[IT, CH] Täler in Italien, Täler in der Schweiz - Vom Valle Vigezzo ins Tessin

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    Gerne im Forum
    • 27.01.2010
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    [IT, CH] Täler in Italien, Täler in der Schweiz - Vom Valle Vigezzo ins Tessin

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    So, nun schreibe ich hier also auch mal einen Bericht! Es soll um eine einwöchige Trekkingtour gehen, die ich in diesem September im Grenzbereich zwischen Italien und der Schweiz nordöstlich von Domodossola unternommen habe.


    Vorgeschichte und Planung

    Mein Begleiter und ich hatten die Gegend westlich des Lago Maggiore bei einer Uni-Aktion kennengelernt. Dabei wurde uns gleich klar, dass man hier mal wandern gehen müsste, was wir dann auch vor zwei Jahren umsetzten. Wir durchquerten 2009 fast auf den Tag genau zur selben Zeit den Val Grande Nationalpark auf der klassischen Route von Norden nach Süden, wofür wir uns vier Tage zeitnahmen. Diese tolle Tour hatte uns erst so richtig angefixt, aber letztes Jahr reichte die Zeit einfach nicht für eine Fortsetzung.
    So hatten wir uns für dieses Jahr ein größeres Projekt vorgenommen: Eine Alpendurchquerung bis zum Lago Maggiore, entlang seiner damaligen Aktivitäten. Doch schnell wurde klar, dass wir uns wohl übernehmen würden, so dass die Route auf eine Strecke von Airolo nach Locarno verlegt wurde. Doch dann wurde die Zeit knapper, die Strecke wurde umgekehrt, nochmal verlegt und gekürzt...

    Am Ende war klar, dass wir im Centovalli / Valle Vigezzo, dem Tal das Locarno und Domodossola verbindet, genau dort starten würden wo es auch ins Val Grande losging. Die Wanderung sollte in vier gemütlichen Tagesetappen (ohne An- und Abreistag) plus einem "Reservetag" von einem Talende zum nächsten entlang der Grenze zwischen Italien (Piedmont) und der Schweiz (Tessin) führen, und im Walserdorf Bosco / Gurin enden.

    Es sollte eine Trekkingtour mit möglichst vielen Nächten im Zelt und in Selbstversorgerhütten werden, nicht grade leichtgewichtig geplant, sondern auf Komfort ausgelegt. Wir wollten nicht Strecke machen, sondern oft und gerne rasten und möglichst viel Zeit in der Einsamkeit der Berge verbringen. Dafür waren wir bereit einiges zu schleppen.



    Rucksack mit Inhalt


    Eine KML-Datei für Google Earth mit dem geplanten und dem tatsächlichen Routenverlauf ist hier verfügbar:
    Alpentour Version 3.kml

    Das ist kein GPS-Track, sondern wurde mit Hilfe der Topokarten und Höhenangaben in Google Earth eingezeichnet. Das Segment Cimalmotto-Capanna Grossalp-Bosco/Gurin wurde von http://ti-sentieri.ch/ exportiert, einer tollen Seite die alle markierten Wanderwege im Tessin beinhaltet. Man kann durch anklicken auswählen und z.B. zu Google Earth exportieren oder sich Höhenprofile anzeigen lassen. Es gibt sogar die Möglichkeit, sich abgespeicherte Routen anzeigen zu lassen, die das gewählte Wegsegment beinhalten oder Statistiken auszuwerten, wie oft diese Wege für geplante Routen genutzt werden. Toll!

    Eine unverzichtbare Quelle für die Routenplanung waren die Schweizer Topokarten, die beispielsweise bei http://map.wanderland.ch frei online verfügbar sind. Auf dieser Seite können sie auch mit sehr gut aufgelösten Luftbildern überblendet werden. Alle hier verwendeten Ortsbezeichnungen sollten dort zu finden sein. Außerdem wurden Tourenberichte von hier und anderen Seiten wie http://www.hikr.org zur Planung verwendet.

    Bei der Wanderung hatten wir die 1:50.000 Karte "Valle Antigorio" (275) von Swisstopo dabei. Zusätzlich und als Backup hatten wir uns Ausdrucke in 1:50.000 von map.wanderland.ch einlaminiert, wobei wir auch eine potentiell schwierigere Stelle in 1:25.000 und als Luftbild dabei hatten. Im Nachhinein würde ich die 1:25.000 Karten mitnehmen, aber die "echten" Papierkarten wurden schon gekauft als die Wanderung noch von Airolo nach Locarno gehen sollte.



    Tag 1, Donnerstag, 8.9.11, Anreisetag mit Aufstieg zum Riffugio Greppi

    Nachdem wir einen Tag bei einem Freund in Zürich verbracht hatten, nahmen wir um acht Uhr einen Zug über den Gotthard nach Locarno. Wir hatten uns aus Zürich ein kleines Brot und ein ebenso kleines Stück Käse mitgenommen welche wir im Zug zweites Frühstück verspeisten. Während am Gotthard noch die Wolken tief in den Bergen hingen, war im Süden die Bewölkung wie angesagt höher und riss auch nach und nach auf, so dass es in Locarno nicht nur Palmen gab, sondern es sich auch das Wetter entsprechend südländisch anfühlte.

    Dort stiegen wir in die Centovalli-Bahn nach Santa Maria Maggiore um, die unterhalb des normalen Bahnhofes in einer Art U-Bahnstation losfährt. Die Centovalli-Bahn ist eine schöne Schmalspurbahn, die zunächst U-Bahn-ähnlich Locarno durchquert und sich dann mit einer eindrucksvollen Streckenführung emporwindet um Locarno und Domodossola zu verbinden. Der Zug war gut von vorwiegend älteren Touristen frequentiert. Im unterirdischen Bahnhof in Locarno frage mich eine Dame, ob meine außen am Rucksack befestigte 1,5l Sigg-Flasche eine Sauerstoffflasche wäre, und was wir vorhätten. Ich versicherte, dass wir nur wandern gehen wollten.

    Wir erwischten einen der Panoramazüge mit hohen Fenstern und fanden, dass sich die 2€ Zuschlag durchaus lohnten, immer wieder gab es schöne Tiefblicke in die Schluchten, und ab und an spannten sich Seilbahnen auf die südliche Talseite, wo Dörfer liegen die nur auf diese Art oder vielleicht zu Fuß zu erreichen sind.

    Um kurz vor eins kamen wir in Santa Maria Maggiore an und machten uns auf zum uns bereits bekannten Carrefour-Supermarkt etwas östlich des Ortes, um unsere Vorräte mit frischen, lokalen Lebensmitteln zu vervollständigen. Überall hingen Fahnen des Piedmonts aus den Fenstern, und wir fürchteten bereits, einen uns unbekannten Feiertag erwischt zu haben! Ein Anwohner klärte uns auf - wir hatten die südländische Mittagspause vergessen, alle Läden waren von ein bis drei Uhr geschlossen! Damit war klar, dass wir die Seilbahn um zwei Uhr nicht erreichen könnten, womit auch keine Chance mehr bestand, noch einen Abstecher auf den Pizzo di Ruggia zu machen.

    Wir machten aus der Not eine Tugend und stiegen direkt hinter dem Supermarkt unter der Straßenbrücke zum Fluss hinab, wo wir an einer Stufe ein wenig die Füße in Wasser hielten, lasen und im Schatten in der überraschend großen Hitze dösten. Wir befanden uns immerhin auf über 800m Höhe. Direkt gegenüber auf der anderen Seite des Flusses lag der Campingplatz, den wir vor zwei Jahren benutzt hatten. An seinem kleinen Uferstrand hatten wir bereits vor unserem Aufbruch vor zwei Jahren unser Abendessen gebrutzelt. Wir fassten dies als gutes Vorzeichen auf.

    Kurz vor halb drei erreichten wir den Supermarkt, wo schon einige Anwohner auf Einlass warteten. Sehr pünktlich öffnete sich die Tür, man ist halt doch nur grad so in südlichen Gefilden. Wir bestätigten die Regel, dass man nicht auf leeren Magen einkaufen gehen sollte und langten ordentlich zu! Unter anderem wanderten ein Brot, 6 Tomaten, 6 Birnen, 2 Pfirsiche und sogar eine Zucchini in die eh schon zu schweren Rucksäcke. Vollends verloren wir die Kontrolle, als wir eine Kühltruhe mit lokalen Wurst- und Käsewaren fanden. Zwei leckere Salamis und ein 1kg (!) schweres Stück vom lokalen Hartkäse mussten mit!

    Bald waren wir voll bepackt und errreichten die Seilbahnstation von der man auf den lokalen Skihügel "La Cima" hochfahren kann (für 7€ pro Person). Sie fährt nur zur vollen Stunde, und wir waren dann auch die einzigen wartenden Gäste als der Betreiber um vier Uhr aufkreuzte. Schnell ging es auf den Berg, und oben genossen wir einen Joghurt und die neue Aussicht auf die gegenüber liegenden Berge des Val Grande Nationalparks während sich der Monte Rosa in Wolken hüllte.



    Skistation über dem Centovalli


    Aussicht in das obere Ende des Valle Loana auf der anderen Seite, wo sich die Alpe Scaredi an einem beliebten Einstieg in den Nationalpark Val Grande befindet.


    Dann ging es also endlich ans Wandern, wir wollten schließlich noch zum Bivacco Greppi, einer kleinen unbewirtschafteten Hütte oberhalb des Valle Onsernone. Das war zwar keine 4km entfernt, und auch der Aufstieg zum nur 250hm höher gelegenen Pass Bochetta di Munio (1977m) erschien nicht zu schwer. Doch besonders ich hatte zunächst große Probleme in die Gänge zu kommen als wir zunächst über hässliche Skipisten, dann durch lockere Baumgruppen und schließlich über offenes Gelände aufstiegen. Der Rucksack erschien zu schwer (~25kg) und auch die dünne Höhenluft schien mich quälen zu wollen. Doch bald war der Aufstieg bewältigt und das Valle Onsernone lag vor uns.





    Erster Blick ins Valle Onsernone


    Das zur Maggia abfallende Tal gehört im oberen Abschnitt kurioserweise zu Italien, während unten bei Spruga die Schweiz beginnt. Die italienischen Almen in der Höhe werden wohl vom Centovalli aus noch mit Vieh bestoßen, aber der tiefer gelegene Talabschnitt soll inzwischen eine ziemliche Wildnis sein. Von der tiefer gelegenen Alpe Canva läuteten auch prompt die Kuhglocken bis zu uns hinauf. Wir bogen um eine Ecke, hinter der auch direkt das Bivacco auftauchte.



    Bivacco Greppi, links über dem aufgestauten Weiher wurde das Zelt aufgebaut. Hinten sieht man die Alpe Tenda


    Die Hütte ist verschlossen (der Schlüssel ist wohl bei einer Sektion des CAI im Centovalli erhältlich). Sie bietet uns aber sauberes Wasser aus einer Art Viehtränke, die von einer nahegelegenen Quelle gespeist wird, und eine Bank als Sitzgelegenheit. Wir hatten auch nicht mit einer offenen Hütte gerechnet und suchten uns einen schönen Zeltplatz direkt über dem kleinen Weiher im Bild oben.





    Nachdem das Zelt aufgebaut war setzten wir uns vor die Hütte und brieten uns zum Couscous die Zucchini. Die Kuhglocken unten verstummten bald, und wir waren uns auch recht sicher, von dort aus nicht gesehen werden zu können. Als Beilage zu unserem leckeren Abendessen genossen wir die Aussicht und Stille auf unserer Aussichtsterrasse über dem Tal.





    Von Locarno beleuchtete bizarre Wolken und ein regenbogenfarbiger, immer größer werdender Hof um den aufgehenden Mond erzeugten eine leicht surrealistische Stimmung, die wir wie verzaubert genossen bevor wir in unsere Schlafsäcke krochen.








    Tag 2, Freitag, 9.9.11, vom Riffugio Greppi zum Bivacco Campolatte

    Die Nacht war etwas unruhig, mein Begleiter hatte schon während wir das Zelt aufbauten bemerkt, dass das Zelt auf etwas schiefem Untergrund stand. Das wir das nicht beim Aufbau bemerkten mag damit zusammenhängen, dass das Allak mit seiner asymetrischen Form einfach aus jeder Perspektive irgendwie schief aussieht! In der Nacht irritierten uns immer wieder merkwürdige Winde: Mal rüttelte es ganz plötzlich von links am Zelt, hörte ebenso plötzlich wieder auf, dann eine Böhe von rechts, die ebenso plötzlich stoppte, und so weiter! Ich war schon mehrmal kurz davor, mitten in der Nacht aufzustehen und die Abspannungen des Zeltes zu überprüfen, aber die Böhen oder Fallwinde kamen und gingen immer so plötzlich, dass ich doch immmer gleich wieder einschlief...



    Sonnenaufgang auf dem Aussichtsbalkon


    Um so überraschter waren wir, als wir von der aufgehenden Sonne geweckt wurden und uns ein strahlender, warmer Morgen begrüßte. Auf fast 1900m Höhe maßen wir erstaunliche 10°C im Schatten, und mit der knallenden Sonne war schon kurz nach dem Aufstehen nur noch ein T-Shirt nötig! Ein Hirte kam auf dem Weg an unserem Zeltplatz vorbei. Er wirkte leicht überrascht, aber schnell konnte mein Begleiter, der nur Spanisch sprach, radebrechend ein Gespräch anfangen. Wo wir hinwollten? Zum Bivacco Campolatte, dass er komischerweise nicht kannte... Wir tauschten uns über das Wetter aus, und er bestätigte die uns bekannte Vorhersage, dass es am Sonntag (übermorgen) Gewitter geben sollte, das Wetter bis dahin und danach aber OK bleiben sollte.
    Wir frühstückten ausgiebig auf der bekannten Bank vor der Hütte, und auch für eine schnelle Wäsche an der Tränke war es schon mehr als warm genug.

    Schnell waren die Rucksäcke gepackt, und wir machten uns auf zur nahen Bocchetta di Ruggia (1990m), zu der es gleich hinter der nächsten Ecke an einem weiteren künstlich angelegten Weiher hochging. Heute war es an meinem Begleiter zu leiden, sein neuer Bach Specialist drückte an der Hüfte, während mein uralter Tatonka Kimberley 60 (3,5kg!) wie angegossen saß. Als die Bocchetta di Ruggia erreichten sahen wir den Hirten wieder, der mit seiner Ziegenherde an der Südostseite des Pizzo Ruggia schon ordentlich Höhe gewonnen hatte.



    Bocchetta di Ruggia - die neue Aussicht verlangt nach Kartenstudium


    Da es sich um eine Gemeindegrenze handelte, war auf dem Pass ein Viehzaun gespannt um die Ziegen im Valle Onsernone zu halten. Wir wechselten nun auf einen Südwesthang des Valle del Malexxo, dass durch den Skiberg La Cima vom Centovalli abgetrennt wird. Der Monte Rosa und die ihn umgebenden 4000er waren frei von Wolken und wurden ausgiebig bewundert!



    Der dominante nahe Gipfel mit den großen Platten ist die Pioda di Crana


    Die mehr als 1500m hohen Ostwände des Monte Rosa Massives - in der vollen Auflösung kann man die Hütte auf der Signalkuppe erkennen!


    Es ging über erste kleine Geröllfelder, unter den letzten, Schatten spendenden Bäumen hindurch, aber immer etwa auf der selben Höhe weiter.





    Bald wurde die Capella San Pantaleone (1992m) erreicht. Hier rastete ein weiterer Ziegenhirte mit seiner Herde, den wir grüßten. Ein dominanter Bock hatte seine Freude daran, auf dem Felsen nahe der Kapelle zu posieren. Ein wenig eingeschüchtert und willens, voran zu kommen verzichteten wir auf ein Gespräch mit dem Hirten.



    Imponiergehabe oder Posieren?


    Von hier an ging es stetig bergauf, zunächst auf den Sattel des Passo Fontanalba hinauf, der uns wieder in das Valle Onsernone blicken lies. Der Lago Panelatte unterhalb der Pioda di Crana musste zur Trinkwasserversorgung herhalten. Wie hatten auf einen Quellbach gehofft, aber der Teich wurde aus einem Sumpf gespeist. Wir hatten uns eigentlich vorgenommen, nicht aus stehenden Gewässern zu trinken, da wir keinen Filter dabei hatten. Wit machten eine Ausnahme und füllten trotzdem aus dem Abfluss des Sees unsere Flaschen auf und nahmen noch etwa 3l in unserem 4l Ortlieb Wassersack mit, da wir am Bivacco Campolatte nicht mit Wasser rechneten.



    Lago Panelatte vor dem Pizzo di Ruggia


    Von hier ging es erstmal durch Geröll und Wiesen weiter bergauf bis zum Pass Forchetta di Larecchio (2148m). Ein Blick zurück zeigt das Valle Onsernone und rechts unseren Weg am Südwesthang entlang.



    Der Passo die Fontanalba, der das Centovalli mit dem Valle Onsernone (Mitte) verbindet. Wir steigen weiter auf zur Forchetta di Larecchio.


    An der Forchetta di Larecchio eröffnete sich ein schöner Blick in das nächste Tal. Unten glitzerten Bäche in der Sonne, die zum Stausee Lago di Larecchio hinabführten. Unterhalb der Wände der Berge links schienen Ströme von Geröll ins Tal zu fließen. Im Hintergrund versteckten sich die Dreitausender um den Monte Leone, die den Simplonpass umgeben in Wolken. In der Senke war eine kleine Kuhherde auszumachen, während links am Pass ein paar Ziegen weideten. Hirten waren nicht auszumachen, heute sollte es bei den zwei Menschen bleiben, die wir bis jetzt getroffen hatten. Da es Mittag war, wurde der Trangia ausgepackt und ein Suppe gekocht und zusammen mit der schönen Aussicht genossen.



    Blick zum Lago di Larecchio


    Der vor dem See gelegene Grasberg (2126m) zeigte auf der uns zugewandten Seite einige schöne flache Stellen und einige Tümpel und Weiher, die wir gleich als potentielle Zeltplätze für den Notfall vermerkten.



    Blick nach rechts


    Ein Blick nach rechts zeigte den weiteren Weg zum Bivacco Campolatte, der sich um die Kante des Hanges windet. Der rechte Gipfel des Graskammes in der Mitte ist der 2695m Hohe Pizzo del Forno, unter dem wir eigentlich die übernächste Übernachtung auf der Alpe Lago geplant hatten. Dazwischen befindet sich ein weiterer Höhenzug, den wir laut Plan am Lago Gelato am nächsten Tag überqueren sollten. Da übermorgen Gewitter angesagt waren und das Wetter auch sehr darauf hindeutet, überlegten wir, wie wir die nächsten zwei Etappen einteilen wollten. Für jeden Tag war ein Pass mit fast 2500m Höhe eingeplant (Der am Lago Gelato, und der Paso della Fria). Die warmen Temperaturen - besonders nachts - und die schnell anwachsenden Quellwolken machten deutlich, dass das für Sonntag angesagte Gewitterwetter durchaus schon morgen eintreffen könnte.
    Außerdem hatten wir schon bei der Planung den Abstieg vom Bivacco Campolatte in das darunter liegende Tal als "Schlüsselstelle" der Tour ausgemacht. Es schien recht steil durch einige Bachbetten 400hm den Hang hinabzugehen, und im Internet wollte sich, im Gegensatz zu unseren anderen Wegen, einfach kein Tourenbericht zu diesem Abschnitt finden lassen.
    Wir beschlossen, diesen Abschnitt noch heute in Angriff zu nehmen und wenn möglich statt im Bivacco Campolatte schon im Riffugio Bonsasson CAI zu übernachten, das im Tal zwischen dem Bivacco und dem Lago Gelato liegt. So erhofften wir uns mehr Optionen für den nächsten Tag, da das Bivacco Campolatte uns zu exponiert erschien, um dort ein Gewitter auszusitzen, und es dort womöglich auch kein Wasser gibt.

    Also beendeten wir unseren Schmaus und folgten dem vom Pass leicht nach rechts ansteigenden Weg. Dieser war bedeutend schmaler als unsere bisherigen Pfade. Obwohl er etwa auf einer Höhe blieb, stellte er sich schnell als schwer heraus, denn in den recht steilen Grashängen wäre ein Fehltritt mit unserem Gepäck gefährlich gewesen - unterhalb lauerte nämlich oft kleinere Felswände. Zudem kamen immer wieder kleine Passagen, wo Felsstufen mit Handeinsatz umklettert werden müssen, was meinem Begleiter gar nicht behagte. Ich hatte eher Probleme mit sehr schmalen Grasabschnitten, wo teils der Weg versteckt unter Grasbüscheln weggebrochen war, denn ich war eine Woche vor der Tour böse umgeknickt und mein rechter Knöchel war noch nicht wieder voll bei Kräften. Kleine Geröllfelder kamen immer wieder dazu. Außerdem hatte ich noch die drei Liter Wasser oben in meinem Rucksack, wo sie für das Gleichgewicht sehr ungünstig platziert waren! Schließlich erreichten wir einen Rücken, der uns einen Blick auf das Bivacco und den weiteren Weg freigab.



    Biv. Campolatte und der weitere Weg. Der zentrale Berg ist Punta di Pezza Comune (2429m). Das Bivacco befindet sich unterhalb des rechten Endes des Weges knapp im Schatten.


    Der Blick auf das Bivacco zeigte den erwarteten Schuppen. (Bilder hier: http://web.tiscali.it/caivigezzo/vigecai36.htm.) Zelten könnte man dort aber sicher, was wir ja ursprünglich auch vorhatten. Das Bivacco sollte uns eigentlich nur als Notunterkunft dienen falls das Wetter unangenehm wäre. Doch der weitere Weg erschien uns mit unserem Gepäck zu schwer. Wir konnten erkennen, dass er an einigen steilen Stellen Felsstufen umquert und danach wieder auf anderen Höhen auftaucht, dann teilweise wieder verschwindet. Auch wird das Gelände nochmal steiler, und wir konnten noch nicht mal den steilen Abstieg sehen! In unserer aktuellen Form und war es uns zu heikel, hier weiter zu gehen, besonders da unserer Reservetag durch die Wetterlage schon "verplant" war. Nach kurzer Diskussion beschlossen wir, den Weg zum Pass zurückzugehen und von dort Richtung Lago die Larecchio abzusteigen, um einen der von oben gesehenen Zeltplätze zu beziehen.
    Der Rückweg zeigte klar, dass dies die richtige Entscheidung war. Meine Muskeln waren erschöpft von dem anstrengenden Balancieren mit dem noch recht schweren Rucksack, der Weg zurück erschien nochmals schwerer als der Hinweg. Unser Fazit am Ende des Tages ergab, dass wir uns den Weg im Nachhinein eigentlich zugetraut hätten wenn wir weniger Gepäck dabei gehabt hätten und die schwere Stelle nicht am Ende der Etappe gestanden hätte.

    Erleichtert erreichten wir den Pass und fanden kurz unterhalb zur Linken einen Bach, wo wir unseren Wassersack erneut auffüllten. Der Weg wandte sich im Abstieg nach rechts, wo er den kleinen Talkessel berührt in dem die Alpe Camana lag. Wir verließen den Weg und stiegen den Grasberg empor, wo wir eine Landschaft aus verschiedenen kleinen Stufen vorfanden, auf denen entweder kleine Seen oder sumpfige Abschnitte lagen.
    Dort diskutierten wir noch eine Weile, welcher Zeltplatz der ebenste wäre. (Inklusive Probeliegen, die vorige Nacht hatte uns misstrausch gemacht. ) Ich legte ein Veto gegen einen Platz auf einer wirklich schönen kleinen Spitze direkt über dem Talkessel ein (zu exponiert, die Winde der letzten Nacht waren noch frisch in Erinnerung) und der nächstbeste Platz wurde genommen. Dafür genehmigte sich mein Begleiter erst einmal ein Bad im nächstgelegenen Teich, der sehr flach aber absolut klar war, obwohl überall Kuhfladen herumlagen.



    "Badesee" mit dem Pizzo Campolatte und unserem doppelt gegangenen Weg im Hintergrund


    Der Pizzo di Ruggia mit seiner bizarren Scharte, Pioda di Crana in der Mitte. Ganz links der Pass Forcchetta di Larecchia


    Keine Menschenseele war seit der Kapelle zu sehen gewesen, doch plötzlich schien unter uns im kleinen Talkessel die Alpe Camana zu leben zu erwachen. Stimmen und Kuhgeläut nährten sich, und wir fragten uns, ob die Hirten dort wohl eine Herde zu uns hinauftreiben wollten. Die bisher im Talgrund grasende Herde war es jedenfalls nicht, diese Kühe zogen völlig unbehelligt der letzten Sonne folgend fast bis zum Pass den gegenüberliegenden Hang hinauf. Uns war es erstmal egal, wir waren uneinsehbar auf unserer kleinen Stufe direkt über dem Talkessel in dem die Alm lag. Etwas demütigend war nur, dass die kleine Ziegenherde vom Pass mittlerweile sorglos den Hang beweidete, an dem wir uns vorhin noch so mühevoll entlanggearbeitet hatten...Die Biester sind dieser Bergwelt einfach perfekt angepasst!



    Sonnenuntergang und Essen mit Aussicht, was gibt es schöneres?


    Der Mond geht über dem Pizzo di Ruggia auf

    Es wurde dunkel, und der Kocher wurde auf der vorher als Zeltplatz in Betracht gezogenen Anhöhe aufgebaut. Es gab Spaghetti mit Pesto, die heute besonders gut taten. Ab und an drangen von unten für kurze Zeit merkwürdige Motorgeräusche empor - hatten die da ein Moped den Berg hochgeschleppt? Eine Kettensäge war es jedenfalls nicht. Doch mit Einbruch der Dunkelheit legte sich das Läuten der Kuhglocken, die neuen Kühe blieben unten und auf der Alpe genauso wie oben bei uns wurde scheinbar die vollkommene Ruhe des Abends genossen, kein einziges elektrisches Licht war zu sehen...
    (Was meinem Begleiter fast zum Verhängnis wurde, als er auf dem Weg hinunter zum Zelt stolperte und zwischen ein paar Blaubeersträuchern auf den Kopf fiel. Aber nix passiert. )
    Wir krochen in unserer Zelt, diskutierten noch einmal, ob der Zeltplatz nun schief war oder nicht, zippten unsere Schlafsäcke wieder nicht ganz zu (denn es war warm) und schliefen ein...


    [i]Fortsetzung folgt...
    Link zu Teil 2
    Link zu Teil 3
    Link zu Teil 4
    Zuletzt geändert von Lexif; 02.01.2012, 20:37. Grund: KML-Datei als Forumsanhang statt als URL eingefügt
    Felix

  • Lexif
    Gerne im Forum
    • 27.01.2010
    • 52
    • Privat

    • Meine Reisen

    #2
    AW: Täler in Italien, Täler in der Schweiz - Trek vom Valle Vigezzo ins Tessin

    Ähm, ich habe die Ländertags vergessen uns scheine nur den Post-Titel bearbeiten zu können, aber nicht den Threadtitel. Wenn das bitte einer der Mods ändern könnte? Wenn das erledigt ist, dann dürft ihr auch gerne diesen Beitrag löschen. Danke!
    Felix

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    • uli.g.
      Freak
      Liebt das Forum
      • 16.02.2009
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      #3
      AW: Täler in Italien, Täler in der Schweiz - Trek vom Valle Vigezzo ins Tessin

      Hi Lexif,

      Vielen Dank für den Bericht!

      Könntest Du das Photo in´s Valle Loana im Vollbildmodus (heisst das so?) verlinken? Ich würde den Weg zur Alpe Scaredi und auf den Cima della Laurasca aus Deiner Perspektive gern nochmal anschauen .

      Im Voraus Danke!

      Und damit zurück an die Mods wegen der Vertaggung
      Zuletzt geändert von uli.g.; 06.10.2011, 06:51.
      "... „After twenty years he still grieves“ Jerry Jeff Walkers +23.10.2020"

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      • Atze1407
        Fuchs
        • 02.07.2009
        • 2425
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        #4
        AW: Täler in Italien, Täler in der Schweiz - Trek vom Valle Vigezzo ins Tessin

        Feine Lektüre zum Frühstück, freu mich schon auf die Fortsetzung.

        LG
        Atze1407
        Wenn du den Charakter eines Menschen kennenlernen willst, gib ihm Macht.
        Abraham Lincoln

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        • Gast-Avatar

          #5
          AW: [IT/CH] Täler in Italien, Täler in der Schweiz - vom Valle Vigezzo ins Tessi

          Danke für Deinen Bericht. Im Tessin bin ich früher auch oft gewesen.

          Zitat von Lexif Beitrag anzeigen

          Die mehr als 1500m hohen Ostwände des Monte Rosa Massives - in der vollen Auflösung kann man die Hütte auf der Signalkuppe erkennen!
          So sieht die Signalkuppe also von ganz unten aus. Ich kenne nur den Blick von oben.

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          • Lotta
            Dauerbesucher
            • 17.12.2007
            • 929

            • Meine Reisen

            #6
            AW: Täler in Italien, Täler in der Schweiz - Trek vom Valle Vigezzo ins Tessin

            Gefällt mir sehr gut bis jetzt. Schnell weiterschreiben bitte!!!

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            • lina
              Freak

              Vorstand
              Liebt das Forum
              • 12.07.2008
              • 44462
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              • Meine Reisen

              #7
              AW: Täler in Italien, Täler in der Schweiz - Trek vom Valle Vigezzo ins Tessin

              Schön! Vielen Dank!
              Noch so ein Ort, wo man auch mal wieder hin müsste!
              Bitte schnell weiterschreiben!

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              • Flachlandtiroler
                Freak
                Moderator
                Liebt das Forum
                • 14.03.2003
                • 30289
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                • Meine Reisen

                #8
                AW: [IT/CH] Täler in Italien, Täler in der Schweiz - vom Valle Vigezzo ins Tessi

                Zitat von chrischian Beitrag anzeigen
                So sieht die Signalkuppe also von ganz unten aus. Ich kenne nur den Blick von oben.
                Naja "ganz unten" ist wohl, wenn man auf der Fahrt durch die Poebene mal rüberschaut... ich krame das entsprechende Foto gerne mal 'raus.

                Gruß, Martin
                Meine Reisen (Karte)

                Kommentar


                • Gast-Avatar

                  #9
                  AW: [IT/CH] Täler in Italien, Täler in der Schweiz - vom Valle Vigezzo ins Tessi

                  Zitat von Flachlandtiroler Beitrag anzeigen
                  Naja "ganz unten" ist wohl, wenn man auf der Fahrt durch die Poebene mal rüberschaut... ich krame das entsprechende Foto gerne mal 'raus.
                  Deshalb war ganz auch kursiv. Sieht man aber schlecht. Ja, krame das Foto aus der der Poebene mal bitte raus.

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                  • Dogeared
                    Erfahren
                    • 22.05.2009
                    • 306
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: Täler in Italien, Täler in der Schweiz - Trek vom Valle Vigezzo ins Tessin

                    Eine wirklich schöne Tour und tolle Bilder!
                    Bin gespannt wie es weiter geht!
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                    • Lexif
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                      • 27.01.2010
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                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: [IT/CH] Täler in Italien, Täler in der Schweiz - vom Valle Vigezzo ins Tessi

                      Danke für die netten Kommentare!

                      Zitat von uli.g. Beitrag anzeigen
                      Könntest Du das Photo in´s Valle Loana im Vollbildmodus (heisst das so?) verlinken? Ich würde den Weg zur Alpe Scaredi und auf den Cima della Laurasca aus Deiner Perspektive gern nochmal anschauen .
                      Ich hab mal das Bild und noch einweiteres in voller Auflösung in die Galerie hochgeladen! (Einfach auf die Thumbnails klicken.)

                      Die Alpe Scaredi versteckt sich grad so hinter der Ecke, aber der Weg dorthin ist gut sichtbar.


                      Zitat von chrischian Beitrag anzeigen
                      Deshalb war ganz auch kursiv. Sieht man aber schlecht. Ja, krame das Foto aus der der Poebene mal bitte raus.
                      Ich bevorzuge die Formulierung "auf halber Höhe". Und die Ansicht aus der Poebene würde mich auch interessieren!
                      Zuletzt geändert von Lexif; 06.10.2011, 19:44. Grund: Hinweis auf Fotolinks hinzugefügt
                      Felix

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                      • Lexif
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                        • 27.01.2010
                        • 52
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                        #12
                        AW: Täler in Italien, Täler in der Schweiz - Trek vom Valle Vigezzo ins Tessin

                        Teil 2

                        Tag 3, Samstag, 10.9.11, über den Lago di Larecchio durchs Tal zum Bivacco Adriano Sironi CAI


                        Als wir nach eine unglaublich ruhigen Nacht aus dem Zelt krochen war alles mit dicken Tautropfen bedeckt, während die Wolken von der Schweizer Seite her über die Berge krochen und malerisch die Hänge hinunterflossen.





                        Das Wetter sah doch sehr instabil aus, und in den Tälern lag recht dichter Dunst. Die Berge um den Lago Gelato waren in Wolken gehüllt. Eigentlich wollten wir heute ins Tal absteigen und nach Norden zum Riffugio Bonasson wieder aufsteigen. (Das Rif. Bonasson ist eine unbewirtschaftete Hütte des CAI, die wohl meist offen stehen soll und an der es auch Wasser gibt.) Von dort wäre der Weg am nächsten Tag über den Lago Gelato zur Alpe Lago mit dem Biv. A. Sironi weitergegangen. Doch schnell wurde uns klar, dass wir uns gestern verkalkuliert hatten! Unser Ruhetag wäre weg, wenn wir im Riffugio Bonasson übernachtet hätten. Wollten wir unseren Reservetag behalten, mussten wir heute zur Alpe Lago weiter. Also beschlossen wir, statt im Tal nach Norden aufzusteigen nach Westen weiter abzusteigen, in das nächste Tal zu gelangen und von dort direkt zur Alpe Lago aufzusteigen.

                        Erst nach zehn Uhr hatten wir unsere Planung und das Frühstück abgeschlossen, alles eingepackt und marschierten los. Schnell trafen wir in der Senke auf den Weg vom Pass zum Lago di Larecchio. Bald kamen wir zur Baumgrenze hinab und umrundeten den Buckel, auf dessen Ostseite wir gezeltet hatten. Überall waren Spuren von Kühen und der Weg war reichlich matschig und ging bald recht zügig bergab. Oberhalb des Sees erreichten wir die Ruinen einer Seilbahnstation, die vermutlich das Baumaterial für den Staudamm befördert hatte. Von dort ging es steil bergab zur Staumauer, wo ein Häuschen stand das offensichtlich mit dem Damm zu tun hatte. Ein Mann lies sich blicken, verschwand aber schnell wieder ins Haus. Der Weg in Richtung Domodossola zweigt hier ab und führt über die Staumauer und weiter über einen kleinen Pass. Auf diesem Weg erreicht wahrscheinlich auch das erstaunlich geländegängige Vieh von gestern die hohen Weiden. Wir stiegen jedoch weiter das Tal hinab. Etwas merkwürdiges passierte mit dem Weg - plötzlich wurde er durch eine Art Straße ersetzt, die aus groben Steinen und Schutt bestand und steil den Hang hinabführte. Nur dass der Weg keine Straße sein konnte, dazu war alles zu steil und unbefahrbar uneben. Das sah in der Karte aber anders aus!





                        Unterhalb des Damms lag eine kleine Schlucht, und als wir dem "Weg" folgten erreichten wir eine Stelle, wo eine Brücke auf die andere Talseite führen sollte. Hier war eine nagelneue Stahlgitterbrücke zu sehen, die ein gut einen Meter dickes Rohr über den Fluss führte, das plötzlich aus unserem "Weg" hinauskam! Von der Brücke aus konnte man den alten Pfad erkennen, eine abenteuerliche Stahlleiter führte tief im Talgrund zu einem wackeligen Steg über den Fluss hinab. Das Rohr stellt wohl eine Druckleitung (?) dar, die vom See zu einem tiefergelegenen Kraftwerk führen wird (?) und grade neu gebaut wird! (Der Staudamm schien über kein eigenes Kraftwerk zu verfügen.) Notgedrungen folgten wir diesem mit Schutt und Steinen abgedeckten Rohr, denn dessen Trasse schlängelte sich anstatt des alten Pfades hoch über dem tosenden Fluss die Hänge entlang, halb in den Fels gesprengt und halb aufgeschüttet. Der alte Weg wurde dabei scheinbar vernichtet. Wir waren oben einfach dem normalen Wegweiser gefolgt, es gab keinen Hinweis auf die Baustelle.



                        Das Wetter sah gar nicht vertrauenserweckend aus, es war auch ziemlich schwül


                        Immerhin gab es oft schöne Ausblicke vom steilen Hang hinab in das Tal des Rio Tomello, aber der Weg hatte sich noch nicht richtig gesetzt, so dass das Gehen manchmal wie auf einem Geröllfeld war. So ging es lange recht steil und unangehm bergab, bis hinter einer Biegung plötzlich eine Stange mitten im Weg steckte, an der ein Wasserhahn befestigt war. Zu allem Überfluss war dieser Wasserhahn auch noch halb aufgedreht, als hätten die Bauarbeiter am gestrigen Freitag alles stehen und liegen lassen - ein für uns etwas surrealer Anblick! Da er von einem sicher per Hubschrauber eingeflogenen "Wassercontainer" gespeist wurde, verrichteten wir unsere gute Tat für den Tag und drehten ihn zu, natürlich nicht, ohne unsere Flaschen aufzufüllen...

                        Kurz dahinter tauchten ein Bagger und einige Baugeräte auf, und ab hier wurde es etwas haarig. Jetzt lag die Röhre offen da, links und rechts von fast zwei Meter hohen Schuttwällen umgeben, während der Hang zu steil war um neben der Trasse im Wald zu gehen. Wir kraxelten teils unten bei der Röhre, teils auf dem schmalen Steinwall entlang. Das war unbehaglich, denn die losen Steine hatten sich nicht gesetzt und bewegten sich oft unter den Schritten. Bald lagen statt der Röhre nur noch Segmente in dem Graben, und die Schweissgeräte lagen noch daneben...die Gasversorgung wäre hier bestimmt gesichert gewesen! Wir machten uns auch Sorgen, dass die Trasse irgendwann nicht mehr dem alten Weg folgen würde, irgendwo hier müsste es schließlich zum Fluss hinabgehen! Mehr aus Glück verpassten wir den Punkt nicht, an dem der Pfad steil und schmal ins Tal hinabfiel und die Trasse verließ, und kraxelten leicht halsbrecherisch das Geröll hinab.




                        Der Grund des Valle Agrasino ist fast erreicht, im Hintergrund die Alpe Cortone


                        Der Pfad stellte sich als für die Gegend typischer, schöner Weg aus nett zurechtgelegten Steinen heraus, die Stufen formten. Auch rot-weiß-rote Wegmarkierungen tauchten nun wieder regelmäßig auf. An Steilwänden war Absperrband als Geländer gespannt, und nach einem schnellen Abstieg erreichten wir eine flache Stelle mit einem kleinen, am Wochenende verlassenen Arbeitercamp. Der alte Weg ist wohl auch der Zugang für die Bauarbeiter, die wir ob des beschwerlichen Zugangs erstmal nicht besonders beneideten! Von unten waren mehrfach Schilder aufgestellt, die den Durchgang verboten und vor Sprengungen warnten. Der Mann aus dem Haus am Stauddamm hätte uns ja ruhig mal warnen können, denn von oben kam man an keinem solchen Schild vorbei!



                        Die Brücke vor der Alpe Cortone


                        Unten im Tal sahen wir die kleine Brücke, die den Weg über den Torrente Isorno auf die Nordseite des Valle Agrasino zur Alpe Cortone führen sollte. Mein Begleiter war schon auf der anderen Seite als ich unten ankam und ruhte sich an den liebevoll in den Felsen gehauenen Steinstufen aus. Als ich die Brücke betrat, rief er mir zu "Nicht in die Mitte treten!", und mir wurde schnell klar, warum. Die Brücke war eine interessante Konstruktion, die im wesentlichen aus zwei zusammengeklammerten Baumstämmen bestand, in deren Mitte einzelne, dünnere Stämme gelegt waren. Wo diese bereits verfault waren, konnte man einige Meter tief in das makellos klare Wasser blicken! Netterweise gab es ein prima Geländer aus Stahlseilen, und schnell wechselte ich auf die andere Flussseite. Es war Mittag, aber die Suppe wurde für heute gestrichen - wir wollten vorankommen und hatten Zeit verloren. Statt dessen wurden die kostbaren Macadamias, die für schlechte Zeiten mitgenommen wurden, verdrückt.



                        Interessante Konstruktion!


                        Von der darüber gelegenen Alpe Cortone (ein Haus war wohl in Schuss, der Rest verfallen) ging es dann auf einem herrlichen Weg weiter! Der nicht zu schmale Steinweg schlängelte sich immer wieder auf und ab den Hang entlang, auf Felsbändern durch Felswände und durch schönste Wälder. Unter einem uralten Baum war auf einem Felsen sogar eine kleine Sitzgruppe eingerichtet! Leider haben wir keine Fotos gemacht...! Doch leider hatte nach kaum einer halben Stunde das Vergnügen ein Ende, als das Basiscamp der Bauarbeiter erreicht wurde. Das Containerdorf unweit einer kleinen Staustufe war leider durch eine neue, in den Fels gesprengte Schotterstraße erschlossen (diesmal wirklich befahrbar). Wieder war über das Wochenende alles verlassen.





                        Hier trafen wir auch die bis jetzt einzigen anderen Wanderer - einen Mann mit seinen zwei Buben, die alle Angelruten trugen und ohne Gepäck unterwegs waren. Der Weg erreicht besagte Staustufe, wo wieder ein Diensthaus im selben Stil wie am See oben stand. Wir folgten weiter der Straße, von Wegmarkierungen oder Pfaden war nichts zu sehen. Es ging durch einen frisch in den Felsen gesprengten Tunnel (wir hatten etwas Angst vor fallenden Steinen) und ein oder zwei Serpentinen herab, bis der alte Pfad sich von der Straße trennte. Bald erreichten wir eine alte Betonbrücke, die Ponte Faugiol, auf 1400m Höhe, die halb unter einer Geröllhalde begraben war.



                        Brücke, schon länger in nicht mehr so gutem Zustand


                        Dieser Geröllsturz schien schon vor längerer Zeit passiert zu sein, denn wie man oben sehen kann, führt ein deutlich sichtbarer Pfad von der eingestürzten Brücke über das Geröllfeld und zur nächsten tiefer gelegenen Alm, wo die asphaltierte Straße von Domodossola her endet. Wir mussten aber nicht über die Brücke, sondern den Fluss entlang, den sie überquert, und ins dessen Tal hinauf. Unser Abstieg von gut 600 hm war also nun zu Ende, wir mussten nun wieder fast 700 hm aufsteigen... Der Pfad war wieder ein schnell ansteigender, aber mit zu Stufen gelegten Steinen toll ausgebauter alter Weg, der im steilen Hang über dem Fluss schnell an Höhe gewann. Auch hier gab es wieder recht beeindruckende Stellen, wo der Weg entlang von steilen Felsstufen führte. Bald tauchte unten im Tal ein Bauwerk auf, an dem offensichtlich ein Teil des Flusses durch den Berg zur Staustufe im Nachbartal abgezweigt wird... zum Glück wird der Fluss nur für wenige hundert Meter des Wassers beraubt, bevor er sich wieder mit dem Abfluss der Staustufe vereint. Wir litten jetzt ein wenig unter dem für heute ungewohnt rasanten Anstieg, doch schnell wurde das flachere, offene Hochtal erreicht, über dem unser Tagesziel trohnte.





                        Hier fanden wir eine stattliche Brücke vor, die uns auf die Westseite des Flusses führte, und es ging erstmal ein wenig ebener weiter und der Wald wurde lichter. Rechts stürzten beeindruckende Wasserfälle die hunderte Meter hohen, steilen Wände hinab, während links die Hänge sanfter waren. Dies scheint typisch für diese Gegend zu sein, die meisten Täler haben eine steile, schroffe Seite und eine vergleichsweise sanfte Seite (meist im Nordwesten).

                        Nach einem schönen Weg durch offene Waldausläufer und Wiesen erreichten wir die Alpe Nocca auf knapp 1600 m Höhe, wo wir erstmal wieder pausierten. Wir waren für heute schon ganz schön erschöpft. Wir entschlossen uns, nicht direkt zur Alpe Ratagina (1913 m) aufzusteigen und dort auf der offenen Höhe zur Alpe Lago zu queren, sondern folgten erstmal dem Tal weiter nach Norden. Es ging durch herrliche alte Wälder aus Tannen (?) und später Fichten im Stufenmodus über Wurzeln und Steine immer den Hang entlang aufsteigend nach Norden, bis der Weg einem Rücken zwischen zwei Bächen etwas direkter den Hang hinauf führte. Hier ging es wieder ans "Treppen steigen" und wir mussten öfter mal anhalten und den Schweiß abwischen und einen Müsliriegel verdrücken.



                        Rückblick auf die Alpe Matogno


                        300 hm später lichtete sich der Wald immer mehr, und plötzlich kamen wir aus dem Wald und standen auf der Alpe di Matogno (1863 m). Uns gegenüber lagen die alten Steinhäuser mit ihren beeindruckenden Steindächern, auf denen teilweise Solarpanele aufgepflanzt waren. Die Krönung war, dass vor dem uns nächstgelegenen Häuschen ein älteres Pärchen in Unterhemden in ihren Liegestühlen lag und uns aus ihrem Gärtchen überrascht anstarrten! Diese direkt von Domodossola erreichbaren Alpen waren wohl eine Wochenendkolonie der Städter, und wir schämten uns etwas, als wir verschwitzt aus dem Wald brachen. Schließlich hatten diese Leute, die sich dort sonnten wie Renter in unseren städtischen Kleingärten, den selben Aufstieg zurückgelegt wie wir! Wir verdrückten uns also schnell zur etwas abseits gelegenen Viehtränke (sauberes, von einer Quelle hergeleitetes Wasser) und sondierten den weiteren Aufstieg.



                        Dort müssen wir noch hinauf


                        Der weitere Weg war uns zunächst nicht ganz klar, wir bogen zunächst nach links zur Furt über den Bach ein, erkannten aber schnell, dass wir auf den Weg zur Alpe Ratagina eingebogen waren. Statt dessen arbeiteten wir uns einfach in der schwülen Hitze den Grashang empor, wobei wir die hämischen Blicke der Wochenend-Älpler im Nacken zu spüren meinten... Wir stolperten durch Löcher, die Murmeltierbauten seien mochten, und hörten auch ihr Pfeifen. Gesehen haben wir keins. Ein oder zwei Müsliriegel-Schweiß-abwisch-Pausen später wurde der Hang endlich flacher, und wir sahen den Lago die Matogno links hinter einer unübersichtlichen kleinen Reihe von Hügelchen liegen. Der grasige Berghang zur Rechten war total durchlöchert von Murmeltierbauten, und wir fühlten uns durch das ständige Gepfeife provoziert, konnten wir doch immer noch keines dieser pelzigen kleinen Biester ausmachen! Von der Alpe Lago mit unserem Bivacco war nichts zu sehen. Etwas unentschlossen machten wir uns auf und folgten dem Weg entlang des Sees durch die unübersichtliche Hügellandschaft, doch bald tauchte unter uns die Alpe auf, die vom See aus nicht zu sehen ist.

                        Wieder waren einige der Hütten liebevoll restauriert, mit kleinen Solarpanelen verziert, und eingezäunt, andere waren verfallen. In der Mitte schlängelte sich ein liebevoll gefasster Bach durch die Alpe und den Hang entlang. An diesem Bach lag ein Haus, dessen gemütlich aussehender Bewohner unübersehbar daheim war - er zimmerte einen Holzrahmen im Garten und hörte dabei einen erstaunlich guten italienischen Rocksender auf seinem Radio. Dahinter lag endlich unser Ziel, das Bivacco A. Sironi. Der Hauptraum im Erdgeschoss war wie erwartet verschlossen, und wie erwartet war auf der anderen Seite der Winterraum unter dem Dach geöffnet. Dort erwartete uns das Paradies: Es gab nicht nur Holzrahmen zum drauf schlafen, sondern in der Ecke auch einen Stapel mit sorgsam abgedeckten richtigen Matratzen (!) und Kopfkissen (!!). Alles war sauber und in einem prima Zustand! Ein kurzer Blick um das Haus zeigte, dass es sogar zwei Toiletten gab. Eine zum Hocken und eine zum Sitzen. Aus Porzelan. Mit Wasserspülung. Und Waschbecken in den Kabinen. Und Seife. Ich hätte fast geheult, so groß war der zivilisatorische Schock! Wir wehrten erfolgreich den freundlichen, aber neugierigen Muli des Alpbewohners ab, der wohl auch noch nicht so oft das Bivacco von innen gesehen hatte, und richteten uns gemütlich ein und wuschen erstmal uns und unsere Wäsche. Wir waren beide total platt und verschwitzt und froh, dass unsere Planänderungen doch alle noch zum Ziel geführt hatten.



                        Kuhinvasion auf der Alpe Lago

                        Das Gebimmel von Kuhglocken wurde immer lauter, und schnell tauchte die lokale Kuhherde auf. Nachdem diese uns etwas schüchtern erstmal beäugten und einige mutige Späher vorschickten, schätzten sie uns "Fremdlinge" dann doch als harmlos ein und nahmen die Alpe in Besitz. Das Ziel war offensichtlich nicht nur das frische Wasser, sondern auch, sich an allem zu schubbern was Ecken und Kanten hatte. Egal, ob es nun Zäune der bewohnten Alphütten, Hausecken, der Flaggenmast, oder die Eisenstange, an der wir unsere Wäscheleine abgespannt hatten waren!



                        Alles muß zum dran schubbern herhalten


                        Auch wir mussten erstmal unseren Respekt vor diesen lethargischen, aber kompakten Kletterkünstlern überwinden, die oft auch einen Meter vor unserer Türe standen und sanft verscheucht werden mussten...



                        Bank, heute fast ohne Aussicht


                        Auf einem vorgelagerten Hügel gibt es eine Bank, die quasi auf einem fantastischen Aussichtsbalkon über dem Tal liegt. Die aufsteigenden Quellwolken umhüllten uns dann und wann, um dann den Blick auf die Berge wieder freizugeben. Hier kochten wir uns einen wahren Festschmaus.



                        Alles Bereit für das Menü!


                        Zunächst gab es Pfifferlingssuppe aus der Tüte, danach Couscous mit Pesto, und beim "Süßen Moment" musste ich dann schon passen! Es war schon dunkel, als der Hauptgang aufgegessen war, und müde, aber zufrieden genossen wir die Aussicht, während man merkwürdigerweise die Kühe noch lange im Dunkeln über die umliegenden Weiden ziehen hören konnte. Schließlich verkrochen wir uns ins Lager, wo der Luxus der Matratzen auf uns wartete. Morgen konnte es so viel gewittern wie es wollte, wir hatten unseren Reservetag behalten und einen guten Platz, um schlechtes Wetter auszusitzen!



                        Blick in Tal im letzten Licht


                        Fortsetzung folgt...
                        Link zu Teil 3
                        Link zu Teil 4
                        Zuletzt geändert von Lexif; 02.01.2012, 00:54.
                        Felix

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                        • Flachlandtiroler
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                          #13
                          AW: Täler in Italien, Täler in der Schweiz - Trek vom Valle Vigezzo ins Tessin

                          Weia, was habe ich da gesagt... also wider Erwarten ist das betreffende, betagte KB-Dia nicht gescannt, aber versprochen ist versprochen Bitte um Aufschub
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                            #14
                            AW: Täler in Italien, Täler in der Schweiz - Trek vom Valle Vigezzo ins Tessin

                            Zitat von Flachlandtiroler Beitrag anzeigen
                            Weia, was habe ich da gesagt... also wider Erwarten ist das betreffende, betagte KB-Dia nicht gescannt, aber versprochen ist versprochen Bitte um Aufschub
                            Kein Problem. Das steigert die Spannung

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                            • Flachlandtiroler
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                              #15
                              AW: Täler in Italien, Täler in der Schweiz - Trek vom Valle Vigezzo ins Tessin

                              OT: Jetzt weiss ich auch, warum ich die Bilder nicht gescannt habe -- aus dem Zug geschossen, voller Spiegelungen -- aber egal:

                              Bitte die Scanqualität zu entschuldigen, das war mal quick'n dirty -- wollte Euch ja nicht auf die Folter spannen.
                              Meine Reisen (Karte)

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                              • Lexif
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                                • 27.01.2010
                                • 52
                                • Privat

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                                #16
                                AW: [IT, CH] Täler in Italien, Täler in der Schweiz - Vom Valle Vigezzo ins Tess

                                Oh je, jetzt hätte ich den Reisebericht fast halbfertig verwaisen lassen... Es wird Zeit für Teil 3

                                Tag 4, Montag, 11.9.11, vom Bivacco Adriano Sironi CAI zur Corte Nuova



                                freundliches Wetter beim Frühstück


                                Gestern hatten wir uns noch vorgenommen, das unausweichliche Unwetter hier, auf der Alpe Lago, auszusitzen. Doch nachdem wir erstmal schön ausgeschlafen hatten präsentierte sich das Wetter beim Frühstück auf unserer Aussichtsbank eigentlich recht stabil. Der Passo della Fria (2499 m), den wir nun überschreiten mussten um in die Schweiz zu kommen, war frei und von der Alpe unter uns kam auch schon eine kleine Gruppe einheimischer Wanderer herauf - es war schließlich Sonntag.



                                Alpe Lago mit Aussichtsbank unter dem Kreuz. Das Riffugio ist das Gebäude ganz links.


                                Recht spontan entschlossen wir uns, ihnen in Richtung Pass zu folgen. Der Aufstieg würde uns recht direkt 400 m hinauf führen, auf der anderen Seite käme man bald zu Almen oder könnte unter die Baumgrenze absteigen, um Schutz vor einem Unwetter zu haben.



                                Blick hinauf zum Pass - links der Pizzo del Forno (2695 m), in der Mitte der Passo della Fria


                                Also packten wir schnell unsere Sachen - wir waren spät dran - und machten uns an den Aufstieg. Der Weg führte zunächst um den über der Alpe gelegenen See, begleitet vom ständigen Pfeifen der Murmeltiere, die jedoch stets unsichtbar blieben.



                                Alpe am See


                                Danach ging es dann recht direkt ein Geröllfeld hoch an dessen oberen Ende man die Wahl zwischen drei Wegen: Links zum Passo della Forcolette, der ins 1800 m tiefer gelegene Valle Antigorio führt, in dem Domodossola liegt. Rechts oben geht es zum Passo della Fria und von dort hinauf zum Pizzo del Forno. Und der Weg rechts führt auf gleichebleibender Höhe zu einer kleinen Besonderheit dieses Ortes - es gibt hier einen Tunnel! Doch dazu gleich mehr.



                                Blick hinüber zum nahen Passo della Forcoletta, einem Übergang in das Valle Antigorio. Der Berg ist der Pizzo Cortefreddo (2499 m).


                                Wie erwartet blühen jetzt wieder die Quellwolken auf, und plötzlich knallt es! Klang eigentlich nicht wie Donner, aber eine Sprengung auf der Baustelle am Sonntag? Oben der Pass ist auch schon in den Wolken verschwunden. Wir schauen uns an und es ist uns beiden klar, dass wir nun den Tunnel ansteuern werden. Immerhin könnte man auch dort Schutz finden.



                                Blick zurück - das Wetter wird wieder bedrohlicher.


                                Der Tunnel mutet zunächst ein wenig kurios an - immerhin liegt er nur 100 hm unter dem Pass und ist auch nur über beschwerliche Geröllfelder zu erreichen. Aber später sollten wir sehen, dass auf der anderen Seite eine Steilstelle durch den Tunnel umgangen wird, und da nur das obere Talende auf der anderen Seite zu Italien gehört, soll er wohl die Versorgung der Almen auf der anderen Seite sicherstellen. Auch militärische Hintergedanken werden wohl eine Rolle bei der Errichtung gespielt haben.



                                Ein Pass mit Tunnel?


                                Die Portale lassen sich schließen, im Inneren gibt es wohl Lichter, die von einer Solarzelle am Eingang gespeist werden. Allerdings bekamen wir sie leider nicht an, ob es an uns lag weiß ich nicht.



                                Gneis mit dicker Quarzlinse


                                Wir rasteten erstmal und bewunderten die dicken Quarzbänder- und Linsen die hier den grotesk gefalteten Gneis durchzogen. Danach kamen die Stirnlampen raus und gingen in den Tunnel, dessen Ende vom Eingang aus nicht zu sehen war. Der abfallende, gekrümmte Tunnel ermöglichte den genauen Blick auf die teils eine Unterarmlänge dicken Quarzbänder, die vom Tunnel durchschnitten wurden. Nach endlos erscheinenden Minuten tauchte dann doch ein Licht auf, dass sich wirklich als Ausgang erwies.



                                Steinmännchen in groß beim Tunnelausgang


                                Wir traten hinaus uns sahen erstmal...nix. Nun waren wir in den Wolken. Ab und an rissen sie auf und erlaubten ein wenig Sicht auf die Hochflächen der westlichen Seite des Valle Cravariola, die als Weiden dienten. Bald erreichten wir einen riesigen Steinmann, der einen abzweigenden Weg zur Alpe Bosa beschildert. (Der Weg ist nicht in der Schweizer Karte eingezeichnet.)



                                Dicke Suppe.


                                Die Landschaft (oder was man davon sehen konnte) war etwa so, wie ich mir Schottland vorstelle (nicht nur wegen des Wetters...), der Weg verlief flach und nur wenn ein Bach kreuzte waren kleine felsige Stufen zu überwinden. Der Nebel und das flache, offene Gelände erschwerten die Orientierung, auch wenn der Weg gut markiert war. Ab und an rissen die Wolken auf und wir nutzten spaßeshalber den Kompass, um unsere Position anhand der sichtbaren Gipfel und Scharten zu bestimmen.




                                Plötzlich sieht man mal was...Markierungen gibt's natürlich auch.


                                Am Corte Lama, einem Stall, rasteten wir und schauten wie es weitergehen würde. Die Heide war Gras gewichen, und es lagen kaum noch Steine rum - also gab es auch fast keine Markierungen mehr. Unten auf dem Foto sieht man einen kleinen Höhenzug, dem wir eigentlich hinab zur Alpe Groppo folgen wollten. Dort wären wir dann wohl aus den Wolken raus und fast an der Baumgrenze. Eigenlich sieht man den Weg ja auch auf dem Foto...



                                Am Corte Lama - da unten ist doch ein Weg?


                                Die Wolkenlücke schloss sich wieder und unten auf dem Sattel wir fanden dann natürlich unten die Abzweigung nicht mehr. Wir wollten nicht im Nebel an der angepeilten Alpe vorbeilatschen, also folgten wir weiter der Höhenlinie, denn dieser Weg war klar erkennbar und sollte zur Alpe Stufa führen. Auch gut.

                                Die Karte kündigt es aber an, und so kommt es dann auch: Auch dieser Weg wird immer schlechter zu erkennen, Markierungen werden immer seltener. Als wir fast die Baumgrenze erreichen verschwindet er ganz. Nur ab und an hat man das Gefühl einen Weg unter sich zu haben. Geknicktes Gras, schief gewachsene Heidebüsche, unwahrscheinlich hilfreich liegende "Trittsteine" oder rote Flechten, die auch abgenutzte Farbreste sein könnten (oder umgekehrt)... Kurz gesagt, uns war etwas mulmig zu Mute.

                                Aber bald war der Spuk vorbei, es tauchten wieder Markierungen auf, und die Spur war wieder klar sichtbar. Bald tauchte auch die Alpe Stufa (1879 m) an der Baumgrenze auf, jetzt konnten wir Wasser tanken und Ausschau nach einem Zeltplatz halten. Die Gebäude hier sind noch in Benutzung, es war aber kein Mensch zu sehen.

                                Wir stiegen nun ab zum Corte Nuova, wo wir zelten wollen. Bis nach Cimalmotto wollen wir nicht hinunter, dort sind wir erst am nächsten Tag angemeldet und wollen auch das Geld für eine zweite Nacht auf dem Zeltplatz sparen. Auf dem Weg begegnet uns ein Hirte, der eigentlich nur vom Corte Nuova her kommen kann. Auf die Frage nach dem folgenden Weg antwortet er irgendwas mit "strada grande" , und er hat recht - der Weg ist schön zu gehen und bequem.

                                Wir wollen nicht direkt auf der mit Kuhfladen übersähten Weide in Sichtweite der Hütte des Hirten zelten (Wasser gibt es hier übrigens) und finden schließlich eine eingeebnete Stufe im Wald unterhalb der Weide, nur 15 m neben dem Weg. Das ist uns nun aber egal, denn auch unterhalb der Wolken ist nun alles wie unter einer Dunstglocke, die Luft steht und es ist ziemlich klar, dass es heute Nacht dicke knallen würde.



                                Ebener Zeltplatz unter alter Tanne.


                                Wir haben heute ziemlich lange gebraucht, wegen der schwierigen Orientierung mussten wir oft anhalten und auf die Karte schauen. Sogar die Mittagssuppe haben wir uns wieder verkniffen. Mein Begleiter fällt ins Zelt und macht erstmal ein Nickerchen, ich sitze draußen, höre Musik und verfalle in eine Art erschöpfte Trance.

                                In der mächtigen Tanne neben dem Zelt summt es gewaltig, dort muß ein Wespennest sein, aber wir und die halten uns voneinander fern und ignorieren uns gegenseitig - so wir einander nicht in die Quere.

                                Als wir langsam essen machen wollen fängt es natürlich an zu regnen, so dass ich versuche im Eingang des Allak zu kochen. Das für uns noch neue und ungewohnte Zelt macht es nicht leicht und so werde ich nass - denn es gießt mittlerweile - und schütte dann noch vor lauter Hektik die Nudeln mit dem Wasser auf die Wiese, so dass das essen dann doch noch mit kalter Küche ergänzt werden muß...


                                Bald tobt über uns das Gewitter, dass im Talkessel festzuhängen scheint. Es donnert links rechts, vorne und hinten und die Blitze blenden sogar mit geschlossenen Augen. Ziemlich eindrucksvoll, aber wir werden verschont und uns säuft noch nicht mal das Zelt ab. Irgendwann regnet es nur noch und wir können endlich einschlafen...



                                Fortsetzung folgt im nächsten Post...
                                Zuletzt geändert von Lexif; 02.01.2012, 14:24. Grund: kleinen Fehler behoben
                                Felix

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                                • Lexif
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                                  • 27.01.2010
                                  • 52
                                  • Privat

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                                  #17
                                  AW: [IT, CH] Täler in Italien, Täler in der Schweiz - Vom Valle Vigezzo ins Tess

                                  Und gleich noch Teil 4

                                  Tag 5, Sonntag, 12.9.11, vom Corte Nuova nach Cimalmotto



                                  Morgenstund hat Gold im Mund... Reste des Spaghetti-Desasters vom Vorabend sind leider auch noch da.


                                  Am Morgen krieche ich Ausnahmsweise mal als erster aus dem Zelt und checke die Lage. Trotz unserer flachen "Terasse" gibt es keine ekeligen Pfützen und der Wald steht auch noch. Der Himmel ist strahlend blau und die Luft endlich angenehm frisch. Ich mache schon mal alles für den Kaffee bereit, als der Hirte von gestern auf dem Weg auftaucht, kurz stutzt, stehen bleibt und dann doch freundlich grüßt.

                                  Wir packen und machen uns für das kurze Stück an, das heute ansteht. Wir sind schon fast an der Schweizer Grenze und müssen nur noch von unserem Zeltplatz auf gut 1600 m etwa 250 hm bis ins Tal absteigen und noch kurz bis in den Ort Cimalmotto weitergehen.



                                  "Strada grande"


                                  Gesagt getan. Es geht schön durch den lockeren Wald nach unten, und bald ist der Fluss erreicht. Wir hatten etwas Sorgen, dass nach dem Gewitter die Furtung problematisch sein könnte, aber der Fluss stellt sich als grade mal knöcheltief heraus. Zum Spaß spannen wir unser Stück Seil über den Fluss und bringen auf diese Art die Kamera trocken ans andere Ufer.



                                  Rio Colobiasca


                                  Eigentlich müsste man noch über einen zweiten Fluss, aber dessen Bett ist leer und die Bäume drumherum tot. Ist der wohl auch zu einem italienischen Wasserkraftprojekt umgeleitet worden? Gleich darauf treffen wir auf Kühe im Wald die respektvoll den Weg für uns frei machen, und den Hirten von gestern der mit zwei Kollegen plauscht. Fröhlich fragt er uns mit einem Augenzwinkern, ob wir eine gute Nacht gehabt hätten. Aber wir können das nur ehrlich bestätigen. Der dachte wohl, wir wären nass geworden, hehe.



                                  Kühe als Verkehrshindernis? Nein, die lassen einen bereitwillig durch! :-)


                                  Wir passieren ohne es zu merken die Schweizer Grenze und treffen bald auf ein Tipi im Wald, das zu unserem Tagesziel, dem Biobauernhof Munt la Reita gehört und auch gemietet werden kann. Noch ein kurzes Stück Schotterstraße, dann taucht plötzlich ein Schweizer Idyll auf.



                                  Bilderbuch Schweiz


                                  Wir erreichen den Bauernhof, der neben Zeltplätzen auch Bauwagen, Matratzenlager, eine Jurte und auch besagtes Tipi vermietet. Der grimmig dreinblickende (aber freundliche) Bauer schien entsetzt einen Schritt zurückzuweichen als ich die Rezeption betrat, nach dem Einchecken gilt also auch der Dusche meine erste Frage.



                                  Rückblick. Der Pizzo del Forno, links der Passo della Fria. Der Tunnelausgang ist markiert.


                                  Kaum steht das Zelt wird dieser sanitäre Luxus auch erstmal ausgiebig genossen, danach ist auch die Kleidung dran. Auch der Hofladen wird inspiziert, aber wir haben noch viel Proviant und verzichten so auf den selbstgemachten Käse (leider). Hier gibt es auch das, was der durchreisende Wanderer sonst so gebrauchen könnte. Auf der Weide neben dem Zeltplatz gibt es auch allerlei einheimische Schaf- und Ziegenarten zu bewundern.



                                  Wir haben diese einheimische kurzbeinige Rasse "Dackelziege" getauft.


                                  Der restliche "Reservetag" wird damit verbracht, im Schatten zu dösen und die Aussicht zu genießen. Entertainment bot das Treiben der Dackelziegen und das missbilligend dreinschauende Schaf, das uns wohl am liebsten vertreiben würde.



                                  Mittagssuppe im Schatten und danach einfach nur relaxen


                                  Aber nach so vielen Tagen, ohne durch einen Ort zu kommen mussten wir uns dieses Dorf erstmal anschauen.



                                  Kirche von Cimalmotto


                                  Cimalmotto ist ein schöner kleiner Weiler, der leider recht verlassen wirkt - kaum trifft man mal wen auf der Straße. Außerdem wird der Ort von Hangrutschungen unterhalb bedroht. Die Häuser sind hier aus Holz und überall sieht man Speicher die gegen hungrige Nager vom Boden abgehoben auf "Stelzen" stehen.



                                  Armloser kleiner Kerl


                                  Wir suchten auch schonmal den Einstieg für die letzte Etappe, die morgen über den Passo Quadrella zur Alpe Grossalp oberhalp von Bosco/Gurin führen soll.



                                  Wegweiser in Cimalmotto


                                  In der letzten Dämmerung machten wir unser Essen und schmusten ein wenig mit dem Hofhund. Kaum wollten wir ins Bett gehen, ging der volle Mond perfekt in einer Scharte der gegenüberliegenden Felswand auf und erleuchtete das ganze Tal.







                                  Irgendwann konnte ich mich doch losreißen und mit viel Vorfreude auf eine letzte "Genußetappe" schlief ich ein...



                                  Fortsetzung folgt...
                                  Zuletzt geändert von Lexif; 02.01.2012, 00:53.
                                  Felix

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                                  • Lexif
                                    Gerne im Forum
                                    • 27.01.2010
                                    • 52
                                    • Privat

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                                    #18
                                    AW: Täler in Italien, Täler in der Schweiz - Trek vom Valle Vigezzo ins Tessin

                                    Zitat von Flachlandtiroler Beitrag anzeigen
                                    OT: Jetzt weiss ich auch, warum ich die Bilder nicht gescannt habe -- aus dem Zug geschossen, voller Spiegelungen -- aber egal:

                                    Bitte die Scanqualität zu entschuldigen, das war mal quick'n dirty -- wollte Euch ja nicht auf die Folter spannen.
                                    Danke für's einscannen, interessante Perspektive.
                                    Felix

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                                    • Peter83
                                      Fuchs
                                      • 22.08.2010
                                      • 1115
                                      • Privat

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                                      #19
                                      AW: [IT, CH] Täler in Italien, Täler in der Schweiz - Vom Valle Vigezzo ins Tess

                                      Danke für den spannenden Bericht und die schönen Bilder! Man muss nicht immer in die Ferne schweifen. Ich freue mich sehr auf die Fortsetzung.

                                      Liebe Grüsse,
                                      Peter
                                      "A man who is a man goes on till he can do no more and then goes twice as far."

                                      Norwegian saying

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                                      • Lexif
                                        Gerne im Forum
                                        • 27.01.2010
                                        • 52
                                        • Privat

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                                        #20
                                        AW: [IT, CH] Täler in Italien, Täler in der Schweiz - Vom Valle Vigezzo ins Tess

                                        Danke, Peter!

                                        Und zum Schluss noch Teil 5

                                        Tag 6, Dienstag, 13.9.11, von Cimalmotto zur Capanna Grossalp


                                        Heute stand als letzte "große" Etappe die Querung ins Nachbartal zur Capanna Grossalp oberhalb von Bosco/Gurin an. Bei strahlendem Sonnenschein und entsprechender Hitze ging es los, zunächst durch den duftenden Wald hinauf zum Passo Quadrella (2137 m).



                                        Schöner Waldweg


                                        Jetzt war der Rucksack angenehm leicht und wir gut im Training, so dass die auf halber Höhe gelegene verlasseene Alpe Quadrella di Fuori noch unter der angegeben Zeit erreicht wurde. Hier wurde erstmal wieder Wasser getankt.



                                        Alpe Quadrella di Fuori mit Pizzo Bombögn im Hintergrund


                                        Eine Viertelstunde später war dann die Passhöhe auch schon erreicht, wo wir die Aussicht in das Nachbartal genossen. Es gab sogar eine Dose mit einem "Gipfelbuch", in das wir uns natürlich eintrugen.



                                        Gipfelbucheintrag


                                        Ein Paar kam auf einem Rundweg von Bosco hinauf, ein Mann überquerte den Pass in die entgegengesetzte Richtung - so viel Verkehr waren wir gar nicht mehr gewohnt! Eine Stunde lang genossen wir die Aussicht und das Wetter und gammelten in der Sonne, knipsten und suchten die Berge mit dem Fernglas nach Steinböcken ab (erfolglos).



                                        Blick zurück, im Tal liegen Cimalmotto (rechts) und Campo.

                                        Nun mussten wir uns für einen der beiden Wege zur Grossalp entscheiden. Einer stieg zunächst ab, der andere führte erst nach oben. Wir wählten natürlich letzteren und stiegen entlang des Rückens noch etwa 100 hm auf. Dort fanden wir im nun dringend nötigen Schatten einer Felsstufe einen schönen Platz für die obligatorische Mittagssuppe und hatten dabei sogar noch mehr Aussicht als zuvor!



                                        Suchbild: Esser mit Aussicht


                                        Links im Tal Bosco/Gurin, in der Mitte der Grat bis zum Pizzo Bombögn und rechts das Valle di Campo.


                                        Bosco/Gurin ist das einzige Walserdorf des Tessins, und so sind die umliegenden Spitzen auch mit Walserdeutschen Namen versehen, wie wohl z.B. dem Pizzo Bombögn, der das Ende des die beiden Täler trennenden Höhenzuges bildet. Interessanterweise läuft auf der Südseite eine gewaltige Mauer (auf der man wohl auch auf den Berg steigen kann) vom Gipfel den Hang hinunter. Sie soll angeblich die Ziegen von dem rutschungsgefährdeten Hang über Campo fernhalten. Hinter dem Berg konnten wir bis zur Berninagruppe schauen.



                                        Lawinenschutzmauer und Berninagruppe


                                        Walserdorf Bosco/Gurin - ein Riegel aus Kuhställen diente als Lawinenschutz


                                        Nun ging es über ein paar steile Felsstufen und Geröllhalden abwärts und das weite Rund des oberen Valle die Bosco Gurin entlang. Die moorige Heidelandschaft wurde langsam wieder zu Hochweiden und wir erreichten die Skilifte des kleinen Skigebiets um die Grossalp.





                                        Der erste Guriner den wir trafen - beziehungsweise schon von weitem hörten - war ein Hirte, der mit merkwürdigen Jodellauten seine Kühe rief, die auch wirklich kamen.
                                        Bald war die Hütte erreicht, wo der grobschlächtige, laute, aber freundliche Wirt schon beim Vino mit dem Nachbarn auf der Sonnenterrase saß und uns in uns völlig unverständlichem Walserdeutsch begrüßte. Wir hatten auch am Vortag mit kaum mehr als drei Sätze mit jemandem geredet und waren noch ein wenig in der "Zone", so dass wir unglaublich maulfaul auf ihn gewirkt haben mussten... Genau wie in Cimalmotto und auf der Alpe Lago waren wir auch hier für diese Nacht die einzigen Gäste. Etwas eingeschüchtert vor so viel lauter Gastlichkeit bezogen wir erstmal unser Lager und machten uns frisch, auch die Postkarten wollten noch geschrieben werden...



                                        Ist die Tour wirklich schon vorbei? Und wie bekomme ich die Erlebnisse dieser Woche nur auf einer Postkarte unter...?


                                        Als der Wirt uns fragte, ob wir was mit Fleisch oder Raclette zum Abendessen wollten siegte natürlich unsere Lust nach geschmolzenem Käse und so mampften wir lustvoll alles auf, was uns vorgesetzt wurde. So kann man sich wieder an die Zivilisation gewöhnen! So langsam bekamen wir auch wieder den Mund auf und ließen noch einmal unsere Tour Revue passieren. Erst als in Gurin schon die meisten Lichter ausgegangen waren und der Mond schon wieder voll über den Bergen stand fielen wir in unser Lager.




                                        Tag 7, Mittwoch, 14.9.11, Abstieg von der Capanna Grossalp und Abreise


                                        Da wir noch Vorräte hatten und wegen der Schweizer Preise schlugen wir das Frühstück aus und machten uns auf leeren Magen auf den Weg hinunter ins 400 hm tiefer gelegene Tal. Wir stiegen schnell die ohne Schnee hässlichen Skipisten hinab und kamen endlich wieder in den Wald. Bald fanden wir ein schönes Plätzchen an einem kleinen Wasserfall direkt oberhalb von Bosco/Gurin, das ein würdiger Ort für unser letztes Frühstück war.





                                        Während wir zum Kaffee den letzten Rest des 1-kg-Käses verdrückten (rucksackgereift ) bekamen wir Besuch von einer freundlichen Kuhherde, die aus dem Ort heraufgetrieben wurde. Unser Umgang mit Milchprodukten wurde von den Tieren neugierig beäugt, bis ihre Hirtin sie weitertrieb.



                                        Bosco/Gurin, hinten der Passo Quadrella


                                        Bald waren wir im schönen Ort angekommen, der touristisch ein wenig erschlossen ist und einen ausgeschilderten Rundgang anbietet, den wir noch mitnahmen. Dann kam auch schon der Postbus hinab ins Maggiatal. Dass wir für die 13 km dorthin 45 Minuten brauchten verdeutlichte uns erst so richtig, wie abgeschieden die Täler, die wir besucht hatten, wirklich sind. Nach dem Umsteigen in Cevio erreichten wir gegen ein Uhr Locarno, wo die restlichen Franken im Supermarkt verbraten wurden. Barfuß am Lago Maggiore genossen wir noch einmal die hochsommerliche Wärme, bevor die Heimreise mit dem Nachtzug begann...




                                        Ende
                                        Felix

                                        Kommentar

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