[ES] Von Spaniens tiefstem Süden bis ans Ende der Welt

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  • Wafer

    Lebt im Forum
    • 06.03.2011
    • 8828
    • Privat

    • Meine Reisen

    #21
    [ES] Von Spaniens tiefstem Süden bis ans Ende der Welt

    23. Tag: Salamanca - El Cubo de la Tierra del Vino
    Donnerstag, 3. November 2011
    Strecke: 35 Km - Gesamtstrecke: 760 Km
    Höhenunterschiede: ↑ 50 m, ↓ 25 m
    Gehzeit: 8,0 h

    Der erste Blick geht aus dem Fenster: Es ist nass aber es regnet gerade nicht. Als ich dann startklar bin legt es doch wieder los. Schade, so sehe ich Salamanca nur bei Regen!
    Marc will noch einen Tag da bleiben. Schade! Ich bin mit ihm gut gelaufen und das war ein gutes Team.

    Die ersten Kilometer sind nicht so prickelnd. Es geht mal wieder an der N630 entlang. Seit ich sie in Monasterio getroffen habe, habe ich immerhin schon 400 Km an ihrer Seite verbracht.
    Ab kurz vor Aldeaseca de Armuna geht es dann zum Glück auf Feldwegen durch die Meseta. Es hört vor allem auch wieder auf zu regnen. Da wird das Wandern doch gleich wieder etwas angenehmer.

    Die Meseta – Unendliche Weiten! Wir schreiben das Jahr 2011. Dies sind die Abenteuer …
    Die einzige Bar in Castellanos de Villiquera hat zu. Also kein zweites Frühstück. Jetzt kommt sogar die Sonne raus. So geht es weiter nach Calzada de Valdunciel. Hier hat dann eine Bar offen. Also gibt es zum Mittagessen erst mal ein zweites Frühstück. Die Tortilla de Patatas schmecken wir zu jeder Tageszeit.
    Die Freude über den Sonnenschein war kurz: Es regnet wieder! Irgendwie hatte ich die letzten Jahre um diese Jahreszeit mehr Glück mit dem Wetter! Da war ich aber auch Anfang November meist wieder zuhause. Also wird die Frühstücks-Mittags-Pause noch etwas gestreckt.
    Im omnipräsenten Fernseher – keine spanische Bar ohne laufenden TV – zeigen sie seit Tagen Bilder vollgelaufener Tiefgaragen und Erklärungen was Aquaplaning ist und dass man gutes Profil braucht und langsam fahren soll … Das Wetter scheint hier in diesem Regenumfang also durchaus nicht üblich zu sein.
    Aber auch der Schauer hält nicht lange. Auch die Sonne lässt sich nochmal blicken. Leider hält der viel zu schnell auf die Autobahn zu. Warum die hier immer eine Autobahn und eine Nationalstraße brauchen wenn die Autobahn an jedem Weiler eine Ausfahrt hat muss mir noch einer erklären.
    Die Pfeile wollen mich östlich der Autobahn auf der N630 entlangwandern lassen. Das ist zwar eben aber eben auch sehr hart. Auf der anderen Seite der Autobahn führen ein geschotterter Feldweg und ein Pfad entlang. Auch da gibt es Pfeile. Da gibt es zwar wesentlich mehr Höhenmeter und die machen den einen oder anderen Bogen aber das ist es angenehmer zu laufen. Durch die vielen Brücken und Unterführungen kann man aber jederzeit die Seite wechseln. Da es 18 Km an den Straßen entlang geht kann man da ruhig mal wechseln und beides ausprobieren.

    An einem Kreisverkehr kommt der Spieltrieb (oder die zu dicke EU-Subvention?) ans Tageslicht.
    Kurz vor El Cubo de la Tierra del Vino erwischt mich dann doch nochmal ein Schauer. Die Tierra del Vino – „die Ebene des Weines“ oder „das Land des Weines“ – gibt es so eigentlich nicht mehr. Nach einer Reblaus Plage im 19 Jahrhundert haben alle Bauern auf Getreideanbau umgestellt. Die Tierra del Vino ist also eigentlich im Eimer. Und genau das will uns der Ortsname vielleicht auch sage: El Cubo – der Eimer!
    Die Herberge ist ganz lustig: Die haben gerade alle Türen ausgehängt und mitgenommen um sie zu streichen. Die meisten Räume sind schon frisch gestrichen. Hier sieht man das zumindest etwas an den Herbergen getan wird.
    Da nur 2 Heizkörper da sind und noch 2 Spanier angekommen sind nehme ich mir ein 4-Bett-Zimmer und eine Heizung und verschließe den offenen Türrahmen mit einer Matratze.
    Um 22 Uhr kommt der Hospitalero um die Hüttenruhe zu überprüfen. Von meiner Idee mit der Matratze als Tür ist er nicht gerade begeistert.
    Mit dem Wetter und der Strecke an der Autobahn und N630 entlang war das bisher die hässlichste Etappe auf meiner Tour.

    24. Tag: El Cubo de la Tierra del Vino - Zamora
    Freitag, 4. November 2011
    Strecke: 32 Km - Gesamtstrecke: 792 Km
    Höhenunterschiede: ↑ 25 m, ↓ 200 m
    Gehzeit: 7,0 h

    Um 7 Uhr war der Hospitalero dann schon wieder da. Er will wohl das Verlassen der Herberge um 8 Uhr sicherstellen. Aber er bringt die Türen mit. So passiert es aber, dass ich schon um 7 Uhr 45 auf der Via unterwegs bin.

    Die Autobahn und Nationalstraße sind Schnee von gestern. Heute geht es wunderschön durch die Landschaft an einer stillgelegten Bahnlinie entlang, die aber wenig stört.
    Der Himmel ist zwar wolkenverhangen aber die Sicht ist glücklicherweise sehr gut. Der Weg führt auf eine Anhöhe mit einem tollen Blick über die Ebene in der Zamora liegt.

    Zamora ist bereits zu erkennen. Durch hügelige Landschaft mit wildem Lavendel und Rosmarin geht es tendenziell abwärts. Die Nutzung der Felder variiert: Getreide, Wein, Mais, Oliven.

    Dann komme ich nach Villanueva de Campean. Als ich den Ort betrete kündigt sich ein Schauer an. Ein deutliches Zeichen in der Bar „Via de la Plata“ ein zweites Frühstück zu nehmen.
    Nach dem Schauer geht es dann wieder weiter durch gemischte Landwirtschaft durch die Hügel auf und ab immer auf Zamora zu, das ab und an am Horizont zu sehen ist. Auf Wanderwegen – heute gab es noch keine Straßenkilometer – geht es hinein nach Zamora.

    Am Ufer des Rio Duero führt ein sehr grüner Weg zur alten Römerbrücke.

    Die Sicht auf die Altstadt wird durch einen Regenbogen noch verschönert.

    Über die 16-bogige Römerbrücke betrete ich die Altstadt. Da heute Freitag ist und die Spanier morgen nicht arbeiten, wird es heute Nacht sicher wieder später werden. Die Öffnungs- oder sagen wir lieber die Schließzeiten der Herbergen um 22 Uhr an einem solchen Tag bewegen mich dazu heute in einem Hotelzimmer zu übernachten. An solchen Tagen kann man nicht um 22 Uhr im Bett sein - Ich zumindest nicht!

    Ich schlendere durch die Altstadt und esse an der Plaza Mayor noch zu Mittag. Dann suche ich mir eine Bleibe. Ich drehe noch eine Runde bei Tageslicht durch Zamora und versenke mich dann in der Badewanne.
    Vor dem Abendessen drehe ich dann noch eine zweite Runde. Die Läden sind fast alle noch offen und die Spanier sind noch beim Einkaufen.

    Die historischen Bauten der Altstadt sind grandios beleuchtet.

    Fast könnte man sagen, dass sich ein Besuch bei Nacht eher lohnt als am Tag!
    Nach dem Abendessen – so gegen 23 Uhr – ist in den Altstadtgassen die Hölle los! Die Jugend tanzt in den Discos und die Bars sind alle proppenvoll. Viele stehen auch auf den Straßen weil der Abend recht lau ist.

    Ich komme gegen 1 Uhr zurück ins Hotel. Als ich gegen 4 Uhr nochmal kurz raus bin war immer noch Lärm in den Straßen. Ich glaube der Martin hat seinerzeit bei der Übersetzung einen Fehler gemacht! Es hätte an der einen Stelle im Alten Testament heißen müssen: „… Sodom und Zamora …“. Und ich weiß jetzt auch wo eine der beiden Städte liegt!

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    • Wafer

      Lebt im Forum
      • 06.03.2011
      • 8828
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      • Meine Reisen

      #22
      [ES] Von Spaniens tiefstem Süden bis ans Ende der Welt

      25. Tag: Zamora - Riego del Camino
      Samstag, 5. November 2011
      Strecke: 35 Km - Gesamtstrecke: 827 Km
      Höhenunterschiede: ↑ 75 m, ↓ 25 m
      Gehzeit: 7,5 h

      Der Morgen begrüßt mich mit blauem Himmel und Sonnenschein – und das bei gleicher Wettervorhersage! Ich schaue mir nochmal die alte Burg bei Tageslicht an. Aber mir hat sie in der Dunkelheit besser gefallen.
      Ich komme auch bei einer der vielen „bewohnten“ Kirchen vorbei.

      Die Störche sitzen überall. Und zwischenzeitlich ist auch fast jedes Nest bewohnt.

      Beim Verlassen der Altstadt komme ich durch ein altes Stadttor.

      Die Via führt mich auf Nebenstraßen aus Zamora hinaus. Außerhalb von Zamora biegt sie dann auf Feldwege ab. Nach der Überquerung der Autobahn hält sie dann auf Roales zu. Ich beschließe diesen Schlenker aus zu lassen und gehe bei der Autobahn einfach geradeaus weiter den Hang hinauf.
      Ein Schwarm Graugänse hat sich auf einem Feld niedergelassen und wartet wohl auf den Rest der Truppe.

      Die Feldwege sind hier wie mit dem Lineal gezogen: Schnurgerade und endlos. Die Meseta lässt grüßen.
      Im Laufe des Tages tauchen am Horizont leichte Erhebungen mit den Errungenschaften der modernen Zivilisation als Gipfelkreuze auf. Und schon wieder quere ich eine recht groß dimensionierte Baustelle. Aufgrund der großen Brückenkonstruktionen tippe ich wieder auf eine Neubaustrecke der RENFE.
      In Montamarta mache ich Mittagspause in der Sonne vor der Kirche. Da hat eine neue Kneipe aufgemacht, die für Pilger über ein ganz brauchbares Sortiment verfügt. Ich habe das Gefühl man freundet sich hier langsam mit der Via an. Auch soll es hier eine neue Herberge geben. Da es aber erst Mittag ist werde ich noch bis zur nächsten oder übernächsten weiter gehen.
      Hinter Montamarta hatte ich den Stausee Embalse de Ricobayo erwartet. Stattdessen liegt dort eine grüne Wiese hinter dem Ort. Auch diese Region ist in den letzten Wochen wohl etwas zu sehr von Regengüssen verschont worden. Die Ermita de la Virgen del Castro liegt traumhaft gelegen über dem trockenen See – leider auch verschlossen. Wie soll man einen Bezug zur Kirche aufbauen wenn diese alle verschlossen sind?

      Die Baustelle macht die Wegfindung hinter Montamarta etwas schwierig. Über leichte Hügel geht es dann wieder an den Stausee. Aber auch in diesem Teil des Sees ist gähnende Leere.

      An alten Ruinen vorbei geht es über Fontanillas de Castro nach Riego del Camino. Der Weg führt im Zick Zack über Feldwege um die N630 zu umgehen.
      Riego del Camino ist nun nicht das Dorf meiner Träume: Eine Bar, ein sehr versteckter Laden, eine Herberge und ca. 160 Einwohner. Die Dorfbewohner sind sehr hilfsbereit und freundlich. Eigentlich wollte ich noch nach Granja Moreruela aber mein linkes Knie meutert ein wenig. Also bleibe ich hier.
      Die Herberge gehört nicht zu den Besten: Nur kaltes Wasser, das Badfenster lässt sich nicht schließen und es gibt keine Heizung. Und für heute Nacht ist strenger Frost angesagt.
      Ich mache es mir in einem Zimmer bequem und sammle reichlich Decken auf meinem Schlafsack. Erfrieren werde ich also nicht! Das Waschen der Wäsche und die Dusche lasse ich heute in Anbetracht des kalten Wassers und der unbeheizten Herberge einfach ausfallen.
      In der Bar ist man darauf wohl schon eingestellt: Es gibt reichlich Wein zum Essen und einen fetten Brandy zum Café! Auf diese Weise mit genügend Bettschwere versehen gehe ich früh zu Bett.

      26. Tag: Riego del Camino - Santa Marta de Tera
      Sonntag, 6. November 2011
      Strecke: 54 Km - Gesamtstrecke: 881 Km
      Höhenunterschiede: ↑ 125 m, ↓ 50 m
      Gehzeit: 12,5 h

      Aufgrund der doch leicht reduzierten Temperatur in der Herberge bin ich recht früh wach. Bei einem kleinen Frühstück schaue ich mir die Karte an und die Möglichkeiten für den heutigen Tag. Der Weg macht bei Faramontanos de Tábara einen deutlichen Haken nach Süd-West um dann komplett nach Nord ab zu biegen. In Santa Croya de Tera soll eine der besten Herbergen an der Via liegen. Wenn man ab Faramontanos de Tábara direkt auf Santa Croya de Tera zusteuert könnte das an einem Tag erreichbar sein. Und die Herberge will ich auf jeden Fall kennenlernen.
      Bei Sonnenaufgang bin ich unterwegs. Die Autoscheiben im Dorf sind Stein und Bein zugefroren. Nicht nur eine leichte Raureifschicht – richtig dickes Eis. Kein Wunder, dass es in der Herberge so kalt war!

      Hinter der Kirche, die außerhalb des Ortes liegt, geht die Sonne auf.

      Die Morgenstimmung hält fast auf dem ganzen Weg nach Granja Moreruela an – Toll!
      In Granja Moreruela gibt es dann ein zweites Frühstück in einer Bar. Über Feldwege geht es zunehmend hügeliger auf den Rio Esla zu. Mir begegnet ein Schafhirte mit seinen zwei Hunden und seinem Esel. Er steigt extra ab um mich zu begrüßen. Sein Sattel ist ein alter Kartoffelsack der damit gleichzeitig als Satteltaschen dient.

      Dann komme ich ein eine der grandiosesten Teile der Via: Der Rio Esla kommt näher.

      Zuerst geht es an der Landstraße entlang zu der Brücke über den Rio Esla.

      Direkt dahinter biegt ein kleiner Pfad links von der Straße aber und führt mit alpinem Charakter am Fluss entlang.

      Hier ist kaum etwas von dem niedrigen Wasserstand der anderen Gewässer der Umgebung zu sehen.

      Der Weg führt aufwärts über Wiesen mit Bäumen und Büschen die auch reichlich mit Felsen versehen sind.

      Ein idealer Ort für ein Vesper mit traumhaftem Blick über den Fluss. Ich beobachte ein paar Angler am anderen Ufer.

      Viel zu schnell kommt die Via auf eine Hochfläche und verlässt den Flusslauf.

      Steinmänner, von Steinmännchen kann man hier schon nicht mehr sprechen, markieren den Weg wo es schwierig ist Pfeile an zu bringen. Über abwechslungsreiche Feldwege geht es durch die wunderschöne Landschaft. Auf einem Hügel kann man dann Faramontanos de Tábara liegen sehen.

      Auf den Feldern und in den Hügeln sieht man überall die Bodegas stehen. Kleine Häuschen oder Keller in denen die Bewohner ihren eigenen Wein keltern und im Sommer wohl auch mit ihren Nachbarn rauschende Feste feiern.
      In Faramontanos de Tábara zeigt mir ein Bauer seine Bodega mit dem gerade frisch gekelterten Wein. Bei dem sehr guten Mittagsmenü in einer Bar entscheide ich mich dann die lange Variante nach Santa Croya de Tera in Angriff zu nehmen. Zum Glück, wie sich später rausstellt: Die Strecke nach Tábara ist von der Baustelle der Bahntrasse völlig umgebaut worden und extrem matschig.
      Ich wandere am Hang entlang zu einem kleinen Pass an dem ich den Weg von Tábara dann wieder treffe. Beim Abstieg vom Pass treffe ich dann auch Tschady – einen Pilger, der die gleiche Idee hatte wie ich.

      So ziehen wir durch die sehr ansprechende Landschaft nach Villanueva de la Peras. Hier bricht dann schon der Abend herein.

      Die abendliche Stimmung begleitet uns auf dem Weg nach Santa Croya de Tera. Dort müssen wir dann schon im stockdunklen leider feststellen, dass die Herberge neuerdings eine Winterpause einlegt. Sie hat wohl vor einer Woche ihre Pforten geschlossen. Zum Glück liegt die nächste nicht weit – auf der anderen Seite der Brücke in Santa Marta de Tera.
      Hier erwartet uns ein umgebauter Gemeindesaal in dem schon 3 Spanier sitzen und Kartenspielen. Die Bar gegenüber bietet ein vernünftiges Abendmenü an. Die Runde durchs Dorf spare ich mir – ich denke ich bin heute genug gelaufen! Gute Nacht!

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      • Werner Hohn
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        • 05.08.2005
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        • Meine Reisen

        #23
        AW: [ES] Von Spaniens tiefstem Süden bis ans Ende der Welt

        Sag mal, gibt es in El Cubo de la Tierra del Vino die Herberge im Vorraum der Kirche nicht mehr?
        .

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        • Wafer

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          • 06.03.2011
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          • Meine Reisen

          #24
          AW: [ES] Von Spaniens tiefstem Süden bis ans Ende der Welt

          Hallo Werner.

          Es sind doch immer die Gleichen, die sich für den wilden Süden Europas interessieren!

          Ich hatte mich in El Cubo explizit nach einer zweiten Herberge erkundigt. In 2 Bars und einer Apotheke wusste keiner etwas von einer zweiten Herberge. An der Kirche war ich aber nicht. Ohne die fehlenden Türen wäre die ja echt OK gewesen. Was ich dort gut fand: Der Hospitalero hat den Kühlschrank mit Gängigen Sachen gefüllt - Getränke aber auch einige Dinge zum Essen - und eine Preisliste daneben gelegt. Ich hoffe das wird nicht zu sehr ausgenutzt! Ich fand das echt Toll!

          Gruß Wafer

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          • Wafer

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            • 06.03.2011
            • 8828
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            #25
            [ES] Von Spaniens tiefstem Süden bis ans Ende der Welt

            27. Tag: Santa Marta de Tera - Rionegro del Puente
            Montag, 7. November 2011
            Strecke: 27 Km - Gesamtstrecke: 908 Km
            Höhenunterschiede: ↑ 175 m, ↓ 110 m
            Gehzeit: 6,0 h

            Da klingelt doch tatsächlich um 6 Uhr 30 ein Handywecker! Na Bravo! Wer setzt sich denn da selber so unter Stress? Die nächsten Etappen sind mit Herbergen geradezu gepflastert! So sind wir aber gegen 8 Uhr fertig. Nur leider macht hier alles erst um 10 Uhr auf. Also ziehe ich ohne Frühstück los in der Hoffnung das im nächsten Dorf nach zu holen.

            In La Barca ist alles zu – verständlich! Es ist ein Strandbad im Norden Spaniens auf 750 Höhenmeter Anfang November. In Calzadilla de Tera hat aber auch alles zu. Obwohl laut Aushang sowohl der Tante-Emma-Laden als auch die Bar offen haben müsste. Spanien eben!
            In Olleros de Tera finde ich erst gar keine Bar! Also werden die Rest des alten Brotes und das letzte Obst gefrühstückt. Hier stehen übrigens die ersten brauchbaren Obstbäume am Weg, die ohne besondere Bewässerung auszukommen scheinen.
            An einer wiedermal geschlossenen Kirche vorbei geht es zu dem Stausee Embalse de Nuestra Senora de Agavanzal – recht großer Name für so einen kleinen See.

            Die Via führt im Zick-Zack den Hang hinauf und dann zur Staumauer um auf einem kleinen Sträßchen immer am Ufer des Sees entlang zu führen. Viele kleine Sandbuchten laden zum Verweilen ein.

            Der Weiler Villar de Farfón hält nach dem Ortsende doch noch eine Überraschung bereit: Hier hat eine kleine, sehr schöne private Herberge aufgemacht. Aktuell ist sie für den Winterbetrieb noch nicht ausgestattet aber daran wird gerade fieberhaft gearbeitet.

            Ich unterhalte mich derweilen mit der Großmutter aus Namibia, die gerade zu Besuch ist. Der Hund wirft sich mir geradezu vor die Füße: „Streichle mich!“. Es gibt hier dann so etwas wie ein kleines zweites Frühstück.

            Irgendwann meint die Großmutter ich solle doch den Hund nicht so verwöhnen – Sonst müssten sie ihn die nächsten Tage ständig streicheln bis er sich das wieder abgewöhnt hat. Na, dann sollen sie sich mal um ihren Hund kümmern! Die Hunde hier in Spanien haben einen sehr schlechten Ruf aber alle sind bestechlich mit Streicheleinheiten. Zumindest wenn sie frei rumlaufen können. Der Tschadi hatte extra ein Pfefferspray an einem Armband um es immer griffbereit zu haben. Er hatte einfach zu viel über die wilden Bestien in Spanien gehört.
            Weiter geht der Weg durch eine wunderschöne Landschaft, der mich an die Steppen Afrikas erinnert. Kein Wunder, dass sich die Großmutter aus Namibia hier wohlfühlt!

            Auf einem kleinen Bergrücken hat man einen herrlichen Blick auf Rionegro del Puente. Viel zu schnell bin ich schon wieder dem nächsten Dorf. Aber hier ist gerade Mittagszeit, die Sonne scheint auf den windstillen Marktplatz mit seiner Bar. Es stehen Tische draußen. Ich lasse mich nieder und bestelle das Mittagsmenü. So in der Sonne wird es richtig warm!
            Hier treffe ich Gernot, einen Österreicher aus Steyr. Er will gerade aufbrechen besinnt sich aber nochmal anders. Bei einem Glas Wein klönen wir über die Via und was wir bisher so erlebt haben. Aus dem Glas werden mehrere bis wir den Wein Flaschenweise ordern.
            Als es kalt wird – die Sonne geht jetzt doch schon recht früh unter – beziehen wir in der Herberge auf der anderen Seite des Platzes ein Quartier und kehren zum Abendessen zurück. Die 3 Spanier aus Santa Marta de Tera sind zwischenzeitlich auch angekommen. So wird das ein langer und lustiger Abend.

            28. Tag: Rionegro del Puente - Puebla de Sanabria
            Dienstag, 8. November 2011
            Strecke: 40 Km - Gesamtstrecke: 948 Km
            Höhenunterschiede: ↑ 400 m, ↓ 200 m
            Gehzeit: 9,0 h

            Und wieder klingelt der Wecker des Spaniers. Wofür? Gestern wäre er ja auch nicht nötig gewesen! Damit ist das mit dem Ausschlafen nach dem langen Abend aber auch vorbei. In der Bar von gestern Abend gibt es ein vernünftiges Frühstück.
            Die Via führt über Wiesenwege – Felder gibt es hier oben nicht mehr so viele, wir sind immerhin schon über 1.000 Meter hoch – hinauf nach Mombuey.

            Bei der Vorbereitung hatte ich hier immer irgendwie ein Tal erwartet weil sich hier alles so dicht drängt: Autobahn, Nationalstraße, Nebenstraße, Bahnlinie und jetzt noch die Hochgeschwindigkeitstrasse der Bahn sowie einige Hochspannungsleitungen. Aber es ist eigentlich eher eine Hochebene, die gleichmäßig bergan führt.
            Gestern konnte ich im Norden die Monte de Leon erkennen. Heute liegen die Wolken auf den Hügeln auf und von einer Fernsicht ist keine Spur. Aber irgendwann auf dem Weg über Valdemerilla, Cernadilla und Entrepenas nach Asturianos kommt die Sonne wieder durch und die Sicht wird besser.
            Im Süden sind einzelne Gebirgszüge – schon in Portugal – zu sehen. Im Westen kann man ab und zu einen Blick auf eine Bergkette erhaschen und im Norden stehen die Monte de Leon. Im Osten geht es abwärts in die Tiefebene aus der ich gekommen bin.
            Das Menu del Dia bei „El Carmen“ in Asturianos ist hervorragend. Ein Kohleintopf und eine kalte Forelle.
            Der weitere Weg führt mich durch Palacios de Sanabria, Remesal und Triufé – ein Dorf mit 27 Einwohnern! – nach Puebla de Sanabira.

            Gerade als ich die 230 Stufen hinauf zur Altstadt erklommen habe beginnt es leicht zu regnen. Also Zeit für ein Radler! Die Bar gefällt mir! Und Zimmer haben die hier auch – sogar mit Badewanne! Nach den doch sehr unterschiedlichen Herbergen in der letzten Woche Luxus pur!

            In einer Regenpause drehe ich eine Runde durch die Altstadt. Obwohl die Kirche laut Aushang offen sein sollte ist sie zu. Schade! Die sieht von außen schon sehr vielversprechend aus! Die ganz Altstadt sieht auch wirklich gut aus. Ich schlendere durch die Gassen und genieße das Gehen ohne Rucksack. In den meisten Bars oder Restaurants brennt ein Kamin oder ein Ofen. Es wird abends hier schon richtig kalt.

            Der Wetterbericht für die nächsten Tage ist recht wechselhaft – morgen soll es regnen. Daher stört es mich nicht, dass es das Frühstück erst aber 9 Uhr gibt. Nur blöd, dass ausgerechnet morgen der höchste Pass auf dem Programm steht. Na, dann schauen wir mal was der morgige Tag so alles bringt. Als erstes Ausschlafen!

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            • Juno234
              Erfahren
              • 03.08.2007
              • 397

              • Meine Reisen

              #26
              AW: [ES] Von Spaniens tiefstem Süden bis ans Ende der Welt

              Ich glaube, im nächsten Herbst steht wieder die Via de la Plata auf unserem Programm. Dein Bericht und deine Fotos machen Lust darauf

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              • Wafer

                Lebt im Forum
                • 06.03.2011
                • 8828
                • Privat

                • Meine Reisen

                #27
                AW: [ES] Von Spaniens tiefstem Süden bis ans Ende der Welt

                Hallo Juno234.

                Das freut mich, dass es dich anspricht!
                Ich hatte oben in Galicien dann nicht wirklich Glück mit dem Wetter. Wenn ich mir aber anschauen, dass die Wälder dort aus Farnen und Eukalyptusbäumen bestehen - beides sehr feuchtigkeitsliebende Pflanzen - wird das nicht unbedingt unüblich gewesen sein. Daher für den Galicien-Teil vielleicht doch den Sommer als Reisezeit wählen. Aber trotz des Wetters hat mir der Teil sehr sehr gut gefallen! Wenn es nicht sogar der schönste war.
                Wie weit seit ihr denn schon gekommen? Wann habt ihr welche Etappen gemacht?

                Gruß Wafer

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                • Juno234
                  Erfahren
                  • 03.08.2007
                  • 397

                  • Meine Reisen

                  #28
                  AW: [ES] Von Spaniens tiefstem Süden bis ans Ende der Welt

                  Wir sind eher geruhsame Wanderer Das erste Jahr sind wir von Sevilla bis Fuente de Cantos gekommen, das zweite bis Merida und das bislang dritte und letzte Jahr bis Caceres. Wir waren jeweils im November/Dezember unterwegs. Es müsste 2004, 2006 und 2008 gewesen sein. Von sommerlichen Temperaturen bis zu leichtem Bodenfrost war alles dabei. Die endlosen langweiligen Pisten vor Merida hatten uns ziemlich abgetörnt. Aber es scheint ja auch wieder schönere Abschnitte zu geben, wie es auf deinen Bildern ausschaut Ich glaube, ab Caceres könnte der Oktober ein angenehmer Monat sein.

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                  • Wafer

                    Lebt im Forum
                    • 06.03.2011
                    • 8828
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #29
                    AW: [ES] Von Spaniens tiefstem Süden bis ans Ende der Welt

                    Hallo Juno234.

                    In Caceres steigen recht viele ein. Das ist wohl so ein beliebter Einstiegspunkt wie Meriad oder Salamanca.
                    Für ein kälteres Jahr kann ich den Teil aber Tarifa nach Sevilla empfehlen. Also ich fand den toll! Sehr abwechslungsreich und ohne Pfeil mit der Garantie auf einsame Wanderungen mit echten Sahnehäubchen wie z.B. Medina oder Arco.
                    Viel Spaß damit!

                    Gruß Wafer

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                    • Wafer

                      Lebt im Forum
                      • 06.03.2011
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                      #30
                      [ES] Von Spaniens tiefstem Süden bis ans Ende der Welt

                      29. Tag: Puebla de Sanabria - Lubian
                      Mittwoch, 9. November 2011
                      Strecke: 30 Km - Gesamtstrecke: 978 Km
                      Höhenunterschiede: ↑ 900 m, ↓ 900 m
                      Gehzeit: 7,5 h

                      Gestern bin ich noch hier in die Sauna gegangen und habe sehr gut gegessen. Den Fitnessraum habe ich nicht mehr benutzt. Ich kann das Hotel Posada Real La Carteria nur wärmstens empfehlen.
                      Der Morgen begrüßt mich mal wieder mit Regen. Also drehe ich mich nochmal rum. Nach einem Bad packe ich in aller Ruhe meinen Rucksack und gehe Frühstücken. So ist es nach 10 Uhr als ich starte. Der Regen hat sich zu leichtem Nieselregen reduziert. Damit kann ich erst mal leben.
                      Bis Terroso geht es bei bescheidener Sicht ab und zu mal an der Straße entlang aber doch meist auf Feldwegen, die zunehmend aufweichen – auch mit Schlenkern über die Autobahn. Bisher merke ich nichts davon, dass ich heute den höchsten Punkt der Via überschreiten soll: Alles ist recht eben und von Fernsicht keine Spur. In Requejo erkenne ich im Süden einen Höhenzug, der deutlich näher rückt.

                      Die Via führt durch ein tolles altes Viertel von Requejo bis sie an dem Friedhof endgültig in Feld- und Waldwege übergeht. Die Straßen sind weit weg und es geht an einem malerischen Bach entlang mit der deutlichen Tendenz nach oben. Das bunte Laub sorgt für eine tolle Atmosphäre. Ab und zu ist der weg mit den Wassermengen überfordert. Dann gibt es aber immer eine Ausweichmöglichkeit.

                      An einer Ruine will mich die offizielle Markierung, genau gleich wie mein Führer, scharf nach rechts abbiegen lassen um auf die alte Passstraße zu kommen. Nun bin ich kein Freund von Straßen und etliche Pfeile zeigen auch nach links. Ein Blick in die Karte zeigt, dass dies auch eine direkte Variante zum Pass sein könnte. Mit Fernsicht ist bei dem Wetter eh nix los, also entscheide ich mich für die die Variante. Anhand der Hochspannungsleitungen kann man sich gut orientieren und den Pass nicht verfehlen.
                      Der Weg führt zunächst eben weiter bis zu dem Portal eines Eisenbahntunnels. Ab da zieht er im Zick-Zack steil aber gleichmäßig nach oben. Als ich oben ankomme sind meine Regenkleider von innen genauso nass wie von außen. Der Weg stößt genau an der Stelle auf die N535 an der sie in dem Tunnel unter dem Pass durch verschwindet. Die Via führt aber oben drüber. Das sind aber nur noch wenige Höhenmeter aufwärts.
                      Auf dem Abstieg nimmt der Regen dann wieder zu. Also wird es wohl Zeit für eine Mittagspause. In Pardonelo finde ich nichts, aber hinter Padornelo kehre ich ein. Was die hier allerdings unter Piccata Milanese verstehen deckt sich nicht ganz mit meiner Erinnerung. Hier wird ein Schnitzel mit Pommes serviert. Na, da habe ich wohl das falsche Restaurant erwischt!
                      Gerade als ich den Café vor mir stehen habe zeigt die Wolkendecke Risse und blaue Löcher. Als ich das Haus verlasse hört es auf zu regnen. Erst geht es noch ein paar Meter auf der Nationalstraße abwärts bis diese unerwartet einfach aufhört. Auf der alten Passstraße geht es dann noch ein paar Meter weiter bis ein wunderbarer Weg links abzweigt und mich über Aciberos nach Lubian bringt.

                      Die Herberge ist direkt am Ortseingang und sieht gut aus. Ich bin der erste Gast: Also alle Heizungen an, leider nur zwei, und die nassen Sachen trocknen.
                      Die Dusche ist schon fast Luxusgröße. Dafür tut die Toilette nicht. Gegen 18 Uhr taucht der Hospitalero auf. Laut Aushang sollte er erste gegen 20 Uhr kommen. Ich zeige ihm das Problem mit der Toilette aber er schüttelt nur den Kopf. Er kassiert 3 € für die Nacht und einen Stempel und geht wieder. 10 Minuten später ist er aber mit einem Fachmann da, der das Problem löst.
                      Irgendwie kann ich mich heute nicht aufraffen noch eine Runde durch das 186-Einwohner-Dorf zu drehen. Es soll sogar eine Bar und einen Laden geben. Die sind aber morgen sicher auch noch da. Noch ist nicht alles trocken und da muss ich nicht riskieren alles wieder nass zu machen.
                      So dezimiere ich heute meine frugalen Bestände: Eine halbe Flasche Wein von gestern Abend als ich der Meinung war ein Glas Wein bestellt zu haben aber eine ganze Flasche kam. Als guter Schwabe schleppt man dann so etwas natürlich über den höchsten Pass der Via de la Plata. Die letzten Paprika, die ich bei einem Feld bei Galisteo mitgenommen hatte, sowie eine Pastete, die schon seit Casar de Caceres an Bord ist. Dann natürlich das Obst, das ich immer reichlich dabei habe. Nicht umsonst wiegt mein Rucksack ab und zu um die 12 Kg obwohl er ohne Essen nur 7 Kg wiegt.

                      30. Tag: Lubian - Campobecerros
                      Donnerstag, 10. November 2011
                      Strecke: 52 Km - Gesamtstrecke: 1.030 Km
                      Höhenunterschiede: ↑ 650 m, ↓ 880 m
                      Gehzeit: 11,25 h

                      Nun wäre das genau der richtige Tag gewesen um aus zu schlafen: Ich bin alleine in der Herberge und A Gudina, das heutige Ziel, ist nur 25 Km weit! Aber nein, der Nachbar sieht das wohl irgendwie anders. Ab 6 Uhr macht er einen Höllenlärm: Er knallt mit Türen, unterhält sich lautstark mit einem Partner, den ich nicht hören kann und lässt sein Auto über eine ½ Stunde warmlaufen. Irgendwann merke ich, dass es mit weiterschlafen heute wohl nichts mehr wird.
                      Zwecks der gestern stark dezimierten Futterbestände spekuliere ich auf die Bar im Ort und stehe um 7 Uhr 45 davor. Leider hat sie nicht offen. Ich streife suchend durch das Dorf um zu sehen ob es vielleicht eine zweite Bar gibt – gibt es nicht! Für die Blicke die mich mustern brauche ich keine Übersetzung aus dem Spanischen.
                      Was soll’s! Wenn die eh schon denken ich wäre …
                      So ziehe ich im ersten Büchsenlicht los. Da es erst Mal nur an der Straße entlang geht ist das kein Problem. Der Weg zum Santuario de la Tuiza ist leicht zu finden.

                      Nach dem Heiligtum beginnt ein wunderschöner Wanderweg, der durch Wälder immer leicht ansteigt. Auf der anderen Talseite ziehen sich die Autobahn und die Nationalstraße den Hang hinauf. Ab und zu kann man sie sehen oder hören, meist kriegt man aber nichts von ihnen mit. Des Gesamtsicht wird heute nur sehr langsam besser weil die Wolkenuntergrenze nur geringfügig schneller steigt als ich.

                      Kurz vor dem Pass habe ich nochmal einen Blick zurück. Viel ist nicht zu sehen aber man kann erkennen wo ich herkam. Der Pass selber bleibt leider in den Wolken.

                      Auf der anderen Passseite liegt der Blick auf die leicht abfallende Hochebene frei. Es ist doch immer wieder interessant wie schnell sich Landschaften ändern können! Wo auf der Ostseite noch steiler Aufstieg war du Wald sind auf der Westseite Weiden und kleine Ortschaften auf der nur leicht abfallenden Ebene. Am Passt begrüßt ich Galicien. Das Galizische Wetter Begrüßt mich ja schon seit ein paar Tagen. Über A Canda – ein kleinster Weiler - steige ich nach Vilavella ab. Hier gibt es dann endlich ein vernünftiges Frühstück. Im Bahnhof des Ortes hat übrigens eine neue Herberge auf gemacht.

                      Manchmal steht der Weg etwas unter Wasser. Aber meist kann außen rum oder es liegen Granitblöcke als Trittsteine.

                      An einigen Stellen geht die Via über liebevoll angelegte Wege.

                      Galizien begrüßt mich aber auch mit wunderbaren Wanderwegen die mich über O Pereiro nach O Canizo führen. Leider gibt gerade heute das Wetter kein Potential zum Fotografieren her. Schade! Überall sind Brandspuren zu finden.

                      Auf dem Weg vergesse ich völlig die Zeit und streife durch die Landschaft. An jeder Ecke Vermittelt eine neue Perspektive andere Eindrücke.

                      Der Abstieg nach A Gudina ist ähnlich wie A Gudina selber: Enttäuschend! Der Ort sagt mir gar nicht zu. Der einzige Lichtblick ist der Markt! Hier versorge ich mich mit einem halben Hähnchen und frischem Brot sowie Obst und ich verziehe mich vor eine kleine Kapelle um Mittagspause zu machen. Die Herberge ist auch nicht das was ich mir vorgestellt habe und so entscheide ich mich kurzfristig einfach noch eine Etappe dran zu hängen. Ich suche den Markierungsstein, der die Trennung der beiden Wege in Süd- und Nord-Route markiert. Ich finde ihn erste, als die Hähnchenbraterei seinen Stand abbaut. Er war genau dahinter.
                      Über eine kleine Landstraße verlasse ich A Gudina und gewinne stetig an Höhe. Die Wolkenuntergrenze begrenzt leider den Blick in alle Richtungen. Aber wenigstens ist es trocken.

                      Die Bahnlinie, die seit Puebla de Sanabria ein ständiger Begleiter der Via de la Plata geworden ist windet sich am Hang entlang und führt durch zahlreiche Tunnels. Langsam keimt in mir der Gedanke auf die Rückreise mit der Bahn über diese Linie zu wählen. Hier fährt jeden Nachmittag ein Zug von Santiago nach Madrid. Der Führer weiß zu berichten, dass der Bau der Strecke 40 Jahre gedauert hat und erst 1950 fertig gestellt wurde. Ich bin mal gespannt ob und wann die Schnellbahntrasse fertig wird. Seit Puebla habe ich aber keine Baustelle mehr gesehen.

                      Nach dem ersten 5-Einwohner-Dorf kommt der Embalse das Portas in Sicht. Auf dem Höhenzug geht es dann immer entlang von einem kleinen Weiler zum nächsten. Viele sind beim Bau der Bahnlinie entstanden und sind heute noch bewohnt. Andere sind so gut wie verlassen. Die Sicht wird immer besser, so dass ich weit nach Portugal hineinschauen kann. Weit vor mir kann ich sogar Sonnenschein erkennen. Im Süd-Westen kann man den Verlauf der Autobahn anhand der Brückenbauten verfolgen.
                      Und wieder ändert sich die Landschaft grundlegend: Der Höhenzug ist mit einer ganz anderen Flora versehen als die Strecke seit dem Pass.

                      Kurz vor dem Etappenziel geht es dann nochmal von der Landstraße weg auf einen Gipfel mit toller Rundumsicht. Im Tal liegt 250 Meter tiefer das heutige Ziel: Campobecerros.
                      Ich steige dorthin ab und besuche als erstes eine Bar. Nach dem ersten Durstlöschen erkundige ich mich dann nach einer Unterkunft. Die neue Herberge am Bahnhof hat geschlossen. So stand es auf einem Wegweiser. So entscheide ich mich für die Pension Casa Nunez. In der dazugehörigen Bar laufen nur Angler- und Jagdfilme. Mal was anderes als das ewige Fußball!
                      Gerade habe ich mit der Tochter des Hauses ausgemacht, dass ich mit allen zusammen esse, da kommt der Sohn und bittet mich zu Tisch. Spanien!
                      Ich setzte mich an den Tisch und schon entschuldigt sich der Sohn, es sei noch nicht alles fertig. Klar, die Tochter ist ja gerade erst in der Küche verschwunden. Er bringt mir dafür einen Gruß aus der Küche: Einen Lauch-Kohl-Speck-Strudel – Total lecker! Wenn das immer so ausartet wenn sich die zwei uneinige sind: Nur zu! Dann kommt eine Linsensuppe mit Paprikawurst, Kartoffeln und Speck. Auch sehr gut! Und vor allen gleich eine ganze Schüssel voll. Da ich noch bei dem Gruß aus der Küche bin bitte ich ihn das Tempo etwas zu drosseln. Zum Glück kommt das nicht an! Als ich beim ersten Teller Suppe bin kommt der Hauptgang: Schwein mit fettigen Pommes. Das hatte ich nun oft genug und die spanische Fleischzubereitung liegt nicht ganz auf meiner Linie. Also nochmal kräftig Nachschlag von der Suppe nehmen! Die ist einfach gut!
                      In der Zwischenzeit kommen alle anderen zum Essen – alle in Fleece, denn hier wird nicht geheizt. Die Kinder maulen an allem rum. Prompt steht die Tante auf und macht noch Pfannkuchen. Und schon liegen auch bei mir welche auf dem Teller. Und der Kaffee wird durch einen lokalen Schnaps getunt.
                      Das ist hier richtig nett – so mit Familienschluss! Nur muss man sich warm genug anziehen. Und Ruhe haben die Spanier beim Essen nicht – die sind alle noch vor mir fertig! Und die fettigen Pommes gehen weg wie … ja wie was eigentlich? Warme Semmeln kennen die hier ja nicht. Na, dann gehen die eben weg wie fettige Pommes.
                      Reichlich müde falle ich ins Bett.
                      Zuletzt geändert von Wafer; 09.12.2011, 20:33.

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                      • Wafer

                        Lebt im Forum
                        • 06.03.2011
                        • 8828
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                        #31
                        [ES] Von Spaniens tiefstem Süden bis ans Ende der Welt

                        31. Tag: Campobecerros - Vilar de Barrio
                        Freitag, 11. November 2011
                        Strecke: 34 Km - Gesamtstrecke: 1.064 Km
                        Höhenunterschiede: ↑ 375 m, ↓ 500 m
                        Gehzeit: 8,5 h

                        Als ich nachts mal kurz aufwache schüttet es aus Kübeln. Gut! Was heute Nacht runter kommt ist morgen nicht mehr oben! Morgens regnet es aber immer noch. Also drehe ich mich nochmal rum. Das Frühstück fällt spanisch-Karg aus: Madeleines und Kaffee. Gegen 9 Uhr starte ich dann nur noch bei leichtem Regen. Es geht aufwärts – also langsam! Sonst bin ich wieder von innen so nass wie von außen. Es geht durch den fast verlassenen Weiler Portocamba (33 Einwohner).

                        Die Häuser sind teilweise schon sehr alt und wenig gepflegt – aber durchaus häufig auch noch bewohnt.

                        Es geht noch ein letztes Mal über die 1.000 Höhenmetermarke und dann führt mich die Via an einem wunderschönen Berghang entlang immer leicht abwärts. Der Nebel spielt mit den Tälern und Dörfern auf der anderen Talseite verstecken.

                        Galizien ist auch bei Regen schön! Ab As Eiras ist das Sträßchen dann wieder geteert und führt hinab nach Laza. Das muss eine fruchtbare Gegend sein: Am Wegesrand wächst Zitronenmelisse, Spitz- und Breitwegerich, Klee, Sauerampfer, Brennnessel, Löwenzahn und vieles mehr. Im Wald steht überall Farn, eine feuchtigkeitsliebende Pflanze.
                        In Laza finde ich eine nette Taverne mit einem Ofen und einem zweiten Frühstück. Was braucht man mehr? Ich trockne die Klamotten am Ofen und genieße das Frühstück. Auf einer Nebenstraße geht es bis zum Ortsende. Der Ort hat so gar nichts von seinem Namensvetter in Tibet.

                        Manche Häuser sind sehr schön hergerichtet.
                        Bis Soutelo Verde geht die Via an der Straße entlang um dann auf einen Feldweg nach Tamicelas weiter zu führen. Auf einem Bergrücken führt sie dann 500 Höhenmeter den Berg hinauf. Relativ häufig werden Feuerschneisen gekreuzt – in trockeneren Jahreszeiten herrscht hier wohl hohe Brandgefahr. Oben verkündet ein Schild, dass es nur noch 1.000 Meter bis zu der Bar Ricón del Peregrino sind. Es sind dann zwar in etwa 2.500 Meter bis zur Bar in A Albergueria aber der Besuch der Bar lohnt auf alle Fälle.

                        Luis, der Inhaber der Bar, hat fast alle Tische und Stühle aus der Bar entfernt und an jeder erdenklichen freien Ecke hängen Jakobsmuscheln.

                        Jeder Pilger kann auf einer Muschel seinen Namen, Datum und einen Gruß hinterlassen und dann die Muschen irgendwo in der Bar anschrauben. Da er das nun schon seit ca. 7 Jahren macht hängen da entsprechend viele Muscheln! Auch seine Sanitären Anlagen zwei Scheunen weiter sind absolut eine Besichtigung wert! Klar, dass ich hier eine Pause mache! Bei klassischer Klaviermusik kann man gut entspannen. Auch seine Gläser sind Souvenirs. Mein Radler bekomme ich in einem Oktoberfest-Glas serviert.

                        Der weitere Weg führt mich über eine Anhöhe, von der ich Vilar de Barrio, mein heutiges Ziel, im Sonnenschein vor mir im Tal liegen sehe. Als ich dort ankomme regnet es dort dann auch.
                        In der Herberge sitzen schon 5 Pilger: 3 Franzosen mit 4 Hunden und Auto sowie 2 Spanier. Sie ist recht neu und verfügt über Fußbodenheizung – nicht gerade dass, was man braucht wenn 6 Personen ihre Kleider und Schuhe trocknen wollen.
                        Im Dorf soll es keine brauchbaren Restaurants geben. Aber eine Dame in der Nachbarschaft hat sich der Versorgung der Pilger verschrieben. Wir verabreden uns auf halb Neun bei ihr.
                        Mit den Franzosen ziehe ich los um noch eine Bar auf zu suchen. Eine von ihnen ist nicht gut zu Fuß. Daher geht sie morgens immer ein paar Meter mit den beiden andere und den Hunden mit, dreht dann um und fährt mit dem Auto an den Zielort, kauft ein, …

                        Das Abendessen ist sensationell! Erst eine Platte mit Wurst und Käse, dann eine Kohlsuppe und als Hauptgang ein Rindfleischeintopf mit Kartoffeln, Paprika und Curry. Superlecker! Als Nachtisch gibt es einen hausgemachten Kuchen. So sitzen wir lange bei ihr, trinken noch Wein und haben den ganzen Abend viel Spaß.
                        Zuletzt geändert von Wafer; 09.12.2011, 20:34.

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                        • Werner Hohn
                          Freak
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                          • 05.08.2005
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                          AW: [ES] Von Spaniens tiefstem Süden bis ans Ende der Welt

                          Ist es im Bereich des Möglichen, dass du zu den wenigen Menschen gehörst, die auf der Vía de la Plata zugenommen haben? Diese ewige Esserei! Und es ist erstaunlich, das es doch noch einen Menschen gibt, der die üblichen Pilgermenüs, na ja, ich sag mal, für gewöhnungsbedürftig hält. Ich dachte immer, ich wäre damit allein. Nudeln, Schuhsohle, Pommes, billigen Fusel und hinterher eine Creme aus dem Plastikbecher. Bääh!

                          Und seit wann dürfen Hunde in die Herbergen? Oder waren das private Häuser?

                          Lustig, wir haben dieselben Steinplatten fotografiert.
                          .

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                          • Juno234
                            Erfahren
                            • 03.08.2007
                            • 397

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                            AW: [ES] Von Spaniens tiefstem Süden bis ans Ende der Welt

                            Zitat von Wafer Beitrag anzeigen
                            Hallo Juno234.

                            In Caceres steigen recht viele ein. Das ist wohl so ein beliebter Einstiegspunkt wie Meriad oder Salamanca.
                            Für ein kälteres Jahr kann ich den Teil aber Tarifa nach Sevilla empfehlen. Also ich fand den toll! Sehr abwechslungsreich und ohne Pfeil mit der Garantie auf einsame Wanderungen mit echten Sahnehäubchen wie z.B. Medina oder Arco.
                            Viel Spaß damit!

                            Gruß Wafer
                            Mit deinem Vorschlag stößt du bei uns auf offene Ohren. Irgendwann werden wir bestimmt den Lückenschluß Almería - Cadiz/Sevilla machen....

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                            • Wafer

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                              • 06.03.2011
                              • 8828
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                              AW: [ES] Von Spaniens tiefstem Süden bis ans Ende der Welt

                              Hallo Werner.

                              Zitat von Werner Hohn Beitrag anzeigen
                              Ist es im Bereich des Möglichen, dass du zu den wenigen Menschen gehörst, die auf der Vía de la Plata zugenommen haben? Diese ewige Esserei!
                              Nun, das Essen nicht so prikelnd zu finden liegt ja wohl auf der Hand. Das mit dem Zunehmen hat leider nicht geklappt. Ich habe 7 Kg abgenommen und kämpfe gerade darum sie wieder drauf zu kriegen. Ich denke auch eine Thema, mit dem sich nicht viele beschäftigen!

                              Zitat von Werner Hohn Beitrag anzeigen
                              Und seit wann dürfen Hunde in die Herbergen? Oder waren das private Häuser?
                              Ganz einfach: Garnicht! Die Hunde haben in dem Auto geschlafen. Das war ein T5 (VW-Bus) vom Feinsten.

                              Gruß Wafer

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                              • Wafer

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                                • 06.03.2011
                                • 8828
                                • Privat

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                                [ES] Von Spaniens tiefstem Süden bis ans Ende der Welt

                                32. Tag: Vilar de Barrio - Ourense
                                Samstag, 12. November 2011
                                Strecke: 36 Km - Gesamtstrecke: 1.100 Km
                                Höhenunterschiede: ↑ 250 m, ↓ 650 m
                                Gehzeit: 9,5 h

                                Die Fußbodenheizung ist zwar nachts nochmal angesprungen aber der Feuchtigkeit ist sie nicht Herr geworden. So stehe ich morgens in der Toilette und blase mit dem Warmluftgebläse die Socken und die Schuhe trocken.
                                Nach einem kleinen Frühstück laufe ich los. Das Wetter ist so abwechslungsreich wie die Landschaft: Ging es gestern im Regen nur auf und ab so führt der Weg heute bei Sonnenschein über eine sehr fruchtbare und grüne Ebene.

                                Beim Blick zurück kann ich den Abstieg von gestern sehen.

                                Am Ende gibt es zwei kleine Pässe mit grandioser Aussicht!

                                Der jetzt folgende Weg könnte auch im Schwarzwald liegen: Auf und Ab durch Wälder mit plätschernden Bächen und buntem Laub.

                                Nach ein paar kleinen Weilern – die wären im Schwarzwald sicher größer – komme ich nach Xunqueira de Ambía. Ich nutzte den Ort zum Einkauf und gehe weiter. Hier gibt es auch "wegweisensend" Kunst aus Sandsteinen.

                                Hinter dem Ort geht es wieder durch märchenhafte Wälder mit Flüssen und toller Aussicht auf den Bergkuppen. Hier gibt es dann auch die in den Führern so oft erwähnten Kornspeicher in größeren Mengen.

                                Und es ist auch wieder eine Großbaustelle für die Schnellbahntrasse zu sehen. Die Streckenführung orientiert sich stark an der bestehenden Bahnlinie – nur eben wesentlich geradliniger.
                                Die Via führt auf einer Straße entlang, die bis Ourense nicht mehr verlassen wird. Am Anfang ist die Landschaft noch sehr schön.

                                Dann werden die Orte größer und nähern sich an bis man schließlich in die Provinzhauptstadt mit über 100.000 Einwohnern kommt. Der viele Teer und die Höhenmeter, vorranging abwärts, haben mich ganz gut geschafft.

                                Ich drehe mit Gepäck schon mal eine Runde durch die Stadt. Durch diese römische Bogenbrücke, die 56 Meter hoch ist, bekam Ourense eine überregionale Bedeutung.

                                Dann beziehe ich ein kleines Hostal bei der Kathedrale – morgen ist schließlich Sonntag, da hat der Spanier frei. Also ist heute Abend wieder schwer was los. Da brauche ich keine Herberge mit 22 Uhr Bettruhe und 6 Uhr wecken!
                                Man merkt deutlich, dass Ourense auf 144 Meter Höhe liegt: Hier wachsen noch Tomaten und Paprika in den Gärten, die weiter oben schon erfroren sind.
                                Vor dem Essen drehe ich noch eine Runde durch die Altstadt und lasse mich auf einem kleinen versteckten Platz hinter der Kathedrale nieder. Es ist ein überraschend warmer Abend und die Wirte stellen draußen immer mehr Tische auf.

                                Jetzt sind es nur noch runde 100 Km bis nach Santiago. Bei der endlos scheinenden Strecke kommt langsam ein Ende in Sicht. Auf der einen Seite schade, weil mir die Zeit ohne Termindruck und mit jedem Tag wandern sehr gut gefällt. Auf der anderen Seite freue ich mich auch meine Familie wieder zu sehen. Na, mit Finisterre kommen ja nochmal ca. 100 Km dazu und dann liegen ja noch ca. 15% der Strecke vor mir.
                                Ich gehe gegen ½ 10 Uhr los um mir was zum Essen zu suchen. Die Restaurants sind alle noch völlig leer. Bei einem gefällt mir die Karte sehr gut. Ich kriege aber keinen Platz weil alle Plätze reserviert seien. Da höre ich Trommeln die nächste Straße runterkommen.

                                Eine römische Legion mit einem kirchlichen zieht durch die Straßen. Genau vor dem Restaurant halten sie an und gehen rein. Und schon ist es überfüllt.
                                An einem kleinen Platz mit Brunnen liegen mehrere Weinkneipen. Eine hat tolle Tapas. Nix wie rein! Die haben super Wein und tolle warme und kalte Tapas. Total Lecker! Die Pinte hat Pamplona-Niveau – wirklich toll. Alle paar Minuten kommt was Neues aus der Küche. Dann zieht einer der Kellner damit von Tisch zu Tisch und erläutert was es da gerade gibt. Klar, dass man da ständig probieren muss, oder? Da sind Super Sachen dabei: Schweinefilet mit Paprika und Käse überbacken, Gefüllter Tintenfisch, Pizzastücke mit Meeresfrüchten und Paprikawurst, Garnelenspieße mit Früchten und Frischkäse, …
                                Da brauche ich kein Restaurant mehr wenn das so weiter geht! Und es geht so weiter – und es läuft kein Fernseher!
                                2½ h später, oder sagen wir 3 Glas Wein und 11 Tapas später, ist an Abendessen nicht mehr zu denken. Das Lizarran scheint zwar eine Kette zu sein aber das Lokal in Ourense ist hervorragend!

                                Ich schlendere noch durch die Altstadt, sehe die Legionäre nochmal und bin dann weit nach Mitternacht im Bett.

                                33. Tag: Ourense - Oseira
                                Sonntag, 13. November 2011
                                Strecke: 32 Km - Gesamtstrecke: 1.132 Km
                                Höhenunterschiede: ↑ 875 m, ↓ 400 m
                                Gehzeit: 7,0 h

                                Zum Frühstück gehe ich in die Chocolateria direkt nebenan. Das ist mal ein Frühstück! Und da sagen viele in Spanien gäbe es kein vernünftiges Frühstück – gibt es dich! Nur viel zu selten. Wenn man hier eine heiße Schokolade bestellt, dann kommt auch ein. Und was für eine! Die ist so dickflüssig die traut sich kaum aus der Tasse raus. Der Bodensatz ist dann der reinste Schokoladenpudding. Lecker!
                                Kurz nach 10 komme ich dann endlich weg. Das Wetter sieht wechselhaft aus, ist aber aktuell trocken. Hier ist am Sonntag fast jeder zweite Laden offen. Und bei dem Bäcker gibt es nicht nur Brot sondern das ganze Sortiment. Die Puddinggefüllten Croissants mit Schokolade sind hervorragend, und nicht so süß wie erwartet.
                                Es geht stetig aufwärts. Leider steigt aber der Feuchtigkeitspegel nicht nur von innen. Der Blick auf Ourense ist schon toll. Die Siedlungen sehen hier aber auch nicht nach sozialem Wohnungsbau aus. Die Via führt auf einen Bergrücken und dann auf Feld-, Wald- und Wiesenwegen auf ihm entlang. Ab und zu grüßt mich sogar die Sonne - hier von hinten!

                                So komme ich recht trocken nach Cea. Am Plaza de Espana steht ein Turm in der Mitte vom Platz.

                                Dem größten Schauer kann ich durch eine Pause in einer Bar ausweichen.
                                Leider kann ich dadurch über die Landschaft nicht allzu viel sagen. Viel Wald, Nebel und Regen. Da ist für Weitsicht oder Landschaftsbildern leider einfach kein Potential. Die Berge werden aber wieder etwas alpiner im Charakter. Nicht von der Höhe her aber oben haben sie felsige Zacken und auch die Pflanzen erinnern mich mehr an die Alpen als die Wälder auf den letzten Etappen.
                                Der weitere Weg nach Oseira führt erst durch einen märchenhaften Wald mit vielen Bächen und wild gewchsen.

                                Dort gibt es tolle alte Brücken. Bei uns wären das rausgeputzte Schmuckstücke.

                                Dann wandere ich an einem Sträßchen entlang bis zum Kloster Monasterio de Oseira.

                                Das erste Kloster auf meinem Weg, in dem ich übernachten kann. Das war auf meinem Jakobsweg durch die Schweiz und über die Via Gebennensis und die Via Podiensis ganz anders! Überhaupt ist der Kontakt zu Kirche und Religion hier in Spanien bisher sehr überschaubar.
                                Ich komme wiedermal als einziger Pilger in der Herberge des Klosters unter. Das ist ein großer Raum in einem alten Gebäude des Klosters mit 40 Betten, warmen Duschen aber ohne Heizung und Küche.

                                Die Duschen liegen allerdings in einem anderen Gebäude. Wenn man im Shop - zu Öffnungszeiten! - fragt, wird man zu einem Innenhof geführt.

                                Von dort geht es dann zu den spartanischen Duschräumen. Feuchträume und alte Gemäuer passen nicht wirklich gut zueinander!

                                Und man hat die Gelegenheit die Laude, die Abendmesse der Mönche, zu besuchen. Leider sind die Mönche hier nicht sehr kommunikativ. Das mag ja ein Stück weit an meinem Spanisch liegen aber die waren schon sehr zurückhaltend.

                                Das Kloster wurde von den Mönchen meist in Eigenarbeit aus Ruinen heraus wieder in den aktuellen Zustand versetzt. Respekt!
                                Direkt vor dem Kloster gibt es zwei Bars. In der, die nicht am Eck sitzt, kann man abends eine Kleinigkeit essen, einfach aber gut.

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                                • Wafer

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                                  • 06.03.2011
                                  • 8828
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                                  #36
                                  AW: [ES] Von Spaniens tiefstem Süden bis ans Ende der Welt

                                  Zitat von Werner Hohn Beitrag anzeigen
                                  Lustig, wir haben dieselben Steinplatten fotografiert.
                                  Hallo Werner.
                                  Ich habe mir deinen Bericht darauf hin nochmal angesehen. Ich konnte keine gleichen Steinplatten entdecken. Aber dir war der Wettergott in Galizien ja wirklich zugetan! Wenn ich mir das so im Vergleich anschaue muss ich da wohl nochmal hin und mir das bei strahlendem Sonnenschein mal ansehen. Na, ich habe ja noch die Gelegenheit wenn ich "meinen Jakobsweg" ab Sahagun fertig mache.
                                  Gruß Wafer

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                                  • Werner Hohn
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                                    • 05.08.2005
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                                    #37
                                    AW: [ES] Von Spaniens tiefstem Süden bis ans Ende der Welt

                                    Zitat von Wafer Beitrag anzeigen


                                    'n Abend Wafer,

                                    das sieht doch stark nach derselben Stelle aus. Der auf deinem Fotos sichtbare drittletzte Stein, ist bei mir nicht zu sehen, weil ich runter in die Knie gegangen bin.

                                    Ja, das Wetter war tatsächlich bedeutend besser. Anderthalb Tage Regen in 4 Wochen, und die Frau, die sich weiter hinten im Bericht gemeldet hat, hatte nur ein paar Stunden Regen. Auch die war im März unterwegs.

                                    Werner
                                    .

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                                    • Wafer

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                                      • 06.03.2011
                                      • 8828
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                                      #38
                                      AW: [ES] Von Spaniens tiefstem Süden bis ans Ende der Welt

                                      Hallo Werner.

                                      Respekt! Ich bin mir nicht sicher ob ich das erkannt hätte! Du hast ein gutes Auge für Motive - sonst wären deine Bilder auch nicht so erstklassig - und ein gutes Gedächtnis sowie ein gutes Gefühl für die Perspektive.

                                      So, ich wollte heute noch den vorletzten Tag fertig stellen. Der ist aber etwas länger weil an dem letzten Abend vor Santiago wohl doch die Gedanken etwas abwscheifen und man einige Dinge nochmal revue passieren lässt.

                                      Gruß Wafer

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                                      • Wafer

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                                        • 06.03.2011
                                        • 8828
                                        • Privat

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                                        #39
                                        [ES] Von Spaniens tiefstem Süden bis ans Ende der Welt

                                        34. Tag: Oseira - Bandeira
                                        Montag, 14. November 2011
                                        Strecke: 45 Km - Gesamtstrecke: 1.177 Km
                                        Höhenunterschiede: ↑ 275 m, ↓ 700 m
                                        Gehzeit: 10,0 h

                                        Über Nacht wurde es gar nicht so kalt wie erwartet. Die dicken Klostermauern sorgen eben nicht nur für Ruhe und Abgeschiedenheit bei den Mönchen sondern auch für eine erträgliche Raumtemperatur sowohl im Sommer als auch im Winter. Noch dazu begrüßt mich der Morgen mit blauem Himmel – ein selten gewordener Anblick! Nach dem Frühstück in der Eckbar – die andere war zu – breche ich gegen 9 Uhr auf.

                                        Hinter dem Kloster geht es ein paar Meter die Straße entlang und dann über wunderbare Wanderwege weiter durch das hügelige Galizien.

                                        Die Landschaft in diesem menschenverlassenen Tal – Gott ist ja noch da! – ist einfach grandios! Die alten Mönche wussten schon wo sie ihre Klöster in schöner Landschaft hin bauen können. Durch Felder und Wiesen geht es auf und ab über Hügelrücken von kleinen zu kleinsten Weilern.

                                        Hier scheinen nur noch ältere Menschen zu leben. Jugendliche sehe ich hier keine. Mal wird eine Straße gestreift aber sofort wieder verlassen.
                                        Der Weg, meist durch Mauern aus Steinen begrenzt, führt leider auch wieder zu größeren Siedlungen, und damit auch wieder zur N525. Rund um O Castro Dozón ist man gute 10 Km auf oder an ihr unterwegs. Und dann kommt auch wieder die Autobahn in Sicht. Ganz ehrlich: Ich habe die beiden die letzten Tage nicht wirklich vermisst!
                                        In einem Garten steht eine Statue des Apostels Jakobus in einem aufwändig gestalteten Garten.

                                        Auch die Hochgeschwindigkeitsstrecke der RENFE kreuzt hier mehrfach meinen Weg. Die Strecke Santiago – Ourense scheint schon in Betrieb zu sein. Sie stört aber weniger als die Autobahn.
                                        Zum Mittagessen kehre ich in einer Bar beim Bahnhof Lalin, hier ein eigener Teilort, ein.
                                        Aber auch hier führt die Via durch tolle abwechslungsreiche Landschaft. So kurz vor Schluss gibt sich Galizien noch mal so richtig Mühe! Die Via führt mal über offen Landschaft und dann wieder durch ein verwunschenes Wäldchen.

                                        In Laxe weiche ich einem kleinen Schauer durch einen Barbesuch aus. Zu meinem bestellten Radler wird mir als Pilger noch ein Eintopf daneben gestellt. Zu schade, dass ich bei der Fischsuppe vorhin gleich zwei Mal Nachschlag genommen habe – ich kriege kaum was von dem leckeren Eintopf rein. Da kriegt man so was Gutes extra und dann muss man die Hälft stehen lassen, wie peinlich!
                                        Als die Sonne wieder scheint geht es weiter. Immer auf schönen Wegen komme ich zu einer alten Römerbrücke: Der Puente Taboada.

                                        Und zum x-ten Mal gehe ich wieder ein Stück an der Bahnlinie entlang. Durch einen wunderbaren Wald komme ich nach Silleda. Irgendwie habe ich aber heute noch keine Lust schon Schluss zu machen. So hänge ich noch ein paar Meter nach Bandeira dran. Der Weg führt abseits der Straße durch die Lande. Zum Abschluss eines tollen Tages kriege ich noch einen schönen Sonnenuntergang geboten.

                                        Die Herberge steht 3 Km außerhalb des Ortes, daher ziehe ich ein kleines Hotel in der Dorfmitte vor. Für heute reicht es dann aber auch. Die letzten Km waren doch länger als gedacht. Auch durch die Autobahnen und Schnellstraßen rund um Bandeira.
                                        Jetzt liegt Santiago mit 31 Km sogar in Schlagdistanz für morgen. Wenn es morgen schön ist gehe ich durch, wenn es regnet mache ich das in 2 Tagen in der Hoffnung auf schönes Wetter bei der Ankunft.
                                        Galizien fasziniert mich irgendwie! Ich kriege hier zwar mit Abstand den meisten Regen ab aber das trübt die Faszination nur ein wenig und ist mehr eine Frage der Kleidung und der Einstellung. Die Landschaft ist extrem abwechslungsreich und überzeugt mich auch durch eine sehr kreative Wegführung. Hinter jedem Hügel sieht es anders aus und auch die Dörfer und Städte sind sehr verschieden. Vielleicht liegt es aber daran, dass mir diese Art mehr liegt: Berge, Wälder, Wanderwege, …
                                        Nur mit deren Sprache komme ich nicht so zurecht. Plötzlich verstehe ich so einfache Dinge wie Zahlen nicht mehr. Der Führer hat ja immer geschrieben, dass hier das Gällische durchkommt aber dass es sogar bei solchen Basics hapert… Dafür nimmt der Anteil der französischverstehenden wieder zu. Das ist für mich doch auch erfreulich, weil: Englisch spricht hier immer noch keiner. Aber das wird sich vermutlich in Santiago ändern. Dort sind sie ja Unmengen von Pilgern gewöhnt. Wenn ich richtig mitgezählt habe, dann waren das auf den bisher knappen 1.200 Km 35 Pilger, dich ich getroffen habe. Auf dem Camino Frances ist das die Menge von einem Vormittag! Und auch da war ich in der „Nebensaison“ unterwegs.
                                        Was mir an der Via de la Plata noch auffällt, im Vergleich zum Camino Frances: Wenn man hier Änderungswünsche ans Essen hat sind die hier einfach flexibler. Hier besteht ein Pilgermenü meist aus einer Auswahl von mehreren Essen. Auf dem Camino gibt es ein Standardessen und fertig. Abweichungen davon gab es selten. Und wenn musste man mindestens zu sechst sein, damit die Küche überhaupt reagiert. Ich habe das Gefühl, die sind hier noch viel mehr am Einzelnen und am Menschen interessiert. Auf der anderen Seite fehlt hier noch etwas der Wille mit dem Pilgerstrom auch etwas anzufangen. Hier gab es noch recht wenig private Initiative am Weg. So etwas wie die Großmutter aus Namibia in Villar de Farfón. Aber das ist vielleicht auch der Charme und der Unterschied zwischen den beiden Wegen. Dann ist aber der Schritt in Richtung Kommerz, der beim Camino schon eine Weile erreicht ist, nicht mehr weit.
                                        Der Weg zum Ende der Welt – Finisterre – wird ja von allen begangen. Die Via wie ich sie kennen gelernt habe endet also morgen oder übermorgen. Und auch schon in Santiago werde ich der Sonderling sein, der nicht über den Camino kam und niemanden kennt. Ein Stück weit war ich das auch auf der Via: Ich habe keinen kennen gelernt, der außerhalb der Route Sevilla – Santiago begonnen hat. Aber jeder hat verstanden, dass man die „Südroute“ der Jakobswege auch ganz im Süden anfängt.
                                        Ich habe nochmal Kontakt mit Marc aufgenommen. Wir wollten uns nochmal treffen. Vielleicht klappt es ja wenn ich vom Ende der Welt zurück bin. Eine Bekanntschaft auf der Via hat für mich eine andere Bedeutung als damals eine auf dem Camino Frances. Ich würde die Via de la Plata eher mit der Via Gebennensis vergleichen – zumindest vom Pilgeraufkommen her. Der Weg durch die Schweiz hatte eigentlich keine wirklichen Pilger mit Ziel Santiago. Da war es ein lokaler Wanderweg mit Thema. Ab Genf hatte sich das vollig geändert. Und ab Le Puy war es vom Pilgeraufkommen zwischen der Via de la Plata und dem Camino an zu siedeln. Aber nur vom Pilgeraufkommen her. Landschaftlich, kulturell oder von den Erlebnissen her kann man die Wege so nicht vergleichen. Da ist jeder einzigartig und jeder für sich etwas Besonderes. Und ich hoffe, dass die Via de la Plata seinen Charakter bewahren kann!
                                        Auch der Austausch ist hier auf der Via intensiver gewesen. Vielleicht weil man nicht ständig jemanden zum Reden hatte? Oder weil viele Gedanken Zeit hatten „zu reifen“ ohne durch eine „frühe Geburt“ unfertig ausgetauscht zu werden? Vielleicht auch weil es etwas Besonderes ist, jemanden zu treffen mit dem man sich austauschen kann? Sei es nun von der Menge oder auch vom Sprachlichen her.
                                        Ich hatte auf der Via auf jeden Fall mehr Zeit für mich. Der Camino war mehr Urlaub vom Job, hier war mehr ursprünglichkeit und Ruhe und damit mehr Anstoß mehr über mich und mein Umfeld nach zu denken.
                                        Was spukt mir denn heute alles im Kopf rum? Noch bin ich doch auf der Via! Und ich weiß noch nicht ob ich morgen überhaupt schon ankommen will. Aber es ist wohl an der Zeit sich mit dem „Ende der Via“ zu befassen. Nur trifft es mich heute Abend etwas unerwartet – obwohl es sich in Ourense schon etwas angekündigt hat.
                                        Wenn ich heute so zurückblicke würde ich die Via in verschiedene Hauptetappen einteilen:
                                        1. Teil: Tarifa – Sevilla
                                          Den Weg hat so noch keiner gemacht. Eigene Wegfindung, keine Wegvorgaben. Sehr südlich-heißer Charakter
                                        2. Teil: Sevilla – Banos de Montemayor
                                          Erster Teil der Via de la Plata, wenige Pilger, sehr südlicher Charakter, recht einheitliche Vegetation, zwar durchaus Wechsel in der Landschaft aber eher in größeren Abständen.
                                        3. Teil: Banos de Montemayor – Puabla de Sanabria
                                          Der Beginn der Laubbäume bringt Abwechslung in der Vegetation mit sich, durchaus öfter mal Wechsel in der Landschaft und Kultur
                                        4. Teil: Puebla de Sanabria – Santiago de Compostela
                                          Sehr abwechslungsreiche Berglandschaft, sehr wechselhaftes Wetter, ständige wechselnde Eindrücke – fast im Stundenbereich.
                                        5. Teil: Santiago de Compostela – Finisterre
                                          Der Teil kommt ja noch. Aber hier erwarte ich ein wesentlich erhöhtes Pilgeraufkommen.


                                        Warum mache ich mir heute Gedanken über dieses Thema? Ist es das „nahe Ende“? Hätte ich mir das mehr im Vorfeld machen sollen? Hätte ich das können? Der 5. Teil war für mich immer klar abgegrenzt. Der erste auch. Aber der Rest nicht. Die unerwartete Möglichkeit morgen in Santiago zu sein hat das wohl ausgelöst.
                                        Was haben mir diese 1.200 Km gebracht? Grundsätzlich würde ich die folgenden Themen nennen:
                                        • Mein Gott geht es uns gut! Aus unserer Sicht der Dinge! Aber ist die immer die Richtige? Die Oma, die ihre Kräuter von ihrem Gütle holt und strahlt weil wir uns kurz unterhalten oder sie etwas sieht was ihr gefällt. Ich hatte das Gefühl, die ist Glücklich. Aber wäre sie das immer noch wenn wir sie mit unserem Wissen bzw. unserer Gesellschaft „beglücken“? Will sie das überhaupt? Sind wir nicht manchmal viel zu viel damit beschäftigt jemanden davon zu überzeugen, dass unser Weg der richtige ist? Und schauen uns viel zu wenig die andere Seite als Ganzes an? Merken wir überhaupt wie gut es uns geht? Oder sind wir soweit Weltmeister im „Höher, Besser, Schneller, Weiter“ dass wir das gar nicht mehr einschätzen können?
                                        • Neben mir liegt eine Postkarte an meine Frau. Da stehen Themen drauf, die hätte ich durchaus auch im Alltag mal thematisieren können. Haben wir da immer die richtigen Prioritäten? Ich denke hier habe ich noch eine Baustelle die weit über die Zeit der Via hinausreicht.
                                        • Habe ich in letzter Zeit ausreichend Zeit mit meinen „echten“ Freunden verbracht? Wer hat mich Jahre lange begleitet und habe ihn dann aus den Augen verloren weil ich vielleicht die falsche Brille auf hatte? Auf diesem Weg sind mir viele Namen und Gesichter durch den Kopf gegangen an die ich seit Jahren nicht mehr gedacht habe.
                                        • Gedanklich war ich viel bei der EU und was sie Spanien und dem Rest bringt. Anstoß hierfür ist die omnipräsente Darstellung der EU-Unterstützung. Das kenne ich aus keiner anderen Region. Und natürlich die Frage was die Spanier damit anfangen, ob es sie weiter bringt oder eher behindert. Ich denke hier kann man trefflich diskutieren und Gedanken austauschen – würde ich aber im Rahmen von ODS nicht tun wollen.

                                        Warum brauche ich eine Auszeit um diese Themen für mich zu sortieren? Weil ich mir bisher nie die Zeit und den Themen auch nicht die Priorität gegeben habe! Die Via hat mir Denkanstöße gegeben zu Themen, die mich – hoffentlich – noch eine Weile nach der Via beschäftigen werden.
                                        So, für heute reicht es. Wenn es mir morgen noch nicht reicht mache ich aus den verbliebenen 33 Km eben zwei Tage und mache morgen weiter. Gute Nacht!

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                                        • Wafer

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                                          • 06.03.2011
                                          • 8828
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                                          [ES] Von Spaniens tiefstem Süden bis ans Ende der Welt

                                          35. Tag: Bandeira - Santiago de Compostella
                                          Dienstag, 15. November 2011
                                          Strecke: 33 Km - Gesamtstrecke: 1.210 Km
                                          Höhenunterschiede: ↑ 575 m, ↓ 650 m
                                          Gehzeit: 7,0 h

                                          Heute Morgen habe ich blauen Himmel und Sonnenschein. Der Wetterbericht hatte eigentlich was anderes gesagt. Also nichts wie Sachen zusammenpacken, frühstücken und los. ¼ vor 9 bin ich startklar. Galizien zeigt sich nicht nur mit dem Wetter von der schönsten Seite. Tolle Wege, schöne Landschaft. Es ist sehr kurzweilig so zu wandern.

                                          Nach einigen Dörfern nähere ich mich dem Tal des Rio Ulla.

                                          Der Führer ist ganz begeistert von der Eisenbahnbrücke: „Schon von oben ist das mächtige, 219 m lange und 86 m hohe Eisenbahnviadukt zu sehen.“. Als ich näher komme habe ich die Auswahl zwischen 2 Viadukten.

                                          Das alte ist zwar noch zu sehen aber das neue von der Hochgeschwindigkeitsstrecke steht direkt davor. 60 Jahre Eisenbahnentwicklung liegen da dazwischen.
                                          Bei Ponte Ulla überschreite ich die alte Brücke über den Rio Ulla. Von der Brücke sieht man auch noch die Brücken der Autobahn und ganz präsent die Brücke der Nationalstraße N525.

                                          Damit betrete ich die letzte der Provinzen auf meiner Reise: A Coruna. Ändern tut sich eigentlich nichts. Galizien ist immer noch sehr schön!

                                          Ich quere heute 6 mal die alte Eisenbahnlinie. Die will ich auf der Heimreise auf jeden Fall fahren! Schließlich begleitet mich die Linie seit Puebla de Sanabria oder noch früher. Da kann ich dann drin sitzen und völlig entspannt die ganze Tour nochmal rückwärts anschauen. Da hat die Via de la Plata dem Camino doch klar etwas voraus!
                                          Ich komme in Outeiro an der letzten Herberge vor Santiago vorbei. In A Susanna mache ich Mittagspause. Die Entfernung nach Santiago ist jetzt nur noch einstellig. Solche Zahlen bin ich gar nicht gewohnt. Dann muss ich aber leider die Jacke anziehen und die Bewölkung wird dichter.
                                          In der Ferne ist der Pico Sacre zu sehen, ein Heiligtum der Galizier.

                                          Es geht in ein letztes Tal hinunter bevor ich die Kathedrale und die Stadt Santiago sehen kann. Hier blühen die Hortensien Mitte November vor den Häusern in O Sisto.

                                          Dann geht es den letzten Anstieg hinauf. Und prompt fängt es an zu regnen. Also Regenzeug wieder auspacken. Schade, war nix mit Ankunft im Sonnenschein. Jetzt noch einmal übernachten macht auch keinen Sinn mehr! Und dann liegt Santiago de Compostela mit seiner Kathedrale vor mir.

                                          Es geht noch einmal zu einem Bach hinab und dann durch die Stadt hinauf zur Altstadt. Als erstes natürlich zur Kathedrale und die umrunden.

                                          Dann hole ich mir die Compostela im Pilgerbüro. Die haben hier ein Ticketsystem aufgebaut. Die scheinen hier zu Stoßzeiten richtig viel Stress zu haben. Von den 8 Schaltern sind 3 offen und die Mitarbeiter am Schalter haben nicht sehr viel zu tun. Ich treffe aber in der ersten Stunde hier in Santiago mehr Pilger als auf dem ganzen Weg hierher. Dann suche ich mir eine Unterkunft. Ich komme in der ältesten Herberge von Santiago unter. Sie wurde von König Ferdinand und Königin Isabella gegründet!
                                          Dann geht es noch ohne Gepäck ausgiebig durch die Stadt. Am Abend besuche ich die Messe. Es sind etliche Pilger da. Heute wird auch der große Weihrauchkessel geschwungen.

                                          Das haben die früher wohl gegen den Geruch der Pilger jeden Tag gemacht.
                                          Heute nur noch zu einigen wenigen Feiertagen. Vor ein paar Tagen ist wohl eine hohe Persönlichkeit von Santiago gestorben und die Familie soll für diese Zeremonie bezahlt haben. Da habe ich mal wieder richtig Glück gehabt!
                                          Die brauchen ca. 10 Mönche um das Teil sauber schwingen zu lassen. Das Seil ist 35 Meter lang und der Kessel übermannshoch.

                                          Der Kessel soll auch schon mehrfach über sein Ziel hinausgeschossen sein.
                                          Abends schließe ich mich einer Gruppe von Pilgern zu einem gemeinsamen Abendessen an. Es wird mächtig viel gelacht und es wird auch reichlich spät.

                                          Sobald ein Pilger das Lokal betritt steht meist mindestens einer auf und begrüßt ihn. Die kennen sich alle vom Camino Frances. Ich bin hier, wie erwartet, der Paradiesvogel, den keiner kennt. Es sind doch erstaunlich viele dabei, die nicht in St. Jean Pied de Port gestartet sind sondern längere Strecken absolviert haben. Einige sind auch wirklich bei sich zuhause gestartet- so wie sich das eigentlich gehört. Die Nationalitäten sind bunt gemischt, kaum eine Nationalität ist doppelt vertreten. Über 90% aller Pilger, die in Santiago ankommen haben den Weg über den Camino Frances genommen. Der Rest verteilt sich auf den Camino Northe, die Via de la Plata und den Portugisischen Weg.


                                          36. Tag: Ruhetag in Santiago de Compostela
                                          Mittwoch, 16. November 2011

                                          Heute wartet eine besonders schwere Aufgabe auf mich: Ruhetag! Nach 35 Tagen nur in Bewegung ist das keine leichte Aufgabe für mich!
                                          Ich buchen die Heimreise - wie gedacht mit dem Talgo, dem Zug von Santiago nach Zamora auf der alten Strecken parallel zur Via de la Plata.
                                          Bei am Vormittag leicht verregnetem Wetter ziehe ich durch Santiago. Dann kommt noch die Sonne raus. Die Altstadt strotzt geradezu vor alten Gemäuern.

                                          Grandiose Bilder sind da leider kaum zu machen. Trotzdem stelle ich hier mal das eine oder andere mit rein.
                                          Das Nordportal der Kathedrale

                                          Einige Altbauten verfügen über einen grandiosen Innenhof - wie hier ein Gebäude der Universität.

                                          Der Eingang des Parador-Hotels, direkt neben der Kathedrale.

                                          Dieses Hotel lädt übrigens aus alter Tradition jeden Tag 10 Pilger mit einer Compostela die nicht älter als 3 Tage ist um 9 Uhr zum Frühstück, um 12 Uhr zum Mittagessen und 10 weitere Pilger um 19 Uhr zum Abendessen ein. Man muss sich mit der Compostela und Personalausweis zwischen Restaurant-Eingang und Tiefgarage zu den genannten Uhrzeiten einfinden. Die 10 ersten werden dann eingelassen. Es geht dann durch einen Dienstboteneingang in die Küche wo man dann das Essen bekommt.

                                          Gegessen wird in einem dafür extra eingerichteten Speisesaal. Das Essen ist sehr gut!

                                          Ich habe einen Pilger aus Berlin kennen gelernt, der ohne Geld vor etlichen Monaten in Berlin gestartet ist und über Niederlande, Belgien und Frankreich hierher gekommen ist. In Bordeaux hat er einen Franzosen kennen gelernt, den er überzeugt hat mit zu kommen. Seither sind sie zu zwei unterwegs und unterhalten sich in Englisch. Die Kleider sind etwas mitgenommen aber er strahlt mich an als habe er bei Olympia gewonnen. Wenn das Geld knapp wurde hat er mit Jonglieren und anderen Darbietungen Geld gesammelt bis es bis zur nächsten größeren Stadt wieder gereicht hat. Ein anderer hat Marionetten und seine Gitarre weit über 1.000 Km getragen um damit seine Kasse auf zu bessern. So findet jeder seine Art den Weg zu gehen.
                                          Am Abend drehe ich noch eine Runde und gehe dann mit einer Gruppe Pilger in eine Tapa-Bar. Auch der zweite Abend wird sehr anregend und lang. Auf dem Weg ins Bett komme ich nochmal an der hell erleuchteten Kathedrale vorbei.
                                          Zuletzt geändert von Wafer; 09.12.2011, 21:08.

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