Jugendherbergen - Ende eines Mythos?

[Bonobo]

Ich bin als Kind mit der Erzählung aufgewachsen, dass man in Jugendherbergen kostengünstig als Wanderer übernachten könne. Ich stelle hier mal in Frage, dass dies noch so ist. Ich bin da immer noch Mitglied, aber weiß nicht, ob sich das noch länger lohnt. Wie seht ihr das? Wahrscheinlich gelte ich hier eh als totales Zivilisationsweichei, dass ich überhaupt mit nem Dach überm Kopp übernachte, aber seis drum:

Die guten alten Schlafsäle: Gibt es die überhaupt noch? Ich möchte ja bloß mal eine Nacht erholsamen Schlaf und eine Dusche. Ich brauche kein Einzelzimmer. Aktuell scheint man aber nichts dergleichen mehr buchen zu können und muss mehr zahlen als nötig.

Die Kosten sind dann wiederum so hoch, dass ich auch in einen Gasthof gehen kann.

Verfügbarkeit: Zimmer gibt es spontan nie. Fast durchgängig sind diese Einrichtungen voll belegt.

Wisst ihr was darüber, warum sich die JHs zu Hotels wandeln und das einfache Übernachten in Mehrbettzimmern nicht mehr möglich ist? :-( Bin ich vielleicht im Maßstab dieses Forum das Komfort-Weichei, aber im echten Leben der letzte, der mit sowas kein Problem hat?

Liebe Grüße

[Flachlandtiroler]

Schlafsäle gibt's IMHO nicht mehr, das wird nicht zuletzt an der Nachfrage liegen...
Ob in den Zimmern Einzelbetten belegbar sind kann ich nicht sagen.
Letztens hatten wir noch die Frage nach Zeltmöglichkeiten, das wird von einzelnen JHs noch angeboten.

Und bitte bedenken dass man mancherorts als "alter Sack" überhaupt nicht reinkommt (AFAIR in Bayern?).
Preislich ist was ich erinnere das Angebot mit HP meist nicht so übel; vor allem in den größeren Städten, wo die Zimmerpreise in privaten Gasthöfen / Hotels doch erheblich höher sein können.

Als billige Alternative haben sich Gegenseitigkeits-Portale wie Dachgebe, Couchsurfing etc. etabliert

[mariusgnoedel]

Es gibt in manchen Gebieten gibt es Jugendherbergen mit Einzelzimmer und "Bett im Mehrbett-Zimmer" für Alleinreisende.

Preiswert kann es je nach Lage schon sein: z.B. Kappeln (Ostsee bzw. Schlei) 38,50€ bzw. 49,50€ pro Nacht inkl. Frühstück und ohne Handtuch.

Im Vergleich zu normalen Unterkünften recht preiswert (Hotel doppelt so teuer oder mehr).

An anderen Orten ist der Unterschied zwischen Hotel und Jugendherberge als Alleinreisender/Minigruppe nicht so groß.

[Bonobo]

Als alter Sack kommt man schon rein, zahlt nur eben mehr.


Schade, dass das mit den Schlafsälen out ist. Man bekommt als Alleinreisender Doppel- oder Einzelzimmer zugewiesen, die man dann alleine belegt.

Und ja, in Großstädten sind Jugendherbergen eine gute Alternative, aber auch in der Regel vollständig ausgebucht.

Die von dir genannten Alternativen enthalten mir irgendwie zu viel Kommunikation. Bin ein Eigenbrötler.

[Torres]

Ich kann nur von Vor-Corona sprechen. Da kommt es auf die Jugendherberge an.

Die alten 8er Schlafsääle und die Massenduschen gibt es tatsächlich nicht mehr. Der Standard würde kaum noch akzeptiert.

Dann kommt es auf die Saison und die Gegend an. Vorrangig sind Jugendherbergen für Schulklassen, Gruppen und Familien gedacht und entsprechend sind die Schlafsäle in vielen Gegenden für diese Zielgruppe. Es gibt dann höchstens ein Lehrerzimmer zu buchen, aber meist nur außerhalb der Saison.

Dann gibt es JH in Städten, die tatsächlich eher hotelähnliche Hostels geworden sind. Sie richten sich an Paare oder an Familien. Es gibt aber durchaus Vierbettzimmer, die dann um die 30-40 Euro kosten. Hab eben mal in der App geschaut: Hamburg-Horn im Meerbettzimmer mit Frühstück eine Nacht 32.00 Euro. Das bietet kein Hotel. Man muss dann aber früh buchen.
Bis 2019 war ich regelmäßig in Wismar. Da wurden viele Zimmer inzwischen umgebaut. Gäste wollen keine Klos mehr auf dem Flur. Auch JH müssen Geld verdienen. Die Schlafsäle waren für Kinder, einen Acht-Bett-Saal mit einer Person zu belegen, rentiert sich nicht. Das ist in andere JH (Mailand, Neapel), die eher auf Backpacker eingerichtet sind, anders.

Ich bin und bleibe Mitglied. Auch auf Radtouren ins europäische Ausland sind JH eine Alternative zu Hotels. Die Preise sind teils hoch, aber Hotels sind immer noch teurer.

[carsten140771]

Als Mitglied zahlt man halt den "27+"-Zuschlag.

Meist bekomme ich ein Einzelzimmer, in dem vermutlich sonst ne Aufsichtsperson nächtigt. Die Schulklassen selbst sind schon noch in Mehrbettzimmern.

Auffallend ist für mich, dass die JHB in der Natur immer weniger werden. Gut, wenn es die Jugend in die Städte zieht. Ich stelle mir auch langsam die Frage, ob sich das noch lohnt. Ich bin noch nicht so weit, aber ich werde mir das noch mal genau anschauen.

Ich habe halt immer die Infrastruktur und oft die Lage geschätzt. Trockenraum, ggf. Waschmaschine, die günstige Verpflegung. Natürlich nicht mehr geschenkt, aber immer noch günstiger. Ich hab auch kein Problem mit Pizza und Nudeln mit Tomatensauce.
Ein EZ im Gasthof plus Abendessen, da kann man leicht schon 100 Euro los werden. Da geh ich dann aber ins Reisebüro und schau mir was anderes an als D.

[Torres]

Für den Tee in Metallkannen, das Frühstücksbuffett ohne Schnickschnack Käse, Wurst, Ei, Vegane Paste, Müsli, dazu Gurke und Tomate und die Nudeln mit Tomatensoße und Salat und den Pudding müsste man eigentlich noch einen Zehner draufzahlen: Für die Erinnerung an Kindertage und die fettarme, ausgewogene Ernährung - man isst, bis man satt ist und alles, was wirklich dick macht, gibt es einfach nicht. Ich zumindest hatte in Wismar immer Halbpension, so ein Essen kriegt man in der Gastronomie doch praktisch nicht mehr.

[carsten140771]

Für den Tee in Metallkannen, das Frühstücksbuffett ohne Schnickschnack Käse, Wurst, Ei, Vegane Paste, Müsli, dazu Gurke und Tomate und die Nudeln mit Tomatensoße und Salat und den Pudding müsste man eigentlich noch einen Zehner draufzahlen: Für die Erinnerung an Kindertage und die fettarme, ausgewogene Ernährung - man isst, bis man satt ist und alles, was wirklich dick macht, gibt es einfach nicht. Ich zumindest hatte in Wismar immer Halbpension, so ein Essen kriegt man in der Gastronomie doch praktisch nicht mehr.

Plus evtl. eigene Thermoskanne voll machen nach Absprache. Teilweise sind die schon weitgehend "Bio" (Oberammergau).
Essen mit Nachschlag, teilweise die kostenlosen Comedy-Einlagen der Kids. Ich hab schon oft herzhaft gelacht.
Ich hoffe die JHB folgen nicht den "Events" der Städte und dienen dort der Nachwuchs-Partyszene als billige Alternative.
Einige Bauchlandungen hat man ja schon gemacht.

Aber so unkompliziert scheint es nicht mehr zu sein. Oft ausgebucht. Unkomplizierte Lösungen gibts nicht mehr.

[Flachlandtiroler]

Ich habe halt immer die Infrastruktur und oft die Lage geschätzt.

Das war ein Scherz, oder etwa nicht?

Schließlich heißt nicht umsonst Jugendherberge, fast immer liegt der Laden außerhalb von allem und oben auf dem Berg. Selbst in Norddeutschland lassen die sich was einfallen, man muss nochmal einen Deich hoch oder unter der JH wurde aufgeschüttet
OT: Weiß noch wir sind mal an einem nasskalten Ostern die Sieg entlang und durften schlußendlich nochmal sicherlich hundert Höhenmeter rauf, mit 22% Steigung

[carsten140771]

Das war ein Scherz, oder etwa nicht?

Schließlich heißt nicht umsonst Jugendherberge, fast immer liegt der Laden außerhalb von allem und oben auf dem Berg. Selbst in Norddeutschland lassen die sich was einfallen, man muss nochmal einen Deich hoch oder unter der JH wurde aufgeschüttet
OT: Weiß noch wir sind mal an einem nasskalten Ostern die Sieg entlang und durften schlußendlich nochmal sicherlich hundert Höhenmeter rauf, mit 22% Steigung

Nein, das war kein Scherz.
Ich suche ne Dusche, nen Wasch- und Trockenraum, ggf. ne Waschmaschine und was zu Essen.
Andere Gebäude brauche ich im Umkreis von Kilometern nicht. Wichtig ist mir das ich nicht 10 km Landstraße da hin tippeln muss.

Die JHB Ostrau liegt direkt am Eingang NP Sächsische Schweiz, auf Wangerooge gibts die beste Aussicht vom Turm, im Bayerischen Wald geht es direkt auf den Lusen ....

Ich brauch nicht mal ne Straße da hin ....

[Torres]

Da musste ich doch mal bei wikipedia glatt die Wortbedeutung klären: Also her kommt von Heer und berge (berga) kommt von Bergung, also Unterkunft für das Heer.

Na dann.

Immerhin, die JH Stintfang ist sogar in Hamburg auf dem Berg 😀. Immerhin 26 Meter hoch . Rest der alten Wallanlagen.

[Enja]

Aus dem Grund haben wir für Radreisen die JHB bald gestrichen. Wegen garantierter Bergankunft. Ich habe jahrelang Ferienfreizeiten für Kinder organisiert. Da haben wir miterlebt, wie eine JHB nach der anderen saniert wurde. Dabei wurde es immer teurer. Und ein Jahr vorher war meist alles ausgebucht. Es musste dann zwei Jahre vorher gebucht werden. Und es wurde immer teurer. Einige Jahre sind wir auf Hotels ausgewichen. Die haben aber nicht vergleichsweise robustes Mobiliar.
Eine JHB, in der wir fast jedes Jahr waren, erklärte eines Tages, man wolle uns nicht mehr. Keine Kinder mehr. Man setze nun auf Erwachsenenbildung. Da könne man mehr verdienen.
Die letzten Jahre gab es diverse Gründe für Ausfälle. Corona. Flüchtlinge. Alles, was so auf dem Markt war. Ich bin froh, dass ich das nun hinter mir habe.

[Pfad-Finder]

@Bonobo: Wenn Du Schlafsaal haben willst, musst Du auf private Hostels ausweichen. In den Großstädten gibt es die fast überall, aber auch in Klein- und Mittelstädten und sogar auf dem Lande sind die im Kommen. Man hat dort anders als in den klassischen Jugendherbergen des DJH keinen einheitlichen Standard. Die DJH-Herbergen sind mir im Vergleich zu Hotel/Pension/privatem Hostel inzwischen zu teuer, deswegen habe ich meine Mitgliedschaft 2022 gekündigt. Vor allem waren die JH bei den letzten spontanen Anläufen immer ausgebucht.

[Torres]

Es sind eben oft große, alte Häuser in traumhafter Lage. Locations in Burgen oder in Gebieten, wo man sonst nicht unterkommt. Aber das kostet eben auch Unterhalt. Alleine die Heizkosten!
Ich habe volles Verständnis, dass Erwachsene ab 27 mehr Geld für Komfort zahlen. Wer Radreisen macht, ist nicht arm. Und auch die Schüler haben heute mehr Komfortbedürfnisse als früher, das kostet. Ich bin mir aber sicher, dass es auch Zuschüsse gibt. Wir waren mit der Schule damals in einer unsanierten Herberge, da gab es quietschende Betten im 14er Zimmer und Katzenwäsche mit kaltem Wasser an einer Reihe von 10 nebeneinanderliegenden Waschbecken. Horror. Da gäbe es heute sicherlich eine Anzeige wegen seelischer Grausamkeit. Diese Kategorie Campingplätze gibt es auch nicht mehr, schon allein wegen der Auflagen.

Im Vergleich zu den Zeltplatzpreisen an den Küsten ist es immer noch eine preiswerte Gruppenunterkunft. Für Backpacker waren die Jugendherbergen eigentlich nie so wirklich. Es ist eher Glück, ein Bett zu finden, meist in der Nebensaison. In England waren die JH auch eher Gruppenherbergen, während die Independent Hostels die Backpacker ansprachen. Dass eher Schulen oder Gruppen im Vordergrund stehen dürfte auch steuerliche Gründe haben - sie sind gemeinnützig und dürfen Spendenquittungen ausstellen. Da gab es mal Klagen dagegen, als sie hotelähnlicher wurden.

[Christian J.]

In England waren die JH auch eher Gruppenherbergen.

Ich war in den letzten Jahren in 3 englischen JHs (und das war die schönste), die waren alle für uns als Familie perfekt. Die Preise sind aber tatsächlich nicht mehr so sehr unter denen von einfachen privaten Unterkünften.
Was ich tatsächlich erwähnenswert finde ist, dass es in Jugendherbergen Aufenthaltsräume ohne "Konsumszwang" gibt. Man kann stundenlang in der Lobby oder im Speisesaal sitzen, dabei Karten spielen und sogar seine eigenen Chips und Cola aus dem Supermarkt nebenan essen - und das ist akzeptiert. Das geht in der Kneipe nicht, ohne dass man nicht ständig Getränke bestellt. Es ist auch nicht verpönt, sich eine Pizza in die JH liefern zu lassen, teilweise haben die sogar Kochmöglichkeiten. Als Familie macht das eine enorme Preisersparnis bei der Urlaubsverpflegung - selbst wenn die Übernachtung selbst nicht mehr so viel billiger als in günstigen Hostels ist.

[Flachlandtiroler]

War's nicht so, dass die JHs in UK/Irland komplett auf Selbstverpflegung basieren?
Ich erinnere mich lebhaft an den Gestank, wenn jeder morgens in der Gemeinschaftsküche seinen Frühstücks-Speck verkokelt hat

[bananensuppe]

OT:

Wer Radreisen macht, ist nicht arm.

Was verstehst du unter arm ?
Ich gehe heute erst einmal wieder auf Radreise und übernachte aber immer auf, möglichst günstigen, Campingplätzen, denn für alles andere bin ich nicht reich genug.

[Christian J.]

War's nicht so, dass die JHs in UK/Irland komplett auf Selbstverpflegung basieren?
Ich erinnere mich lebhaft an den Gestank, wenn jeder morgens in der Gemeinschaftsküche seinen Frühstücks-Speck verkokelt hat

Ne, inzwischen verkokeln teilweise die Angestellten den Frühstücksspeck für Dich. (Du weißt doch: "Tradition ist das Weitergeben der Asche"....oder so ähnlich) Jedenfalls 1/4 JHs in GB, in denen ich in den letzten Jahren war, hatte ein (durchaus gutes aber nicht billiges) gastronomisches angebot,

[Flachlandtiroler]

OT: Sagen wir mal so, die "Reichen" haben Radtouren als Ferienmöglichkeit entdeckt -- mit e-Bike, Hotel und Gepäcktransport. Solange man an Elbe oder Donau unterwegs ist, scheint diese Spezies zu dominieren.
Das ist aber weder der Ursprung, noch die Normalität.

Danke Christian J. für's Update. Der letzte UK-Urlaub ist schon was her und war stationär...

[mariusgnoedel]

OT:
Was verstehst du unter arm ?
Ich gehe heute erst einmal wieder auf Radreise und übernachte aber immer auf, möglichst günstigen, Campingplätzen, denn für alles andere bin ich nicht reich genug.

Manche denken, dass alle Radreisende "arm" sind:

• können sich kein Auto/Motorrad/Wohnmobil/(Fluß)Kreuzfahrt leisten
• übernachten teilweise in einfachen Hotels oder sogar auf dem Campingplatz (oder noch preiswerter Wassersportverein/wild) mit dem Zelt
• kein Highend Rennrad, Gravelbike oder wenigstens E-Bike und Radreise mit Unterkunft, Gepäcktransport, Pausenwagen, etc.
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