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So, nun schreibe ich hier also auch mal einen Bericht!

Vorgeschichte und Planung
Mein Begleiter und ich hatten die Gegend westlich des Lago Maggiore bei einer Uni-Aktion kennengelernt. Dabei wurde uns gleich klar, dass man hier mal wandern gehen müsste, was wir dann auch vor zwei Jahren umsetzten. Wir durchquerten 2009 fast auf den Tag genau zur selben Zeit den Val Grande Nationalpark auf der klassischen Route von Norden nach Süden, wofür wir uns vier Tage zeitnahmen. Diese tolle Tour hatte uns erst so richtig angefixt, aber letztes Jahr reichte die Zeit einfach nicht für eine Fortsetzung.
So hatten wir uns für dieses Jahr ein größeres Projekt vorgenommen: Eine Alpendurchquerung bis zum Lago Maggiore, entlang seiner damaligen Aktivitäten. Doch schnell wurde klar, dass wir uns wohl übernehmen würden, so dass die Route auf eine Strecke von Airolo nach Locarno verlegt wurde. Doch dann wurde die Zeit knapper, die Strecke wurde umgekehrt, nochmal verlegt und gekürzt...
Am Ende war klar, dass wir im Centovalli / Valle Vigezzo, dem Tal das Locarno und Domodossola verbindet, genau dort starten würden wo es auch ins Val Grande losging. Die Wanderung sollte in vier gemütlichen Tagesetappen (ohne An- und Abreistag) plus einem "Reservetag" von einem Talende zum nächsten entlang der Grenze zwischen Italien (Piedmont) und der Schweiz (Tessin) führen, und im Walserdorf Bosco / Gurin enden.
Es sollte eine Trekkingtour mit möglichst vielen Nächten im Zelt und in Selbstversorgerhütten werden, nicht grade leichtgewichtig geplant, sondern auf Komfort ausgelegt. Wir wollten nicht Strecke machen, sondern oft und gerne rasten und möglichst viel Zeit in der Einsamkeit der Berge verbringen. Dafür waren wir bereit einiges zu schleppen.

Rucksack mit Inhalt
Eine KML-Datei für Google Earth mit dem geplanten und dem tatsächlichen Routenverlauf ist hier verfügbar:
Alpentour Version 3.kml
Das ist kein GPS-Track, sondern wurde mit Hilfe der Topokarten und Höhenangaben in Google Earth eingezeichnet. Das Segment Cimalmotto-Capanna Grossalp-Bosco/Gurin wurde von http://ti-sentieri.ch/ exportiert, einer tollen Seite die alle markierten Wanderwege im Tessin beinhaltet. Man kann durch anklicken auswählen und z.B. zu Google Earth exportieren oder sich Höhenprofile anzeigen lassen. Es gibt sogar die Möglichkeit, sich abgespeicherte Routen anzeigen zu lassen, die das gewählte Wegsegment beinhalten oder Statistiken auszuwerten, wie oft diese Wege für geplante Routen genutzt werden. Toll!
Eine unverzichtbare Quelle für die Routenplanung waren die Schweizer Topokarten, die beispielsweise bei http://map.wanderland.ch frei online verfügbar sind. Auf dieser Seite können sie auch mit sehr gut aufgelösten Luftbildern überblendet werden. Alle hier verwendeten Ortsbezeichnungen sollten dort zu finden sein. Außerdem wurden Tourenberichte von hier und anderen Seiten wie http://www.hikr.org zur Planung verwendet.
Bei der Wanderung hatten wir die 1:50.000 Karte "Valle Antigorio" (275) von Swisstopo dabei. Zusätzlich und als Backup hatten wir uns Ausdrucke in 1:50.000 von map.wanderland.ch einlaminiert, wobei wir auch eine potentiell schwierigere Stelle in 1:25.000 und als Luftbild dabei hatten. Im Nachhinein würde ich die 1:25.000 Karten mitnehmen, aber die "echten" Papierkarten wurden schon gekauft als die Wanderung noch von Airolo nach Locarno gehen sollte.
Tag 1, Donnerstag, 8.9.11, Anreisetag mit Aufstieg zum Riffugio Greppi
Nachdem wir einen Tag bei einem Freund in Zürich verbracht hatten, nahmen wir um acht Uhr einen Zug über den Gotthard nach Locarno. Wir hatten uns aus Zürich ein kleines Brot und ein ebenso kleines Stück Käse mitgenommen welche wir im Zug zweites Frühstück verspeisten. Während am Gotthard noch die Wolken tief in den Bergen hingen, war im Süden die Bewölkung wie angesagt höher und riss auch nach und nach auf, so dass es in Locarno nicht nur Palmen gab, sondern es sich auch das Wetter entsprechend südländisch anfühlte.
Dort stiegen wir in die Centovalli-Bahn nach Santa Maria Maggiore um, die unterhalb des normalen Bahnhofes in einer Art U-Bahnstation losfährt. Die Centovalli-Bahn ist eine schöne Schmalspurbahn, die zunächst U-Bahn-ähnlich Locarno durchquert und sich dann mit einer eindrucksvollen Streckenführung emporwindet um Locarno und Domodossola zu verbinden. Der Zug war gut von vorwiegend älteren Touristen frequentiert. Im unterirdischen Bahnhof in Locarno frage mich eine Dame, ob meine außen am Rucksack befestigte 1,5l Sigg-Flasche eine Sauerstoffflasche wäre, und was wir vorhätten. Ich versicherte, dass wir nur wandern gehen wollten.

Wir erwischten einen der Panoramazüge mit hohen Fenstern und fanden, dass sich die 2€ Zuschlag durchaus lohnten, immer wieder gab es schöne Tiefblicke in die Schluchten, und ab und an spannten sich Seilbahnen auf die südliche Talseite, wo Dörfer liegen die nur auf diese Art oder vielleicht zu Fuß zu erreichen sind.
Um kurz vor eins kamen wir in Santa Maria Maggiore an und machten uns auf zum uns bereits bekannten Carrefour-Supermarkt etwas östlich des Ortes, um unsere Vorräte mit frischen, lokalen Lebensmitteln zu vervollständigen. Überall hingen Fahnen des Piedmonts aus den Fenstern, und wir fürchteten bereits, einen uns unbekannten Feiertag erwischt zu haben! Ein Anwohner klärte uns auf - wir hatten die südländische Mittagspause vergessen, alle Läden waren von ein bis drei Uhr geschlossen! Damit war klar, dass wir die Seilbahn um zwei Uhr nicht erreichen könnten, womit auch keine Chance mehr bestand, noch einen Abstecher auf den Pizzo di Ruggia zu machen.

Wir machten aus der Not eine Tugend und stiegen direkt hinter dem Supermarkt unter der Straßenbrücke zum Fluss hinab, wo wir an einer Stufe ein wenig die Füße in Wasser hielten, lasen und im Schatten in der überraschend großen Hitze dösten. Wir befanden uns immerhin auf über 800m Höhe. Direkt gegenüber auf der anderen Seite des Flusses lag der Campingplatz, den wir vor zwei Jahren benutzt hatten. An seinem kleinen Uferstrand hatten wir bereits vor unserem Aufbruch vor zwei Jahren unser Abendessen gebrutzelt. Wir fassten dies als gutes Vorzeichen auf.

Kurz vor halb drei erreichten wir den Supermarkt, wo schon einige Anwohner auf Einlass warteten. Sehr pünktlich öffnete sich die Tür, man ist halt doch nur grad so in südlichen Gefilden.



Bald waren wir voll bepackt und errreichten die Seilbahnstation von der man auf den lokalen Skihügel "La Cima" hochfahren kann (für 7€ pro Person). Sie fährt nur zur vollen Stunde, und wir waren dann auch die einzigen wartenden Gäste als der Betreiber um vier Uhr aufkreuzte. Schnell ging es auf den Berg, und oben genossen wir einen Joghurt und die neue Aussicht auf die gegenüber liegenden Berge des Val Grande Nationalparks während sich der Monte Rosa in Wolken hüllte.

Skistation über dem Centovalli

Aussicht in das obere Ende des Valle Loana auf der anderen Seite, wo sich die Alpe Scaredi an einem beliebten Einstieg in den Nationalpark Val Grande befindet.
Dann ging es also endlich ans Wandern, wir wollten schließlich noch zum Bivacco Greppi, einer kleinen unbewirtschafteten Hütte oberhalb des Valle Onsernone. Das war zwar keine 4km entfernt, und auch der Aufstieg zum nur 250hm höher gelegenen Pass Bochetta di Munio (1977m) erschien nicht zu schwer. Doch besonders ich hatte zunächst große Probleme in die Gänge zu kommen als wir zunächst über hässliche Skipisten, dann durch lockere Baumgruppen und schließlich über offenes Gelände aufstiegen. Der Rucksack erschien zu schwer (~25kg) und auch die dünne Höhenluft schien mich quälen zu wollen.



Erster Blick ins Valle Onsernone
Das zur Maggia abfallende Tal gehört im oberen Abschnitt kurioserweise zu Italien, während unten bei Spruga die Schweiz beginnt. Die italienischen Almen in der Höhe werden wohl vom Centovalli aus noch mit Vieh bestoßen, aber der tiefer gelegene Talabschnitt soll inzwischen eine ziemliche Wildnis sein. Von der tiefer gelegenen Alpe Canva läuteten auch prompt die Kuhglocken bis zu uns hinauf. Wir bogen um eine Ecke, hinter der auch direkt das Bivacco auftauchte.

Bivacco Greppi, links über dem aufgestauten Weiher wurde das Zelt aufgebaut. Hinten sieht man die Alpe Tenda
Die Hütte ist verschlossen (der Schlüssel ist wohl bei einer Sektion des CAI im Centovalli erhältlich). Sie bietet uns aber sauberes Wasser aus einer Art Viehtränke, die von einer nahegelegenen Quelle gespeist wird, und eine Bank als Sitzgelegenheit. Wir hatten auch nicht mit einer offenen Hütte gerechnet und suchten uns einen schönen Zeltplatz direkt über dem kleinen Weiher im Bild oben.

Nachdem das Zelt aufgebaut war setzten wir uns vor die Hütte und brieten uns zum Couscous die Zucchini. Die Kuhglocken unten verstummten bald, und wir waren uns auch recht sicher, von dort aus nicht gesehen werden zu können. Als Beilage zu unserem leckeren Abendessen genossen wir die Aussicht und Stille auf unserer Aussichtsterrasse über dem Tal.

Von Locarno beleuchtete bizarre Wolken und ein regenbogenfarbiger, immer größer werdender Hof um den aufgehenden Mond erzeugten eine leicht surrealistische Stimmung, die wir wie verzaubert genossen bevor wir in unsere Schlafsäcke krochen.



Tag 2, Freitag, 9.9.11, vom Riffugio Greppi zum Bivacco Campolatte
Die Nacht war etwas unruhig, mein Begleiter hatte schon während wir das Zelt aufbauten bemerkt, dass das Zelt auf etwas schiefem Untergrund stand. Das wir das nicht beim Aufbau bemerkten mag damit zusammenhängen, dass das Allak mit seiner asymetrischen Form einfach aus jeder Perspektive irgendwie schief aussieht!


Sonnenaufgang auf dem Aussichtsbalkon
Um so überraschter waren wir, als wir von der aufgehenden Sonne geweckt wurden und uns ein strahlender, warmer Morgen begrüßte. Auf fast 1900m Höhe maßen wir erstaunliche 10°C im Schatten, und mit der knallenden Sonne war schon kurz nach dem Aufstehen nur noch ein T-Shirt nötig! Ein Hirte kam auf dem Weg an unserem Zeltplatz vorbei. Er wirkte leicht überrascht, aber schnell konnte mein Begleiter, der nur Spanisch sprach, radebrechend ein Gespräch anfangen. Wo wir hinwollten? Zum Bivacco Campolatte, dass er komischerweise nicht kannte... Wir tauschten uns über das Wetter aus, und er bestätigte die uns bekannte Vorhersage, dass es am Sonntag (übermorgen) Gewitter geben sollte, das Wetter bis dahin und danach aber OK bleiben sollte.
Wir frühstückten ausgiebig auf der bekannten Bank vor der Hütte, und auch für eine schnelle Wäsche an der Tränke war es schon mehr als warm genug.
Schnell waren die Rucksäcke gepackt, und wir machten uns auf zur nahen Bocchetta di Ruggia (1990m), zu der es gleich hinter der nächsten Ecke an einem weiteren künstlich angelegten Weiher hochging. Heute war es an meinem Begleiter zu leiden, sein neuer Bach Specialist drückte an der Hüfte, während mein uralter Tatonka Kimberley 60 (3,5kg!) wie angegossen saß. Als die Bocchetta di Ruggia erreichten sahen wir den Hirten wieder, der mit seiner Ziegenherde an der Südostseite des Pizzo Ruggia schon ordentlich Höhe gewonnen hatte.

Bocchetta di Ruggia - die neue Aussicht verlangt nach Kartenstudium
Da es sich um eine Gemeindegrenze handelte, war auf dem Pass ein Viehzaun gespannt um die Ziegen im Valle Onsernone zu halten. Wir wechselten nun auf einen Südwesthang des Valle del Malexxo, dass durch den Skiberg La Cima vom Centovalli abgetrennt wird. Der Monte Rosa und die ihn umgebenden 4000er waren frei von Wolken und wurden ausgiebig bewundert!

Der dominante nahe Gipfel mit den großen Platten ist die Pioda di Crana

Die mehr als 1500m hohen Ostwände des Monte Rosa Massives - in der vollen Auflösung kann man die Hütte auf der Signalkuppe erkennen!
Es ging über erste kleine Geröllfelder, unter den letzten, Schatten spendenden Bäumen hindurch, aber immer etwa auf der selben Höhe weiter.

Bald wurde die Capella San Pantaleone (1992m) erreicht. Hier rastete ein weiterer Ziegenhirte mit seiner Herde, den wir grüßten. Ein dominanter Bock hatte seine Freude daran, auf dem Felsen nahe der Kapelle zu posieren. Ein wenig eingeschüchtert und willens, voran zu kommen verzichteten wir auf ein Gespräch mit dem Hirten.


Imponiergehabe oder Posieren?

Von hier an ging es stetig bergauf, zunächst auf den Sattel des Passo Fontanalba hinauf, der uns wieder in das Valle Onsernone blicken lies. Der Lago Panelatte unterhalb der Pioda di Crana musste zur Trinkwasserversorgung herhalten. Wie hatten auf einen Quellbach gehofft, aber der Teich wurde aus einem Sumpf gespeist. Wir hatten uns eigentlich vorgenommen, nicht aus stehenden Gewässern zu trinken, da wir keinen Filter dabei hatten. Wit machten eine Ausnahme und füllten trotzdem aus dem Abfluss des Sees unsere Flaschen auf und nahmen noch etwa 3l in unserem 4l Ortlieb Wassersack mit, da wir am Bivacco Campolatte nicht mit Wasser rechneten.

Lago Panelatte vor dem Pizzo di Ruggia
Von hier ging es erstmal durch Geröll und Wiesen weiter bergauf bis zum Pass Forchetta di Larecchio (2148m). Ein Blick zurück zeigt das Valle Onsernone und rechts unseren Weg am Südwesthang entlang.

Der Passo die Fontanalba, der das Centovalli mit dem Valle Onsernone (Mitte) verbindet. Wir steigen weiter auf zur Forchetta di Larecchio.
An der Forchetta di Larecchio eröffnete sich ein schöner Blick in das nächste Tal. Unten glitzerten Bäche in der Sonne, die zum Stausee Lago di Larecchio hinabführten. Unterhalb der Wände der Berge links schienen Ströme von Geröll ins Tal zu fließen. Im Hintergrund versteckten sich die Dreitausender um den Monte Leone, die den Simplonpass umgeben in Wolken. In der Senke war eine kleine Kuhherde auszumachen, während links am Pass ein paar Ziegen weideten. Hirten waren nicht auszumachen, heute sollte es bei den zwei Menschen bleiben, die wir bis jetzt getroffen hatten. Da es Mittag war, wurde der Trangia ausgepackt und ein Suppe gekocht und zusammen mit der schönen Aussicht genossen.

Blick zum Lago di Larecchio
Der vor dem See gelegene Grasberg (2126m) zeigte auf der uns zugewandten Seite einige schöne flache Stellen und einige Tümpel und Weiher, die wir gleich als potentielle Zeltplätze für den Notfall vermerkten.

Blick nach rechts
Ein Blick nach rechts zeigte den weiteren Weg zum Bivacco Campolatte, der sich um die Kante des Hanges windet. Der rechte Gipfel des Graskammes in der Mitte ist der 2695m Hohe Pizzo del Forno, unter dem wir eigentlich die übernächste Übernachtung auf der Alpe Lago geplant hatten. Dazwischen befindet sich ein weiterer Höhenzug, den wir laut Plan am Lago Gelato am nächsten Tag überqueren sollten. Da übermorgen Gewitter angesagt waren und das Wetter auch sehr darauf hindeutet, überlegten wir, wie wir die nächsten zwei Etappen einteilen wollten. Für jeden Tag war ein Pass mit fast 2500m Höhe eingeplant (Der am Lago Gelato, und der Paso della Fria). Die warmen Temperaturen - besonders nachts - und die schnell anwachsenden Quellwolken machten deutlich, dass das für Sonntag angesagte Gewitterwetter durchaus schon morgen eintreffen könnte.
Außerdem hatten wir schon bei der Planung den Abstieg vom Bivacco Campolatte in das darunter liegende Tal als "Schlüsselstelle" der Tour ausgemacht. Es schien recht steil durch einige Bachbetten 400hm den Hang hinabzugehen, und im Internet wollte sich, im Gegensatz zu unseren anderen Wegen, einfach kein Tourenbericht zu diesem Abschnitt finden lassen.
Wir beschlossen, diesen Abschnitt noch heute in Angriff zu nehmen und wenn möglich statt im Bivacco Campolatte schon im Riffugio Bonsasson CAI zu übernachten, das im Tal zwischen dem Bivacco und dem Lago Gelato liegt. So erhofften wir uns mehr Optionen für den nächsten Tag, da das Bivacco Campolatte uns zu exponiert erschien, um dort ein Gewitter auszusitzen, und es dort womöglich auch kein Wasser gibt.
Also beendeten wir unseren Schmaus und folgten dem vom Pass leicht nach rechts ansteigenden Weg. Dieser war bedeutend schmaler als unsere bisherigen Pfade. Obwohl er etwa auf einer Höhe blieb, stellte er sich schnell als schwer heraus, denn in den recht steilen Grashängen wäre ein Fehltritt mit unserem Gepäck gefährlich gewesen - unterhalb lauerte nämlich oft kleinere Felswände. Zudem kamen immer wieder kleine Passagen, wo Felsstufen mit Handeinsatz umklettert werden müssen, was meinem Begleiter gar nicht behagte. Ich hatte eher Probleme mit sehr schmalen Grasabschnitten, wo teils der Weg versteckt unter Grasbüscheln weggebrochen war, denn ich war eine Woche vor der Tour böse umgeknickt und mein rechter Knöchel war noch nicht wieder voll bei Kräften. Kleine Geröllfelder kamen immer wieder dazu. Außerdem hatte ich noch die drei Liter Wasser oben in meinem Rucksack, wo sie für das Gleichgewicht sehr ungünstig platziert waren! Schließlich erreichten wir einen Rücken, der uns einen Blick auf das Bivacco und den weiteren Weg freigab.

Biv. Campolatte und der weitere Weg. Der zentrale Berg ist Punta di Pezza Comune (2429m). Das Bivacco befindet sich unterhalb des rechten Endes des Weges knapp im Schatten.
Der Blick auf das Bivacco zeigte den erwarteten Schuppen. (Bilder hier: http://web.tiscali.it/caivigezzo/vigecai36.htm.) Zelten könnte man dort aber sicher, was wir ja ursprünglich auch vorhatten. Das Bivacco sollte uns eigentlich nur als Notunterkunft dienen falls das Wetter unangenehm wäre. Doch der weitere Weg erschien uns mit unserem Gepäck zu schwer. Wir konnten erkennen, dass er an einigen steilen Stellen Felsstufen umquert und danach wieder auf anderen Höhen auftaucht, dann teilweise wieder verschwindet. Auch wird das Gelände nochmal steiler, und wir konnten noch nicht mal den steilen Abstieg sehen! In unserer aktuellen Form und war es uns zu heikel, hier weiter zu gehen, besonders da unserer Reservetag durch die Wetterlage schon "verplant" war. Nach kurzer Diskussion beschlossen wir, den Weg zum Pass zurückzugehen und von dort Richtung Lago die Larecchio abzusteigen, um einen der von oben gesehenen Zeltplätze zu beziehen.
Der Rückweg zeigte klar, dass dies die richtige Entscheidung war. Meine Muskeln waren erschöpft von dem anstrengenden Balancieren mit dem noch recht schweren Rucksack, der Weg zurück erschien nochmals schwerer als der Hinweg. Unser Fazit am Ende des Tages ergab, dass wir uns den Weg im Nachhinein eigentlich zugetraut hätten wenn wir weniger Gepäck dabei gehabt hätten und die schwere Stelle nicht am Ende der Etappe gestanden hätte.
Erleichtert erreichten wir den Pass und fanden kurz unterhalb zur Linken einen Bach, wo wir unseren Wassersack erneut auffüllten. Der Weg wandte sich im Abstieg nach rechts, wo er den kleinen Talkessel berührt in dem die Alpe Camana lag. Wir verließen den Weg und stiegen den Grasberg empor, wo wir eine Landschaft aus verschiedenen kleinen Stufen vorfanden, auf denen entweder kleine Seen oder sumpfige Abschnitte lagen.
Dort diskutierten wir noch eine Weile, welcher Zeltplatz der ebenste wäre. (Inklusive Probeliegen, die vorige Nacht hatte uns misstrausch gemacht.



"Badesee" mit dem Pizzo Campolatte und unserem doppelt gegangenen Weg im Hintergrund

Der Pizzo di Ruggia mit seiner bizarren Scharte, Pioda di Crana in der Mitte. Ganz links der Pass Forcchetta di Larecchia
Keine Menschenseele war seit der Kapelle zu sehen gewesen, doch plötzlich schien unter uns im kleinen Talkessel die Alpe Camana zu leben zu erwachen. Stimmen und Kuhgeläut nährten sich, und wir fragten uns, ob die Hirten dort wohl eine Herde zu uns hinauftreiben wollten. Die bisher im Talgrund grasende Herde war es jedenfalls nicht, diese Kühe zogen völlig unbehelligt der letzten Sonne folgend fast bis zum Pass den gegenüberliegenden Hang hinauf. Uns war es erstmal egal, wir waren uneinsehbar auf unserer kleinen Stufe direkt über dem Talkessel in dem die Alm lag. Etwas demütigend war nur, dass die kleine Ziegenherde vom Pass mittlerweile sorglos den Hang beweidete, an dem wir uns vorhin noch so mühevoll entlanggearbeitet hatten...Die Biester sind dieser Bergwelt einfach perfekt angepasst!

Sonnenuntergang und Essen mit Aussicht, was gibt es schöneres?

Der Mond geht über dem Pizzo di Ruggia auf
Es wurde dunkel, und der Kocher wurde auf der vorher als Zeltplatz in Betracht gezogenen Anhöhe aufgebaut. Es gab Spaghetti mit Pesto, die heute besonders gut taten. Ab und an drangen von unten für kurze Zeit merkwürdige Motorgeräusche empor - hatten die da ein Moped den Berg hochgeschleppt?

(Was meinem Begleiter fast zum Verhängnis wurde, als er auf dem Weg hinunter zum Zelt stolperte und zwischen ein paar Blaubeersträuchern auf den Kopf fiel. Aber nix passiert.

Wir krochen in unserer Zelt, diskutierten noch einmal, ob der Zeltplatz nun schief war oder nicht, zippten unsere Schlafsäcke wieder nicht ganz zu (denn es war warm) und schliefen ein...

[i]Fortsetzung folgt...
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