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  • Dotti
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    • 05.04.2023
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    • Meine Reisen

    #41
    was für eine "verrückte" Reise-Idee, also im positiven Sinn, abseits des Mainstreams. Einfach eine krass-geile Unternehmung, dermaßen spannend-und spannend geschrieben. Ich freu mich sehr darauf zu lesen wie es weitergeht und was noch alles passiert.

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    • Moltebaer
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      • 21.06.2006
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      • Meine Reisen

      #42
      Uffa! War viel zu tun in letzter Zeit...
      Zur Versöhnung zwei kleine Szenen aus Gonio, Georgien an der Schwarzmeerküste:

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ID: 3330131
      Kühe am Straßenrand

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ID: 3330132
      Abendstimmung vom Balkon der Pension aus
      Wandern auf Ísland?
      ICE-SAR: Ekki týnast!

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      • Moltebaer
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        • Meine Reisen

        #43
        Früh morgens zur Dämmerung schleiche ich mich aus dem Zimmer, es scheint noch niemand wach zu sein bis auf die Hunde, die aber nicht anschlagen. Ich verlasse die Pension und folge der Hauptstraße durch den Ort.

        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_9746.jpg Ansichten: 0 Größe: 289,4 KB ID: 3330145

        An einer Tankstelle bestelle ich mir einen Milchkaffee und schlürfe ihn genüßlich.
        Ich laufe noch ein paar Meter, bis sich an einer alten Festungsanlage eine gute Mitnahmeposition ergibt und stelle den Rucksack ab.
        Ein paar Autos fahren vorbei, doch dann hält ein kleiner, weißer Lieferwagen mit zwei Personen, die wie ich ins nahe Batumi wollen - wie schön.
        Doch halt!
        Der Laderaum, in den ich mich setzen soll, hat ja gar keine Fenster... außerdem liegen zwei massive LKW-Batterien darin
        Hmpf... was man sich nicht alles antut...
        Es ist stockfinster im Laderaum, ich erkenne die Batterien, die im Falle eines Unfalles hübsch auf mich draufpoltern würden, nur schemenhaft. Mein GPS hat keinen Empfang im Faradayischen Käfig, doch ich merke, daß wir stetig geradeaus fahren. Es wird sicherlich die Hauptstraße sein und keine Sackgasse in der ich ausgeraubt werde.
        Fünfzehn Minuten, in denen mir allerlei Gedanken durch den Kopf gehen.
        Doch dann halten wir an, die Seitentür wird geöffnet und Licht dringt in den Laderaum. Wir sind mitten in einer Großstadt und halten am Straßenrand im morgendlichen Berufsverkehrstau in der Stadtmitte. Alle gucken gefühlt, während ich aussteige und meinen Rucksack schultere. Meine Mitnehmer fahren weiter und ich bedanke mich noch schnell für die Fahrt.
        Erstmal orientieren...
        Direkt in der Nähe gibt es ein großes Einkaufszentrum mit einem Kaffeebereich, in dem Koffein, Zuckergebäck, Strom und WLAN auf mich warten.

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        Alt vs. neu

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        Krasse Gegensätze in Batumi

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        Blumenpflanzbrigade mitten auf der Straße ohne besondere Absperrungen

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        Das schöne Batumi aus der Ferne

        Und wieder einmal ergibt sich das Dilemma mit der Großstadt. Ich bin drinnen und muß irgendwie wieder raus... also laufe ich ein paar Kilometer durch die Straßen Batumis. Auffällig ist der harte Kontrast zwischen maroder Bausubstanz und Neubauten. Um den Bahnhof herum wird meine Route etwas chaotisch, aber schließlich finde ich nach ein wenig Herumfragens die richtige Straße, die nach Tiflis führt und folge ihr.
        Laut meinen Aufzeichnungen wurde ich zunächst von einem netten Mann mitgenommen, der zwischendurch extra an den Straßenrand gefahren ist, um mir ein paar Getränke und süße, leicht nach Rosinen schmeckende, georgische Teigfladen zu kaufen. Stilecht von einer alten Babushka, die ihren Backofen in einer kleinen Hütte an der Hauptstraße betreibt. Schmeckt wirklich klasse, wenn auch ein wenig trocken, aber mit genügend Weile läßt sich der ganze Fladen verspeisen - übrigens ein riesengroßer Brummer!
        Irgendwo trennen sich dann unsere Wege und ich stehe wieder am Straßenrand - Freiwild für den kaukasischen Terrorfahrer des Grauens!

        Ein junger Bursche im Lieferwagen hält an und ich steige nichtsahnend ein...
        Es folgt ein Höllenritt mit Vollgas unter ständiger Mißachtung sämtlichen Selbsterhaltungstriebs
        Die Straße hat eine Spur hin und eine zurück, Gegenverkehr voraus? Logisch, in der Mitte ist Platz zum Überholen...
        Was macht man auf einer etwas breiteren Straße? Richtig, man überholt den Überholenden, während der Gegenverkehr seinerseits von jemandem überholt wird - es fahren also zeitweise magischerweise fünf Autos parallel/antiparallel, wobei eigentlich nur für drei deutsche Spuren Platz wäre
        Während der Fahrt streift sich der Kollege ständig hektisch durchs Gesicht und macht den Eindruck, auf stimulierenden Substanzen zu sein
        Riskiert er etwa tagtäglich so sein Leben, daß selbst mir als gestandenem Radkurier davon schlecht wird? Oder will er mir beweisen, daß er der bessere Michael Schumacher gewesen wäre?
        Ich wage jedenfalls nicht, ihn mit der Kamera und meinem Videoprojekt von der Fahrt abzulenken oder gar zu weiter gesteigertem Halsbrechertum herauszufordern. Und so gibt existiert kein Beweis dieser äußerst fragwürdigen Fahrweise.
        Wir kommen schließlich unverletzt an der Kreuzung bei Poti an, wo ich aussteige und meinen Weg nach Osten fortsetze - ohne ihn!
        Zu guter Letzt fragt er mich noch nach etwas Kleingeld (vermutlich um sich die nächste Line zu finanzieren ). Ich krame sieben Lari aus meiner Hosentasche, etwa 2,50 EUR, drücke sie ihm hastig in die Hand und bin froh, daß die Sache damit gegessen ist.

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        Übelholvorgang irgendwo in Georgien

        Ich folge der Straße ein paar Hundert Meter zu einer Abfahrt und damit einer Lücke in der Leitplanke. Hier kann ich mich gefahrlos hinstellen. Hinter mir beginnt ein abgezäuntes Gelände, welches angeblich videoüberwacht wird - mitten in der Prärie, fern ab von Elektrizität - is klar, ne!
        Ein kleiner Bach läuft hier entlang und überall liegt mal wieder Zivilisationsmüll herum. Der Bach erstickt in Plastik und Metall.
        Vielleicht eine halbe Stunde warte ich hier, bis David mit seinem Heizöllaster anhält und mich mitnimmt. Auf einsamen Landstraßen und durch schwach besiedelte Gebiete nähern wir uns mit ca. 40 km/h der Kleinstadt Lanchkhuti, wo ich auf einer recht zentralen Kreuzung abgesetzt werde.
        Hunger, Durst, warm! Quer über die Kreuzung hinweg wartet eine Imbißbude auf mich. Es gibt einen kleinen Nebenraum mit ramponierten Stühlen und Tischen, in dem ich Platz nehme und mir einen kleinen Snack reinpfeife. Ein sonniger Tag, viel zu warm eigentlich, ich bin froh über ein wenig Schatten.
        Nach meinem Mahl schlendere ich die Hauptstraße entlang, bis ich ein Ortsschild erreiche und mal wieder den Daumen hinaushalte.

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        Hier scheint erstmal nichts zu funktionieren. Wenig Verkehr und alle fahren vorbei. Also wende ich nach einer kleinen Ewigkeit das Patentrezept an: Stellungswechsel! Und zwar logischerweise in Richtung Tbilisi/Tiflis, immer vorwärts, kein Schritt zurück! Laut OpenTopoMap wartet in kurzer Distanz eine Autobahnauffahrt und wo die ist, kann ich diejenigen abpassen, die in "meine" Richtung fahren.
        An einem Kreisverkehr kurz vor der Auffahrt befindet sich ein Kiosk mit ein paar Menschen und geparkten Autos. Juchu!

        Ich frage ein wenig herum, werde jedoch abgelehnt. Also stelle ich mit meinem kleinen Schild an die Auffahrt.
        Doch irgendwann kommt ein Mann auf mich zu und erklärt, daß er nur noch etwas vom Imbißstand holen will und ich schon mal zu seinem Wagen gehen könne. Im Wagen sitzen bereits zwei Personen und ein Hund. Bald kommt auch der Fahrer zurück und wir steigen ein. Es sind Dimar, Lena und Yevgejni aus der Ukraine. Sie wohnen bereits seit dem ersten Überfall Rußlands auf ihr Land 2014 in Georgien. Ihre Gesellschaft ist mir angenehm, wir reden nicht allzu viel über Politik und Krieg, sondern sind eher im Hier und Jetzt.
        Zusammen rollen wir nach Osten, allerdings nicht mehr auf der Autobahn, sondern auf einer Nebenstraße in Richtung Kutaissi, wo sie mich absetzen wollen. Es ist später Nachmittag, als wir in der Stadt ankommen. Die drei wollen in die Berge fahren, nach Norden, nicht zu weit an die russische Grenze heran, versteht sich. Sie haben dort eine kleine Hütte gemietet und wollen eine Woche Urlaub machen. Sie fragen mich nach meinen Plänen und erwähnen die Möglichkeit, mich mit in die Berge zu nehmen. Dort wäre dann natürlich sehr wenig Verkehr um mich weiter mitzunehmen, es wäre nicht mehr meine angestrebte Richtung und bei ihnen in der Hütte wäre kein Platz für mich. Aber ich könne gerne noch ein paar Kilometer bei ihnen mitfahren.
        Ich überlege eine Weile.
        Mein nächstes Ziel wäre die Fähre ab Alat in Aserbaidschan, etwa 30-40 km südlich der Hauptstadt Baku am Kaspischen Meer. Doch dieses Schiff legt nur zweimal die Woche ab. Die nächste Abfahrt wäre zu sportlich, das schaffe ich zeitlich nicht, gut 700 km warten noch auf mich. Also könnte ich ja die nächste oder sogar übernächste Fähre nehmen und jetzt die gute Zeit genießen. So entscheide ich mich, mitzufahren und ein wenig Kaukasus kennenzulernen.

        Die Straße windet sich Kurve um Kurve in die Landschaft hinein. Es wird langsam dunkel und kälter da draußen. Schließlich sind die Berge deutlich schroff und wir biegen vom Asphalt auf einen Schotterweg ab. Über Schlaglöcher, kleine einspurige Brücken, an senkrechten Felswänden und durch lichten Wald führt eine Spur kilometerlang durch den Südkaukasus.
        Irgendwann kommen wir am Ende der Straße an und tatsächlich steht dort eine kleine Hütte hinter einem Gartenzaun.
        Wir steigen aus. Es ist gut schattig hier, richtig frisch sogar und ziehe mir meine Jacke an. Der Besitzer tritt aus seiner Hütte heraus und Dimar redet mit ihm. Der Besitzer macht einen ungläubigen Gesichtsausdruck: drei Gäste wie verabredet und ein stinkender Deutscher mit großem Rucksack, der sich vor seinem Anwesen einen Platz für sein Zelt suchen will - das geht so nicht!
        Es ist hier in den Bergen schließlich viel zu kalt, um draußen zu übernachten. Er möchte nicht, daß ich ihm direkt vor seiner Hütte erfriere
        Neben der Hütte in der er mit seiner Frau wohnt und derjenigen, die von den drei Ukrainern gemietet wird, gibt es noch ein weiteres Häuschen, welches leersteht. Dimar gibt mir zu verstehen, daß mir der Besitzer dieses Häuschen für ein Fünftel des Normalpreises zur Verfügung stellt. Ich überlege ein wenig, aber nicht allzu lang. Natürlich würde ich dank 900 g Daunen nicht bei schlappen -5 °C erfrieren, andererseits ist das Angebot mehr als fair und der Mann macht einen sehr freundlichen Eindruck. Ich gönne ihm ein paar Devisen und würde ich sehr seltsam fühlen, diese Einladung abzulehnen und unbeirrt vor der warmen Stube zu zelten, nur um ein paar Flocken einzusparen.
        Also folge ich dem Besitzer in meine unerwartete Unterkunft.
        Und bin erstmal sprachlos!

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        In der guten Stube befindet sich eine großzügige Wohnküche mit Fernseher, WLAN und Kamin, dazu zwei Schlafzimmer mit Doppelbetten und natürlich ein Badezimmer. Ich bin beeindruckt und mein Gastgeber nutzt das Überraschungsmoment um flott ein Feuer im Ofen zu entfachen. Nun wärmt sich die Bude allmählich auf, bis es sehr gemütlich ist und die Glut im Dunkel leise vor sich hinknistert. Total romantisch
        Ich lasse den Fernseher laufen, es gibt sogar ein wenig englischsprachiges Programm mit den neuesten Nachrichten und ich checke Emails.
        Als das Feuer heruntergebrannt ist, gucke ich auf die Uhr. Hoppla! Schleunigst ab in die Falle.
        Heute war ein guter Tag!
        Zuletzt geändert von Moltebaer; Gestern, 03:37.
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