das Seewasser zu trinken. Aber alleine der Geschmack war schon widerlich genug.



                                Das Gebüsch ist mein stetiger Begleiter und ich halte mich immer ein paar Meter höher als die Wintermarkierungen. Einen richtigen Wanderpfad gibt es hier nicht und ich fange an diese Etappe dafür zu mögen. Endlich kann ich mal wieder meiner eigenen Nase folgen ohne von Dutzenden Pfaden abgelenkt zu werden. Hin und wieder wird ein alter Trampelpfad sichtbar, aber relativ selten und so viel besser zu laufen als querfeldein ist er auch nicht. Das Atmen fällt mir teilweise sehr schwer, der Wind ist sehr kräftig und druckbetankt meine Lungenflügel automatisch. Das Ausatmen wird zur sportlichen Höchstleistung. Ich bin froh mich direkt zu Beginn meines Tages für die T-Shirt - Wollmützen Kombo entschieden zu haben. Ich komme nur leicht ins Schwitzen und gar nicht ins Frieren! Idealerweise sollte es immer so laufen



                                Direkt an den Seen ist es teilweise sehr sumpfig, was oft vom Weidengestrüpp gut verdeckt wird. Kleine Sandsträndchen laden zu Badepausen im Hochsommer ein. Für die Jahreszeit einfach zu früh und ich bedauere das ein wenig.



                                Zwischendurch drehe ich mich immer wieder um. Zum einen um den Ausblick zu genießen und zum anderen um die Atmung besser regulieren zu können. Die Weite, die man von hier aus erfassen kann ist gigantisch. Vor allem, weil ich zu Beginn der Tour den kompletten Horizont lang gelaufen bin. Man hat einfach die Größenverhältnisse, die einem sonst fehlen, wenn man in die Ferne schaut. Rechts ist der Gárddenvárri zu sehen.



                                Bald gelange ich an eine Stelle, die mich an der Unberührtjeit dieses Gebietes zweifeln lässt. An den Wasserausläufen aus dem Kåtotjåkka-Massiv sind Steinaufschüttungen anzutreffen, die aussehen, als wären sie von einem gigantischen Kipplader hingeschüttet worden.



                                Am Wasserlauf fülle ich die Flasche erneut auf und trinke direkt einen Becher. Obwohl ich kaum schwitze habe ich Durst, was ich immer noch dem Salzgehalt der Sauce von gestern Abend zuschreibe.



                                Kurz danach gelange ich an eine kleine Erhöhung, die sich seicht in die Länge zieht. Sofort fühle ich mich wie in die Prärie des Wilden Westens versetzt! Steinige Flächen sind von lichten Gräsern und Sträuchern bedeckt. Der Boden selbst nahezu sandig locker. Hier findet man viele Steinmännchen, die einem den Weg weisen sollen. Die Abwechslung auf dieser Etappe ist schon klasse! Während ich noch über die Gegebenheiten auf der Erhöhung staune, gesellt sich wieder ein Fjällpiparen zu mir. Das markante Pfeifen verfolgt mich nun über die komplette Ebene! Ein Männchen und ein Weibchen kreisen mich ein und pfeifen drauf los. Ich finde das noch sehr lustig und freue mich über die Gesellschaft.



                                Lichte Momente in der Wolkendecke wecken die Hoffnung, dass sich das Wetter auch heute noch zum Guten wenden wird. Der Šiellačohkka auf der nördlichen Uferseite sieht bereits nahezu freundlich aus.



                                Irgendwann bin ich am Ende der Steppe angelangt und muss nun über einen recht schnell dahinfließenden Fluss furten. Leider ist er zu breit um an die andere Seite zu springen und so müssen die Furtschuhe angezogen werden. Während ich mir einen Stein suche, auf dem ich meinen Rucksack ablegen kann, der gesamte Boden rundherum ist matschig und sehr nass, attackiert mich eine Möwe. Auf dem Bild ist das Vieh zu erkennen, wie es seine Kreise zieht und mich argwöhnisch betrachtet. Die Goldregenpfeifer tauchen auch wieder auf und lassen nicht von mir ab.



                                Der Übergang ist erfrischend und problemlos. Ich nutze den Schuhwechsel direkt für eine kleine Pause und nasche etwas aus dem Rucksack. Lecker Cranberries! Nicht weit von der Furtstelle gelange ich erneut an Schneefeldreste. Immer wieder muss ich dran denken, wie es hier wohl aussehen würde, wenn der Mai nicht so extrem heiß gewesen wäre. Vermutlich um einiges weißer Der Bieggačohkka sticht im Hintergrund aus dem Tal hervor.



                                Früher oder später musste ich ja über Spuren stolpern. Ich habe allerdings keine Ahnung worum es sich handelt. Ich vermute ganz stark, dass es einfach nur Tapsen von einem großen Hund sind, da eine Renvaktarstuga weiter oben im Hang steht. Sicher bin ich mir aber keinesfalls und lasse meiner Fantasie freien Lauf



                                In der Nähe der Hütte ist ein stärker erkennbarer Trampelpfad auszumachen. Kurzzeitig folge ich diesem, bis ich an einige alte Holzbohlen gelange, die über eine sumpfige Passage gelegt sind. Grüner Schlick und kleine Moosbüschel zeugen vom Alter der Bohlen und machen diese extrem gefährlich. Den ersten Abschnitt kann ich noch ganz gut ausbalancieren, beim zweiten lege ich fast einen Spagat hin. Ab sofort laufe ich durch den Schmodder daneben und gehe das Risiko eines Bänderrisses nicht mehr ein. Saugefährlich in diesem Zustand, die Holzplanken! Was das Wetter angeht, immer noch windig, aber trocken. Irgendwo dort hinten muss ich noch über den kleinen Hügel rüber. Bin schon ganz gespannt wie die Aussicht sein wird



                                Ich verlasse den Trampelpfad nach nur wenigen Metern in einem riesigen Weidengebüsch. Die Sträucher reichen mir bis zum Bauch und verdecken die Sicht auf den Boden komplett. Der Weg ist exakt so Breit wie mein Fuß und ich rutsche mehrfach von Steinen ab und knicke weg. Abseits vom Pfad kämpfe ich mich einfacher und vor allem sicherer durch den Busch.



                                Um kurz vor halb 1 gelange ich dann an den Biegganjira, den ich nur mit Furtschuhen überqueren kann. Der Anblick ist traumhaft schön und stellt eine Mischung aus Bedrohlichkeit und Hoffnung dar. Es ist immer noch nicht sicher, ob das Wetter halten wird. Die Chancen stehen 50/50 in jede Richtung.



                                Der Blick hinunter am Flusslauf entlang ist beeindruckend. Kurz hinter dem Bieggaluoppal schlängelt sich das Wasser in einem breiten Strom durch das Tal während die Wolken an der Spitze des Gielasčohkka hängen bleiben.



                                Mir wird bewusst, dass ich noch kein einziges Foto vom Wollgras gemacht habe. Beim heutigen Wind fächeln die Halme mit den Köpfen hin und her und es stellt sich als recht schwierig heraus, ein geeignetes Motiv zu finden. Irgendwann komme ich an einer sumpfigen stelle vorbei, die mir diesen kleinen Schnappschuss gönnt, der aber nicht mal besonders schön ist. Egal, Wollgras ist nun mit dabei



                                Anschließend konzentriere ich mich auf den folgenden kleinen Anstieg. Das sah von Weitem jetzt wesentlich höher aus, aber man gelangt recht schnell und leicht über die Anhöhe zwischen Suorivárri und seinem nördlichen, namenlosen Bruder. Irgendwo auf der Anhöhe hängt dann ein Verkehrsschild unter der Wintermarkierung, was den Scooterbetrieb in entgegengesetzter Laufrichtung im Winter verbietet. Ich frage mich gerade, wie die Sami dann nach Alisjávri kommen. Vermutlich gilt diese Regelung wieder nicht für sie. Aber Ordnung muss auch im Fjäll sein! Ich denke mir nur, das ist doch irgendwie typisch deutsch und muss schmunzeln!



                                Šiellačohkka, Hongá und Gielasčohkka unter dunklen Wolken. Bedrohlich und schön!



                                Tatsächlich habe ich ein wenig Glück und die Sonne scheint auf mich herab. Hätte ich heute nicht mehr mit gerechnet um ehrlich zu sein. Ein richtig schöner Falter oder eine Motte, bin mir hier nicht sicher, landet direkt vor meinen Füßen. Ich schaffe es ein Foto in Nahaufnahme zu machen bevor er sich verkrümeln kann. Wie er nur mit dem Wind hier klar kommt, staune ich nur.



                                Der Winterwanderweg kreuz erneut meinen Pfad und plötzlich erschrecke ich mich zu Tode, als direkt vor mir eine schneehuhnglucke mit ihren 6 Kücken in Panik ausbricht. Die kleine Familie ist wohl auf dem Tagesausflug gewesen und mindestens genau so erschrocken wie ich! Die Mutter gackert und stellt sich verletzt um mich von den Jungtieren abzulenken, die sich in alle Windrichtungen verteilen. Einige stolpern und kullern durch die Gegend. Ich habe sofort ein schlechtes Gewissen und entferne mich zügig rückwärts. Ich hoffe, dass die Familie wieder komplett zueinander gefunden hat und sich kein Kücken verletzt hat. Der Schreck sitzt bestimmt tief! Ich umlaufe den Bereich großzügig und entferne mich schnell, damit ich nicht mehr als Bedrohung eingestuft werde. Die kleinen Tierchen sahen sowas von niedlich aus

                                Ein paar Meter weiter, völlig abseits eines Weges leuchtet etwas Weißes im grünen Bodenbewuchs. Ich setze den Rucksack ab, da mir ohnehin nach einer Pause ist, und inspiziere das seltsame Objekt. Es stellt sich als eine kleine schwarze Gürteltasche heraus, die bereits komplett weiß ausgebleicht ist. Ich drehe das Teil um und die Seite, die dem Boden zugewandt war, ist noch pechschwarz. Ich habe keine Ahnung wie lange das Ding hier schon liegt und packe den Inhalt aus. Ein schlichter Kompass und ein völlig intaktes Multitool! Wow, ein kleiner Schatz hier draußen und in mir werden sofort Kindergefühle wach und ich suche die Gegend genauer ab, finde aber nichts mehr. Das Täschchen habe ich liegen gelassen, es war bereits mit Ameisen bevölkert, Multitool und Kompass habe ich aber eingesteckt, man kann ja nie wissen



                                Auf dem weiteren Weg achte ich besonders gut auf die nähere Umgebung. Der Jäger und Sammler in mir ist erwacht! Jetzt, wo es wieder bergab geht, kommt man auch wieder in Kontakt mit Weidensträuchern. Erste Tropfen fliegen mir aus Richtung Süden entgegen. Ich laufe immer noch ohne Regenklamotten weiter.



                                Trotz der Wolken hat die Aussicht einiges zu bieten! in weiter Ferne ist der Alip Vealevárri am imposantesten anzuschauen. Bis hierher habe ich mir keinerlei Gedanken wegen meines Rastplatzes für den heutigen Tag gemacht. Wie weit will ich noch gehen? Ich fühle mich super, also erstmal einfach weiter!



                                Da man den Weidensträuchern sowieso kaum ausweichen kann und ich ohnehin runter ins Tal muss, entferne ich mich von den Hängen und laufe durch die Büsche. Sommerwiesengefühle werden wach in mir!



                                Irgendwann stoße ich auf einen alten Pfad, eine uralte Holzbohlenbrücke führt über einen lächerlich kleinen Bachlauf. Ich meide das Holz und trete selbst mit meinen kurzen Beinen einfach hinüber. Auch wenn die Holzbohlen trocken sind, meine Stiefelsohlen sind es nicht, was zum Ausrutschen völlig ausreicht.



                                Ich laufe einfach frei nach Schnauze in einem Zick-Zack-Kurs und irgendwann kommt der erste Schauer runter. Ich ziehe die Regenjacke über, das muss reichen. Der Wind ist mittlerweile nur noch ein Schatten seiner selbst. Meine Freunde, die Mücken, sind dafür sofort wieder am Start. Sie zeigen mir überdeutlich wie sehr sie mich vermisst haben. Zum Glück ist noch reichlich Mygga da ;)
                                Der Šiellačohkka und Honga in der Ferne kratzen an der Wolkendecke. Trotz des fast schon traurig anmutenden Wetters ein toller Anblick.



                                Ich bin mir unschlüssig, ob ich den reißenden Strom im Tal furten soll, laufe fast bis zu seinem Ufer, aber stelle dann zwei Dinge fest. Erstens ist der Fluss mörderisch schnell am fließen und zweitens schlängelt sich auf der anderen Seite ein Rentierzaun entlang. Auf meiner Karte ist der nicht vermerkt, aber ich lasse den Versuch so oder so sein, somit kann mich der Zaun mal kreuzweise
                                Plötzlich komme ich an eine Stelle, wo das Weidengestrüpp meine Körpergröße überschreitet. Erneut schauert es ein wenig, alles ist ekelig nass. Und mitten in dem Gestrüpp fließt der Strom vom Suorijávri entlang, den ich nie und nimmer ohne Schuhwechsel queren kann. Na super! Die Mücken belästigen mich ganz penetrant und die Aktion wird schnell von meiner Seite durchgezogen. Wenige Schritte am anderen Ufer befördern mich aus dem Gebüsch auf offene Fläche, wo ich erst wieder auf meine Wanderstiefel wechsle. Der Regen hört in dem Moment auf, als ich mich zum Weiterlaufen erhebe. Danke für diese unangenehme Erfahrung!

                                Ich erreiche den Vierrojohka ungefähr auf der Höhe einer Brücke. Ich schaue sie mir nur aus der Ferne an und meine, dass es sich hier um eine weiß gestrichene Holzkonstruktion handelt. Da wäre ich ursprünglich drüber um weiter hoch zum Mårmapass zu kommen. Ich seufze kurz, drehe mich um und denke nicht weiter drüber nach. Lieber sich mit dem befassen, was vor mir liegt, anstatt immer nur zurück zu schauen. Ist auch im Allgemeinen ein guter Ratschlag fürs Leben, den ich mir ruhig öfters vorsagen sollte
                                Der Vierrojohka frisst sich laut tosend durchs Gestein hinab ins Tal und ich folge seinem Verlauf.



                                Auf der rechten Uferseite steht wieder eine dieser alten Lehmhütten, laut Karte müsste die weiter unten sein, aber naja, vielleicht nehmen die das hier nicht so genau. Immer wieder ziehen dunkle Wolken über das Gebiet. Vereinzelt wird der Regen abgeschüttelt, was mein Glück ist.



                                Man gelangt auf einen relativ gut ausgetretenen Pfad, der einen vom Flussufer steil in die Höhe trägt. Das Gekraxel ist nicht ganz ohne. Man befindet sich quasi im Hang direkt über dem Vierrojohka, wenn ich hier abrutsche, dann wird es sehr schnell sehr sehr nass! Die Birken und Weiden schubsen mich immer wieder in diese Richtung, aber letztendlich gewinne ich den Kampf und stehe irgendwann oben auf einem kleinen Hügel. Der Ausblick ist fantastisch!



                                Ein Pfad führt wieder hinab, aber ich denke mir, hier oben ist bestimmt ein viel schöneres Lager zu finden. Für heute sollte es auch langsam gut sein. Die Aussicht ist toll, es ist absolut windstill, aber leider ist der Untergrund extrem sandig. Schon beim drüber Hinweggehen hinterlässt man Spuren wie am Sandstrand! Das Zelt richtig abzusichern wäre hier fast unmöglich.



                                Ich gehe daraufhin zurück und folge dem Pfad wieder hinab zum Fluss. Wie war das noch mit dem Rauf und Runter auf schwedischen Pfaden? ;)
                                Ich laufe noch einige Schritte weiter, da man hier nirgendwo gut ans Wasser kommt. Das Getöse des Vierrojohka macht mir nichts aus, Hauptsache es ist nicht anstrengend ans Wasser zu gelangen.



                                Ich bin nicht mehr weit vom Delta entfernt, wo der Vierrojohka in den Aliseatnu mündet. Auf der gegenüberliegenden Seite ist noch so eine Lehmhütte! Sind wohl nicht alle in meiner Calazo eingezeichnet. Und endlich finde ich eine super Stelle, die auch schon andere für sich entdeckt haben. Eine alte Feuerstelle weist darauf hin. Das Zelt wird schnell aufgebaut, Wasser geholt und ich schnüre die Stiefel locker auf während ich anfange mein Essen zu köcheln. Mein Feuerzeug will aber nicht zünden, ein kleiner Rest Spiritus ist im Beutel ausgelaufen und der blöde Feuerstein macht nicht mehr mit. Ich lasse das Ding auf einem Stein auslüften und hole meine Notration Streichhölzer hervor, mit denen ich den Spiritus beim dritten Versuch anzünden kann. Sogar die gute alte Sonne kommt heraus und leistet mir Gesellschaft! Das ist sowas von klasse! Lediglich die Mücken sind aufmüpfig ohne Ende und gehen beim Kochen gleich Reihenweise baden. Leicht herauszufischen sind sie, bis ich die Nudeln reinschütte. Dann fische ich nur noch bei Gelegenheit nach den toten Insekten, wenn sie zwischen den Nudeln vom Topfboden hochköcheln. Als mein Essen fertig ist, landen sie auf fast jeder Portion, die ich mir in den Mund schieben will und bleiben an der Tomatensauce kleben. Das gibt es doch nicht, denke ich und sammle die lebenden Tierchen von meinem Essen, diese Überwindung muss nicht sein. Tot vermischt in der Sauce ist halb so wild aber auf dem Löffel zappelnd verzichte ich dankend auf die Zusatzproteine! Nach dem Essen hocke ich mich am Ufer auf einen Stein und lasse mich vom Lärm der Flusses berauschen. Keine Menschenseele ist hier und ich habe das alles nur für mich! Das sedimenthaltige Wasser schmeckt hervorragend und ich trinke direkt aus dem Wasserlauf. Irgendwann gehe ich wieder rauf zum Zelt und mache mich schlaffertig.



                                Das Feuerzeug ist mittlerweile auch trocken und wieder funktionsfähig, ich packe es ein. Das Zelt stand schon um 18 Uhr und ich fühle mich prima. Ein ganz normaler Wandertag! Ich habe in meinen Augen einen guten Kilometerschnitt hingelegt und mehr muss ja auch nicht sein. Im Zelt liege ich auf dem Schlafsack, es ist total warm. Hier gibt es wieder einige dieser Raupen, die sich genüsslich an meinem Innenzelt langschlängeln. Ich mache mir einen Spaß daraus sie in die Atmosphäre zu schnippen. Drecksviecher! Bald verschwindet die Sonne und ich befördere mich nun doch noch in den Schlafsack und mache die Augen endgültig für heute zu.

                                Die heutige Etappe hatte alles zu bieten, was ich so an Lappland liebe! Einsamkeit, Berge, Täler, Flüsse, Wildheit und Abenteuer! Die Schwierigkeit ist nicht besonders hoch, aber bei starkem Regen gibt es zwei wichtige Punkte zu beachten. Erstens könnten einige Flussquerungen sehr kompliziert werden, und zweitens benötigt man sehr gute Regenkleidung, da die Weidenbüsche sehr zahlreich vertreten sind. Sich dort hindurch zu kämpfen macht nur bei schönem Wetter Spaß
                                Die gesamte Strecke über konnte man wirklich viele Vögel beobachten. Zeitweise wurde man auch eher von ihnen beobachtet als umgekehrt, ich meine natürlich die sehr anhänglichen Goldregenpfeifer! Ornithologen hätten dort ihre Freude gehabt! Besonders toll fand ich die Schneehuhnfamilie. Ich hoffe, dass die Kücken den Schrecken gut überstanden haben. Im Zelt musste ich auch noch an diese Begegnung denken. Wo ich doch eigentlich die Tierwelt so gut wie möglich nicht mit meiner Anwesenheit stören will, aber kann halt passieren sowas. Hätte auch genau so gut vor einem Bären stehen können, wer wäre dann wohl panisch davongelaufen, bzw. hätte es versucht?

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                                  • 31.12.2005
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                                  #76
                                  AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                  Zitat von efbomber Beitrag anzeigen
                                  Hmmm meinst du etwa dieses "künstliche Gebirge"?
                                  Jaaaa, genau! War mir auch einige Fotos wert.
                                  Hatte mich immer gefragt, wie die Schweden ihre Zwei- und Vierzylinder im Fjäll entsorgen, wenn sie randvoll sind. Diese Lösung hätt ich mir eigentlich denken können, pragmatisch wie die sind. Reißen einfach die alten Boxen ab, bauen einige Meter weiter neue und überlassen die Shitberge der Erosion. Aber irgendwie habe ich damals einfach meinen Augen nicht getraut.

                                  HAL
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                                    • 21.12.2003
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                                    #77
                                    AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                    OT: Die Hügel haben mittlerweile übrigens mindestens zwei Jahre überdauert Manchmal werden für die Hinterlassenschaften ja auch vorgängig Gruben ausgehoben, oder sie so positioniert dass Löcher aufgefüllt werden, aber in Ausnahmefällen sieht es dann halt mal eine Weile so aus...
                                    Die Kåtas der Sami die du als Lehmhütten bezeichnest sind übrigens keine solchen, sondern Torfhütten mit einem tragenden Holzgerüst.
                                    Bin gespannt wie du weiter läufst, diese Ecke habe ich ja auf meiner Tour im letzten Sommer auch besucht - auf dem Weg nach Mårma.

                                    Gruss
                                    Henning
                                    Es gibt kein schlechtes Wetter,
                                    nur unpassende Kleidung.

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                                    • Dwalinn
                                      Gerne im Forum
                                      • 26.07.2009
                                      • 94
                                      • Privat

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                                      AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                      Phantastisch! Ich darf hier gar nicht weiter lesen, da bekomme ich nur Lust wieder loszugehen. Nur leider wird daraus in diesem Jahr nichts . Mit Spannung erwarte ich die Fortsetzung.

                                      Gruß...


                                      p.s.: Dein "Falter oder Motte" gehört in die Familie der Widderchen, welches genau weiß ich auch nicht.

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                                      • efbomber
                                        Erfahren
                                        • 23.08.2010
                                        • 228
                                        • Privat

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                                        #79
                                        AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                        Kapitel 14 - Nicht mein Tag
                                        30.06

                                        Als ich wach werde ist es noch früh. Im Zelt ist es sehr warm und ich kleide mich sofort an um schnell aus der Hitze zu kommen. Die Mücken haben sich mal wieder in meiner Apsis breit gemacht und wollen auch mit viel Überredungskunst nicht hinaus. Das Essen bereite ich draußen bei etwas diesigem Wetter.



                                        Ich muss feststellen, dass mein Müslivorrat langsam zu Neige geht, obwohl ich die ersten Tage nichts gefrühstückt habe. Allerdings habe ich auch nie meine Portionen mit dem Becher abgemessen sondern immer "aufs Auge" den Topf befüllt. Ich gehe runter zum Fluss um das Geschirr zu waschen und fülle meinen Wasservorrat der Trinkflasche auf. Gleich geht es wieder los und ich freue mich auf die Tagesetappe. In vielen Berichten habe ich gelesen, dass der Pfad am Hang des Báhkkabahočohkka schwer zu finden sei. Ich glaube das aber bin der Ansicht, dass es nicht schwer sein kann von der Hängebrücke aus dem Pfad zu folgen. Den Aliseatnu kann man hier unten kaum an anderer Stelle furten, also sollte das doch kein Problem darstellen.
                                        Blick vom Zeltplatz aus am Morgen kurz vor Start der Tagesetappe. Es ist warm und noch immer weht kein Lüftchen. Bis auf das Wasserrauschen ist es still. Herrlich!



                                        Als alles verpackt und verstaut ist, laufe ich los. Irgendwie fühle ich mich nicht besonders gut, was mich aber nicht davon abhält mein normales Tempo zu laufen. Heute geht es zuerst wieder ein wenig zurück. Ich muss von der kleinen Spitze, wo der Lagerplatz war wieder rauf zur Stahlhängebrücke. Eigentlich dürfte das kaum mehr als ein Kilometer sein, aber der anfänglich kaum zu übersehende Weg verliert sich sehr schnell in sumpfigen Stellen und überwucherten Steinfeldern. Das Foto ist noch von einem Abschnitt, der bereits einfacher und besser zu gehen ist.



                                        Irgendwann sehe ich dann doch noch die Brücke! Kurzzeitig habe ich nicht mehr daran geglaubt, dass sie existiert. Eine Stahlseilverankerung auf meiner Seite ist gerissen. Die Stufen hinauf sind bereits aus Bohlen gefertigt, die Metallstufen, die es einst wohl dort gegeben hat, sind weit und breit nirgends zu sehen. Der Strom ist reißend und ich bin dankbar für diese Überquerungsmöglichkeit. Auf der anderen Seite angekommen folge ich dem Trampelpfad bis zu einer frisch bewachsenen Wiese. Aber wo ist der Weg hin? Ich laufe links und rechts durch die Gegend und suche wie blöd, aber sehe absolut nichts. Ich lege eine kleine Pause ein und überlege kurz, was ich machen soll. Am besten einfach direkt rauf und über die Vegetationsgrenze. Der komplette Hang ist gut bewachsen auf eine Höhe von etwa 900 bis 950 Meter. Ich schultere also den Rucksack und schreite durch die erste sumpfige Passage, immer darauf bedacht ein Auge für einen erkennbaren Pfad offen zu halten. Anfangs geht es noch seicht nach oben, aber bereits hier ist die Vegetation dicht und es nicht ganz einfach sich da durch zu bewegen.



                                        Ich schwitze bereits wie ein Schwein, die Mücken sind zahlreich und wollen ihr Frühstück, was ich ihnen absolut nicht gönnen will. Ich halte an und trage etwas Mygga auf, dann geht es direkt weiter. Ich will hier nicht unnötig lange im Busch rumlaufen, die Aussicht ist miserabel und irgendwie durch die Windstille herrscht ein richtig schwüles Klima. Das Krabbeln im Busch wird zunehmend anstrengender und mir läuft die Suppe in Strömen runter. Oft muss ich die Hände zur Hilfe nehmen um mich samt Rucksack nach oben zu befördern. Der Hand ist meist mit Birken und Weidengestrüpp zugewuchert, hinzu kommt kniehohes Gras, welches Steine und Wurzeln sehr gut versteckt. Mehrfach rutsche ich ab oder knicke um. Nie wirklich schlimm, aber es ist nervig und kostet unheimlich viel Konzentration. Der stete Schwarm von Mücken, die um mich herumwirbeln macht das Ganze nicht erträglicher. Irgendwann blicke ich zurück und stelle fest, dass ich bereits ein wenig nach Oben gekommen bin. Wie weit ich noch muss, ist schwer zu sagen, da ich nur wenige Meter weit hoch gucken kann.



                                        Als ich auf die Uhr schaue, stelle ich erschrocken fest, dass ich noch keine 45 Minuten unterwegs bin. Ich bin viel zu schnell gestartet, aber ich komme mir so unendlich langsam vor! Ich setzte 5 Minuten später den Rucksack im Hang ab, trage neues Mygga auf und muss erstmal ein wenig trinken. Mit ein wenig meine ich verdammt viel. Ich mache die Flasche leer und hoffe, dass ich schnell an einen kleinen Rinnsal gelange. Mein T-Shirt ist klitschnass und ich laufe einfach weiter. Oberste Priorität lautet über die Vegetationsgrenze hinaus zu kommen. Kurzfristig gelange ich an eine Stelle, wo ein großer Bereich Gras platt gedrückt ist. Spuren im Matsch lassen darauf schließen, dass sich hier ein Elch vor nicht all zu langer Zeit zur Ruhe gelegt hat. Ich gelange an einen Wildpfad, der sich etwas in meine Wanderrichtung lang schlängelt. Kurz überlege ich und ich weis, dass ich die Hoffnung aufgegeben habe, den echten Pfad jemals zu finden. Also los gehts. Einige Meter komme ich jetzt einfacher voran, aber der Weg führt dann wieder nach unten. Schade, also weiter querfeldein nach oben. Teilweise komme ich mir wie im Regenwald vor, so feucht und ekelig ist die Luft um mich herum und so dicht ist das Buschwerk.



                                        Hilft ja nichts, ich quäle mich Stück für Stück voran. Auf einer buschfreien Anhöhe drehe ich mich um und darf das erste Mal ein wenig Weitsicht bestaunen. Mittlerweile etwas länger als eine Stunde unterwegs und die erste kleine Belohnung für diesen Kraftakt ist ein Stück Schokolade beim ins Tal hinabstarren.



                                        Hier ist auch ganz deutlich zu erkennen, dass man den Fluss auch weiter oben hätte unmöglich überqueren können ohne ein enormes Risiko einzugehen. Also alles gut gemacht! Ich muss erneut Mygga nachlegen. Es sei hier mal direkt gesagt, dass das Roll-on von Mygga nicht für stark schwitzende Menschen geeignet ist. Der Stick trägt einen schmierigen Film auf, der auch bei starker körperlicher Anstrengung auch in etwa einen halben Tag lang anhält. Das flüssige Zeug aus dem Roll-on-Stick ist in knapp 10 Minuten wirkungsfrei, wenn man sehr stark schwitzt. Mir fängt die Haut von dem Zeug bereits an zu brennen, weshalb ich dann einfach noch zusätzlich die Softshell drüberziehen muss. Bei der totalen Windstille und der hohen Luftfeuchtigkeit der blanke Horror für mich! Ich habe richtig Durst, wird Zeit, dass ich Wasser finde. Leider geht es durch immer dichteres und höheres Weidengebüsch aufwärts. Es wird kurzzeitig so anstrengend, dass ich mich mitten im Aufstieg in ein Gestrüpp lege und ein wenig durchschnaufe. Keine Ahnung was heute los ist, aber ich bin richtig platt.

                                        Als sich meine Atmung beruhigt hat, krieche ich weiter. Irgendwann bleibe ich in einem brusthohen Weidengestrüppfeld stehen und sehe mich um. Und was sehe ich? Eine Torfhütte! Es ist die Hütte, die auch auf der Karte direkt am Weg verzeichnet ist. Das kann doch nicht wahr sein! 5 Schritte später stehe ich auf einem gut verdeckten Pfad. Na klasse! Ich denke mir nur, Perkele! Ich laufe zur Hütte und werfe den Rucksack ab.



                                        Auch diese Bleibe ist verdreckt, allerdings könnte man zur Not auch noch die eine oder andere Nacht darin verbringen. Selbst eine Bügelsäge liegt unter einer Hartplastikverschalung, die wohl als Arbeitsfläche oder Liegeunterlage dient. Weiter hinten sehe ich einen kleinen Bachlauf und ich schnappe mir meine leere Wasserflasche um sie zu füllen. Ich verharre am Ufer und schlage mir den Wanst mit dem frischen und köstlichem Nass voll. Als ich auf dem Weg hoch bin fällt mir auf, dass ich vergessen habe die Flasche zu füllen... heute stimmt echt was nicht mit mir!



                                        Kurz genieße ich noch die Aussicht von der kleinen Anhöhe bevor ich zurück zur Hütte trabe.



                                        Bei der Hütte blicke ich den Hang hinab und sehe einen richtig breit ausgetretenen Pfad. Wie zum Teufel kann man den bis nach ganz unten verlieren? Ganz kurz bin ich davor dem Verlauf ohne Rucksack zu folgen, nur um festzustellen, dass ich auch wirklich unten keine Chance hatte den Pfad zu finden. Aber die Angst, dass ich vielleicht nur einen Strauch zwischen mirund dem Weg hatte ist zu groß. Ich würde mich dafür nur unnötig ärgern und außerdem wollte ich doch ein wenig anspruchsvolles Gelände.

                                        Irgendwie habe ich keine Lust mehr, aber die Mücken sind so wild, dass ich es nicht aushalte und abgesehen davon bin ich doch erst eineinhalb Stunden unterwegs. Selbst eine längere Pause will ich hier nicht machen. Bleibt nur die Frage, wie ich weiterlaufe. Dem Weg folgend, der anscheinend nicht aus dem Gestrüpp herausführt oder weiter hoch und frei nach Schnauze wandern? Da ich mich ziemlich K.O. fühle, entscheide ich mich dem Weg zu folgen, was ich wenige Meter später bereue. Der Weg ist kaum zu sehen, die Sträucher verdecken ihn fast komplett. Darunter stolpert man häufig und einige Passagen wird der Pfad auch vom Wasser als Bachlauf genutzt. Irgendwann halte ich an und mache eine kurze Pause, mal wieder... und stelle fest, dass Blattläuse auf die Farbe blau stehen. Zum Glück habe ich heute mein schwarzes T-Shirt an! Mein Rucksack ist voll von den Biestern.
                                        Irgendwann gelange ich an einen Wasserlauf, der von einem riesigen Rest Schnee teilweise bedeckt ist. Ich schaue nach oben, Schnee so weit ich gucken kann. Ich schaue nach unten, Schnee für ca 100 Meter. Ich habe absolut keine Lust das zu umgehen, also wage ich mich ganz vorsichtig vor. Von der Stelle aus, wo ich stehe, kann ich nicht einsehen, ob die Schneefläche bis runter zur anderen Seite geschlossen ist, oder ob sie steil abfällt. Der Schnee ist brutal hart und ich habe meine Mühe Trittflächen einzuarbeiten. Noch einen Meter bevor man rüber schauen kann, rutsche ich beim Spurtreten aus und stolpere, falle auf den Hintern und fange an zu rutschen! Scheiße, denke ich nur und versuche mich mit den Hacken abzubremsen. Es gelingt nicht und ich rutsche nicht nur über die Kante sondern auch noch leicht talabwärts. Ich habe mehr Glück als Verstand, denn die Schneedecke ist bis zur anderen trockenen Seite geschlossen und trägt mich auch noch! Auf der anderen Seite stoße ich mich mit einem Bein am Felsen ab und komme zu stehen. 5 Meter weiter unten und ich wäre die 100 Meter komplett runtergerutscht. Scheiße war das knapp! Mein Adrenalinhaushalt ist am Überschwappen und ich lege vorerst meinen Rucksack ab. Als ich meinen Trinkbecher gefüllt habe und einen Proteinriegel verdrücke, zittern mir die Hände leicht. Ich mache noch schnell ein Foto von der kleinen Unfallstelle bevor ich weiter gehe.



                                        Ein wenig weiter oben hätte der Sturz auch noch andere Folgen haben können. Hätte bestimmt weh getan



                                        Die Strecke danach fängt an sich zu ziehen und ich befürchte, dass noch mindestens 2 weitere Aktionen dieser Art mir bevorstehen werden. Zum Glück trifft dies aber nicht zu. Auch wenn die Flüsschen ebenfalls im Hang eingebettet liegen, ist sonst nirgendwo so viel Schnee, dass ich darüberlaufen müsste. Das Glück ist wie immer mit den Doofen
                                        Immer wieder wechseln sich kleinere freie Stellen mit Buschwerk ab. Nur ab und zu knipse ich ein paar Bilder, die Lust vergeht mir und ich fange bereits an zu Gähnen. Irgendwie bin ich total hinüber, warum eigentlich?



                                        An jedem fließenden Gewässer bleibe ich stehen und trinke etwas. Ich schleppe mich Stück für Stück voran, fange aber langsam wieder an meine Aufmerksamkeit der Umgebung zu schenken. Der Blick hinab ins Tal ist trotz dem trüben Wetter grandios!



                                        Die Blümchen an den buschfreien Passagen heben meine Stimmung mit ihren kräftigen Farben. Der Alip Vealevárri auf der südlichen Seite des Tals ist gigantisch. Es fängt an wieder Spaß zu machen



                                        Wie immer in buschigen und nassen Passagen leiden die Hosenbeine am meisten. Ich habe meine Gamaschen immer noch nicht aus dem Rucksack geholt! Mitdenken fällt mir heute einfach zu schwer, jetzt ist es sowieso egal.



                                        Ein Blick zurück ist atemberaubend und macht mir deutlich, was ich bis hierhin bereits geschafft habe. Nicht sonderlich viel! Aber mein Körper fühlt sich, als ob er dreißig Kilometer im Rapadalen zurückgelegt hat. Den heutigen Tag kann ich auch gut als "Tag der Pausen" bezeichnen. Alle 15 Minuten bleibe ich jetzt stehen und verschnaufe. Langsam macht sich ein pochender Schmerz in meinem Kopf breit. Auch das noch, aber normal, wenn man überanstrengt ist.



                                        Kurz vor 13 Uhr bekomme ich das erste Mal einen kleinen Blick auf den Rautasjaure.



                                        Was muss das hier schön aussehen, wenn der Himmel blau ist und die Sonne strahlt! Oder gar im Herbst, wenn die bunten Rot und Gelbtöne überwiegen! Ich achte eigentlich nur noch auf den Rautasjaure und knipse alle paar 100 Meter ein bild davon. Die Luftfeuchte ist irgendwie greifbar, ich schwitze immer noch und meine körperliche Verfassung wird auch nicht besser.



                                        Das einzige, was sich verbessert ist der Weg. Buschwerk ist meist nur noch knie- bis hüfthoch, was das vorankommen doch erheblich erleichtert.



                                        Die Wolken werden auch langsam dichter und dunkler. Ob ich wohl ein Gewitter miterleben darf? Bei den heutigen Temperaturen sicherlich eine gegebene Möglichkeit. Der Rautasjaure ist wirklich hübsch, wie er so zwischen Viddjá und Alip Vealevárri liegt. Man kann locker bis nach Čoalmi schauen.



                                        Bei der nächsten Pause überlege ich mein Zelt aufzuschlagen, leider fehlt es mir an Wasser in der Nähe. Die Wolken werden immer dunkler, ich frage mich wie viel Zeit mir noch bleibt.



                                        Ab nun habe ich das Tal nicht mehr im Blick und laufe nordwärts. Der Pfad ist deutlich auszumachen und mittlerweile sehr einfach zu gehen. Pausen lege ich dennoch immer wieder ein. Meine Wasserflasche ist wieder leer und hier gibts es einfach nichts zu trinken.



                                        Weiter und weiter schleppe ich mich durch eine herrliche Gegend! Die Blüten sind auf den Wiesen zahlreich, immer wieder steigt man über eine Moräne um wieder in ein kleines Blumenwiesental zu gelangen. Vereinzelt stehen kleinere Birken zwischen den Weidensträuchern. Wenn ich doch nur noch irgendwo Wasser finden würde. Kurz überlege ich bis nach unten ins Tal abzusteigen, aber lasse es bleiben. Gute Zeltplätze finde ich da eh nicht und muss nur wieder hoch. Dann noch mit einem vollen Wassersack. Besser nicht.



                                        Auf einer Moräne lege ich erneut eine Pause ein und lutsche einige Kästchen Schokolade. Als ich mich auf einen Stein setze und abrutsche, wird mir langsam klar, dass ich für heute fertig bin. Als ich auf dem sandigen Boden liege, erblicke ich eine hellblaue Dose unter einem Stein. Eingelegte Pilze... wer nimmt denn bitte sowas mit auf eine Tour? Ich lasse den Dreck da liegen, habe weder Lust noch Platz im Rucksack um den Müllmann der Wegwerfgesellschaft zu machen.
                                        Um 20 vor 4 habe ich dann endlich Glück und komme an einem kleinen flachen Rinnsal entlang. Hier kann ich genug Wasser für alle Belange aufsammeln. Nur 50 Meter weiter gibt es einen richtig schönen, weichen Zeltplatz obendrauf. Das zaubert mir sofort ein breites Grinsen auf die Schnute und ich baue das Lager in Null-komma-nix auf. Die Handgriffe sitzen bereits und ich muss nicht mehr nachdenken, ob ich was vergesse. Danach beschaffe ich mir genug Wasser für den Abend und die Nacht und lege mit dem Kochen los!



                                        Passend zum Grand Finale kommt Wind auf. Immerhin hält das die Drecksmücken fern von meinem Kochtopf! Heute gibt es Nudeln mit Gulaschsauce. Ein passender Abschluss des heutigen Tages. Da merkt man schon nach dem ersten Bissen, dass der Beutel nicht auf 125g Nudeln gedacht ist und vor allem viel Fleisch benötigt wird um den salzigen Geschmack zu übertünchen. Es ist eine richtige Überwindung den Topf leer zu bekommen, und dann auch noch bei meinem ohnehin schon riesigen Durst. Echt super.... Dann ist heute noch Sonntag und ich muss dran denken, dass es eine langjährige Familientradition ist, jeden Sonntag zu grillen. Ich könnte gerade töten für ein saftiges Steak!



                                        Ich hocke nach dem Essen nur noch am Lager und genieße die Landschaft. Genau gegenüber am Viddjá darf ich einen gewaltigen Steinsturz bestaunen. Ich frage mich, wie das ist, wenn man sowas live miterlebt. Spürt man das noch in so einer entfernung im Boden, hört man das Geräusch? Warum bricht eigentlich ein Hand so in sich zusammen? Ist das schon die normale Korrosion oder warum passiert sowas? Der Rest des Berges sieht halbwegs stabil aus.



                                        Ich fühle mich heute Abend beschissen und will auch eilig ins Bett. Aber ich bekomme Gesellschaft, die ich einfach nicht mehr los werde. Fjällpiparen at it's best! Zwei Viecher kreisen ununterbrochen um mein Lager und piepen was die Lunge her gibt. Eigentlich süß, aber ich will doch nur meine ruhe haben. Immerhin bekomme ich einen der Racker aufs Bild und freue mich drüber



                                        Eigentlich wollte ich noch so gerne auf den Goalkáščohkka, aber ich bin einfach zu kaputt und erledigt für eine kleine Gipfelbesteigung. Die Wolken werden ebenfalls immer unfreundlicher und ich haue mich dann einfach schon gegen 18 Uhr in den Schlafsack. Bevor ich einschlafe fallen die ersten Regentropfen. Die Goldregenpfeifer stört das nicht und sie piepen unentwegt weiter. Ich gewöhne mich an beides und schlummere ein.

                                        Keine Ahnung was los war an diesem Tag, aber ihr kennt das sicherlich selbst. Auf einer großen Tour ist mal der eine oder andere schlechte Tag dabei. Meiner war definitiv am 30.06! Müdigkeit, Kopfschmerzen, Hitze, Schwüle, Durst, alles Punkte die den Ausschlag gegeben haben, dass ich mich auf dieser Etappe einfach unwohl gefühlt habe. Der Pfad, den ich am Anfang gar nicht entdecken konnte und der anstrengende Aufstieg haben ihr übriges dazu getan. Eigentlich mag ich solche "anspruchsvolleren" Passagen sehr gern, aber gerade heute hätte ich sie nicht gebraucht. Konnte ich mir aber nicht aussuchen, immerhin hat es nicht geregnet. Wäre beim Aufstieg noch das Nass von oben gekommen, ich hätte das ganz große Kotzen gekriegt

                                        Heute Abend gibt es dann noch das nächste Kapitel!

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                                        • Mortias
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                                          • 10.06.2004
                                          • 1279
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                                          AW: [SE] 3 Wochen alleine unterwegs in der Wildnis Schwedisch Lapplands

                                          Hahaha, und wieder jemand, der den Weg bei der Brücke nicht gefunden hat. Sorry das sich lachen muss, aber ist mir damals auch passiert und soweit ich das von anderen Berichten verfolgt habe war auch nicht nicht der erste. Scheint einfach ein unheimlich schlecht markiert und ausgetretener Pfad zu sein, der es eigentlich nicht verdient als markierter Wanderweg auf der Fjällkarte eingezeichnet zu sein.
                                          Aber heftige Etappe die Du da hinter Dich gebracht hast. Aber Du hast schon recht, ich kenn das selber zu gut, diese Etappen an denen es einfach nicht laufen will und sowohl Kraft als auch Konzentration nicht vorhanden sind. Da ist es dann nur vernünftig, so wie Du, zeitig das Zelt aufzuschlagen.
                                          Ach ja, noch ein kleiner Tipp zur Müslirationierung: Ich verpacke vor Beginn einer Tour mein Müsli immer als 2-Tagesportionen in Ziploc-Tüten. Auf diese Weise vermeide ich einen Müslimangel zum Ende der Tour.

                                          Freu mich auf die Fortsetzung, auch wenn ich leider den Eindruck bekomme, dass Dein Bericht sich langsam dem Ende zuneigt.

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