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Hallo zusammen,
Vorgeschichte:
Nachdem ich 2010 solo auf dem WHW unterwegs war und dort das Wandern für mich entdeckt habe, wurde einiges an neuer Ausrüstung angeschafft. Die sollte natürlich vor dem geplanten Trip in SE (Bohusleden) getestet werden. Also musste ich einen Weg finden, der in relativer Nähe zu meinem Wohnort liegt. Die Wahl war schnell auf den Rennsteig gefallen. Also sollte es in der Woche vor Ostern für sechs Tage in den Thüringer Wald gehen. Das war zumindest der Plan. Aufgrund unvorhergesehener Ereignisse musste ich die Tour abbrechen. Das kratzt doch ziemlich an meinem Ego. Ich hoffe durch das Schreiben hier ein bisschen Ruhe zu finden. Vielleicht hat auch der ein oder andere ein paar Tips...
Die Wochen davor:
Die Zeit vor der Abreise war doch eher ernüchternd. Das Wetter schlug Kapriolen und zwischen Schnee und Schneematsch kamen immer wieder Fragen wie „Du willst das wirklich durchziehen?“ und „Du bist dir da auch ganz sicher?“. Manchmal hörte man auch so was wie „Du bist doch verrückt.“ Zugegebener Maßen nicht sonderlich ermutigend, aber ich war schon immer dafür bekannt, meinen Sturkopf gegen aller Widerstände durchsetzten zu wollen. Diese Sturheit würde ich wohl auch noch bereuen.
Der Tag vor der Abreise:
Jetzt nahm mich auch noch meine Mutter zum x-tausendsten mal ins Gebet: „Willst du wirklich da hin?“ „Ja, will ich.“ „Bist du dir da ganz sicher?“ „Ja, bin ich!“ „Ok, aber du brichst ab, wenn du nicht mehr kannst!“ „Ja, mach ich...“
24.03. 25km:
Morgens Abfahrt. Meine Eltern waren so nett und haben mich nach Hörschel gefahren. Man mag es kaum glauben, aber es war sonnig und wunderherrliche 8°. Perfekt zum Wandern. Also los. Kaum hatten wir die Grenze zu Thüringen überfahren, schlug das Wetter um. Ebenso meine Laune. Das lies ich mir aber nicht anmerken. Ich will das durchziehen! In Hörschel angekommen war das Wetter doch wieder wunderbar. Sehr sonnig, aber auch windig. Also meine Regenjacke zur Windjacke umfunktioniert und los ging es. In die falsche Richtung. Kleiner Tipp für all die, die wie ich, zu ungeschickt sind, die Schilder richtig zu lesen: Wenn man am Startpunkt steht, geht man wieder einfach durch den Ort zurück, den Bach quasi im Rücken.
Nach ein bisschen umher irren habe ich doch tatsächlich den Weg gefunden. Bis hier hin sind meine Eltern noch mitgekommen. Jetzt also die letzte Fragestunde und dann geht es richtig los. „Willst du wirklich gehen? Bist du dir da ganz sicher?“ „Ja, bin ich.“ Verabschieden und los geht’s. Der Weg ist klasse, ein Berg begrüßt mit einer super Steigung. Oben angekommen war mir dann doch ziemlich warm. Also Regenjacke aus und weiter geht’s. Es geht aufs Feld hinaus.

Da war es doch ganz schön zügig. Also wieder Regenjacke an. Ich glaube, das wird mein Zeitvertreib. Mein für heute erklärtes Tagesziel war das Ruhlaer Häusschen. Bis dahin liegen allerdings noch etliche hundert Höhenmeter und Rund 20 km. Wenig später erreichte ich schon das erste Schneefeld.

Da dachte ich noch, das ist aber eine Überraschung. Schnee. Das muss ich doch mal fotografieren. Genau für diesen Spruch könnte ich mir später noch in den Allerwertesten beißen. Anatomisch ist das allerdings unnmöglich, wie ich auch später festgestellt habe.
Weiter ging es durch den Wald. Da habe ich doch eine sehr interessante Begegnung gemacht

Wer war der Meinung, dass Sonntag auch im Forstgewerbe Ruhetag ist
?
Weiter gings also stetig bergauf. Um 13 Uhr, erstaunlicher Weise noch im Zeitplan trotz wunderschöner Blasen, erreiche ich dann endlich die „Wilde Sau“. Mittagspause in der Hütte und weiter geht’s. Die Temperatur fällt gefühlt kontinuierlich. Die Regenjacke behalte ich jetzt grundsätzlich an. Achso, direkt nach der Pause geht’s da lang:

Der Schnee nimmt stetig zu. Noch befinde ich mich eigentlich auf Forstwegen, das Laufen ist einfach und angenehm. Ich komme gut voran. Gegen 5 wird es dunkel und fühle mich, als würde ich kaum voran kommen. Der Weg wird schwieriger. Eine geschlossen Schneedecke erschwert das voran kommen deutlich. Endlich kommt ein flacheres Stück. Die Ruhlaer Hütte war endlich in Sicht. Angekommen, Lage überprüfen. Das war schon ein ziemlich schweres Stück bis hier hin. Morgen würden nach Plan rund 30 km auf dem Programm stehen. Schaffe ich das? Nachdem ich kurz mit mir gehadert habe, laufe ich weiter. In 5 km soll eine weitere Hütte kommen. Die will ich erreichen. Also los geht’s. Und wieder einmal kommt Hochmut vor dem Fall. Kaum 500 m weiter war der Weg eher per Stapfen zu meistern, also sonst wie. Durch die Schneewehen bin ich regelmäßig bis zu den Knien eingesunken. Fluchen, schreien und zweifeln steht jetzt also auf dem Programm. Ich ärgere mich über meinen Sturkopf und verzweifle. Irgendwann erreiche ich doch eine Kuppe, ab da geht’s einfacher. Und irgendwann erreiche ich auch meine Schmerzgrenze. Den ganzen Tag Schnee, die Temperaturen und der Rucksack machen mir doch ganz schön zu schaffen. Kurz darauf kommt mir ein anderer Wanderer mit Schneeschuhen entgegen. Der hats richtig gemacht. Kurz ein paar Worte gewechselt und weiter geht’s.

Kurz vor dem Gespräch
An der vermeintlichen Hütte angekommen, musste ich feststellen: „Verdammt. Die gibt es ja gar nicht. Was nun?“ Also die Karte gezückt. Das Ergebnis war doch recht ernüchternd. Die nächste verzeichnete Hütte ist noch mindestens 7 km weit weg. Der Rückweg ist keine Option. Also gut, weitergehen und auf eine frühere Hütte hoffen. Gefühlt zwei km weiter habe ich, leider direkt an einer Straße gelegen, endlich eine Schutzhütte gefunden. Jetzt will ich nur noch schlafen. Biwacksack ausgepackt, schlafsack hinein gebastelt, und schlafen gelegt. Diese Nacht habe ich nicht Schafe sondern Autos gezählt. Gut, besser als nichts. Ich hatte ernsthaft schon erwogen, einfach im Wald zu schlafen.
Ist das schön warm im Schlafsack, denke ich. Wenn ich jetzt noch schlafen könnte. Ich hatte es erst gegen 4 uhr geschafft, einzuschlafen.
25.03. 20 km:
Gegen 6 Uhr bin ich dann aufgewacht und aufgestanden. Kluger Weise hatte ich eine meiner drei Trinkflaschen mit in den Schlafsack genommen, ebenso wie die Gaskartusche. Jetzt den Kocher erst mal ausprobieren. Und siehe da, funktioniert einwandfrei. Ein, zwei mal hatte er kurz „gespuckt“ dann ging es weiter. Heute war meine Motivation auf einem Tiefpunkt. Ich hatte 30 km Tiefschnee vor mir. Was solls, das soll ein Ausrüstungstest sein. Also weiter. Bergauf, was eine Überraschung. Und Schnee, so viel Schnee. In dem Moment hasste ich den Winter wirklich. Aber es hilft alles nichts. Ich will es heute wengistens noch mal probieren. Heute war das Ziel eigentlich die Donnershauk. Nach einem wunderschönen Stück durch den Wald errreichte ich also den Dreiherrenstein.

Es ging höher. Und zu allem Übel begann es auch noch zu schneien. Die Sicht wurde schlechter und ich übellauniger. Jetzt sinke ich regelmäßig bis zu den Knien ein. Verzweiflung macht sich breit. Umdrehen ist jetzt keine Option mehr. Ich muss zumindest auf den großen Inselberg. Bis ich dort bin, liegen noch 2,5 km, 4h Tiefschnee und Berge vor mir. Das mit den 4h hatte ich natürlich erst im nachhinein festgestellt.
Erst so:

Dann so:

Den steilsten Berg habe ich bezwungen. Auf geht’s zum Venezianer Stein. Die Hütte war sehr schön. Jemand hatte Tannenzweige auf dem Boden ausgelegt. Es war angenehm warm und windgeschützt. Zeit für eine Pause und die weitere Planung. Was soll ich nur tun? Ich liege schon etliche Stunden hinter dem Zeitplan. Ich werde niemals rechtzeitig am Ziel ankommen. Das bringt den ganzen Plan ins Wanken. Also setze ich das Ziel spontan fest und steige zur Not auf einen Bus um. Weiter geht’s. Kaum aus der Hütte draußen und noch keine 300 m gelaufen passiert das Unglück. In einer Schneewehe rutsche ich tatsächlich aus, verdrehe mir das Knie und zerre mir den rechten Oberschenkel. Das Gefühl im Oberschenkel kannte ich schon von meiner Zeit beim Bund. Da hatte ich das allerdings im linken und es war kaum auszuhalten. So lange ich stand war alles gut, aber laufen war eine Qual. Dann noch durch den Tiefschnee zu stapfen kaum auszusprechen. Meine Flüche und Schreie wurden lauter und ziemlich boshaft. Ich war am Boden zerstört. Was soll ich nur machen? Wie komme ich von hier weg?
Die Antwort war denkbar einfach: Per Fußbus. „Da will mich doch jemand auf den Arm nehmen oder?“, denke ich. Aber es geht weiter. Mit jedem Schritt nähere ich mich dem großen Inselberg. Langsam wird aus dem Pfad wieder ein ausgewachsener Forstweg. Eine große Familie kommt mir entgegen und betrachtet mich mit meiner mobilen Schrankwand doch eher etwas ungläubig. Das Stammesoberhaupt spricht mich an: „Sind wie Wege da hinten überhaupt begehbar?“ Ich höre schon so ein Zweifeln in der Stimme. „Nein, ich habe mich da tiefsten Tiefschnee gequält.“ Mit Blick auf die zwei Schlitten, die die Familie zieht, füge ich noch hinzu: „Für Schlitten kein durchkommen.“ Mit einem freundlicher Dank für die Info setzt die Familie Ihren Weg in richtung Tiefschnee fort. Gut, sollen sie doch.
Endlich erreiche ich den großen Inselberg. Hier wurde tatsächlich eine Schneise für Fahrzeuge geschoben und man erkennt, wie viel Schnee tatsächlich liegt.

Jetzt muss ich so langsam mal eine Entscheidung treffen. Wie mache ich weiter? Den Plan kann ich sowieso vergessen. Erst mal weiter gehen. Der Weg führt gottseidank bergab. Hier auf diesem Weg soll es lang gehen. Ich bin mir fast ziemlich sicher, dass hier im Sommer eine Treppe ist.

Jetzt ist da allerdings ein Haufen Schnee. Den Weg außen herum über die Straße will ich nicht machen. Das erscheint mir zu weit. Also los geht’s. Auf den Schnee geklettert und eingesunken. So geht’s die ganzen 100m weiter, bis ich endlich unten bin. Ab hier führt ein Pfad hinunter bis zur Grenzwiese. Angenehm zu gehen und durchaus einfach. Ich komme schnell voran. Mittlerweile laufe ich einfach nur noch und denk schon gar nicht mehr. Die Tüte mit den Gummibärchen in meiner Hosentasche leert sich langsam aber sicher. Bald erreiche ich auch schon die Grenzwiese. Kurz was gegessen und weiter geht’s. Diesmal wieder bergauf. So langsam habe ich auch die Berge gefressen. Ich gehe aber stur weiter. Am Heuberghaus verlassen mich alle Kräfte. Was soll ich nur machen? Nach einer kurzen Konsultation der Karte steht der endgültige Plan. Zufrieden bin ich damit nicht. Aber ich kann es nicht anders machen: Ich steige nach Brotterode ab, von da aus weiter mit dem Bus nach Eisenach und dann heimwärts. Ich lasse mich also weiter bergab rollen und beobachte, wie aus einer schneebedeckten Landschaft eine herbstlich graue wird. Immer wieder muss ich stehen bleiben und mich ausruhen. Ich kann nicht mehr. Doch, du kannst noch! Wenn der Kopf sagt, der Körper kann nicht mehr, hat er mindestens noch 80% Leistungsfähigkeit. An diesen Gedanken klammere ich mich fest und gehe weiter.
Kaum bin ich dann endlich in Brotterode angekommen, liegt kein Häufchen Schnee mehr. Da lagen wohl doch einige Höhenmeter dazwischen.
Exfiltration
Ich suche und finde die Touristeninfo. Gibt es heute noch einen Bus nach Eisenach? Ja, gibt es. Der fährt in 15 Minuten von der Haltestelle XYZ (ich habe den Namen vergessen). Das müssten Sie locker schaffen, versicherte mir die nette Dame. Mit Blick auf meine Beine und den Rucksack hatte ich so meine Zweifel daran. Aber was solls. Ich probier es. Und siehe da: Ich muss sogar noch fünf Minuten warten. Kurz Umsteigen und eine Stunde später bin ich Eisenach am Bahnhof. Mein Vater hat mir freundlicher Weise angeboten, mich abzuholen. Sehr nett. Vielen Dank an dieser Stelle noch mal dafür! So warte ich und versuche mich an Thor von Wolfgang Hohlbein. Leider muss ich feststellen, dass Hohlbein definitiv nicht mein Autor ist. Eine kleine Überraschung wartet allerdings noch auf mich. Ein Schweitzer, den ich gestern abend getroffen habe, ist auch hier. Wir wechseln noch ein paar Worte und dann fährt auch schon sein Zug. Eine halbe Stunde später werde ich abgeholt und bin endgültig auf dem Heimweg.
Fazit:
Kurz gesagt, ich habe alles falsch gemacht, was man falsch machen kann. Ich zähle das mal auf, um das Ausmaß der Katastrophe zu demonstrieren:
1. In Ermangelung eines Winterschlafsacks habe ich meinen normalen (Komfortemperatur 0°) und einen Aldi-billig Schlafsack mitgenommen. Gut, Nachts habe ich nicht gefroren, hatte aber auch zwei paar Hosen, Pullis und Strümpfe an. Trotzdem: Das passiert mir ganz sicher nicht mehr.
2. 4,5 l Wasser. Hätte ich mit so viel Schnee gerechnet hätte es 1 l locker getan. Zumal mir 1,5 davon auf dem Rücken gefroren sind... Ich hätte ja auch gleich auf die Idee kommen können, die bei erster Gelegenheit zu entsorgen...
3. Ich hatte keine wintertauglichen Klamotten dabei. Den Platz für den zweiten Schlafsack hätte ich mit anderen Klamotten vollstopfen können.
4. Keine Trekking-/Skistöcke dabei. Im Tiefschnee wären die unter Umständen bestimmt hilfreich gewesen. Zumindest hätte man damit die Tiefe halbwegs ertasten können...
5. Die Vorbereitung: Ich war im Winter kaum Joggen und mein Krafttraining hatte ich auch nur auf die Arme und Bauch reduziert (der Sommer sollte ja auch irgendwann kommen ;) ). Ich war kurz gesagt definitiv nicht fit genug.
Alles in allem ist der Rennsteig aber wirklich ein sehr zu empfehlender Wanderweg! Im Sommer bestimmt ziemlich schön, möglicherweise aber überlaufen. Und wer eine richtige Wintertour machen möchte, der braucht gar nicht nach Lappland zu fliegen. Dem empfehle ich den Thüringer Wald ;)
Naja, das Schreiben hat schon ein bisschen gut getan
In diesem Sinne. Einen schönen Abend noch ;)
Vorgeschichte:
Nachdem ich 2010 solo auf dem WHW unterwegs war und dort das Wandern für mich entdeckt habe, wurde einiges an neuer Ausrüstung angeschafft. Die sollte natürlich vor dem geplanten Trip in SE (Bohusleden) getestet werden. Also musste ich einen Weg finden, der in relativer Nähe zu meinem Wohnort liegt. Die Wahl war schnell auf den Rennsteig gefallen. Also sollte es in der Woche vor Ostern für sechs Tage in den Thüringer Wald gehen. Das war zumindest der Plan. Aufgrund unvorhergesehener Ereignisse musste ich die Tour abbrechen. Das kratzt doch ziemlich an meinem Ego. Ich hoffe durch das Schreiben hier ein bisschen Ruhe zu finden. Vielleicht hat auch der ein oder andere ein paar Tips...
Die Wochen davor:
Die Zeit vor der Abreise war doch eher ernüchternd. Das Wetter schlug Kapriolen und zwischen Schnee und Schneematsch kamen immer wieder Fragen wie „Du willst das wirklich durchziehen?“ und „Du bist dir da auch ganz sicher?“. Manchmal hörte man auch so was wie „Du bist doch verrückt.“ Zugegebener Maßen nicht sonderlich ermutigend, aber ich war schon immer dafür bekannt, meinen Sturkopf gegen aller Widerstände durchsetzten zu wollen. Diese Sturheit würde ich wohl auch noch bereuen.
Der Tag vor der Abreise:
Jetzt nahm mich auch noch meine Mutter zum x-tausendsten mal ins Gebet: „Willst du wirklich da hin?“ „Ja, will ich.“ „Bist du dir da ganz sicher?“ „Ja, bin ich!“ „Ok, aber du brichst ab, wenn du nicht mehr kannst!“ „Ja, mach ich...“
24.03. 25km:
Morgens Abfahrt. Meine Eltern waren so nett und haben mich nach Hörschel gefahren. Man mag es kaum glauben, aber es war sonnig und wunderherrliche 8°. Perfekt zum Wandern. Also los. Kaum hatten wir die Grenze zu Thüringen überfahren, schlug das Wetter um. Ebenso meine Laune. Das lies ich mir aber nicht anmerken. Ich will das durchziehen! In Hörschel angekommen war das Wetter doch wieder wunderbar. Sehr sonnig, aber auch windig. Also meine Regenjacke zur Windjacke umfunktioniert und los ging es. In die falsche Richtung. Kleiner Tipp für all die, die wie ich, zu ungeschickt sind, die Schilder richtig zu lesen: Wenn man am Startpunkt steht, geht man wieder einfach durch den Ort zurück, den Bach quasi im Rücken.
Nach ein bisschen umher irren habe ich doch tatsächlich den Weg gefunden. Bis hier hin sind meine Eltern noch mitgekommen. Jetzt also die letzte Fragestunde und dann geht es richtig los. „Willst du wirklich gehen? Bist du dir da ganz sicher?“ „Ja, bin ich.“ Verabschieden und los geht’s. Der Weg ist klasse, ein Berg begrüßt mit einer super Steigung. Oben angekommen war mir dann doch ziemlich warm. Also Regenjacke aus und weiter geht’s. Es geht aufs Feld hinaus.
Da war es doch ganz schön zügig. Also wieder Regenjacke an. Ich glaube, das wird mein Zeitvertreib. Mein für heute erklärtes Tagesziel war das Ruhlaer Häusschen. Bis dahin liegen allerdings noch etliche hundert Höhenmeter und Rund 20 km. Wenig später erreichte ich schon das erste Schneefeld.
Da dachte ich noch, das ist aber eine Überraschung. Schnee. Das muss ich doch mal fotografieren. Genau für diesen Spruch könnte ich mir später noch in den Allerwertesten beißen. Anatomisch ist das allerdings unnmöglich, wie ich auch später festgestellt habe.
Weiter ging es durch den Wald. Da habe ich doch eine sehr interessante Begegnung gemacht
Wer war der Meinung, dass Sonntag auch im Forstgewerbe Ruhetag ist

Weiter gings also stetig bergauf. Um 13 Uhr, erstaunlicher Weise noch im Zeitplan trotz wunderschöner Blasen, erreiche ich dann endlich die „Wilde Sau“. Mittagspause in der Hütte und weiter geht’s. Die Temperatur fällt gefühlt kontinuierlich. Die Regenjacke behalte ich jetzt grundsätzlich an. Achso, direkt nach der Pause geht’s da lang:
Der Schnee nimmt stetig zu. Noch befinde ich mich eigentlich auf Forstwegen, das Laufen ist einfach und angenehm. Ich komme gut voran. Gegen 5 wird es dunkel und fühle mich, als würde ich kaum voran kommen. Der Weg wird schwieriger. Eine geschlossen Schneedecke erschwert das voran kommen deutlich. Endlich kommt ein flacheres Stück. Die Ruhlaer Hütte war endlich in Sicht. Angekommen, Lage überprüfen. Das war schon ein ziemlich schweres Stück bis hier hin. Morgen würden nach Plan rund 30 km auf dem Programm stehen. Schaffe ich das? Nachdem ich kurz mit mir gehadert habe, laufe ich weiter. In 5 km soll eine weitere Hütte kommen. Die will ich erreichen. Also los geht’s. Und wieder einmal kommt Hochmut vor dem Fall. Kaum 500 m weiter war der Weg eher per Stapfen zu meistern, also sonst wie. Durch die Schneewehen bin ich regelmäßig bis zu den Knien eingesunken. Fluchen, schreien und zweifeln steht jetzt also auf dem Programm. Ich ärgere mich über meinen Sturkopf und verzweifle. Irgendwann erreiche ich doch eine Kuppe, ab da geht’s einfacher. Und irgendwann erreiche ich auch meine Schmerzgrenze. Den ganzen Tag Schnee, die Temperaturen und der Rucksack machen mir doch ganz schön zu schaffen. Kurz darauf kommt mir ein anderer Wanderer mit Schneeschuhen entgegen. Der hats richtig gemacht. Kurz ein paar Worte gewechselt und weiter geht’s.
Kurz vor dem Gespräch
An der vermeintlichen Hütte angekommen, musste ich feststellen: „Verdammt. Die gibt es ja gar nicht. Was nun?“ Also die Karte gezückt. Das Ergebnis war doch recht ernüchternd. Die nächste verzeichnete Hütte ist noch mindestens 7 km weit weg. Der Rückweg ist keine Option. Also gut, weitergehen und auf eine frühere Hütte hoffen. Gefühlt zwei km weiter habe ich, leider direkt an einer Straße gelegen, endlich eine Schutzhütte gefunden. Jetzt will ich nur noch schlafen. Biwacksack ausgepackt, schlafsack hinein gebastelt, und schlafen gelegt. Diese Nacht habe ich nicht Schafe sondern Autos gezählt. Gut, besser als nichts. Ich hatte ernsthaft schon erwogen, einfach im Wald zu schlafen.
Ist das schön warm im Schlafsack, denke ich. Wenn ich jetzt noch schlafen könnte. Ich hatte es erst gegen 4 uhr geschafft, einzuschlafen.
25.03. 20 km:
Gegen 6 Uhr bin ich dann aufgewacht und aufgestanden. Kluger Weise hatte ich eine meiner drei Trinkflaschen mit in den Schlafsack genommen, ebenso wie die Gaskartusche. Jetzt den Kocher erst mal ausprobieren. Und siehe da, funktioniert einwandfrei. Ein, zwei mal hatte er kurz „gespuckt“ dann ging es weiter. Heute war meine Motivation auf einem Tiefpunkt. Ich hatte 30 km Tiefschnee vor mir. Was solls, das soll ein Ausrüstungstest sein. Also weiter. Bergauf, was eine Überraschung. Und Schnee, so viel Schnee. In dem Moment hasste ich den Winter wirklich. Aber es hilft alles nichts. Ich will es heute wengistens noch mal probieren. Heute war das Ziel eigentlich die Donnershauk. Nach einem wunderschönen Stück durch den Wald errreichte ich also den Dreiherrenstein.
Es ging höher. Und zu allem Übel begann es auch noch zu schneien. Die Sicht wurde schlechter und ich übellauniger. Jetzt sinke ich regelmäßig bis zu den Knien ein. Verzweiflung macht sich breit. Umdrehen ist jetzt keine Option mehr. Ich muss zumindest auf den großen Inselberg. Bis ich dort bin, liegen noch 2,5 km, 4h Tiefschnee und Berge vor mir. Das mit den 4h hatte ich natürlich erst im nachhinein festgestellt.
Erst so:
Dann so:
Den steilsten Berg habe ich bezwungen. Auf geht’s zum Venezianer Stein. Die Hütte war sehr schön. Jemand hatte Tannenzweige auf dem Boden ausgelegt. Es war angenehm warm und windgeschützt. Zeit für eine Pause und die weitere Planung. Was soll ich nur tun? Ich liege schon etliche Stunden hinter dem Zeitplan. Ich werde niemals rechtzeitig am Ziel ankommen. Das bringt den ganzen Plan ins Wanken. Also setze ich das Ziel spontan fest und steige zur Not auf einen Bus um. Weiter geht’s. Kaum aus der Hütte draußen und noch keine 300 m gelaufen passiert das Unglück. In einer Schneewehe rutsche ich tatsächlich aus, verdrehe mir das Knie und zerre mir den rechten Oberschenkel. Das Gefühl im Oberschenkel kannte ich schon von meiner Zeit beim Bund. Da hatte ich das allerdings im linken und es war kaum auszuhalten. So lange ich stand war alles gut, aber laufen war eine Qual. Dann noch durch den Tiefschnee zu stapfen kaum auszusprechen. Meine Flüche und Schreie wurden lauter und ziemlich boshaft. Ich war am Boden zerstört. Was soll ich nur machen? Wie komme ich von hier weg?
Die Antwort war denkbar einfach: Per Fußbus. „Da will mich doch jemand auf den Arm nehmen oder?“, denke ich. Aber es geht weiter. Mit jedem Schritt nähere ich mich dem großen Inselberg. Langsam wird aus dem Pfad wieder ein ausgewachsener Forstweg. Eine große Familie kommt mir entgegen und betrachtet mich mit meiner mobilen Schrankwand doch eher etwas ungläubig. Das Stammesoberhaupt spricht mich an: „Sind wie Wege da hinten überhaupt begehbar?“ Ich höre schon so ein Zweifeln in der Stimme. „Nein, ich habe mich da tiefsten Tiefschnee gequält.“ Mit Blick auf die zwei Schlitten, die die Familie zieht, füge ich noch hinzu: „Für Schlitten kein durchkommen.“ Mit einem freundlicher Dank für die Info setzt die Familie Ihren Weg in richtung Tiefschnee fort. Gut, sollen sie doch.
Endlich erreiche ich den großen Inselberg. Hier wurde tatsächlich eine Schneise für Fahrzeuge geschoben und man erkennt, wie viel Schnee tatsächlich liegt.
Jetzt muss ich so langsam mal eine Entscheidung treffen. Wie mache ich weiter? Den Plan kann ich sowieso vergessen. Erst mal weiter gehen. Der Weg führt gottseidank bergab. Hier auf diesem Weg soll es lang gehen. Ich bin mir fast ziemlich sicher, dass hier im Sommer eine Treppe ist.
Jetzt ist da allerdings ein Haufen Schnee. Den Weg außen herum über die Straße will ich nicht machen. Das erscheint mir zu weit. Also los geht’s. Auf den Schnee geklettert und eingesunken. So geht’s die ganzen 100m weiter, bis ich endlich unten bin. Ab hier führt ein Pfad hinunter bis zur Grenzwiese. Angenehm zu gehen und durchaus einfach. Ich komme schnell voran. Mittlerweile laufe ich einfach nur noch und denk schon gar nicht mehr. Die Tüte mit den Gummibärchen in meiner Hosentasche leert sich langsam aber sicher. Bald erreiche ich auch schon die Grenzwiese. Kurz was gegessen und weiter geht’s. Diesmal wieder bergauf. So langsam habe ich auch die Berge gefressen. Ich gehe aber stur weiter. Am Heuberghaus verlassen mich alle Kräfte. Was soll ich nur machen? Nach einer kurzen Konsultation der Karte steht der endgültige Plan. Zufrieden bin ich damit nicht. Aber ich kann es nicht anders machen: Ich steige nach Brotterode ab, von da aus weiter mit dem Bus nach Eisenach und dann heimwärts. Ich lasse mich also weiter bergab rollen und beobachte, wie aus einer schneebedeckten Landschaft eine herbstlich graue wird. Immer wieder muss ich stehen bleiben und mich ausruhen. Ich kann nicht mehr. Doch, du kannst noch! Wenn der Kopf sagt, der Körper kann nicht mehr, hat er mindestens noch 80% Leistungsfähigkeit. An diesen Gedanken klammere ich mich fest und gehe weiter.
Kaum bin ich dann endlich in Brotterode angekommen, liegt kein Häufchen Schnee mehr. Da lagen wohl doch einige Höhenmeter dazwischen.
Exfiltration
Ich suche und finde die Touristeninfo. Gibt es heute noch einen Bus nach Eisenach? Ja, gibt es. Der fährt in 15 Minuten von der Haltestelle XYZ (ich habe den Namen vergessen). Das müssten Sie locker schaffen, versicherte mir die nette Dame. Mit Blick auf meine Beine und den Rucksack hatte ich so meine Zweifel daran. Aber was solls. Ich probier es. Und siehe da: Ich muss sogar noch fünf Minuten warten. Kurz Umsteigen und eine Stunde später bin ich Eisenach am Bahnhof. Mein Vater hat mir freundlicher Weise angeboten, mich abzuholen. Sehr nett. Vielen Dank an dieser Stelle noch mal dafür! So warte ich und versuche mich an Thor von Wolfgang Hohlbein. Leider muss ich feststellen, dass Hohlbein definitiv nicht mein Autor ist. Eine kleine Überraschung wartet allerdings noch auf mich. Ein Schweitzer, den ich gestern abend getroffen habe, ist auch hier. Wir wechseln noch ein paar Worte und dann fährt auch schon sein Zug. Eine halbe Stunde später werde ich abgeholt und bin endgültig auf dem Heimweg.
Fazit:
Kurz gesagt, ich habe alles falsch gemacht, was man falsch machen kann. Ich zähle das mal auf, um das Ausmaß der Katastrophe zu demonstrieren:
1. In Ermangelung eines Winterschlafsacks habe ich meinen normalen (Komfortemperatur 0°) und einen Aldi-billig Schlafsack mitgenommen. Gut, Nachts habe ich nicht gefroren, hatte aber auch zwei paar Hosen, Pullis und Strümpfe an. Trotzdem: Das passiert mir ganz sicher nicht mehr.
2. 4,5 l Wasser. Hätte ich mit so viel Schnee gerechnet hätte es 1 l locker getan. Zumal mir 1,5 davon auf dem Rücken gefroren sind... Ich hätte ja auch gleich auf die Idee kommen können, die bei erster Gelegenheit zu entsorgen...
3. Ich hatte keine wintertauglichen Klamotten dabei. Den Platz für den zweiten Schlafsack hätte ich mit anderen Klamotten vollstopfen können.
4. Keine Trekking-/Skistöcke dabei. Im Tiefschnee wären die unter Umständen bestimmt hilfreich gewesen. Zumindest hätte man damit die Tiefe halbwegs ertasten können...
5. Die Vorbereitung: Ich war im Winter kaum Joggen und mein Krafttraining hatte ich auch nur auf die Arme und Bauch reduziert (der Sommer sollte ja auch irgendwann kommen ;) ). Ich war kurz gesagt definitiv nicht fit genug.
Alles in allem ist der Rennsteig aber wirklich ein sehr zu empfehlender Wanderweg! Im Sommer bestimmt ziemlich schön, möglicherweise aber überlaufen. Und wer eine richtige Wintertour machen möchte, der braucht gar nicht nach Lappland zu fliegen. Dem empfehle ich den Thüringer Wald ;)
Naja, das Schreiben hat schon ein bisschen gut getan

In diesem Sinne. Einen schönen Abend noch ;)
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