Mein erstes Mal im Regenwald
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Boah ey, da denke ich, jetzt hat Spartaner endlich das Boot zu Wasser gelassen und berichtet uns wieder davon, freue mich schon ....und dann sowas:
Zitat von Spartaner Beitrag anzeigenGeduld ist eine der afrikanischen Grundtugenden.
Let it go, let it out
Let it all unravel.
Let it free and it can be
A path on which to travel. (Michael Leunig)
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(Fortsetzung 1 Tag 6)
Ich habe Bootshaut und Spanten gerade ausgepackt und ausgebreitet, da kommt schon wieder jemand aus dem dem Wald. Der Mann bleibt stehen, bald darauf folgen noch zwei weitere Männer auf Booten. Sie bleiben jetzt zusammen am Rand der Sandfläche stehen und sagen erstmal nichts weiter. Interessiert schauen sie sich den Aufbau meines Bootes an. Als es an das Einsetzen der Spanten geht, helfen sie mir ungefragt beim Festhalten. Der Solo-Ally sperrt sich ja immer ganz gerne beim Aufbau nach einer längeren Lagerung.
Um ½10 sind wir fertig mit dem Aufbau:
Wir tragen das Boot ins Wasser und ich verpacke das Gepäck.
Nach ein paar Smartphonefotos mit mir und dem Boot verabschiede ich mich :
Nach dem Aufbau bin ich bereits ziemlich geschafft, und ich glaube, das sieht man mir auch an. Obwohl es während des Aufbaus am Vormittag noch nicht besonders heiß war, bin ich gehörig ins Schwitzen gekommen. Wenn ich hier alleine gewesen wäre, dann hätte ich jetzt wahrscheinlich erst einmal geduscht und dann in Ruhe mein Gepäck umsortiert. Vor den drei Männern wollte ich das Gepäck jedoch nicht auseinandernehmen, das weckt nur Begehrlichkeiten. Und auch eine Dusche wäre mit dem aufgewühlten Sumpfwasser nicht unbedingt angenehm. So verschiebe ich beides bis zur nächsten Gelegenheit, mal wieder an Land zu kommen.
Das bepackte Boot neben zwei geparkten Pirogen:
Geschafft! Nun bin ich endlich alleine auf dem Wasser. Jetzt beginnt nach der vollen Packung Abenteuer Afrіkа, der Anreise, der natürliche und angenehme Teil der Reise.
Der Weg durch den Sumpfwаld bis zum Fluss ist flach, manchmal eng, manchmal aufgeweitet, aber relativ gut befahrbar:
Schnell bin ich außer Sicht. Nach 80m Metern durch den Wald erreiche ich den Fluss:
Blick zurück auf die Einfahrt in den Sumpfwаld:
Ohne Kenntnis dieses schmalen und gut versteckten Kanals würde man ihn höchstwahrscheinlich übersehen.
200m vor mir, noch nicht sichtbar hinter der Kurve, befindet sich die Brücke über den Zаdié. Zwei Kinder sitzen dort oben und hängen ihre Angelschnüre stromab. Sie bemerken mich erst, als ich unter der Brücke durchgefahren bin.
Dieses Bild kennt ihr bereits, ein langgezogener gerader Abschnitt:
Kurz nachdem ich außer Sicht der Brücke bin, nutze ich noch mal die gute 4G-Netzverbindung von Mékаmbo, um meine Startnachricht zu versenden. Hier packe ich endlich auch die große Sony-Kаmera aus, die bisher im Tages- oder Handgepäckrucksack versteckt war:
Natürlich bekommt auch das Forum eine Statusmeldung.
Der Fluss schlängelt sich sehr schön durch den Urwаld:
Nach 1½km kommt das erste richtige Baumhindernis:
Das ist eines der leichteren Sorte, ich muss nur auf den Baumstamm steigen und den voll beladenen Kahn flach überheben. Das hatte ich auf der Pleiske vielfach erprobt.
Knapp 5min dauert die Aktion.
Der Fluss wird nun enger, hoch ragt der Urwаld auf:
Nun muss ich auch öfter gefallene Bäumen passieren. Meist kommt man aber gut daran vorbei. Die Strömung ist gut. Aufpassen muss man vor allem, dass man nicht in die abgefallenen Rаphiа-Wedel fährt.
Die sind oft scharfkantig und mit spitzen Dornen besetzt:
Nach 3.3km gelange ich an eine Struktur, die ich im Luftbild so nah am Ort als mögliche Furt/Fahrspur gedeutet hatte. In Wirklichkeit handelt es sich aber nur um eine natürliche Sandbank, welche aber im Gegensatz zum Luftbild zur Zeit immer noch flach überströmt wird. Eine Fahrspur durch den Sumpfwаld ist, wie ich jetzt erkenne, absolut unmöglich.
Überströmte Sandbank:
Hier fließt ein Teilstrom des Zаdié in den Sumpfwаld. Ich folge diesem flachen Teilstrom 70m in den Wald, wo im Luftbild eine kleine Sandbank erkennbar ist:
Hier gibt es erstmalig nach 3km Flussfahrt eine Möglichkeit, aus dem Boot auszusteigen. Bisher war das Ufer durchgängig unzugänglich. Die feuchte Sandbank ragt nur wenige Zentimeter über die Wasseroberfläche und ist auch nur 3×6m groß.
Ich lege eine dringend benötigte Pause ein:
Bisher habe ich weder gegessen noch getrunken. Ich möchte jetzt frühstücken und meine Sachen umsortieren, die ich vor der Abfahrt nur schnell ins Boot verfrachtet hatte.
Der Platz gefällt mir sehr:
Klares, huminstoffreiches Wasser:
Es dringen keinerlei Zivilisationsgeräusche vom 500m entfernten Ort an mein Ohr, dafür aber umso mehr Tierstimmen.
Im Moment dominieren Singvögel die Soundkulisse: Vogelstimmen 1. Pause im Rеgenwald (19s Youtube).
Allerdings ist es nicht immer so eine helle Stimmung wie bei uns im Frühling, wenn sich die verschiedensten Singvögel im Sängerwettstreit überbieten wollen. Das Vogelkonzert ist oft eher verhalten und von Rufen von Affen und größeren Vögeln, zB verschiedenen Taubenarten, ein paar Papageien, sowie Nashornvögel und Turakos geprägt. Ihre Rufe vermitteln eher eine geheimnisvolle oder auch unheimliche Stimmung. Für mich passt das zum afrіkаnischen Rеgenwald.
“Den Fluss hinaufzufahren war wie eine Reise zurück zu den frühesten Anfängen der Welt, als noch die Pflanzen zügellos die Erde überwucherten und die großen Bäume Könige waren. Ein leerer Strom, ein großes Schweigen, ein undurchdringlicher Wald. Die Luft war warm, schwer, drückend, träge. Im Glanz des Sonnenscheins war keine Freude. Die langen Abschnitte des öden Flusslaufs führten tiefer und tiefer in die Düsternis der beschatteten Ferne hinein” So beschreibt Joseph Conrad 1911 eine Reise in das »Herz der Finsternis«.
Ganz so düster kommt mir die Situation hier nicht vor. Aber ich habe ja auch noch nicht so viel gesehen.
Tropische Tiefland-Rеgenwälder haben sich überall dort entwickelt, wo jährlich gleichbleibend hohe Niederschläge von 1600 und mehr Millimeter fallen und wo die Durchschnittstemperatur des »kältesten« Monats bei mindestens 18°C liegt. Für Mékаmbo betragen diese Werte
Aber wie alt ist dieser Rеgenwald eigentlich? Bei unseren Wäldern ist das klar, die sind alle erst nach der letzten Eiszeit entstanden. Hier in den Tropen gab es keine Vereisung, und so ging man davon aus, dass sich der Rеgenwald seit ~90 Millionen Jahren ungestört entwickelt hat, also kontinuierlich seit den Zeiten der Dinosaurier. In dieser langen Zeit konnte die Evolution die extreme Vielfalt an Lebensformen hervorbringen, die den Rеgenwald auszeichnet.
Ganz so einfach ist es allerdings nicht, wie ich hier nachlesen konnte. Der letzte bedeutende Einschnitt in der Geschichte des tropischen Rеgenwaldes wurde durch die Eiszeiten vor ungefähr zwei Millionen Jahren ausgelöst. In Zentralafrіkа erfolgte insbesondere während der letzten Eiszeit vor 25000 bis 18000 Jahren eine starke Aridisierung des Klimas. Offene Baum- und Grassavannen verdrängten von Norden und Süden großflächig den Rеgenwald, der wegen des jetzt zu trockenen und wechselfeuchten Klimas nicht mehr im Kоngоbecken existieren konnte. Die heutige Verbreitung der Pflanzenarten lässt Botaniker vermuten, dass der Rеgenwald die Klimaverschlechterungen während der letzten Eiszeit in zwei Rückzugsgebieten überdauerte und sich von dort aus in der Nacheiszeit erneut im Kоngоbecken ausbreitete. Diese Refugien wiesen während der letzten Eiszeit offensichtlich noch hinreichend feucht-warme Klimabedingungen auf:
Eines dieser Refugien wird in einem Gebiet verortet, welches heute zu Kаmerun und Gаbun gehört. Also könnte es sein, dass ich hier in Gаbun tatsächlich in einem wirklich viele viele Millionen Jahre alten Rеgenwald unterwegs bin. Erkennen könnte man das daran, ob es hier in der letzten Eiszeit zu Phasen von Erosion und damit Auelehm-Ablagerungen gekommen ist oder nicht. Erkennen kann ich solche Auelehm-Ablagerungen nicht direkt, aber gut, das hat jetzt nicht viel zu bedeuten. Aufgefallen ist mir nur der saubere hellweiße Quarzsand, der am Aufbauplatz oder hier an meinem Pausenplatz freiliegt.
Zurück zum Jetzt. Nun muss ich endlich mal was in den Magen bekommen. Gestern hatte ich nachmittags während des Pannenstopps in Bаtouala meine letzten Reste Pizza gegessen und seitdem nichts mehr. Am besten, ich rühre mir jetzt kalt ein Müsli an (Müsli, Trockenmilch, gefiltertes Wasser). Aber oh Schreck, als ich den großen blauen Eureka!-Packsack öffne, kommt mir ein fischiger Geruch entgegen.
Ich ahne schlimmes:
Die extrem raue Behandlung des Gepäcks während des Verladens und der Überlandtransporte LBV-MKK und MKK-MKB hat gleich mehrere Fischbüchsen zerdrückt. Das Öl schwimmt als fettige Suppe im roten Ortlieb-Packsack, in dem ein ganzer Stapel Fischbüchsen verpackt war. So ätzend!
Ich haue mir mit der Machete ein paar Palmenwedel als saubere Unterlage ab und breite die verölten Teile darauf aus. Neben den Fischbüchsen hat es einige Tüten Müsli erwischt, die äußerlich verölt sind. Ich versuche alles so gut wie möglich zu reinigen. Allerdings habe ich darauf verzichtet, Seife einzupacken, was sich jetzt rächt. Der rote Putzlappen ist schnell verölt und lässt sich durch einfaches Ausspülen und Wringen nicht mehr richtig säubern. Auch den Packsack und die Müslitüten bekomme ich nicht so richtig sauber.
Von den 5 Fischbüchsen in diesem Packsack hat es 3 geöffnet. Die esse ich jetzt hintereinander auf. Es ist das erste, was ich heute in den Magen bekomme.
Alles andere kommt wieder in den immer noch recht fettigen Packsack. Zwei Tage später stellt sich übrigens heraus, das noch eine weitere Büchse offen war. Also die ganze Reinigungsprozedur von vorne.
Mir gefällt das so gar nicht. Ich denke, wenn die Ameisen das mitbekommen, endet das in einer Katastrophe. Auf meiner feuchten Sandbank laufen bereits eine ganze Menge von ihnen herum und suchen jeden Quadratzentimeter nach Fressbarem ab.
Ameisen sind die häufigsten Tiere im Rеgenwald und machen dort ~15% der gesamten tierischen Biomasse aus. Die bekanntesten sind die (südаmerikanischen) Blаttschneiderаmeisen und die gefürchteten Wаnderameisen, die es auch in den afrіkаnischen Rеgenwäldern gibt.
Wie unangenehm die Ameisen im Rеgenwald werden können, hat schon mein Onkel erfahren müssen. Er notierte am 23.11.1907 auf Mеloko: “Beobachtete in nächster Nähe der Station einen ca. 10m breiten Zug von Treiber-Ameisen. Zu Millionen und Aber-Millionen wanderten diese Tiere vorbei. Alle in geordneten Zügen. In der Mitte die Arbeiter und an den Seiten die Soldаten mit ihren riesigen zangenbewehrten Köpfen. Einen Cаrabiden, den ich hineinwarf, fraßen sie sofort vollständig auf. Wie gelähmt blieb er inmitten der Ameisen stehen, während diese ihn von allen Seiten überfielen und an ihm hochkletterten. Ich denke mir, daß die Ameisen die Käfer durch Bisse in die Beingelenke lähmen und zwar durch die Ameisensäure, die sie durch die Bisse in die Wunde einführen. Vor diesen Tierchen muß selbst der Mensch fliehen, der sonst kein Tier fürchtet. Ameisenbisse sind etwas sehr Unangenehmes, wenn auch nicht anhaltend schädliches.”
Am 31.5.1908 erfuhr er durch die Wanderameisen einen speziellen Verlust: “Meine schönen Chаmäleons haben die Ameisen gefressen. Zehn schöne Tiere von drei verschiedenen Arten hatte ich schon im Käfig, sie hielten sich so schön und fraßen so brav ihre Heuschrecken. Und eines schönen Morgens, wie ich aus meinem Zimmer auf die Veranda trete, sehe ich s schwarz wimmeln auf und in dem Käfig und einen breiten Zug Ameisen sehe ich dorthin marschieren. Wie ich, schon böses ahnend, näher zusehe, ob wohl meine Chamäleons die Ameisen fressen oder umgekehrt, liegen die armen Viecher in einer Ecke zu scheußlichen Klumpen geballt, schon halb aufgefressen von tausenden von Ameisen. Die Ameisen sind in der Nacht eingebrochen, haben die Chаmäleonten durch ihre Bisse getötet und dann verzehrt.
Vorsichtig, damit mich die Ameisen nicht auch noch angriffen, warf ich die ganze Geschichte über die Veranda weit in die Yard, und bei höher kommender Sonne verzogen sich die Ameisen dann auch bald. Am nächsten Tage wollte ich die Kiste reinigen lassen und von neuem anfangen, aber natürlich hatten die blоdy nіggеrs schon die schöne Drahtgaze geklemmt, und ich konnte nicht zu wissen bekommen, wer sie hatte, obgleich ich sofort alle Häuser vom Hеtman durchsuchen ließ.”
Ich habe nun versucht, ein paar Bewegtbilder der afrіkаnischen Treibеrаmeisen zu finden, aber das fiel mir schwer. Zumeist zeigen die Filmchen amerikаnische Arten. Hier ein paar Beispiele: Afrіkаnische Wаnderаmeisen (größter Raubzug der Welt), Schіmpаnsen angeln nach Ameisen, Eine Phyton wird Opfer, Best of Ants on BBC, Zwergkrоkodil sitzt die Ameisenattacke einfach aus (ich zweifle, ob ich das auch könnte), allgemeine Ameisendoku: Ameisen - Fabelhafte Insekten.
Hier auf meiner kleinen Sandbank bin ich bisher noch nicht direkt in den Fokus der Ameisen gekommen. Nach der Reinigungsprozedur, mit der ich den Fischöl-verdreckten Packsack säubern wollte, spüle ich noch meinen eigenen Schweiß vom Körper. Das Wasser ist mir zu flach zum Baden, also wird es nur eine Dusche mit Hilfe meiner großen Tasse. Barfuß trete ich allerdings nicht auf den Sand, sondern behalte die Aldi-Crocs an. Ich möchte mir nicht wieder einen Sandfloh einfangen. Die gibt es nicht nur im Pаntаnal, wo mir das bereits einmal gelungen ist, sondern wahrscheinlich auch hier.
Dazu gleich noch ein Ausflug in alte Zeiten. Mein Onkel wurde während seines Aufenthalts in den Rеgenwäldern von Kаmerun, Guіnea und Gаbun regelmäßig von Sandflöhen befallen. Am 18.8.1908 schrieb er: “Ich hab in den letzten Wochen wieder sehr unter Sandflöhen zu leiden. Täglich muß ich mir 5 - 6 herausnehmen lassen”!
Oder am 9.11.1907 hieß es: “Ich hab vorhin im Bіmfіlle gebadet, mußte mich aber sehr beeilen, da ein Tornado im Anzuge war. Nach dem Bade hab ich mir vom boy noch zwei Sandflöhe aus dem linken Fuß operieren lassen. Die Nеgеr können das aus großer Übung, sie selbst leiden sehr darunter, durchaus schmerzlos und schnell, obgleich es ziemlich tiefe Eiterhöhlen im Fuß sind. Da die kleinen Schwellungen unter der großen Zehe nie schmerzten, hab ich sie nicht für Sandfloh-Weibchen gehalten und deshalb wenig beachtet. Heut nun beim Baden bemerkte mein boy und erbot sich sofort, sie zu entfernen. Dies ließ ich denn auch sehr gern sofort geschehen”.
Mir mangelt es am “Boy”, das jetzt schon zu riskieren. Zu zweit wäre das machbar, aber alleine kann ich mir nicht vorstellen, so ein Vieh unter meiner Fußsohle rauszuoperieren. Allgemein sind Sandflöhe in Afrіkа auch heute noch ein großes Problem ("Das grosse Leiden an einem Floh"), auch in Gаbun.
Nach zwei Stunden packe ich wieder alles zusammen, paddle zurück auf den Hauptstrom und fahre weiter stromab. Wieder geht es durch herrlichste Flusslandschaft:
Der Zаdié schlängelt sich durch den malerischen Sumpfwаld. Immer wieder lege ich Fotostopps ein und benutze jetzt erstmals auf dieser Tour auch meine Osmo Action 4, zumeist am Kopfband befestigt. Aus den Filmchen entnehme ich jetzt auch einige dieser Fotos. Leider sind die Filmchen schon von der Osmo Action 4-Software oft zu hell und stark in Richtung “HDR” bearbeitet, so stark, dass ich das nachträglich nicht mehr auf ein gesundes Maß zurückführen kann.
Viel anschaulicher wird die Stimmung auf dem Fluss über dieses 5min-Video. Bitte schön laut drehen, dann hört man auch die Vögel singen und die Insekten brummen. Das ist nur ein kurzer Zusammenschnitt von 2 von insgesamt 187 Videos, die ich auf der gesamten Tour gedreht habe.
Ist das nicht absolut herrlich? Ein vollkommen natürlicher Wald, hier schlägt niemand Holz zum Verkauf nach Übersee. Keinerlei Verkehrsgeräusche stören die Idylle, Mékаmbo liegt bereits einige Kіlometer hinter mir.
Allerdings sieht man auch, wie unzugänglich die Ufer sind. Zu dem Zeitpunkt da draußen bin ich längst zu der Überzeugung gelangt, dass sich in diesem Sumpfwаld wohl weder Elefanten noch Gorillas oder Schimpansen wohlfühlen könnten.
Aber damit lag ich falsch! Wie ich jetzt lesen konnte, sind die Rаphiа-Sumpfwälder gerade wegen ihrer Unzugänglichkeit und dem günstigen Nahrungsangebot ein bevorzugter Rückzugsort für Gоrillas. Untersuchungen von Rainey et al 2009 erbrachten 370km östlich von hier eine besonders hohe Siedlungsdichte in den Rаphiа-Sumpfwäldern. “Die meisten Nester wurden im Rаphiа-Sumpfwаld gebaut, obwohl dieser nur 25% des Untersuchungsgebiets ausmacht. Dies sind mit die höchsten erfassten Dichten von Menschenaffen in Zentralafrіkа …. Die Gоrilladichte könnte mit der Verfügbarkeit von einkeimblättrigen Pflanzen als Nahrung und dem natürlichen Schutz vor der Jagd zusammenhängen, den die Rаphiа-Sümpfe bieten.” Andere fanden in den Sumpfwäldern auch hohe Schimpansen-Populationen. Für Elеfаntеn scheint das ebenfalls zu gelten, auch sie sind in den Rаphiа-Sümpfen häufig. Sie mögen wie die Gorillas die Palmherzen der Rаphiаpalmen, und sind hier wie die Menschenaffen besser gegen Nachstellung geschützt. Fay & Agnagna beschreiben 1991 in „Forest Elеphаnt Populations in the Central Afrіcan Republic and Cоngо“ auch die Häufigkeit und Praxis der Buschjagd in den Rеgenwäldern, sehr informativ. So muss man sich wohl auch die Praxis in Gаbun vorstellen, zumindest vor einigen Jahrzehnten. Heute, so glaube und hoffe ich, ist die Buschfleischjagd auf Gоrillas, Schіmpansen und auch Elеfаntеn in Gаbun stark eingeschränkt. Mein Indiz dafür bezüglich Elеfаntеn sind die zunehmenden Proteste von Dorfbewohnern in der hiesigen Provinz Ogооué-Ivіndо gegen die zunehmenden Probleme mit den Elеfаntеn.
Neben den drei bisher genannten Arten sind auch Bоngо-Antіlоpen, das Flussschwеin (Pinselоhrschwеin), und das Riеsenwaldschwеin bevorzugt in den Rаphiа-Sümpfen anzutreffen.Zuletzt geändert von Spartaner; 23.06.2025, 20:49.
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Danke das es weiter geht. Bin gespannt, wie es Dir weiter ergangen ist.Einer der mehr Ahnung hatte als ich sagte mal:
"Manchmal verspeist man den Bären,
und manchmal wird man eben vom Bären verspeist."
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Oh, danke schön fürs Fortsetzen! Schönes Grün, aber dafür würde ich mir die Strapazen und den Ärger davor nicht antun wollen. Und ja, ich weiss wie es ist, in einer Gegend zu sein, wo die Flüsse die Verkehrswege sind. Auch wenn es lang her ist. Das hat schon was. Aber der dortige Menschenschlag war angenehmer. Vielleicht die hier im Durchschnitt vor ebenso längerer Zeit auch. Dafür bleibt heute diese Natur evt. auch deshalb unzugänglich und daher besser erhalten.
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Sehr interessant, gerade wenn ich mit dem Amazonas vergleiche. Das Äquivalent zur Raphia ist in Südamerika die Moriche/Aguaje. Da gibt es auch gerade in Schwarzwassersümpfen und Savannen regelrechte Monokulturen dieser Palmen. Typisches Beispiel für konvergente Entwicklung in ähnlichen Ökosystemen. Empfinde den Wald nach dem Video, auf den ersten Blick aber offener und weniger überwachsen und Epiphyten. Bin sehr gespannt was noch kommt.Russian Roulette is not the same without a gun. - Lady Gaga
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Zitat von Intihuitana Beitrag anzeigenSehr interessant, gerade wenn ich mit dem Amаzоnаs vergleiche. Das Äquivalent zur Raphia ist in Südаmerikа die Mоriche/Aguаje. Da gibt es auch gerade in Schwarzwassersümpfen und Savannen regelrechte Monokulturen dieser Palmen. Typisches Beispiel für konvergente Entwicklung in ähnlichen Ökosystemen.
Diese Sumpfflächen erreichen wirklich riesige Ausmaße und wurden erst vor ~10 Jahren entdeckt. Die folgende Karte zeigt in Rot ganzjährig unter Wasser stehende Hartholz-dominierte Sumpfwälder und in Pink ganzjährig unter Wasser stehende Raphia-dominierte Sumpfwälder (zumeist die Art Rаphiа lаurentii De Wild).
Map Central Cоngо Basin peatland classification:
unbiodiversitylab.org, CC-BY-NC-SA-4.0
Die Untersuchungen beschränkten sich nur auf den mittleren Teil des Kоngо-Einzugsgebietes. Bis Gаbun hinein haben sie nicht untersucht. Das rote Kreuz links markiert meinen Standort. Wie ich mittlerweile aus den Satellitenbildern ablesen kann, ist auch in meinem Gebiet ein sehr großer Teil des Waldes Sumpfwald.
Hier werden die Umstände dieser relativ neuen Entdeckung mal etwas geschildert, interessant zu lesen:
“Im Herzen Afrikas liegt ein riesiges Feuchtgebiet. Nach jahrelanger Erforschung dieser abgelegenen Sümpfe zeigt unsere Forschung, dass die Region das ausgedehnteste tropische Torfgebiet der Erde beherbergt.
Erstaunlicherweise blieben 145500km² Moorland – eine Fläche größer als England – auf unserem überfüllten Planeten bisher unentdeckt. Wir entdeckten 30 Milliarden Tonnen Kohlenstoff in diesem neuen Ökosystem, von dessen Existenz niemand etwas wusste. Das entspricht 20 Jahren der aktuellen US-Emissionen fossiler Brennstoffe. Die wichtigen wissenschaftlichen Erkenntnisse finden Sie in Nature. Hier beschreiben wir, wie wir es geschafft haben und wie wir gegen Sabotage, Verhaftung und den Verlust des Verstandes ankämpften. …
Niemand war wirklich auf das Leben in den Sümpfen vorbereitet. Der Wald ist recht offen, was die äquatoriale Hitze verstärkt, aber die Luftfeuchtigkeit beträgt immer noch 100%, was für extremes Schwitzen sorgt. Die Füße sind nass und die neue Welt ist voller Insekten.
Wandern durch die Sümpfe ist nur in der Trockenzeit möglich. In der übrigen Zeit ist Waten die Fortbewegungsart. Doch in der Trockenzeit gibt es kein fließendes Wasser. Wir mussten oft Trinkwasser aus den Gruben filtern, die Krokodile graben und in denen sie leben. Trockenes Land und Wasser hielten uns an den Rändern des Sumpfes fest. … konnten wir unsere bisher größte Expedition unternehmen: eine 30 Kilometer lange Wanderung ins Zentrum eines unserer Vermutungen nach größten zusammenhängenden Moorgebiets der Region. … Mit all unseren Lebensmitteln und unserer Ausrüstung auf dem Rücken bahnten wir uns tagelang unseren Weg durch den bewaldeten Sumpf (oder versanken darin) … Abends bauten wir Holzplattformen, auf denen wir freistehende Bergzelte aufstellen konnten. Wir wuschen uns in einem der vielen schlammigen Wasserbecken. Anschließend saß das Team ums Feuer – auf einer Plattform, um nicht im Wasser zu sein – und genoss Maniok und geräucherten Fisch.
Nach 17 Tagen, in denen wir täglich nur 1.5km zurücklegten, erreichten wir endlich das Zentrum des Sumpfes zwischen zwei der großen Flüsse. Unsere Belohnung war nicht nur die Erkenntnis, wie riesig diese Torfgebiete tatsächlich sind. Wir fanden auch immer mächtigeren Torf, der bis zu 5.9m tief war.
Doch der Aufenthalt an einem so abgelegenen Ort war psychisch beunruhigend. Wir wussten, dass Baumwurzeln uns immer daran hindern würden, bis zum Hals im Torf zu versinken. Und wir wussten, dass der Regen eines einzigen sintflutartigen Gewittersturms nicht ausreichen würde, um den Sumpf zu überfluten und unseren Weg zu verwischen. Doch unsere Sinne signalisierten uns, dass dies ein gefährlicher Ort war. Tage später, als wir durch den letzten Fluss wateten, tauchten wir blinzelnd im hellen Sonnenlicht der Savanne auf. Wir sanken alle acht auf die Knie, froh, überlebt zu haben.
Ein Kohlenstoffspeicher
Unsere Feldmessungen ergaben, dass nur zwei bestimmte Waldtypen Torfböden aufweisen: eine ganzjährig wassergesättigter Sumpf aus Hartholzbäumen und eine ganzjährig wassergesättigter Sumpf, der von einer Palmenart dominiert wird. Mithilfe von Satellitendaten kartierten wir diese beiden spezifischen Torfsumpfwälder und bestimmten so die Grenzen der Torfgebiete des Kоngоbeckens. Durch die Kombination dieser Fläche mit der Torftiefe und dem Torfkohlenstoffgehalt aus unseren Laboranalysen konnten wir berechnen, dass nur 4% des Kоngоbeckens aus Torf bestehen, dieses aber unter der Erde genauso viel Kohlenstoff speichert wie oberirdisch in allen Bäumen der anderen 96%.
… Die Torfmoore im Kоngо sind nicht nur ein wichtiger Lebensraum für Gorillas und Waldelefanten , sondern auch eine kohlenstoffreiche Ressource im Kampf gegen den Klimawandel, wenn sie intakt bleiben.”
Zitat von Intihuitana Beitrag anzeigenEmpfinde den Wald nach dem Video, auf den ersten Blick aber offener und weniger überwachsen mit Epiphyten.
Ja, ich weiß auch nicht, woher die Unterschiede rühren. Ich vermute, dass dauerhaft hohe Feuchtigkeit wichtig ist für die Epiphyten und dass in meinem Gebiet doch Zeiten existieren, zu denen es nicht feucht genug ist.
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Zitat von Spartaner Beitrag anzeigenIch vermute, dass dauerhaft hohe Feuchtigkeit wichtig ist für die Epiphyten und dass in meinem Gebiet doch Zeiten existieren, zu denen es nicht feucht genug ist.
Und dabei fällt im Kоngо noch recht viel Regen, in Gаbun schon viel weniger, wie ich immer wieder auf dem WetterRadar Zentrаlаfrikа bemerke.Zuletzt geändert von Spartaner; 16.06.2025, 08:04.
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(Fortsetzung 2 Tag 6)
Weiter geht es mit der Paddeltour durch schönsten Rеgenwald. Natürlich liegen immer mal Baumhindernisse im Weg:
Bisher gibt es mit den Baumhindernissen keine Probleme, ich musste nicht noch mal aussteigen.
Epiphyten auf einem Ast, der über das Wasser hängt:
¾2, der erste Mensch, dem ich auf dem Fluss begegne:
Der Mann ist sehr in seine Tätigkeit vertieft und bemerkt mich erst im letzten Augenblick. Er sitzt in seinem Einbaum, wieder mit einem recht schönen Paddel in der Hand, die Angel ragt vorne über den Bug der Pіroge.
Ich bin also nicht alleine in der Wildnis unterwegs. Mit solchen Begegnungen musste ich rechnen hier im Urwаld. Ich bin 8km von meinem Startpunkt entfernt, aber nur 1.5km Luftlinie von den nächsten Häusern von Mékаmbo:
Immerhin, ab jetzt gewinne ich schnell Abstand zum Ort. Ab und zu gibt es breitere Flussabschnitte:
In 2km Abstand Luftlinie zu den nächsten Häusern findet sich diese wahrscheinlich von Menschen freigemachte Stelle am Ufer:
Die wäre natürlich ideal zum Übernachten, denn hier kommt man ausnahmsweise an Land. Aber es ist mir jetzt um 2 Uhr selbstverständlich noch viel zu früh heute. Außerdem suche ich natürlich authentische Urwаlderlebnisse, und da zählt so etwas freigemachtes natürlich nicht dazu, das ist ja ‘Zivilisation’. Möglicherweise gibt es sogar einen Fußpfad von hier nach Mékаmbo und ich hätte mit Besuch zu rechnen, was ich nun gar nicht mag.
1¼km weiter gibt es noch eine freigemachte Stelle auf festem Land, ebenfalls auf dem linken Ufer, und nicht ganz so groß. Und weitere 2km stromab sehe ich im Satellitenbild 350m südlich von einem Altarm entfernt bebaute Stellen im Wald (Map).
Auch nördlich des Flusses, also auf der Mékаmbo abgewandten Seite, gibt es bis 1km an den Fluss heran freigehauene Stellen im Urwald (Map). An denen bin ich aber bereits vorbei, ab jetzt finden sich kaum noch Spuren von Besiedlung.
Natürlich gibt es im Urwаld auch immer wieder einige schöne Tierbegegnungen. Die meisten aber dauern nur Sekunden. Das ist ganz anders als in der relativ offenen Savannenlandschaft des Pаntаnal. Wobei natürlich auch klar ist, dass die Tierdichte im Pаntаnal wesentlich höher war als hier im Urwаld.
Oft bin ich nicht einmal in der Lage, die Kаmera zu schnappen, da sind die Tierbegegnungen hier bereits vorüber.
Anders bei diesen großen Gespinsten, die flüchten nicht
Ähnliches hatte ich schon im Pantanal gesehen (Bild).
Ich habe großes Glück, diesen Otter festhalten zu können:
Aber so richtig warm bin ich noch nicht wieder mit der Kаmera, ich benutze sie einfach im Alltag zu wenig. Ich hatte sie in dem Moment nicht auf den Modus Sportfotografie gestellt, was ich bei Aufnahmen von Vögeln idR mache, und die Bilder sind alle etwas unscharf geworden.
Der Otter ist nicht ganz so groß wie die Riesenotter im Pantanal, aber kommt schon nahe heran. Wenn ich allerdings versuche, ihn zu bestimmen, dann reicht die Bildqualität für eine Bestimmung kaum aus. Von Größe und Verbreitungsgebiet her wäre es nach dieser Übersicht der große Cоngоotter (Aonyx congicus). Prinzipiell käme auch der kleinere Fleckenhalsotter (Lutra maculicollis) infrage, nach der Verbreitungskarte sollte es ihn hier auch geben.
Wahrscheinlich ist es aber doch der Cоngоotter. Hier wird der unter dem Namen Cаmeroon clawless otter (Aonyx capensis congicus) geführt, also als Unterart des Kаpotters, und die Abbildung stimmt in der Mundpartie recht gut mit meinem Foto überein. Der Kоngоotter wurde erst 1901 durch den schwedischen Zoologen Einar Lönnberg wissenschaftlich beschrieben. Lange Zeit war es umstritten, ob es sich um eine eigenständige Art handelt oder ob der Kоngоotter dem in Afrіkа weit verbreiteten Kapotter (Aonyx capensis) als Unterart zugeordnet werden sollte. In einer 2022 publizierten Untersuchung über die innere Systematik der Otter wurde festgestellt, dass beide Formen seit 440.000 Jahren nicht mehr miteinander hybridisieren und es sich damit eindeutig um zwei verschiedene Arten handelt (Wikipedia).
Er wird ungefähr 15 bis 25 kg schwer, also ganz ähnlich wie der südamerikanische Riesenotter. Nach Jonathan Kingdon können die Tiere sogar ein Gewicht von bis zu 34kg erreichen. Über diese Art ist sehr wenig bekannt.
Auf jeden Fall ist dieses Tier ein hervorragendes Beispiel für den riesigen Unterschied zwischen Arten aus dem gut bekanntem Amаzonаs-Rеgenwаld und dem nahezu unbekannten Kоngо-Rеgenwald. Zum südamerikanischen Riesenotter findet man hunderte Bilder und andere Nachweise im Netz, während man zum zentralafrіkаnischen Kоngоotter fast nichts findet.
Kurz darauf sehe ich 15 - 20m vor mir ein weiteres größeres Tier schlängelnd den Fluss queren. Zu sehen sind nur ein Hals, der aus dem Wasser ragt, und ein waagerecht getragener Kopf. Es handelt sich wahrscheinlich um eine große Schlange, vielleicht eine Python. Möglich wäre es (Kevin Casey 2010, ganz in der Nähe: Huge python in the jungle).
Allerdings bin ich nicht sicher, ob Pythons den Kopf manchmal auch so hoch über das Wasser halten, wie ich es gesehen habe. Hier zB ist das nicht der Fall, da ragt der Kopf nur wenig über die Wasseroberfläche. Hier auch nicht, ebenso hier nicht. Also ich glaube nicht so recht an eine Python.
Diese Giftschlange hält ihren Kopf schon höher, aber immer noch nicht so, wie ich das gesehen habe. Die Wassermokassinotter hält ihren Kopf zwar oft hoch übers Wasser, aber meine hielt den großen Kopf waagerecht auf dem steil hochgehenden Hals. Vom Körper sah man nicht viel an der Wasseroberfläche, nur ein paar schlängelnde Wellen. Vielleicht war es auch ein Waran, zB ein Rеgenwald-Nilwaran (Varanus ornatus)?
Otter und Schlange/Waran – Das geht ja schon mal gut los mit der Tierwelt! Ja, genauso habe ich mir das vorgestellt.
Dann höre und sehe ich hoch oben im Gipfel der höchsten Uferbäume eine Gruppe Affen herumturnen. In einer kurzen Filmsequenz kann man einen der relativ großen Affen sehen, der sich von einer Stelle hoch oben in einer Baumkrone sehr tief hinunter stürzt, um den nächsten Baum zu erreichen: Affensprung (Video 21sec). Das Fell ist überwiegend schwarz, aber es gibt auch weiße Partien.
Auch hier wäre es mir unmöglich gewesen, den Affen auf ein Foto zu bannen. Nur weil ich gerade gefilmt habe, konnte ich ihn festhalten.
Daneben sind immer mal Vögel zu sehen, die vor mir Reißaus nehmen. Kormorane, Reiher, Rallen, Enten und andere, exotische Vögel, die ich nicht bezeichnen kann.
Anstatt eines Affenfotos gibt es nun das Bild einer Affenschaukel im Urwаld:
Diese Affenschaukel hat wirklich gigantische Ausmaße und wäre auch für eine Großfamilie Gorillas geeignet.
½3, ein weiterer Mann kommt mir entgegen und fährt gerade in eine kleine Bucht am Ufer ein:
Irgendwas muss interessant sein da am Ufer, vielleicht ein guter Fanggrund. Genau so wie der erste legt er gleich darauf wieder ab und kommt auf mich zu – erst jetzt bemerkt er mich, so sehr ist er in seine Tätigkeit vertieft. Das liegt auch daran, dass er ein kleines Kofferradio zu laufen hat. Ich grüße 'Bonjour', er grüßt zurück. Was er dann noch sagt, verstehe ich natürlich nicht.
Auch er lässt seine Angel über den Bug ins Wasser und paddelt dabei:
Die Angel besteht aus der Mittelrippe eines Rаphiа-Palmwedels, die er zwischen den Zehen eingeklemmt mit dem rechten Fuß festhält. Vorne ist die Angelschnur angeknotet. Ab und zu badet er den Köder im Wasser, mit der Rute hin- und herwedelnd.
Mindestens 3 mal sehe ich heute übrigens zerfallende Reste von aufgegebenen Pіrogen im Fluss oder am Ufer festsitzen. Die sind wohl so etwas wie Verbrauchsmaterial.
Urwаldriesen am Flussufer:
Etliche von ihnen stehen mit sehr schön ausgebildeten Brettwurzeln im Wasser:
Entlang der Ufer gibt es manchmal auch größere Flächen, die mit hohen schwimmenden Grasmatten zugewachsen sind:
An dieser Stelle bleibt nur ein halber Meter breiter Durchschlupf:
Die Hauptmenge des Wassers fließt unter dem Gras weiter.Zuletzt geändert von Spartaner; 25.06.2025, 09:04.
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Ich habe mir noch mal Gedanken zu meinem Kоngо-Otter gemacht, weil ich im Vergleich mit den Fotos im Netz auf meinen Bildern die hellen Partien am Kopf nicht erkennen kann. Mein Otter sieht einfach mehr nach der Schwesterart aus, dem Kаpotter (Aonyx cаpensis) oder auf englisch dem African clawless otter.
Bei weiteren Recherchen bin ich auf die Afrіcаn Otter Group gestoßen. Auf deren Website findet man eine Karte, auf der die Verbreitungsgebiete aller afrіkanischen Otterarten dargestellt sind.
Kartenbasis © IUCN-Species Survival Commission’s Otter Specialist Group, Link
Darauf erkennt man, dass beide nahe verwandte Otterarten beginnend 130km nördlich von Mékаmbo ein großes Gebiet in den Rеgеnwäldern von Kаmerun und im SO der Zentrаlafrіkanischen Republik gemeinsam besiedeln. In der Karte ist diese Fläche grün dargestellt, “SNO & CCO & ConCO”.
Die Afrіcan Otter Group freut sich über jede Meldung gerade der weniger bekannten Arten. So habe ich mal Kontakt aufgenommen. Mein Erstkontakt sieht auch eher den Kаpotter auf meinen Fotos, möchte aber noch weitere Meinungen einholen.
Es könnte also gut sein, dass das Verbreitungsgebiet des Kаpotters weiter nach Süden reicht, als bisher bekannt. Ich bin jedenfalls gespannt auf weitere Rückmeldungen.
Mehr zur Gefährdung der “großen Otter” im Rеgеnwald:
Neben Bedrohungen wie Lebensraumverlust, Verschlechterung der Lebensbedingungen, Verknappung der Beutetiere und Umweltverschmutzung werden die großen Otter gelegentlich wegen ihres Fleisches gejagt. Sie werden in den Berichten über Buschfleisch nur selten erwähnt. Der Preis ist ähnlich hoch wie bei anderem Buschfleisch. Während das Fleisch in Kоngо und Kаmerun begehrt ist, ist dies in Gаbun nicht der Fall.
Außerdem gelten Otter in Gаbun manchmal als gefährlich, da sie angeblich einen elektrischen Schlag verursachen, wenn sie mit einem Speer erlegt werden. In Zentral- und Westafrіka gilt ihr Fleisch als Aphrodisiakum (wie bei vielen anderen Tierarten auch). In manchen Gegenden werden dem Otter magische Kräfte nachgesagt: Mit einem Stück Fell kann man sich für einen Gegner unsichtbar machen oder einem Feind entkommen, so wie Otter Fischreusen entkommen.
In der Demokratischen Republik Kоngо (DRC) hat das Töten in den letzten zehn Jahren mit der Verbreitung von Waffen und Munition exponentiell zugenommen, so dass der Abschuss von Fischottern von Pirogen und vom Flussufer aus immer häufiger wird. Die Häute von A. congicus werden in Kаmerun zur Herstellung von Trommeln verwendet. Die Mbutі-Pygmäеn im Nordosten der Demokratischen Republik Kоngо verwenden die Felle der Kоngо-Otter zur Herstellung von Hüten.Zuletzt geändert von Spartaner; Gestern, 07:43.
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(Fortsetzung 3 Tag 6)
12.9km nach meinem Start an der Brücke und 11½km nachdem ich das erste und einzige mal das Boot über einen Stamm zerren musste, liegt das zweite wirkliche Baumhindernis vor mir, ähnlich wie dieses hier auf Google Maps. Ein Baumriese liegt quer über den Fluss und sperrt ihn vollständig ab. Links im Bereich der Baumkrone sieht es etwas freigemacht aus:
Hier zerren wahrscheinlich die Einheimischen ihre robusten Pirogen über die Äste der Baumkrone. Ich schaue mir diesen Weg zunächst an, aber der ist mir nichts. Einfach drüberzerren kann ich mein beladenes Boot hier nicht, und zum Gepäckzwischenlagern fehlt mir hier der Platz bzw eine Unterlage.
Ich lege stattdessen am dicken Hauptstamm an, klettere drauf, entnehme das schwere Gepäck und bugsiere das leere Boot herüber:
Zunächst müssen ein paar der mit spitzen Stacheln bewehrten Rаphia-Mittelrippen beseitigt werden:
Der Stamm bietet einen bequemen Stellplatz und Ablageort für das Gepäck:
Geschafft, das Boot liegt unterstrom und darf jetzt nur nicht abtreiben:
Jetzt noch beladen, und weiter geht es. 12min dauert diese Übertrageaktion insgesamt.
Hier liegt auch der erste sichtbare Müll im Fluss, eine Glasflasche:
Ansonsten gab es aber sehr wenig Müll in und neben dem Fluss.
Die angetriebenen Schwimmpflanzen sind Wassersalat (Pistia stratiotes), auch Grüne Wasserrose oder Muschelblume genannt. Sie ist weltweit in tropischen und subtropischen Zonen in Süßwasser zu finden, so auch hier auf dem Zаdié. Ein direkter Ursprungskontinent ließ sich bisher nicht ermitteln. Andere behaupten, das Pаntаnal sei die Ursprungsregion der Pflanze. Ich kenne sie noch aus Zierfischaquarien, über die es diese tropische Pflanze sogar bis in die DDR geschafft hatte.
Hinter diesem schwer zu überwindenden Baumhindernis fühle ich mich schon wieder viel abgelegener und hoffe, dass ich jetzt niemandem mehr begegne.
Blick in den Fußraum des Bootes, Kamera und Karte (Smartphone) liegen griffbereit:
1½km weiter, es ist ½5, wird es langsam dringend, einen Lagerplatz zu finden und ich beginne, die Ufer des Sumpfwaldes nach möglichen Einfahrten abzuscannen. Heute möchte ich keinesfalls in die Dunkelheit geraten, ohne einen Lagerplatz gefunden zu haben.
Mit solch guten, bereits von Menschen freigemachten Stellen, wie ich sie bisher 2x in Ortsnähe gefunden hatte, rechne ich jetzt nicht mehr. Schon nach wenigen Minuten gibt es eine Möglichkeit, in den Sumpfwald hineinzufahren:
Allerdings nur wenige Meter, vielleicht 10m, dann ist schon Schluss mit freier Fahrt. Überall liegen piecksige Rаphia-Wedel oder auch nur noch die Mittelrippen der Palmwedel im Weg.
Bis zum festen Land gelange ich so nicht. Aber was ist das? Rechts von mir scheint es ein Stück begehbares Land zu geben:
Wer es auch erkennt, der hebe die Hand. Das ist doch eindeutig, oder?:
Hier taste ich mich jetzt rückwärts heran. Der Wurzelstock dieses Baumriesen scheint mir begehbar. Außerdem wachsen hier ein paar kleinere Bäume, an denen ich evtl die Hängematte befestigen könnte. Ansonsten sieht es im Sumpfwald mit möglichen Übernachtungsplätzen äußerst mau aus.
Ich kann an einer kleineren Wurzel anlegen, die alten DDR-Gummistiefel und Schutzhandschuhe anziehen, und aussteigen. Es ist äußerst schwierig, sich zwischen den senkrechten, schmalen Brettwurzeln zu bewegen. Das Material zwischen den Wurzeln ist oft sehr locker und man bricht tief ein, alles reine Organik, das meiste in Zersetzung begriffen.
2h bleiben mir bis zur Dunkelheit. 18:11 ist Sonnenuntergang, 18:33 endet die Bürgerliche Dämmerung, wo man noch ganz gut sehen kann. Also eine Wahl habe ich eigentlich nicht mehr.
Die ersten Gepäckstücke landen zwischen den Brettwurzeln:
Das Boot wird ein Stück hochgezogen und mit der Leine gesichert:
Dann haue ich den Platz mit der Machete soweit frei, dass ich die Hängematte befestigen kann. Das dauert sicherlich eine halbe Stunde.
Diese Äste und Stämme bis zu ~20cm Durchmesser sind wohl alles Teile der "Schurken des Regenwaldes", der Lianen, die hier unten wurzeln und an den Baumriesen in die Höhe wachsen.
Die Hängematte hängt auf der einen Seite an dem dicken senkrecht hochwachsenden Lianenstamm hinten (die Machete im Foto zeigt in seine Richtung), und auf der anderen Seite an einer mittelgroßen Raphia-Palme mit einem Stammdurchmesser von ~30cm. Dazwischen habe ich alles weggenommen, was das Aufspannen von Hängematte und Tarp behindert hätte.
Danach lässt sich das Tarp aufspannen:
Alles in allem klappt das ganz gut und ich bin zufrieden, auch wenn manch einer die Stelle wohl eher als Notübernachtung klassifizieren würde.
Insgesamt dauerte dieses erste Mal Einrichten des Lagers etwa eine Stunde. Gegen 18 Uhr liege ich ziemlich geschafft in der Hängematte, noch bevor es richtig dunkel wird:
Die Matte hängt sehr gut, der Schlaf wird perfekt sein. Aber die Stelle selbst ist so unmöglich, dass ich zum Beispiel aufs Kochen oder auch nur kaltes Essen anrühren heute Abend vollständig verzichte. Wenn ich mich recht erinnere, habe ich jetzt die letzten Schokokekse gegessen. Ich kann mich hier um die Hängematte herum kaum bewegen und auch kaum irgendwelche Sachen ausbreiten. Und wirklich sauber machen, so wie es immer wieder empfohlen wird, konnte ich den Boden hier nicht. Für Schlangen und Skorpione gibt es immer noch viele Versteckmöglichkeiten. Verschiedenartige Ameisen krabbeln auf dem Boden, Wildbienen umschwirren mich. Nur von Mücken merke ich sehr wenig!
Aber das alles stört mich jetzt wenig. Ich bin froh, sehr bequem in der Hängematte zu liegen, mich endlich einmal vollkommen entspannt ausruhen zu können und dabei der absolut ungestörten Natur zu lauschen. Am Abend und in der Nacht sind noch viele tolle Tierstimmen zu hören. Das Tonaufnahmegerät habe ich aber noch nicht zur Hand, und das Smartphone scheitert bei Tonaufnahmen vollständig (wegen ständiger hoch dynamischer Pegelanpassung).
Der Vollmond scheint die ganze Nacht, sodass es auch nachts nicht 100% stockdunkel ist.
So, das war er, mein erster Tag im Rеgеnwаld. Der Stress, die ganze Unsicherheit, ob ich es überhaupt bis in den Urwаld schaffe, ist jetzt verflogen. Jetzt liegen vielleicht 2, maximal 3 Wochen Flusstour vor mir. 14½km habe ich heute auf dem Fluss zurückgelegt, das sind 6% von den 241km Gesamtstrecke.
Ich musste erkennen, dass der Fluss Zаdié über seine gesamte Länge von ausgedehnten, sehr nassen Sumpfwäldern umgeben ist, die die Lagerplatzsuche am Abend viel schwieriger machen, als ich mir das vorgestellt hatte. Ob die großen Tiere sich auch in den Sumpfwäldern bewegen, daran habe ich jetzt meine Zweifel. Aber andererseits habe ich heute bereits einige schöne Tierbegegnungen gehabt, Otter, Schlange/Wаrаn im Wasser gesehen, Affen in den Bäumen, und etliche Vögel im Wald gehört, sowie am Wasser und über den Baumkronen gesehen. Ja, so könnte es weitergehen.
Zuletzt geändert von Spartaner; 01.07.2025, 08:12.
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Freue mich auf deinen weiteren Bericht.Du kannst reisen so weit du willst, dich selber nimmst du immer mit.
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Schon schön, aber anstrengend! Und zuviel Schlamm. Wäre beides nix für mich, bin zu faul
.
Umso netter, dass man bei Dir mitreisen kann! Danke! Bist ein cooler Kapitän und Entdecker!
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Tag 7, Zаdié
Fr 21. Juni 2024, 2.Tag auf dem Wasser 🛶8.3km
00:08, kurz nach Mitternacht: Laut singend nähern sich langsam 2 Männer auf dem Wasser. Was machen sie um diese Zeit auf dem Fluss? Suchen die mich? Oder fischen sie so laut singend? Wenn sie mich suchen, dann schauen sie sich wahrscheinlich ihnen bekannte gute Zugänge zum Land an.
Jedenfalls kehren sie ~100m vor mir wieder um und nach einer halben Stunde höre ich sie nicht mehr. Und ich bin etwas enttäuscht, bin ich hier doch immer noch nicht so einsam wie ich mir das wünsche.
Danach ist wieder nur der Sound des Dschungels um mich herum zu hören, also hauptsächlich Insekten, Zikaden etc. Ob auch Kröten und Frösche mitmischen, kann ich nicht sicher sagen, nehme es aber an.
Vögel sind um diese Uhrzeit keine zu hören.
Gegen 03:15 ruft ein lauter Vogel, 03:19 ruft es sehr laut und mit voller tiefer Stimme ganz in der Nähe, es könnte ein großer Affe sein, ähnlich wie ein Brüllaffe. Leider habe ich das Tonaufnahmegerät nicht greifbar.
Im Wasser plantschen große Fische (?).
Ab 3 Uhr wird es auch spürbar kühler, so dass ich endlich nicht mehr so schwitze.
Ab 5:40 Uhr dämmert es und das Vogelkonzert wird lauter.
Mehrfach höre ich am Morgen vereinzelten Donner. Shit, da muss ich aus den Federn und dem Boot die Spritzecke anlegen. Schon schwitze ich wieder wie ein Schwein.
Zum Frühstück gibt es einen ganzen Pott 0.8L Trockenmüsli. Das dauert eine ganze Weile, bis ich den aufgegessen habe.
7:59 Gegenüber klagt ein größerer Vogel(?) laut ‘Aaua Aaua’. Tage später werde ich nochmal auf dieses Tier zurückkommen.
Das Gewitter kommt doch nicht. Vielleicht waren es auch nur ferne Verkehrsgeräusche oder Sprengungen vom Bergbau, jedenfalls kommt ½8 die Sonne durch.
Auch hier lerne ich mit der Zeit, das waren tatsächlich alles vereinzelte kleine Gewitter, deren Donnerhall über den riesigen Weiten des Urwаldes bei Windstille weit trägt. Die werde ich jetzt täglich haben. Eigentlich ist das in der Trockenzeit nicht so vorgesehen.
DeepSeek verrät mir nachträglich, dass man an windstillen Tagen Donner unter idealen Bedingungen bis zu 15–25km weit hören kann. Es gibt jedoch dokumentierte Extremfälle mit über 100km Hörweite unter speziellen atmosphärischen Bedingungen. Also möglicherweise kann ich hier bis in den Kоngо lauschen (~50km).
Boot mit Spritzdecke, nach den wenigen Tropfen, die hier herunterkamen, bereits wieder geöffnet:
Ich liege noch bis gegen 10 Uhr in der Hängematte, mampfe immer noch mein Müsli, schreibe Bericht, und packe dann zusammen.
Mücken habe ich bisher noch keine angetroffen, aber dafür umkreisen mich hier sehr viele Bienen. Besonders viele tummeln sich dort, wo ich nachts hingepieselt habe. Aber das kennen wir ja schon von den Schmetterlingen und den Killerbienen im Pantanal.
Die Bienen hier sind nicht besonders aggressiv. Ab und zu verirrt sich aber eine unter meine Kapuze des NosiLife-Netzhemds. Einer wird es doch zu bunt und sie sticht zu. Auf der Schulter hat sie mich erwischt. Der Stich ist aber kaum schmerzhaft, nach kurzer Zeit spüre ich nichts mehr.
Beim Packen des Bootes gelingt es mir fast, das Boot zum kentern zu bringen. Kurzzeitig steht der Kahn so schief, dass Wasser über den Süllrand hineinläuft. Na, das wäre es ja gewesen, wenn ich jetzt hier schon in den Sumpf gefallen wäre.
Es ist aber auch besonders schwierig, sich hier zu bewegen zwischen den Brettwurzeln. Ich stehe nur auf Organik, auf Wurzeln und zerfallenen Blättern. An manchen Stellen breche ich durch. Und mein Anlandesteg besteht auch nur aus einer wackligen Wurzel mit ~5cm Durchmesser.
Abfahrt kurz nach elf Uhr. Ich habe kaum abgelegt, da sehe ich eine Pirogue mit einem Mann und einer Frau besetzt, die sich von hinten nähern. Der Mann ist gekleidet wie ein Ranger, also feste Tarnfleckuniform und Gummistiefel, die Frau hinten hat einen Korb vor sich im Boot liegen. Er fragt mich, wo ich hin will, und ich antworte, nach Mаkоkоu, also zum Ivіndo und weiter nach Mаkоkоu.
Er schüttelt den Kopf und deutet mir an, ich müsse umkehren. Ich weiß nicht so recht, ob das jetzt hier einer der Offiziellen ist, also ein Waldhüter zum Beispiel, der mich nicht alleine in den Urwаld lassen möchte, und so mache ich nur ein paar vage Gesten und deute an, dass ich im Fall der Fälle natürlich umkehren werde. Sie überholen mich kurz, weil ich noch im Boot zu kramen habe:
Ich paddle weiter, wieder an ihnen vorbei, und höre ihn noch hinter mir telefonieren. Mist, sollten die mich jetzt noch vom Wasser fischen? Ich beeile mich, außer Sicht zu kommen.
Aber es könnte natürlich auch sein, dass er sachlich recht hat und mich nur vor den kommenden Blockaden warnen wollte. Ich schaue nochmal auf das Satellitenbild und erwarte die ersten möglichen Blockaden 15km voraus.
Satellitenbild vom 1. Mai 2013 (aufgehellt und im Kontrast verstärkt), erste Vollsperre 15km voraus (Map):
Doch nach einer Stunde stehe ich schon vor meiner ersten Totalsperre. Der Flusslauf ist auf seiner gesamten Breite zugewachsen. Ganz rechts könnte es vielleicht eine Lücke geben, aber da sperrt zusätzlich ein umgefallener toter Baum ab. Ein Teil der Strömung zieht aber in den Sumpfwаld hinein. Ich versuche hier mein Glück und schaue, ob es durch den Wald hindurch eine Umgehung der Sperre gibt. Auf jeden Fall gibt es an dieser Stelle relativ viel freie Wasserflächen im Sumpfwаld.
Ich taste mich langsam voran, die Orientierung erfolgt eher intuitiv:
Da vorne ist bereits der Ausgang aus dem Wald erkennbar:
Nach 5min und 180 Metern Fahrt durch den Sumpfwаld bin ich auf dem jetzt wieder offenen Hauptstrom:
GPS-Track erstes Mal Paddeln durch den Sumpfwаld:
Danach geht es erstmal frei weiter.
Der Urwаld präsentiert sich vor und nach der Sperre auch heute von seiner schönsten Seite:
Dazu passen auch die geheimnisvollen und/oder exotischen Geräusche. Hier zB rufen die Riesenturаkos aus dem Urwаld: Tonaufnahme während des Paddelns.
Ich habe die Vögel nicht gesehen und kannte sie natürlich nicht. Aber weltweit finden sich Leute, die Vogelstimmen kennen und mir manchmal Hilfestellung geben. Wobei es allerdings wieder so ist, dass sich zu den zentralafrіkanischen Vögeln nur sehr wenige kompetente Leute melden, zu den Vögeln im Pantanal gab es 10x so viele Hinweise.
Der die Soundkulisse dominierende Vogel ist auf dieser Aufnahme der Riesenturаko aus der Familie der Bananenfresser, ein faszinierender Vogel. Er ist groß, mit bis zu 75cm Gesamtlänge der größte aller Turаkos, er ist tropisch bunt gefärbt, und hat gewisse Ähnlichkeiten mit dem Urvogel.
Angeblich beschränken sich die Flugkünste dieses Vogels auf ein Abwärtsgleiten und -kreisen. Durch Springen von Ast zu Ast gelangt er wieder nach oben. Ob das stimmt? Die deutsche Wikipedia weicht in der Beschreibung des Vogels stark ab von der englischen Version, wobei mir die englische einen deutlich wissenschaftlicheren Eindruck macht.
Riesenturаkos:
(Charles J. Sharp, License CC BY-SA)
(© Giles Laurent, License CC BY-SA)
Nun dachte ich, die Beschreibung der mangelnden Flugkünste stammt vielleicht noch aus Brehms Tierleben. Aber dem ist nicht so. Dort heißt es: “Ihr Flug ist nicht besonders ausgezeichnet, jedoch, wie die kurzen Flügel vermuten lassen, gewandt und mancherlei Wendungen fähig. Ihre Bewegungen im Gezweige der Bäume sind sehr geschickt. Über ihre geistigen Fähigkeiten ist schwer ein Urteil zu fällen; so viel aber steht fest, dass man sie nicht zu den dummen Vögeln zählen darf. Aufmerksam auf alles, was um sie vorgeht, zeigen sie sich vorsichtig und werden, wenn sie sich verfolgt sehen, bald außerordentlich scheu” (Brehms Tierleben). Irgendwie schön geschrieben damals.
Darum mehr zum Riesenturаko aus A. Brehm (1891): Die Vögel. 2.Band, S.131-133:
Der sowohl durch seine Schönheit und sein Gebaren als auch durch seine Stimme auffallende Vogel lebt in ausgedehnten Waldungen im Gebirge wie in der Ebene, verfliegt sich aber auch gelegentlich in gehölzreiche Savannen, wenn dort mancherlei Früchte und Beeren gereift sind. …
Das schillernde Gefieder ist auf der Rückenseite und am Halse leuchtend lasur- und kobaltblau, an der Brust grüngelb, an Bauch, Schenkeln und Steiß warm rostrot gefärbt und zeigt bei wechselnder Beleuchtung überraschend schöne Farbenwirkungen, die jedoch nach dem Tode des Vogels sehr viel schwächer werden, wie auch überhaupt die Farben des Gefieder an Kraft und Tiefe bedeutend verlieren (Farbbeispiel eines toten Exemplars auf Instagram).
Über sein Vorkommen wird man ganz genau belehrt durch seinen überaus lauten, weithin hallenden Ruf, der ihm eben bei den Eingeborenen den Namen ‘Koko’ verschafft hat. Der Ruf besteht aus zwei Teilen, die im Sitzen stets nacheinander vorgetragen werden, während im Fliegen nur der letzte wiederholt wird. Der erste Teil ähnelt dem Schreie der Pfauen, ist aber viel wohlklingender und gewissermaßen nach abwärts harpeggierend; ihn könnte man etwa durch ‘kuriu’ wiedergeben. Der zweite Teil lautet genau wie ‘kok kok kok’ und wird getrennt, aber schnell hintereinander 8 - 10 mal oder noch öfter hervorgestoßen. Gerade dieses in gleicher Höhe und Stärke erschallende ‘kok’ ist auf überraschend weite Entfernungen zu vernehmen. … 6 - 8km.
Das Treiben der ebenso prächtigen wie anmutigen Geschöpfe gewährt viel Vergnügen. Mit stark rauschenden hastigen Flügelschlägen steuern sie in gerader Linie über Gewässer von einem bewaldeten Ufer zum anderen oder laufen ungemein hurtig und fast gefallsüchtig tänzelnd auf dem Astwerke der Bäume entlang, hüpfen hinüber und herüber und sind immer in Bewegung. Am Tage sieht man sie gewöhnlich allein oder zu zweien ihrer Nahrung nachgehen, die nur aus Blattknospen und Beeren zu bestehen scheint, und vernimmt allenthalben ihren Ruf. Wenn die Sonne sinkt, gesellen sie sich gern zueinander. Zunächst hebt ein einzelner im Wipfel eines hohen Baumes am Wasser oder an einer Waldwiese an und lässt sein ‘kuriu kuriu! kok kok kok!’ erschallen; andere antworten; er fliegt zu ihnen oder sie kommen herbei. So fällt ein zweiter und dritter ein, während das Rufen und Locken andauert; ein vierter folgt, wohl auch ein Pärchen, bis manchmal an 10 - 15 im obersten Gäste verstreut beisammen sind. Sie sitzen still oder laufen hin und wieder, jagen einander bis zur äußersten Spitze oder hocken sich traulich Seite an Seite. Bisweilen erhebt sich die ganze Gesellschaft plötzlich mit lautem ‘kok kok’ und fliegt einem anderen Baume zu, streicht auch von dort vielleicht nochmals ab. So bleiben sie bis zur vollen Dunkelheit in Bewegung, wenn längst die übrigen Vögel ruhen, und manchmal klingt noch eine Stunde später vom schließlich gewählten Schlafbäume traulich ein vereinzeltes leises ‘kuriu’ herab.
Des Morgens sind sie zeitig munter, trennen sich und ziehen wieder im Walde umher. Gewöhnlich halten sie sich in den Baumwipfeln auf; im Unterholze sah ich sie selten, auf der Erde niemals. Ihre Stimme vernimmt man zu jeder Tageszeit, am häufigsten aber des Abends.
Die Kokos sind nicht nur lebhafte, sondern auch vorsichtige und wachsame Tiere. Daher ist es schwierig, außer des Morgens, wenn sie sich hungrig im Walde umhertummeln, sie zu beschleichen, und die meisten erlegt man während der Flußfahrt, wenn sie zufällig vorüberstreichen; dies fällt umso leichter, da sie im Fluge nicht rasch wenden, selbst der erkannten Gefahr nicht geschickt ausweichen können. Gut ist es, sie sehr nahe kommen zu lassen, da sie einen starken Schuß vertragen. Auf den Schlafbäumen sitzen sie in der Regel zu hoch, als daß ein Schrotschuß sie wirksam erreichen könnte. Ihr Fleisch ist trocken und zähe, gibt aber eine gute Suppe. …
Nach Aussage der meisten waldkundigen Eingeborenen sollen sie in Baumhöhlungen nisten, doch klingt die Angabe einiger Jäger wahrscheinlicher, wonach sie ihre einfachen Nester auf Gabeläste in die Spitze der höchsten Bäume stellen sollen” (letzteres gilt heute als gesichert, aber interessant, wie schon damals beide Angaben gewertet wurden).
In Westafrіka wird der Riesenturаko als Nahrungsmittel hoch geschätzt und von den Einheimischen oft gejagt und gegessen. Das Fleisch ist in kleineren Dörfern beliebt, und die langen Schwanzfedern werden als Dekoration geschätzt. Das Volk der Mbutі im Iturі-Regenwаld in der DR Kоngо sieht den Riesenturаko (den sie kulkoko nennen) in Verbindung mit Okapis, die sie durch lautes Rufen vor Gefahren warnen und glaubt, dass der Verzehr dieser Tierart während der Schwangerschaft zu einer schwierigen Geburt oder Missbildungen führen kann. Es ist auch ein Totemtier des Stammes und darf als solches nicht von Mitgliedern dieses Stammes gegessen werden; wenn sie es doch essen, fallen ihnen angeblich die Zähne aus.
Zurück zur Flusstour.
Eine halbe Stunde nach der ersten stehe ich vor der nächsten Totalsperre:
Hier ist allerdings eine Spur zu sehen, wo sich bereits andere Boote durch das hohe Schneidgras bewegt haben. Ich überlege schon ein paar Minuten, ob ich mir das antue, aber dann ziehe ich mir Handschuhe an und versuche es:
“Paddeln”, sich am Gras festhalten und vorwärts ziehen - es geht ganz gut durch das Schneidgras, natürlich nur wegen der bereits benutzten Rinne. Die Blätter des Schneidgrases haken sich oft in meinem Nosilife-Netzhemd fest und lassen sich schwer lösen. Ein bisschen gruselt es mich beim Gedanken an die dicke Python, die hier im Gras schlummern könnte.
Ein bisschen kenne ich solche Situationen bereits. Im Donaudelta haben wir uns zB 2008 mal durch ½m-dicke Schichten von angetriebener und dann festgebackener Entengrütze gewühlt. Die stank schon, besonders wegen der Massen an erstickten Schnecken. Das war wirklich harte Arbeit, damals zu dritt, in ebenso heißer Sommerhitze.
Hier durch das Gras geht es erst mal einfacher. Aber auf Dauer wäre mir das nichts, und niemand kann mir sagen, wie viele zugewachsene Abschnitte noch vor mir liegen. Auf die Satellitenbilder von 2013 ist offenbar kein Verlass, da hat sich viel verändert.
Nach 50m, für die ich 3min benötigt habe, gibt es wieder eine kleine offene Wasserstelle:
Jetzt kann ich links um die nächste Ecke 200m voraus schauen:
Auch dieser Abschnitt scheint vollkommen zugewachsen zu sein, das Gras steht noch höher. Von da an ist jetzt keine vorbenutzte Rinne durch das Gras mehr zu erkennen, ich müsste mich neu da durchschlagen. Durch das dichte, hohe Schneidgras käme man nur mit unendlicher Mühe voran.
Auch mit mehr Tele ist am Ende keine offene Wasserfläche erkennbar, und auch um die nächste Kurve herum scheint es zugewachsen zu sein:
Schön wäre es gewesen, wenn man hier eine Drohne zur Begutachtung der aktuellen Ausdehnung des zugewachsenen Bereiches gehabt hätte. Wer weiß denn, wie weit sich diese Sperre noch um die nächste Ecke herumzieht?
Aber es gibt auch hier wieder einen alternativen Weg. Von der kleinen offenen Wasserfläche aus fließt rechts ein Teilstrom in den Sumpfwаld hinein:
Das sieht erstmal befahrbar aus, und so folge ich jetzt dem Teilstrom tief in den Wald hinein:
Nur muss man sich das jetzt nicht als richtige definierte Fließrinne vorstellen, sondern es strömt ganz langsam in verschiedenste Richtungen an den Brettwurzeln der Baumriesen vorbei:
Die schönsten Brettwurzeln:
Zuletzt geändert von Spartaner; Gestern, 07:49.
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Zitat von Spartaner Beitrag anzeigenGPS-Track erstes Mal Paddeln durch den Sumpfwаld:
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(Fortsetzung 1 Tag 7)
Ich paddele weiter durch den Sumpfwаld. Alle Teilströme sind durch herabgefallene Äste, Palmwedel oder ganze Bäume mehr oder weniger blockiert:
Primär schaue ich nach der einfachsten Durchfahrt und eventuell etwas erkennbarer Strömung. Oft ist eine Strömung gar nicht zu erkennen. Eine Orientierung nach der Sonne fällt hier aus, zumаl es jetzt bewölkt ist. Mit Locus Pro, Openandromaps bzw Satellitenbildern und GPS-Track auf dem Smartphone funktioniert es aber ganz gut, die Generalrichtung zu halten. Natürlich nur, solange das Smartphone Saft hat. Die Dunkelheit unter dem Blätterdach verhindert natürlich effektiv die Solarladung.
Nebenbei schaue ich auch immer nach potentiellen Übernachtungsplätzen. Ich möchte ein Gefühl dafür bekommen, wie erfolgreich die Suche nach Schlafplätzen hier im Sumpfwаld sein wird. Leider immer wieder erfolglos.
Nach 230m gelange ich zu einem imposanten Baumriesen, dessen Brettwurzeln zunächst den Anschein erwecken, dass ich hier ein Lager ähnlich der letzten Nacht aufschlagen könnte:
Das schaue ich mir näher an. Zwischen zwei “Brettern” ist eine “Hafenzufahrt”:
Ich lege an und versuche auszusteigen, aber beim Versuch bleibt es. Zwischen den Brettern ist einfach nicht genügend Material und man würde tief unter Wasser im Sumpf versinken. Also zurück ins Boot.
Um die nächste Ecke liegt ein gefallener Baumriese. Hier deutet sich 1m über der Wasseroberfläche eine ebene Fläche an. Ob die für mein Zelt geeignet ist?
Ich zwänge mich mit dem Boot durch gefallenes Geäst dort rüber, kann aussteigen und mir die Fläche anschauen. Es handelt sich um den Stamm des Baumriesen selber. Insgesamt ist diese Fläche aber viel zu klein, für mein Zelt würde sie keinesfalls reichen, dazu ist sie von Ameisen besiedelt. Und weitere dünnere Baumstämme zum Hängematte hängen sind auch nicht verfügbar. Hier wird das nichts. Und auch sonst, wo ich mich auch umschaue, es findet sich kein geeigneter Lagerplatz.
Zudem ist voraus jetzt keine klare Durchfahrt mehr zu erkennen. Es wird allgemein flacher, und gefallene Äste versperren die möglichen Durchfahrten.
Ich muss gestern Abend wohl ausgesprochenes Glück gehabt haben, dass ich da auf dem Wurzelstock Lager aufschlagen konnte.
Die ganze Tour über solch enorme Schwierigkeiten, einen Lagerplatz zu finden? Damit hätte ich nun als letztes gerechnet. Das heißt auch, dass nachmittags sehr viel Zeit für die Lagerplatzsuche drauf gehen würde.
Die Ausmaße des umgebenden Sumpfwаldes sind auf den Satellitenbildern ziemlich gut zu erkennen. Die Sumpfwälder machen wegen ihrer anderen Artenzusammensetzung einen insgesamt helleren Eindruck als die Urwälder auf höherem Land. Dadurch lässt sich das Flusssystem hervorragend überblicken. Man sieht allerdings nie den genauen Verlauf der Nebenflüsse:
Die Sumpfwälder um den Zаdié erstecken sich in meinem Gebiet über 1 bis zu 3km Breite entlang des Flusses. Scharf abgesetzt erkennt man die Kante zu den dunkelgrünen Waldflächen auf festem Land.
Auf der “falschen” Seite des Flusses könnte man sich schon tief im Sumpfwаld verirren. Ohne funktionierendes Navi oder wenigstens einen Kompass bekommt man dort echte Schwierigkeiten.
Diese deutlichen Konturen hatte ich schon vor der Tour bemerkt, nur ging ich da von normalen Auwäldern in unserem Sinne aus, also zu Trockenzeiten begehbarem Land, und nicht von richtig nassen Sumpfwäldern.
Ich erkenne langsam, dass ich die Tour unter diesen Bedingungen nicht rechtzeitig beenden könnte. Die Passagen durch den Sumpfwаld sind sehr langwierig, und es ist absolut nicht abzusehen, wie oft solche Passagen notwendig werden und ob es überhaupt immer möglich ist, die verblockten Flussbereiche durch den Sumpfwаld zu umfahren. Auf jeden Fall ist der Fluss zur Zeit viel stärker zugewachsen, als zur Zeit der Aufnahme des Google-Satellitenbildes 2013. Meine Hoffnung war eher, dass es ja auch mal weniger stark zugewachsen sein könnte, als auf den Satellitenbildern zu sehen. Nun ist es deutlich mehr. Pech.
Ich frage mich natürlich auch, warum diese schwimmenden Grasflächen jetzt häufiger sind als zur Zeit der Aufnahme der Satellitenbilder vor 12 Jahren. Gibt es vielleicht viel weniger Elefanten, die früher im Fluss standen und das Gras aufgefressen haben?
Oder liegt es vielleicht daran, dass in den letzten Monaten bzw Jahren kein richtig großes Hochwasser diese Flächen bereinigte? Ich beobachte öfter mal das Wetterradar von Wetteronline im Kоngоgebiet und bemerke immer wieder ausgedehnte Starkniederschläge bzw riesige Gewitterzellen über dem zentralen Kоngоgebiet, aber nur wenige davon kommen bis Gаbun voran (die Hauptzugrichtung der Niederschlagsgebiete ist in diesen Breiten immer von Ost nach West). Klimawandel und massive Abholzung vor allem im Kоngо-Hauptbecken könnten solche Wirkungen haben.
Oder nehmen diese zugewachsenen Flächen zu, weil vielleicht Mékаmbo sein Abwasser in den Fluss leitet und damit das Wachstum der Pflanzen fördert? Immerhin gibt es ja heute auch in Mékаmbo seit wenigen Jahren einige Haushalte und Hotels, welche Abwasser produzieren, welches irgendwo hin abfließen muss. Direkt spüren tue ich die Abwässer nicht. Das Flusswasser macht einen absolut sauberen Eindruck, auch irgendwelche Algenentwicklungen habe ich nirgends entdeckt. Bei der großen Masse an Haushalten gehe ich davon aus, dass sie nicht an einer Abwassergrube oder gar einer Kanalisation hängen. Auch irgendeine Form von offenem Abwassergraben ist mir nicht aufgefallen.
Oder handelt es sich bei dem Gras, welches den Fluss zuwuchert, vielleicht um eine invasive Art, die neu im Gebiet ist?
Ja, ich mache mich langsam mit dem Gedanken vertraut, dass aus dieser Flussfahrt in der vorgesehenen Zeit wohl nichts wird. Der Waldhüter heute früh wird wohl tatsächlich gemeint haben, es sei unmöglich, bis zum Ivіndo zu paddeln. Ich stelle es mir absolut gruselig vor, 50 oder 80 Kіlometer weit diese schwierigen Bedingungen zu haben und irgendwo da drin eventuell gar nicht mehr weiter zu kommen. Zumаl ich auf langen Abschnitten keine hochaufgelösten Satellitenbilder zur Verfügung habe. Man sieht das bereits am linken Rand des obigen ansonsten hochaufgelösten Satellitenbildes.
Hier ein Überblick über die Flächen mit den hochaufgelösten Google-Satellitenbildern (kleine Quadrate), die ich für die Offline-Nutzung mit Locus Pro aufbereitet hatte:
In den Abschnitten ohne hochaufgelöste Satellitenbilder (große Rechtecke) könnte man sich nur sehr vage orientieren, sofern sich der Flusslauf im Sumpfwаld aufspaltet und eine Strömung nicht mehr erkennbar ist.
Ja, verirren oder hoffnungslos steckenbleiben, das halte ich jetzt doch für relativ wahrscheinlich. So etwas wie eine InReach-Rettung mit Hubschrauber oder so kann man hier vergessen. Wenn überhaupt, dann wird es den einzigen Hubschrauber nur in der Hauptstadt Librеville geben. Und der wird keine 500km bis hierher fliegen können.
Nicht einmal Motorboote, wie sie auf dem Ivіndo noch herumfahren, gibt es hier auf dem Zаdié.
Also bleibt mir wohl nur, umzudrehen und zurück nach Mékаmbo zu paddeln. Lebensmüde bin ich ja nun auch nicht.
Ich entscheide mich, die Flussfahrt hier abzubrechen und zum Ausgangspunkt zurückzupaddeln!
So weit bin ich heute gekommen:
Der Track zeigt mit den verschiedenen Farben die gepaddelten Geschwindigkeiten. In rot habe ich zusätzlich eingezeichnet, welche Abschnitte im Moment absolut zugewachsen sind. Ich habe nämlich nachträglich doch aktuelle Satellitenbilder (Sentinel-2 L2A) gefunden, auf denen ich mit dem heutigen Wissen die zugewachsenen Abschnitte relativ genau erkennen kann. Unsicher bin ich mir nur an den Stellen, wo ich offenes Wasser nicht von den Schlagschatten des Sumpfwаldes unterscheiden kann.
Copernicus Browser Sentinel-2 L2A Truecolor:
Links unten im Südosten des Bildes ist der Fluss noch frei fließend, schwarz im Bild. Die Grasbedeckung ist etwas heller als der Sumpfwald, darum kann man den Flusslauf hier gut weiterverfolgen.
Die zugewachsenen Abschnitte habe ich jetzt mal genau ausgemessen und komme auf eine Gesamtlänge von ~10km Blockagen!:
Damit hätte ich es tatsächlich nicht schaffen können, in der vorgesehenen Zeit am Ziel anzukommen. Am Ende bin ich ganz froh, es nicht weiter versucht zu haben.
Allerdings frage ich mich noch im Nachhinein, ob ich denn bei frei befahrbarem Fluss alleine schon die extreme Schwierigkeit in Kauf genommen hätte, im Sumpfwаld einen Lagerplatz zu finden. Selbst das alleine wäre jeden Tag ein enormes Problem gewesen.
Die Verblockungen und die Probleme mit dem Sumpfwаld wären übrigens beim alternativen Fluss, der Bounіаndje, zumindest im Oberlauf bzw in der ersten Hälfte meines geplanten Abschnitts, dieselben gewesen. Schwieriger wäre es da allerdings, vom Startpunkt Tébé aus wieder mit Buschtaxi nach Mаkokou zurückzukommen, falls man hätte umkehren müssen.
Tébé ist im Gegensatz zu Mékаmbo keine Endstation, und da die Buschtaxis immer bis auf den letzten Platz besetzt werden, könnte es sein, dass man einfach lange Zeit, zB mehrere Tage, vielleicht Wochen, stehen bleibt. Wahrscheinlich muss man da auf jeden Fall telefonisch einen Platz im Bus reservieren.
In Mékаmbo wird es dieses Problem hoffentlich nicht geben.
Zuletzt geändert von Spartaner; Gestern, 08:32.
Kommentar
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(Fortsetzung 2 Tag 7)
Ok, also ist jetzt entschieden, es hier nicht weiter zu versuchen. Da das wohl mein weitester Vorstoß in die tropische Wildnis gewesen sein wird, versuche ich, meinen Standort hier im Sumpfwald mit dem InReach Mini nach Hause zu senden. Das misslingt, das Blätterdach schirmt wohl zu stark ab. Andere kennen das auch (Christine T. aka German Tourist, Reddit). Ich frage mich, ob es mit dem InReach Mini überhaupt möglich ist, mitten im (feuchten) Rеgenwald Meldungen abzuschicken. Schon im Pantanal ist es mir unter Bäumen nicht gelungen, oder mal mit 30 Minuten Wartezeit. Andere dagegen scheinen erfolgreich zu sein, zumindest tragen sie ein InReach Mini im Amаzonas-Rеgenwald mit sich herum. Auch der hier steht im Wald und bei ihm brauchte der InReach Messenger nur 20 - 25 Sekunden zum Absenden der Nachricht. Ob nur dieses mein spezifisches Gerät so schlecht Verbindung findet? Hat es eine Hardware-Macke? Das würde ich schon gerne mal wissen, dann würde ich bei einem weiteren Versuch ein anderes InReach leihen.
Das Smartphone-GPS funktioniert natürlich tadellos, auch unter dem Blätterdach. Langsam taste ich mich zurück und versuche, genau den Hinweg zurückzuverfolgen. Das gelingt mir nicht immer, aber das Smartphone hilft bei der Wegfindung.
Auf dem kleinen Freiwasserfleck zwischen Wald und den Grasmatten versuche ich wieder die InReach-Nachricht absenden, und hier funktioniert es. Nun suche ich erst mal einen Übernachtungsplatz. Da es im Sumpfwald kaum eine Chance gibt, suche ich jetzt auf dem Satellitenbild eine Stelle, an der ich vom Fluss aus festes Land erreichen kann. Die Grenze von Sumpfwald und Rеgenwald auf festem Land ist oft relativ klar erkennbar. Ich habe sie mal mit der roten Linie hervorgehoben:
1½km stromauf werde ich fündig, genau da wo sich die rote Markierung mit der Höhenangabe “504 m” befindet. Nur noch 40 Meter muss man dort durch den Sumpf, um an Land zu stoßen. Vom festen Land verspreche ich mir bessere Möglichkeiten zu lagern.
Dort angekommen, eröffnet sich tatsächlich eine Durchfahrt Richtung Land. Aber was ist das? Da oben hängt ein Brett an einem ins Wasser gefallenen Baum mit der Aufschrift “Cаmpement Mаkowа”:
Bin ich also nicht der erste hier. Auf Polnisch würde das “Mohn” bedeuten, hier aber sicher nicht.
Nach ein paar Metern, vom Hauptstrom aus nicht einsehbar, finde ich ein Stück zertretenes festes Sandufer, wo man gut anlanden kann:
Das feste Land ist erreicht!
Hier liegen gleich mehrere Reste alter Pirogen im Wasser:
Ich lege das Boot ans Ufer und finde einen schmalen Pfad, der steil nach oben führt.
Eine erste Hütte kommt in Sicht:
Nach 50m erreiche ich oben eine ebene Fläche. Sie ist mal großflächig von Vegetation freigemacht worden, aber zum Großteil wieder zugewachsen. Darauf stehen 3 Hütten und 2 Unterstände. Eine Hütte ist zerfallen, die anderen zwei wohl regelmäßig in Benutzung. Die Türen sind abgeschlossen. Zur Zeit ist zum Glück niemand da.
Zuerst gelange ich an einen offenen Unterstand mit Feuer- und verfallener Bettstelle:
Über der Feuerstelle befindet sich eine großer hölzerner Rost, um zum Beispiel Fische oder Fleisch zu räuchern(?). Die Feuerstellen sind vor wenigen Tagen noch benutzt worden. Natürlich liegt auch etwas Müll herum, leere Fischbüchsen, Plastikflaschen und Batterien.
Hinter dem ersten, freistehenden Unterstand steht eine geschlossene Hütte mit einem offenen Unterstand an der Westseite:
Der Boden ist großflächig beräumt, nackter Lehm, wie in den Dörfern üblich.
Dieser zweite offene Unterstand ist weitgehend intakt und ebenfalls mit einer Bettstelle, diesmal in Doppelbettbreite, und mit einer Feuerstelle ausgestattet:
Auch diese Feuerstelle ist ausgekühlt:
Unter der Laubbedeckung des Daches lugt stellenweise eine Kunststofffolie hervor. Die anderen Dächer sehen aus wie aus rein natürlichen Materialien gemacht. Allerdings sind sie auch schon alt und müssten sicherlich bald erneuert werden.
Die Hütte ist mit einem Vorhängeschloss abgesperrt:
Die Wände bestehen aus Palmenholzplatten(?):
Das Dach ist schon gealtert:
Richtung Osten stehen noch zwei weitere Hütten. Eine ist wohl von einem Elefanten eingedrückt worden:
Alles ist aus einfachsten Materialien aus dem Wald gebaut worden, also fast ganz nach traditioneller, jungsteinzeitlicher Art. Nur ein Wellblech und zwei Türbeschläge aus Aluminium verunzieren das Ganze.
Die zweite östliche Hütte ist intakt und ebenfalls abgeschlossen:
Diese ist ein mit Lehm verputzter Holzgestellbau. Diese Bauweise ist in der Gegend verbreitet, wie dieses 2min-Video von einem Hüttenbau in Mékаmbo zeigt: Maison en Banco Mékаmbo 2018.
Historische Satellitenbilder verraten, dass das Camp bereits seit mindestens 2013 existiert.
Zur Zeit tröpfelt es ein wenig, dazu donnert es laut in der Nähe, jederzeit kann ein Gewitterregen herunterkommen. Darum beeile ich mich nach der ersten Inspektion des Lagers, das gesamte Gepäck erst einmal auf dem Doppelbett in dem intakten Unterstand zu deponieren:
Das Boot wird abgedeckt und so schräg auf Land gezogen, dass der Regen gut ablaufen kann:
Nun suche ich einen Platz für das Zelt oder die Hängematte. Das Zelt könnte ich natürlich auf die große offene Fläche zwischen den Hütten aufstellen. Aber das behagt mir nicht besonders. Wenn jemand käme, würde ich hier wie auf dem Präsentierteller campieren. Daneben wäre es mir zu dreckig, falls der Boden bei Regen aufweicht, und das Zelt möchte ich tagsüber auch nicht in der prallen Tropensonne stehen lassen. Lieber hätte ich einen Platz im Schatten.
Für die Hängematte kann ich zunächst auch nichts geeignetes erkennen. Die dünnen Pfosten des Unterstandes zB würden sie niemals halten und überhaupt wäre es zu eng.
Auf dem Weg zum Wasser fallen mir zwei Stellen ins Auge, die beide mit viel Arbeit frei gemacht werden müssten. Ich entscheide mich für eine Stelle zwischen zwei Bäumen, wo ein eigenartiger flacher Erdhügel dazwischen liegt. Der eine Baum trägt Früchte, die an kleine Zitronen erinnern. Einen Teil seiner Äste muss ich wegnehmen, um die Matte hängen zu können. Erst später fällt mir ein, dass der Baum ja möglicherweise mit Absicht hier gepflanzt sein könnte, um sich der Früchte zu bedienen. Und der Hügel könnte theoretisch ein Hochbeet gewesen sein. Nun ja, ich habe alles bereinigt. 😳
Hängematte und Tarp hängen am Ende gut:
Danach schicke ich erst einmal ein paar Nachrichten in die Runde. Ich habe hier immer noch schwachen 3G-Empfang vom Luftlinie 10km entfernten Mékаmbo, der gerade so ausreicht, Textnachrichten zu verschicken. Es dauert rund zehn Minuten bis eine Nachricht gesendet ist. Aber immerhin funktioniert es.
Das InReach Mini hat wieder extreme Schwierigkeiten, seine Nachrichten abzusetzen. Obwohl es hier eine richtig große Lichtung im Urwald ist, benötigt das Gerät eine Dreiviertelstunde, um ein GPS-Signal zu empfangen. Zum Vergleich, das Smartphone benötigt wenige Sekunden dafür. Wie bereits oben dargelegt, im Rеgenwald kann man das InReach vergessen.
Nachricht in die Runde:
Ich bin zehn km Luftlinie entfernt von Mékаmbo und bin stecken geblieben in undurchdringlicher Vegetation. Der Fluss ist noch viel mehr zugewachsen, als im Satellitenbild ohnehin erkennbar.
Im Moment bin ich auf richtigem Land in einem Camp, welches vor kurzen noch besucht war. Ich hoffe, ich bekomme hier nicht noch Besuch. Je nachdem werde ich vielleicht einige Tage hier bleiben und dann wahrscheinlich schon zurückkommen.
Der alternative Fluss Bounіаndje zeigt nämlich ähnliche Verwachsungen. Daneben sind die unendlichen Sumpfwälder ein Grund, es nicht weiter zu versuchen. Man findet wirklich kaum einen Lagerplatz mitten im Sumpf auf den hohen Brettwurzeln.
Also ich habe hier noch schwach 3G, das reicht für einige Textnachrichten. Grüße aus dem Urwald, Michael
Abends esse ich 2 Büchsen Ölmakrelen, sie liegen schwer im Magen. Auch ein Schnaps dazu hilft nicht richtig. Aber ich brauche abends eine fette Mahlzeit, damit die Mаlаrone-Tabletten vom Körper aufgenommen werden können.
18:05 liege ich bereits in der Hängematte, das Tonaufnahmegerät ist erstmals im Einsatz
Akku Ulefone 53%, hat heute kaum geladen.
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