AW: Reisen in Krisengebieten (am Bsp. Ugandas)
mentalitätsunterschiede abzuklopfen reicht nicht (bequem/sicher/weiblich/luxus versus sportlich/risikoreich/männlich/entbehrungsreich). da jede einzelne zuschreibung so grosse individuelle spannbreiten hat, dass zu jeder einzelnen zuschreibung schnittmengen verhandelt werden müssen, damit man sich überhaupt unterhalten kann, sind auch fast beliebige bildungen von gegensatzpaaren denkbar und natürlich legitim. aus den veränderungen der begrifflichkeiten (torres), lässt sich schlussfolgern, dass das kollektive gedächtnis sich verändert hat und soziale (selbst)verortung anders erfolgt.
„ausserordentliche abenteuer“ sind zunächst demokratisiert worden (alpinstil im himalaya). seit den 80ern sind sie mit einer marktförmigen zurichtung in den alltag übergegangen (zyklische zeitwahrnehmung des kollektiven gedächtnisses: müllkippe everest), wodurch das „abenteuer“ ersetzt wurde durch selbst-inwertsetzung ganz oben in der sozialen hierarchie der leistungsgesellschaft (ich kauf mirn flug zum mond, vertikale zeitwahrnehmung).
ebendas machen beide reiseberichte, die hier trotz der sehr unterschiedlichen reisen (GT eher zyklisch, Libertist eher vertikal) gerade ähnliche diskussionen auslösen, nicht (!), sondern sie vertreten zwei zugespitzte positionen gegenüber der seit den 90ern durch die outdoorkaufhäuser ermöglichten und nun durch die outdoorforen begleiteten vermassung des individuellen ausstiegs/urlaubs in ein sogenanntes natürliches draussen auf zeit (in den alpen ist das schon länger fortgeschritten, das besonders komische ist der skiabfahrtourismus).
auf den bericht von GT folgten stellungnahmen, als deren kern ich eine vorsichtige ablehnung des lebensentwurfes wahrgenommen habe: so viel ändern, das geht nicht nur persönlich nicht, sondern gar nicht, da kommt keine rente bei raus. kein (mentalitäts)wunder nach 30 jahren umverteilung von unten nach oben und einem deutlichen bröckeln von standards der sozialen absicherung in den reichen ländern. der verwertung entgegenstehender eigensinn ist ungesund.
Libertist, der das paradigma der reise ja auch selbstkritisch benannt hatte (natur first = kompromiss) nun wird neokolonialismus vorgeworfen, was zumindest etwas komisch ist, da er ja nicht klassisch mit ner hightech expeditionskarawane unterwegs ist und deshalb auch nicht „eindringt und erobert“ und u.a. schon wegen der beschriebenen „unsicherheit“ auch nicht zu befürchten ist, dass er wie etwa der hippietrail die vorhut zukünftiger pauschal- und luxusurlauber bildet (ibiza).
klar, bei diesem reisebericht, der ja ne unverkennbare komponente sozialer neugier hat, weil plötzlich ganz viele fotos von menschen auftauchen, die nicht wie idealtypischerweise die sie anschauenden drausen in funktionskleidung gehüllt sind, wünsch ich mir mehr darstellung von „alltag“ und „kommunikation“. aber selbst bei jahrelanger vorbereitung und vorbereiteter einbindung kommst du immer von „aussen“ in ein irgendwo, von dem du vielleicht erhoffst, dort möglichst grosse autonomien zu finden, das gleichzeitig aber meist kehrseite deiner reisemöglichkeit ist, die die leute im irgendwo so nicht haben. und trotz der selbstkritischsten kommunikation und lernbereitschaft entstehen meist nur ganz temporäre verhältnisse halbwegs egalitären sozialen austausches. vielleicht je nebensächlicher und beiläufiger (“alltäglicher“) desto besser, aber die tun mich interessieren und umso mehr, je abseitiger von den normen der vertikalen zeitwahrnehmung oder je „krisengebietiger“. bekanntes risiko: hippietrail.
hängenbleiben tut die diskussion auch beim reisebericht von Libertist leider wieder bei einer vorsichtigen ablehnung des lebensentwurfes mit dem einwand der (un)„sicherheit“ und findet damit ihren weg zur bejahung von „risiko“ (und nem blöden streit darüber) und gar lebensrisiko („windelgesellschaft“).
auch diese diskussion geht der sozialen verortung des trekkies an sich aus dem weg (lebensrisiko welcher sozialen figur? was sind alles „windeln“?). eine solche verortung ist pauschal wahrscheinlich ziemlich unmöglich oder zumindest sehr unscharf (z.b.: mittelschichten der reichen länder mit im vordergrund stehendem interesse an naturerlebnis bei leicht diversifizierten ideologischen präferenzen).
aber auch hier im thread spiegelt die häufigkeit und hartnäckigkeit, mit der das sicherheitsargument vorgetragen wird, (aus einer pc-sicht) eine soziale bewegungsunlust, die allen, die bis in die 80er angefangen haben mit dem draussen-reisen ziemlich komisch anmuten dürfte, geht mir jedenfalls so. gerade die „krisengebiete“ und/oder der andere alltag sind doch interessant?! die krisengebiete sind doch auch hier?! und der andere alltag zumindest im eigenen vorstellbar?!
es scheint mir, dass dem verhandeln, welche (öffnenden) rückschlüsse denn vom „draussen-sein“ auf das „drinnen“ gezogen werden (sollen), eine menge sozial konservativer abwehrreaktionen entgegensteht, die vom sozialen panorama der reichen länder geprägt sind. dass diese sich an zwei ganz nüchtern und reflektiert daherkommenden reisenden stören, die „nur“ weiter gehen und länger (und deshalb was hier neues und was anderes machen als „ausgleich“ beim selbstmanagement für den verwertungsprozess), zeigt, dass es hier enger geworden ist.
bezweifle, dass es am langen winter liegt. und sorry für die länge, aber die dürfte bei dem thread nich weiter stören.
unproduktive gruesse :-))
mentalitätsunterschiede abzuklopfen reicht nicht (bequem/sicher/weiblich/luxus versus sportlich/risikoreich/männlich/entbehrungsreich). da jede einzelne zuschreibung so grosse individuelle spannbreiten hat, dass zu jeder einzelnen zuschreibung schnittmengen verhandelt werden müssen, damit man sich überhaupt unterhalten kann, sind auch fast beliebige bildungen von gegensatzpaaren denkbar und natürlich legitim. aus den veränderungen der begrifflichkeiten (torres), lässt sich schlussfolgern, dass das kollektive gedächtnis sich verändert hat und soziale (selbst)verortung anders erfolgt.
„ausserordentliche abenteuer“ sind zunächst demokratisiert worden (alpinstil im himalaya). seit den 80ern sind sie mit einer marktförmigen zurichtung in den alltag übergegangen (zyklische zeitwahrnehmung des kollektiven gedächtnisses: müllkippe everest), wodurch das „abenteuer“ ersetzt wurde durch selbst-inwertsetzung ganz oben in der sozialen hierarchie der leistungsgesellschaft (ich kauf mirn flug zum mond, vertikale zeitwahrnehmung).
ebendas machen beide reiseberichte, die hier trotz der sehr unterschiedlichen reisen (GT eher zyklisch, Libertist eher vertikal) gerade ähnliche diskussionen auslösen, nicht (!), sondern sie vertreten zwei zugespitzte positionen gegenüber der seit den 90ern durch die outdoorkaufhäuser ermöglichten und nun durch die outdoorforen begleiteten vermassung des individuellen ausstiegs/urlaubs in ein sogenanntes natürliches draussen auf zeit (in den alpen ist das schon länger fortgeschritten, das besonders komische ist der skiabfahrtourismus).
auf den bericht von GT folgten stellungnahmen, als deren kern ich eine vorsichtige ablehnung des lebensentwurfes wahrgenommen habe: so viel ändern, das geht nicht nur persönlich nicht, sondern gar nicht, da kommt keine rente bei raus. kein (mentalitäts)wunder nach 30 jahren umverteilung von unten nach oben und einem deutlichen bröckeln von standards der sozialen absicherung in den reichen ländern. der verwertung entgegenstehender eigensinn ist ungesund.
Libertist, der das paradigma der reise ja auch selbstkritisch benannt hatte (natur first = kompromiss) nun wird neokolonialismus vorgeworfen, was zumindest etwas komisch ist, da er ja nicht klassisch mit ner hightech expeditionskarawane unterwegs ist und deshalb auch nicht „eindringt und erobert“ und u.a. schon wegen der beschriebenen „unsicherheit“ auch nicht zu befürchten ist, dass er wie etwa der hippietrail die vorhut zukünftiger pauschal- und luxusurlauber bildet (ibiza).
klar, bei diesem reisebericht, der ja ne unverkennbare komponente sozialer neugier hat, weil plötzlich ganz viele fotos von menschen auftauchen, die nicht wie idealtypischerweise die sie anschauenden drausen in funktionskleidung gehüllt sind, wünsch ich mir mehr darstellung von „alltag“ und „kommunikation“. aber selbst bei jahrelanger vorbereitung und vorbereiteter einbindung kommst du immer von „aussen“ in ein irgendwo, von dem du vielleicht erhoffst, dort möglichst grosse autonomien zu finden, das gleichzeitig aber meist kehrseite deiner reisemöglichkeit ist, die die leute im irgendwo so nicht haben. und trotz der selbstkritischsten kommunikation und lernbereitschaft entstehen meist nur ganz temporäre verhältnisse halbwegs egalitären sozialen austausches. vielleicht je nebensächlicher und beiläufiger (“alltäglicher“) desto besser, aber die tun mich interessieren und umso mehr, je abseitiger von den normen der vertikalen zeitwahrnehmung oder je „krisengebietiger“. bekanntes risiko: hippietrail.
hängenbleiben tut die diskussion auch beim reisebericht von Libertist leider wieder bei einer vorsichtigen ablehnung des lebensentwurfes mit dem einwand der (un)„sicherheit“ und findet damit ihren weg zur bejahung von „risiko“ (und nem blöden streit darüber) und gar lebensrisiko („windelgesellschaft“).
auch diese diskussion geht der sozialen verortung des trekkies an sich aus dem weg (lebensrisiko welcher sozialen figur? was sind alles „windeln“?). eine solche verortung ist pauschal wahrscheinlich ziemlich unmöglich oder zumindest sehr unscharf (z.b.: mittelschichten der reichen länder mit im vordergrund stehendem interesse an naturerlebnis bei leicht diversifizierten ideologischen präferenzen).
aber auch hier im thread spiegelt die häufigkeit und hartnäckigkeit, mit der das sicherheitsargument vorgetragen wird, (aus einer pc-sicht) eine soziale bewegungsunlust, die allen, die bis in die 80er angefangen haben mit dem draussen-reisen ziemlich komisch anmuten dürfte, geht mir jedenfalls so. gerade die „krisengebiete“ und/oder der andere alltag sind doch interessant?! die krisengebiete sind doch auch hier?! und der andere alltag zumindest im eigenen vorstellbar?!
es scheint mir, dass dem verhandeln, welche (öffnenden) rückschlüsse denn vom „draussen-sein“ auf das „drinnen“ gezogen werden (sollen), eine menge sozial konservativer abwehrreaktionen entgegensteht, die vom sozialen panorama der reichen länder geprägt sind. dass diese sich an zwei ganz nüchtern und reflektiert daherkommenden reisenden stören, die „nur“ weiter gehen und länger (und deshalb was hier neues und was anderes machen als „ausgleich“ beim selbstmanagement für den verwertungsprozess), zeigt, dass es hier enger geworden ist.
bezweifle, dass es am langen winter liegt. und sorry für die länge, aber die dürfte bei dem thread nich weiter stören.
unproduktive gruesse :-))
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