• evernorth
    Fuchs
    • 22.08.2010
    • 1835
    • Privat


    [IS] From shit to gold? 10 Tage zwischen Fjallabak und Langisjór

    Tourentyp :   Trekkingtour
    Reisezeit: 08.07. - 24.07.22


    08. /09.07.22

    „Shit, shit, shit…fuck!“ Ein Fluch entfährt mir.
    Zunächst etwas ungläubig, dann hörbar konsterniert stehe ich am Gepäckband am Flughafen in Keflavik.
    Nur noch ein Passagier - loser Koffer dreht seine x-te Runde, aber mein Rucksack ist nicht dabei. 😳
    Auch zwischen den zwei Gepäckbändern, wo bereits zahlreiche, andere Rucksäcke liegen, liegt meiner leider nicht.
    Es ist bereits Samstag, 00:45 Uhr. Ein ziemliches worst - case - Szenario ist das für mich. Das hatte ich auch noch nicht. Entspanntes Ankommen sieht anders aus.
    Nachdem ich am Icelandair Baggage Service Center mein „verlorenes“ Gepäck gemeldet habe, fragt mich die Isländerin am Schalter nach einer Adresse in Reykjavik. „Nun ja,“ sage ich auf Englisch, „bis morgen in meinem HI Hostel, dann weiss ich noch nicht.“
    Ich soll dann meine aktuelle Adresse noch nachreichen, da die meisten Gepäckstücke nach 24-48 Stunden noch ankommen.
    48 Stunden! 😳 Etwas zieht sich in meiner Brust zusammen.
    Dann begebe ich mich zum Fly Bus, nur mit meiner Kamera und einem Tagesruck versorgt.
    Es ist spät, als ich gegen 02:30 Uhr das HI Hostel im Zentrum von Reykjavik erreiche. Auf der Straße ist es sehr laut, Freitag - Abend Party, wie in den meisten Hauptstädten der Welt.
    In meinem 6er Zimmer schläft schon alles. Trotz offenem Fenster ist der Geruch im Raum alles andere als frisch, aber das ist mir vollkommen egal. Ich will nur noch ins Bett.
    Nachdem ich im Dunkeln mein Bett bezogen habe, falle ich todmüde in einen kurzen und nicht sonderlich erholsamen Schlaf.

    09.07.22

    Gegen 08:00 Uhr habe ich bereits geduscht und stehe an der Rezeption, um zu fragen, ob ich noch eine Nacht dranhängen könnte, doch das wird nichts: Fully booked! Auch alle anderen, günstigeren Unterkünfte sind komplett ausgebucht, Wochenende und Hochsaison eben. Lediglich zwei „Optionen“ kann der holländische Rezeptionist finden: Für 500 bzw. 700! € die Nacht. Das ist natürlich völlig indiskutabel.
    Dann macht er einen interessanten Vorschlag: Im BSÍ gibt es einen Laden, der auch tageweise Ausrüstung vermietet. „Ein Zelt und ein Schlafsack,“ sagt er, und dann damit auf den Campingplatz im Sundlaugavegur. Für 1-2 Nächte kommt das sicher günstiger, als ein teures Hotel.
    Gesagt, getan. Komischerweise genau so, wie der Holländer gesagt hat: Ein Zelt, ein Schlafsack.
    Erst beim Aufbau auf dem Campingplatz fällt mir auf, dass ich gar nicht an eine Isomatte gedacht habe. Wie blöd ist das denn. Das mich da aber auch keiner im Laden darauf aufmerksam gemacht hat! Na, ja, habe ich ja selbst verbockt.
    Dann muss es eben ohne gehen. Der Rasen ist ja dicht und üppig gewachsen. 😚🙄





    Ein Vango für 3 Personen




    Langsam meldet sich der Hunger. Im benachbarten Hostel (das natürlich auch ausgebucht ist) gibt es ein Café. Eine leckere Tagessuppe und ein delikates Stück Kuchen kann ich nun erstmalig mit einem vorzüglichen Cappuccino genießen.
    Die große Anspannung fällt nun ein wenig ab.
    Am Abend gehe ich ein Stück hinunter zum Schwimmbad, wie ich es in den Vorjahren schon oft getan habe.
    Dort befindet sich ein Hot Dog Imbiss und nach zwei Hot Dog bin ich genug gesättigt für die bevorstehende Nacht auf bloßem Rasen.
    24 Stunden sind vergangen, aber noch keine Erfolgsmeldung bezüglich meines Rucksacks auf meinem Mobiltelefon.

    10.07.22

    Es ist Sonntag und ich habe überraschend gut geschlafen. Vermutlich hatte ich noch Nachholbedarf.
    Als ich auf mein Handy schaue, kommt endlich die erlösende Nachricht:






    Es dauert dann aber doch noch bis 13:30 Uhr, bis ich einen Anruf vom benachbarten Hostel bekomme, dass mein Rucksack geliefert wurde.





    Heute komme ich sowieso nicht mehr aus Reykjavik weg. Also baue ich als erstes mein Leihzelt ab und stelle sofort mein eigenes aus dem Rucksack hin. Aus dem Rucksack heraus mache ich mir erst einmal eine Malzeit und koche einen Kaffee. Dann mache ich mich mit dem öffentlichen Busverkehr vertraut und lade die Klapp App herunter. Anmeldung, Angabe der Kreditkarte und für einen Betrag von 299 ISKr. (etwa 2,20 €) kann ich etwa 75 Min. mit dem Bus fahren, egal, in welche Richtung.
    Dann fahre ich zum BSÍ und gebe Zelt, Schlafsack und Inlet um Punkt 18 Uhr (Schließungszeit), gerade noch rechtzeitig, ab.
    Wieder zurück, besorge ich mir auf einer N1 Tankstelle noch zwei 240 gr. Gaskartuschen.
    Morgen wird es spannend, denn ich habe für den Bus nach Landmannalaugar bisher nicht vorbuchen können.
    Zu unsicher war ich, ob und wann mein Rucksack genau bei mir sein würde.
    No risk, no fun. 😉

    Meine geplante Route:
    Start in Landmannalaugar und über / entlang den(m) Skalli Abstieg nach Hattver. Über den Torfajökull Abstieg zur Strútslaug, Alftavötn, Eldgjá, Skærlingar, Hvanngil, weglos zur Piste stoßen und über Blautulón
    zurück zur F 208. Über Halldorsgil, Grænnihryggur zurück nach Hattver. So schließt sich der Kreis,
    so hoffe ich, und die Tage vielleicht noch für einen Abstecher nach Südisland reichen werden, wo ich noch an der Diamond Beach fotografieren will. Aber ob die Zeit reichen wird ist noch völlig ungewiss.

    24,5 kg wiegt der Rucksack. Eigentlich sollte mein neuer Gregory Paragon 58, den ich zum Ende des Vorjahres günstig erwerben konnte, mit.
    Es ging gerade so alles hinein, doch dann fiel mein Blick auf den Tagesrucksack und der Inhalt ging dann nicht mehr rein. Also musste wieder meine Hassliebe, der HMG 4400 windrider ran. Darin verschwand auch noch der Inhalt meines Tagesrucksacks. 👍

    Ein neues Zelt ist dabei: Ein Trekkertent Phreeranger, aus leichtem, 20D SilPolyester, 10mm Stange und speziell angefertigtem Innenzelt. 1400 gr. Ich hoffe, es schlägt sich gut.

    Die Micro-Spikes / Chainsen sind wieder dabei, für den Torfajökull.

    Zu guter letzt: Eine DJI Mini 2 Flugdrohne. Nicht, dass sie mit ihren nur 349 gr. (in der Tragetasche) zu schwer wäre, nein, aber das Zubehör summiert sich: Solarpanel: 492 gr., Steuerung (in der Tragetasche): 522 gr., 3 Akkus (plus Ersatzteile): 355 gr., Powerbank (20.000 Ah): 350 gr. Zusammen: 2.068 gr….Uff!
    Gute 2 kg Mehrgewicht, das ist eine Menge, und eigentlich für mich, der noch in 2019 entspannt mit 20 kg (inkl. Foto-Gepäck!) im Sarek unterwegs war, viel zu viel.
    Doch die Drohne reizt mich sehr, gerade für Island.





    Hattver / Fjallabak
    My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

  • Belge
    Dauerbesucher
    • 23.02.2021
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    #2
    Was für ein Start. Besser als alles, was wir in Island geschafft haben. 😂 Unbedingt weiterschreiben. Schnell.

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    • Borgman
      Dauerbesucher
      • 22.05.2016
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      #3
      Zitat von evernorth Beitrag anzeigen
      Doch die Drohne reizt mich sehr, gerade für Island.
      Dann musste es natürlich so sein - bin sehr gespannt, was du draus gemacht hast und ob es sich für dich gelohnt hat, statt 20 Tafeln Schokolade oder 4 Dosen Bier diese Drohne zu schleppen. Die Eckdaten, 10 Tage zwischen Fjallabak und Langisjór, kommen mir jedenfalls sehr bekannt vor ... da gibt es nach meiner Erinnerung etliche Stellen, die für spektakuläre Luftaufnahmen geeignet sind..

      Und spätestens nach deinem Gepäck-Ärger bin ich jetzt froh, dass ich dieses Jahr nicht noch mal fliege. Das wäre mir schon Tage (nein, Wochen!) vor Abflug viel zu nervenaufreibend.

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      • Freedom33333
        Dauerbesucher
        • 09.09.2017
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        #4
        Gute Güte, das ist ja der Alptraum eines jeden Trekkers, ein Rucksack der nicht ankommt. So knapp wie ich meine Touren im Hinblick auf Reservetage immer geplant habe, hätte das mir locker mal die Tour komplett über den Haufen geworfen. Von im Voraus wesentlich günstiger gebuchten Bussen ganz zu schweigen. Das Kernmerkmal von Trekking-Urlauben ist ja auch, auch dass diese Art Urlaub extrem günstig ist, wenn man seine Ausrüstung einmal hat. Da sieht man schön, dass man eben doch immer einen gewissen Puffer einplanen muss.

        War da ein besonderes Event an dem Tag dass die Hotels so teuer waren oder sind das für Island normale Preise?

        Das mit der Drohne ist interessant - ich muss ja zugeben, dass ich bei sowas eher etwas kritisch bin, jedenfalls gehen mir in den Alpen Leute mit diesem surrenden Ding auf einem Gipfel eher auf den Keks, aber irgendwo im Nirgendwo dürfte das eher niemanden stören.

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        • evernorth
          Fuchs
          • 22.08.2010
          • 1835
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          #5
          Zitat von Freedom33333 Beitrag anzeigen
          War da ein besonderes Event an dem Tag dass die Hotels so teuer waren oder sind das für Island normale Preise?
          Nein, das waren schon Reykjavik-Spitzenpreise. Dennoch sind die Unterkunfts-Preise in Island sehr hoch.
          Etwa 130 - 170 € für ein Zimmer ohne Frühstück sind schon die Regel.
          Der Touristen - Andrang ist groß, der Markt gibt es her und die Touristen zahlen (fast) jeden Preis.
          Doch es gibt auch zunehmend Kritiker im eigenen Land mit der Kernfrage: Wieviel Tourismus verträgt das Land in Zukunft noch.
          Im Augenblick sind die Tourismus - Befürworter aber noch klar in der Mehrheit, besonders nach? Corona.
          Da überwiegt ein großer Nachholbedarf.
          My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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          • evernorth
            Fuchs
            • 22.08.2010
            • 1835
            • Privat


            #6
            11.07.22


            Rückkehr nach Hattver


            Heute bin ich bereits früh wach, packe umgehend meinen Rucksack und am Ende passt auch noch das nass-klamme Zelt hinein.
            Pünktlich um 06:30 Uhr steige ich in den Shuttle-Bus zum BSÍ, der etwa 20 Minuten später den Terminal erreicht. Ich gehe direkt an den Ticket-Schalter, wo mir die Mitarbeiterin eröffnet, dass sie mir kein Ticket verkaufen kann. 😳 Wie jetzt? 🤔
            Ich solle, so fährt sie fort, zunächst den Busfahrer kontaktieren und diesen fragen, ob noch Platz im Bus ist, denn es sind schon sehr viele Tickets verkauft worden. Panik berührt meine Schulter.
            Doch gesagt, getan, und schon kurz darauf stehe ich vor dem Busfahrer. Er schaut genau durch die Reihen seines Busses, der auf mich schon rappelvoll wirkt. Er zählt und schaut mich danach an: Einen Platz hat er noch!
            Bingo! Ich verstaue meinen Rucksack, haste zum Ticket-Schalter und kehre mit meinem Billett zum Busfahrer zurück. Der will es nun gar nicht mehr kontrollieren und ich gehe weiter durch den Bus und lasse mich erleichtert auf den letzten, freien Platz fallen.
            Der Bus fährt los und mit der Fahrt fällt auch die große Anspannung langsam von mir ab.
            Ab Hvolsvöllur wird die Busfahrt für mich interessant. Ich bin schon lange nicht mehr nach Landmannalaugar gefahren. Zuletzt vor 5 Jahren aus der Gegenrichtung.
            Die letzte Stunde vor dem Ziel ist dann auch recht kurzweilig und es gibt eine Menge zu sehen. Das ist es, wofür ich die Insel liebe. 😘 Eine unverwechselbare, wilde Landschaft, wie es sie nirgendwo auf der Welt so gibt.












            Am Ziel in Landmannalaugar gönne ich mir im Mountain Mall Bus noch einen Kaffee und mache mich gleich darauf auf den Weg.
            Ich bin überrascht, wie viel Schnee überall noch liegt und denke schon jetzt an zwei Dinge:
            Werde ich, wie Borgman vor 2 Jahren, vor einem steilen Schneefeld stehen, und wie viel Schnee wird in den Schluchten und Rinnen sein, die hoch zum Torfajökull führen?





            Viele Schneefelder und....Nebel!


            Je höher ich steige, desto nebliger wird es. So hatte ich mir das nicht vorgestellt, denn zum einen kann ich mir wohl den Aufstieg zum Skalli sparen und mit einem Drohnen-Flug über den berühmten Grat, hinunter ins Tal nach Hattver, wird es so auch nichts werden.
            Mit dem weiter zunehmenden Nebel wird auch meine Laune immer schlechter, bis ich unvermittelt vor einem „unerwarteten“ 😉 Hindernis stehe: Das steile Schneefeld. Ups, ganz schön lang und wirklich ungewöhnlich steil, vor allem, wenn ich schaue, wie tief nach unten sich das mächtige Schneefeld zieht.
            Einfach Schritt für Schritt und Fuß vor Fuß, beschließe ich, und nicht nach unten schauen!
            Stufen schlagend komme ich dem „rettenden“ Ende quälend-langsam näher. Nur keinen Fehler machen!
            Dann ist es plötzlich geschafft. „Na, so schlimm war das doch gar nicht“, beschwichtige ich triumphierend meinen inneren Schweinehund.
            Kurz darauf erreiche ich die Abzweigung nach Hattver. Erst in einer Entfernung von etwa 10 Metern sehe ich das Schild im Nebel.






            Ich bin kaum abgebogen, da höre ich Stimmen, die langsam näher kommen. Ach, denke ich, ist es jetzt schon soweit, dass ich Stimmen höre? Kommen die überhaupt näher? Niemand ist zu sehen. Ich beginne, ein bisschen an meinem Hörvermögen, wenn nicht sogar Verstand, zu zweifeln.
            Unvermittelt erschrecke ich: Wie aus dem Nichts steht plötzlich eine Frau mit Rucksack vor mir. „Where are the others“, frage ich sie auf Englisch. „Which others“? fragt sie zurück. „I´m alone.
            Meine Konfusion wird dadurch nicht besser, doch ich erzähle ihr nichts von meiner Verwirrung.
            Sie kommt gerade aus Hattver und vom Grat zurück. Ich solle vorsichtig sein, denn es gäbe nur wenige „signs“. Bei dem Wort „signs“ läuft mir irgendwie eine Gänsehaut über den Rücken. „Signs“, Zeichen, das Wort finde ich hier im dichten Nebel irgendwie gruselig. Hätte sie gesagt: „The path is not well marked“, alles wäre gut gewesen, aber „signs“?
            „I know“, sage ich kurz und trocken, „I know this path from a previous visit“. „Ah, o.k., antwortet sie mit einem leichten, isländischen Akzent, „enjoy your trip, but be careful“.
            Dann geht sie weiter und ist auch schon wieder im Nebel verschwunden.
            Hmm, denke ich, ist das Wirklichkeit, oder habe ich mir das gerade eingebildet? Schließlich wandele ich in Island, und da gibt es merkwürdige Dinge. Viele Isländer glauben auch heute noch an Elfen und Trolle, auch, wenn die meisten es nicht zugeben werden. Schließlich hatte Reykjavik in Erla Stefánsdóttir eine offizielle, staatliche Beauftragte für das sogenannte Huldufólk („verborgenes Volk“). Sie war die Elfenbeauftragte, als eine Art Dolmetscherin und Spezialistin, die im Zweifelsfall zu Rate gezogen wurde.
            Mit solchen Gedanken beschäftigt erreiche ich unvermittelt den Beginn des Grates, dessen weiterer Verlauf im dichten Nebel steckt. Da jetzt langgehen? Ich zögere ein wenig. Das Grauen hat einen Namen: Ein unbestimmter Grat im Nebel.
            Ich gebe mir einen Ruck und in der Tat: Es geht. Der Grat wird Stück für Stück sichtbar. Anfangs für etwa 15 bis 20 Meter und besser noch: Je weiter ich absteige, desto mehr lichtet sich der Nebel und die Sicht wird deutlich besser.









            Bessere Sicht









            Da wohnt doch bestimmt irgendwo....ein Troll?








            Das geht ja besser, als befürchtet. Wunderbar, und jetzt komme ich regelrecht in einen „Flow“.
            In „Nullkommanichts“ bin ich unten und erkenne alles wieder, obwohl es bereits 5 Jahre her ist, seit ich hier das erste Mal abgestiegen bin. Nur war das Wetter da viel besser.
            Ein kleiner Bachlauf aus verschiedenen Armen ist noch ziemlich leicht zu queren und schon biege ich rechts ab.





            Letzte Meter....





            Blick zurück zum Grat. Natürlich wundert es nicht, dass dieser Grat auch schon mal auf
            der Titelseite zu einem Geo - Spezial war.
            😎


            Ging das damals auch so schnell? Ich zweifle etwas an meinem Erinnerungsvermögen, denn ruckzuck habe ich die saftig - grüne Wiese erreicht, mein Ziel für heute.
            Wie früh im Sommer es noch ist, erkenne ich an der Feuchtigkeit, die hier überall noch in den Wiesen liegt.
            Die Stelle, an der ich vor 5 Jahren wunderbar zelten konnte, sieht sehr nass aus.
            So sehe ich mich gezwungen, die Wiese weiter hinaufzusteigen. Hier ist es schon viel trockener und für das erste Camp viel besser.
            Ich baue das Phreeranger auf und hole Wasser aus dem etwas entfernteren Gletscherbach. Es ist kalt und windig, aber trotzdem wasche ich mich auch gleich am Bach.
            Zurück beim Zelt schaue ich mir noch einmal ganz genau die mögliche Aufstiegs - Route an. Irgendwo zieht sich hier in mehr, oder weniger direkter Linie eine Rinne hoch zum Torfajökull. Die muss ich finden, sonst….kann es ganz schnell zum Abenteuer werden.
            Unruhig wälze ich mich vor dem Einschlafen hin und her...."Rinne finden, ich muss die Rinne finden"....bis ich endlich etwas Vernünftiges finde, nämlich meine Ruhe und....einschlafe.
            In der Nacht kommt der Regen, und auch die Träume.
            Ich träume von der Elfenbeauftragten, die Ähnlichkeit hat mit der (isländischen?) Frau, die ich am Grat traf.
            Sie weist mir den Weg. In die entgegengesetzte Richtung? 🤔😳





            Camp 1





            Dieser abgekühlte und liegengebliebene Lava - Brocken wird im späteren Verlauf noch einmal
            eine (größere?) Rolle spielen.
            😉

            Zuletzt geändert von evernorth; 12.08.2022, 20:16.
            My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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            • Blahake

              Vorstand
              Fuchs
              • 18.06.2014
              • 1591
              • Privat


              #7
              Willkommen im Club! Bei mir war es jetzt das zweite Mal, dass ich ohne Rucksack dastand. Diesmal in Bodø und da war tatsächlich gerade ein Festival und die Unterkünfte alle ausgebucht. Wie's ausgegangen ist, erzähle ich dann später im Bericht. Jetzt folge ich Dir erstmal gespannt auf Pfaden, die ich nie zu gehen wagen würde!

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              • evernorth
                Fuchs
                • 22.08.2010
                • 1835
                • Privat


                #8
                Welcome back (und im Club)! Schön, dass du dabei bist. 🧳 🎒😊
                My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                • evernorth
                  Fuchs
                  • 22.08.2010
                  • 1835
                  • Privat


                  #9
                  12.07.22


                  Die Elfenbeauftragte und….ein neuer Plan!



                  Kein Wunder also, dass ich nur mittelprächtig geschlafen habe.
                  Die Abläufe sind heute morgen noch etwas „holprig“, denn noch klappt nicht alles wie „am Schnürchen“.
                  Die Routine kommt eben nicht einfach so „über Nacht“…. 😚
                  Gegen 9 Uhr bin ich dann endlich „ready for the glacier“.






                  Mein erster Weg führt mich direkt zu den Gletscherbächen, von denen ich 2 oder 3 durchwaten muss, um überhaupt annähernd in die Nähe des Torfajökull zu kommen. Hier konzentriert sich das Wasser gleich mehrerer Bäche: Stora und Litla Hamragil, Kaldaklof und Heitaklof, um nur die wichtigsten zu nennen.
                  Kaum am ersten Gletscherbach angelangt, kommen mir bereits erste Zweifel. 🤔
                  Ganz schön flotte Strömung und - wie fast immer - keinen blassen Schimmer, wie tief das Wasser hier ist.
                  Seitdem ich 2018 bei der Querung der Djupa am Siðujökull auf den letzten drei Metern einmal von der Wucht des Wassers mitgerissen worden bin, bemühe ich bei isländischen Flußquerungen meine Fluß - Rücktrittsversicherung. Lach…
                  Hätte ich die schon in dem Jahr in Anspruch genommen, wäre ich wohl gar nicht auf den Gletscher gekommen… 🤔
                  Damals hatte ich jedenfalls enormes Glück, dass ich einfach nur an das ersehnte Ufer gespült worden bin.

                  So halte ich jetzt inne und denke über meinen nächtlichen Traum nach. Die Elfenbeauftragte zeigte mir den Weg, aber der wies in die entgegengesetzte Richtung, zurück zum Grat, zum Skalli und noch weiter zurück nach Landmannalaugar.
                  Noch einmal schaue ich in das stark strömende Wasser....
                  Was ist nur los mit mir? Bin ich völlig verweichlicht?
                  Ich hatte von Anfang an große Bedenken, jedes Mal, wenn ich in meinen Gedanken einen Weg hinauf zum Torfajökull suchte.
                  Wenn ich hier in den Schluchten und Labyrinthen zu viel Zeit verliere, gibt es kaum eine Möglichkeit, einen vernünftigen Platz für ein Notbiwak zu finden. Dazu kommt noch die nicht kalkulierbare Schnee - Situation….
                  Ich treffe eine Entscheidung: Ich kehre jetzt um und... folge den Anweisungen meines Traumes!
                  Während ich mich zum Grat auf den Weg mache bin ich tief enttäuscht und erleichtert zugleich.
                  Ein neuer Plan ist schnell gefunden. Ich folge den Spuren von Borgman, von Landmannalaugar auf der Hochlandpiste, der F 208.
                  Ich folge ihr soweit, wie ich bis heute Abend komme und suche mir dann einen schönen Platz für die Nacht.
                  Die Piste ist sehr abwechslungsreich. Ich weis das aus verschiedenen Quellen und auch von einem sehr lange zurückliegenden, eigenen Besuch.
                  Während ich den Grat langsam hochsteige (war der schon immer so steil??), kann ich beim Zurückblicken sehen, wie viel Schnee hoch hinauf zum Torfajökull noch liegt. Das bekräftigt mich doch sehr in meiner Entscheidung. Ich habe meinen Frieden mit dem Abschied von meinem alten Plan gefunden.





                  Zurück auf dem Grat






                  Weil die Sicht immer besser wird, entscheide ich mich, hinauf auf den Skalli zu steigen.
                  Das ist schnell getan und von hier oben habe ich einen tollen 360 Grad - Rundum - Blick.





                  Suchbild: Ganz klein, fast in der Bildmitte am unteren Rand steht mein zurückgelassener Rucksack



                  Noch viel Schnee, je höher es hinauf geht







                  Blick in Richtung Landmannalaugar. Dahinter: Frostastaðavatn











                  Blick Richtung Stórihver








                  Inzwischen sind auch noch diverse andere Personen auf dem Skalli erschienen. Es ist genug, und ich steige wieder ab, hinunter zu meinem zurückgelassenen Rucksack.
                  Rasch komme ich an die Stelle, wo das steile Schneefeld den Pfad hinab kreuzt.
                  Da habe ich gar nicht mehr daran gedacht. Das muss ich nun zum zweiten Mal überqueren.
                  Ich zwinge mich, nicht den Schneehang hinunter zu schauen und schlage mit den Schuhen eine Stufe nach der anderen. Nur recht langsam komme ich so voran. Auf den letzten Metern sehe ich, dass an meinem Ziel schon eine Gruppe aus drei jungen Frauen und einem Mann wartet. Alle schauen recht unschlüssig und wissen nicht so recht, was sie nun machen sollen. Zwei Frauen haben lediglich Sneaker, ohne deutliches Profil, an den Füßen. Eine Frau fragt mich, wie es war und ob sie es wagen sollen. Ich sage, sie sollen genau in meinen Stufen und Fußstapfen gehen, so kommen sie am besten hinüber. „Wenn ihr aber Zweifel habt, dann kehrt lieber wieder um“, gebe ich ihnen noch als Rat mit auf den Weg, bevor ich dem Pfad weiter nach unten folge. Sie haben noch etwas diskutiert, doch beim späteren Zurückblicken erkenne ich, dass sie eine Entscheidung getroffen haben und sich auf dem Weg zurück befinden. Gut so.





                  Das steile Schneefeld


                  Rasch gehe ich den Pfad hinab und schaue noch einmal zurück zum Skalli und seinem steilen Pfad am Hang.





                  Der Skalli mit seinem steilen Pfad hinauf yum Schneefeld


                  Immer weiter steige ich ab und schon bald komme ich in den Einzugsbereich der Tagesausflügler aus Landmannalaugar.






                  In der Mountain Mall nehme ich noch einen schnellen Kaffee und dann nichts wie weg hier.
                  Dabei sind noch gar nicht einmal so viele Menschen hier, was ich daran merke, dass ich für den Kaffee gar nicht anstehen muss. 😂








                  Bald überquere ich die Jökullgilskvisl über die einzige Brücke weit und breit und es dauert gar nicht so lange und ich erreiche den Kyllingavatn. Mittlerweile ist es schon fortgeschrittener Nachmittag, doch die erhofften, guten Zeltplätze am See sind nicht in Sicht. Überall ist es nass und morastig.






                  Kyllingavatn mit Kirkjufell


                  So muss ich doch noch eine Weile weitergehen und erst gegen 20 Uhr, nachdem ich die Halldorsgil unbemerkt passiert habe, finde ich einen trockenen und ebenen Platz, wenn auch in Sichtweite der Piste.
                  Erfreulicherweise fahren heute Abend nur noch drei Fahrzeuge an meinem Platz vorbei.
                  Da bin ich doch noch ganz zufrieden mit meiner Wahl.





                  Camp 2
                  Zuletzt geändert von evernorth; 20.08.2022, 12:21.
                  My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                  • Fjellfex
                    Fuchs
                    • 02.09.2016
                    • 1511
                    • Privat


                    #10
                    Zitat von evernorth Beitrag anzeigen
                    Was ist nur los mit mir? Bin ich völlig verweichlicht?
                    Ne, du wirst einfach vernünftig auf deine alten Tage. Und den Rat von Elfenbeauftragten sollte man wirklich nicht ignorieren.
                    Die Bilder sind sowas von klasse! Könntest du mir eine schöne isländische Online-Karte (à la norgeskart) empfehlen? Würde deine Tour gerne genauer verfolgen. Danke im voraus!

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                    • MartinHuelle
                      Dauerbesucher
                      • 31.01.2010
                      • 898
                      • Privat


                      #11
                      Zitat von Fjellfex Beitrag anzeigen
                      Könntest du mir eine schöne isländische Online-Karte (à la norgeskart) empfehlen? Würde deine Tour gerne genauer verfolgen. Danke im voraus!
                      Vielleicht diese hier: https://kortasja.lmi.is/mapview/?application=kortasja

                      Und ja, Island! Da habe ich auch noch eine Tour auf der Wunschliste ...
                      www.martin-huelle.de

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                      • Fjellfex
                        Fuchs
                        • 02.09.2016
                        • 1511
                        • Privat


                        #12
                        Zitat von MartinHuelle Beitrag anzeigen


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                        • evernorth
                          Fuchs
                          • 22.08.2010
                          • 1835
                          • Privat


                          #13
                          13.07.22


                          Über viele Furten, einem Picknick - Tisch und dem nächsten „Desaster“



                          Das Wetter ist schön und so soll es auch die nächsten zwei Tage bleiben.
                          Das haben allerdings auch zahlreiche SUV - Touristen mitbekommen. Schon in aller Frühe frequentieren etliche Fahrzeuge die F 208. Nun ist es nicht mehr so schön an meiner pistennahen Campstelle.
                          Die Kulisse in meinem Hintergrund ist dafür vom Feinsten.





                          What a brilliant morning! ☀️🤩








                          Mein Plan ist es, bis zu den (irgendwann auftauchenden) Strommasten weiter der Piste zu folgen, um dann die Piste zu verlassen und einem alten, verblassten Jeep - Track in Richtung Alftavötn zu folgen.
                          Bis dahin ist es aber noch ein ganzes Stück Weg und ich mache mich gegen 09:30 Uhr auf den Weg.

                          Wie schon geschrieben, muss ich mir die F 208 mit etlichen vorbei fahrenden und entgegenkommenden Fahrzeugen teilen. So manches Mal muss ich die Piste kurzzeitig verlassen und am Rand weitergehen.
                          Gott sei Dank ist die Landschaft außerordentlich abwechslungsreich und das Auge, meine Augen, können sich an zahlreichen landschaftlichen Höhepunkten begeistern.
                          Das Wetter ist wunderbar sonnig, also eigentlich ein prädestiniertes „Flugwetter“, wenn nicht immer wieder kleine Windböen hinein wehen würden. Deshalb lasse ich die Drohne „stecken“ und riskiere lieber keinen Crash. Für einen erfolgreichen, filmreichen und Foto - ergiebigen Flug sind vor allem zwei Dinge maßgeblich: Gutes, besser sonniges, Wetter und möglichst wenig Wind.
                          Beides gemeinsam ist auf Island eine eher seltene Angelegenheit. Obwohl ich das bereits im Voraus wusste,
                          nervt es mich jetzt doch das eine, oder andere Mal.
                          Dazu kommt, dass ich nun einfach mal „Kilometer machen“ will und so phasenweise in einen „Flow“ gelange, wo ich währenddessen oft gar nicht mehr an die Drohne denke.
                          Jedenfalls mache ich jetzt meine Kilometer. Zahlreiche Furten lege ich so zurück, und ich bin froh, dass ich dabei nicht jedesmal meine Schuhe wechseln muss, sondern kurz nach der besten Stelle schaue und einfach hindurch gehe. Sehr praktisch, wenig Zeitverlust und gut so. 😎





                          Linienbusse fahren leider(?) nicht mehr auf der F 208, aber Touristen - Busse sehr wohl







                          Phantastische Landschaft, phantastische Formen












                          Die Landschaft ist wirklich sehr schick und stellenweise richtig spektakulär.













                          Schließlich komme ich an eine weitere Furt und staune nicht schlecht: Ein Picknick Tisch aus massivem Holz steht hier einfach so rum. „Das ist ja mal ein Ding“, denke ich, und bereite mich auf eine außerplanmäßige Kaffee - Pause vor. Wunderbar, das kommt mir gerade sehr gelegen.




                          Picknick vor atemberaubender Kulisse



                          Yoh....!




                          Das ist auch eine gute Gelegenheit, mit einer Premiere aufzuwarten: Ein Asia - Snack von YamYam. Nachdem ich diesen Snack auf einer gemeinsamen Wanderung mit Borgman kennen- und schätzen gelernt habe, gehören ab jetzt immer ein paar Malzeiten davon in mein Gepäck.
                          Ernährungsphysiologisch ist das sicher kein Kracher, aber das Zeug macht mir ausgesprochen gute Laune, ist salzig, scharf gewürzt (ich liebe „Schärfe“, hehe), beschäftigt den Magen und macht herrlich warm.








                          Die Pause ist so gut gelungen und meine Begeisterung für den Tisch so groß, dass ich doch glatt beschließen könnte, das „Ding“ einfach mitzunehmen. 😂
                          Daraus wird leider nichts, denn der Tisch ist dermaßen fest verankert, dass er wohl noch die nächsten 20 Jahre den isländischen Winterstürmen und Schneeschmelzen widerstehen wird. 😳😉

                          Schließlich muss ich mich regelrecht „losreißen“ von meinem Picknick Tisch und setze meine „Tour de F 208“ fort.





                          Der ”springende” Riesen - Butt


                          Zwei bis drei Stunden folge ich noch der Piste, dann kommen endlich die Strommasten in mein Visier. Doch erst als ich über eine weitere Anhöhe gekommen bin - ungeduldig wäre ich fast zu früh zu den Masten abgebogen - kommt eine unscheinbare Jeep Spur in meinen Blick. Das ist genau die richtige Stelle, um die F 208 zu verlassen und der Spur zu folgen!




                          Abzweigung nach Alftavötn



                          Immer den Strommasten folgen....aber keine Camp - Stellen!


                          Um es gleich vorweg zu nehmen: Die lästigen Fahrzeug - Begegnungen, die meine Geduld doch heute das eine, oder andere Mal auf die Probe gestellt haben, gehören von jetzt an (bis auf weiteres) der Vergangenheit an.
                          Es ist bereits recht spät und folglich schaue ich mich bereits nach geeigneten Übernachtungsplätzen um.
                          Die wollen aber partout nicht kommen (siehe das vorherige, letzte Foto!).
                          Als ich schon etwas ungeduldig werde und ich auch eine Müdigkeit verspüre, kommt doch noch das ersehnte „Traum - Plätzchen“, geradewegs „um die Ecke“. Meine Überraschung ist groß; damit habe ich (fast) nicht mehr gerechnet. Ich bin entzückt!
                          Leider stimmt irgend etwas mit dem Sucher meiner Kamera nicht. Das Sucherbild ist völlig „surreal“, untypisch, merkwürdig, wie „ausgebrannt“….nein, nicht hier, das kann doch nicht wahr sein!
                          Noch weiss ich nicht, dass ich damit (am dritten Tour - Tag!) bis zum Ende meiner Reise nicht mehr fotografieren kann, und somit verdränge ich erstmal das „Desaster“ - bis zum anderen Morgen.

                          Der Platz ist großartig und schnell schließe ich für heute meinen Frieden.
                          Ich bin super - dankbar. Was für ein herrlicher Tag! 😎
                          Nachdem ich mich im Fluss gewaschen, einen Tee und eine leckere Malzeit genossen habe, merke ich einmal mehr, wie wenig es braucht, um einfach nur glücklich zu sein. 🤩





                          Glück in der Abendstunde: Unverhoffter ”Traum - Platz”



                          Meine Route nach Alftavötn: Gelb: F 208, Rot: Mein Weg bis zur Campstelle,
                          B: Alftavötn (Ziel) Quelle: Komoot




                          Camp 3
                          My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                          • evernorth
                            Fuchs
                            • 22.08.2010
                            • 1835
                            • Privat


                            #14
                            14.07.22


                            Alftavötn und die Schlucht



                            Gut geschlafen erwache ich, doch sogleich hat mich auch die Erinnerung an meine defekte Kamera wieder.
                            Leider hat sich das Problem über Nacht nicht von selbst gelöst, denn wenn ich nun durch den Sucher schaue, sieht alles noch viel gruseliger aus. Vor allem sehen die damit gemachten Fotos manchmal regelrecht unscharf und sehr „merkwürdig“ aus. Hmm….
                            Mir ist noch nie die Kamera ausgefallen und dementsprechend mies ist gerade meine Laune.
                            „Du hast jetzt die Wahl“, sage ich zu mir. Ich kann jetzt den ganzen Tag Trübsal blasen, oder ich willige ein und nehme die Situation an, so, wie sie gerade ist: Nicht gerade super, aber durchaus akzeptabel, da ich ja noch mit meinem Mobiltelefon hinreichend fotografieren kann.
                            Eigentlich ist es ja ein Segen, dass auf diese Weise mittlerweile immer ein geeignetes Back - Up zur Verfügung steht, ohne eine Extra - Zweitkamera mitzuführen.
                            Später, bei der Durchsicht der Fotos fallen mir doch noch zwei, oder drei Fotos auf, die ich mit der defekten Kamera gemacht habe. Die sehen eigentlich gut und knack - scharf aus.
                            Sollte es sich doch „nur“ um ein Sucher - Problem handeln?
                            Nochmal „hmm“……🤔 🙄

                            Gegen 9:30 Uhr verlasse ich meinen schönen Platz und beginne meine heutige Wanderung gleich mit einer Furt. Relativ viel strömendes Wasser aber recht einfach und die Wasserlinie noch ein gutes Stück unterhalb der Knie.





                            Die Furtstelle


                            Auf der andere Seite windet sich der Pfad langsam in die Höhe und am vorläufig höchsten Punkt habe ich noch einmal einen schönen Blick auf meine Campstelle.





                            Blick zurück zu Camp 3


                            Etwas, das mir bereits am ersten Tag aufgefallen ist: Der HMG Rucksack trägt sich einfach nicht gut und ist mit meinen 24,5 kg Gepäck deutlich überfordert. Das geht jetzt schon wieder los, denke ich.
                            „Jammer, Jammer“…..und meine Laune geht gleich zusätzlich in den Keller. 🙄 😅
                            Sicher, am Anfang einer Tour ist mir schon häufiger fast jeder Rucksack mit einem Gewicht über 22 kg zu viel gewesen. Meist habe ich mich am zweiten, spätestens am dritten Tour - Tag aber wieder an das Gewicht gewöhnt.
                            Diesmal ist das anders, denn ich fluche noch in den letzten Tagen über meinen unbequemen Windrider, obwohl da das Gewicht schon wieder unter 22 kg gefallen war.
                            Er wird bis 25 kg empfohlen, aber nach meiner Erfahrung wird er mir spätestens ab 22 kg zu unbequem und der Tragekomfort geht dann deutlich nach unten.
                            Weil ich mein Gejammer irgendwann selbst nicht mehr ertragen kann, beschließe ich noch hier in Island, mir einen neuen Rucksack auszusuchen, wenn ich wieder zurück und zuhause bin. 👍

                            Zurück zum Wetter. 😂 Das ist anfänglich noch recht bedeckt. Sollte nicht heute noch ein zweiter, schöner Tag folgen? 🤔 Mit der Zeit lockert die Bewölkung immer mal wieder etwas auf und lässt ein paar Sonnenstrahlen hindurch kommen.
                            Ein würdiger Sonnen - Tag sieht definitiv….äh….anders aus. 😚

                            Es ist schon erstaunlich, wie gut sich die alte Piste immer noch verfolgen lässt und immer, wenn die Spur etwas „blasser“ wird, sind da ja noch die Strommasten, die weiter die Richtung vorgeben.





                            Weithin sichtbarer Pisten - Verlauf, sogar mit etwas Sonne ☀️



                            Immer den Strommasten nach


                            Schon am frühen Nachmittag kann ich dann zum ersten Mal in der Ferne den Alftavötn sehen, wie er da vor den charakteristischen, zerfurchten Bergen liegt.
                            Wenn ich genau hinschaue, kann ich bereits das rote Dach der Útivist Hütte erkennen.
                            Es dauert aber noch eine Weile, bis ich sie erreicht habe.





                            Alftavötn (vor den Bergen)


                            Weiter auf meinem Weg treffe ich auf die regelmäßig befahrene Piste die hinunter zur Syðri-Ofæra führt.
                            Die ersten Geländewagen tauchen wie aus dem Nichts auf und überqueren an einer weniger tiefen Stelle den Fluß.
                            Über die mir bereits vertraute, natürliche Basaltbrücke kann ich ebenfalls die Syðri-Ofæra sehr elegant überqueren.





                            Syðri-Ofæra bei mehr Sonnenschein 🌞



                            Bildmitte: Natürliche Basaltbrücke über die Syðri-Ofæra


                            Von einer kleinen Anhöhe betrachtet, breitet sich der elegante See und die wunderbare Landschaft direkt zu meinen Füßen aus, wie ein Hauch von Magie.




                            Alftavötn - herrlich!


                            Rasch habe ich die Hütte erreicht, die ich leer und verlassen vorfinde und was findet mein Auge genau hier? Richtig, einen Picknick Tisch, gerade so einer von der Sorte, wie ich ihn schon gestern zu schätzen wusste.
                            Inzwischen ist es Nachmittag geworden. Genau die richtige Zeit für eine Kaffee - Pause und wegen des üppigen Sonnenscheins auch gleich die Gelegenheit, zwei Akkus über das Solar Panel aufzuladen.
                            Etwas unterhalb der Hütte ist ein Auto gekommen und hält dort auf dem Parkplatz.
                            Kurze Zeit später höre ich ein bekanntes Geräusch. Mann oder Frau haben eine Drohne in die Luft gebracht.
                            Immer noch sehr nah und in Hörweite wird mir vielleicht beim Kaffee kochen zugesehen?
                            Nach einer Weile ist das Geräusch verschwunden und das Auto mit Mann und Frau auch.
                            Das ist der Moment, wo ich selbst meine Drohne starte und ein paar Fotos aus der Luft schieße.








                            Dann fährt erneut ein Auto vor - hier ist ja richtig was los! Ein etwas älterer Mann und seine Frau steigen aus und geben sich als Isländer zu erkennen. Sie betreuen die Hütte und halten diese für Útivist in Schuss.
                            Der Isländer bestätigt mir, was ich gestern schon dem Inreach - Wetterbericht entnehmen konnte: Den Rest des heutigen Tages und morgen noch gutes Wetter, gegen Abend dann viel Regen.
                            Das sollte für mich reichen, um nach Skærlingar zu kommen. Dort, in der Langagil, finde ich gewiss einen geschützten Platz, um den Regen abzuwettern.

                            Das isländische Paar erledigt recht routiniert seine Kontroll - Aufgaben und ruck - zuck sind sie auch schon wieder weg.
                            Im Anschluß breche auch ich (bei immer noch strahlendem Sonnenschein!) auf.
                            Es ist nur ein kurzes Stück, dann befinde ich mich in einer phantastischen Schlucht. Das ist ja geradezu ideal für mein heutiges Camp!
                            Das mir diese Schlucht kaum in Erinnerung geblieben ist!? Wie konnte das passieren? Nun, ich bin in den Jahren zuvor zweimal aus der Gegenrichtung gekommen.
                            Nach einer nicht ganz banalen Furt bin ich eher achtlos durch die Schlucht gelaufen, nur, um endlich bei der Hütte am Alftavötn anzukommen. Verschobene Prioritäten verändern die Perspektiven.
                            Dafür kann ich dem Ort jetzt meine ganze Aufmerksamkeit schenken. Ich bin begeistert.
                            Ich baue mein Zelt auf und nutze den Sonnenschein, um weitere Akkus zu laden. Herrlich hier.
                            Dann starte ich noch mal die Drohne. Diesmal filme ich ein wenig.
                            Schließlich habe ich fast den Zeitpunkt verpasst, wo ich mich noch in der Sonne in der Syðri-Ofæra waschen kann, doch ich finde am Eingang zur Schlucht noch ein letztes, sonniges Plätzchen. Weitere Menschen laufen
                            hier heute nicht mehr vorbei, was sich auch bis zu meinem Aufbruch am nächsten Morgen nicht ändern
                            wird.







                            In der Schlucht



                            Camp 4


                            Zuletzt geändert von evernorth; 25.09.2022, 19:35.
                            My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                            • evernorth
                              Fuchs
                              • 22.08.2010
                              • 1835
                              • Privat


                              #15
                              An dieser Stelle muss ich meinen Bericht zu meinem Bedauern für etwa dreieinhalb Wochen unterbrechen,
                              da ich bereits morgen für eine weitere Tour nach Norwegen aufbreche.
                              Im Anschluß geht es hier dann weiter. 😉
                              My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                              • Pflaume09
                                Erfahren
                                • 01.02.2022
                                • 160
                                • Privat


                                #16
                                Ach man…!
                                Viel Spaß!

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                                • evernorth
                                  Fuchs
                                  • 22.08.2010
                                  • 1835
                                  • Privat


                                  #17
                                  Zitat von Pflaume09 Beitrag anzeigen
                                  Ach man…!
                                  Viel Spaß!
                                  Danke. Geht ja bald weiter. 👋
                                  My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                                  • Fjellfex
                                    Fuchs
                                    • 02.09.2016
                                    • 1511
                                    • Privat


                                    #18
                                    Zitat von evernorth Beitrag anzeigen

                                    Danke. Geht ja bald weiter. 👋
                                    Island ist ja toll. Aber Norwegen finde ich noch toller! Könntest du nicht nach der Tour erst mal den Norwegen-Bericht schreiben, und dann den Island-Bericht fertigstellen? (Auf die Gefahr hin, dass ich jetzt Prügel bekomme...)

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                                    • jeha
                                      Erfahren
                                      • 04.08.2005
                                      • 374


                                      #19
                                      Zitat von Fjellfex Beitrag anzeigen

                                      Island ist ja toll. Aber Norwegen finde ich noch toller! Könntest du nicht nach der Tour erst mal den Norwegen-Bericht schreiben, und dann den Island-Bericht fertigstellen? (Auf die Gefahr hin, dass ich jetzt Prügel bekomme...)
                                      Im Gegenteil, ich schließe mich da an! (Allein schon wegen dem großen schwarzen Ding mit Rollverschluss... )
                                      Zuletzt geändert von jeha; 28.08.2022, 13:14.

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                                      • evernorth
                                        Fuchs
                                        • 22.08.2010
                                        • 1835
                                        • Privat


                                        #20
                                        Zitat von jeha Beitrag anzeigen

                                        Im Gegenteil, ich schließe mich da an! (Allein schon wegen dem großen schwarzen Ding mit Rollverschluss... )
                                        Da liegt ein Mißverständnis vor. Das große, schwarze Ding mit dem Rollverschluß ist gerade mit in Norwegen und Schweden. 😉👋
                                        My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                                        • evernorth
                                          Fuchs
                                          • 22.08.2010
                                          • 1835
                                          • Privat


                                          #21
                                          Ah, hab verstanden. Doch kein Missverständnis.
                                          My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                                          • jeha
                                            Erfahren
                                            • 04.08.2005
                                            • 374


                                            #22
                                            Zitat von evernorth Beitrag anzeigen

                                            Da liegt ein Mißverständnis vor. Das große, schwarze Ding mit dem Rollverschluß ist gerade mit in Norwegen und Schweden. 😉👋
                                            Eben! Deswegen will ich ja auch zuerst den Lappland-Bericht lesen, bevor du hier weitermachst! (Vermessen, ich weiß... )

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                                            • Borgman
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                                              • 22.05.2016
                                              • 768
                                              • Privat


                                              #23
                                              Herrlich! Alftavötn und die Schlucht dahinter haben ihren ganz besonderes Zauber, den deine Bilder auch schön vermitteln. Wer wird da noch an der Existenz von Elfen zweifeln?

                                              Im Übrigen bist du selbstverständlich souverän genug um selber zu entscheiden, welchen Bericht du jetzt zuerst schreibst ... nämlich diesen hier . Lappland (auf den bin ich natürlich auch gespannt) kann warten und muss sich bitte hinten anstellen!

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                                                Fuchs
                                                • 22.08.2010
                                                • 1835
                                                • Privat


                                                #24
                                                So ist es. Du kennst mich ja. 👍 Erst das Eine, und dann das Andere. 😉
                                                My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                                                  Fuchs
                                                  • 22.08.2010
                                                  • 1835
                                                  • Privat


                                                  #25
                                                  15.07. / 16.07.22


                                                  Über die Feuerschlucht nach Skærlingar


                                                  Eine meiner besten Errungenschaften der letzten Jahre sind meine SealSkinz Kniestrümpfe. Absolut wasserdicht - schon im dritten Jahr. Die passen perfekt zu meinem Trailrunner - Schuh - System, denn auch ich mag es auf Dauer gar nicht, wenn meine Füsse den ganzen Tag nicht mehr richtig trocken werden.

                                                  Für heute habe ich ein klares Ziel: Zunächst weglos und möglichst direkt zur Feuerschlucht, der Eldgjá, und von dort aus weiter zur Hütte von Skærlingar. Gegen Abend erwarte ich, lt. Wetterbericht aus dem Inreach, einiges an Regen, der sich auch morgen noch fortsetzen soll.
                                                  In der Stóragil suche ich mir einen schönen Platz und will dort den Regen „aussitzen“, solange es notwendig erscheint. Genügend Hörbücher habe ich jedenfalls dabei.

                                                  Doch nun folgt der erfrischende Teil des noch frühen Morgens: Die Furt der Syðri-Ófæra. In meinen Sealskinz fühle ich mich da absolut sicher, doch habe ich mir auch die richtige Stelle ausgesucht?





                                                  Furt über die Syðri-Ófæra, am Ende der Schlucht


                                                  Da ich diese Furt in Gegenrichtung schon zweimal in der Vergangenheit erfolgreich hinter mich gebracht habe, bin ich erstaunt: War das schon immer so tief? Sollte es nicht nur bis zum Knie gehen? Bis zum Knie reicht das Wasser schon auf den ersten Metern, doch…nein!….es wird noch tiefer! Bis zum halben Oberschenkel reicht mir das Wasser bereits und die Füße melden schon eine kalte….äh.…Nässe. Erfreulich ist nur die moderate Strömung.
                                                  Am anderen Ufer angekommen musst ich feststellen, dass viel Wasser von oben in die Kniestrümpfe reingelaufen ist. Die Strümpfe sind nun von innen genauso nass, wie meine kalten Füße.
                                                  Meine Erkenntnis des Tages: In Sealskinz keine Wasserhöhe über den Strumpfrand hinaus!

                                                  Dann folge ich, wie Borgman, zunächst einem Reitweg. Gleich am Wegesrand begrüßen mich die Vertreter der wunderbaren, isländischen Pflanzenwelt.





                                                  Unter Vorbehalt: Stengelloses Leimkraut



                                                  Resedablättriges Schaumkraut



                                                  Grasnelke?


                                                  In der Tat ist das Gehen hier auf der weiten Ebene recht komfortabel, wenn, ja wenn die Erosions - Rinnen nicht wären, wovon mich gleich zwei etwas aufhalten und ich erst einmal eine schnelle Umgehung suchen muss.





                                                  Erosions - Rinne



                                                  Hier ist der Rand gerade noch zu erklimmen


                                                  Zügig erreiche ich die F 208 und den markierten Pfad zur Eldgjá; am Horizont schon den Gjátindur im Visier.
                                                  Eine schöne, fast liebliche Landschaft ist das und kleine Wasserfälle und Lavaerhebungen wechseln sich ab.





                                                  Markierter Pfad in Richtung Eldgjá






                                                  Schließlich erreiche ich die Feuerschlucht, an dessen oberen Rand ich auf den Gjátindur zusteuere, vorbei am eindrucksvollen Ófærufoss.




                                                  Ófærufoss


                                                  Vorbei am Gjátindur kann ich schon nach kurzer Zeit einen Blick hinab in die Stóragil werfen.
                                                  Hier hatte es mir schon bei meinen beiden Vorbesuchen ausgesprochen gut gefallen.





                                                  Erster Blick hinunter in die Stóragil


                                                  In die Hütte von Skærlingar schaue ich nicht mehr, denn schon von weitem sehe ich Personen, die wohl zu einer Reisegruppe gehören und die Hütte offensichtlich in Beschlag genommen haben.
                                                  Da suche ich mir lieber gleich einen schönen Platz in der so herrlich grünen Schlucht, wo so manche, sonderbare Lava - Formation „herumliegt“.





                                                  Bizarre Lava - Formation


                                                  Gegen Abend kommt dann der angekündigte Regen und der kräftige Wind im Schlepptau bläst etliche Male während der Nacht um mein Zelt, dass ich eigentlich relativ windgeschützt aufgebaut habe. Hat sich doch der Wind, der damische, einfach mal wieder gedreht.
                                                  Auch der nächste Tag beginnt mit viel Regen und wechselt sich mit kurzen, trockenen Perioden ab.
                                                  So verbringe ich auch den größten Teil dieses Tages im Zelt und habe viel Zeit zum Ausschlafen, Dösen, Karten studieren und Hören meiner Hörbücher.
                                                  Für den folgenden Tag ist deutlich besseres Wetter angekündigt und ich freue mich darauf, dass es dann endlich weitergeht.





                                                  Camp 5 + 6 in der Stóragil






                                                  Zuletzt geändert von evernorth; 25.09.2022, 19:38.
                                                  My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                                                    • 26.05.2002
                                                    • 537
                                                    • Privat


                                                    #26
                                                    Da lese ich doch wirklich gerne mit!

                                                    Zitat von evernorth Beitrag anzeigen
                                                    [
                                                    In der Tat ist das Gehen hier auf der weiten Ebene recht komfortabel, wenn, ja wenn die Erosions - Rinnen nicht wären, wovon mich gleich zwei etwas aufhalten und ich erst einmal eine schnelle Umgehung suchen muss.
                                                    Vor 20 Jahren war ich hier in der Gegenrichtung unterwegs und habe in meine Tourentagebuch notiert:

                                                    "Nach etwa einem Kilometer verlasse ich die Piste F208 an einem alten Abzweig und versuche direkt zum Wanderweg Hólaskjól - Álftavatnakrók abzukürzen. Ich stehe jedoch bald vor einem steil eingeschnittenen und etwa 4 Meter tiefen Graben. Muss erst einen günstigen Übergang suchen. Erst geht der Abstieg ganz gut, aber auf den letzten zwei Metern kommt die ganze erdige Böschung ins Rutschen ich fahre sie unfreiwillig auf dem Hosenboden ab - Hoppla. Immerhin schaffe ich es auf der anderen Seite, wenn auch ziemlich eingedreckt, wieder aus diesem Mistgraben herauszuklettern."

                                                    Dieter

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                                                    • Blahake

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                                                      Fuchs
                                                      • 18.06.2014
                                                      • 1591
                                                      • Privat


                                                      #27
                                                      Seal-Kinz fluten! Das kenn' ich auch! Und bis die dann wieder trocken sind!

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                                                        Fuchs
                                                        • 22.08.2010
                                                        • 1835
                                                        • Privat


                                                        #28
                                                        17.07.22


                                                        Von Trollen und einem langen Fluß



                                                        Hach, schön, es geht endlich wieder weiter.
                                                        Aufbruch ist gegen 9 Uhr.
                                                        Zunächst folge ich der Stóragil noch ein Stück, doch bereits nach ganz kurzer Zeit zweigt der markierte Pfad ab und windet sich nach oben, hinaus aus der Stóragil.





                                                        Letzter Blick in die Stóragil


                                                        Ich folge der überraschenden Wegführung und erreiche schon nach kurzer Zeit die Jeep - Piste. Der folge ich für etwa 20 Minuten, bis ich so etwas wie einen Hinweis zu einem Aussichtspunkt erreiche.
                                                        Kurz darauf wird auch klar, was von diesem Aussichtspunkt zu sehen ist:





                                                        Uxatindar








                                                        Danach tauche ich ein in die Schlucht, die ich bisher nur von der Gegenrichtung kenne.
                                                        Viele Troll - Augen - Paare schauen auf mich hinab und so wundert es mich nicht, dass ich mich die ganze Zeit über in der Schlucht „beobachtet“ fühle.
                                                        Am Anfang ist der Schnee bereits geschmolzen, doch dann liegt überall viel Schnee, und ich möchte gar nicht wissen, wie es darunter aussieht, geschweige denn, wie dick die Schneedecke noch ist, und ob sie mich „in jedem Fall“ noch trägt?





                                                        Anfänglich ist die schmale Schucht noch weitgehend "Schneefrei"....









                                                        ...bis die Schlucht mit Schnee "gefüllt" erscheint







                                                        Dann wird es wieder besser, dafür glotzen mehr Troll - Augen...





                                                        ...schon nimmt der Schnee wieder zu...ein Hin und Her



                                                        ...da ist plötzlich das Ende der Schlucht erreicht


                                                        Endlich am Ende der Troll-reichen Schlucht angelangt, erreiche ich den bezaubernden See 532, mit seinem mystisch - schimmernden, grünen Wasser.





                                                        See 532








                                                        Ich folge dem Ufer des Sees und steige im Anschluß eine steile Rinne hinauf.




                                                        Aufstieg durch die Rinne


                                                        Oben angelangt, stehe ich auf so etwas wie einem kleinen Plateau. Hier treffe ich auf eine achtköpfige Gruppe von Isländern, die kaum eine Vorstellung haben, wie es für sie weiter gehen könnte. Ich bekomme einfach nicht aus ihnen heraus, von wo (und wie?) sie gekommen sind und wohin sie heute noch wollen.
                                                        „Hvanngil“ höre ich schließlich aus unserem Gespräch heraus und schon stehe ich am Rand zur wasserreichen Schlucht.





                                                        Hvanngil


                                                        Eigentlich verbinden viele bei dem Wort „Hvanngil“ den Pausen - und Hüttenplatz auf dem Laugarvegur, Islands wohl bekanntesten Mehrtages - Wanderweg.
                                                        Wie dem auch sei - hier beschließe ich spontan, nicht in Richtung Sveinstindur - Hütte zu gehen.
                                                        Noch habe ich mich nicht ganz von meinem Vorhaben verabschiedet, auf direktem Wege zum Sveinstindur zu gehen und endlich seinen Gipfel zu besteigen, doch als ich sehe, dass der Gipfel mal wieder in den Wolken liegt, verabschiede ich mich auch von diesem Vorhaben.

                                                        Statt dessen folge ich für eine kurze Weile den überraschend - auftauchenden Wegweisern aus Holzpflöcken. Noch kann ich mir keinen Reim darauf machen, wohin diese wohl hinführen, da wende ich mich von diesen Wegweisern auch schon ab und gehe ab hier vollkommen Pfad- und Weglos.





                                                        Holzpflock etwa in der Bild - Mitte



                                                        Gipfel des Sveinstindur knapp in den Wolken


                                                        Während meines Karten - Studiums fällt mir ein Fluss auf, den ich schon in Kürze erreichen sollte.
                                                        Wenn ich dem eine ganze Zeit folge, führt er mich direkt zur Piste, der F 235.
                                                        Der will ich dann für heute noch eine Zeit lang folgen, bis ich einen guten Platz für die Nacht gefunden habe.





                                                        Wo ist hier ein Fluss?



                                                        Fast wie aus dem "Nichts": Da ist er ja!



                                                        Ich folge flußaufwärts





                                                        An manchen Stellen möchte ich schon campieren, doch es ist noch zu früh





                                                        The long and winding river







                                                        Es geht sich sehr abwechselungsreich







                                                        Die Piste kommt in Sicht...



                                                        ....und ist dann erreicht.



                                                        Auch hier noch Schnee - Reste




                                                        Am späten Nachmittag stoße ich auf die F 235, der ich nun für 2 bis 3 Stunden folge.
                                                        Als ich merke, wie müde ich auf einmal bin, beginne ich folglich, mich nach einem Übernachtungsplatz umzusehen, doch Fehlanzeige: Weit und breit kein Platz in Sicht.
                                                        Gegen 19 h erreiche ich den Blautulón, doch erst am Ende des Sees habe ich Erfolg und finde einen bezaubernden Platz, der wirklich alle Top - Eigenschaften erfüllt: Eben, in großartiger Landschaft mit traumhaften Fernblicken und mit dem notwendigen „Trinkwasser - Anschluss“.





                                                        Vor den hinteren Bergen: Der Blautulón


                                                        Vielleicht ist das sogar der Top - Top Zeltplatz der gesamten Reise?
                                                        Nachdem ich mich ausgiebig gewaschen habe, genieße ich die wirklich tollen Ausblicke. Währenddessen lädt das Solar - Panel die leeren Akkus auf - eine recht seltene Gelegenheit (dass einmal die Sonne scheint) und die ich umgehend zu nutzen weiß.
                                                        Wenn ich zuweilen etwas unsicher war, wie mir die Reise gefällt, nun, hier, an diesem Platz habe ich keinen Zweifel, dass ich mich zur rechten Zeit an genau dem richtigen Ort befinde.
                                                        Was ich sehe, macht mich zutiefst glücklich, und ich kann lange Zeit meine Augen von den schönen Eindrücken und Bildern nicht abwenden, bis, ja, bis die Sonne hinter den Bergen verschwunden ist, es spürbar kälter wird und mich für meine Abendmahlzeit ins Innere meines Phreeranger Zeltes treibt.







                                                        Camp 7


                                                        My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                                                        • zilka

                                                          Erfahren
                                                          • 29.06.2017
                                                          • 385
                                                          • Privat


                                                          #29
                                                          Was für geniale Bilder, evernorth! Ich komme gar nicht mehr aus dem Staunen heraus...
                                                          Und Dein letzter Zeltplatz ist wirklich TOP, das tolle Abendlicht und die grauen Wolken sind das I-Tüpfelchen .
                                                          Ich mag diese Art von Licht besonders gern.

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                                                            Fuchs
                                                            • 22.08.2010
                                                            • 1835
                                                            • Privat


                                                            #30
                                                            Moin Zilka,

                                                            vielen Dank. So oft ich auch schon dort war: Island ist ein Land zum Staunen und überrascht mich immer wieder.
                                                            In erster Linie ist es die urplötzliche Wandlung der Landschaft. In einem Moment entsteht Dunkelheit und Düsternis, nicht selten wirkt sich das auch auf das Gemüt des Betrachters / Reisenden aus und im nächsten Moment verändert sich das Licht vollständig, explodiert geradezu und verändert die Farben und Emotionen. 🤩
                                                            Ja, der Zeltplatz war schon ein ganz besonderer. 😎
                                                            My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                                                              Alter Hase
                                                              • 28.08.2017
                                                              • 3014
                                                              • Privat


                                                              #31
                                                              Das Grün (Moos/Gras?) ist ja beeindruckend. Wenn man sowas noch nicht selber gesehen hat (habe ich hier und da in Skandinavien) könnte man fast an Photoshop denken...

                                                              Schöner Bericht, danke.

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                                                              • evernorth
                                                                Fuchs
                                                                • 22.08.2010
                                                                • 1835
                                                                • Privat


                                                                #32
                                                                Zitat von Ljungdalen Beitrag anzeigen
                                                                Das Grün (Moos/Gras?) ist ja beeindruckend. Wenn man sowas noch nicht selber gesehen hat (habe ich hier und da in Skandinavien) könnte man fast an Photoshop denken...

                                                                Schöner Bericht, danke.
                                                                Ich danke dir.
                                                                Ja, das stimmt mit der Farbe des Mooses. Das fällt auch zuweilen im Skandinavischen Norden sehr ins Auge.
                                                                Die Farbe des isländischen Mooses setzt dem aber noch eine deutliche „Schippe“ drauf.
                                                                Da brauche ich gar kein Photoshop (benutze ich sowieso nicht). 😉
                                                                My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                                                                  Fuchs
                                                                  • 22.08.2010
                                                                  • 1835
                                                                  • Privat


                                                                  #33
                                                                  18. + 19.07.22


                                                                  Halldórsgil


                                                                  Als ich früh am nächsten Morgen kurz aus dem Zelt muss (ja, das kommt nicht ohne Grund von „müssen“ 😂), ist die Landschaft bis hinunter zum See „in den Wolken“.
                                                                  Etwas später - da habe ich bereits einen ersten Kaffee getrunken - gewinnt die Sonne die Oberhand und vertreibt mehr und mehr den Frühnebel.
                                                                  Das lässt meinen schönen Camp - Platz in einem (fast) vergleichbaren Glanz erscheinen, wie noch am vorherigen Abend.
                                                                  Als ich gegen 9 Uhr aufbreche, haben sich allerdings schon wieder viele, dichte Wolken gebildet und es sieht eher nach einem bedeckten, bis trüben Tag aus.





                                                                  Langsam löst sich der Morgennebel auf



                                                                  Schicke Aussicht



                                                                  Meine Position am Blautulón







                                                                  Ruck zuck hat es sich wieder bewölkt


                                                                  Laut dem Inreach Wetterbericht soll es den ganzen Tag über bewölkt, aber trocken bleiben.
                                                                  Erst gegen Abend (terminiert ist die Zeit um 20 Uhr?) soll es langanhaltenden Regen geben, der die ganze Nacht andauern soll. Der morgige Vormittag soll auch regnerisch werden, wenn auch langsam abnehmend und zum Abend hin soll es wieder trocken sein.
                                                                  Natürlich begegne ich den isländischen Vorhersagen mit einer besonderen Skepsis, doch bisher kamen die Vorhersagen auf dieser Reise erstaunlich gut hin.

                                                                  Für heute habe ich mir viel vorgenommen. Ich möchte nicht nur die F 235 bis zur Einmündung auf die F 208 möglichst rasch hinter mich bringen, sondern noch heute Abend bis zur Halldórsgil kommen, wo ich einen Lagerplatz finden möchte. Dort kann ich dann, so hoffe ich, recht entspannt den Regen „aussitzen“.
                                                                  3 Stunden habe ich mir für die F 235 vorgenommen und in der Tat erreiche ich die Einmündung auf die F 208 am Herðubreið (852m, und nicht der berühmte Tafelberg aus dem zentralen Hochland) exakt nach 3 Stunden und 10 Minuten.
                                                                  Bis zur Halldórsgil ist es aber noch ein beträchtliches Stück auf der Piste. Zahlreiche Furten liegen auf dem Weg. Ich schätze, die Zahl liegt irgendwo zwischen acht und zwölf Furten.
                                                                  Die nehmen natürlich immer etwas mehr Zeit in Anspruch.
                                                                  Ich rekapituliere: Zu Fuß und auf der Piste wird das nicht nur äußerst knapp bis zum Abend, nein, ich denke, das geht sich nicht aus.
                                                                  👎
                                                                  Das die Piste gut befahren ist, habe ich ja vor einer Woche bereits erfahren. Warum sollte ich das nicht ausnutzen?
                                                                  Ich entwickele also die feste Absicht, einen „Lift“ zu bekommen. Eigentlich ist das ja etwas „unter meiner Würde“, aber hey, warum eigentlich nicht? Damit wäre ich ruck zuck an der Halldórsgil.
                                                                  Gedacht, getan.
                                                                  Das erste Auto fährt noch vorbei und beim Hinterherschauen erkenne ich, dass es voll belegt ist.
                                                                  Schon das zweite Fahrzeug, ein Dacia Duster, hält an, und ich werde von einem Schweizer Paar aus Genf mitgenommen. Sie fahren heute das erste Mal durch das isländische Hochland und haben noch nicht viel Erfahrung beim Durchfahren von Wasserläufen. Ihr Ziel für heute ist Landmannalaugar, wo sie eine Übernachtung gebucht haben.
                                                                  Ich erkläre ihnen, dass ich ihnen Bescheid sagen werde, wenn wir an der Abzweigung zur Halldórsgil angekommen sind.
                                                                  Bis dahin ist aber noch etwas Zeit und es ist für mich durchaus unterhaltsam, mitzuerleben, wie die eine, oder andere Gewässer - Durchfahrung angegangen wird. Am Anfang steigt Vincent noch regelmäßig aus, um den besten Weg zu erkennen. Überraschenderweise ist es Claudine, seine Frau(?), die ihm die besten (und meist richtigen) Tipps gibt.
                                                                  Schon nach kurzer Zeit verlässt sich Vincent vollkommen auf Claudine und fährt meist ungeprüft rechts oder links durch den Fluß, ganz so, wie Claudine es ihm gerade vorschlägt.
                                                                  Ein perfekt aufeinander abgestimmtes Paar, jedenfalls hier im isländischen Hochland und bei den Flußdurchquerungen.
                                                                  👩‍❤️‍👨
                                                                  „You can Trust me“, sagt sie mit einem Augenzwinkern in seine Richtung.
                                                                  „Shure“, antwortet er ihr mit einem vielsagenden Lächeln.
                                                                  😘
                                                                  Ob das „draußen“ und im „richtigen Leben“ auch so gut zwischen den beiden funktioniert?
                                                                  So langsam steigt bei mir die Spannung, da wir nun der Abzweigung zur Halldórsgil näher kommen. Auf Komoot kann ich unsere Position recht genau verfolgen.
                                                                  Kurz vor meinem Ziel entdecke ich plötzlich aus einem machtvollen „Grün“ mitten in der Landschaft eine einzelne, bezaubernde Hütte, die mir bekannt vorkommt, die ich aber auf meinem Weg vor einer Woche nicht gesehen habe.





                                                                  Höll


                                                                  Ich bitte die Beiden, mich bei der nächsten Möglichkeit rauszulassen und schon nach kurzer Zeit verabschieden wir uns.
                                                                  Da es erst 16 Uhr ist, habe ich genug Zeit. Zeit, für einen dringend benötigten Kaffee. Etwas essen muss ich auch unbedingt.
                                                                  Da mal wieder ein unangenehmer Wind auffrischt, will ich doch mal schauen, ob die Hütte geöffnet ist und siehe da, sie ist es!
                                                                  Im Innern ist es nicht soo gemütlich und auch nicht sonderlich sauber, aber für eine Pause wird es locker gehen.





                                                                  Man beachte die schwere Steinplatte vor der Eingangstür. Es kostete mich etwas Mühe, diese beiseite zu schaffen



                                                                  Stiller Wächter an der Eingangstür 😂




                                                                  Während der Pause stelle ich plötzlich fest, dass ich hier Netzempfang habe. Das ist natürlich die Gelegenheit, etlichen Leuten in der Heimat einen Zwischenreport zukommen zu lassen.
                                                                  Etliche Emails sind eingetroffen , die ich auch „ab-arbeite“.
                                                                  Immer wieder erstaunlich, was in so kurzer Zeit digital „angelandet“ ist.
                                                                  Am Ende beginne ich sogar, noch etwas in meinem Buch zu lesen, um dann ganz erstaunt und urplötzlich festzustellen, dass es bereits auf 19 Uhr zugeht.
                                                                  Fast schon „Hals über Kopf“ packe ich hektisch meine Sachen zusammen und mache mich auf den Weg zur Halldórsgil.
                                                                  Das wäre ja mega unangenehm, wegen meiner „vergessenen Zeit“ noch in den Regen zu kommen, also: Hurry up!
                                                                  Nach einer knappen halben Stunde erreiche ich die Abzweig - Stelle und staune nicht schlecht:
                                                                  Schon am Beginn steht ein….Pflog!
                                                                  Eine Markierung, ganz nach dem Vorbild der Strecken zwischen Hólaskjól und Skærlingar.
                                                                  Ich bin überrascht und verwirrt zugleich.





                                                                  Wegmarkierung zu Beginn der Halldórsgil


                                                                  Obwohl ich anfänglich darin einen gewissen Vorteil sehe (wo ein Pflog ist sollte der nächste nicht weit sein) sicher zum Graennihryggur geleitet zu werden (wo sollten die Markierungen sonst schon hinführen?) beschleicht mich auch eine sehr unangenehme Vorahnung.
                                                                  Davon will ich aber jetzt nichts wissen, denn meine Zeit wird knapp. Schon fällt der eine, oder andere Regentropfen vom Himmel.
                                                                  Es wird Zeit, eine passende Stelle für das Camp und zum Abwettern zu finden.
                                                                  Nach etwa 30 Minuten habe ich die passende Stelle in der Halldórsgil gefunden.
                                                                  Als das Zelt endlich steht, wird der Regen stärker. Zum Wasser holen reicht es noch, aber für eine Körperwäsche im Fluß reicht es nicht mehr. Das muss ich auf den nächsten Tag verschieben.
                                                                  Dann öffnen sich die Schleusen des Himmels und die ganze Nacht regnet es stark mit heftigen
                                                                  Wind - Böen.
                                                                  Das Zelt ist gut gesichert und so harre ich aus, voll und ganz im Vertrauen, dass alles gut gehen wird.





                                                                  Halldórsgil - Blick talabwärts. In der Vergrößerung, hinten li. am Hang, sieht man eine weitere Wegmarkierung



                                                                  Der Regen beginnt



                                                                  Camp 8 + 9 in der Halldórsgil


                                                                  Am anderen Morgen sehe ich mich in meinem Vertrauen bestätigt. Alles ist gut gegangen und das Zelt hat jede einzelne Wind - Böe souverän weggesteckt.
                                                                  Wie im Wetterbericht angekündigt kommen am Vormittag noch einzelne Regenschauer vorbei ge-
                                                                  zogen, meist nur mit mäßigen und geringen Niederschlägen.
                                                                  Ab Mittag ist es fast vollständig trocken, auch, wenn die Wolken zunächst noch tief in der Halldórsgil liegen.
                                                                  Ich habe mich genug ausgeruht und meine Beine wollen unbedingt weiter marschieren. Der Kopf überlegt noch. 🤔
                                                                  Soll ich, oder soll ich nicht?
                                                                  Ich möchte ja möglichst gute Fotos vom Graennihryggur machen, doch die heutigen Lichtverhältnisse lassen dafür nur wenig Spielraum.
                                                                  Trübe, grau und bedeckt sieht es aus. Für morgen ist eine deutliche Wetterbesserung in Aussicht gestellt worden. Meine Zeit auf Island wird langsam knapp und doch entscheide ich mich, bis morgen in der Halldórsgil zu verweilen.

                                                                  Während langsam und recht zäh der Nachmittag vergeht, vertrete ich mir mehrmals die Beine und mache ein paar kurze Ausflüge in die ganz nahe Umgebung, ganz so, wie ich es in den kurzen Regen - Pausen auch schon am Vormittag gemacht habe.
                                                                  Dabei kann ich den markierten Pfad über ein längeres Stück gut einsehen. Ich sehe zu keiner Zeit einen Wanderer. Scheint nicht besonders oft begangen zu sein, denke ich zufrieden.

                                                                  Wenn ich da schon gewusst hätte, was mich am nächsten Tag erwarten sollte, ich hätte meine Beine „in die Hand genommen“ und wäre umgehend und im Schweinsgalopp in Richtung Graennihryggur gerannt.
                                                                  🏃‍♂️ 😳

                                                                  Zuletzt geändert von evernorth; 09.10.2022, 17:45.
                                                                  My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

                                                                  Kommentar


                                                                  • evernorth
                                                                    Fuchs
                                                                    • 22.08.2010
                                                                    • 1835
                                                                    • Privat


                                                                    #34
                                                                    20.07.22


                                                                    Über den Graennihryggur nach Hattver


                                                                    Am nächsten Morgen empfängt mich ein bedeckter Himmel, doch das macht mir nichts aus, denn endlich soll es wieder weiter gehen. Die Wetterprognose stimmt mich optimistisch, und innerlich scharre ich schon mit den Hufen.
                                                                    Pünktlich um 9 Uhr wechsle ich hinüber auf die Hangseite, wo sich der markierte Pfad befindet.

                                                                    Auf den Höhepunkt meiner diesjährigen Island - Tour hatte ich mich gut vorbereitet.
                                                                    In der Anfangs - Phase hatte ich mir die zahlreichen Fotos aus Borgman´s Reisebericht von 2020 immer wieder eingeprägt und dazu noch einige Screenshots auf dem Mobiltelefon hinterlassen.
                                                                    In der fortgeschrittenen Phase entschied ich mich, einen GPX Track von Wikiloc downzuloaden.
                                                                    Dieser führte von der Halldórsgil bis nach Landmannalaugar, doch weil er über Hattver verlief, bot sich mir der höchst willkommene Anlass, Hattver als mein heutiges Tagesziel festzulegen.
                                                                    Ja, und dann gibt es schließlich noch diesen markierten Pfad, auf dem ich mich gerade befinde (von dem ich aber nicht weiss, wohin er eigentlich führt? 🤔). Was kann jetzt noch schief gehen?



                                                                    Halldórsgil - Landmannalaugar (Wikiloc)

                                                                    Ich genieße es in vollen Zügen endlich wieder in Bewegung zu sein. Zunächst steigt der Pfad leicht, aber kontinuierlich an. So gut ausgeruht, wie ich bin, komme ich schnell und leicht voran.
                                                                    Auch in der Halldórsgil liegt noch viel Schnee in den oberen Lagen. Einige Markierungs- Pflöcke ragen nur knapp oberhalb der Schneedecke heraus.



                                                                    Aufbruch in der Halldórsgil



                                                                    Aufstieg



                                                                    Blick zurück







                                                                    Ende der Halldórsgil

                                                                    Schließlich erreiche ich das Ende der Halldórsgil. Ein herrliches Panorama erwartet mich hier und ich stehe dort wie auf einem Balkon mit einer fast grenzenlosen Aussicht.
                                                                    Erfreulicherweise entwickelt sich das Wetter langsam zum Guten, so dass ich recht weit schauen kann.
                                                                    Lediglich ein paar Berge am Horizont stecken noch mit ihren Spitzen in den Wolken, doch auch die werden - nach und nach - noch freigegeben.
                                                                    Ich bin mit dieser atemberaubenden Landschaft ganz allein, ganz so, wie ich es mir gewünscht und vorgestellt habe. Gut, dass der markierte Pfad noch wenig bekannt ist. Nach wie vor bin ich gespannt, wo mich dieser noch hinführen wird. Bisher sind markierter Pfad und GPX - Track noch nahezu deckungsgleich.



                                                                    Auf dem Aussichts- Balkon





                                                                    Blick hinüber zum Skalli



                                                                    Fortsetzung des markierten Pfads



                                                                    Sveinsgil



                                                                    Der Pfad verläuft unterhalb der zweiten Querrippe

                                                                    Der Pfad (ist es noch ein ausgetretener Schafs - Pfad?) führt unterhalb der zweiten, von drei Querrippen hindurch.
                                                                    Im Gegensatz zu Borgman folge ich dem Pfad noch ein Stück weiter in Richtung Hábarmur, bevor mich die Pflöcke relativ sanft hinunterführen. Auf dem Hosenboden in die Ebene rutschen ist erfreulicherweise nicht nötig. 😉
                                                                    Unten angelangt habe ich sogleich ein Problem: Die Markierungen hören schlagartig auf. Warum das so ist, frage ich mich gar nicht, sondern folge einfach ab hier meinem GPX Track.



                                                                    Sanfter Abstieg auf die Ebene





                                                                    Die Ebene fast erreicht

                                                                    Dann stehe ich unvermittelt vor dem Wasserhindernis der Sveinsgil. Der GPX Track folgt offenbar dem Fluß und führt durch das Tal und nicht über die Berge. Das Wasser hat vom letzten Regen noch ordentlich Power und natürlich lässt sich die Tiefe überhaupt nicht abschätzen.



                                                                    Auf dem Foto sieht die Furt über die Sveinsgil durchaus „machbar“ aus

                                                                    Ich kapituliere, denn da will ich nicht hindurch. Viel lieber gehe wieder ein Stück zurück. Dann muss ich eben aus der wasserreichen Ebene wieder hinauf steigen. Ich finde es sowieso viel spannender, wenn ich mich dem Graennihryggur aus der Höhe nähere.
                                                                    Ich steige genau zwischen zwei Schneefeldern auf einem niedrigen Erdrücken hinauf.
                                                                    Das ist recht steil, geht aber doch recht gut.



                                                                    Aufstieg über den mittleren, steinigen Rücken

                                                                    Ich bin kaum oben, schon stoße ich auf einen weiteren Holzpflock. Aha, denke ich, hier geht es also weiter. Schlagartig wird mir klar, warum ich in der wasserreichen Ebene keine Pflöcke mehr gefunden habe: Nach der Schneeschmelze sind die sowieso wieder weggeschwemmt. Da kann man es sich gleich sparen.
                                                                    Schon hier kann ich zum ersten Mal aus der Ferne einen Blick auf den Graennihryggur werfen.
                                                                    Ich bin begeistert, denn nun wähne ich mich nicht mehr weit davon entfernt. Voll motiviert folge ich den weiteren Pflöcken, die mich - und dessen bin ich mir nun vollkommen sicher - direkt dorthin führen werden.
                                                                    Ganz so schnell, wie ich mir das gedacht hatte, geht es aber nicht voran. Zunächst muss ich erst einmal eine kleine Hochebene durchschreiten. Diese ermöglicht mir zwar weitere Blicke auf den Hryggur, aber immer sind noch ein Tal und mehrere Höhenzüge dazwischen.
                                                                    Auf der Höhe des Hryggur führt der Pfad endlich auch in direkter Linie darauf zu.



                                                                    Auf der Höhe steht wieder ein Pflock zur Markierung



                                                                    Erster Blick auf den Graennihryggur





                                                                    Kleine Hochebene (mit Pflock)





                                                                    Der Pfad schwingt auf den Graennihryggur zu

                                                                    Plötzlich stutze ich: Ich schaue aus der Höhe hinüber in eine weitere, wasserreiche und tiefer liegende Ebene. Irgendetwas kommt mir bekannt vor. Richtig, der erkaltete Lava - Brocken auf dem Berg ist es, den ich sofort wiederkenne. Wie gut, dass ich schon zweimal in Hattver war. Das sieht gar nicht weit aus. Mit Hilfe des GPX Tracks sollte es mir heute wohl noch möglich sein, dorthin zu gelangen.



                                                                    Blick nach Hattver

                                                                    Dann führt der markierte Pfad stetig abwärts, mit atemberaubenden Tiefblicken in die Schlucht der Sveinsgil. Der Graennihryggur kommt dabei immer ein Stückchen näher. Ich liebe diese langsame und kontinuierliche Annäherung. 😘



                                                                    Annäherung



                                                                    Sveinsgil












                                                                    Schließlich erreiche ich den Boden des Tales und stehe fast an der wild tobenden Sveinsgil.
                                                                    Da jetzt durch? Oh, ne! Heute ist mir absolut nicht nach einer Furt durch einen wild strudelnden Fluß zumute.
                                                                    Doch die Lösung meines Problems löst sich auf elegante Weise. Nachdem ich über ein Schneefeld auf direkte Höhe des Graennihryggur gelangt bin, sehe ich dass eine solide und auch weitgehend sichere (hoffentlich?)
                                                                    Schneebrücke über die Sveinsgil führt.



                                                                    Unten an der Sveinsgil







                                                                    Ich gebe zu, dass ich in der Mitte der Schneebrücke meine Schritte doch deutlich beschleunige und dabei (vergeblich) versuche, mich „leichter“ zu machen.
                                                                    Auf der anderen Seite weicht dann die Anspannung und ich genieße für höchstens zwei Minuten den erhabenen und anrührenden Blick auf den Graennihryggur.



                                                                    Schneebrücke

                                                                    Zu mehr kommt es nicht. Keine Tränen der Rührung und keine weiteren, heftigen Gefühlsregungen.
                                                                    Alles schlagartig im Keim erstickt, weil….ich nicht mehr alleine bin. Ein Paar kommt herunter von den nahen Hängen, dazu folgt schon bald ein zweites Paar. Ich wollte mich allein und in Stille dem Graennihryggur nähern, langsam und in kleinen Schritten. Dann folgt auch noch eine vierköpfige Familie. Das ist zu viel für mich, darauf bin ich nicht vorbereitet. Ich bin regelrecht geschockt. Hätten die nicht 30 - 60 Minuten später kommen können? Warum gerade jetzt?
                                                                    Ich fühle mich um mein Erlebnis, so, wie ich es mir vorher vorgestellt habe, betrogen.
                                                                    Eine weitere Person kommt den Hang herunter. Es ist ein Israeli und er spricht mich gleich an. Er ist ganz begeistert und hat so etwas (was?) noch nie gesehen.
                                                                    Alle kommen von Landmannalaugar. Mit dem Israeli habe ich einen guten Plausch, als auch schon ein mir sehr vertrautes Geräusch an meine Ohren dringt: Das Surren einer Drohne! 😱
                                                                    Auch ich wollte meine Drohne hier fliegen lassen, allein, doch nun stellt es mir jegliches Verlangen dazu abrupt ab. Ich will aus der Luft keine anderen Menschen fotografieren und filmen, die gerade auf dem Graennihryggur herumturnen.
                                                                    Der freundliche Israeli lenkt mich während einer Kaffee Pause netterweise etwas ab. Das rettet mich davor, dass mich der Schlag trifft.
                                                                    Wir machen noch ein paar Fotos zur Erinnerung voneinander.













                                                                    Dann trifft mich doch noch der Schlag. 🫣
                                                                    Als ich unvermittelt hochschaue, traue ich meinen Augen kaum. Auf der Anhöhe über dem Graennihryggur steht eine ganze Gruppe von geschätzt mehr als einem Dutzend Menschen, die sich gerade auf den letzten Abstieg begeben und offenbar aus der Halldórsgil kommen. Weitere Personen erscheinen nach kurzer Zeit auf der Anhöhe.
                                                                    Wieso habe ich die nicht bemerkt? Dürften kaum viel später als ich gestartet sein.
                                                                    Das gibt mir den Rest und ich verlasse fluchtartig den Graennihryggur. Der Israeli ist bereits kurz vor mir aufgebrochen.



                                                                    Nur noch weg!



                                                                    Die Gruppe sammelt sich unterhalb des Graennihryggur

                                                                    Ich steige auf und schon bald liegt der Graennihryggur tief unter mir. Sofort erfasst mich eine große Ruhe. Hoffentlich ist es nicht die Ruhe vor dem Sturm, denke ich (inzwischen) etwas spöttisch.
                                                                    Ich folge meinem GPX Track. Eine kurze Zeit lang entdecke ich noch den Israeli ein gutes Stück voraus, dann ist er plötzlich verschwunden.
                                                                    Das nun großartige Wetter trägt zu meiner Besänftigung bei. Herrliche Ausblicke bieten sich mir von hier oben.
                                                                    Auch, wenn es noch etwas entfernt erscheint, liegt mein heutiges Ziel, Hattver, bereits zum Greifen nah. Ein Irrtum, denn es wird noch Stunden dauern.



                                                                    Blick in Richtung Hattver, meinem heutigen Ziel





                                                                    Noch keine Möglichkeit zum Abstieg



                                                                    Þrengsli



                                                                    Von hier scheint es auch bis zum Torfajökull nicht mehr weit, denn auch er ist - wie durch ein Tele - Objektiv geschaut - viel näher (und größer!) herangerückt. Diese Mission habe ich selber vor einer guten Woche abgebrochen und verworfen und der beachtliche Schnee, der noch immer in den jetzt nahen Rinnen liegt, ist wie eine späte Bestätigung des ganzen.
                                                                    Apropos Rinne: Unvermittelt zeigt der GPX Track tief hinunter in eine solche Rinne.
                                                                    Sieht extrem steil aus, denke ich, doch ich muss tief hinunter auf den Talboden von Hattver.



                                                                    Abstieg durch die Rinne

                                                                    Am Anfang ist die Steilheit noch moderat, doch im mittleren Teil findet ein Wechsel auf ein Schneefeld statt. Steil im Hang stehend, entscheide ich mich, wie auch immer die Chainsen
                                                                    (Micro spikes) unter die Schuhe zu bekommen, was an diesem fucking place alles andere als leicht ist. Kaum geschafft kommt mir unvermittelt eine Frau mit ihren zwei Teenager Töchtern(?) entgegen gestapft. Ich sage ihnen, dass sie mit einem weiteren, steilen Stück zu rechnen haben, doch sie reagieren unbeeindruckt. Na, wenn ich hinunter schaue, wo sie gerade herkommen, dann kann ich es auch gut verstehen.
                                                                    Mit den Chainsen komme ich gut hinunter und quere gleich mal auf die gegenüber liegende Seite des kleinen Tales.



                                                                    Übergang auf das Schneefeld - Leute kommen von unten



                                                                    Steiler Abstieg




                                                                    Von einem Paar, dass ich vor etwa 45 Minuten getroffen habe, habe ich erfahren, dass hier unten und so kurz vor meinem Ziel (Hattver) ein letztes Hindernis auf mich wartet: Die Überquerung
                                                                    gleich mehrerer Arme von Stora und Lila Hamragil, die ich schon vor einer guten Woche (und von Hattver kommend) nicht queren mochte. Bis Mitte des Oberschenkels und teilweise noch höher reichte ihnen das Wasser.
                                                                    Diesmal habe ich eigentlich keine Wahl: Ich muss da hinüber. Zweimal habe ich mich erfolgreich gegen eine Furt gewehrt, doch nun komme ich nicht mehr drum herum.
                                                                    Gleich der erste Arm ist reißend und tief. Für einen Test gehe ich ohne Rucksack und nur mit den Stöcken bis fast zur Mitte. Da reicht mir das Wasser schon bis fast an den Hintern! 😳
                                                                    Ich kann mich kaum halten und der Blick auf das strömende Wasser macht mich fast schwindelig.
                                                                    Ich breche den Versuch ab und erreiche erleichtert wieder das sichere Ufer.



                                                                    Endstation? Hindernis Hamragil

                                                                    So wird das nichts. Ich muss mir einen Überblick verschaffen und versuche, entlang einer Felswand
                                                                    hinter eine Ecke zu schauen, ob es dort besser gehen könnte, doch auch hier traue ich mich nicht,
                                                                    bis zu Ecke zu gehen, um dahinter zu schauen.
                                                                    Dann muss ich mir eben von oben einen Überblick verschaffen und klettere eine äußerst brüchige
                                                                    Felswand hinauf, die etwa 15 Meter hoch ist. Jeden Tritt und jeden Griff muss ich extrem vorsichtig anbringen. Ständig ziehe ich unbeabsichtigt ganze Steine aus dem Fels, so brüchig ist das Gestein. Jeder Zeit drohe ich abzustürzen. Es ist der Wahnsinn.
                                                                    Endlich oben angekommen, sehe ich eine brauchbare Stelle. Am liebsten würde ich einfach auf der anderen Seite absteigen, doch das sieht so steil aus, dass ich beschließe, wieder abzusteigen. Das ist leichter gesagt, als getan. Meine Befürchtung, hier einfach abzurutschen, bewahrheitet sich leider mit einem ordentlichen Schreck auf den letzten Metern. Ich rutsche, und kann nichts mehr tun. Wie durch ein Wunder ist nicht viel geschehen. Ein paar blutige Abschürfungen an den Händen sind nicht zu vermeiden.
                                                                    Wieder unten habe ich kaum noch eine Option.
                                                                    In einem letzten Versuch taste ich mich ein weiteres Mal an der brüchigen Felswand, die bis ins Wasser ragt, bis zur Ecke. Diesmal kann ich dahinter schauen und richtig, ich erkenne eine gute Stelle mit flachem Wasser, wo Sand angespült wurde. Ich gehe zurück und lade mir den Rucksack auf den Rücken. Gut, das sein Gewicht inzwischen deutlich geringer, als zu Tour - Beginn, ist.
                                                                    Die Passage gelingt auf Anhieb und fast enttäuschend einfach. Warum nicht gleich so!
                                                                    Weitere, kleinere Arme bereiten keine Probleme. Der letzte Arm ist zwar nicht sehr breit, hat aber eine starke Strömung und die Tiefe lässt sich überhaupt nicht einschätzen, da das Wasser von den mitgeführten Sedimenten eingetrübt ist. Trotz der Strömung und einer Wasserlinie bis zur Mitte des Oberschenkels, lässt sich auch diese letzte Passage relativ leicht bewerkstelligen.
                                                                    Puh, eine große Belastung fällt mir von den Schultern, während das Adrenalin noch weiter „pumpt“ und nur langsam zurückgeht.
                                                                    Rasch gehe ich hinüber zur jetzt satten und grünen Wiese von Hattver. Auf meinen alten Platz kann ich nicht erneut zurück, denn Hattver hat Besuch von drei jungen Isländerinnen bekommen, die dort ihr Zelt aufgeschlagen haben. Später zeltet auch noch genau dazwischen ein junger Niederländer, der scheinbar „aus dem Nichts“ kommt.
                                                                    Nachdem mein Zelt steht, gehe ich zum Waschen zurück an den Fluß. Noch habe ich keine Augen für die unfassbare Schönheit dieses Abends. Eigentlich bin ich fix und fertig, will nur noch was essen und ganz rasch schlafen gehen. Deshalb gehe ich auch nicht mehr mit der Drohne zum Grat, den ich - vermutlich - bei äußerst perfekten Bedingungen vorgefunden hätte. Ich schaffe es gerade noch, das zauberhafte Momentum eines unvergleichlichen Abendlichts einzufangen.
                                                                    Ich schaue und staune, ein ums andere Mal.
                                                                    Da legt sich urplötzlich eine tiefe Ruhe auf mein bewegtes Gemüt und ich schaue, staune und bewundere in Stille, während die isländischen Mädels mehrere klassische Lieder mehrstimmig zum Besten geben. Das ist ein unerwarteter und zauberhafter Moment, der mein geplagtes Gemüt bewegt und mir ein paar Tränen in die Augen treibt.
                                                                    Durchaus „beseelt“ nehme ich mein Abendessen ein. Was für ein extremer Tag! Ein Hin und Her, Auf und Ab.
                                                                    Nachdem die Abendsonne ganz hinter dem Skalli verschwunden ist, senkt sich die Nacht über Hattver.
                                                                    Im Halbschlaf klingen noch die bezaubernden Lieder der Isländerinnen zu mir hinunter.
                                                                    Nur Augenblicke später bin ich längst in einen erholsamen Schlaf gefallen.



                                                                    Die Krönung eines langen Tages



                                                                    Herrlicher Abend in Hattver



                                                                    Camp 10









                                                                    My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

                                                                    Kommentar


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                                                                      Dauerbesucher
                                                                      • 22.05.2016
                                                                      • 768
                                                                      • Privat


                                                                      #35
                                                                      Donnerwetter, was für ein Tag! Deine Achterbahnfahrt der Gefühle kann ich sehr gut nachempfinden, zumal du sie sehr anschaulich beschreibst. Und ja, du hattest Recht: die Tatsache, dass Grænihryggur jetzt nur eine weitere Touristenattraktion geworden ist, die man recht einfach abhaken kann, bereitet mir ein deutliches Unbehagen. Auf der einen Seite verstehe ich, dass viele Menschen ihn besuchen und die großartige Landschaft erleben wollen, andererseits ist es aber auch eine krasse Entzauberung. Ganz ehrlich, ich hätte dir eine so tief berührende Erfahrung gewünscht, wie ich sie damals an der Stelle machen durfte. Trotzdem, deine tollen Bilder lassen das jetzt wieder lebendig werden, danke dafür!

                                                                      Kommentar


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                                                                        Erfahren
                                                                        • 01.10.2020
                                                                        • 110
                                                                        • Privat


                                                                        #36
                                                                        Für diese Bilder am Ende deiner Tour hast du die Goldmedaille verdient .
                                                                        GOLD-MEDAL smile auf deinen selfies, haha.

                                                                        Kommentar


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                                                                          Erfahren
                                                                          • 01.10.2020
                                                                          • 110
                                                                          • Privat


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                                                                          Zitat von Lhor Beitrag anzeigen
                                                                          Für diese Bilder am Ende deiner Tour hast du die Goldmedaille verdient .
                                                                          GOLD-MEDAL smile auf deinen selfies, haha.
                                                                          Aha, habe soeben fertig gelesen. Ja, schade diese grosse Gruppen. Im Hochland konnten wir dieses Jahr auch mehrere Jeep Karavanen auf den Pisten entlang fahren sehen. Alle schön durchnummeriert von 1-10. Echt komisch irgendwie. Zu Fuss sind wir dafür keinem einzigen begegnet.

                                                                          Jedenfalls hast du wiedermal eine schöne Tour gemacht.

                                                                          Kommentar


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                                                                            Fuchs
                                                                            • 22.08.2010
                                                                            • 1835
                                                                            • Privat


                                                                            #38
                                                                            Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
                                                                            Donnerwetter, was für ein Tag! Deine Achterbahnfahrt der Gefühle kann ich sehr gut nachempfinden, zumal du sie sehr anschaulich beschreibst. Und ja, du hattest Recht: die Tatsache, dass Grænihryggur jetzt nur eine weitere Touristenattraktion geworden ist, die man recht einfach abhaken kann, bereitet mir ein deutliches Unbehagen. Auf der einen Seite verstehe ich, dass viele Menschen ihn besuchen und die großartige Landschaft erleben wollen, andererseits ist es aber auch eine krasse Entzauberung. Ganz ehrlich, ich hätte dir eine so tief berührende Erfahrung gewünscht, wie ich sie damals an der Stelle machen durfte. Trotzdem, deine tollen Bilder lassen das jetzt wieder lebendig werden, danke dafür!
                                                                            So ist es, lieber Bernd, eine krasse Entzauberung und zusätzlich noch der Verlust eines ehemaligen Mythos.
                                                                            Nun, die Zeichen der Zeit gehen einen anderen Weg. Das isländische Hochland blieb bisher vom Massenandrang der Touristen verschont, aber das ist leider vorbei. Die (unmittelbare) Nähe zu Landmannalaugar öffnet hier ein Einfallstor von beachtlicher Größe. Leider hat sich das erschreckend schnell rumgesprochen.
                                                                            Ich hatte mir das anders vorgestellt und spüre noch immer die Enttäuschung.
                                                                            Die Landschaft ist (und bleibt!) immer noch unglaublich, einzigartig und faszinierend und wird deshalb auch weiterhin einen festen Platz in meinem Herzen behalten.
                                                                            Das lässt Raum für weitere Ideen in der Zukunft.
                                                                            My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

                                                                            Kommentar


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                                                                              Fuchs
                                                                              • 22.08.2010
                                                                              • 1835
                                                                              • Privat


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                                                                              Zitat von Lhor Beitrag anzeigen

                                                                              Aha, habe soeben fertig gelesen. Ja, schade diese grosse Gruppen. Im Hochland konnten wir dieses Jahr auch mehrere Jeep Karavanen auf den Pisten entlang fahren sehen. Alle schön durchnummeriert von 1-10. Echt komisch irgendwie. Zu Fuss sind wir dafür keinem einzigen begegnet.

                                                                              Jedenfalls hast du wiedermal eine schöne Tour gemacht.
                                                                              Vielen Dank. 😊
                                                                              Ein sehr großer Prozentsatz des Massen-Tourismus findet im Bereich der Ringstraße 1 statt. Das ist im Sommer kaum noch auszuhalten, weil sich bereits alle auf die Füße latschen.
                                                                              Mehr und mehr verlagert sich der Strom der Touristen zudem auf die Hochland-Pisten. Da fahren ganze Karavanen und zunehmend auch Individual - Touristen in ihren Mietautos durch. Bei gutem Wetter und auf leicht erreichbaren Pisten an manchen Tagen fast im Minuten-Takt.
                                                                              Ruhe und Einsamkeit findet man nur noch zu Fuß und in den abgeschieden liegenden Gebieten.
                                                                              Tage ohne menschliche Begegnungen werden allerdings immer seltener.
                                                                              My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

                                                                              Kommentar


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                                                                                Fuchs
                                                                                • 22.08.2010
                                                                                • 1835
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                                                                                Kvernafoss 1



                                                                                Den nächsten Vormittag und den halben Nachmittag muss ich, bis zur Abfahrt des Busses, irgendwie totschlagen. Wäsche waschen und Trocknen ist da ein Mittel zum Zweck. Zeitgleich werden noch mal nacheinander alle Akkus aufgeladen.
                                                                                Die Busfahrt ist dann, kaum das sie so richtig begonnen hat, auch schon in weniger als 50 Minuten wieder zu Ende. Direkt am Skogarfoss verlasse ich den Bus wieder.
                                                                                Die Suche nach dem Hostel gestaltet sich schwieriger, als erwartet. Obwohl noch im Internet mit genauer Adresse (und Preisliste!) geführt, existiert es nicht mehr. Da ich nichts vorher gebucht habe, irre ich etwas ziellos umher. Erst im Hotel Kverna (das sich später als Glücksfall erweisen sollte) bekomme ich zu einem akzeptablen Preis ein Einzelzimmer, auch, wenn die erste Auskunft an der Rezeption zunächst abschlägig beschieden wurde, da alles „fully booked“ ist. Dann kommt ein südländisch - ausschauender Mann, der wohl der Chef hier ist, und gibt sein O.K. für ein doch noch hergezaubertes Zimmer. Well done!
                                                                                Das Hotel Kverna war einmal bis vor mehr als 40! Jahren eine große Regional - Schule, die irgendwann aufgegeben wurde. Ich erinnere mich vage, dass hier bei meiner allerersten Reise nach Island, 1987 war es, bereits das Gebäude als Hostel benutzt wurde.
                                                                                Das Zimmer ist schön, und Bier für später gibt es dazu an der Rezeption.





                                                                                Dann mache ich mich auf den Weg zum Kvernafoss, der keine 20 Minuten entfernt, versteckt am Ende eines kleinen Seitentals zu finden sein soll.
                                                                                Dazu gibt es einen richtigen, kleinen Trail, der touristisch erschlossen und bautechnisch perfekt präpariert worden ist.
                                                                                Eigentlich ist hier, zu Beginn des Pfads, sogar noch eine (Betretungs) Gebühr zu entrichten, da es wohl über privates Farmland geht. Ich finde aber vor Ort keine Möglichkeit, das Entgelt zu entrichten.
                                                                                Nach kurzer Wegstrecke schwenke in in ein hübsches, kleines Tal ein. Am Ende des Tales befindet sich ein schöner, kleiner Wasserfall, einer jener Sorte, wo der Fall auch „hintergangen“ werden kann. Ich verzichte darauf, da mir das Ganze doch sehr nass zu werden verspricht.
                                                                                Leider bin ich nicht allein, denn eine vierköpfige Familie verweilt bereits am Ende des Pfads.
                                                                                Meine abwartende Geduld wird zum Schluss belohnt, nachdem die Familie verschwunden ist: Für die nächsten 30 Minuten bin ich mit dem Kvernafoss ganz allein!




                                                                                Aufwendig präparierter Pfad zu Kvernafoss



                                                                                Da ist er schon!
















                                                                                Zufrieden gehe ich zurück zum Hotel, mit dem Vorsatz, morgen früh mit der Drohne noch mal zurückzukommen.
                                                                                Vom Hotel mache ich mich noch mal auf den Weg hinein ins Zentrum von Skogar, um im fast schon einzigen Restaurant eines weiteren Hotels zu Abend zu essen. Das Essen ist ordentlich bis gut, aber nicht besonders „aufregend“.
                                                                                Zurück bei „meinem“ Hotel, gehe ich noch für zwei kurze Durchgänge in die Sauna.
                                                                                Danach ist es Zeit für das Bett, denn morgen geht es früh zurück zum Kvernafoss.



                                                                                23.07.22


                                                                                Kvernafoss 2 und späte Ernüchterung


                                                                                Es ist kurz nach 7 Uhr. Für meine Verhältnisse ist das schon relativ früh, und so mache ich mich erneut auf den kurzen Weg zum Kvernafoss. Das Wetter ist herrlich und genauso, wie es der Wetterbericht angekündigt hat.
                                                                                Genau genommen ist es sogar zu früh, wie ich nach meinem Eintreffen in der kleinen Schlucht feststellen muss. Die Sonne ist anfangs noch gar nicht über die Felsen gekommen. Im Grunde ist diese frühe Morgenstunde völlig ungeeignet, um den Kvernafoss im „richtigen“ Licht glänzen zu lassen. Da hat der Fotograf in mir ein ernstes Problem. Ich muss also noch etwas warten, bis zumindest Teile der Schlucht von der Sonne in ein besseres Licht getaucht werden. Es ist eben so, wie so oft schon vorher. Das Licht ist eben, wie es ist. Auch am Kvernafoss kann ich es mir nicht aussuchen, und stundenlanges Abwarten ist heute auch nicht drin, denn auf einmal und ohne das ich wirklich darauf vorbereitet bin, strömen die Touristen einzeln und in beachtlichen Gruppen in das schmale Tal.
                                                                                Wie gut, dass ich bereits alle Fotos auf der Speicherkarte habe. ✌️











                                                                                Nachdem die Drohne ihren guten Job gemacht hat, gehe ich zurück zum Hotel. Netterweise ist im Übernachtungspreis ein Frühstück enthalten und genau darauf habe ich jetzt richtig Bock.




                                                                                Hört, hört! 😉


                                                                                Ich lasse mir dabei für meine Verhältnisse viel Zeit, aber genau die habe ich heute. Der Bus nach Reykjavik geht erst gegen 15 Uhr am Nachmittag.

                                                                                Nun, ich fasse mal zusammen: Mit dem Bus erreiche ich am Abend Reykjavik und nehme noch einen kleinen Imbiss im BSI (das Essen hier hat doch sehr nachgelassen, ist eigentlich nur noch auf dem Niveau einer Frittenbude 🙄 😮‍💨).
                                                                                Dann bringt mich der Flybus zum Flughafen, wo mein Flieger nach Düsseldorf um 00:30 h abgehen soll.
                                                                                Beim Überfliegen der Anzeige-Tafel stelle ich überrascht und verwirrt zugleich fest, dass da kein Flieger nach Düsseldorf geht. 🤔😳
                                                                                Da fällt der Groschen: Ich habe mich um einen Tag verspätet, auch, wenn das Datum stimmt, der Flug ist längst weg!
                                                                                Am Ende haben mir wohl die zwei Tage „gefehlt“, die ich zu Beginn „abwarten“ musste (als ich auf mein verlorenes Gepäck wartete).

                                                                                Am Schalter zeigt man kein Entgegenkommen und mir wird geraten, einen komplett neuen Flug zu buchen.
                                                                                Es gibt genau zwei Flüge, die ich so kurzfristig noch buchen kann. Der „günstigere“ sorgt dafür, dass ich erst am späten Montag Vormittag in Hamburg eintreffe und damit zu spät an meinen Arbeitsplatz komme.
                                                                                Der teure Flug bringt mich noch am Sonntag Abend an mein Ziel. Dieser ist meine Wahl, denn eine andere habe ich nicht.
                                                                                Ich verschweige hier den Preis, aber dieser hat richtig weh getan.
                                                                                Aus Schaden wird man klug? Hoffentlich.

                                                                                Und sonst? War ja diesmal wieder so einiges los und gänzlich anders, als meine vorangegangene Reisen nach Island.
                                                                                Mit den Turbulenzen zu Beginn der Reise fiel es mir auch deutlich schwerer, anzukommen.
                                                                                Ich habe mehr Zeit benötigt, um mit der Insel und seiner Landschaft „eins“ zu werden.
                                                                                Als ich dann „drin“ war, folgte eine Desillusionierung (mange, mange Tourists!) und die Entzauberung eines
                                                                                Mythos (Grænnihryggur).
                                                                                Längst wieder zuhause, hing mir das noch lange nach. Es fühlte sich an, als wenn eine Liebe zu Ende gegangen ist. 😞
                                                                                Später dann (und mit etwas Abstand) sehe ich mir die gemachten Bilder an und denke: Schön war es doch!
                                                                                Klar, ich werde wiederkommen. 😃


                                                                                My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

                                                                                Kommentar


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                                                                                  • 734
                                                                                  • Privat


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                                                                                  Verrückte Tour in den letzten Tagen - und viele Stimmungsschwankungen. Danke für den Bericht - und jetzt bin ich noch mehr gespannt auf den nächsten 😉.

                                                                                  Kommentar


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                                                                                    Erfahren
                                                                                    • 04.08.2005
                                                                                    • 374


                                                                                    #42
                                                                                    Ich auch!!

                                                                                    Kommentar


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                                                                                      Dauerbesucher
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                                                                                      • 537
                                                                                      • Privat


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                                                                                      Ach ja, der Grænihryggur - ein Kleinod im Fjallabak!
                                                                                      Ich liebe diese ebenso über- (Laugavegur), wie unterschätzte (der ganze Rest) Gegend.

                                                                                      2013 hatte ich zwischen zwei Reiseführungen eine knappe Woche frei, bin mit dem Bus nach Landmannalaugar und konnte dort erleben wie ein nächtlicher Sturm zwei Drittel des Zeltplatzes leergefegt hat. Ein Tag später war es etwas freundlicher und ich habe meinen Zeltplatz in die Hattver verlegt. Hatte schon lange geplant die Gegend dort zu erkunden. Das Wetter zwang mich dort weiter abzuwarten und dann kam der Tag der Tage und querte morgens mit leichtem Gepäck den Gletscherfluß (Hamragil). Fand auch im Tal hinter der "Felswand" den schönen, einfachen Weg (nein, nicht die steile Rinnne!) auf den Bergrücken der mich dann nach Norden zum Grænihryggur brachte. Traumwetter, kein Wind, kaum ein Wölkchen am Himmel und kein Mensch weit und breit. Auf dem gleichen Weg zurück zum Zelt. Der Gletschfluss am späten Nachmittag natürlich eine Herausforderung. Am nächsten Tag teilweise im Nebel zurück nach Landmannalaugar und weiter nach Reykjavík.

                                                                                      Zehn Jahre sind offensichtlich eine lange Zeit. Fast schon eine andere Epoche? Da gab es kein GPX File und keine ausgepflockte Route nur eine paar vage Quellen in Isländisch und das Jahrbuch des FÍ. Vielleicht sind mir deshalb während der vier Tage in der Hattver nur eine Handvoll Leute begegnet. Die ruhigen Zeiten sollen jetzt dort ja vorbei sein.

                                                                                      Soll man das jetzt bedauern, dass auch andere Menschen das schön finden, was man selber schön findet? Dass sie auch dahin wandern, wo man doch selbst hinwandert. Dass auch sie den GPX File auf ihr Handy runtergeladen haben und jetzt dem blauen Pfeil zum Grænihryggur nachhatschen? Wie viele Wegbeschreibungen zum Grænihryggur gibt es inzwischen im Netz? Keine Ahnung - will es auch gar nicht wissen. In 24 Jahren Internetpräsenz hab ich in dieser Beziehung schon mehr veröffentlicht, als ich es aus heutiger Sicht für gut befinde. Manches auch nicht - zum Beispiel den Weg zum Grænihryggur.

                                                                                      Werden nun nicht durch diese Tourbeschreibung, detailliert illustriert durch 60 (!) - ich kann mich auch verzählt haben - Fotos, gerade noch mehr Besucher zum Grænihryggur gelockt? Noch mehr Sch...drohnen?​
                                                                                      Zitat von evernorth Beitrag anzeigen
                                                                                      ... eine krasse Entzauberung und zusätzlich noch der Verlust eines ehemaligen Mythos.
                                                                                      Nun, die Zeichen der Zeit gehen einen anderen Weg. Das isländische Hochland blieb bisher vom Massenandrang der Touristen verschont, aber das ist leider vorbei. Die (unmittelbare) Nähe zu Landmannalaugar öffnet hier ein Einfallstor von beachtlicher Größe. Leider hat sich das erschreckend schnell rumgesprochen.
                                                                                      Ich hatte mir das anders vorgestellt und spüre noch immer die Enttäuschung.
                                                                                      Die Landschaft ist (und bleibt!) immer noch unglaublich, einzigartig und faszinierend und wird deshalb auch weiterhin einen festen Platz in meinem Herzen behalten.
                                                                                      Das lässt Raum für weitere Ideen in der Zukunft.
                                                                                      Nun, Landmannalaugar war noch nie ein Ort der Ruhe - ebenso wenig wie der Laugavegur. Tut der Schönheit der Gegend keinen Abbruch. Man muss nur eine wenig um die Ecke gehen.

                                                                                      Aber dein letzter Satz freut mich ganz besonders. Das ist es was zählt! Der Mythos ist nicht entzaubert, er ist nur eine romantische Projektion. Der Schönheit der Natur kann sie kaum etwas anhaben - man braucht inzwischen nur etwas mehr Geduld bis die Karawane weitergezogen ist.

                                                                                      Hängt wohl alles von der Erwartungshaltung ab, die wir im Rucksack mit uns schleppen.

                                                                                      Ein Teil meines Jobs als Tourguide in Island ist es auch mit einer Busladung von Touristen in 6 Tagen rund um Island zu reisen (wir nennen das branchenintern eine "Rundrase") und auch diese Gäste beklagen sich immer wieder über die Touristenmassen an den sogenannten Highlights. Ich sage ihnen dann gerne: "Touris sind immer die anderen!"​

                                                                                      Kommentar


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                                                                                        • 86
                                                                                        • Privat


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                                                                                        Die Landschaft ist (und bleibt!) immer noch unglaublich, einzigartig und faszinierend und wird deshalb auch weiterhin einen festen Platz in meinem Herzen behalten.
                                                                                        Das lässt Raum für weitere Ideen in der Zukunft.​
                                                                                        Vielen Dank für den tollen Bericht.

                                                                                        Nach einer doch längeren Forenpause habe ich wieder einmal vorbeigeschaut und mich direkt in deinem Bericht verloren. Da kommen Erinnerungen hoch, aber auch Stellen mit "Abzweigungen", die ich in der Form noch nicht kenne. Wird wohl Zeit, die Sommertour zu planen und dort eventuell einmal vorbeizuschauen ...

                                                                                        Kommentar


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                                                                                          Fuchs
                                                                                          • 22.08.2010
                                                                                          • 1835
                                                                                          • Privat


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                                                                                          Zitat von Dieter Beitrag anzeigen
                                                                                          Ach ja, der Grænihryggur - ein Kleinod im Fjallabak!
                                                                                          Ich liebe diese ebenso über- (Laugavegur), wie unterschätzte (der ganze Rest) Gegend.

                                                                                          2013 hatte ich zwischen zwei Reiseführungen eine knappe Woche frei, bin mit dem Bus nach Landmannalaugar und konnte dort erleben wie ein nächtlicher Sturm zwei Drittel des Zeltplatzes leergefegt hat. Ein Tag später war es etwas freundlicher und ich habe meinen Zeltplatz in die Hattver verlegt. Hatte schon lange geplant die Gegend dort zu erkunden. Das Wetter zwang mich dort weiter abzuwarten und dann kam der Tag der Tage und querte morgens mit leichtem Gepäck den Gletscherfluß (Hamragil). Fand auch im Tal hinter der "Felswand" den schönen, einfachen Weg (nein, nicht die steile Rinnne!) auf den Bergrücken der mich dann nach Norden zum Grænihryggur brachte. Traumwetter, kein Wind, kaum ein Wölkchen am Himmel und kein Mensch weit und breit. Auf dem gleichen Weg zurück zum Zelt. Der Gletschfluss am späten Nachmittag natürlich eine Herausforderung. Am nächsten Tag teilweise im Nebel zurück nach Landmannalaugar und weiter nach Reykjavík.

                                                                                          Zehn Jahre sind offensichtlich eine lange Zeit. Fast schon eine andere Epoche? Da gab es kein GPX File und keine ausgepflockte Route nur eine paar vage Quellen in Isländisch und das Jahrbuch des FÍ. Vielleicht sind mir deshalb während der vier Tage in der Hattver nur eine Handvoll Leute begegnet. Die ruhigen Zeiten sollen jetzt dort ja vorbei sein.

                                                                                          Soll man das jetzt bedauern, dass auch andere Menschen das schön finden, was man selber schön findet? Dass sie auch dahin wandern, wo man doch selbst hinwandert. Dass auch sie den GPX File auf ihr Handy runtergeladen haben und jetzt dem blauen Pfeil zum Grænihryggur nachhatschen? Wie viele Wegbeschreibungen zum Grænihryggur gibt es inzwischen im Netz? Keine Ahnung - will es auch gar nicht wissen. In 24 Jahren Internetpräsenz hab ich in dieser Beziehung schon mehr veröffentlicht, als ich es aus heutiger Sicht für gut befinde. Manches auch nicht - zum Beispiel den Weg zum Grænihryggur.

                                                                                          Werden nun nicht durch diese Tourbeschreibung, detailliert illustriert durch 60 (!) - ich kann mich auch verzählt haben - Fotos, gerade noch mehr Besucher zum Grænihryggur gelockt? Noch mehr Sch...drohnen?​


                                                                                          Nun, Landmannalaugar war noch nie ein Ort der Ruhe - ebenso wenig wie der Laugavegur. Tut der Schönheit der Gegend keinen Abbruch. Man muss nur eine wenig um die Ecke gehen.

                                                                                          Aber dein letzter Satz freut mich ganz besonders. Das ist es was zählt! Der Mythos ist nicht entzaubert, er ist nur eine romantische Projektion. Der Schönheit der Natur kann sie kaum etwas anhaben - man braucht inzwischen nur etwas mehr Geduld bis die Karawane weitergezogen ist.

                                                                                          Hängt wohl alles von der Erwartungshaltung ab, die wir im Rucksack mit uns schleppen.

                                                                                          Ein Teil meines Jobs als Tourguide in Island ist es auch mit einer Busladung von Touristen in 6 Tagen rund um Island zu reisen (wir nennen das branchenintern eine "Rundrase") und auch diese Gäste beklagen sich immer wieder über die Touristenmassen an den sogenannten Highlights. Ich sage ihnen dann gerne: "Touris sind immer die anderen!"​
                                                                                          Hallo Dieter,

                                                                                          vielen Dank für deine reflektierten Gedanken.

                                                                                          Um sie noch einmal zusammenzufassen: Einfach um die Ecke gehen und warten,
                                                                                          bis die Karawane vorbeigezogen ist. 😉
                                                                                          Genau das ist es. 👍 Geduld ist da natürlich ein sehr guter Helfer.
                                                                                          Sehr gelacht habe ich über den Ausdruck „Rundrase“. Das zeigt mir doch, das auch
                                                                                          die Initiatoren der touristischen Angebote durchaus eigenreflektierte Ironie und Humor
                                                                                          besitzen. 😅
                                                                                          My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

                                                                                          Kommentar


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                                                                                            Fuchs
                                                                                            • 22.08.2010
                                                                                            • 1835
                                                                                            • Privat


                                                                                            #46
                                                                                            Zitat von Styg Beitrag anzeigen

                                                                                            Vielen Dank für den tollen Bericht.

                                                                                            Nach einer doch längeren Forenpause habe ich wieder einmal vorbeigeschaut und mich direkt in deinem Bericht verloren. Da kommen Erinnerungen hoch, aber auch Stellen mit "Abzweigungen", die ich in der Form noch nicht kenne. Wird wohl Zeit, die Sommertour zu planen und dort eventuell einmal vorbeizuschauen ...
                                                                                            Moin Styg,

                                                                                            vielen Dank und ich freue mich natürlich sehr, wenn es dir gefallen hat, du dich wieder erinnern konntest und dazu noch interessante Stellen mit „Abzweigungen“ 😉 entdecken konntest.
                                                                                            Welcome in Iceland. 🤩

                                                                                            Jetzt, wo du das Forum wiederentdeckt hast:
                                                                                            Vielleicht findest du ja etwas Zeit und Muße, und du findest noch eine „Abrundung“ für deinen letzten, sehr schönen Island - Reisebericht❓😉
                                                                                            My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

                                                                                            Kommentar