Mittwoch, 4.9.2019, Rio São Lourenço, 43km
Zum Sonnenaufgang schwillt das Vogelkonzert an. Zeitweise dominiert ein Trupp Brüllaffen die Akustikkulisse. Phantastisch hier, genau so wie ich mir solch eine Tropentour vorgestellt habe.
Morgens löffeln wir unser am Vorabend kalt angerührtes Müsli, eine Mischung von körnigem Fertigmüsli, feinen Haferflocken, Milchpulver und filtriertem Flusswasser. Über Nacht konnten die Körner quellen. Zum Schutz vor wilden Tieren (Ameisen, Ratten, Pekaris) hängen wir den Topf hoch an einen Ast.
Sobald die Sonne über die umgebenden Berge steigt, wird es wieder heiß. Für heute und die folgenden Tage sind 40°C und mehr angekündigt:

Unerwartet fährt am Morgen doch noch ein Motorboot den Fluss hinauf. ¾8 sitzen auch wir bereits wieder im Boot. Langsam treiben wir den Ribeirăo Ponte da Pedra runter.

Der Grünibis oder auch Cayenneibis (Mesembrinibis cayennensis) mag uns nicht und läuft weg:
Eine ¼h später sind wir wieder auf dem Rio Vermelho, dem trüben Roten Fluss. Heute ist das Ziel die Mündung des Rio São Lourenço, ~30km weiter. Auch der hat nach Luftbild klares Wasser.
Die Landschaft ist wieder großartig, Cerrado-bewachsene Hügel, Felsen, üppige Ufervegetation, Sandbänke, Vögel.







Aber auch wieder den ganzen Tag ab und zu Angler an den Ufern oder auf dem Wasser:


Hübsche Hügellandschaft. Ich weiß, das wird sich in Richtung Pantanal noch ändern, die Hügel werden wir bald hinter uns lassen, also genießen wir deren Anblick noch so lange es geht.



Vereinzelt sieht man grell rosa oder gelb blühende Bäume (bras. Ipê, span. Lapacho). Hier ein Handroanthus impetiginosus, Ipê-roxo, Pau d’arco:

Ein anderer auffällig blühender Baum an den Ufern des Rio Vermelho:

Triplaris americana, bras. Novateiro, ist im gesamten Pantanal ein häufig an den höheren Flussufern blühender Baum. Vor dem sollte man sich in Acht nehmen. Der deutsche Botaniker Schomburgk schrieb 1838: "Wer das Land nicht kennt, sollte glauben, der Baum sey mit weißen, etwas rothgefärbten Blüthen bedeckt, unter denen die dunkelgrünen Blätter nur hie und da vorsehen. Der unvorsichtige Botaniker, welcher, durch den täuschenden Anblick gelockt, dem Baume sich nähern wollte, um die Blüthen zu pflücken, würde den Versuch schwer bereuen. Der Stamm und die Zweige des Baumes sind hohl, und mit Abtheilungen versehen, die der Stellung der Blätter an der Außenseite entsprechen. Diese Höhlungen sind von einer hellbraunen, etwa zwei bis drei Zehntels Zoll langen Ameise bewohnt, deren Biß höchst schmerzlich ist. Ihre Fühlhörner stehen nahe an der Mitte des Vorderkopfes, die Freßzange ist dreieckig u.s.w. Sie fallen mit der größten Heftigkeit über ihre Beute her, und setzen, sobald sie mit einem weichen Stoff in Berührung kommen, ihre Freßzangen ein, wobei sie einen weißlichen Saft ausfließen lassen; ihr Biß verursacht mehrere Tage lang Geschwulst und Jucken."
In Brasilien heißt der Baum Novateiro, weil nur unbedarfte Neulinge ihn berühren, "und die Colonisten [nennen ihn] wegen seiner Gestalt den 'langen John'" Quelle: Moritz Richard Schomburgk in einer Mittheilung an die Londoner botanische Gesellschaft, verlesen am 6. April 1838. Zitat aus "Das Ausland. Ein Tagblatt für Kunde des geistigen und sittlichen Lebens der Völker, mit besonderer Rücksicht auf verwandte Erscheinungen in Deutschland" Nr. 123, 11. Jg. 1838, S.491
Die giftigen Ameisen, die den Baum beschützen, heißen Pseudomyrmex triplarinus. Die Arbeiterinnen greifen leicht an, stechen Eindringlinge und beräumen die Vegetation von der Basis des Wirtsbaums. Die Bisse sind äußerst schmerzhaft, vergleichbar mit Bienenstichen. Beißen sie in die Finger, kann sogar der Arm anschwellen.
Natürlich gab es auch wieder etliche interessante Vögel zu sehen, u.a. diese bereits bekannten Bronzekiebitze:






Eine neue Art heute und Schwesterart des Hornwehrvogels ist der Halsband-Wehrvogel, Tachã (Chauna torquata):


Der Halsband-Wehrvogel ist die mit bis zu 5kg schwerste der 3 Wehrvogel-Arten. Ihre lauten Schreie sind auch noch in 3km Entfernung zu hören.
Jetzt ein Jabiru, Jaburú, Tuiuiú (Jabiru mycteria), nach dem Andenkondor und dem fast ausgestorbenen Kalifornischen Kondor die drittgrößte fliegende Vogelart Amerikas:
Den Jabiru haben wir auch immer wieder mal im gesamten Pantanal gesehen, aber nicht jeden Tag.
Weiter geht es mit einer neuen Ibis-Art, dem Weißhalsibis (Theristicus caudatus):


Ein häufiger Vogel, der auf den Sandbänken brütet und im Wasser seine Beute sucht, ist der Schwarzmantel-Scherenschnabel oder Amerikanischer Scherenschnabel, Talha-mar, black skimmer (Rynchops niger):

Die 40 - 50cm großen Scherenschnäbel sind eigenartige Tiere, sie haben für mich etwas Urwelt-artiges. Der Unterschnabel ist länger als der Oberschnabel, und er hat eine katzenartige Pupille (Sehschlitz), einzigartig unter Vögeln. Er fliegt dicht über der Wasseroberfläche, den unteren Teil des Schnabels halbgeöffnet ins Wasser getaucht – und wenn kleine Fische oder sonstige Wassertiere mit dem Schnabel in Berührung kommen, bremst der Vogel plötzlich ab, indem er den Schwanz zu voller Breite öffnet. Diese Art des Beute machens ist einzigartig unter den Vögeln. Im Verhalten finde ich sie ansonsten etwas zurückgeblieben, nicht so clever und mutig wie unsere Möwen und Seeschwalben.
Der letzte neue Vogel heute ist der Amerikanische Schlangenhalsvogel, Biguátinga ♀️ (Anhinga anhinga):
Der Schlangenhalsvogel, verwandt mit den Kormoranen, ist ein häufig zu beobachtender Vogel, aber mit hoher Fluchtdistanz und selten gut zu fotografieren. Er sitzt oft auf den Uferbäumen, um sein Gefieder zu trocknen. Bei Annäherung lässt er sich meist ins Wasser plumpsen, seltener fliegt er davon. Das Gefieder des Schlangenhalsvogels ist nicht wasserfest durch Öle wie etwa bei den Enten. Es kann so nass werden, dass er dann kaum noch schwimmfähig ist und Probleme hat, sich in die Luft zu erheben. Häufig schwimmt er so, dass nur der Hals und der Kopf über dem Wasser sichtbar sind.
Genug mit Vögeln heute. Badepause. Thomas kann sich kaum bewegen und verharrt auf Land.


Eines der seltenen, mühsam gestellten Fotos mit mir.
Man beachte das noch relativ frische Blau des Decathlon-Merino-Shirts und vegleiche es hiermit: 

Typische Hochufer gegenüber dem Pausenplatz:

Später nicht aufgepasst bzw Durchfahrt falsch eingeschätzt, festgefahren:

Thomas stützt sich auf sein Paddel und kann sich gerade so aus dem Boot erheben und gehen. Er hat auch heute sehr starke Rückenschmerzen. Ich habe dann versucht herauszufinden, was er denn bei den früheren Episoden für Medikamente genommen hat. Von selbst sagt er ja nüscht.
Und siehe da, in meiner umfangreichen "Expeditionsapotheke" findet sich das Mittel, dass ihm früher in solchen Phasen geholfen hat (Ibuprofen). Die Tabletten helfen ihm heute und in den Folgetagen recht gut. Nach und nach wird es besser, und nach ~3 Wochen waren die Schmerzen fast weg. Hat schon ziemlich lange gedauert, was wohl auch daran lag, dass er sich nie richtig geschont hat.
Hohe Sandbänke:

Diese erodierte Sandbank befindet sich in einem Gebiet, wo der Fluss erst kürzlich eine Flussschleife durchbrochen hat (Map).
Nach 32km heute erreichen wir ¼2 die Mündung des Rio São Lourenço. Er fließt rasch und wir haben Mühe, stromauf zu paddeln.

Eigentlich wollte ich hier wieder ein Stück den Fluss hochfahren und dann das Lager aufschlagen. Aber da die Ufer nicht einladend aussehen und auch die Wasserqualität nicht an die des Lagerplatzes von heute früh heranreicht, lassen wir das. Das Wasser ist algig grün, wahrscheinlich Blaualgen, die in einem großen Stausee mit Wasserkraftwerk oberhalb wachsen konnten.
Wir fahren noch ein Stück weiter auf dem Rio Vermelho, der ab jetzt Rio São Lourenço heißt. Meiner Meinung nach eine falsche Benennung, denn der Rio Vermelho ist der größere der beiden Flüsse und prägt auch die Wasserqualität entscheidend. Das Wasser ist weiterhin sehr trübe und rot, vom klareren Wasser des Rio São Lourenço ist nichts zu spüren.
Mündungsgebiet des Rio São Lourenço:
Kurz darauf machen wir eine kurze Pause an einer Altarm-Einfahrt und suchen ein paar Minuten den Schatten der Vegetation im Hochufer.

Es ist wirklich barbarisch heiß. Die Vorhersage sagte ja bereits 40°C im Schatten voraus. Im Schatten ja, mag sein. Aber hier bewegen wir uns in der knalligen Sonne.
Am Ende des Altarms liegt eine Fazenda, von da kommt uns ein Motorboot entgegen:
Es ist eines von der besseren Sorte mit modernem Außenborder.
Der wichtigste Grund, das Pantanal zu besiedeln, bestand in der Rinderzucht. Sehr interessiert, diese Viecher, die sehen auch nicht jedes Jahr Paddler:

Die Strömung hilft uns hier ganz gut beim Paddeln. Wir erreichen im Durchschnitt mehr als 8km/h.
Das Lager schlagen wir nach knapp 43km Tagespaddelstrecke um 3 Uhr am Rande einer sehr großen Sandbank auf (Map):


Auf dem Sand finden sich Spuren verschiedenster Tiere. Hier zB die Spuren eines Leguans:

Und die eines Tapirs:
Wir bauen die Zelte am Rande der Sandbank im Schatten der niedrigen Weiden auf. Hier führen Tierpfade ins Dickicht.

Zum Abendbrot kredenze ich diesmal eine Erbswurst-Suppe mit Haferflocken und Knoblauch angereichert. Also am Ende eher ein Brei:


Thomas hat sein verschwitztes T-Shirt über einen Ast gelegt. Kurze Zeit später ist es von Ameisen okkupiert:

Das gegenüberliegende Ufer in der Abendsonne:

Wieder viele blühende Ameisenbäume:

Schräg gegenüber, 300m entfernt, ist ein Fischercamp. Abends geht öfters der Stromgenerator, Strom für Fischkühlung und Licht im Lager. Es sind Berufsfischer, die hier in mittlerem Maßstab mit ~6 Motorbooten "industriellen" Fischfang betreiben. Die Fische werden in Styroporkisten kühl gelagert und in Richtung Rondonópolis abtransportiert.

Eines der Boote mit den zum Feierabend heimfahrenden Fischern stoppt auf unserer Höhe und sie warnen uns vor dem Jaguar, der Unze, die hier ihr Revier hätte. Sie haben sie hier öfter gesehen. Aber was können wir machen? Jetzt noch das Lager verlassen? Rüber zu den Fischern möchte ich nicht unbedingt. Da will ich es eher hier drauf ankommen lassen.
Unruhige Nacht, natürlich lausche ich auf alles, was da draußen vor sich geht. 2008 wurde bereits Mal ein Angler im Zelt vom Jaguar erwischt.
Ich hätte tatsächlich nicht gedacht, dass es so nah an der Stadt und von Fazendas umgeben noch (oder schon wieder?) Jaguare gibt. Wir sind Luftlinie 20km von Rondonópolis entfernt. Allerdings denke ich auch, dass hier, mit den Fazendas rundum und fern dem Jaguar-Schutzgebiet bei Porto Jofre, noch keine große Gefahr besteht. Der eventuell immer noch vorhandene (illegale) Jagddruck von Seiten der Rinderzüchter könnte die Tiere scheu halten. Brian und Diana haben 2013 einen toten Jaguar im Fluss liegen sehen.
Zum Sonnenaufgang schwillt das Vogelkonzert an. Zeitweise dominiert ein Trupp Brüllaffen die Akustikkulisse. Phantastisch hier, genau so wie ich mir solch eine Tropentour vorgestellt habe.
Morgens löffeln wir unser am Vorabend kalt angerührtes Müsli, eine Mischung von körnigem Fertigmüsli, feinen Haferflocken, Milchpulver und filtriertem Flusswasser. Über Nacht konnten die Körner quellen. Zum Schutz vor wilden Tieren (Ameisen, Ratten, Pekaris) hängen wir den Topf hoch an einen Ast.
Sobald die Sonne über die umgebenden Berge steigt, wird es wieder heiß. Für heute und die folgenden Tage sind 40°C und mehr angekündigt:

Unerwartet fährt am Morgen doch noch ein Motorboot den Fluss hinauf. ¾8 sitzen auch wir bereits wieder im Boot. Langsam treiben wir den Ribeirăo Ponte da Pedra runter.

Der Grünibis oder auch Cayenneibis (Mesembrinibis cayennensis) mag uns nicht und läuft weg:

Eine ¼h später sind wir wieder auf dem Rio Vermelho, dem trüben Roten Fluss. Heute ist das Ziel die Mündung des Rio São Lourenço, ~30km weiter. Auch der hat nach Luftbild klares Wasser.
Die Landschaft ist wieder großartig, Cerrado-bewachsene Hügel, Felsen, üppige Ufervegetation, Sandbänke, Vögel.







Aber auch wieder den ganzen Tag ab und zu Angler an den Ufern oder auf dem Wasser:



Hübsche Hügellandschaft. Ich weiß, das wird sich in Richtung Pantanal noch ändern, die Hügel werden wir bald hinter uns lassen, also genießen wir deren Anblick noch so lange es geht.



Vereinzelt sieht man grell rosa oder gelb blühende Bäume (bras. Ipê, span. Lapacho). Hier ein Handroanthus impetiginosus, Ipê-roxo, Pau d’arco:

Ein anderer auffällig blühender Baum an den Ufern des Rio Vermelho:

Triplaris americana, bras. Novateiro, ist im gesamten Pantanal ein häufig an den höheren Flussufern blühender Baum. Vor dem sollte man sich in Acht nehmen. Der deutsche Botaniker Schomburgk schrieb 1838: "Wer das Land nicht kennt, sollte glauben, der Baum sey mit weißen, etwas rothgefärbten Blüthen bedeckt, unter denen die dunkelgrünen Blätter nur hie und da vorsehen. Der unvorsichtige Botaniker, welcher, durch den täuschenden Anblick gelockt, dem Baume sich nähern wollte, um die Blüthen zu pflücken, würde den Versuch schwer bereuen. Der Stamm und die Zweige des Baumes sind hohl, und mit Abtheilungen versehen, die der Stellung der Blätter an der Außenseite entsprechen. Diese Höhlungen sind von einer hellbraunen, etwa zwei bis drei Zehntels Zoll langen Ameise bewohnt, deren Biß höchst schmerzlich ist. Ihre Fühlhörner stehen nahe an der Mitte des Vorderkopfes, die Freßzange ist dreieckig u.s.w. Sie fallen mit der größten Heftigkeit über ihre Beute her, und setzen, sobald sie mit einem weichen Stoff in Berührung kommen, ihre Freßzangen ein, wobei sie einen weißlichen Saft ausfließen lassen; ihr Biß verursacht mehrere Tage lang Geschwulst und Jucken."
In Brasilien heißt der Baum Novateiro, weil nur unbedarfte Neulinge ihn berühren, "und die Colonisten [nennen ihn] wegen seiner Gestalt den 'langen John'" Quelle: Moritz Richard Schomburgk in einer Mittheilung an die Londoner botanische Gesellschaft, verlesen am 6. April 1838. Zitat aus "Das Ausland. Ein Tagblatt für Kunde des geistigen und sittlichen Lebens der Völker, mit besonderer Rücksicht auf verwandte Erscheinungen in Deutschland" Nr. 123, 11. Jg. 1838, S.491
Die giftigen Ameisen, die den Baum beschützen, heißen Pseudomyrmex triplarinus. Die Arbeiterinnen greifen leicht an, stechen Eindringlinge und beräumen die Vegetation von der Basis des Wirtsbaums. Die Bisse sind äußerst schmerzhaft, vergleichbar mit Bienenstichen. Beißen sie in die Finger, kann sogar der Arm anschwellen.
Natürlich gab es auch wieder etliche interessante Vögel zu sehen, u.a. diese bereits bekannten Bronzekiebitze:






Eine neue Art heute und Schwesterart des Hornwehrvogels ist der Halsband-Wehrvogel, Tachã (Chauna torquata):



Der Halsband-Wehrvogel ist die mit bis zu 5kg schwerste der 3 Wehrvogel-Arten. Ihre lauten Schreie sind auch noch in 3km Entfernung zu hören.
Jetzt ein Jabiru, Jaburú, Tuiuiú (Jabiru mycteria), nach dem Andenkondor und dem fast ausgestorbenen Kalifornischen Kondor die drittgrößte fliegende Vogelart Amerikas:

Den Jabiru haben wir auch immer wieder mal im gesamten Pantanal gesehen, aber nicht jeden Tag.
Weiter geht es mit einer neuen Ibis-Art, dem Weißhalsibis (Theristicus caudatus):



Ein häufiger Vogel, der auf den Sandbänken brütet und im Wasser seine Beute sucht, ist der Schwarzmantel-Scherenschnabel oder Amerikanischer Scherenschnabel, Talha-mar, black skimmer (Rynchops niger):


Die 40 - 50cm großen Scherenschnäbel sind eigenartige Tiere, sie haben für mich etwas Urwelt-artiges. Der Unterschnabel ist länger als der Oberschnabel, und er hat eine katzenartige Pupille (Sehschlitz), einzigartig unter Vögeln. Er fliegt dicht über der Wasseroberfläche, den unteren Teil des Schnabels halbgeöffnet ins Wasser getaucht – und wenn kleine Fische oder sonstige Wassertiere mit dem Schnabel in Berührung kommen, bremst der Vogel plötzlich ab, indem er den Schwanz zu voller Breite öffnet. Diese Art des Beute machens ist einzigartig unter den Vögeln. Im Verhalten finde ich sie ansonsten etwas zurückgeblieben, nicht so clever und mutig wie unsere Möwen und Seeschwalben.
Der letzte neue Vogel heute ist der Amerikanische Schlangenhalsvogel, Biguátinga ♀️ (Anhinga anhinga):

Der Schlangenhalsvogel, verwandt mit den Kormoranen, ist ein häufig zu beobachtender Vogel, aber mit hoher Fluchtdistanz und selten gut zu fotografieren. Er sitzt oft auf den Uferbäumen, um sein Gefieder zu trocknen. Bei Annäherung lässt er sich meist ins Wasser plumpsen, seltener fliegt er davon. Das Gefieder des Schlangenhalsvogels ist nicht wasserfest durch Öle wie etwa bei den Enten. Es kann so nass werden, dass er dann kaum noch schwimmfähig ist und Probleme hat, sich in die Luft zu erheben. Häufig schwimmt er so, dass nur der Hals und der Kopf über dem Wasser sichtbar sind.
Genug mit Vögeln heute. Badepause. Thomas kann sich kaum bewegen und verharrt auf Land.


Eines der seltenen, mühsam gestellten Fotos mit mir.



Typische Hochufer gegenüber dem Pausenplatz:


Später nicht aufgepasst bzw Durchfahrt falsch eingeschätzt, festgefahren:


Thomas stützt sich auf sein Paddel und kann sich gerade so aus dem Boot erheben und gehen. Er hat auch heute sehr starke Rückenschmerzen. Ich habe dann versucht herauszufinden, was er denn bei den früheren Episoden für Medikamente genommen hat. Von selbst sagt er ja nüscht.

Und siehe da, in meiner umfangreichen "Expeditionsapotheke" findet sich das Mittel, dass ihm früher in solchen Phasen geholfen hat (Ibuprofen). Die Tabletten helfen ihm heute und in den Folgetagen recht gut. Nach und nach wird es besser, und nach ~3 Wochen waren die Schmerzen fast weg. Hat schon ziemlich lange gedauert, was wohl auch daran lag, dass er sich nie richtig geschont hat.
Hohe Sandbänke:


Diese erodierte Sandbank befindet sich in einem Gebiet, wo der Fluss erst kürzlich eine Flussschleife durchbrochen hat (Map).
Nach 32km heute erreichen wir ¼2 die Mündung des Rio São Lourenço. Er fließt rasch und wir haben Mühe, stromauf zu paddeln.

Eigentlich wollte ich hier wieder ein Stück den Fluss hochfahren und dann das Lager aufschlagen. Aber da die Ufer nicht einladend aussehen und auch die Wasserqualität nicht an die des Lagerplatzes von heute früh heranreicht, lassen wir das. Das Wasser ist algig grün, wahrscheinlich Blaualgen, die in einem großen Stausee mit Wasserkraftwerk oberhalb wachsen konnten.
Wir fahren noch ein Stück weiter auf dem Rio Vermelho, der ab jetzt Rio São Lourenço heißt. Meiner Meinung nach eine falsche Benennung, denn der Rio Vermelho ist der größere der beiden Flüsse und prägt auch die Wasserqualität entscheidend. Das Wasser ist weiterhin sehr trübe und rot, vom klareren Wasser des Rio São Lourenço ist nichts zu spüren.
Mündungsgebiet des Rio São Lourenço:

Kurz darauf machen wir eine kurze Pause an einer Altarm-Einfahrt und suchen ein paar Minuten den Schatten der Vegetation im Hochufer.

Es ist wirklich barbarisch heiß. Die Vorhersage sagte ja bereits 40°C im Schatten voraus. Im Schatten ja, mag sein. Aber hier bewegen wir uns in der knalligen Sonne.
Am Ende des Altarms liegt eine Fazenda, von da kommt uns ein Motorboot entgegen:

Es ist eines von der besseren Sorte mit modernem Außenborder.
Der wichtigste Grund, das Pantanal zu besiedeln, bestand in der Rinderzucht. Sehr interessiert, diese Viecher, die sehen auch nicht jedes Jahr Paddler:


Die Strömung hilft uns hier ganz gut beim Paddeln. Wir erreichen im Durchschnitt mehr als 8km/h.
Das Lager schlagen wir nach knapp 43km Tagespaddelstrecke um 3 Uhr am Rande einer sehr großen Sandbank auf (Map):


Auf dem Sand finden sich Spuren verschiedenster Tiere. Hier zB die Spuren eines Leguans:

Und die eines Tapirs:

Wir bauen die Zelte am Rande der Sandbank im Schatten der niedrigen Weiden auf. Hier führen Tierpfade ins Dickicht.

Zum Abendbrot kredenze ich diesmal eine Erbswurst-Suppe mit Haferflocken und Knoblauch angereichert. Also am Ende eher ein Brei:


Thomas hat sein verschwitztes T-Shirt über einen Ast gelegt. Kurze Zeit später ist es von Ameisen okkupiert:

Das gegenüberliegende Ufer in der Abendsonne:

Wieder viele blühende Ameisenbäume:

Schräg gegenüber, 300m entfernt, ist ein Fischercamp. Abends geht öfters der Stromgenerator, Strom für Fischkühlung und Licht im Lager. Es sind Berufsfischer, die hier in mittlerem Maßstab mit ~6 Motorbooten "industriellen" Fischfang betreiben. Die Fische werden in Styroporkisten kühl gelagert und in Richtung Rondonópolis abtransportiert.

Eines der Boote mit den zum Feierabend heimfahrenden Fischern stoppt auf unserer Höhe und sie warnen uns vor dem Jaguar, der Unze, die hier ihr Revier hätte. Sie haben sie hier öfter gesehen. Aber was können wir machen? Jetzt noch das Lager verlassen? Rüber zu den Fischern möchte ich nicht unbedingt. Da will ich es eher hier drauf ankommen lassen.
Unruhige Nacht, natürlich lausche ich auf alles, was da draußen vor sich geht. 2008 wurde bereits Mal ein Angler im Zelt vom Jaguar erwischt.
Ich hätte tatsächlich nicht gedacht, dass es so nah an der Stadt und von Fazendas umgeben noch (oder schon wieder?) Jaguare gibt. Wir sind Luftlinie 20km von Rondonópolis entfernt. Allerdings denke ich auch, dass hier, mit den Fazendas rundum und fern dem Jaguar-Schutzgebiet bei Porto Jofre, noch keine große Gefahr besteht. Der eventuell immer noch vorhandene (illegale) Jagddruck von Seiten der Rinderzüchter könnte die Tiere scheu halten. Brian und Diana haben 2013 einen toten Jaguar im Fluss liegen sehen.
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