Wenn dies dein erster Besuch hier ist, lies bitte zuerst die Nutzungsbedingungen
durch. Du musst dich registrieren,
bevor du Beiträge verfassen kannst. Klicke dazu oben auf 'Registrieren', um den Registrierungsprozess zu
starten. Du kannst auch jetzt schon Beiträge lesen.
Ich kann leider den Bildordner nicht aufrufen, aber irgendetwas ist mit der Größe falsch gelaufen, ich bin mir sicher, ich hatte die Bilder verkleinert. Dabei sind sie nun teils größer als das Original. Sehr merkwürdig.
Hinzu kommt, dass das Forum derzeit so langsam ist, dass ich für den letzten Beitrag alleine 1,5 Stunden Hochladezeit gebraucht habe und bisher auch die Tippfehler nicht ändern konnte, weil die Seite einfach nicht hochlädt. Eben konnte ich auch keine Bilder hochladen, der Button wurde nicht angezeigt. Jetzt ist er wieder da.
OT:
Das Testbild hat das Format 640 x 480 (128 KB); das erste Bild in deinem Bericht hat das Format 4000 x 3000 (2,88 MB). Eine so hohe Auflösung ist natürlich nützlich, wenn man beispielsweise die Textur deines Schwalbenschwanzbefestigungsbandes einer genauen Untersuchung unterziehen möchte. 🤔
OT: Schon klar, ich sag ja, es ist größer als das Original. Ist mir nicht aufgefallen, ich reduziere eigentlich immer runter im Netz. Ich werde die ersten Bilder aber jetzt so lassen.
Ich habe mir als Kind immer vorgestellt, dass der Loreleyfelsen ein ganz besonderer Felsen ist. Natürlich war mir klar, dass dort oben keine zarte Jungfrau mit langem Haar Sommer wie Winter herumsitzt, welche den Männern den Kopf verdreht - Frau haben was anderes zu tun, als den ganzen Tag an Männer zu denken - wobei ich den Gedanken andererseits charmant fand - was sind die auch so doof und gucken zu ihr hin! Haben die keine Ehefrau?
Andererseits vermutete ich, dass der Felsen vielleicht über einen Felsvorsprung verfügen würde, den man als menschliches Gesicht oder menschliches Wesen ansehen könnte. Es gibt ja manchmal solche Phänomene. Als ich das erste Mal in der Gegend war, konnte ich nicht fassen, dass es einfach nur ein piepnormaler Felsen ist. Was ist daran bloß so besonders?
Ich sehe es an dem Schiff, das sich schleichlangsam um die Kurve tastet.
An der Loreley ist eine Engstelle im Rhein. Sie war früher auch mit gefährlichen Riffen versehen, die zu Schiffsunglücken führten. Die Riffe wurden in den 70iger Jahren des letzten Jahrhunderts gesprengt, aber gefährlich ist die Stelle immer noch. Mal wieder typisch, dass es nur eine Frau gewesen sein kann, die den armen Seemann ins Verderben gelockt hat anstatt die Ursache in Fahrfehlern zu suchen.
Ich erkläre dem WAI die Zusammenhänge. Die Loreley bzw. dieser Felsen war das Minimalziel unserer Tour, denn ich fand, ein Forumsstaffellauf ohne Loreley geht einfach gar nicht. Das Zentrum der deutschen Romantik mit Weltererbestatus: Das muss man gesehen haben.
Man kann also reimen: Das WAI war dabei!
Und hier sieht man dann auch den Aussichtspunkt oben mit seinen Fahnen. Ein paar Spaziergänger schauen herunter. Vor der Straße ist ein weißes Schild, in der Auflösung jetzt nicht mehr zu erkennen. Oben ist auch das legendäre Festivalgelände und eine umstrittene Sommerrodelbahn angesiedelt.
Und damit bin ich in St. Goar.
Gegenüber liegt St. Goarshausen mit der Burg Katz. Sie wurde 1360-1371 von den Grafen von Katzenelnbogen gekauft, dann aber abgekürzt Burg Katz genannt. In direkter Nachbarschaft gab es auch Burg Maus. Sie wurde in einem Erbstreit und im Pfälzischen Erbfolgekrieg immer mal wieder zerstört und 1806 von Napoleon gesprengt. 1896 wurde sie von Landrat Ferdinand Berg als Wohnsitz neu aufgebaut ohne Rücksicht auf historische Reste zu nehmen. 1936 wurde ein Schulungslager des Reichsarbeitsdienstes eingerichtet. Nach 1945 ging ist an die Bundesrepublik Deutschland und fungierte nun als Internat und als Schule. Heute ist die Burg in japanischem Privatbesitz und nicht zu besichtigen.
Vor mir liegt nun einer der geöffneten Campingplätze auf der Route, den ich ernsthaft in Zeltüberlegungen mit einbezogen hatte. Ich hatte die romantische Vorstellung eines kleinen, verwinkelten Platzes, das dem WAI Heimeligkeit und Geselligkeit verspricht.
Vor meinem geistigen Auge sehe ich mich ganz alleine mit Zelt auf dieser Wiese in der Entenschxxe sitzen, der Wind weht eiskalt und frisch durch das UL-Zelt und alle zehn Minuten donnert die Bahn vorbei. Da hilft auch der Ausblick nichts.
Sorry, WAI, da würden mich auch im Sommer keine 10 Pferde hinbekommen. "Sehr gut", sagt das WAI, "das muss nun wirklich nicht sein. Ein bisschen mehr Stil wäre schon schön". Wir sind uns also einig. Und dann ruft das WAI: "Guck mal, was ist das?" Und da sitzt sie tatsächlich, die Loreley. Ich hätte sie mir zwar eher vorgestellt wie die Eiskönigin, aber vielleicht ist sie auch einfach etwas älter geworden.
Die Statue wurde 1983 von Natascha Alexandrova Prinzessin Jusopov gefertigt und an der Hafenmole platziert. Oben auf dem Felsen ist auch noch eine Statue, aber die kann man von hier aus nicht sehen.
Ich fahre in den Ort hinein, ich brauche wieder mal eine Toilette.
Der Ort überzeugt mich nicht. Es ist menschenleer hier. Schloss Rheinfels wäre ein 4 Sterne-Hotel, aber selbst das reißt mich jetzt nicht vom Hocker. Ich tue dem Ort garantiert unrecht, aber hier bin ich falsch, definitiv.
Mein Navi erklärt mir, dass hier gleich eine Öffentlichkeit Toilette kommt und ich suche herum. Nichts. Keines der versprochenen Zweckbauten hier zu sehen, die sonst das Straßenbild verschandeln. Ich zwinge mich dazu, noch einmal zu überlegen und dann sehe ich es doch: Der Wald vor lauter Bäumen.... Wer rechnet denn damit!
Ich überlege, wo ich mein Fahrrad anschließe, aber dann sehe ich das große Tor und denke, probier mal. Eine Halle! Das Fahrrad darf mit, das WAI sowieso.
Meine Wasserflasche ist alle und ich möchte die Reserve ungern anbrechen. Aber wozu war ich denn in Rüdesheim so ausgiebig speisen: Mineralwasser gibt es dort in Flaschen. Und diese Flasche passt unter den Wasserhahn. Gerettet.
Es ist jetzt 14.41 und ich denke nach. Jeder Kilometer, den ich heute noch fahre, erlaubt mir morgen mehr Freiraum. Was soll ich in diesem kleinen Ort heute noch machen? Das WAI nickt. Lass uns ruhig weiterfahren. So ist es entschieden. Wir fahren weiter.
Niemand hat gesagt, dass der Transport des WAI immer ein Zuckerschlecken sein muss und das ist auch nicht immer, aber auf den folgenden Kilometern komme ich an meine Grenze.
Die Sonne verschwindet immer wieder hinter dickeren Wolken, der Wind hat aufgefrischt und kommt weiter von vorn. Geschenkt. Dafür ist man Outdoorer. Aber die Straße. Ich könnte Schreien. Nicht die Autos an sich, aber die Lautstärke. Es ist unglaublich, wie laut ein Auto ist, das 100 fährt. Ich meine dabei nicht den Motor, sondern alles. Zong. Zong. IIIIIHZong. Autos, LKW, Transporter. In der Nähe ist die Autobahn. Wieviele Kilometer sind es noch? Vielleicht 11 km. Normalerweise fahre ich das in 25 Minuten. Aber nicht bei der Kälte und nicht bei dem Gegenwind. Ich stemme mich gegen mein Schicksal und würde am liebsten einfach vom Fahrrad fallen und gut iss. Aber das kann ich dem WAI nicht antun.
Burg Maus.
Boppard. Was sagt mir Boppard? Ich muss gestehen: Nichts. Ich kenne den Ort, aber ich kann damit einfach nichts verbinden, außer, dass dort auf der Hinreise erstaunlich viele Leute ausgestiegen sind. Anscheinend ist der Ort ein wenig größer. Dabei habe ich das verdammte Gefühl, er müsse mir etwas sagen. Aber da ist nur Leere im Hirn. Das wird sich ändern.
Ich strample gegen Windmühlenflügel oder so ähnlich und habe das Gefühl, ich könnte auch laufen. Straßenschilder weisen darauf hin, dass in der Nähe Emmelshausen ist. Hier führt die steilste Eisenbahnstrecke Deutschlands hin und die Fahrt soll ein Erlebnis sein. Früher ging die Bahn sogar bis Simmern. Aber das ist leider vorbei. Viele Kennzeichen haben SIM. Ich frage mich, wer zum Teufel bei diesem Lärm spazieren geht.
Ich arbeite bei Lärm, aber dieses Zing. Zong. Zingzingzing treibt mich in den Wahnsinn.
34 km habe ich heute gerade mal geschafft? Und dann diese Lärmempfindlichkeit. Ich werde alt, denke ich. Das stimmt zwar, aber gut, ich habe fotografiert, gestaunt und der Tag ist kurz. Und wie ich eben später erfahre, ist diese Strecke tatsächlich laut. Auf dem Motorrad fällt einem das natürlich nicht auf, der Helm isoliert und man produziert ein Eigengeräusch. Ein paar Tage später, bei Sonnenschein werde ich an der Mosel die kreischenden Motorräder hören, Saisonkennzeichen März bis Oktober. Wie gut, dass heute noch Februar ist.
Seht ihr den Mann?
Ich kann es kaum glauben. Er ist nicht langsam oder anders ausgedrückt, ich bin so langsam, dass ich lange brauche, bis ich ihn einhole. Neben der Bahnstrecke ist noch eine Straße und ich überlege, ob ich auf dem falschen Radweg bin. Die Straße ist nicht so befahren. Aber ich habe weder eine Ahnung, ob sie leiser ist noch wie man da hinkommt. Da oben läuft übrigens auch jemand.
Eine Radlerin kommt mir entgegen. Sie ist mein Alter und lächelt mir zu. Die erste Person, die mich zuerst grüßt, obwohl ich immer grüße, hier auf der Strecke aber vergeblich.
Ein gewohnter Anblick, ich tippe auf Rotterdam. Wieder zwei Burgen.
Von hier aus aus der Ferne sehen sie hübscher aus als von Nahem. Und ich ahne, welche es sind. Genau. Die "Feindlichen Brüder". Die Geschichte ist eigentlich recht unspektakulär: Die Burgen gehörten seit dem 14.Jh. unterschiedlichen Bezirken an und wurden daher mit zwei Schildmauern voneinander abgegrenzt. Zudem diente eine der Burgen als Vorburg und die Schildmauern boten einen besseren Schutz der anderen Burg. Daraus wurde dann eine Sage gesponnen von zwei Brüdern, welche die gleiche Frau liebten und als sie sich zerstritten, diese Mauer bauen ließen. Die Geschichte ist etwas umständlich, die Brüder versöhnen sich zum Schluss und die Frau geht ins Kloster. Man geht davon aus, dass es zwischen den beiden Burgen nie eine bewaffnete Auseinandersetzung gab. Heinrich Heines "Zwei Brüder" thematisiert die Sage auch.
Beide Burgen befinden sich bei Kamp-Bornhofen. Burg Sterrenberg, links, mit dem hohen Bergfried, wurde bereits um 1034 erwähnt, gesichert ist, dass sie 1190 ein Reichslehen war. Bereits im 16. Jh. wurde sie als unbewohnbar dargestellt. Sie gehört heute dem Land Rheinland-Pfalz und in den 70igern des letzten Jahrhunderts wurden Sicherungsmaßnahmen und Wiederaufbauten umgesetzt. Im Sommer gibt es ein bewirtschaftetes Restaurant.
Burg Liebenstein ist die höchstgelegene Burg am Mittelrhein und ist geschütztes Kulturgut nach Haager Konvention. Sie wurde vermutlich im 13. Jh. als Vorburg zur Burg Sterrenberg gebaut. Während Burg Sterrenberg an Kurtrier ging, blieb Burg Liebenstein in Familienbesitz. Es folgten Ausbaut, erst der Hauptturm, dann errichteten die bis zu zehn Erbparteien ihre eigenen Wehrtürme und Wohnbauten. Im 16. Jh. war auch diese Burg verfallen und unbewohnbar, die Familie starb aus und die Burg bin an die von Preuschen von und zu Liebenstein über. Sie restaurierten 1977 und 1978 umfangreich und der Hauptturm ist heute Hotel und Restaurant.
Das Franziskaner- und Wallfahrtskloser Bornhofen.
Und als ich auf das Kloster schaue, denke ich, verdammt, Du hast noch keine Unterkunft heute nacht. Ich ziehe die Handschuhe aus und gehe wieder auf das übliche Buchungsportal. Okay, zu teuer. Ein Hostel. Bett im Schlafsaal. Früher habe ich sowas ja immer gerne gemacht, aber ich stehe in kaltem Wind, mir tun die Weichteile weh, ich schaue auf ein Kloster und ich sehe mich nach Wärme und Behaglichkeit. Keine funktionale, deprimierende Einrichtung, so wie gestern, bitte. Nehmen wir die Mitte. Hotel Bellevue. Wenn ich Pech habe, ein abgewrackter Schuppen alter Schule, aber 94 Euro sind schon eine Hausnummer, da sollte man was erwarten. Ich rufe an. "Ja, wir haben noch ein Zimmer frei. 113 Euro mit Frühstück kann ich ihnen anbieten". Uh, mein Limit ist bei unter 100 Euro. "Nein, dann erstmal ohne Frühstück". Kaum habe ich gebucht, entspanne ich mich. Hoffentlich ist die Dusche warm. Und ich habe Hunger.
Ich mobilisiere Reserven und strafe die Autos mit Missachtung. Das Werbeschild für das Ritterspektakel begleitet mich schon den ganzen Tag, und ich fotografiere es. Wieso hast Du kein Frühstück gebucht, schimpfe ich mit mir. Kannst Du doch nachholen. Guck den Schuppen erst einmal an, dann kannst Du doch immer noch entscheiden. Na gut, wenn Du meinst....
Boppard.
Das Hotel muss irgendwo dahinter sein, sieht ja ganz nett aus hier, die Parkanlage ist nicht erlaubt, die Straße fährt sich eh besser.
Ein paar Hotels tauchen auf, sie scheinen geschlossen zu sein. Scheint direkt am Wasser zu sein. Schlecht für Gebäude. Oh, ich bin zu weit. Wieder zurück. Vor dem Haus eine Terrasse. Treppen. Wo soll ich hier mit dem Rad hin?
Ich schiebe das Fahrrad vor den Terrasseneingang. Abschließen. 4 Sterne Superior. Hhm. Teppich. Hübsche Eingangstür. So war das eigentlich nicht gemeint. Klar, im zivilen Leben kein Thema, aber jetzt, so mit Helm und WAI und überhaupt? Aber ist doch Wurscht, oder? Klar. Ich gehe durch die Schwingtür mit dem WAI. Nicht, dass jemand es mitnimmt, das WAI ist manchmal etwas naiv. Eine historische Rezeption. Lions Club, Rotarier. Die Rotarier haben Sitzung. Man hört die Stimmen. Angenehme, entspannte Menschen. "Ich habe das Zimmer gebucht". Die Kälte hat mein Hirn vernebelt. " Bitte mit Frühstück". "Kein Problem". "Haben Sie einen Fahrstuhl?" "Gleich neben der Rezeption". Höflich und distanziert, passend zur Zielgruppe. "Wo kann ich das Fahrrad lassen?" "Wir haben eine Garage". Sie erklärt mir den Weg und ich bin ein wenig begriffsstutzig. Hunger, Kälte und Erschöpfung sind immer ein wenig viel. Sie zeichnet es mir ein. "Kann ich die Packtaschen hier lassen?" Sie nickt. Ich packe sie ans Restaurant, da sind sie dann doch im Weg, also packe ich sie an den Tresen. Dass sie mir nicht hilft, gibt hinterher Punktabzug.
Ich trabe los, das WAI ist bei mir.
Judengasse. Umbenannt 1934. Das muss ich mal genauer recherchieren.
Auf der linken Seite ist eine moderne Rückseite des Hotels, die Garage zwei Seitenstraßen weiter. Ein Mann hat in ein enges Gässchen seinen Porsche vor das Restaurant gestellt, ich komme mit dem Rad kaum vorbei. Anscheinend ist irgendetwas kaputt, denn danach basteln sie zu zweit. Eine alte Dame verlässt ihr Haus. Sie besitzt einen Dackel. Der Ort ist mir sympathisch.
Vergeblich suche ich nach einem Stellplatz für das Fahrrad. Später erfahre ich, dass die Fahrradgarage gerade renoviert wird. Ich rufe die Rezeption an, die mir irgendwas beschreibt, was ich nicht verstehe. Die meisten Abstellgelegenheiten sind auch Parkplätze, ein paar dieser Parkplätze sind besetzt und die Elektro SUVs brauchen viel Platz. Wir einigen uns auf eine Stelle und dann läuft die Sache. Nun muss ich aber alles abnehmen, auch das Zelt. Ärgerlich.
Zum Hotel laufe ich unten herum, die Sonne neigt sich und die Sache wirkt sehr idyllisch. Spaziergänger flanieren und der Ort strahlt Ruhe aus.
Ich schnappe meine mit gelbem Regenüberzug versehenen Packtaschen, die selten so deplatziert aussahen und betrete den Fahrstuhl. Am Ende ist ein Spiegel und ein dunkelgrünes Sofa. Hammer, denke ich. Der Aufzug geht auf und ich denke, ich bin bei meinen Großeltern. Einige der Möbelstücke sind mir vertraut, die große Treppe, der Teppich, die Bilder an den Wänden. Über Geschmack kann man streiten, aber ich finde, so muss ein historisches Hotel aussehen. Mein Zimmer. Die Tür ist alt, aber die Technik modern, ich habe eine Schlüsselkarte und keinen sackschweren Schlüssel mit Anhänger. Und dann muss ich lachen. Das Zimmer hat den gleichen Stil, ein Sessel und ein Stuhl, ein Bett in der Polsterfarbe. Die Bilder geben das nicht her, man muss so einen Raum erspüren, aber für mich ist er perfekt. So einrichten würde ich mich nicht, aber müde und abgekämpft ist das genau die Wärme, die gefällt. Das Bad natürlich völlig modern, Fußbodenheizung im Raum. Wunderbar. Keine alte, klopfende Heizung, die Stunden braucht, den Raum aufzuwärmen. Ich schmeiße meine Sachen auf den riesigen Schreibtisch und stürme die Treppen hinunter.
Ich bin hungrig und weiß, wo der Penny ist. Die Restaurants im Haus sind sicher fantastisch, aber ich habe heute besondere Bedürfnisse. Ich will die Hotelfassade fotografieren, aber ein alter Mann macht gerade Frühsport auf seinem Balkon. Besser gesagt: Altmodische Körperertüchtigung. Arme zur Seite, Arme nach vor, in die Knie. Ich bin in einer ganz eigenen Welt gelandet.
Zuerst gehe ich aber Richtung Markplatz, denn ich möchte gerne die Kirche anschauen. Das Kurfürstliche Schloss. Es beherbergt ein Museum, der Eintritt wäre für mich als Hotelgast kostenlos gewesen bzw. in der Kurgebühr enthalten gewesen.
Alte Bausubstanz.
Der Marktplatz.
Ich ergattere noch ein Schokobrötchen, die Auslage ist fast alle. Der Bäckerjunge freut sich auf Feierabend, man sieht es ihm an.
Ein paar Kinder kreischen auf dem Markplatz herum und vor meinem geistigen Auge taucht der Nachbar auf, der früher mit uns immer so geschimpft hat, wenn wir in der Mittagspause gespielt haben. Oh je, auf dem Niveau bin ich schon, aber liebsten würde ich "Ruhe" brüllen. Schnell zur Kirche. Doch diese ist leider geschlossen. Vielleicht morgen noch einmal. St. Severinus-Kirche.
Der Penny ist so verwahrlost, wie viele Pennys, aber ich kaufe Heidelbeeren, die wirklich nach Heidelbeeren schmecken (wie ich einen Tag später feststelle), Ziegenkäse, ein paar Brötchen und Geflügel-Wiener, die so eklig schmecken, dass ich die nie wieder kaufen werden. Was man halt so kauft, wenn man Bärenhunger hat. Und Mineralwasser. An einer Sparkasse ziehe ich Geld und lande am Bahnhof. Eine Skulptur.
Engelbert Humperdinck, ich weiß sofort, wer das ist, Opernkomponist von Hänsel und Gretel. Die Nacht senkt sich jetzt über den Rhein und alles wirkt so wunderbar friedlich. Die Autos sind vergessen.
Ich passiere das Hospitaltor des Hospital zum Heiligen Geist und den Karmeliterhof. Eine weitere Kirche und dann bin ich zurück. In den Restaurants sitzen junge Menschen und lachen und ich freue mich, heute hier zu sein. Ich dusche, esse und dann treibt es das WAI und mich noch einmal vor die Tür. So schön hier. Ich frage an der Rezeption, ob Fotos okay sind, ja, sind sie. Das WAI besteht nun darauf, heute mal kein Outdoorer, sondern ein Indoorer zu sein.
"Das Leben ist bunt", sagt das WAI, "und dieses Stück Welterbe gehört auch dazu. Wo sonst findet man noch so eine Ästhetik, wenn nicht hier?".
"Ist ja nur dieses eine Mal", sagt es entschuldigend.
Und seufzend lässt es sich auf das Bett fallen und schläft sofort ein.
Am nächsten Morgen ist es nass, windig und kalt. Ich denke an den Zeltplatz an der Straße und bereue nichts. Ich habe wunderbar geschlafen. Im Netz google ich nach Winterangeboten, ich glaube, ich werde hier Ende des Jahres mal ein hübsches Arrangement nutzen. Pool und Sauna gibt es hier auch.
Aufstehen fällt mir nun extrem schwer. Schließlich quäle ich mich hoch und gehe noch einmal unter die Dusche, obwohl ich ja gestern schon geduscht habe. Das mache ich normalerweise nie, aber ich muss noch ein wenig den Luxus genießen. Ich betrachte das ganze Hygienegerödel im Bad und denke, dass andere Leute gut reden haben, von wegen, Zelte ist das Größte. Ich schreibe eine entsprechende SMS, im Garten von Freunden oder am Paddelverein ist das immer etwas anderes, als auf Tour.
Das Frühstück ist weniger ausladend als gedacht, aber es ist alles da, was man braucht. Protz ist hier also nicht angesagt, die Behältnisse und Portionen sind klein, damit wird Verschwendung vorgebaut. Pluspunkt. Alles, was die Küche verlassen hat, muss weggeworfen werden. Das wird dadurch vermieden. Hinter dem Tresen stehen Auszubildende, die immer sofort nachfüllen.
Ich will mich erst an einen kleinen Tisch setzen, wechsele aber an einen Tisch am Fenster. Ein Kellner kommt und spricht mich auf Englisch an. Aus irgendeinem Grund ist der Platz reserviert. Ich frage zweimal nach wieso, vielleicht ist das so, weil ich alleine reise, aber ich verstehe sein Englisch nicht. Er ist Inder oder Pakistaner. Missmutig setze ich mich an den kleinen Tisch, an den ich mich am Anfang gesetzt hatte, wobei der Blick eigentlich sogar besser ist, weil man nur den Fluss, aber nicht die Menschen auf der Promenade sieht.
Ein Ehepaar kommt, setzt sich an einen anderen Tisch, wird aber von dem Kellner zu dem Tisch geleitet, der reserviert ist. Jetzt verstehe ich auch das Wort, das er gesagt hat: Birthday. Man hat Blumen auf den Tisch gelegt und eine Kerze hingestellt, weil der Herr Geburtstag hat. Den Gästen wäre das egal gewesen, sie setzen sich hin, aber ihnen hätte nichts gefehlt. Ich bin angenehm überrascht, es ist ein bürgerliches Publikum hier, über so etwas macht man kein Aufsehen, das passiert jedes Jahr. Die Atmosphäre ist gelöst und dennoch ist es still, keine schrillen Lacher, keine Hektik, die Gespräche leise. Ein weiteres Ehepaar kommt, auch schon etwas älter, sie schaut sauertöpfisch drein. Als sie vom Buffett kommt, stellt sie sich plötzlich ganz nah neben mich und schaut wohl auf mein Handy und fragt mich, ob ich irgendwas suche. "Nein", sage ich, "ich lese f.a.z". Heute nennt man so ein Verhalten wohl übergriffig, aber ich finde es eigentlich ganz lustig. Sauertöpfig ist sie schon mal nicht. Vielleicht mag sie keine Handys. Und einen Moment erinnere ich mich, wie man früher in derartigen Hotels immer die in Holz eingespannte Zeitung von einem Haken nahm und am Tisch die überdimensionierte Zeitung las, hinter der man den Frühstücksteller mühsam suchen musste. Das Rascheln der Blätter habe ich noch im Ohr. Bei manchen Dingen ist es doch schade, dass sie verloren gegangen sind. Wer würde heute noch eine gedruckte Tageszeitung beim Frühstück lesen.
Ich parke meine Koffer und das Zelt wieder an der Rezeption, diesmal ist die Dame an der Rezeption etwas schlauer und bringt die Sachen in Sicherheit. Schnell laufe ich mit dem WAI zur Kirche St. Severin und bitte um göttlichen Beistand. Das WAI steht über dem Weihwasserbecken. Ich verzichte nun bewusst auf ein Wortspiel, damit macht man keine Späße.
In der Tiefgarage treffe ich einen Holländer, der einen der überdimensionierten E-SUVs fährt, die einen das Fürchten lehren. Er ist nett, früher ist er auch viel Fahrrad gefahren.
Wieder stelle ich das Rad vor die Außenterrasse. Ich hole meine Koffer und bedanke mich für den netten Aufenthalt. Die Frau von der Rezeption ruft, warten Sie und greift in einen Korb. Sie überreicht mit eine kleine Flasche Wasser, Tetrapack, und ich denke, oh je, ich habe keinen Platz mehr, freue mich aber dennoch. Die Flasche wird noch eine besondere Bedeutung bekommen.
Während ich das Gepäck holen war, hat sich doch eine Frau samt Wolldecke mit einer Tasse Kaffee auf die Außenterrasse gesetzt. Ich entschuldige mich, aber sie lacht, kein Problem. Eine Fahrradtour. Sehr schön. Ein älteres Ehepaar kommt und fragt interessiert, woher ich komme und wohin ich will. Ich erkläre es und der Mann nutzt die Gelegenheit zu fragen, ob denn an der Kirche am Rhein ein Radweg ist. Sie hätten sich das schon immer gefragt. Ich brauche eine Sekunde, dann fällt der Groschen. "Sie meinen die Kirche an der großen Burg, wo der Campingplatz ist?" "Ja, genau." Er meint die Clemenskapelle. "Ja", sage ich, "das ist der Radweg sogar wunderbar und idyllisch. Erst ab Bacharach bzw. ab St. Goar wird es furchtbar. Machen Sie das unbedingt einmal, aber nicht im Sommer, da wird es viel zu voll sein. Februar und April sind die regenärmsten Monate in Bingen". Die letzte Information hatte ich am Morgen gelesen.
Dann habe ich es aber plötzlich eilig. Die Fähre steht bereits da.
Außer mir ist noch ein älterer Mann mit einem Chopper-Motorrad da, dem man ansieht, wie kalt es ist. Außerdem ein Rennradler mit kleinem Daypack auf dem Rücken.
Die Strömungsgeschwindigkeit des Rheins ist hoch, es ist wohl immer noch Hochwasser.
Ich denke an die Technoparties von früher und meine Laune hebt sich. Im Warteraum sitzt ein Teenager. Die Fähre legt ab und damit ist Boppard auch schon wieder Geschichte. Ich seufze. Man könnte jetzt auch warm und trocken im Bett liegen und lesen. Ach was, stell Dich nicht so an!
Über den Häusern von Boppard entdecke ich noch ein älteres Gemäuer, stimmt, das hatte ich gestern Abend auch schon gesehen. Egal, weiter geht es. Der Radweg führt an der Landstraße entlang. Das Wetter ist genauso eklig, wie es aussieht und ich ziehe die warmen Winterhandschuhe an.
Die Autos sind immer noch laut, aber es ist auf dieser Seite viel weniger Verkehr. Ich sehe auf der anderen Seite die Züge, PKW und LKW entlang rasen. Vielleicht sollte man besser bereits in St. Goar die Seite wechseln. Aber das ist halt außerhalb der Saison schwieriger mit der Übernachtung.
Ich bin jetzt in Felsen, die Katholische Kirche wirbt für sich als Radfahrerkirche. Einen Moment überlege ich, ob ich sie besichtigen soll, aber ich bin zu faul dazu.
Außerdem ist mir kalt.
Auf der anderen Seite befindet sich jetzt die Gegend Boppard Hamm. Es ist eine Rheinschleife, die wohl von oben hübsch anzusehen ist.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite fährt ein Mann mit dem Trecker die Obstbäume ab. Vermutlich eine frühe Apfelblüte. Ich erspähe eine Schutzhütte, aber sie ist oben auf dem Berg. Dort verläuft der Rheinsteig. Auf der anderen Seite müssen auch mehrere Schutzhütten sein, die kann ich aber nicht erkennen. Und hier steht es dann auch.
Rechts von mir mal wieder ein Schloss. Schloss Liebeneck in Oberspai, errichtet Ende des 16. Jhs. Hierhin übersiedelten die Herren von Liebenstein, welche Burg Liebenstein von en "Feindlichen Brüdern" bewohnt hatten. Nach em Ersten Weltkrieg wurde das Schloss von französischen Truppen verwüstet. 1972 wurde es von der Familie Schnierle aus Bonn gekauft und ist heute ein privater Wohnsitz.
Als ich diese Wiese sehe, hebt sich meine Laune. Freie Natur, bisher war das am Rhein die Seltenheit. Hier könnte man fast sogar Wildzelten. Der Verkehr hat zugenommen und nervt mich. Ein Herz oben im Wald. Wieviele Autofahrer das wohl schon gesehen haben?
Aber gut, wer schaut denn auch so genau den Hang hinauf.
In der Ferne sieht man nun eine weitere Burg. Sie sieht groß und schön aus, soviel kann ich schon sehen. Oft die Perspektive aus der Ferne die Beste, weil man sie dann ganz sieht.
Ein Blick zurück.
Die Fotodichte häuft sich nun. Irgendwie habe ich gerade überhaupt keine Lust mehr, Fahrrad zu fahren. Die Straße nervt mich.
Auf der anderen Rheinseite liegen übrigens Oberspay und Spay. Nun weiß ich auch, wie die Burg heißt. Marksburg. Die Burg passend zu meinem Mark II.
Die Sonne zeigt nun Anzeichen, herauszukommen.
Auf meiner Karte sehe ich, dass vor der Marksburg noch eine Kirche liegen muss. Ich bin jetzt recht nahe schon am Felsen, so dass die Burg kaum noch zu sehen ist, dafür taucht die Kirche auf.
Und damit befinde ich mich in Braubach. Ein Ort, von dem ich noch nie gehört habe. Was ein Fehler ist.
Vielleicht liegt es daran, dass kurz darauf die Sonne herauskommt. Sie taucht die Burg in neues Licht. Die Marksburg ist die einzige Höhenburg, die unzerstört erhalten geblieben ist. Sie stammt aus dem 12. Jh. Sie steht unter Denkmalschutz und unter dem Schutz der Haager Konvention. 1900 erwarb die Deutsche Burgenvereinigung die Burg, sicherte die Bausubstanz und sorgte dafür, dass sie heute - trotz Artilleriebeschuss im 2. Weltkrieg - heute das Bild einer spätmittelalterlichen Burganlage vermittelt. Die Burg kann besichtigt werden.
Tatsächlich liegt es eher daran, dass neben mir wieder ein Gefühl der Weite entsteht, denn die strenge Abfolge Fluß, Vegetation, Radweg, Straße, Bahn ist hier aufgebrochen. Am Wasser ist Wiese und ein Stellplatz für Wohnmobile direkt am Rhein. Hier hätte ich mich mit einem Zelt gerne hingestellt. Hier gefällt es mir. Ich weiß nicht wieso, es ist ein bisschen so wie in Eltville, aber ich finde, der Ort hat eine gute Aura. Dabei werde ich den Ort gar nicht sehen, aber dazu komme ich gleich.
Zunächst fotografiere ich einen Stein. Zum Gedächtnis errichtet v. Tuchverein Braubach im 50. Jahre seines Bestehens 1911.
Ich bin jetzt eigentlich radelnd ganz gut wieder im Fluss.
Ich radele an dem Turm vorne links vorbei, mache aber dann Halt und denke, so geht das nicht. Ein wenig Besichtigung muss sein. Radfahren ist in der Anlage nicht erlaubt, ich glaube, ich muss sogar Treppen überwinden.
Der Wehrturm ist ein Kriegsdenkmal.
Dann sehe ich die nächste Skulptur. Ich bin nun im Rosengarten gelandet. Die Sonne strahlt nun plötzlich und ich zeige dem WAI, wo wir sind.
In der vorderen Tasche des WAI habe ich die Flasche, die ich im Hotel erhalten habe. Wasserglück. Rhenser Quelle. Es schmeckt wunderbar, ich bin ganz überrascht.
Ein schöner Platz, um Pause zu machen.
Ein paar Leute unterhalten sich in der Nähe. Ich google den Ort und stelle fest, es gibt hier auch ein Schloss. Schloss Philippsburg. Ich schiebe das Fahrrad ein Stück zurück.
Einfach schön hier. Noch einmal der Stellplatz.
Und dann schlägt das Schicksal erbarmungslos zu. Ich weiß doch eigentlich, dass ich morgens kein Obst essen darf. Den Orangensaft habe ich tapfer links liegen lassen, aber die Weintrauben hatten mich so angelacht. Als ich es gemerkt hatte, hatte ich die ersten schon gegessen. Verdammter Mist. Schnell schaue ich im Netz nach: Da vorne muss eine Öffentliche Toilette sein. Ich schwinge mich aufs Fahrrad. Ein Busparkplatz. Großes Schild Toilette. Nur leider kommt man da irgendwie nicht hin, das ist der Durchgang zur Innenstadt. Ich muss einen anderen Weg nehmen. Eine Reiseradlerin frühstückt gerade. Gerne würde ich sie ansprechen, aber ich habe ein Problem. Das vergrößert sich auch gleich noch, denn die Toilette ist geschlossen.
Ich schwinge mich wieder aufs Fahrrad. Vielleicht kommt gleich ein Waldstück oder ein nächster Ort, meine Gedärme explodieren gerade. Und dann schickt mir der Himmel einen Campingplatz.
Green Camping oder so. Ich stelle das Rad ab, laufe die Treppe hoch, die Rezeption hat Mittagspause. Ich bete, dass er die Toilette nicht abgeschlossen hat, nein, hat er nicht. Für Fremde kostet das 50cent. Ich lege das Geld auf die Fensterbank. Der Platz sieht sehr hübsch aus, einen Moment spiele ich mit dem Gedanken, mein Zelt auszupacken. In der Mittagssonne ist das natürlich verlockend, aber die Nacht wird auch hier sehr kalt sein. Lassen wir das. Der Platz hat übrigens das erste Mal auch im Winter geöffnet, bei Archies stand er nicht drin.
Ich fotografiere die Ladestation für Handys.
Der einzige Wohnmobilfahrer auf dem Platz macht die Tür auf und ruft, er wäre nur schnell zum Baumarkt, er wäre gleich wieder da. "Nein", sage ich, "ich muss weiter, aber sagen Sie bitte danke, dass er die Toilette aufgelassen hat, das Geld liegt auf der Fensterbank." Er macht eine Geste, wie "geh fodd", und ich schwinge mich wieder auf das Fahrrad. Der Radweg macht hier einen Knick. Zurückfahren und den Ort besichtigen vergesse ich. Ich muss wohl noch einmal wiederkommen.
Der Radweg ist nun wieder naturnah und recht leise. Links sind noch Gärten, aber dann wird es naturbelassener. Hier hätte man ein Plätzchen finden können, aber das weiß man ja nicht vorher.
Und dann sehe ich etwas. Ich weiß nicht, ob man bei dem verkleinerten Bild den Schriftzug sehen kann: Auf der anderen Rheinseite ist die Rhenser Quelle bzw. der Rhenser Mineralbrunnen. Rhens liegt im Landkreis Mayen-Koblenz. Ein sehenswerter Ort, wie es scheint. Ich bin gerade einfach nur auf der falschen Seite. Und damit steht fest: Das wird meine Erinnerung an diese Tour sein.
Ein Rastplatz.
Auf dem Schild steht, Natürliches Mineralwasser aus der Quelle Lahnstein. Unterschrieben wird mit dem Firmennamen der Viktoria Mineralwassergesellschaft. Es war wohl ein Fehler, das braune Teil dort nicht genauer betrachtet zu haben. Im Netz sieht man, dass dort Wasser herauskommt, man sich also unmittelbar an Quellwasser bedienen kann.
Zuvor habe ich anscheinend auch eine Miniatureisenbahn übersehen, aber vielleicht ist noch keine Saison. Schloss Stolzenfels auf der andere Rheinseite sehe ich dann aber schon.
Und Schloss Martinsburg in Lahnstein auch.
Schloss Martinsburg wurde 1298 als Zolburg errichtet. Auch sie gehört zu den unzerstörten Burgen. Sie ist in Privatbesitz und es befinden sich in ihr Wohnungen, Büros, ein Fastnachtsmuseum und eine Münzprägeanstalt.
Es ist ziemlich voll hier, viele Menschen gehen spazieren, führen ihre Hunde aus oder sind mit Kinderwagen unterwegs. Mehrere Menschen sprechen Ukrainisch oder Russisch.
Ein Denkmal für die Verfolgten des Deutschen Ostens, es gedenkt der Ereignisse am 17.06.1953, dem Tag des Volksaufstandes in der DDR. Der 17. Juni war bis zur Wende (also von 1954 bis 1990) in Westdeutschland als "Tag der deutschen Einheit" ein Feiertag.
Ich muss nun in Richtung Lahnbrücke und schiebe mein Fahrrad.
Ein Mann wischt an der Kirchenmauer die Schmierereien ab. Er kann einem Leidtun, das erfordert vollen Körpereinsatz.
Der Hexenturm mit Stadtmauer.
Anscheinend muss der gesamte Verkehr über eine kleine Brücke. Die Menge der Autos schockiert mich. An der Kreuzung steht eine einsame Kirche.
Es bedarf schon des Geschicks eines Großstädters in den Kreisel hineinzukommen, ohne überfahren zu werden. Die Zahl der Autos ist gigantisch. Die Polizei fährt auch vorbei und schaut interessiert. Neben der Kirche sehe ich rechts eine Burg.
Und auf der linken Seite der Globus. Todesmutig fädele ich mich in den Verkehr ein. Auf der Brücke gebe ich auf, es ist Stau, ich hebe das Rad auf den Bürgersteig, hier war mal ein Radweg, jetzt aber nicht mehr. Ich wollte dem Rhein eigentlich die Lahnmündung in den Rhein zeigen, aber das geht leider nicht. Vor der Lahn liegt eine kleine Insel, die den Blick versperrt. Tschüß Rhein. Um das Foto zu machen, muss ich übrigens recht lange warten. Entweder es sind Autos im Bild oder pubertierende Jungs, die gerade aus der Schule kommen und eine Tochter mit Mutter macht ewig Selfies. Und so noch mal und so noch mal, dabei schaut sie auf allen Fotos gleich aus.
Als ich dann noch schnell das WAI auspacke, kommen schon wieder so viele Autos und Menschen, dass ich verzichten muss. So beschränke ich mich auf die andere Seite.
Auf meiner Seite sind jetzt auch pubertierende Jungs, eine ganze Gruppe. Erst denke ich, es sind Touristen, aber es sind keine. Die meisten haben ein Brötchen in der Hand, und als ich schalte, trifft es mich wie ein Holzhammer. Der Globus. Klar. Die sind von der Schule gekommen und haben sich bei Globus das berühmte Fleischkäsweck für einen Euro geholt. Mein Magen macht eine zuckende Bewegung. Ich habe tierischen Hunger. Verdammt. Lass uns umkehren. Aber mit dem Rad lassen sie uns eh nicht hinein und vor der Tür stehen lassen würde ich es ungern. Meine Bremsen sind megaschlecht und ich schiebe hinter den Jungen her. Dann geht es eine kleine Gasse hinunter und ich bin an der Lahn. Das nächste Abenteuer kann beginnen.
Passenderweise steht am Radweg sofort eine Bank, und ich setze mich nieder. Die Sonne scheint mir warm ins Gesicht und irgendetwas ist anders. Ich komme nicht gleich drauf. Spaziergänger sind unterwegs. Sie grüßen mich und lächeln. Eine ganz neue Erfahrung.
Und dann weiß ich, was anders ist. Es ist still. Der Lärm von Autos, Zügen und Motorsägen hat aufgehört. Es ist, als wäre man aus der Tür getreten und wäre in der unberührten Natur. Ich schaue nach rechts.
Immer noch tobt der Verkehr über die Brücke. Aber man hört nichts. Ich packe meine restlichen Brote aus. Seit vier Tagen sind sie in der Box. Aber sie sind noch gut. Ich habe Hunger und verschlinge sie. Was habe ich noch? Die Heidelbeeren. Sie schmecken fantastisch. Heidelbeeren vertrage ich auch. Nur Zitrusfrüchte und Weintrauben nicht.
Ein Reifen treibt vorbei. Ich sehe ihm lange zu. Dann entscheide ich mich, ihn doch zu fotografieren. Er ist so magisch, wie er vorbeitreibt, auch wenn ich anfangs überlege, wie man einen Reifen verlieren und ins Wasser fallen lassen kann. Ich überlege, ob sich in ihm ein Geheimnis verbirgt, aber ich kann keines entdecken.
Oben am Berg liegt Burg Lahneck. Erbaut im 13. Jh. wurde sie 1907 vom späteren Admiral der Marine Robert Mischke erworben und gehört heute der Erbengemeinschaft Mischke/von Preuschen. Die Burg kann von März bis November besichtigt werden und ist teilweise bewohnt. Es gibt ein Restaurant und in der Nähe ist ein Campingplatz. Der Burg ist das Gedicht "Geistesgruß" von Johann Wolfgang von Goethes gewidmet.
Die letzten Tage hatte ich überlegt, ob ich noch den Umweg über Koblenz machen soll. Das Deutsche Eck. Ich hatte mich dagegen entschieden, um im Zeitplan zu bleiben. In Boppard hatte ich allerdings geschaut, ob ich vielleicht mit der Bahn hinfahren könnte. Bis Hauptbahnhof wären es nur 15 Minuten gewesen, aber der Weg zum Eck mit dem Bus hätte viel länger gedauert. Ich hatte die Idee verworfen. Nun sehe ich, dass es nur 8 km bis Koblenz gewesen wären. Einen Moment wanke ich, aber dann denke ich wieder an den Lärm am Rhein. Ich lasse es so.
Ich setze mich in Bewegung. Links oben sehe ich eine Kirche.
An der Lahn liegen Boote. Es ist eine Art Hafen.
Noch ist eine Straße in der Nähe. Aber für mich es hier eine Idylle.
Ein verlassenes Fabrikgelände. Es gibt eine Fußgängerbrücke über die Lahn, die C.S. Schmidt-Brücke.
Und dann geht mein Herz auf.
Ich bin auf Tour. Vor mir ist ein Campingplatz, man hört die Straße dahinter. Aber das erste Mal habe ich das Gefühl, dass ich auf Tour bin. Die Welt liegt vor mir.
Eine Schleuse. Bis Bad Ems sind es nur 7 km. Der Weg an der Lahn ist hier aber zu eng, daher muss ich als Radfahrer ein kurzes Stück ausweichen. Als ich die kleine Steigung hochschiebe, nachdem ich ein weiteres Foto gemacht habe, höre ich "Achtung, mit Anhänger" und eine Frau mit E-Bike und Anhänger rast neben mir die Steigung hoch.
Aber der Umweg ist nicht lang.
Bis Bad Ems sind es nur noch 7 km. Das war mein Minimalziel. Es ist jetzt 14.47 und langsam wird es wieder kalt. Der Radweg ist manchmal durchaus als schmal zu bezeichnen.
Ich erreiche Fachbach. Hier befindet sich die Nieverner Hütte. Ein Schild weist daraufhin, dass sie von 1671-1932 eine bedeutende Eisenhütte und Gießerei war. Sie ist im Baubestand von ca. 1850 erhalten und ein Industriedenkmal.
Leider ist Fotografieren schwierig. Die Gebäude hier befindet sich im Gegenlicht. Die Hütte steht auf der Insel Oberau. Sie steht unter Denkmalschutz und ist geschütztes Kulturgut nach Haager Konvention.
Ich fahre allerdings nicht näher. Ich werfe noch einen Blick auf das Gebäude an der Brücke, es ist eine Radspannerei.
An der Spitze der Insel steht eine Heiligenfigur.
Ob das hier Fachbach ist, weiß ich nicht mehr.
Auf jeden Fall ist hier wieder ein besonders schönes Stück Landschaft. Ab und zu begegnen mir übrigens Fußgänger, nur selten ein Radfahrer.
Als mir mehrere Schüler entgegenkommen, ahne ich, dass ich jetzt in Bad Ems bin. Das ist richtig.
Hier ist ein Gymnasium. Ich finde eine Bank und denke nach. Bad Ems hat viele Hotels und mein Instinkt sagt mir, dass der Ort sehenswert ist. Ich würde aber gerne morgen gegen Nachmittag von Limburg fahren und mir dann Limburg anschauen. Dann könnte ich am Freitag morgen von Limburg nach Frankfurt starten. Dann wäre es aber günstiger, in Nassau zu übernachten. In Nassau gibt es auch einige Möglichkeiten. Mit dem unguten Gefühl, jetzt einen Fehler zu machen, buche ich ein Hotel in Nassau. Es ist im Nachhinein gesehen die richtige Entscheidung, obwohl es definitiv auch ein Fehler ist.
Ich fahre die Straße geradeaus weiter und komme an eine Brücke. Es ist sehr viel Verkehr, es ist jetzt kurz vor 16.00 Uhr. Die Häuser der Umgebung hatten mir schon gezeigt, dass hier ein gewisser Wohlstand herrscht und der Ort wirkt auf irgendeine Weise besonders. Ich weiß nicht mehr genau, wie ich die B 261 kreuze, ich biege in die Viktoriaallee ein und sehe links den Kurpark und rechts die Kirche St. Martin. Stolz steht sie inmitten der Rasenfläche und als ich sehe, weiß ich, es war ein Fehler. Bad Ems ist etwas Besonderes.
Einen Moment bin ich unschlüssig, ich muss ja noch nach Nassau radeln. Aber dann denke ich, was soll es. Eine Frau kommt gerade aus der Kirche, sie sieht traurig aus. Ich vermute, sie hat ihren Mann verloren. Die Kirche ist geöffnet und zwei Männer sitzen in den Bänken, beide scheinen Migrationshintergrund zu haben, einer könnte arabischstämmig sein, der andere sieht asiatisch aus. Nicht jeder, der nach Muslim aussieht, ist auch einer, denke ich. Das darf man nie vergessen.
Als ich aus der Kirche trete, wird mir bewusst, dass Bad Ems - wie der Name ja eigentlich sagt - ein Kurort ist. Auf der anderen Seite liegt der Kurpark. Hier ist Radfahren aber nicht erlaubt und mein Navi befielt mir, auf die andere Seite der Lahn zu wechseln. Hier geht es nämlich nicht mehr weiter.
Ich tue das und fädele mich in den Feierabendverkehr ein. Es ist Tempo 30, aber ein Auto jagt das andere. Die russisch-orthodoxe Kirche. Ein mir nicht unvertrauter Anblick. Aber wieso hier? Es ist die Kirche der Hl. Alexandra zu Bad Ems. Geweiht wurde sie zu Ehren der Heiligen Märtyrerin Kaiserin Alexandra, der Ehefrau des römischen Kaisers Diocletian. Sie ist aber auch Kaiserin Alexandra Feodorowna verbunden, der Frau von Zar Nikolai I. Sie wurde als Friederike Luise Charlotte Wilhelmine von Preußen geboren und war die Tochter von Wilhelm III und Königin Louise.
Die Kirche wurde erbaut, weil im 19. Jh. deutsche Kurorte beim russischen Adel in Mode waren. Gogol, Turgenew, Aksakov und Dostojevski, der während des Urlaubs "Die Brüder von Kamarasow" schrieb, waren zu Gast. Das lang auch am guten Eisenbahnnetz. 1857 wurde von den Bewohnern und den russischen Gästen ein Komitee gegründet, das von Schirmherrin Alexandra Feodorowna unterstützt wurde. 1860 kam der russische Kaiser Alexander II zu Besuch und 1874 wurde das Grundstück erworben. Architekt war Herr Goldemann aus Nassau. Vorbild war die Moskauer Kathedrale, die 1812 gebaut worden war und 1931 auf Befehl Stalins gesprengt wurde. Gerne würde ich sie besuchen, aber ich bin zwischen aggressiven Autos, Stop- und Go-Verkehr und verengten Fahrspuren gefangen.
Hinter der Kirche zeigt sich alte Bausubstanz.
Aber was ist auf der linken Seite sehe, verschlägt mir den Atem. Der Russische Hof.
Der Russische Hof war im 19. Jh. ein Grandhotel. Heute befinden sich hier Wohnungen. Und es geht noch weiter. Ich entscheide mich, zum Verkehrssünder zu werden und mein Rad von der Straße zu nehmen. So geht das hier nicht. Das ist mir auf der Straße zu gefährlich. Unterhalb der Straße führt an der Lahn ein Fußgängerweg entlang, das "Fahrradfahren verboten" - Schild ist nicht zu übersehen. Das ist mir jetzt egal, es ist ja keine Saison und ich hebe das Fahrrad die Treppen hinunter. Und denke, Du hast zu früh gebucht, als ich die Perlenkette an Gebäuden sehe.
Noch einmal der Blick nach rechts.
Der Quellenturm. In ihm befinden sich Tanks für Quellwasser für die Bad Emser Heilquellen. Gebaut wurde er 1907.
Eine Bergbahn gibt es hier anscheinend auch. Mir wird schon übel vom Zusehen. Rechts im Bild sieht man am Turm einen Teil eines Schriftzuges: Spielbank.
Und nun will auch das WAI nicht länger in seinem Behältnis liegen, sondern etwas sehen.
Als ich Taunuswanderer Bilder schicke, wird er prompt nervös.
Mir wurden WAIpaparazzi-Fotos zugespielt, die das WAI vor einer rheinland-pfälzischen Spielbank zeigen . Ich hoffe, dass wir es nicht teuer auslösen müssen
Diese Angst ist nicht ganz unberechtigt, aber wir hatten ja Kirchen besucht und um seelischen Beistand gebeten. Das bietet einen gewissen Schutz.
Tatsächlich passiert auch etwas ganz anderes. Das WAI ignoriert die Spielbank völlig. Ihm geht es um dieses Gebäude. Und da will es hin.
Das Grand Hotel. 134 Euro die Nacht.
Und nun passiert etwas, was ich nie für möglich gehalten hätte: Das WAI und ich haben eine ernsthafte Beziehungskrise. Wir streiten uns. Grand Hotel oder nicht, das ist hier die Frage. Fünfzig Euro mehr oder weniger.
Das WAI besteht auf dem Grand Hotel. Ich sage, ein anderes Mal. Das WAI gibt Widerworte, denn beim nächsten Mal ist es ja nicht mehr dabei. Da hat es nicht ganz unrecht. Nur dann ist die Strecke morgen um so viel länger, mein Gefühl sagt mir, wir fahren besser nach Nassau. Das WAI motzt, droht und schmollt. Ich fühle mich schlecht, denn eigentlich würde ich ja auch gerne mal in einem Grand Hotel nächtigen. Das habe ich noch nie getan. Wir funkeln uns an. Wir schweigen uns an. Dann kann ich das WAI aber doch noch überzeugen, indem ich anführe, dass wir uns dort sicherlich benehmen müssten und nicht einfach Würstchen am Schreibtisch essen könnten. Das versteht auch das WAI und schweren Herzens stimmt es zu. Wir sind ja Outdoorer! Nur nicht verweichlichen lassen! Schlimm genug, dass das Zelt nicht genutzt wird. Wir versöhnen uns und fahren weiter. Uff. Das war knapp.
Es wird bis zum Abend dauern, bis ich aus den Untiefen meines Geschichtsunterrichtes die "Emser Depesche" herauskrame und mein Wissen aktualisiere. Auf der Kurpromenade, vor dem Grand Hotel, hatten am 13. Juli 1870 der französische Botschafter den zur Kur in Bad Ems weilenden Kaiser Wilhelm von Preußen angetroffen, es ging um die spanische Erfolge. Heinrich von Abeken verfasste daraufhin ein Telegramm an seinen Vorgesetzten Otto von Bismarck:
„Seine Majestät der König schreibt mir:
Graf Benedetti fing mich auf der Promenade ab, um auf zuletzt sehr zudringliche Art von mir zu verlangen, ich sollte ihn autorisiren, sofort zu telegraphiren, dass ich für alle Zukunft mich verpflichtete, niemals wieder meine Zustimmung zu geben, wenn die Hohenzollern auf ihre Candidatur zurückkämen.
Ich wies ihn zuletzt, etwas ernst, zurück, da man à tout jamais dergleichen Engagements nicht nehmen dürfe noch könne.
Natürlich sagte ich ihm, dass ich noch nichts erhalten hätte und da er über Paris und Madrid früher benachrichtigt sei als ich, er wohl einsähe, dass mein Gouvernement wiederum außer Spiel sei.
Seine Majestät hat seitdem ein Schreiben des Fürsten bekommen.
Da Seine Majestät dem Grafen Benedetti gesagt, dass er Nachricht vom Fürsten erwarte, hat Allerhöchstderselbe, mit Rücksicht auf die obige Zumuthung, auf des Grafen Eulenburg und meinen Vortrag, beschlossen, den Grafen Benedetti nicht mehr zu empfangen, sondern ihm nur durch einen Adjutanten sagen zu lassen: dass Seine Majestät jetzt vom Fürsten die Bestätigung der Nachricht erhalten, die Benedetti aus Paris schon gehabt, und dem Botschafter nichts weiter zu sagen habe.
Seine Majestät stellt Eurer Excellenz anheim, ob nicht die neue Forderung Benedettis und ihre Zurückweisung sogleich, sowohl unsern Gesandten, als in der Presse mitgeteilt werden sollte.“
Bismarck überarbeitete und verkürzte den Text am 13. Juli 1870, so dass nun Frankreich im Grunde als weitere Reaktion nur eine politische Niederlage oder ein Krieg blieb. Der Text wurde umgehend an die Presse übergegeben.
Ein Krieg war von französischer Seite damals allerdings schon geplant und wurde dann auch erklärt. Wieso man aus solchen aus meiner Sicht banalen Gründen unbedingt einen Krieg anfangen musste, war mir schon in der Schule schleierhaft und meine Einschätzung hat sich nicht geändert. Am 19. Juli 1870 begann der Deutsch-Französische Krieg, zu dessen Opfern auch ein junger Vorfahre von mir gehörte, dessen Briefe zum Familienerbe gehören und die Sinnlosigkeit von Kriegen allen vor Augen führen, die sie lesen. Auch das deutsch-französische Grenzgebiet - Spichern bei Forbach, in der Nähe von Saarbrücken, war Schauplatz einer der brutalsten Schlachten des Krieges - wird noch heute durch diesen Krieg geprägt, der 1870 zur Gefangennahme von Napoleon III. in Sedan führte und 1871 mit der Niederlage von Frankreich endete.
Ich radele nun allerdings durch ein Waldstück - gut besucht von Radfahrern -, in dem ich keinen Handyempfang habe. Hier finde ich einen Grenzstein oder Hoheitsstein, der vermutlich aus Mitte des 17. Jhs. stammt und das Kurfürstenhut Nassau (Löwe mit Schindeln) und das Kurfüstentum Mainz (Rad) trennten.
Dann endet der Wald und ich bin in einer anderen Welt.
Landwirtschaft.
Ein älterer Wanderer überquert in dem Moment die Straße, wo ich abdrücke, er schaut mich genervt hat, anscheinend störe ich seine Kreise. Der Art, wie er sich die Umgebung anschaut, lässt auf einen Fernwanderer schließen, trainiert ist er auf jeden Fall und trägt einen kleinen Rucksack bei sich. Etwas weiter vorne befindet sich ein Vater mit Kleinkind, der den Kinderwagen flott vor sich herschiebt. Ich überhole die beiden und zücke die Kamera. "Achtung, ich komme ins Bild" ruft der Mann mit dem Kinderwagen. Der ist wirklich ganz schön schnell. "Bin ich gewohnt", rufe ich zurück.
Und wie schon so oft überlege ich, ob Laude das Design des Mark der Natur abgeschaut hat.
Ich bin jetzt in Dausenau, erfahre ich von einem Schild.
Der Ort sieht ganz nett aus.
Einen Bahnhof gibt es auch.
Ich überlege, was das blaue Gebäude ist.
Wieder überholt mich der Mann mit dem Kinderwagen und ich frage. Er outet sich als Zugereister. Heute ist wohl die Stadtverwaltung darin und früher war es eine Schule. Noch ein Bild von der Kirche.
Der Mann mit Kinderwagen ist schon wieder meilenweit vor mir.
Ich radele weiter, aber als ich kurz darauf in den Ort komme, ist er vom Erdboden verschluckt. Schade.
Mein Weg führt mich nun immer an der Bahn entlang. Für Abwechslung sorgen eilige Radfahrer, Vögel und Züge.
Eine Schranke geht hinter mir herunter.
Ich liebe doch Schranken.
Vor mir befindet sich jetzt bereits die Burg Nassau-Oranien. Wie üblich um 1120 gebaut, im 15. Jh. verfallen. Sie befindet sich aber bis heute im Eigentum beider Grafenlinien, deren Nachfahren im niederländischen Königshaus und im Großherzogtum Luxemburg aufzufinden sind. 1976/77 wurde der Burgturm nach einem alten Stich wiederhergestellt. Es befindet sich eine Dauerausstellung im Turm und ein Restaurant in der Nähe.
Etwas weiter unten befindet sich dieses Objekt. Es ist das Denkmal für Heinrich Friedrich Karl Freiherr vom und zum Stein 1757-1831), geboren in Nassau. Er war ein preußischer Staatsmann und konservativer Reformer und hat die Gründung der Monument Germania Historica als Quellenwerk zur mittelalterlichen Geschichte initiiert.
Hinter einer Eisenbahnbrücke sieht man Nassau auftauchen. Ich wechsele die Straßenseite nicht ganz ordnungsgemäß über eine Absperrung, aber ein Fußgänger macht das selbe, es ist einfach kürzer.
Der Ort ist sicherlich nicht unattraktiv, aber nach dem Besuch von Bad Ems kommt er einem doch arg ländlich vor.
Wieder ein nerviger Verkehr, ich flüchte mich auf den Bürgersteig der Brücke, der erfreulicherweise durch eine Schranke gestoppt wird. Es gibt hier auch einen Campingplatz, aber es wird kühl und feucht und ich freue mich auf ein warmes Zimmer. Ich schiebe das Rad in die Fußgängerzone.
Hier ist ein Netto, das ist gut zu wissen. Noch ein kurzer Blick auf die Burg. Vielleicht finde ich nachher eine bessere Perspektive.
Nun schließt sich eine kleine Stadtbesichtigung an, weil ich zu blöd bin, die Karte zu lesen. Eigentlich wären es vielleicht 300 m geradeaus gewesen, ich aber mache einen riesigen Bogen und denke schon, das Hotel gibt es gar nicht. Doch, das gibt es. Der Umweg kostet mich ungefähr 20 Minuten.
Der Hotelier ist sehr freundlich, das Rad kommt in den Flur, aber das Zimmer ist eiskalt. Das bleibt es auch, bis mir einfällt, dass schwere Gardinen vor Heizungen eventuell kontraproduktiv sind. Ich packe die Gardine aufs Fensterbrett und siehe da, das Zimmer wird warm. Das brauche ich jetzt auch, denn ich bin sehr stark ausgekühlt. Beim Radfahrern merkt man das nicht so, aber hinterher zittern dann doch die Muskeln.
Großartigerweise ist in dem Hotel auch ein Restaurant. Auch hier ist es ein wenig frisch, bis die ersten Leute kommen und ich etwas gegessen habe. Die Entscheidung war doch nicht so blöde.
Vorweg der Salat.
Ich laufe nun noch schnell zum Supermarkt. Wo ist die Burg? Anscheinend ist sie weg. Ich suche ein wenig herum, aber sie ist nicht zu finden. Vielleicht wird sie nicht beleuchtet.
Ich habe keine Handschuhe mit und mir frieren fast die Finger ab. Wenn es heute nicht sonnig gewesen wäre, sondern Niederschläge gegeben hätte, würde hier sicherlich Schnee liegen.
Die Gestalten um den Supermarkt herum sind nicht ganz so vertrauenserweckend, aber als Großstädter beunruhigt einen das nicht. Ich kaufe mir Nachtisch und Wasser.
Dann ist erst einmal Duschen angesagt. Das Zimmer ist jetzt auch warm und das WAI ist zufrieden. Ich gehe früh zu Bett und schlafe schnell ein.
Am nächsten Morgen ist ein besonderer Tag: Es ist der 29.02.2024, ein Schalttag. Um 8.00 Uhr ist Frühstück angesagt, denn außer mir gibt es nur noch zwei Gäste, die dann schon abgereist sind. Der Gastronom bleibt in der Nähe und das nervt mich ein wenig, obwohl ja in Rüdesheim die Mutter auch die ganze Zeit dabei war. Aber da war der Tisch auch gemütlicher und es gab noch andere Gäste.
Um 9.01 poltere ich die Treppe herunter und belade das Fahrrad. Ich hatte beim Bäcker noch Wegzehrung gekauft, meine Reserven sind ja alle.
Um 9.30 bin ich am Platz an der Straße.
Was der da wohl grübelt?
Um 9.34 Uhr verlasse ich die Brücke und schiebe mein Fahrrad einen steilen Hügel hinauf. Der Campingplatz von Nassau, es finden Baumfällarbeiten statt.
Ich ziehe die Handschuhe an und fühle mich gut. Taunuswanderer hatte mir gestern noch mit der Strecke geholfen. Die offizielle Karte hatte fett in Rot gewarnt, man solle zwischen Lauenstein und Balduinstein unbedingt die Bahn nutzen, weil die Steigungsstrecke an der Kreisstraße liegt. Meine Navi-App hatte mir zwar einen Umweg gesagt, der die Passage umfährt, allerdings war ich mir nicht sicher, ob es die Brücke, welche die App nutzen wollte, überhaupt gibt. Taunuswanderer hatte dann herausgefunden, dass es die Brücke tatsächlich gibt und sogar eine zweite Brücke, beide ganz neu 2023
gebaut. Die Schilder bilden das noch nicht ab.
Der Nebel wird dichter und um 9.44 Uhr nähere ich mich der Kreuzung.
Vielleicht doch ganz gut, dass ich in Nassau übernachtet habe. So habe ich etwas mehr Luft. Links geht nun der Radweg hinein, es ist eine sehr enge Gasse. Eine Tür geht auf und eine riesige Dogge schaut mir tief in die Augen. Nun kommt auch der Besitzer, er hat es wohl eilig.
Um 9.48 Uhr stehe ich vor diesem Schild und da ich grundsätzlich auch das Kleingedruckte lese, muss ich erst einmal schlucken.
"!!! Rad- und Wanderweg Oberndorf ab Hollerndorf gesperrt. Zufahrt bis Schleuse Hollerich frei."
Der Hundebesitzer hatte noch etwas vergessen, und ich frage ihn, ob das stimmt und was das für mich heißt. Er explodiert fast. Nie machen die was, das wird von einem zum anderen geschoben, das ist schon 6 Wochen so.
Okay, der Mann ist keine Hilfe. Ein Wanderer kommt, ein alter Mann mit lückenhaften Zähnen, er sieht so aus, als wäre er hier öfter unterwegs. "Da kommen Sie durch überhaupt kein Problem", meint er. Den Satz habe ich schon öfter gehört und es gab ein Problem. Ich entschließe mich für eine Drittmeinung. Die Tourist-Info hat noch nicht geöffnet, also warte ich, während ich mal wieder ein kleines Problem bekomme.
Um 10.00 Uhr habe ich eine Frau an der Strippe. Sie warnt eindringlich. Der Weg ist ab Hollerich gesperrt. Ich erzähle von dem Mann, aber sie sagt, dass die Sperrung das eine ist, das andere ist, dass letztes Wochenende neue Bäume heruntergekommen sind und diese unter Spannung stehen. Sie bittet mich inständig, die Landstraße zu nehmen. Es gäbe zwar auch noch die Brücke, aber die ist sehr eng, sie könne nicht garantieren, dass ich da mit dem Rad rüberkomme. Ein Forumsuser wird später sagen, wäre gegangen. Vielleicht denkt sie aber auch, ich hätte Riesenpacktaschen dabei. Keine andere Möglichkeit? Nein. Die Alternative ist unterhalb der Landstraße komplett abgebrochen, wie das im Sommer gehen soll, weiß sie nicht. Sie klingt verzweifelt.
Sie beschreibt mir genau, wie ich fahren muss, es sind eigentlich nur 2 km an der Landstraße, dann kann ich ausweichen.
Dann teilt sie mir mit, dass ich zwischen Balduinstein und Diez mit der Bahn fahren soll. Bei Hausen käme ich nicht weiter. Ich schaue in meine Karte, genau dort hatte mich die App auf dem direkten Weg geroutet. Hausen liegt in Fahrtrichtung rechts der Lahn. Sie sagt etwas von dem neuen Radweg. Aber dann kann ich doch den alten Radweg nehmen, der eingezeichnet ist. Er ist in Fahrtrichtung links der Lahn. Nein, das ist viel zu steil, das bringt ihnen nichts. Sie müssen dann den Umweg über die Berge nehmen. Fahren sie mit dem Zug. Und wenn ich bei Hausen Landstraße fahren, dann kann ich Hausen doch umfahren. Dann müssen Sie aber auch über die Berge auf dem Radweg. Ich bin in dem Moment nicht ganz fit und merke nur, dass wir irgendwie hier ein Missverständnis haben. Wenn der Radweg bei Hausen kaputt ist, wieso ist er dann auf der anderen Seite auch kaputt? Und wieso muss ich dann links der Lahn über die Berge, wenn Hause rechts der Lahn liegt und dort Landstraßen sind, die meine App als flach identifiziert hat. Ich frage noch mal nach, aber sie ist nun ungeduldig, sie hat wohl Gäste vor dem Tresen. Okay, dann kommt halt was kommen soll.
Wir haben fast 20 Minuten miteinander telefoniert. Es ist nun 10.19 Uhr. Ich wollte um 9.00 Uhr starten. Immerhin ist jetzt die Sonne draußen. Vorsichtig fahre ich zurück, meine Bremsen funktionieren halbwegs, was ein Glück.
Ich passiere wieder die Brücke und biege auf die Landstraße ein.
Es ist überraschend wenig Verkehr hier, und ich bin etwas optimistischer. Der Weg geht geradeaus, auf der Rechtsabbiegespur stehe ich, weil ich das Foto mache. Obernhof ist 6 km entfernt. Auf der anderen Seite sehe ich den Radweg.
Urlaubsstimmung kommt auf.
Dann habe ich auch richtig Glück, denn es gibt einen Rastplatz mit Dixie Klo. Guter Service. Ich desinfiziere meine Hände.
Vor mir schnauft die Straßenreinigung herum. Ich schiebe, noch ist hier ein Bürgersteig.
Es wird jetzt hügeliger und es beginnen ausgiebigere Schiebestrecken.
Aber das bin ich seit meiner Kindheit gewohnt und ich hänge irgendwelchen Gedanken nach. Durch den Wald blinzelt die Lahn. Boote liegen dort vor Anker.
Hier geht auch ein Weg hinunter und ich werde erst hinterher verstehen, dass das hier die Brücke der Schleuse Hollerich ist. Sonst hätte ich geguckt, ob die wirklich nicht breit genug ist für ein Fahrrad.
Und weiter geht es mit dem Schieben - zwischendrin fahre ich dann auch mal ein wenig, aber das ist ja nicht erwähnenswert. Ich fühle mich nun abwechselnd in Polen, wo ich vielbefahrene Landstraßen mit dem Fahrrad schiebend absolviert habe.
Dann wechsele ich die Seite und fühle mich in Italien. Dort hatte ich meinen Roller immer auf der linken Straßenseite geschoben, als ich im Januar in Richtung Terracina unterwegs war.
Zwischendrin telefoniere ich auch zweimal. Dann beobachte ich fasziniert die Lok im Tunnel und warten, bis sie auf mich zu kommt. Es ist jetzt 11.11 Uhr.
Das dauert etwas.
Und dann bin ich auch schon an Burg Langenau.
Hier ist ein hübscher Campingplatz und weckt Urlaubsgefühle.
Und nun kommt schon Kloster Arnstein in Sicht, aber hier ist der Lahnradweg wieder benutzbar.
Der Umweg war also gar nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte, die Damen von der Touristik Info hatte Recht.
Kloster Arnstein wurde in der zweiten Hälfte des 11. Jhs. als Burg gebaut und 1139 in eine Prämonstratenabtei umgewandelt. Bis Ende 2018 war es ein Kloster der Ordensgemeinschaft von den Heiligensten Herzen Jesu und Marien (SSCC), der Arnsteiner Patres. Pater Alfons Spie wurde 1942 von den Nationalsozialisten verteilt, weil er wiederholt polnische Zwangsarbeiter am Gemeindegottesdienst hatte teilnehmen lassen und ihnen Essen gegeben hatte. Er starb im Konzentrationslager Dachau. Seit 2019 wird das Kloster von 12 griechisch-orthodoxen Schwestern bewohnt. Es heißt seither "Heiliges Kloster Dionysios Trikkis & Stagon".
Ich nähere mich jetzt Obernhof. Auf dieser Seite müsste es noch eine Kirche und ein Bibelschule geben und etwas weiter hinten einen Campingplatz.
Man sieht ihn rechts von der Eisenbahnbrücke.
Zu meinem Erstaunen ist eine Eisdiele geöffnet. Nach Eis steht mir aber gerade nicht der Sinn.
Hier gefällt es mir. Oberhof ist eine der wenigen verbleibenden Weinorte der Region und war früher vor allem durch den Bergbau geprägt. Je nach Lahnseite liegt Oberndorf im Taunus oder im Westerwald.
Und dann bin ich wieder an der Lahn und freue mich über eine Pause. Es ist jetzt fast 12.00 Uhr.
Freut mich, dass du dem WAI die Gegend zeigst und es wieder ein Stück voran kommt.
Es kann sich ja nur noch um ein paar Jahre handeln, bis es auf der Wasserkuppe ankommt.
Du kannst reisen so weit du willst, dich selber nimmst du immer mit.
Die Lahn hat eine hohe Fließgeschwindigkeit. Es ist wieder einsam auf meinem Weg und das Fahrrad schnurrt vor sich hin.
Bis Diez sind es noch 21 km. Ich könnte jetzt 7 km hinter mir haben. Genau weiß ich das nicht.
Eine Schleuse.
Es gibt eine Umtragestelle für Sportboote. Es wird von einer Unterströmung gewarnt.
Ein paar Meter weiter ist sie gut zu erkennen. Wer sich nicht links hält, wird angesaugt.
Der Radweg verlässt nun den Fluss.
An den Hängen sieht man Schutzhütten.
Ich bin mir nicht sicher, ob das eine Burg oder der Überrest eines Funkturms ist.
Ich bin jetzt in Laurenburg und das ist Burg Laurenburg. Ein Mann mit einem alten Traktor kommt aus seiner Ausfahrt und fragt, ob ich Hilfe brauche. Nein, danke. Man könnte jetzt den Radweg über die Burg nehmen. Das ist die alte Wegführung. Vor dieser Strecke hatte die Radwegkarte bei Bad Ems gewarnt. Inzwischen wurde die Wegführung aber geändert, weil sich laut Touristeninformation die Touristen beschwerten, dass der alte Radweg zu schwer ist. Ich vertraue jetzt der neuen Wegführung und fahre einfach weiter geradeaus. Eine Hütte am Weg, aber eine Schutzhütte ist das eher nicht. Sie dürfte in der Saison bewirtschaftet sein.
Der Weg hier ist richtig schön.
Flugzeuge gibt es hier aber auch. Aber man hört sie nicht.
Ein Schuh im Baum.
Und dann kommt sie in Sicht. Die nagelneue Brücke für Radfahrer, 2013 errichtet und nicht in allen Karten verzeichnet. Aber bei Openstreetmap ist sie vorhanden.
Das Radwegschild sagt 12 km bis Obernhof und 14 km bis Diez. Ich habe auf dem letzten Teilstück gut Strecke gemacht. Es ist jetzt 13.08 Uhr.
Ein Raubvogel kreist über den Hügeln, aber für ein Foto ist er zu weit weg. Romantisch.
Der Blick zurück.
Meine App lenkt mich jetzt den Hügel hoch zum nächsten Ort, Cramberg.
Autos überholen mich. Es sind hier Grundstücke am Weg, die bewirtschaftet werden. Wenig überraschend schiebe ich.
Kurz bevor ich das Wegkreuz erreiche, sehe ich einen Radfahrer in hohem Tempo von links kommen. Da ist ja noch eine Brücke. Ich bin ratlos.
Mein Weg wäre kürzer. So schiebe ich erst einmal noch ein wenig. Aber dann denke ich: Versuch macht kluch. Und schon bin ich auf einem wunderschönen Teilstück des Lahnradweges.
Einige Passagen sind kaputt, sie wurden mit Schotter geflickt oder sind versandet. Es gibt auch Schlaglöcher. Und Gegenwind. Aber das Panorama ist großartig.
Der Wald ist auch etwas lädiert.
Herbstgefühle.
Wieder ein Raubvogel.
Und dann bin ich fast enttäuscht, als Häuser in mein Blickfeld kommen.
Erst denke ich, ich bin in Holzappel, aber der Ort ist der Nachbarort. Ich bin gerade in Geilnau. Eine völlig vermooste Bank steht am Wegesrand und ich entscheide mich, Pause zu machen. Die Heidelbeeren müssen gegessen werden, die Nacht im Hotelzimmer war zu warm. Notnahrung brauche ich nun ja nicht mehr. Heute Abend bin ich am Ziel. Ein Wanderer mit Rucksack und Spazierstock läuft vorbei. Neugierig schaut er nach links und rechts.
Kurz darauf kommt der alte Lahnradweg von links, der in Laurenburg über die Burg geführt hatte. Das neue Teilstück ist ein echter Gewinn. Die Straße bleibt mir aber nun auch nicht erspart. Der Weg am Wasser ist hier zu Ende. Und dann taucht Schloss Schaumburg auf, ein Schloss an einer mittelalterlichen Burg. Ich bin also in Balduinstein. Jetzt wäre äußerste Konzentration gefragt. Nur dummerweise habe ich schon wieder ein menschliches Problem. Das hatte ich schon an der Bank und seither gab es keine Gelegenheit.
Ich fahre über die Brücke Richtung Ort und bin etwas verwirrt, dass ich keine Radwegschilder mehr sehe. Links von mir ist der Bahnhof, und ich radele dahin, in der Hoffnung, dass es am Bahnhof eine Toilette gibt. Nur um festzustellen, dass es sich anscheinend nicht mehr um ein Bahnhofsgebäude, sondern um Wohnungen handelt. Ich wende.
Dass ich jetzt über Hausen fahren könnte oder zumindest schauen könnte, ob es dort eine Sperrung gibt, habe ich längst vergessen. Ich suche jetzt eine einsame Stelle und so gehe ich zurück und finde tatsächlich einen schmalen Weg an der Lahn mit einem Radsymbol. Ich biege ein, mache noch ein Foto vom Bahnhof zur Erinnerung und finde endlich die Stelle, die ich gesucht habe.
Im Nachhinein ist es völlig sonnenklar, dass die Frau von der Touristeninformation den Radweg direkt an der Lahn gemeint hatte, als sie von der Sperrung sprach. Es wäre ein Leichtes gewesen, diese Stelle zu umfahren, denn Diez ist vielleicht noch 4 km entfernt und die Landstraße von Balduinstein nach Diez konnte sie ja nicht gemeint haben. So geht das manchmal im Leben.
Eine Brücke, die man in der Mitte zusammengequetscht hat, damit sie über den Brückenpfeiler passt.
Ich lese eine Infotafel über das Fachinger Wasser durch und erfreue mich an einem Blick auf das Fabrikgelände.
Und dann endet meine Fahrt jäh. Durchfahrt verboten. Gesperrt auch für Wanderer.
Natürlich möchte ich nicht so kampflos aufgeben. Das erste Hindernis kann ich das Rad untendrunter durchschieben.
Aber dann sehe ich ein paar Meter weiter wieder einen umgestürzten Baum. Ich lasse das Rad stehen und sehe, da komme ich nicht mehr durch. Gleich dahinter ist der nächste Baum. Ohne Säge geht das hier nicht.
Mist. Ich muss zurück.
Wieder komme ich problemlos unten durch. Vielleicht haben das schon andere probiert. Dann sehe ich, dass es einen Waldweg zum alten Radweg gibt.
Ich kenne diese Steigungen von der Mosel. Aber ich wollte jetzt eigentlich bereits in Limburg sein. Es ist 15.54 Uhr. Ich fluche vor mich hin. Ich bin müde. Muss das unbedingt sein? Ich erreiche den Radweg, es ist ein befestigter Feldweg. Eine sportliche E-Bike-Fahrerin überholt mich in flottem Tempo. Ich fluche.
Dabei ist es eigentlich ziemlich hübsch hier!
Es ist jetzt halb gegen 16.00 Uhr, und in einer Kurve rufe ich das Hotel an, was ich mir in der Pause ausgeguckt hatte. Die Bewertungen sind zwar nicht prickelnd, aber es scheint wohl noch den besten Standard in meiner Preisklasse zu haben. An der Rezeption meldet sich ein umständlicher junger Mann. Er würde nachschauen, ob noch ein Zimmer frei wäre. Er würde mir dann eine Bestätigungsmail schreiben. Ich hatte ihm vorher erklärt, dass ich mit dem Rad unterwegs bin und explodiere fast, als er von einer Mail redet. Natürlich könnte ich meine Mails checken, aber ich bin gerade mit etwas anderem beschäftigt. Nämlich, ein beladenes Fahrrad auf einen Hügel zu schieben. Rufen Sie mich bitte an, sage ich ruhig, keine Mail. Seine Reaktion zeigt mir, dass ich das am besten noch ein zweites Mal sage. Ich schiebe weiter.
Unter mir liegt nun wildromantisch das gesperrte Teilstück.
Immerhin ist jetzt ein Ziel in Sicht.
Als ich oben ankomme, hat das Hotel immer noch nicht angerufen. Eine halbe Stunde ist um. Ich bin genervt. Ich erreiche Altendiez. Hier wartet nun eine Hauptstraße auf mich, die vielbefahren ist. Ich reihe mich ein und merke, dass mich das mit dem Hotel nervt. Ich schaue noch mal in meine Hotelapp und scrolle einmal ein paar Hotels durch. Ein Name gefällt mir, Bewertung auch ganz gut, nicht zu weit, nicht an der Hauptstraße, Restaurant. Ich rufe an. "Das Rad kann in einen Container, Bett ist kein Problem". "Ich brauche noch ein wenig, mindestens eine Stunde". "Wir sind da, lassen Sie sich Zeit". Na, super. Das klingt doch mal professionell. Schon geht es mir besser.
Und dann kommt etwas, wovon ich keine Fotos mache. Was hoch geht, geht auch wieder runter. Es ist Berufsverkehr und in Diez geht die 417 steil den Berg hinunter. Ich fahre und stelle fest, dass meine Bremsen nicht bremsen. Ich knalle sie auf Anschlag, aber die Bremswirkung ist für diese Steigung zu schwach. Es sind Scheibenbremsen, aber meine Magura hätten hier kein Problem. Für einen kurzen Moment merke ich absolute Panik aufsteigen. Ich versuche Ruhe zu bewahren, aber das hier ist überhaupt nicht lustig. Das ist lebensgefährlich. Ich überlege, ob es einen Plan B gibt, da setzt doch noch eine kleine Bremswirkung ein und ich springe vom Rad und auf den Bürgersteig. Genau in dem Moment ruft eine nette Dame des ersten Hotels an, aber nun sage ich ihr, dass ich mich bereits umentschieden habe. Die Wartezeit war zu lang. Kein Problem, dann ein anderes Mal.
Die ganze steile Straße über hatte ich bereits das Diezer Grafenschloss gesehen. Nun kommt das erste Foto. Es dauert, ein Foto ohne Autos machen zu können.
Ich muss mich nun in einen Kreisverkehr einfädeln und es dauert ewig, bis ich hineinkomme. Irgendwann hilft nur noch Frechheit und ich bin überrascht, dass der Sportwagen tatsächlich anhält. Die Fußgängerbrücke ist meine Rettung.
Diez scheint hübsch zu sein.
Limburg ist 7, 4 km entfernt. Es ist jetzt 16.59 Uhr.
Da mir mein Hotelzimmer sicher ist, gehe ich zum Markplatz und mache noch Fotos mit dem WAI.
Wieder einmal fällt mir auf, wie froh Innenstädte sein können, dass es Migranten gibt, die sich mit Restaurants selbständig machen. Der Nassauer Hof - deutsch-armenische Küche.
Ich nehme nun den Radweg und verlasse den Ort. Der Radweg führt eine Landstraße entlang und nach kurzer Zeit darf ich wieder schieben. Das Teilstück ist nicht lang, denke ich im Nachhinein. Aber nicht mit mir. Ich schiebe jetzt nicht diesen blöden Berg hoch. Ich schaue in meine App, es gibt einen flacheren Weg. Ich wende. Nicht mit mir!
Und ja, an der Lahn ist lauschig! Da geht ja auch der E1 entlang, und die Wanderlust wächst – meine Anschlussstelle ist ja momentan Laurenburg. Es klingt, als wäre ich damals auf dem alten Radweg gelaufen. Puh, schon so lange her: Juni 2019 …
Ich bin etwas überrascht, dass die Strecke länger ist, als ich dachte. Ich wähnte mich kurz hinter dem Marktplatz. St. Peter.
Ich schiebe das Fahrrad wieder über den Marktplatz und schaue noch einmal hoch zum Schloss. Es wird heute als Jugendherberge genutzt. Ich muss hier noch einmal hin. Am Ende des Marktplatzes biege ich in die Haupteinkaufsstraße ein. Wenn ich mich richtig erinnere, ist es eine Einbahnstraße. Ich schaue nach, ob ich richtig bin und suche eine Parklücke. Und das ausgerechnet vor einen indischen Kleidungsgeschäft. Ich muss grinsen. Die könnten sogar die Hemden haben, die ich im Sommer so gerne trage und bisher nur in der Karibik kaufen konnte. Vielleicht sollte ich hier einmal schoppen gehen.
Am Ende der Straße ist wieder ein Kreisverkehr, der Verkehr tobt.
Ich suche die richtige Abzweigung und finde sie, teilweise kann ich sie fahren. Sie führt am Bahnhof vorbei. Schüler stehen herum und ein vielleicht 16jähriger schaut mich so ausdruckslos an, dass ich mich frage, was wohl in ihm vorgeht. Man kann nun über die Schienen auf einen anderen Teil von Diez schauen, doch der ist nicht besonders spektakulär. Ich verzichte daher auf ein Foto. Ein Wohngebiet beginnt und ich muss wieder schieben. Als ich in meine App schaue, wo ich abbiegen muss, hält neben mir ein Radfahrer und fragt, wo ich hin will. Er erklärt mir den Weg und bietet mir an, mich zu begleiten. Ich schüttele den Kopf, nein, ich sehe die Strecke in der App. "Danach wird es wieder flach?", frage ich. Er lacht. "Ja, ab da wird es wieder angenehm", sagt er in schönstem Hessisch. Hessen ist nah.
Ich biege ab, wie er gesagt hat, es ist die Strecke, die auch meine App vorgeschlagen hat. Und dann komme ich nach kürzester Zeit an den Punkt, wo es wieder angenehm wird.
Flachland. Mein Herz hüpft. Der Radfahrer ist nur noch als kleiner Punkt zu sehen. Noch ein Foto.
Ich sause die Straße hinunter. Langsam geht die Sonne unter und ich erinnere mich an meine letzte WAI Tour, als sich die Sonne im Odenwald in bunten Farben senkte.
Ich überhole einen jungen Mann mit ganz langen Haaren, die ihm bis zur Hüfte reichen. Ob das jetzt wieder modern ist? Kurz darauf bin ich an einer Kreuzung. Hier kommt der Lahnradweg her, wenn ich weiter geschoben hätte, wäre ich hier wohl entlang gekommen. Weit kann es nicht gewesen sein. Den Umweg hätte ich dennoch nicht missen wollen.
Für mich geht es jetzt hier entlang. Der junge Mann ist etwas langsamer als vorher gelaufen, so dass ich ihn nicht noch ein zweites Mal überholen muss.
Und dann sehe ich ihn. Den Dom.
Einen Moment werde ich unsicher. Oder ist das vielleicht eine orthodoxe Kirche? Sehen denn Dome nicht irgendwie anders aus? Ich denke dabei an Finnland, die Uspenski-Kathedrale. Aber Orthodoxe Kirchen haben Zipfel aus Gold. Es ist der Dom. Man sieht ihn meilenweit.
An einer Hauptstraße finde ich ein Waldstück und kann mich noch einmal kurz verstecken. Oder auch nicht, die Belaubung lässt ja etwas zu wünschen übrig. Radfahrer rasen an mir vorbei, aber sie sehen mich nicht, sie schauen meist auf die Straße. Autofahrer sowieso nicht, hier wird gerast.
Ein junges Paar kommt mir entgegen. Sie sind beide verkleidet, aber ich kann nicht sagen, wie. Sie ist in pink gekleidet und sieht aus wie eine interstellare Osterfigur mit kleinen Antennen auf dem Kopf. Er ist in grün gekleidet, eine Art Faun, vielleicht. Sie strahlen mich an und ich rufen "Ihr seht toll aus". Sie strahlen noch mehr. "Danke schön". Sie sehen wirklich toll aus.
Jeder Druck ist jetzt von mir abgefallen und ich genieße die letzten Minuten meiner Tour aus vollen Zügen. Was für ein Wetter. Wärmer als an den Flüssen ist es hier auch.
Im Gebüsch toben sich Vögel aus und unterhalten sie ungehemmt und lautstark. Die alte Lahnbrücke kommt in Sicht.
Ein Schwan züchtigt eine Ente. Er geht auf sie los und sie zetert und schlägt mit den Flügeln, während der Sieger sich bereits vom Platz begibt. Mein Bild ist etwas zu spät entstanden.
Dann fällt mir ein, dass das WAI ja auch sehen muss, dass wir da sind. Manchmal bin ich wirklich nachlässig, sorry WAI.
Ich überlege, noch ein Stück weiter zu fahren, aber es ist jetzt kurz nach 18.00 Uhr. Ich bin müde. Den Rest werde ich nachher zu Fuß erkunden. Zwischen den Häusern blitzt der Dom hervor.
Das Hotel ist nett. Meine Wahl nach Name hat sich bewährt. Das Restaurant sieht sehr gut aus. Das Rad kommt nicht in einen Container, aber auf die umzäunte Außenterrasse. Sehr schön.
Ich werfe als Sachen in das Zimmer und schnappe mir die Pfandflaschen. Irgendwo geradeaus ist ein Penny City. Der Weg ist länger als gedacht, aber auch nicht weit. Ich kaufe noch Wegzehrung für die Zugfahrt morgen und merke, dass ich mich erst wieder daran gewöhnen muss, Zug zu fahren.
Ich dusche und laufe zum Essen ins Restaurant. Ich überlege lange, wähle dann aber das Gericht, das sowohl dem Hotel als auch dem Restaurant seinen Namen gibt. Es ist eine Art saarländisches Nationalgericht und die Fäden auf dem Fleisch sind kein Käse, sondern Kren. Im Norden nennt man das Meerrettich. Vor allem habe ich das Gericht aber wegen der Frankfurter Grünen Soße bestellt. Ich liebe Grüne Soße, seitdem ich sie das erste Mal bei meinen Großeltern gegessen habe. Man versichert mir, dass die Zutaten frisch sind. Denn an sich wachsen die Kräuter ja zur Zeit noch nicht.
Also hier die Frage: Wie heißt das Gericht, das Restaurant und das Hotel?
Nachdem ich satt bin, hole ich das WAI und ziehe noch einmal los.
Es sind kaum noch Autos auf der Straße, und ich brauche sie nur zu queren. Hier beginnt bereits die Innenstadt.
Es sind kaum Menschen unterwegs.
Mir kommt der Gedanke, wie Hamburg wohl heute aussehen würde, wenn nicht die Bomben vieles in Schutt und Asche gelegt hätten. Ein so geschlossenes Stadtbild wie hier gibt es nur noch in wenigen Viertel. Die Gängeviertel, enge Wohnbauten aus Fachwerk in verwinkelte Gassen, wurden in Hamburg dazu schon früher aus hygienischen Gründen abgerissen, und bis auf die Krameramtsstuben wurde der Rest nach dem Krieg dem Neubau geopfert. Hier in Limburg sieht man, was es bedeutet, wenn eine alte Bausubstanz geschlossen erhalten geblieben ist. Ich weiß nicht, wie man in diesen Häusern wohnt, aber es fühlt sich besonders an, hier entlang zu laufen.
Es geht nun steil nach oben und kurz darauf sehe ich bereits den Dom. Ein Mann parkt sein Auto und erschrickt, als er mich sieht. Weitere Menschen sind nicht zu sehen. Ich lasse das WAI an die frische Luft.
Ich trete näher.
Der Limburger Dom war ursprünglich eine frühromanische Basilika und wurde frühgotisch umgebaut. Seit 1827 ist der Kathedralkirche des Bistums Limburg. Vorgängerbauten des Doms wurden bereits im 9. Jh. erbaut. 910 n. Chr. wurde ab dieser Stelle ein Chorherrenstift gegründet und kurz darauf wurde der Vorgängerbau des Doms errichtet. Er hatte im 11. Jh. die Gestalt einer frühromanische Pfeilerbasilika, die Ende des 12. Jhs. umgebaut wurde und dem Dom die heutige Gestalt gab. 1235 wurde der Bau geweiht. Auch später gab es Restaurierungen, zum Beispiel im 19. Jh. und zwischen 1968-1972 erhielt der Dom sein heutiges Aussehen durch eine Neuverputzung und einer Farbgebung nach mittelalterlichem Vorbild.
Leider kann ich ihn nicht besichtigen, die Türen sind schon geschlossen. Morgen um 9.00 Uhr öffnet er wieder, das könnte ich vor meinem Zug noch schaffen.
Neben dem Dom ist ein Schloss.
Eigentlich ist es gar kein Schloss, sondern eine Burg. Burg Limburg. Sie befindet sich hinter dem Dom auf einem Kalkfelsen. Eine Burganlage an dieser Stelle gibt es seit dem 9. Jh. Sie war im Besitz der Konradiner, die das Stift St. Georg, den heutigen Dom, innerhalb der Festung "Limburc" gegründet hatten. Ab Ende des 19. Jhs. wurde das Schloss als Gewerbeschule genutzt und war später auch Lehrerfortbildungsinstitut. 1995 sollte die Burg vom Land Hessen an einen privaten Investor verkauft werden, doch die Bevölkerung protestierte und gründete einen Förderverein, so dass die Burg im Jahr 2000 von der Stadt Limburg für 1 DM erworben wurde. Heute beinhaltet der Bau das Stadtarchiv oder wird für Tonaufnahmen genutzt. Tafeln weisen darauf hin, dass die Burg gerade saniert wird.
Ich laufe jetzt ziellos herum und fotografiere, was mir auffällt.
Die Nacht ist kalt und sternenklar.
Ich schaue über die Stadt und höre ein lautes Rauschen. Als wäre vor mir ein Wasserfall. Was ist das. Die Lahn, die unter mir fließt? Ich brauche einen Moment, um zu verstehen, dass es sich um das schreiende Geräusch der Autos auf der Autobahnbrücke handelt. Terror.
Ein Blick zum Schloss von der Brüstung aus. Weiter geht es nicht. Diesmal ist es die Lahn, die rauscht.
Die Michaeliskapelle.
Und dann erschrecke ich mich fast zu Tode. Ein leises Klack und die gesamte Beleuchtung geht aus. Es ist genau 22.00 Uhr. "Mei Nerwe", würde der Saarländer sagen.
Alles dunkel.
Noch einmal schaue ich in den klaren Sternenhimmel.
Würde ich mich jetzt schon auskennen, würde ich hier die Treppen hinuntergehen und abkürzen. Aber ich kenne mich noch nicht aus. Und so ereilt mich das dritte Mal das Schicksal:
Streckensperrung. Also laufe ich den gleichen Weg wie eben zurück. Freundlicherweise geht es bergab. Ein letztes Mal lasse ich mich in ein Hotelbett fallen, das Zimmer ist warm und das Bett perfekt. Ich schlafe sofort ein.
Kommentar