• gearfreak
    Erfahren
    • 30.01.2010
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    [UK] Eine Mitleidstour

    Tourentyp Trekkingtour
    Breitengrad 54.472830722
    Längengrad -3.192214965
    Lake District im Spätwinterfrühfrühling

    Eine gemütliche Tour vom neunten bis zum vierzehnten März Zweitausendvierzehn



    Prolog:

    Es waren einmal zwei Forumsmitglieder, die hatten ganz schreckliches Mitleid miteinander.
    Das eine Mitglied konnte wegen einer entzündeten Sehne kein Gepäck tragen, und das andere Mitglied konnte aus nicht näher bekannten (oder professionell analysierten) Gründen nicht allein auf Tour gehen.

    Zum Glück waren die beiden schon einmal auf einer nicht autorisierten Forumstour gewesen und waren darum privat so gut miteinander bekannt, dass sie sich ihr gegenseitiges Leid klagen konnten.

    Nachdem den beiden bewusst wurde, dass sie sich gegenseitig helfen konnten, wurde aus dem Planen über ein wenig Herumspinnen bald konkrete Planung:


    Das soziale Mitglied (Buck Mod.93) wollte gerne auf Wintertour, das verletzte Mitglied (gearfreak=ich) lieber auf Radtour, nein, dann doch lieber eine normale Wandertour, aber wer trägt das Gepäck, das geht doch nicht, ach dann nehm ich halt alles, ja, aber dann nicht nach Israel, aber wohin kann man denn im März, usw usw ging die Diskussion.

    Irgendwann entschieden wir uns für Altbekanntes in Form vom englischen Lake District, und zwar aus dem Grund, dass man dort die meisten Alternativen hätte, wenn irgendetwas schief gehen sollte.
    Meine Idee war, dass ich meinen Reisepartner dann auf Tagestouren schicke und im Pub auf ihn warte..

    Nun gut, das Lake District im Winter also.

    Wie plant man da eine Route? Wie wird das Wetter? Liegt da nicht viel zuviel Schnee?
    Meine Recherche ergibt, dass wir tagsüber durchschnittlich 7-8 Grad erwarten müssen, und nachts Temperaturen um den Gefrierpunkt. Soweit kein Problem. Auf Bildern von verschiedenen Blogs sehe ich alles von Ski-tauglichem Schnee bis zu absolut keinem Schnee. Oder kein Schnee im Februar und dann viel Schnee im März. Na gut, ich werde also eine Route planen, bei der man Alternativ-Routen im Tal hat, und wenn der Winter sehr hart wird, fahren wir eben nach Südengland oder -Wales.

    Zur nächsten Frage: Wie weit kann ich gehen? Ich leide seit meiner Cairngorms-Tour im letzten Juni (ja doch, Bericht ist in Arbeit!) unter Schmerzen in der Posterior-Tibialis-Sehne und habe trotz orthopädischer Einlagen meist nach cirka fünf Kilometern im dänischen Wald Beschwerden.
    Seit einiger Zeit mache ich eine neue Stärkungs-Übung und habe das Gefühl, dass es besser wird. Eine Tour gehen zu wollen ist jedoch sehr optimistisch. Also: wenig Kilometer will ich gehen. Das bedeutet im Gegenzug viele Höhenmeter. Nun hat aber Ferdi versprochen, den Großteil unseres Gepäcks zu tragen, um meinen Fuß bestmöglich zu entlasten. Wie soll soll der mit dem ganzen Kram den Berg hochkommen?

    Ich löse das Problem, indem ich die Verantwortung abgeben und Ferdi einfach wöchentlich einrede, dass er anständig trainieren soll.

    Im Lake District kommt man um die Höhenmeter sowieso nicht herum.

    Die Route sollte auch gerne eine Rundtour werden, da wir mit dem Auto anreisen. Dieses soll irgendwo sicher abgestellt werden, also fällt meine Wahl auf die Lanefoot Campsite, wo ich schon einmal mein Auto für ein paar Tage parken durfte. Diese Campsite hat den Vorteil, dass sie etwas ausserhalb Keswicks liegt und man somit schnell in den Bergen ist.

    Die geplante Route sieht dann so aus: gute zehn Kilometer am Tag und jeweils ungefähr 900 Höhenmeter.
    Alternative Tal-Routen sind vorhanden, sowie auch Möglichkeiten, an Campsites mit Duschen und Pubs vorbeizukommen; und trotz der kurzen Strecke hoffe ich, Ferdi einen guten Eindruck vom Lake District geben zu können.



    Damit ist die Planung von meiner Seite eigentlich abgeschlossen, was uns aber nicht davon abhält, regelmäßig unsere unterschiedlichen Pack-Philosophien zu debattieren..

    Ansonsten mache ich fleissig meine Übungen und schaue regelmäßig in den Wetterbericht. Bis kurz vor unserer Reise sind meist um die 4-6 Grad und Regen, aber pünktlich zu unserer Reise verspricht die Seite plötzlich Sonnenschein und Temperaturen bis zu 12 Grad!

    Es kann losgehen!
    Zuletzt geändert von gearfreak; 02.04.2014, 13:48.

  • gearfreak
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    • 30.01.2010
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    #2
    AW: [UK] Eine Mitleidstour

    Anreise - 7./8. März

    Zu diesem Tag gibt es von mir leider keine Bilder, da ich irgendwo auf dem Weg meine Kamera verloren habe. Aber von Buck Mod.93 kommt ja auch noch eine Version.

    Die Anreise dauert in diesem Fall sehr lang, hoffentlich gibt mein Fuß nicht nach dem ersten Tag schon auf..

    Ich arbeite in der Woche vor unserer Tour mal wieder in den Niederlanden, und da ist man ja schon fast in Großbritannien, dachte ich, also haben wir uns einfach für den Freitag abend in meinem Arbeitsort verabredet.

    Ferdi muss durch den Freitag-Nachmittag-Verkehr im Ruhrpott und ist dementsprechend müde, als er ankommt. Wir packen seinen Kram in mein Auto und fahren in die Kleinstadt, in der ich heute ein Konzert spiele.
    Für meinen jugendlichen Begleiter ist es das erste Mal in einem Konzert mit klassischer Musik, und ich bin gespannt, ob es ihm gefallen wird. Na gut, so jugendlich ist er vielleicht nicht mehr; wir sind ja beide seit unserer letzten (und ersten) Begegnung fast zwei Jahre älter geworden

    Es fühlt sich dank Skype an, als wäre das letzte Treffen gar nicht so lange her, und es ist schön, Ferdi wiederzusehen.


    Meine Kollegen sind alle ganz neugierig auf diesen deutschen Jungen, den ich aus dem Internet kenne und mit dem ich ein Woche lang im selben Zelt schlafen will; sie können sich das alles gar nicht richtig vorstellen.

    Das Konzert dauert länger als gedacht, und es ist nach 22 Uhr, als wir nach Antwerpen aufbrechen. Dort wollen wir bei einem Freund von mir übernachten, damit der Weg morgen ein wenig kürzer ist und ich mein Instrument sicher verwahren kann.
    Bei dem Freund kommen wir nach ewiger Parkplatzsuche gegen ein Uhr morgens an, und eigentlich müssten wir jetzt sofort ins Bett (müde genug sind wir). Nun habe ich diesen Freund aber schon einige Jahre nicht gesehen, und Hunger haben wir auch, also zaubert uns Pieter schnell ein Pastagericht. Dazu gibt es Bier und Wein, und wir erzählen uns alle Neuigkeiten und schwelgen auch ein wenig in Erinnerungen.

    Ich weiß nicht mehr, wann wir im Bett sind, aber es muss wohl um drei Uhr morgens sein. Ich hatte gesagt, dass wir in einem Zimmer schlafen können, da wir ja sowieso eine Woche zusammen im Zelt verbringen werden. Aber ein Doppelbett finde ich im ersten Moment doch komisch. Ich bin aber zu müde, um weiter darüber nachzudenken, und der Wein tut sein Übriges.

    Am Samstagmorgen werden wir von einem viel zu wachen Kind (das ja leider keinen Wein getrunken hatte ) geweckt; und wir frühstücken noch ganz gemütlich zusammen mit Pieters Familie, bevor wir um 11 Uhr nach Dünkirchen aufbrechen.


    Die Fahrzeiten habe ich gut geplant, und wir haben zu keinem Zeitpunkt Stau.
    Wir kommen pünktlich in Dunkerque an und fahren auf die Fähre nach Dover.

    Das Wetter ist wunderschön; die Sonne scheint und ich bekomme richtig Urlaubsstimmung.
    Wir laufen ein bißchen an Deck herum und machen Photos und essen Chips, die wir in Frankreich gekauft haben. Danach gucken wir in den Laden, wo ich eine Flasche Aberlour kaufe. Vernünftigen Islay gibt es nicht, und letztes Mal mochte Ferdi den auch nicht, darum kaufe ich sicherheitshalber einen Mädchen-Whisky

    Nach einem Costa-Coffee probieren wir, ein wenig zu schlafen, aber die Briten am Nebentisch sind schon beim zweiten Pint (wer von denen fährt eigentlich gleich?!) und werden immer lauter.

    Wir gehen wieder an Deck und bewundern die berühmten Kreidefelsen von Dover, die von der Sonne heute besonders schön angestrahlt werden. Ich muß wie immer an "Cliffs of Dover" aus meinem Guitar-Hero-Spiel denken.


    In Dover angekommen fange ich an, mein Mantra zu murmeln: "Links fahren, links fahren, links fahren, links fahren.."
    Ich finde es eigentlich nicht mehr so schlimm. Blöd ist nur, wenn man irgendwann den Linksverkehr normal findet und dann trotzdem noch denkt, man müsse alles andersherum machen

    Das Wetter ist immer noch sehr schön, aber nach einigen Stunden merke ich doch, wie müde ich bin. Langsam werde ich ausserdem etwas gestresst, denn ich möchte sehr gerne heute noch in Keswick ankommen, weiss aber nicht, bis wann man an der Campsite noch anreisen darf. 22h hängt irgendwie in meinem Kopf, und laut Navi schaffen wir das nur, wenn absolut nichts dazwischenkommt.
    Ich versuche regelmäßig, den Besitzer zu erreichen, bekomme aber immer ein Mädchen an die Leitung, dass keine Entscheidungen treffen kann oder darf. Irgendwann erreiche ich aber zum Glück Gareth, und wir können entspannt weiterfahren.

    Als es dunkel wird, werde ich immer müder, und auf der Landstrasse ist der Linksverkehr teilweise doch gruselig. Ein entgegenkommendes Licht, das nicht links von mir ist, interpretiert mein Auge als frontal auf mich zu kommend, und ich muß mehrmals die Augen-starr-geradeaus-und-durch-Technik anwenden.

    Wir kommen kurz nach 22h an (23h MEZ), und ich bin völlig fertig und habe auf einmal pochende Kopfschmerzen.
    Im Auto ist alles durcheinander, aber ich finde das Zelt und baue es schnell auf. Danach setzen wir uns noch ein bißchen vor das Zelt, und nach etwas Schokolade und einer Kopfschmerztablette geht es mir bald wieder gut.

    Ich kann trotzdem nur noch in den Schlafsack - packen und planen müssen wir morgen.
    Zuletzt geändert von gearfreak; 02.04.2014, 10:57.

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    • kanuwanderer
      Gerne im Forum
      • 14.03.2011
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      #3
      AW: [UK] Eine Mitleidstour

      Au Prima, was aktuelles über Lake District. Bin gespannt.

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      • Buck Mod.93

        Lebt im Forum
        • 21.01.2008
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        #4
        AW: [UK] Eine Mitleidstour

        Prolog:

        Mitleidstour? Ja und zwar, weil ich bei Anna gejammert habe.
        Darüber, dass ich keinen Reisepartner für eine Wintertour habe, darüber,
        dass ich auch kein Geld für eine Pulka habe und natürlich darüber, dass ich trotzdem verreisen möchte.
        Die Sache war also von vorne herein aus der Not geboren.
        Der nächste Kompromiss an dieser Reise:
        Anna hat Probleme mit ihrem Fuß und ich muss mich darauf einstellen, dass ich 2/3 der Ausrüstung tragen muss und wir möglicherweise die Tour abbrechen müssen, wenn die Schmerzen schlimmer werden.
        Vernünftigerweise müsste man sagen: Bleibt zu Hause Kinder.
        Der eine lädiert, der andere eigentlich auf Wintertour gepolt und schwer beladen. Und trotzdem oder gerade weil es eine Geschichte war, auf die ich mich in vielerlei Hinsicht „einlassen“ musste, wurde es eine grandiose Reise.
        Wir haben uns auch von Anfang an versprochen einen Reisebericht zu schreiben, denn von unserer Tour im Rondane gibt es leider keinen.

        Anreise - 7./8. März

        Der Tag war schon in meinen Vorstellungen schlimm genug. Ewig lange im Auto, auf der Autobahn, dann noch alleine.
        Früher dachte ich, ich würde mein Leben lang Zug fahren. Ich hielt das für praktisch, umweltfreundlich. Lesen, Essen, Trinken und ein anderer Fährt dich ans Ziel. Als ich aber den ganzen Kram sah, den ich mitnehmen wollte, ist mir darauf irgendwie die Lust vergangen. Auf der Rondanetour habe ich neben dem 35 Kilo schweren Rucksack auch noch ein 15 kg schweres Paket mit Essen durch den Zug gewuchtet und das war mir nicht gut in Erinnerung geblieben.

        Dunkerque:



        Anna:



        Dover:



        Das waren für mich die Dreh und Angelpunkte dieses Tages. Da wollten wir hin, Anna fährt und zwar ziemlich versiert und da wollen wir auch hin: Dover.
        Nach dieser Reise habe ich zu meinem Friseur, der aus Großbritannien stammt, gesagt: Das was man von Dover sieht, wenn man dort mir der Fähre ankommt, ist so hässlich.
        Er kuckte mich verdutzt an, so wie jemand kuckt, wenn man ihm ein Geheimnis, das schon lange keins mehr ist, als besonders kostbar verkaufen möchte.
        "Sag bloß!" meinte er dann grinsend. Als ich in Holland bei Annas Hotel ankomme bin ich schon fürchterlich durch den Wolf gedreht.
        Wir fahren zum Ort des Konzertes und ich besorge mir das Freibier, das man mit der Eintrittskarte für das Konzert ersteht.
        Das Konzert gefällt mir ausgesprochen gut. Ich habe zwar schon klassische Musik auf meiner Anlage zu Hause gehört, fühle mich aber sehr ertappt, als ich gestehen muss, dass ich noch nie bei einem klassischen Konzert war.
        Nach dem Konzert geht es weiter Richtung Antwerpen. Freunde von Anna besuchen.
        Pieter ist ein super Typ und seine Carbonara schmeckt herrlich. Und was tut er vor meinen Augen? Chili in die Carbonara. Ein absoluter Visionär!
        Der Abend, der eigentlich ein früher Morgen ist, gefällt mir ausgesprochen gut. Ich bin zu müde zum Reden und trinke wortlos meinen Wein. Ich höre zu. Gespräche über das Orchester, gemeinsame Freunde, Instrumente. Als Anna auf der Toilette ist, stecke ich Pieter einen Fünfer zu, mit der Bitte uns das Zimmer mit dem Doppelbett zuzuweisen. Zwei Fünfer wechseln dann den Besitzer und ich nippe wieder in Ruhe an meinem Rotwein.
        Les Flics Sont Sympathique

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        • gearfreak
          Erfahren
          • 30.01.2010
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          #5
          AW: [UK] Eine Mitleidstour

          Tag 1 - 9. März


          Heute geht es also endlich los!

          Wir wachen trotz mehrerer krähender Hähne relativ spät auf, und das auch nur, weil wir einen Wecker gestellt haben. Wobei sich der Weck-Ton auf Ferdis Telefon eher als Einschlafhilfe eignet denn als Weckhilfe..

          Bevor wir heute los können, müssen wir aus dem Chaos im Auto unseren Kram zusammensuchen, den Besitzer der Campsite finden und frühstücken. Duschen wollen wir auch noch gerne, und ich muss meinen Fuß mit Kinesiotape entlasten.
          Da ich noch nicht richtig gepackt hatte, sondern eher alles, was nützlich sein konnte, in mein Auto geworfen hatte, dauert dies eine Weile. Wir laufen ständig zwischen Auto und Aufenthaltsraum hin und her und machen Haufen für "kommt mit" und "kommt nicht mit".
          Es gibt auch noch letzte Diskussionen darüber, was wirklich nötig ist, denn ich habe Sorge, dass Ferdi das nicht schafft mit dem vielen Gepäck (weiss nicht, wie ich darauf komme, Ferdi.. ). Einige Tüten mit Essen fliegen also noch raus.

          Ich hatte eigentlich vor, die ganze Tour in Regenhose zu laufen, da meine eVent-Hose sehr atmungsaktiv ist und auch oben aufgezippt werden kann, aber in Anbetracht des Wetterberichts entscheide ich mich doch um. Darüber bin ich auf der Tour dann auch froh.

          Gareth finden wir irgendwann und bezahlen ihn für die letzte Nacht und auch schon für die Nacht nach unserer Rückkehr. Er sagt uns, wo wir das Auto am besten hinstellen können. Fürs Aufpassen möchte er 1£ pro Tag - ein sehr fairer Preis, wie ich finde.

          In dem Chaos kann ich meine Kamera nicht finden, bin aber sicher, dass sie noch irgendwo im Auto liegt.
          Als ich sie nach dem Frühstück immer noch nicht gefunden habe, mache ich noch einmal alle Taschen und Beutel leer, aber sie ist wirklich weg!
          So ein Mist, wie kann denn das passiert sein?? Ich muss sie auf der Fähre irgendwo liegengelassen haben, oder sie wurde mir gestohlen. Oh nein, ohne Kamera kann ich doch nicht auf Tour!
          Ferdi bietet mir netterweise sofort seine Handykamera an, allerdings glaubt er nicht, dass der Akku die ganze Tour über halten wird. Sein anderer Apparat ist für normalsterbliche Kompakt-Knipser viel zu kompliziert, da sind wir uns einig.
          Ich will meine eigene Kamera!!

          Was sind die Möglichkeiten? Heute ist Sonntag, aber vielleicht hat ja in Keswick ein Fotogeschäft auf? Gareth sagt, dass ich vielleicht Glück haben könnte. Jetzt ist es aber schon halb Zwölf; wenn wir jetzt noch einkaufen fahren, schaffen wir es heute nicht vor Anbruch der Dunkelheit zu meinem anvisierten Zeltplatz, also müsste ich die gesamte Route ändern.
          Und ganz spontan irgendeine Kamera zu kaufen ist mir eigentlich auch zu blöd.

          Schweren Herzens beschließe ich, ohne Kamera loszugehen, nehme aber meine Ersatz-Speicherkarte mit, damit ich zumindest versuchen kann, mit Ferdis Kamera ein paar Bilder zu machen. Es geht mir ja mehr um die Erinnerung als ums Photographieren, also macht es ja vielleicht nicht sooo viel, wenn alle Bilder schlecht werden.


          Sobald wir die Rucksäcke aufgesetzt haben (aus irgendeinem Grund trage ich nun doch 9kg) bin ich aber plötzlich einfach nur froh, unterwegs zu sein! Seit letztem Juli war ich wegen meines Fusses nicht wandern; und eine Weile hatte ich befürchtet, dass es das letzte Mal gewesen sein könnte, aber nun bin ich im Lake District und die Sonne scheint!
          Also hinter den Wolken. Scheint sie.
          Ähmm..

          Egal, es regnet jedenfalls nicht!

          Mein Plan für heute ist, direkt in die Berge zu gehen und über Grisedale Pike, Hopegill Head und Whiteside Richtung Crummock Water zu laufen. Nach ein paar Höhenmetern kann ich dann besser einschätzen, wie viel Zeit wir für die restliche Route brauchen werden.
          Wir haben pro Tag zehn Stunden Tageslicht zur Verfügung, aber nun ist es ja schon Mittag und um 18h wird es dunkel, darum möchte ich möglichst schnell den Gipfel erreichen.

          Wir gehen ungefähr zwei Kilometer an der Strasse entlang, aber dann geht es schon direkt nach oben, und nach ein paar Schritten hat man schon eine Aussicht auf Skiddaw und Bassenthwaite Lake:



          Die Sonne kämpft gegen die schwarzen Wolken an, und der Gipfel von Skiddaw ist nicht zu sehen. Der liegt aber über Hundert Meter höher als der von Grisedale Pike; vielleicht haben wir ja Glück.
          Der Wetterbericht hält jedenfalls bisher, was er versprochen hat: Heute sollte es bewölkt sein mit etwas Regen am Nachmittag, und ab morgen dann fünf Tage lang schön.

          Hach, ist es schön, bergauf zu gehen!
          Wir machen immer wieder kleine Verschnaufpausen unter dem Vorwand, ein Kleidungsstück an- oder auszuziehen oder ein Bild zu machen

          Der Blick auf Keswick offenbart, dass seit letzter Woche viel Schnee geschmolzen ist. Das Wetter scheint etwas besser zu werden, und im Hintergrund ist Great Mell Fell als einziger Berg in Sonnenlicht getaucht. 17km ist die Sonne also ungefähr entfernt - wenn wir langsam genug gehen, holt sie uns vielleicht noch ein..



          Da das Frühstück ja schon eine Weile her ist und das Wetter auf dem Gipfel wahrscheinlich nicht zu einer Pause einlädt, machen wir eben jetzt schon eine Pause. Bei mir gibt es Pistazien und Bifi.



          Die Sonne holt uns tatsächlich ein, aber der Weg zum Gipfel sieht nicht besonders einladend aus, und den Gipfel kann man nicht erkennen.



          Als wir oben ankommen, habe ich volle Regenmontur an. Die Sicht ist gleich null, aber schön ist es trotzdem!
          Ausser uns sind noch zwei junge Männer auf dem Berg, die etwas unsicher auf ihr Handy gucken.

          Ich versuche wenn möglich, mit Leuten ins Gespräch zu kommen, damit sie vielleicht weniger Hemmungen haben, nach dem Weg zu fragen, also bitte ich die beiden, ein Bild von uns zu machen.
          Sie laufen auch entgegen Ferdis Befürchtungen nicht mit seiner Kamera weg , sondern bitten uns im Gegenzug um den gleichen Gefallen.
          Danach trauen sie sich dann auch, uns nach dem Weg zum Whinlatter Forest Park zu fragen. Sie denken wohl, dass es irgendeine Abkürzung gibt und wollen eine andere Route nach unten nehmen.
          Die beiden haben zwar GPS im Telefon, aber keine Karte und auch sonst keine Ausrüstung, also schicke ich die beiden zurück in die Richtung aus der sie gekommen sind.

          Wir laufen auf dem Kamm weiter zum Hopegill Head - auch hier haben wir natürlich keine Sicht. Nun müssen wir nur noch hinunter, und schon können wir zelten! Südlich von uns sehen wir schon Liza Beck, den Fluss, an dem wir zelten wollen.
          Prima, da können wir schon nach einem geeigneten Platz Ausschau halten.

          Wir liegen trotz unseres späten Aufbruchs gut in der Zeit, aber wegen des Nieselregens und der Kälte machen wir keine längeren Pausen mehr.

          Als wir uns dem Crummock Water und somit der Strasse nähern, sehen wir zu Ferdi Betrübnis ein Haus, aber ich verspreche ihm, dass wir das von unserem Zeltplatz aus schon gar nicht mehr sehen können.

          Der Weg den Fluss hinauf macht richtig Spass; wir müssen öfter die Stöcke wegstecken und unsere Hände zur Hilfe nehmen.

          Der einzige ebene Platz, den wir von oben ausmachen konnten, erweist sich als akzeptabler Zeltplatz.
          Ich baue das Zelt auf, während Ferdi uns mit meinem blöden Kurbel-Steripen Wasser sterilisiert. Ich habe immer Probleme, das Teil zu bedienen und verleihe meinem Wandergenossen daher feierlich den Titel "Kurbelknecht".

          Zum Draussensitzen ist es mir leider zu kalt, also wird im Zelt gegessen. Ferdi probiert sich durch die verschiedenen Globetrotter-Mahlzeiten, und bei mir gibt es Spaghetti Carbonara von Knorr. Die holländische Version davon schmeckt besser. Oder war es die schwedische? Jedenfalls nicht empfehlenswert. Ich vergebe 5 von 10 Punkten.

          Nach dem Essen verwöhnt mich Ferdi mit Lumumba, obwohl ich vorher noch über das "unnötige Gewicht" gemeckert hatte. Vergib mir, Ferdi! Dein Lumumba ist genial!



          Nach dem Lumumba schlafen wir bald ein. Es war ein schöner erster Tag!


          Hier die Route vom heutigen Tag:

          Zuletzt geändert von gearfreak; 02.04.2014, 13:45.

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          • Buck Mod.93

            Lebt im Forum
            • 21.01.2008
            • 9011
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            #6
            AW: [UK] Eine Mitleidstour

            Tag 1 - 9. März

            Das, was ich auf dem Campingplatz in Braithwaite am Abend unserer Ankunft sah, gefiel mir und gefiel mir nicht. Es war stürmisch, als wir draußen saßen und ich nach der langen Autofahrt einen Whisky trank. Das gefiel mir durchaus und natürlich gefielen mir auch die Berge im Hintergrund, die mal vom Mond beschienen waren, mal von Wolken verstellt. Der Wind versuchte die Araukarie, die inmitten des Platzes stand, zu Boden zu ringen. Vergebens.
            Der Morgen nach unserer Ankunft begann, wie Morgen eben beginnen. Ein bisschen verschlafen taumele ich zum Waschraum, dann zum Auto, wieder zurück. Die ganze Unordnung im Kofferraum macht mich wahnsinnig und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie wir es schaffen sollen, all das wieder zu trennen, was dort durcheinander geraten war.
            Wir packen eilig unsere Rucksäcke und begeben uns auf die Straße. Und eben das machte mich ein wenig nachdenklich. Eine Straße gab es da und Häuser, Pubs, Cafés.



            Wie sollte hier ein Gefühl der Einsamkeit entstehen können? Anna versprach mir schon auf der Autofahrt, dass es sich wie Trekking anfühlen wird und nicht, wie eine Hüttentour, auf der man nicht in den Hütten schläft sondern daneben. Um es vorweg zu nehmen; sie hatte recht.
            Wir passieren einige Häuser und bewerkstelligen dann unseren ersten Aufstieg.
            Mein Rucksack wiegt 23 kg und ich habe die letzten Wochen doch mehr im Labor gesessen,
            als Sport getrieben und das merke ich. Andererseits ist der erste Tag immer problematisch.



            Kurz nach den ersten Metern unseres Anstieges setzt Anna einen herzzerreißenden Blick auf, der von diesem Punkt an immer von den Worten "Darf ich deine Kamera haben" begleitet wurde. Ich wusste wirklich nicht, auf was ich mich da einlasse. Meine X100 wurde zur Prostituierten für SD Karten aller Fabrikate!





            Bereits am ersten Tag kosten wir den vorzüglichen Schnittlauch, von dem man uns in Keswick vorgeschwärmt hat. Er sollte auch mein Abendessen, mit dem ich ansonsten ein wenig unzufrieden war, verfeinern.



            Laut Anna werden wir heute den Grisedale Pike entern. Denkt man an die Pyrenäen oder die Alpen, werden die Berge höher und steiler, wenn man sich ihnen nähert. Im Lake District aber ist das Umgekehrte der Fall!
            Das Gelände ist schroff und steinig und ich freue mich an dieser exponierten Stelle sehr über meine winddichte Mütze.





            Um auch etwas zu den Don Quijotes zu sagen, die mit uns auf dem Gipfel waren: Ich fand es gut, dass Anna sie angesprochen hat. Ich hätte es nicht getan und mir später wahrscheinlich große Vorwürfe gemacht, wenn ihnen etwas zugestoßen wäre.



            Während wir über den Kamm zum Hopegill Head gehen, schwärmt Anna mir vor, wie schön die Aussicht bei gutem Wetter von hier oben ist. Ich schließe hin und wieder meine Augen, die vom Wind ein wenig brennen und versuche mir das von ihr beschriebene Panorama vorzustellen. "Morgen" sage ich mir "Morgen wirst du all das sehen, von dem Anna da redet".



            Als wir mit dem Abstieg beginnen, reißen die Wolken ein wenig auf und man kann - je tiefer man kommt - immer mehr von den Tälern sehen. Leider schieben sich nun auch einige Häuser ins Bild.



            Der steile Taleinschnitt zu unserer Linken soll uns in dieser Nacht beherbergen. Ich halte bereits von oben Ausschau nach einem geeigneten Zeltplatz und sehe in einer halben Stunde genau einen. Es sieht zumindest von oben eben aus aber das muss nichts heißen.
            Als wir bis zum Fluss abgestiegen sind, biegen wir in das Tal ein und gehen zurück zu dem Zeltplatz, den wir von oben ausgemacht hatten. Es ist zwar ein wenig laut, da wir sehr nah am Wasser zelten müssen aber immerhin versperrt uns das Tal nun die Sicht auf Crummock Water.





            Abends gibt es traditionsgemäß Lumumba und ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass er noch viel besser schmeckt (und nicht so schnell kalt wird), wenn man ihn mit Stroh 80 zubereitet. Anna schien aber auch mit der 40 prozentigen Variante nicht unzufrieden zu sein.



            Was ich an diesem Abend gefuttert habe, weiß ich nicht mehr genau. Ich habe mich diesmal leider wegen eines blöden Gutscheins statt bei Travellunch bei Trek´n´Eat bedient und war erschüttert. Das ist aber ein anderes Kapitel und dazu muss es selbstverständlich eine gesonderte Hasssendung geben.
            Les Flics Sont Sympathique

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            • gearfreak
              Erfahren
              • 30.01.2010
              • 278
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              #7
              AW: [UK] Eine Mitleidstour

              War es nicht Reispfanne Balkan Art?
              Weil Du keine Lust auf Chana Masala hattest?

              Jedenfalls nicht so lecker. Oder wir waren nicht hungrig genug

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              • Skyalf
                Neu im Forum
                • 14.12.2013
                • 8
                • Privat


                #8
                AW: [UK] Eine Mitleidstour

                Danke für den Bericht, sehr schön geschrieben, ich bin gespannt ...

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                • grenzenlos
                  Dauerbesucher
                  • 25.06.2013
                  • 566
                  • Privat


                  #9
                  AW: [UK] Eine Mitleidstour

                  Macht viel Freude. Danke für den Bericht
                  Gruß Wi grenzenlos
                  Unsere Webseite: http://www.grenzenlosabenteuer.de

                  Gruß, Wi grenzenlos

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                  • gearfreak
                    Erfahren
                    • 30.01.2010
                    • 278
                    • Privat


                    #10
                    AW: [UK] Eine Mitleidstour

                    Tag 2 - 10. März


                    Wenn man zwischen zwei Bergen zeltet, dauert es ja eine Weile, bis die Sonne im Zeltinneren ankommt, und so bin ich ziemlich überrascht, als mich beim morgendlichen Blick aus dem Zelt ein sonnenbestrahlter Mellbreak begrüßt.



                    "Ferdi, Ferdi, wach auf, die Sonne scheint!"
                    Bei so schönem Wetter will ich immer am liebsten gleich los, aber der junge Mann hat ja Urlaub, und ich bemühe mich, ihn nicht zu sehr zur Eile zu drängen.
                    Gestern waren wir eigentlich schneller als erwartet, also wird doch die heutige Etappe auch mit ein bißchen Trödelei gut zu schaffen sein.
                    Die ersten Kilometer gehen heute auch ganz flach am See entlang, also stresse ich mich nicht.

                    Aber erstmal wollen wir ja sowieso frühstücken.
                    Ferdi macht immer so ganz ekligen Instant-Kaffee (so eine Gas-Verschwendung ), und ich werde auf der Tour jeden Tag wieder den verhängnisvollen Fehler machen, ihn zu probieren
                    Aus irgendeinem Grund isst er zum Frühstück die Reste von gestern. Wir haben beide unser Essen nicht aufgegessen, und nun hat er in seiner Tüte eine farblich interessante Mischung.

                    Jetzt weiss ich es auch wieder: Huhn in Curryreis! In diesem Fall inzwischen vermischt mit meiner Carbonara..



                    Ich packe während des Frühstücks schon mal das Zelt zusammen und schaue auf die Karte. Leider versäume ich es, die für heute geplanten Kilometer zu zählen, aber dazu später mehr.

                    Ungefähr anderthalb Stunden nach dem Aufstehen machen wir uns auf den Weg (so lang wird es an jedem Tag dauern; das ist zu zweit schon in Ordnung, finde ich).
                    Wir gehen den gleichen Weg zurück, auf dem wir gestern gekommen sind und sind bald in Lanthwaite, einem Ort, der aus zwei Häusern zu bestehen scheint. Auf dem Weg dorthin lege ich noch einen "prat fall" hin - irgendwie schaffe ich es, mich auf absolut ebenem Untergrund auf den Hosenboden zu legen. Ich glaube, das ganze wurde auch dokumentiert..



                    Wir hoffen, bei dem Parkplatz unseren Müll loswerden zu können (wir haben ja "nasses" Essen im Rucksack), aber leider gibt es keine Mülltonne.
                    Der Weg um den See Crummock Water führt uns erst durch einen parkähnlichen Wald, in dem viele Spaziergänger unterwegs sind. Am See angekommen, sehen wir eine Bank, also legen wir erst einmal eine ausgedehnte Pause ein.

                    Ferdi erklärt mir immer wieder, wie seine Kamera funktioniert, und manches bleibt nach mehrfacher Wiederholung auch hängen
                    Ich schalte aber sowieso immer auf Automatik-Modus

                    Es ist aber auch schön hier! Der See ist von Bergen umgeben, den Bergen, auf die wir heute hinaufwollen. Die Sonne scheint und das Leben ist schön!!



                    Wir werden bei der Bank von einer Gruppe Ramblers (Tageswanderern) überholt und machen uns wieder auf den Weg. Der Pfad am See ist ziemlich nass, aber unsere Füße bleiben zum Glück trocken.



                    Auf der anderen Seite des Sees blicken wir immer wieder auf "unser" Tal zurück, und ich verliebe mich in den Berg Grasmoor. Da muß ich auch mal rauf!



                    Bald haben wir den Punkt erreicht, wo der Aufstieg nach Red Pike beginnt. Davor muss man ja sicherheitshalber noch eine Pause machen, und eine Landzunge im See ist geradezu geschaffen fürs Faulenzen



                    Meine geliebten Herdwick-Schafe scheinen im März nicht so zahlreich unterwegs zu sein wie im Sommer, darum gelingt mir auch auf der gesamten Tour kein gutes Schaf-Bild Das hindert mich aber nicht daran, es immer wieder zu versuchen.





                    Oops, das war gar kein Schaf..


                    So, nun geht es endlich bergauf! Wir gehen den Scale Beck entlang nach oben. Bis zum Wasserfall Scale Force treffen wir noch auf Spaziergänger, aber ab da haben wir den Berg für uns.

                    Scale Force ist mit seinen über fünfzig Meter der höchste Wasserfall des Lake Districts.
                    "Force" bedeutet in diesem Fall nicht "Kraft", sondern hat seinen Ursprung im Altnordischen, wie auch das Wort "Foss" im Norwegischen.
                    Wen es interessiert: Hier ist eine Liste über Wörter im Yorkshire-Dialekt, die ihren Ursprung im Altnordischen haben.


                    Und nein, ich möchte hier keine Diskussion wieder anleiern..



                    Schon nach einem kurzen Anstieg hat man eine schöne Aussicht auf Crummock Water mit der kleinen Landzunge.



                    Wir haben den Bach inzwischen verlassen und wandern nun durch niedrige Sträuche. Bei solch einer Landschaft werde ich immer ganz wehmütig - vor hundert Jahren waren die dänischen Hügel auch flach bewachsen, aber nun gibt es fast überall nur noch Forst, und damit ist der Blick auf die Hügel versperrt. Umso mehr geniesse ich es, hier zu sein!



                    Bald verschwindet der See fast aus unserer Sicht.
                    Hach, sind die Farben schön hier!





                    Wir nähern uns unseren heutigen Bergen. Eine kleine Pause ist bei dem warmen Wetter willkommen. Offiziell ist es zwar Winter, aber wir sind im T-Shirt unterwegs! ich kann unser Glück kaum fassen und erwähne dies darum auch ca. 20-30mal am Tag..



                    Eine halbe Stunde später sind wir auf dem Gipfel von Red Pike angelangt, und mein Träger bekommt eine wohlverdiente Pause



                    Die Aussicht ist fantastisch; man kann in der Ferne Keswick erkennen:



                    In der anderen Richtung ist das Wetter nicht so gut, und man sieht am Schnee, dass wir an Höhe gewinnen. Pillar habe ich von dieser Seite noch nicht gesehen; wie schön! Der ist bei dieser Tour leider gar nicht eingeplant.

                    Heute wollen wir einfach den Kamm entlang über High Stile (im Bild) und High Crag auf Haystacks, auf dem ich schon seit meiner ersten Tour im Lake District unbedingt mal zelten will.



                    So langsam frage ich mich, ob wir nicht doch zuviele Pausen gemacht haben. Bergauf geht halt mit dem ganzen Gepäck doch nicht so schnell, und wir haben ja noch Einiges vor heute. Von High Stile sind es aber nur noch drei oder vier Kilometer Luftlinie, das muss doch gehen! Ich treibe Ferdi etwas vor mir her; das tut mir auch leid, ich habe ja nur wenig zu tragen, aber vor meinem anvisierten Zeltplatz sehe ich kein Wasser auf der Karte, und auf einen Abstieg mit Stirnlampe habe ich wenig Lust.

                    Für Photo-Pausen muss aber Zeit sein, bei der Sicht! Diese Aussicht auf Grasmoor und Crummock Water im Hintergrund und Bleaberry Tarn und Dodd im Vordergrund hat auch schon lokale Künstler inspiriert:







                    Ich scheuche Ferdi weiter, und irgendwann erreichen wir endlich den Gipfel von High Stile.



                    Auch hier ist die Sicht fantastisch, und ich kann mich gar nicht an Blencathra sattsehen, die ich von dieser Seite noch nicht kenne (rechts im Bild).
                    Ferdi ist auch ganz begeistert



                    Es ist schon 17 Uhr, als wir auf dem Gipfel ankommen, und die Sonne geht ungefähr um sechs oder halb sieben unter. Natürlich ist es dann nicht sofort stockduster, aber so langsam mache ich mir doch ein wenig Sorgen.
                    Das Wetter sieht auch nicht mehr ganz so freundlich aus.



                    Nun gut, Jammern hilft uns nicht weiter; weitergehen hingegen schon.
                    Hier wollen wir noch runter und rüber, dann auf der anderen Seite (links im Bild) wieder rauf, und dort ist dann der See, an dem ich zelten möchte.



                    Haystacks ist ein besonderer Berg; hier ist nämlich die Asche von Alfred Wainwright verstreut, einem Mann, dem seine Frau so auf die Nerven gegangen ist, dass er täglich in die Berge ging. Er zeichnete und schrieb dabei insgesamt sieben sogenannte Pictorial Guides, die die wohl schönsten Reiseführer der Welt sind.
                    Diese Bücher sind alle Faksimiles von seiner Original-Handschrift:



                    Alle Berge und Hügel, die er beschrieben hat, werden jetzt als "Wainwrights" bezeichnet; und wie die Schotten ihre Munros sammeln, sammeln die Engländer eben ihre Wainwrights.


                    Die Zeit beziehungsweise die Sonne läuft uns davon, und wir erlauben uns nur noch wenige Photographier-Stopps.
                    So langsam wird der herzförmige Tümpel zwischen High Crag und Seat immer attraktiver - es wird wohl heute nichts mehr mit Haystacks..



                    Ferdi, wie würdest Du dieses Bild bearbeiten? Bei mir wurde es immer schlechter..





                    Der letzte Abstieg ist noch recht steil, und ich bin froh, dass wir nicht mit Stirnlampen gehen.



                    Am Tümpel angekommen finden wir, dass der Zeltplatz eigentlich sehr schön ist.
                    Ferdi wird seinen Pflichten als Kurbel-Knecht gerecht, und ich schnappe mir seine Kamera und versuche mich an Sonnenuntergangs-Bildern.







                    Mir ist, wie auch schon gestern, wahnsinnig kalt. Bei meinen anderen Touren habe ich dies auf die höhere Tagesleistung und die Tatsache, dass mich niemand entlastet, geschoben, aber hier ist es jetzt auch so. Ich bin wohl nicht fürs Zelten geeignet. Schade eigentlich, aber eine Wintertour werde ich wohl nie machen..
                    Das Abendessen wärmt mich zum Glück jeden Abend verlässlich wieder auf.
                    Heute gibt es bei Ferdi die Reispfanne Balkan-Art (oder?), und bei mir Knorr Asia Huhn Hot & Spicy. Ich finde meins lecker. Es hat zwar im Vergleich zu sahnigen Pasta-Gerichten nicht besonders viele Kalorien, aber für so eine entspannte Tour macht das ja nix.

                    Ein schöner Tag war das heute!

                    Hier die Route:

                    Zuletzt geändert von gearfreak; 09.04.2014, 22:26.

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                    • ronaldo
                      Freak
                      Moderator
                      Liebt das Forum
                      • 24.01.2011
                      • 12506
                      • Privat


                      #11
                      AW: [UK] Eine Mitleidstour

                      Schöne Tour, danke fürs Teilen... euer Stil gefällt mir.

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                      • trekalex
                        Erfahren
                        • 23.03.2013
                        • 253
                        • Privat


                        #12
                        AW: [UK] Eine Mitleidstour

                        Wirklich schön, immer beide Seiten von euch zu hören. Schöner Bericht

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                        • Buck Mod.93

                          Lebt im Forum
                          • 21.01.2008
                          • 9011
                          • Privat


                          #13
                          AW: [UK] Eine Mitleidstour

                          Tag 2 - 10. März

                          In meinem müden Schädel kreisen am Morgen die Gedanken über das Wetter des vorherigen Tages.
                          Meine Nasenspitze sagt mir: Es ist noch nicht warm im Zelt. Dies kann nun zweierlei bedeuten:

                          1. Es ist noch sehr früh (was meine Hoffnung ist)
                          2. Das Wetter ist noch genau so, wie gestern Abend (was ich nicht hoffe)

                          Irgendwer ruft meinen Namen. Soll ich wieder kurbeln? Ich möchte nicht kurbeln.
                          Ich öffne meine Augen und sehe eine freudig strahlende Anna, die aus dem Zelt rausschaut und kurzerhand wieder die Kamera verlangt. Als ich auch einen Blick nach draußen wage, bin ich erleichtert.
                          Das Wetter ist prächtig; nur in unserem Tal war die Sonne noch nicht angekommen.



                          Ich verlasse das Zelt und koche mir einen Kaffee. Anna, die soweit ich mich erinnere zu Hause nur Senseo Kaffee konsumiert, labt sich allmorgendlich an meiner Instantbrühe. Ich weiß nicht, was sie daran findet.



                          Auch ich habe an diesem Morgen das Verlangen schnell aufzubrechen, damit wir endlich in der Sonne laufen können.
                          In der entgegengesetzten Richtung ist die Kraxelei anstrengender, als am Vortag und ich befestige meine Trekkingstöcke am Rucksack, damit ich die Hände frei habe. Anna stößt in unregelmäßigen Abständen Laute der Entzückung über das schöne Wetter aus.





                          Wir passieren den Parkplatz, an dem sich leider wider Erwarten keine Mülltonne befindet. Anschließend kommen wir zum Crummock Water. Dort tummeln sich allerlei Rentner, die in Rentnermanier die Finger hinter dem Rücken verschränkt, über den Waldweg schleichen. Fast alle grüßen uns freundlich und ich bin erstaunt darüber, dass man hier mit Trekkingrucksack auf dem Rücken nicht wie ein Sonderling betrachtet wird.

                          Annas kleine Stunteinlage:


                          Der Blick zurück in das Tal, in dem wir die Nacht verbracht haben:


                          Der See beruhigt mich in einem solchen Maße, dass ich regelrecht schläfrig werde. Die Berge erwärmen sich in der Ferne und die leichte Brise, die über den See weht, zwingt mich dazu, meine Augen für einige Sekunden zu schließen.





                          Nach unserer Pause beginnen wir den Aufstieg am Scale Beck entlang. Am Wasserfall sehen wir ein letztes Mal Tageswanderer, die sich dort mit reichlich Kameraequipment installiert haben.
                          Der Aufstieg gefällt mir sehr gut und nun fühle ich mich endgültig in die Pyrenäen zurück versetzt. Einige vergangene Geschichten dieser Reise erwachen in meinen Gedanken, vieles, was mir gar nicht mehr bewusst in Erinnerung war, sehe ich nun deutlich vor mir.



                          Erst als Anna wieder nach der Kamera fragt, enden meine Tagträume.
                          Durch die kleine Pause auf der Landzunge, kann man immer wieder schön sehen, von wo aus wir aufgestiegen sind.
                          Ich denke einige Zeit darüber nach, warum es für Anna eine solche Befriedigung darstellt auf dem Gipfel einer dieser Hügel zu stehen.



                          Sie sagte am Ende der Reise zu Gareth, dass sich das Puzzle zusammensetzt, wenn man mehr und mehr Berge und Täler aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet hat. Auf dem Red Pike leuchtet mir das noch nicht ein.
                          Nach einer kurzen Pause geht es weiter Richtung High Stile und High Crag.



                          Anna macht sich nun Sorgen, dass wir es nicht rechtzeitig schaffen an unserem Tagesziel anzukommen. Auch wenn ich sonst eher dafür bin, dann die Etappe zu kürzen, möchte ich heute auch am geplanten Zeltplatz ankommen, da mein Wasser langsam aber sicher zur Neige geht.
                          Von High Crag aus sehen wir einen kleinen und einen etwas größeren Tümpel. Es geht sehr steil nach unten und mein Rucksack
                          ist durch das nasse Essen, das ich immer noch trage, nicht leichter geworden.





                          Der geschlängelte Pfad, dem wir vom High Crag nach unten gefolgt sind:


                          Die Knie werden bei solchen Abstiegen leider immer stark in Mitleidenschaft gezogen und so steht für mich schon nach der Hälfte des Abstieges fest, dass es wohl besser sein wird dort unten zu zelten. So ist es auch noch früh genug, um ein wenig draußen zu sitzen und den Sonnenuntergang zu betrachten.



                          Als Anna sich wieder ein wenig in ihrem Schlafsack und ihrer Daunenjacke aufgewärmt hat, kommt sie sowohl ihren Pflichten als Navigator, als auch ihren hausfraulichen Pflichten nach.





                          Nach unserem Lumumba, der heute ein wenig stärker ausfällt, schlafen wir selig ein.
                          Les Flics Sont Sympathique

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                          • Outdoorfetischist
                            Dauerbesucher
                            • 13.12.2010
                            • 917
                            • Privat


                            #14
                            AW: [UK] Eine Mitleidstour

                            Schöner Bericht! Möchtet ihr das geheime Lumumba-Rezept mit uns teilen ;) ?

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                            • gearfreak
                              Erfahren
                              • 30.01.2010
                              • 278
                              • Privat


                              #15
                              AW: [UK] Eine Mitleidstour

                              Zitat von Outdoorfetischist Beitrag anzeigen
                              Schöner Bericht! Möchtet ihr das geheime Lumumba-Rezept mit uns teilen ;) ?
                              Diesmal war es Schocofix von Teekanne, und irgendein dunkler Rum (war es Pott?). Aber laut Ferdi schmeckt er mit Stroh 80 besser - dann ist er ja weniger verwässert.

                              Es kommt ungefähr ein Viertel Rum in die Schokolade, oder so viel, bis das kochende Wasser auf Trinktemperatur ist.
                              Echt lecker und gut zum Einschlafen

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                              • tizzano1
                                Erfahren
                                • 13.06.2006
                                • 383
                                • Privat


                                #16
                                AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                Ja, Lumumba haha...

                                in den 70ern des vergangenenen Jhdts. war ich auf Folegandros (Kykladen). Ein dt. Tourist mit Spanienerfahrung bestellte Lumumba, griechische Variante: Kakao mit Koniaki (Metaxa)... war sofort das In - Getränk der Insel. Allerdings auch gleich ausverkauft. Nicht weil auf der Insel der Metaxa ausgegangen wäre, nein, der Kakao war aus. Alle mussten 1 Woche warten , bis die nächste Fähre für vom Wirten bestellten Kakaonachschub sorgte. War eine harte Urlaubswoche,

                                tizzi

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                                • gearfreak
                                  Erfahren
                                  • 30.01.2010
                                  • 278
                                  • Privat


                                  #17
                                  AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                  Tag 3 - 11. März


                                  Nach einer Nacht, in der ich von kongolesischen Ministerpräsidenten geträumt habe, wache ich erquickt auf.
                                  Der morgendliche Blick aus dem Zelt bietet heute einen klaren Tag mit strahlendem Sonnenschein:



                                  Hier muß ich mich in Ruhe umgucken! Ich wecke Ferdi diesmal nicht, sondern schnappe mir direkt seine Kamera (sonst will er die noch selbst benutzen) und gehe dem Schaf einen guten Morgen wünschen.
                                  Hatte ich erwähnt, dass ich die Herdwick-Schafe liebe?





                                  Als nächstes gehe ich Wasser holen, aber bevor ich Wasser schöpfen kann, werde ich wieder vom Photographier-Drang überwältigt: Pillar spiegelt sich so schön im Tümpel!





                                  Dieser Tümpel ist am Ufer sehr nass, darum haben wir auch gestern schon am kleineren Tümpel Wasser geholt. Dieser ist komplett überfroren, und es scheint, als wäre all das saubere Wasser zu Eis geworden - es gelingt mir trotz mehrerer Versuche nicht, sauberes Wasser zu schöpfen.
                                  Hätte ich mal meinen Pre-Filter mitgenommen..

                                  Als ich mit meiner Miso-Suppe zurück ans Zelt komme, ist Ferdi inzwischen auch wach. Er bekommt seine Kamera zurück und macht Zeltbilder. Auch er freundet sich mit meinem Schaf an.
                                  Ich habe Angst, dass er zu nah an das Tier herankommt und es aus Schreck den Abgrund hinunterfällt. Keine Ahnung, ob das wirklich passieren würde; aber besonders trittsicher sind Schafe ja nicht, sonst würden wohl in den Bergen nicht so viele tote Schafe herumliegen.

                                  Die Sicht ist so klar, ich weiss gar nicht, ob ich loslaufen oder einfach nur die Aussicht geniessen will..

                                  Beim Frühstück macht der mitgereiste Photograph Bilder von uns für den neuen Jack-Wolfskin-Katalog.


                                  Die Route, die ich ursprünglich geplant hatte, würde uns jetzt über Haystacks ganz nach unten ins Tal führen, und dann auf Englands höchsten Berg, Scafell Pike.
                                  Dies hätte bei schlechtem Wetter die Möglichkeit geboten, sich in dem Pub in Wasdale Head aufzuwärmen, aber an einem Tag wie heute besteht absolut kein Bedarf an Zivilisation.

                                  Haystacks spare ich mir trotzdem. Ich möchte da aus irgendeinem Grund lieber mal alleine hoch. Weiss auch nicht, warum.

                                  Stattdessen habe ich mich für Great Gable entschieden, den majestätischen Felsklumpen.
                                  Mal sehen, wie lang wir dorthin brauchen. Danach sehen wir weiter.


                                  Bevor es hinunter geht, müssen wir noch über einen Berg namens Seat, bevor wir am Scarth Gap Pass Richtung Süden abbiegen und zum Fluss Liza hinabsteigen (Liza River, nicht zu verwechseln mit Liza Beck aus Tag 1 (der Name ist übrigens kein Frauenname, sondern kommt wieder aus dem Alt-Nordischen - ljós á bedeutet "heller Fluss"; auf modernem Dänisch zum Beispiel hiesse das "lys å")).

                                  Diesem Fluss folgen wir dann bis zu seiner Quelle am Windy Gap Pass, und dann biegen wir rechts ab und steigen auf Mr. Gable.



                                  Der Weg ins Tal ist sehr schön; es erstaunt mich immer wieder, wie bei einer Autofahrt eine Landschaft stundenlang gleich aussehen kann, während man sich beim Wandern nach einer halben Stunde in einer völlig neuen Szenerie wiederfindet.

                                  Im Tal gehen wir an der Black Sail Hut vorbei, einer Jugendherberge, die 1933 aus einer Schäfer-Bothy umgewandelt wurde.
                                  Die Toilette ist leider geschlossen.
                                  Wir grüßen also lediglich den Mountainbiker, der auf der Bank vor dem Hostel sitzt, und gehen weiter den Fluss entlang.

                                  Bald entfernen wir uns vom Fluss, und ich frage mich, wo der Weg nun eigentlich genau lang geht. Es geht noch ein Weg nach Nordosten, da möchte ich nicht aus Versehen drauf landen. Nun gut, den Pass sehen wir ja die ganze Zeit über; im schlimmsten Fall gehen wir also weglos und verlieren etwas Zeit.

                                  Ein Schaf spielt peek-a-boo mit mir:



                                  Am Fluss war der Weg zu matschig, und jetzt gehen wir etwas planlos an den kleineren Hügeln entlang. Irgendwann treffen wir endlich auf den Pfad, und das Gehen wird wieder leichter.
                                  Nach einer Weile sind wir wieder am Fluss, der hier oben nur noch ein Gebirgsbach ist. Da wir sowieso Wasser brauchen machen wir eine Pause.



                                  Der Tag ist heute irgendwie trödelig, aber gestern war es ja auch ein bißchen stressig gegen Ende, und ich bin heute sowieso körperlich nicht auf der Höhe. Der Grund dafür ist, dass eine gedankliche Kreatur von Menschen, die keine Wissenschaft kannten, darüber erzürnt war, dass eine Frau in einem Garten versuchte, sich und ihren Mann gesund zu ernähren..

                                  Je näher wir Great Gable kommen, desto beeindruckender wirkt der Berg. Die meisten Leute nennen ihn freundschaftlich einfach nur "Gable" (dabei ist doch direkt daneben Green Gable ), aber in diesem Licht ist er so beeindruckend, ich kann ihn nur bei seinem vollen Namen nennen:


                                  "GREAT GABLE"


                                  Der Weg zum Pass ist gar nicht mehr weit, und entgegen seines Namens ist der Windy Gap auch überhaupt nicht windy, sodass wir wieder eine Pause einlegen.



                                  Obwohl ich gerade offensichtlich vor mich hin döse, spricht mich ein älterer Mann an. Wir reden ein bißchen, das übliche "Wohin - Woher - Wie ist das Wetter Wundervoll". Auf meine Frage, wohin, antwortet er mit Blick auf seine sauertöpfisch aussehende Frau: "mal sehen, was die Frau meint".

                                  Mir ist das hier zu viel Trubel, da gehe ich lieber weiter.
                                  Der Weg zum Gipfel ist recht kraxelig, und bald überholen wir die Frau. Sie verabschiedet sich gerade von ihrem Mann, da ihr der Aufstieg zu heikel ist. Der fragt sie noch, ob sie sicher ist, dass er nicht mitkommen soll, und geht dann allein weiter zum Gipfel, während sie ängstlich versucht, wieder zum Pass hinunterzukommen. Ich biete ihr meine Hilfe an und begreife bald, dass sie nicht gern Hilfe annimmt.
                                  Trotzdem höre ich, wie sie vor sich hinmurmelt: "Pathetic.. I got up here twenty years ago.. Pathetic.."
                                  Dazu fragt sie uns, ob es dort oben einfacher wird.
                                  Die Frau tut mir leid, und hier oben scheint es wirklich wieder besser zu gehen zu sein, also werfe ich meinen Rucksack ab und suche von oben einen besseren Weg, den ich ihr dann zeige.

                                  Sie ist eigentlich gar nicht sauertöpfisch, sondern nur etwas unsicher, weil sie eben schon Mitte sechzig ist, wie ich vermute. Ich sage ihr, dass ich nicht viele Frauen in ihrem Alter kenne, die könnten, was sie gerade tut, und hoffe, sie dadurch ein wenig aufzubauen.

                                  Am Gipfel fragt mich ihr Mann, wie ich das denn geschafft hätte, seine Frau hier hochzubekommen, und ich erwidere, dass ich seine Frau zwar erst seit einer halben Stunde kenne, es aber für mich trotzdem offensichtlich ist, dass sie das nicht meint, wenn sie sagt "nee, lass man, ich komm schon zurecht".

                                  Er lacht. Ach, egal, die Dame ist glücklich, oben angekommen zu sein, und die beiden sind wieder ein Herz und eine Seele ♥


                                  Die Sicht ist fantastisch, und das ist auch das einzige Gesprächsthema auf dem Gipfel. Dass man Schottland sehen kann, ist nichts Ungewöhnliches, aber heute ist auch die Isle of Man zu erkennen.
                                  Wir bleiben ewig auf dem Berg und reden mit unseren neuen Gipfelbekanntschaften. Ausser uns und dem älteren Paar sind noch ein sportliches Pärchen, ein Paar mit Hund, zwei Freundinnen und ein allein-gehender Mann, mit dem wir allerdings nicht sprechen. Das werde ich später noch bereuen.

                                  Am Gipfel ist eine Plakette angebracht, die an die Mitglieder des Fell & Rock Climbing Club gedenkt, die im Ersten Weltkrieg ihr Leben liessen. Zu ihren Ehren hat der Verein in den Zwanziger Jahren über 12000 Hektar Land erworben (darunter auch Great Gable), und sie dem National Trust geschenkt.

                                  Wir machen Bilder, essen etwas und geniessen die Sicht in das Tal, aus dem wir heute gekommen sind und überhaupt fast unsere gesamte Tour bisher, und in der anderen Richtung auf das Scafell-Massiv:










                                  Jetzt muss ich mich entscheiden, wie wir heute weitermachen.
                                  Mein optimistischer Plan war, heute noch über die Corridor Route auf Scafell Pike zu steigen, und bei diesem Wetter wäre das sicher auch ein tolles Erlebnis.
                                  Andererseits ist es jetzt schon recht spät, und ich fühle mich noch immer nicht ganz wohl. Ausserdem wollte ich schon immer einmal am Sprinkling Tarn übernachten, allein schon wegen des schönen Namens.

                                  Morgen soll das Wetter ja auch noch gut sein, und diese Tour, noch über vier Berge, möchte ich auch nicht gehetzt unternehmen. Das Abendlicht scheint zwar genau auf diese Route, und morgen vormittag wird es dort schattig sein, aber ich entscheide mich trotzdem für einen geruhsamen Abend am See (unteres Bild Mitte). Das findet Ferdi bestimmt auch schöner.





                                  Der Pfad hinunter zum Styhead Tarn ist steinig, und wir machen ein Rondane-Memorial-Schattenbild (das kommt in Ferdis Post) und sammeln vom dem berühmten Überbelichteten Cumbrischen Schnittlauch, der uns das Abendessen verfeinern wird.



                                  Am Styhead Tarn gibt es wieder eine kurze Pause, in der ich zu meiner Blencathra rüberschaue. Obwohl oder vielleicht gerade weil mich diese Schönheit beim ersten Mal nicht ran- oder raufgelassen hat, wächst meine Faszination für diesen Berg jährlich. (Herzchen Herzchen Herzchen) Nicki, wie machst Du die roten Herzchen??



                                  Es ist erst ungefähr 16 Uhr, als wir am Sprinkling Tarn ankommen. Auch diese Aussicht hat die Maler inspiriert, wenn auch in diesem Fall der Vater Alfred Heaton Cooper nicht so realistisch malt wie der Sohn William Heaton Cooper (siehe Tag 2):





                                  Ich baue wie immer das Zelt auf, während CrankBoy Wasser holen geht.
                                  Der See ist ein sehr beliebter Zeltplatz (darum bleiben wir heute auch nicht allein), und wir entdecken mehrere Feuerstellen, obwohl es kein natürliches Feuerholz gibt.
                                  Wir haben leider keinen Sack Kohlen mit, aber wir säbeln mit Ferdis kleinem UK-approved pocket knife obsessiv an einem großen Stück Holz herum, da wir Sorge haben, dass unser Gas vielleicht nicht reicht. Auf den Lumumba können wir auf keinen Fall verzichten!

                                  Zwischendurch gehe ich Bilder machen.


                                  Das Zelt und der Mond



                                  Great End - der ist morgen dran



                                  Das Zelt im Abendlicht




                                  Blencathra



                                  warm und kalt



                                  letztes Abendlicht



                                  Suchbild mit Zelt



                                  Nach stundenlanger Vorbereitung bekommen wir tatsächlich ein Feuer entfacht.
                                  Das Feuer wärmt uns zwar leider nicht, aber es gelingt uns trotzdem, darauf eine Lauchcremesuppe zu kochen, um deren köstliche Pulverstückchen wir uns streiten, und auch unser Abendessen.
                                  Wir essen im Zelt, damit die Wärme im Körper bleibt.

                                  Bei mir gibt es heute Spaghetteria Funghi, und Ferdi isst, wenn ich mich recht entsinne, den Jägertopf mit Rindfleisch und Nudeln. Beides recht lecker.

                                  Nach dem Essen gehe ich um den See herum, um ein Bild von Gable und dem Sonnenuntergang zu machen.

                                  Ich glaube, heute gibt es gar kein Lumumba. Ich kann mich nicht genau erinnern, aber die Ursache muss in der Prohibition aus Gasmangel liegen..

                                  Schlafen tun wir trotzdem gut.






                                  Hier noch die Route von heute:

                                  Zuletzt geändert von gearfreak; 08.04.2014, 22:36.

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                                  • Buck Mod.93

                                    Lebt im Forum
                                    • 21.01.2008
                                    • 9011
                                    • Privat


                                    #18
                                    AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                    Sehr schön, Anna!
                                    Les Flics Sont Sympathique

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                                    • Mika Hautamaeki
                                      Alter Hase
                                      • 30.05.2007
                                      • 3996
                                      • Privat


                                      #19
                                      AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                      Ein herrlicher Bericht. Hat mir gerade meine Mittagspause versüßt! Ich freue mich schon auf die Fortsetzung.
                                      So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                      A. v. Humboldt.

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                                      • Mika Hautamaeki
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                                        • 30.05.2007
                                        • 3996
                                        • Privat


                                        #20
                                        AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                        Zitat von gearfreak Beitrag anzeigen
                                        [U]Nicki, wie machst Du die roten Herzchen??
                                        Ich glaube so:


                                        also [img*http://www.outdoorseiten.net/forum/c...rite.png*/img]
                                        statt der Sternchen einfach die entsprechende Klammer setzen.

                                        Einfach mal den Code aus dem Oman-Bericht geklaut
                                        So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                        A. v. Humboldt.

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                                        • denisrs
                                          Erfahren
                                          • 08.08.2013
                                          • 152
                                          • Privat


                                          #21
                                          AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                          Cooler Bericht. Ich war auch schonmal in Keswick und nen Tag wandern, sehr schön dort. Die Briten nennen den Bereich dort auch "the little alps"
                                          Viele Grüße

                                          Denis

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                                          • Buck Mod.93

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                                            • 21.01.2008
                                            • 9011
                                            • Privat


                                            #22
                                            AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                            Tag 3 - 11. März

                                            Der Boden war in dieser Nacht äußerst weich und eben. Ich habe eine - wenn auch krachneue - Z-Lite dabei, die unter dem Gefrierpunkt schnell an ihre Grenzen kommt.
                                            Da Anna eine Neo Air mit hat, bekomme ich immer die Seite im Zelt, die sich ein bisschen gemütlicher anfühlt.
                                            Das Zelt wärmt sich an diesem Morgen angenehm auf, ich höre Anna zwischen Tüten und Packsäcken herum kramen und schließe wieder die Augen.



                                            Als Anna zurück zum Zelt kommt, gibt sie mir meine Kamera und ich begebe mich auch nach draußen.
                                            Anna ist an diesem Morgen unglaublich geschäftig. Sie hat schon Wasser geholt und viele Fotos gemacht.



                                            Auch ich Freunde mich nun mit einem Herdwick-Schaf an. Anna hat größte Bedenken, dass die Bekanntschaft mit mir für das Schaf tödlich ausgehen könnte aber zumindest unmittelbar nach unserer Begegnung ist es nicht abgestürzt oder gestorben.



                                            Am vorigen Tag hörte ich die ganze Zeit Worte wie Pub, Straße usw.
                                            Ich habe scharf protestiert und heute scheint auch Anna der Meinung zu sein, dass wir lieber "hier oben" bleiben.



                                            Ganz verliebt spricht Anna von Great Gable. Der Name dieses Berges lässt mich unwillkürlich an ein unattraktives, etwas dickliches Mädchen denken.





                                            Auf dem Weg zum Liza River spekulieren wir die ganze Zeit auf die Toilette, die sich im Tal befindet.
                                            So viel Zivilisation muss dann doch sein.





                                            Zuerst quälen wir uns über einige mit dickem Gras bewachsene Hügel, auf denen das Gehen sehr schwer fällt.
                                            Hier krempeln wir die Hosen hoch und ziehen unsere Jacken aus.





                                            Je näher wir uns wieder zum Wasser bewegen, desto kälter wird es.







                                            Das letzte Stück zum Windy Gap Pass ist recht steil und mit viel losem Gestein bedeckt.





                                            Ein älteres Paar kommt uns entgegen.
                                            Die Frau hält die Karte verwegen in der einen Hand, während sie mit der anderen Hand versucht, ihren schwankenden Schritten eine Richtung zu geben.
                                            Was sage ich da? Die älteren Herrschaften waren wahrscheinlich äußerst trittsicher und sichtlich erfreut über das herrliche Wetter.
                                            Auf dem Pass legen wir eine kleine Pause ein, bei der ich mich fühle, wie bei so manchem Nickerchen auf einem belebten Bahnhof oder Flughafen.
                                            Ständig passieren andere Wanderer unseren Rastplatz und fragen freundlich nach unserem Tagesziel und setzen dann ihren Weg fort.



                                            An diesem Punkt unserer Reise empfinde ich eine tiefe Ruhe und Zufriedenheit. Die Sonne scheint mir in den Nacken, eine leichte Brise weht und auch das Wissen, dass es noch ein kleines Stück weiter hinauf gehen wird, stimmt mich fröhlich.



                                            Obwohl ich mich sonst nicht sonderlich verantwortlich für meine "Mittouristen" fühle, tut mir die ältere Dame, die so rüde von ihrem Mann zurückgelassen worden war, leid.
                                            Als Anna ihr über die schwierigsten Stellen hinweg geholfen hat und wir wieder zu einem Abschnitt kamen, in denen man seine Hände nicht mehr brauchte, um sich beim Aufstieg festzuhalten, fragte ich sie:
                                            Wollen sie mit uns bis zum Gipfel gehen? Sie winkt ab und sagt, sie würde jetzt nur ihre Stöcke aus dem Rucksack nehmen und dann allein weitergehen. Ich drehe mich um und bevor sie ihre Stöcke ausgefahren hat, ist sie mir wieder auf den Fersen.



                                            Stolz sind die Frauen! Hätte sie einfach gesagt, dass ich kurz auf sie warten soll, hätte ich das natürlich gemacht.
                                            So drehe ich mich hin und wieder um und schaue, ob alles in Ordnung ist.
                                            Es war rührend zu sehen, wie stolz und erleichtert sie war, als sie endlich neben ihrem Mann auf dem Gipfel saß.
                                            Ich mache einige Fotos und futtere eine Kleinigkeit.





                                            Auf dem Gipfel tummeln sich einige Menschen und unter anderem auch dieser wunderschöne Viszla.





                                            Man verzeihe mir das etwas verwackelte Video aber ich habe zugunsten anderer Annehmlichkeiten auf ein Stativ verzichtet.


                                            (INFO: Bitte kein Bildmaterial einfügen, das die Rechte Dritter verletzt. d.h. i.d.R. keine Musikvideos, TV-Serien etc. )

                                            Beim Abstieg von Great Gable schmerzen meine Knie zwar unter der Last des Rucksacks aber ich bin beflügelt von der Route, die wir für den nächsten Tag planen.



                                            Die Flanke, an der wir morgen hinauf steigen wollen, lässt sich beim heutigen Abstieg in ihrer ganzen Pracht betrachten.






                                            Sprinkling Tarn ist ganz nach meinem Geschmack. Ein hoch gelegener und zumindest bis zu unserer Ankunft recht einsamer See.



                                            Als ich die Holzklötze finde, die aussehen, als wollte man einst eine Hütte oder ein Toilettenhäuschen darauf stellen, stelle ich fest, dass schon ein mal versucht worden ist, mit ihnen ein Feuer zu machen.
                                            Der Tag ist noch jung und nun packt mich der Ehrgeiz.
                                            Mal vorsichtig, mal mit roher Gewalt versuchen Anna und ich die Klötze zu zerteilen. Ein schwieriges Unterfangen.
                                            In der Abendsonne ist es so warm, dass man mit etwas "Zähnezusammenbeissen" oberkörperfrei draußen liegen kann.



                                            Nachdem das Feuer entzündet ist, ist unser Ehrgeiz befriedigt aber wärmen kann es uns leider nicht. Wir kochen zuerst eine Suppe und dann unser Abendessen auf den kleinen Flämmchen.

                                            Gab es an diesem Tag Lumumba? Ich glaube schon. Zusammen mit der Sachertorte oder?



                                            Les Flics Sont Sympathique

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                                            • Mika Hautamaeki
                                              Alter Hase
                                              • 30.05.2007
                                              • 3996
                                              • Privat


                                              #23
                                              AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                              OT: Ohauahauaha, was hab ich nur mit dem Preisgeben des Roten Herzes ausgelöst, Ich seh überall nur noch rote Herzen
                                              So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                              A. v. Humboldt.

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                                              • gearfreak
                                                Erfahren
                                                • 30.01.2010
                                                • 278
                                                • Privat


                                                #24
                                                AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                Zitat von Buck Mod.93 Beitrag anzeigen

                                                Ganz verliebt spricht Anna von Great Gable. Der Name dieses Berges lässt mich unwillkürlich an ein unattraktives, etwas dickliches Mädchen denken.

                                                Also so was! Redest von dicklichen unattraktiven Mädchen und illustrierst dies mit einem Bild von mir!

                                                Ich muß ja bei Gable eher an seinen Namensvetter Clark denken - aber den kennst Du wohl in Deinem zarten Alter nicht mehr, Ferdi


                                                Vielen Dank übrigens an alle für die netten Kommentare (und den Tipp mit den , Mika ); das motiviert doch sehr zum Weiterschreiben.
                                                Wenn das Wetter nicht noch zu schön wird, geht es dann heute auch weiter mit Tag 4
                                                Zuletzt geändert von gearfreak; 14.04.2014, 01:09.

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                                                • Babsbara
                                                  Erfahren
                                                  • 26.06.2013
                                                  • 169
                                                  • Privat


                                                  #25
                                                  AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                  Der Bericht ist voll schön und ich kriege gleich Lust auf eine lange Draußen-Tour.

                                                  Aber: Leider kann ich kein einziges Foto in den Beiträgen von Buck Mod.93 sehen. Geht das nur mir so? (Ich finde das natürlich besonders schade, weil er ja ein echter Profi sein soll )

                                                  Jedenfalls freue ich mich schon auf die Fortsetzung.

                                                  Danke und lG,
                                                  Babs

                                                  Kommentar


                                                  • Mika Hautamaeki
                                                    Alter Hase
                                                    • 30.05.2007
                                                    • 3996
                                                    • Privat


                                                    #26
                                                    AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                    Zitat von Babsbara Beitrag anzeigen
                                                    Der Bericht ist voll schön und ich kriege gleich Lust auf eine lange Draußen-Tour.

                                                    Aber: Leider kann ich kein einziges Foto in den Beiträgen von Buck Mod.93 sehen. Geht das nur mir so? (Ich finde das natürlich besonders schade, weil er ja ein echter Profi sein soll )

                                                    Jedenfalls freue ich mich schon auf die Fortsetzung.

                                                    Danke und lG,
                                                    Babs
                                                    Bei mir sind auf zwei Rechnern und zwei Betriebssystemen die Bilder sichtbar.
                                                    So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                                    A. v. Humboldt.

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                                                    • Babsbara
                                                      Erfahren
                                                      • 26.06.2013
                                                      • 169
                                                      • Privat


                                                      #27
                                                      AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                      Zitat von Mika Hautamaeki Beitrag anzeigen
                                                      Bei mir sind auf zwei Rechnern und zwei Betriebssystemen die Bilder sichtbar.
                                                      Komisch - hab es gerade mal mit Tapatalk aufm Handy probiert und kann alles sehen (nur n bisschen klein natürlich). Leider ist gerade mein Laptop abgek... und ich kann nur den Bürocomputer nutzen. Möglich, dass es da irgendeine Einschränkung gibt.

                                                      Danke fürs Nachschauen!
                                                      Babs

                                                      Kommentar


                                                      • Buck Mod.93

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                                                        • 21.01.2008
                                                        • 9011
                                                        • Privat


                                                        #28
                                                        AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                        Zitat von Babsbara Beitrag anzeigen
                                                        Ich finde das natürlich besonders schade, weil er ja ein echter Profi sein soll
                                                        Les Flics Sont Sympathique

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                                                          Erfahren
                                                          • 30.01.2010
                                                          • 278
                                                          • Privat


                                                          #29
                                                          AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                          Tag 4 - 12. März


                                                          Wie auch an den Tagen zuvor werden wir heute von einem strahlend blauen Himmel begrüßt, und Great End, der letzte Berg auf unserer für heute geplanten Route, schaut einladend auf uns herab.
                                                          Statt ein Bild zu machen, schweift mein Blick aber nach rechts auf die Corridor Route.
                                                          Wir wollen heute an der östlichen Flanke des Scafell-Massivs hoch, um dann über den Kamm über Broad Crag und Ill Crag zu Great End zu gehen.



                                                          Plötzlich höre ich Rotor-Geräusche, und tatsächlich, ein RAF-Hubschrauber kommt auf uns zu und kreist eine Weile über uns. Er kommt auf wenige Meter herunter, und ich überlege, wie ich signalisieren soll, dass wir keine Hilfe brauchen.
                                                          Ein Arm hoch bedeutet ja NEIN (und zwei Arme JA), aber was ist, wenn er das als Winken interpretiert, weil er denkt, dass ich die Signale nicht kenne?
                                                          Ich tue nichts, da man ja unschwer erkennen kann, dass es uns gut geht.

                                                          Ich frage mich, wen die wohl suchen bei solch gutem Wetter, und denke mir, dass es vielleicht eine Übung ist.
                                                          Wenig später dreht der Hubschrauber und fliegt Richtung Gable.


                                                          Nach dem faulen Nachmittag gestern haben wir beide Energie und Lust auf die Tour heute, und um 10 Uhr sind wir dann auch abmarschbereit.

                                                          Zuerst geht es wieder zum Styhead Pass, und vor dort dann Richtung Süden.
                                                          Auf dem Weg begegnen uns mehrere Wanderer, und wir erfahren, dass der Helikopter-Flug leider keine Übung ist, sondern dass nach einem Mann in den 50ern gesucht wird, der einen blauen Pullover oder eine blaue Jacke anhat und gestern nicht nach Hause gekommen ist.
                                                          Ich frage mich, was da passiert sein kann - gestern war so ein klarer Tag, da kann es sich ja fast nur um einen Sturz handeln. Ob man eine Nacht mit gebrochenen Knochen wohl überlebt bei Temperaturen um den Gefrierpunkt?
                                                          Mit einer warmen Jacke und einer Bothy-Bag vielleicht schon.

                                                          Am Styhead Tarn treffen wir einen Mountain-Rescue-Mann und fragen ihn, ob er Genaueres über die Route weiss. Leider könnte der Mann überall sein.

                                                          Obwohl ich die Route sehr geniesse, drückt mir die Sache sehr auf die Stimmung.
                                                          Ob es wohl der einsame Mann auf Gable gestern war? Ich wünschte, ich hätte mit ihm gesprochen und mehr über seine Route erfahren.
                                                          Nun, immerhin tragen wir ja indirekt zur Suche bei, wenn wir einfach weitergehen und die Augen offenhalten.

                                                          Die freiwilligen Bergretter sind auch recht guter Dinge - normalerweise müssen sie eher nachts oder bei schlechtem Wetter raus, und an solch einem schönen Tag wie heute sucht man gerne.

                                                          Die Route ist wirklich schön, wir haben eine tolle Aussicht auf die Berge der vergangenen Tage, und auch Scafell Pike, der höchste Berg Englands, kommt immer näher.


                                                          Lingmell, Yewbarrow und Red Pike. Von der Seite bin ich bei meiner ersten Tour gekommen


                                                          Lingmell und die Schlucht "Piers Gill"


                                                          -förmige Wolkenformation


                                                          Obwohl wir stetig steigen, fühlt es sich an, als wäre die Strecke flach, und wir geniessen ganz einfach den Tag und das Leben.



                                                          Die Sicht ist nicht so klar wir gestern, aber hätten wir diese Strecke gestern noch drangehängt, hätten wir sie trotz des Abendlichts bestimmt nicht so sehr genossen.
                                                          Great Gable ist wie immer mit dabei:




                                                          Blick zurück


                                                          Am Piers Gill machen wir ein Schatten-Bild, leider kommt die tiefe Schlucht zweidimensional nicht richtig zur Geltung.
                                                          Sieht toll aus, da muss ich auch einmal durch.



                                                          Ich geniesse an dieser Tour besonders, dass ich mich durch eine bekannte Gegend bewege, ohne jedoch auf bekannten Pfaden zu laufen.
                                                          Ich kenne die Berge inzwischen recht gut, konnte aber trotzdem eine Route planen, von der ich nur ungefähr 10 Prozent schon gelaufen bin. Der Rest ist für mich neu; und es gibt noch so viele Routen, die ich auch noch nicht kenne.

                                                          Inzwischen liegt viel Schnee, und der Schnee ist dort, wo es schattig ist, sehr hart und glatt.
                                                          Ohne Stöcke würde ich mich hier nicht wohl fühlen, und es kommt uns sogar jemand mit Steigeisen entgegen.
                                                          In der Sonne ist der Schnee zum Glück nasser.







                                                          Wir treffen einen Mann mit Hund, der nicht ganz sicher ist, ob er weitergehen soll; es aber wir er sagt "ärgerlich fände, den ganzen Weg wieder runterzugehen".
                                                          Super Einstellung. Ich sage ihm, dass der Berg auch nächsten Monat noch hier ist, aber er geht trotzdem weiter, und so wird er eben für eine Weile teil unserer Gruppe.
                                                          Er kommt aus London und geht sonst nicht viel in den Bergen. Er möchte aber die "Three Peaks" abhaken (die drei höchsten Berge Schottlands, Englands und Wales); und Ben Nevis und Snowdon hat er schon.
                                                          Warum er dann mit so wenig Erfahrung diese Route im März wählt, statt mal im Sommer die Standard-Route von Wasdale Head hochzulaufen, verstehe ich nicht, aber das muss er selber wissen.


                                                          Blick zurück auf Styhead Tarn


                                                          Wir schaffen es alle zusammen auch über das letzte Schneefeld, und bald stehen wir auf dem höchsten Berg Englands





                                                          Ich mache ein Beweisfoto für den Mann, und er macht eins von uns, und danach trennen wir uns. Hoffentlich kommt er heil wieder hinunter.

                                                          Wir setzen uns in einen der Stein-Shelter und machen eine Pause, wie immer mit Nüssen und Wurst.
                                                          Hier habe ich einmal bei einem emotionalen Tiefpunkt von zwei netten Männern Schokolade bekommen, darum esse ich zur Erinnerung an die beiden ein Kitkat Chunky. Schokolade habe ich sonst nie mit, aber im März ist es ja kalt genug. Lecker!

                                                          Wir treffen auch zwei weitere Bergretter, die mehr Informationen über den vermissten Mann haben: Er wollte auf Scafell Pike, könnte aber durchaus seine Route geändert haben. Ich habe immer noch so ein komisches Gefühl wegen des Mannes auf Great Gable - Größe, Alter und Kleidung könnten passen. Wir schauen gemeinsam die Bilder von gestern durch, in der Hoffnung, ihn auf dem Bild identifizieren zu können, denn ann könnte die Suche auf einen viel kleineren Bereich beschränkt werden.
                                                          Leider ist er auf keinem der Bilder zu sehen.

                                                          Einige Tage später erfahre ich, dass am Nachmittag die Leiche des gesuchten Mannes in der Nähe von Great Gable gefunden wurde (nicht derjenige, den ich gesehen hatte). Da er keine genaue Route hinterlegt hatte, wurde es eine der größten Suchaktionen der letzten Jahre: acht Mountain Rescue Divisionen sowie die Royal Air Force waren beteiligt. Leider mit traurigem Ergebnis.

                                                          R.I.P.



                                                          Dies ist mein drittes Mal auf diesem Berg, aber das erste Mal, dass ich auch etwas sehe. Bei meiner ersten Tour im Lake District war die Sicht so schlecht, dass ich nur noch auf Broad Crag ging und dann auf schnellstem Wege ins Tal abstieg, aber heute ist alles wunderbar zu erkennen, und ich freue mich auf die Berge!
                                                          Es geht kurz hinunter auf den Pass zwischen Scafell Pike und Broad Crag, und ich blicke nach rechts ins Langdale, wo ich beim Great Moss einen meiner schönsten Abende verbracht habe. Davon erzähle ich Ferdi dann auch pausenlos










                                                          Wir kraxeln gutgelaunt auf den Broad Crag und geniessen die Aussicht zurück nach Scafell Pike und auf unseren nächsten Berg Ill Crag:










                                                          Nach dem Shooting für UKs Next Mountain Model geht es weiter nach Ill Crag, wo wir eine Snack-Pause einlegen. Wir haben eine nette Begegnung mit einem Bearded Collie, während wir Ferdis Kompass-Erdnüsse essen
                                                          Nur schade, dass man bei so vielen Leuten auf dem Berg nie mal in Ruhe aufs Klo kann..




                                                          Unser letzter Berg für heute ist Great End, der Berg, an dessen Fuß wir gezeltet haben. Von dort oben bekommen wir sicher eine schöne Sicht auf den Sprinkling Tarn.
                                                          Auf dem Weg nach oben blicken wir zurück auf Scafell Pike und Ill Crag, von dem der Bearded Collie gerade mit seinen drei Begleitern herunterkommt.



                                                          Auf dem Gipfel ankommen können wir tatsächlich unseren Zeltplatz von letzter Nacht sehen


                                                          Ferdi auf dem Berg


                                                          Da waren wir überall drauf!



                                                          Sprinkling Tarn und im linken Bildrand Styhead Tarn



                                                          Es ist noch relativ früh, erst ungefähr 14 Uhr, darum schlage ich Ferdi vor, daß wir noch eben zum Esk Pike hinüberlaufen. Ich bin ganz überrascht, als er sofort zustimmt. Das mit den Bergen gefällt ihm wohl wirklich. Noch vor drei Tagen hätte er vermutlich gefragt "Was? Da ganz hoch? Heute noch??"



                                                          Zunächst brauchen wir aber Wasser, welches wir beim Esk Hause holen. Da kann man sich ja auch eben hinsetzen und ein Paar Bilder machen; Zeit haben wir ja genug..


                                                          Eine von Ferdis Doppelherz-Tabletten fügt lebenswichtige Mineralien zu unserem Schmelzwasser


                                                          Der Hubbel von Ill Crag mit zwei Nachahmern


                                                          Eine gute Stunde später stehen wir auf dem Gipfel von Esk Pike und geniessen den erneuten Blick in mein Lieblingstal:




                                                          Ich überlege kurz, auf dem Kamm weiterzugehen und dann Richtung Angle Tarn abzusteigen, aber inzwischen haben wir ja nicht mehr so wahnsinnig viel Zeit mehr, also gehen wir einfach den gleichen Weg zurück, auf dem wir gekommen sind und sind schließlich am Esk Hause Pass.
                                                          Hier bietet ein kreuzförmiger Shelter Windschutz aus allen Richtungen, den wir aber nicht benötigen.



                                                          Es geht weiter Richtung Glaramara. Kurz davor habe ich auf der Karte den High House Tarn als Zeltplatz ausgesucht.
                                                          Kurz nach dem Hügel Allen Crags sehen wir westlich von uns einige Tümpel. Ferdi schlägt vor, dort zu zelten, aber ich rede es ihm aus, weil es mir dort viel zu sumpfig aussieht und wir ausserdem Luftlinie nur etwa einen Kilometer von unserem letzten Zeltplatz entfernt wären; und so gern ich Great Gable auch bewundere, heute abend hätte ich gerne eine andere Aussicht.




                                                          Sprinkling Tarn und Great Gable


                                                          Wir gehen also weiter. Der nächste Photo-Stopp wegen eines Raben bringt den armen Photo-Puristen fast zur Verzweiflung:
                                                          Ich beschließe, ab jetzt meine Sonnenbrille als Polfilter zu benutzen, und Ferdi muss zugeben, dass das Ergebnis trotz der Blasphemie doch irgendwie etwas hat..





                                                          Irgendwann ist zum Glück auch meine Sepia-Phase zu Ende, und wir nähern uns dem Tarn.
                                                          Leider ist schon eine Gruppe von vier Zelten an "unserem" See; und drei weitere Wanderer scheinen auf der Suche nach einem geeigneten Platz. So ein Mist, vielleicht hätte ich doch auf Ferdi hören sollen?

                                                          Es dauert eine Weile, aber wir finden letztendlich einen schönen Platz oberhalb der anderen Zelter - wir haben unsere Aussicht und sind dennoch ungestört.

                                                          Die Arbeitsteilung läuft wie immer - ich baue das Zelt auf, und Ferdi kurbelt und kurbelt und kurbelt.
                                                          Und kurbelt.
                                                          Zum Abendessen gibt es heute mein Spezialrezept Knorr Curry mit Extra-Kokosmilch, und Ferdi isst rotes Fischcurry. Beides sehr lecker.

                                                          Nach dem Essen laufe ich noch eine Weile herum, um warm zu werden, und mache wie üblich einen Haufen Bilder.
                                                          Was für ein schöner Tag!








                                                          Hier wie immer die Route von heute:



                                                          Zuletzt geändert von gearfreak; 17.04.2014, 16:32.

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                                                            Erfahren
                                                            • 03.06.2013
                                                            • 253
                                                            • Privat


                                                            #30
                                                            AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                            Danke an Euch, daß wir teilhaben dürfen! Wunderschöne Eindrücke!

                                                            Grüße, Heather

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                                                              Dauerbesucher
                                                              • 08.05.2009
                                                              • 814
                                                              • Privat


                                                              #31
                                                              AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                              ja, da schliesse ich mich an. macht spass zu lesen und sehr schöne bilder sind auch dabei...

                                                              gruss
                                                              robert

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                                                                Erfahren
                                                                • 26.06.2013
                                                                • 169
                                                                • Privat


                                                                #32
                                                                AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                Zitat von Buck Mod.93 Beitrag anzeigen
                                                                Ja, wasn? Etwa nicht?

                                                                Gruß,
                                                                Babs

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                                                                  Lebt im Forum
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                                                                  • 9011
                                                                  • Privat


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                                                                  AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                  Tag 4 - 12. März

                                                                  Irgendwie scheint es das Wetter auf dieser Tour gut mit uns zu meinen. Ich erwache nach unserem halben Pausentag voller Tatendrang.



                                                                  An unserem Zeltplatz ist es ziemlich warm aber die Flanke, über die wir heute zu Broad Crag und Ill Crag gehen wollen, sollte um diese Zeit noch im Schatten liegen.



                                                                  Am Abend hatte sich noch ein Paar mit Biwaksäcken auf der anderen Seeseite einquartiert. Auch das Paar lag noch unbeweglich im Schatten des Berges.
                                                                  Plötzlich hören wir Rotorgeräusche. Zuerst in der Ferne, dann immer näher und lauter.



                                                                  Als der Helikopter unmittelbar über uns schwebt, diskutieren wir darüber, was wir tun sollen.
                                                                  Einen Arm heben? Winken?
                                                                  Wir entschließen uns dazu einfach freundlich zu lächeln und nach einiger Zeit dreht der Helikopter ab.
                                                                  Anna ist sich zu diesem Zeitpunkt noch ziemlich sicher, dass die Suchmannschaft das schöne Wetter für eine Übung nutzt.
                                                                  Das Paar in den Biwaksäcken ist mittlerweile auch aufgestanden.
                                                                  Die beiden werden also schon mal nicht vermisst.
                                                                  Wie sich nach einem Gespräch mit einem anderen Wanderer herausstellt handelt es sich nicht um eine Übung.
                                                                  Anna und ich unterhalten uns nach diesem Gespräch darüber, ob der Mann wohl eine Nacht draußen ohne Zelt und Schlafsack überlebt haben konnte. Unter 0 Grad war es bestimmt.



                                                                  Ein Bergretter kreuzt unseren Weg. Er ermuntert uns, Ausschau nach dem Mann in der blauen Jacke zu halten, hat aber auch keine neuen Informationen.



                                                                  Der stetige Anstieg eröffnet einen immer weiter werden Blick auf die Landschaft ohne dabei anstrengend zu sein.
                                                                  Als wir die Schneegrenze passiert haben, kommt uns ein ziemlich missmutig dreinschauender Mann entgegen, der meint, ohne Steigeisen würde man nicht weiterkommen. Sehr ermutigend.





                                                                  Kurz darauf holt uns während einer kleinen Pause eine ganz andere Spezies von Wanderer ein. Ziemlich rundlich, wenig Ausrüstung aber fest entschlossen auf Scaffel Pike zu kraxeln.







                                                                  Wir beschließen zusammen auf den Gipfel zu gehen und Anna scheint sich gut mit unserem neuen Freund zu verstehen, der so gar nicht hier her zu passen scheint.













                                                                  Nach ein paar Gipfelfotos steigen wir einige Meter ab und verkriechen uns hinter einem Windschutz aus Steinen.

                                                                  Es ist zwar sonnig aber der Wind kühlt einen recht schnell aus.





                                                                  Erneut sehen wir zwei Bergretter, die uns unsere Richtung kommen.
                                                                  Wir schauen die Gipfelfotos von Great Gable zusammen durch, was jedoch wenig aufschlussreich für die beiden ist.
                                                                  Der Weg über die "steile Brücke" zu Broad Crag macht Spaß.
                                                                  Von einer anderen Perspektive aus betrachtet sieht es nicht aus, als könnte man da ohne Kletterzeug runter.







                                                                  Nach einer kurzen Verschnaufpause und ein paar Bildern auf Broad Crag geht es weiter in Richtung Ill Crag.





                                                                  Ein paar Nüsschen und eine Begegnung mit einem ziemlich nervösen Bearded Collie später, brechen wir zu Great End auf.





                                                                  Als ich Anna nach der Uhrzeit frage, bin ich erstaunt, dass es noch so früh ist. Gut wir sind um 10:00 aufgebrochen aber es fühlte sich an, als wäre schon ein ganzer Tag vorüber.





                                                                  Da wir uns ohnehin recht hoch befinden, ist es ein Leichtes noch einen kleineren Gipfel zu besteigen. Toil(Esk) Pike.
                                                                  Anna möchte heute bei Glaramara zelten also setzen wir unseren Weg fort.
                                                                  Auch auf diesem Abschnitt der Strecke können wir wieder unseren Zeltplatz vom Vorabend sehen.





                                                                  Als wir damit beginnen Ausschau nach einem Zeltplatz zu halten sehen wir leider, dass der schönste Platz bereits von einer Gruppe von Wanderern belagert ist.
                                                                  Ansonsten ist der Boden hier oben durchweg ziemlich feucht. Hinter einem kleinen Hügel finden wir einen geeigneten und ziemlich "privaten" Platz.



                                                                  Während Anna das Zelt aufbaut und sich sortiert koche ich uns eine kleine Suppe.



                                                                  Anna macht mich von dem Moment an, an dem das Zelt steht, scharf auf ihr Wunderfutter: Knorr-Curry mit getrockneter Kokosmilch.





                                                                  Warm Anziehen für den Abend.



                                                                  Les Flics Sont Sympathique

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                                                                    • 8
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                                                                    AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                    Klasse Bericht - Klasse Fotos - Vielen Dank !
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                                                                      Lebt im Forum
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                                                                      • 9011
                                                                      • Privat


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                                                                      AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                      Zitat von Skyalf Beitrag anzeigen
                                                                      Klasse Bericht - Klasse Fotos - Vielen Dank !
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                                                                      Ja!
                                                                      Les Flics Sont Sympathique

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                                                                        • 7
                                                                        • Privat


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                                                                        [UK] Eine Mitleidstour

                                                                        Euren Reisebericht habe ich mit Freude gelesen! Ich hoffe, ihr macht uns die Freude und schreibt weiter?

                                                                        Kommentar


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                                                                          Alter Hase
                                                                          • 30.05.2007
                                                                          • 3996
                                                                          • Privat


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                                                                          AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                          Genau, wann geht es denn nun weiter. Ich hab hier doch nicht umsonst den "Rote-Herzchen-codes" offengelegt.
                                                                          So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                                                          A. v. Humboldt.

                                                                          Kommentar


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                                                                            GELÖSCHT
                                                                            Dauerbesucher
                                                                            • 08.10.2012
                                                                            • 510
                                                                            • Privat


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                                                                            AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                            - schön!
                                                                            und die perfekte zeit im jahr erwischt.

                                                                            sehe ich da t-u-r-n-s-c-h-u-h-e? cool!

                                                                            Kommentar


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                                                                              Erfahren
                                                                              • 30.01.2010
                                                                              • 278
                                                                              • Privat


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                                                                              AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                              Zitat von MKDS Beitrag anzeigen
                                                                              Euren Reisebericht habe ich mit Freude gelesen! Ich hoffe, ihr macht uns die Freude und schreibt weiter?
                                                                              Zitat von Mika Hautamaeki Beitrag anzeigen
                                                                              Genau, wann geht es denn nun weiter. Ich hab hier doch nicht umsonst den "Rote-Herzchen-codes" offengelegt.
                                                                              Aargh, entschuldigt bitte!! Ich war gerade zwei Wochen internetlos in Wales, und diese Woche ist einfach zu viel zu tun. Am Montag geht es weiter, versprochen!
                                                                              Ich halte es auch für eine Unart, unfertige Reiseberichte stehen zu lassen.

                                                                              Zitat von wonderrenter Beitrag anzeigen
                                                                              - schön!
                                                                              und die perfekte zeit im jahr erwischt.

                                                                              sehe ich da t-u-r-n-s-c-h-u-h-e? cool!
                                                                              Nicht ganz, das sind die Inov8 Roclite 335 gtx - aber im letzten Sommer war ich auch mal mit meinen Salomon Speedcross unterwegs. Bei den Inov8 finde ich die Schnürung nicht so toll, aber leicht und wasserdicht sind sie. Mit meinem zickigen Fuß kann ich keine richtigen Stiefel tragen, und eigentlich habe ich die bis 12kg Rucksackgewicht auch nicht nötig.

                                                                              Kommentar


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                                                                                Freak

                                                                                Vorstand
                                                                                Liebt das Forum
                                                                                • 12.07.2008
                                                                                • 43828
                                                                                • Privat


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                                                                                AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                                Zitat von gearfreak Beitrag anzeigen
                                                                                Am Montag geht es weiter, versprochen!

                                                                                Kommentar


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                                                                                  Lebt im Forum
                                                                                  • 21.01.2008
                                                                                  • 9011
                                                                                  • Privat


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                                                                                  AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                                  Schön, dass ihr euch freut.
                                                                                  Les Flics Sont Sympathique

                                                                                  Kommentar


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                                                                                    Alter Hase
                                                                                    • 30.05.2007
                                                                                    • 3996
                                                                                    • Privat


                                                                                    #42
                                                                                    AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                                    Zitat von gearfreak Beitrag anzeigen
                                                                                    aargh, entschuldigt bitte!! Ich war gerade zwei wochen internetlos in wales, und diese woche ist einfach zu viel zu tun. Am montag geht es weiter, versprochen!

                                                                                    juhuuuu
                                                                                    So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                                                                    A. v. Humboldt.

                                                                                    Kommentar


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                                                                                      GELÖSCHT
                                                                                      Erfahren
                                                                                      • 29.04.2010
                                                                                      • 171
                                                                                      • Privat


                                                                                      #43
                                                                                      AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                                      Hi,

                                                                                      ich als Kajakfahrer habe vom Bergwandern und Trekking wenig Ahnung, aber euer Bericht und die Fotos gefallen mir sehr.
                                                                                      Ich war vor langer Zeit (sch**ße schon 18 Jahre her) mal in England (Peak District und in Wales (Snowdonia).
                                                                                      Wenn ich den Bericht heir so lese, dann muss ich da echt mal wieder hin.

                                                                                      Ich warte gespannt auf Montag!!!!

                                                                                      Tom

                                                                                      Kommentar


                                                                                      • Nicki
                                                                                        Fuchs
                                                                                        • 04.04.2004
                                                                                        • 1307
                                                                                        • Privat


                                                                                        #44
                                                                                        AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                                        Super Bericht, tolle Landschaft... , feine Fotos....

                                                                                        Gefällt mir sehr gut
                                                                                        www.mitrucksack.de
                                                                                        Ganz viel Pyrenäen ( HRP- Haute Randonnée Pyrénéenne - komplett) und ein bisschen La Gomera

                                                                                        Kommentar


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                                                                                          Neu im Forum
                                                                                          • 10.05.2014
                                                                                          • 3
                                                                                          • Privat


                                                                                          #45
                                                                                          AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                                          Hallo ihr beiden!

                                                                                          ganz toller Bericht von einer ganz toller Landschaft! Ich denke, dass ich das auch mal auf meine Liste aufnehme ich liebe die britische Landschaft einfach!

                                                                                          Euer Bericht ist erfrischend zu lesen dank eures tollen Schreibstils, die unterschiedlichen Tagesberichte regen zum schmunzeln an, ganz toll ich freu mich auf Montag

                                                                                          LG
                                                                                          Christian

                                                                                          PS: könnt ihr was zu eurer Ausrüstung sagen? Ich mach in 2 Wochen meine erste kleinere Tour mit ähnlicher Länge (allerdings einfaeres Gebiet) und wäre daher interessiert welchen Rucksack ihr mithattet, die von Osprey hab ich nämlich schonmal anprobiert. Muss auch gar nicht ausführlich sein und was sind das für coole Sitzkissen?
                                                                                          Zuletzt geändert von Chris97; 24.05.2014, 12:29.

                                                                                          Kommentar


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                                                                                            Erfahren
                                                                                            • 30.01.2010
                                                                                            • 278
                                                                                            • Privat


                                                                                            #46
                                                                                            AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                                            Tag 5 - 13. März


                                                                                            Unser vorletzter Wandertag beginnt wie alle anderen mit strahlendem Sonnenschein - das wird ja langsam langweilig mit immer dem gleichen Wetter!



                                                                                            Da wir morgen nachmittag wieder am Auto sein möchten, müssen wir heute die grandioseren Berge verlassen. Ich habe mich noch nicht ganz für eine Route entschieden, aber mir schwebt vor, dass wir über Glamamara ins Borrowdale hinuntersteigen, dort die Strasse queren und über die Derwent Fells gehen, um dann von Cat Bells eine schöne Sicht auf Keswick zu bekommen. Morgen könnten wir dann eine Schleife machen, um vor dem Ende der Tour Grasmoor zu besteigen, von dem wir sicher eine tolle Sicht auf Tag 1 und 2 hätten.

                                                                                            Bevor ich meine Pläne realisieren kann, muss ich aber meinen schlafenden Wandergenossen wachbekommen:



                                                                                            Zum Glück gelingt mir das auch heute wieder, und während er noch langsam wach wird, mache ich ein paar Bilder von meinem hübschen Zelt:





                                                                                            Er ist immer noch nicht fertig (was macht er nur immer so lang? Unsichtbares Makeup auftragen? Beten??), also gehe ich schon mal runter an den See und hole Wasser. Mich stört das ja gar nicht, dass ich morgens so schön viel Zeit mit Ferdis Kamera bekomme

                                                                                            Ich mache Bilder und noch mehr Bilder, es haben sich nämlich in allen Tälern sogenannte "cloud inversions" gebildet (Wikipedia hat mir gerade verraten, wie man das auf Deutsch sagt: Inneralpine Inversionswetterlage. Aha.):







                                                                                            Ich schaue immer wieder zu dem seltsamen Hubbel und freue mich über die Vielfältigkeit der Formen in britischen Bergen.
                                                                                            Nach einer Ewigkeit geht mir auf, dass ich diesen Hubbel im letzten Sommer bestiegen habe! Wieder fügt sich ein Puzzleteil in das Gesamtbild, wie schön!
                                                                                            Der besagte Berg heisst übrigens Pike of Stickle und sieht von der anderen Seite aus wie ein von dicken kleinen Trollen gebautes Elfenbeintürmchen (ja, da steht ein Schaf auf dem Gipfel ):



                                                                                            Ein Blick hinauf zum Zelt bestätigt mir, dass wir trotz der anderen Wandergruppen recht privat gezeltet haben - sie haben uns dort oben wahrscheinlich überhaupt nicht bemerkt.



                                                                                            Nachdem Ferdi freundlicherweise wie immer unser Trinkwasser keimfrei kurbelt, geniessen wir auf seiner Z-Lite unser Frühstück und die Sicht auf Great End, unseren letzen Gipfel von gestern:




                                                                                            Irgendwann hat das morgendliche Getrödel ein Ende und wir brechen Richtung Glaramara auf. Was für ein Name! Ich baue ihn so oft ich kann in das meine Sätze; so gerne spreche ich ihn aus
                                                                                            Wir laufen quer zum Pfad, um nicht zurückgehen zu müssen, und so dauert es ca. eine Viertelstunde, bis wir wieder auf dem Pfad sind.

                                                                                            Besonders weit kommen wir allerdings nicht, denn nach ein paar Schritten sehen der Nebel im Tal und der Hubbelberg gaaanz anders aus, und ich muss unbedingt wieder Photos machen!


                                                                                            Blick zurück auf unseren Zeltplatz


                                                                                            Langdale im Nebel


                                                                                            Bow Fell - Esk Pike -Great End


                                                                                            Sepia muss auch mal wieder sein


                                                                                            Glaramara besteigen wir gleich zweimal: Einmal, als ich denke, dass wir oben angelangt sind, und dann noch einmal, nachdem ich bemerkt habe, dass es in unmittelbarer Nähe noch etwas Höheres gibt..
                                                                                            Nun gut, es ist auch ein Doppelgipfel..

                                                                                            Egal, die Sicht ist jedenfalls grandios!
                                                                                            Keswick liegt im Nebel, aber Skiddaw kann man im Hintergrund gut erkennen, und Cat Bells ragt nur so gerade eben aus dem Nebelmeer.
                                                                                            Auch die Sicht zurück ist wunderschön.








                                                                                            Man merkt, dass wir uns wieder der Zivilisation nähern - sowohl an den Häusern im Tal als am hervorragenden Handynetz, das ich für zwei kurze Telefonate mit meiner Mutter und meinem Freund nutze.
                                                                                            Die ausgedehnte Pause ist mir sehr lieb, denn vor einer Weile ist leider das Befürchtete eingetreten: Meine Schmerzen im Fuß sind wieder da; zwar nicht besonders stark, aber doch besorgniserregend.

                                                                                            Wir pausieren ausgiebigst, machen viele Bilder und stopfen natürlich auch wieder einen Haufen Nüsse und Würste (und eine mikroskopisch kleine Portion Beef Jerky ) in uns hinein.







                                                                                            Der Abstieg erweist sich als komplizierter als der Aufstieg; die "Nordwand" besteht aus recht steilem Fels und sehr steilen, glattgefrorenen Schneefeldern.
                                                                                            Ferdi wirft bei der Kraxelei seine Stöcke vor sich hinunter - normalerweise wäre das keine dumme Idee, aber wenn vor den Stöckern dann noch ein Schneefeld gequert werden will, ist das im Nachhinein betrachtet doch ziemlich blöd..
                                                                                            Ich versuche, von unten eine gute Route zu finden, und Ferdi probiert von oben, und bald ist er zum Glück wieder mit seinen Wanderstöcken vereint

                                                                                            Hier grinst uns der Berg an:



                                                                                            Nun geht es nur noch bergab. Die Zivilisation kommt näher und näher, und ich überlege schon, wo wir wohl heute abend unser Lager aufschlagen.



                                                                                            Nachdem wir die Schnittlauchgrenze passiert haben wird uns etwas wehmütig zumute. Mein Fuß schmerzt immer mehr, und wir überlegen, was wir alternativ machen können.
                                                                                            Zum Glück sind wir nah genug an Keswick, dass wir jetzt schon zelten könnten und es trotzdem morgen zu Fuß zum Auto schaffen könnten, auch wenn wir Grasmoor dann abhaken müssten.

                                                                                            Wir beschließen, erst einmal bis Seatoller, dem Ort im Tal, zu gehen und dann weiterzusehen.










                                                                                            Unten angekommen ist leider klar, dass ich heute nicht mehr weiterkann. Ich versuche zwar noch, Alternativen zu finden, aber Ferdi hat mehr Verständnis für meine Situation als ich, und so beschließen wir, zumindest die heutige Tour zu beenden und es morgen wieder zu versuchen.
                                                                                            Leider gibt es in Seatoller zwar eine Campsite, aber kein Pub oder einen Laden, wo man eine Dose Bier und ein Buch kaufen könnte. Die Campsite hat unter Umständen einen Laden, aber wir wollen die 1,5 Meilen nicht gehen, um dann enttäuscht zu werden.

                                                                                            Nachdem Ferdi eine Gruppe Teletubbies fotografiert hat, beschließen wir, heute schon zu "unserer" Campsite zurückzukehren und morgen eine Tagestour zu unternehmen.
                                                                                            Der Bus ist leider gerade gefahren, und wir versuchen uns im Hitchhiken. Es dauert eine Weile, bis uns ein freundliches älteres Pärchen aus Glasgow einsammelt. Leider fahren die beiden nicht weit genug, sodass wir doch auf den Bus warten müssen. Aber nett war es trotzdem!

                                                                                            An der nächsten Bushaltestelle kommen wir auch mit mehreren Leuten ins Gespräch, und sie beschweren sich alle über das neblige Wetter heute. Ich sage ihnen, dass sie besser in die Berge hätten gehen sollen und fühle ein kleines bißchen Schadenfreude gegenüber den Tages-Tal-Touristen


                                                                                            Der Bus fährt uns bis nach Keswick, und dort kaufen wir im gutsortierten Supermarkt lauter ungesundes Zeug ein, das wir auf unserer morgigen Tagestour vertilgen wollen.
                                                                                            Wir sehen nach, wann die Busse nach Braithwaite fahren, und gehen danach Keswick anschauen. Wir gucken in die besten der vielen Outdoorläden und ich kaufe mir ein Merino-Oberteil. Eine Kaffeetasse muss auch noch mit, und danach geht es ins Dog and Gun.

                                                                                            Wir probieren uns durch die leckeren Ales und geniessen es, mal wieder eine Mahlzeit zu essen, die nicht in einen 500ml-Ziploc-Beutel passen würde.

                                                                                            Auf einmal geschieht es: Wir schauen uns über unserem Bier tief in die Augen, und uns wird beiden gleichzeitig klar:
                                                                                            WIR HABEN UNS VERLIEBT!










                                                                                            …in den hübschen Hund am Nachbartisch! Nach anfänglicher Schüchternheit trauen wir uns irgendwann zu ihm und erfahren, dass es ein Patterdale Terrier ist, also eine lokale Hunderasse. Wirklich wunderschön!

                                                                                            Auf dem Weg zum Bus reden wir über nichts anderes als diesen schönen Hund. Später haben wir im Internet nach dieser Rasse gesucht, aber kein so schönes Exemplar entdecken können.

                                                                                            Der Bus lässt uns in der Nähe unserer Campsite heraus, und wir bauen das Zelt diesmal an einer weniger steinigen Stelle auf.
                                                                                            Es fühlt sich an, als sei unsere Wanderung heute schon zuende gegangen; ein merkwürdiges Gefühl.

                                                                                            Vor dem Schlafengehen nehme ich noch eine Ibuprofen, in der Hoffnung, dass sie meiner Sehne bei der Heilung helfen wird.
                                                                                            Dank der Kombination von Medikamenten und hervorragenden Ales (unser Favorit war das Langdale) schlafe ich schnell ein.


                                                                                            Hier kann man die heutige Route sehen:
                                                                                            Zuletzt geändert von gearfreak; 26.05.2014, 23:42.

                                                                                            Kommentar


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                                                                                              Erfahren
                                                                                              • 30.01.2010
                                                                                              • 278
                                                                                              • Privat


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                                                                                              AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                                              Zitat von Chris97 Beitrag anzeigen
                                                                                              Hallo ihr beiden!

                                                                                              ganz toller Bericht von einer ganz toller Landschaft! Ich denke, dass ich das auch mal auf meine Liste aufnehme ich liebe die britische Landschaft einfach!

                                                                                              Euer Bericht ist erfrischend zu lesen dank eures tollen Schreibstils, die unterschiedlichen Tagesberichte regen zum schmunzeln an, ganz toll ich freu mich auf Montag

                                                                                              LG
                                                                                              Christian

                                                                                              PS: könnt ihr was zu eurer Ausrüstung sagen? Ich mach in 2 Wochen meine erste kleinere Tour mit ähnlicher Länge (allerdings einfaeres Gebiet) und wäre daher interessiert welchen Rucksack ihr mithattet, die von Osprey hab ich nämlich schonmal anprobiert. Muss auch gar nicht ausführlich sein und was sind das für coole Sitzkissen?
                                                                                              Hallo Christian,
                                                                                              danke für das Lob!

                                                                                              Zur Ausrüstung:
                                                                                              Ferdi hatte den neuen Xenith 88 mit, da er ja einen Großteil der Ausrüstung getragen hat.
                                                                                              Ich hatte einen alten Stratos 40 mit, meinen Lieblingsrucksack, der aber auf normalen Touren (wo ich meinen eigenen Kram trage) meist durch den Exos 58 ersetzt wird. Generell bin ich mit Osprey sehr zufrieden. Auf meiner letzten Tour vor dieser hatte ich einen Berghaus mit und habe ständig meinen Osprey vermisst.

                                                                                              Das Zelt war ein Terra Nova Superlite Quasar
                                                                                              Wir hatte beide Western Mountaineering Schlafsäcke mit (Antelope und Apache), und als Matte hatte Ferdi eine TAR Z-Lite, verstärkt durch meine beiden Z-Seat (meine waren halb so teuer, weil sie grün sind ).

                                                                                              Wo solls denn bei Dir hingehen?

                                                                                              LG Anna

                                                                                              Kommentar


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                                                                                                Alter Hase
                                                                                                • 30.05.2007
                                                                                                • 3996
                                                                                                • Privat


                                                                                                #48
                                                                                                AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                                                Aaah, endlich geht es weiter!!! Schade nur, daß die Tour nun schon fast vorbei ist.
                                                                                                So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                                                                                A. v. Humboldt.

                                                                                                Kommentar


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                                                                                                  Lebt im Forum
                                                                                                  • 30.06.2009
                                                                                                  • 5064
                                                                                                  • Privat


                                                                                                  #49
                                                                                                  AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                                                  Immerhin mit nem ordentlichen Statement

                                                                                                  Danke fürs teilen des erlebten!!!



                                                                                                  gesendet vom Schmatfon

                                                                                                  Bin im Wald, kann sein das ich mich verspäte

                                                                                                  meine Weltkarte

                                                                                                  Kommentar


                                                                                                  • gearfreak
                                                                                                    Erfahren
                                                                                                    • 30.01.2010
                                                                                                    • 278
                                                                                                    • Privat


                                                                                                    #50
                                                                                                    AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                                                    Zitat von Mika Hautamaeki Beitrag anzeigen
                                                                                                    Aaah, endlich geht es weiter!!! Schade nur, daß die Tour nun schon fast vorbei ist.
                                                                                                    Na ja, ein halber Tag kommt ja noch.. Oder wir raffen uns auf und schreiben über unsere erste gemeinsame Tour auch noch einen Bericht.

                                                                                                    Zitat von codenascher Beitrag anzeigen
                                                                                                    Immerhin mit nem ordentlichen Statement
                                                                                                    Das da wäre? Ich war mir keines Statements bewusst?
                                                                                                    Ich geh mir mal einen Kaffee holen..

                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                      Lebt im Forum
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                                                                                                      • 5064
                                                                                                      • Privat


                                                                                                      #51
                                                                                                      AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                                                      WIR HABEN UNS VERLIEBT



                                                                                                      gesendet vom Schmatfon

                                                                                                      Bin im Wald, kann sein das ich mich verspäte

                                                                                                      meine Weltkarte

                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                        Neu im Forum
                                                                                                        • 10.05.2014
                                                                                                        • 3
                                                                                                        • Privat


                                                                                                        #52
                                                                                                        AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                                                        a da hat das Warten gelohnt! Toller Bericht und tolle Fotos! Die Inersitionswetterlage muss traumhaft gewesen sein!

                                                                                                        Danke für deine Ausführungen! Die Matte sieht interesannt aus. Nicht so weit weg, in 2 Wochen ne Probetour am Rothaarsteig und im Sommer nach Süddeutschland, Schwarzwald oder schwäbische Alb alles vorbereitungen um nach dem Abi nach GB zu fliegen


                                                                                                        Würd mich übver dein alten Bericht freuen ;)

                                                                                                        LG
                                                                                                        Christian

                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                          Erfahren
                                                                                                          • 30.01.2010
                                                                                                          • 278
                                                                                                          • Privat


                                                                                                          #53
                                                                                                          AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                                                          Zitat von codenascher Beitrag anzeigen
                                                                                                          WIR HABEN UNS VERLIEBT
                                                                                                          Ich weiss nicht, was Du meinst..

                                                                                                          @ Chris: Viel Spass auf Deiner Tour!

                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                            Lebt im Forum
                                                                                                            • 21.01.2008
                                                                                                            • 9011
                                                                                                            • Privat


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                                                                                                            AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                                                            Tag 5 - 13. März

                                                                                                            Schon wieder Sonne? Ja schon wieder Sonne. An diesem Morgen breche ich mit dem Vorhaben, mich überhaupt nicht zu Hause zu melden. Ich fotografiere mit dem Handy aus dem Zelt heraus die wunderschöne Morgensonne.
                                                                                                            "Nachricht konnte nicht gesendet werden" Genial! Ich fluche über die Technik und meine Inkonsequenz.
                                                                                                            Anna scheint wieder früh auf den Beinen zu sein, denn meine Kamera ist nicht auffindbar.



                                                                                                            Wie war das mit Anna an diesem Morgen? Wollte sie los? War ich der Gemütliche? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht mehr so genau. Jedenfalls hat sie mich beim Frühstück doch sehr an ein verhärmtes tibetisches Waisenkind erinnert.
                                                                                                            Langsam bin ich an dem Punkt angelangt, an dem mir das Müsli wieder zum Hals heraus hängt. Auf meiner letzten Sarektour, (von der es leider keinen Bericht gibt) hatten wir es tatsächlich geschafft, Polarbröd, Wurst und Käse für zwei Wochen im Rucksack zu tragen.





                                                                                                            Da wir den Weg verlassen hatten, um unseren Zeltplatz zu erreichen, geht es erst wieder querfeldein Richtung Pfad.






                                                                                                            Heute möchten wir unter anderem Glaramara besteigen. Als ich diesen Namen das erste mal hörte, dachte ich, es würde sich
                                                                                                            um einen rauchigen Whisky handeln, mit dem Anna mich wieder quälen möchte. Oder doch ein Hillbillyausdruck? Für Großmutter vielleicht?



                                                                                                            Oben angelangt - und dies mal ist man vom Aufstieg wirklich nicht allzu müde geworden - gibt Anna mir ein wenig Unterricht über die umliegenden Berge, die Orte, die man von hier aus deutlich sehen kann, und auch über solche, die gänzlich im Nebel liegen. Die Freude, die sonst aufkommt, wenn man sich wieder der Behaglichkeit der Zivilisation nähert, hält sich diesmal in Grenzen. Jetzt sollte die Reise eigentlich erst beginnen! War Anna auch dieser Meinung? Sicherlich.
                                                                                                            Sie teilt ihre Portion Beef Jerky mit mir, die aussieht, als würde sie einem Kaufmannsladen entstammen und nimmt anschließend Kontakt mit der Heimat auf.





                                                                                                            Leider scheint ihr Fuß wieder die gewohnten Probleme zu machen. Das macht wir weniger Sorgen wegen der Tour, die gerade im Gange ist, als es mir Sorgen macht, dass Anna vielleicht längerfristig mit Einschränkungen werde leben müssen.



                                                                                                            Als ich den Abstieg von Glaramara von oben betrachte, macht es auf mich zwar einen etwas abenteuerlichen aber durchaus keinen gefährlichen Eindruck. Ein wenig gefährlich finde ich es erst in dem Moment, in dem ich feststelle, dass diese Seite des Berges, da sie im Schatten liegt, größtenteils überfroren ist. Ich entledige mich meiner Stöcke und muss leider feststellen, dass ich mit meinem Riesentornister nicht so leichtfüßig nach unten komme, wie Anna.



                                                                                                            Nach einigen Routenwechseln gelange ich aber schließlich auch auf dem Schneefeld an.






                                                                                                            (INFO: Bitte kein Bildmaterial einfügen, das die Rechte Dritter verletzt. d.h. i.d.R. keine Musikvideos, TV-Serien etc. )

                                                                                                            Ich spüre kurz den Geist von Hildegard Knef, erreiche an wirkliches Hoch der Stimmung, weil ich nun auf all die schönen Dinge zurückblicken kann, die wir erlebt haben, bekomme aber auch recht schnell wieder einen Dämpfer; Annas Fuß schmerzt immer stärker, was bei diesem Abstieg natürlich auch kein Wunder ist. Auch meine Fußsolen qualmen so langsam.



                                                                                                            Als wir in Seatoller ankommen, muss ich Anna förmlich überreden, sich nicht noch weiter zu quälen. Ich bekomme mein Zivilisationstief, wie ich es auch in den Alpen oft hatte. Man sitzt im Tal blickt auf die Berge, in denen man noch vor wenigen Stunden herumgekraxelt ist, und alles erscheint so unendlich weit weg.
                                                                                                            Wir lassen uns an einem Wendehammer nieder und sprechen die Möglichkeiten durch, die uns jetzt bleiben.
                                                                                                            Keswick find ich gut. Trampen auch. Auf den Bus würde ich notfalls auch noch warten.



                                                                                                            Nach einigen Fehlschlägen nimmt uns ein freundliches älteres Paar mit. Anna und der Fahrer stimmen ein fröhliches Loblied auf yr.no an und ich merke, wie unangenehm es sich doch in beheizten Räumen anfühlt, wenn man eine Woche draußen unterwegs war. Das wird an diesem Tag noch schlimmer. Viel schlimmer. Nach einer sehr holprigen Busfahrt kommen wir in Keswick an und bedienen uns reichlich in den örtlichen Geschäften.
                                                                                                            In einem Geschäft für Merinobekleidung, nötigt mich Anna, dem Verkäufer, den sie noch von Urlauben in der Vergangenheit kennt, unsere Route durch die Berge auf der Karte zu zeigen, während sie Oberteile anprobiert. Hmm...schwierig.
                                                                                                            Ich sage ihm, während Anna in der Umkleide ist er solle meine erfundene Wegbeschreibung einfach mit einigen "Ah", "Ok", "Yep"
                                                                                                            "Ah, nice" usw. kommentieren. Ist der Plan aufgegangen?

                                                                                                            Ich dachte mir: Gut, Anna hat von einem Pub geredet. Wir werden jetzt irgendwo einkehren, es wird mir dort wahrscheinlich nur so mittelgut gefallen, weil ich mir viel zu romantische Vorstellungen mache. Und genau das ist nicht passiert.
                                                                                                            Das Dog and Gun übertrifft meine Erwartungen, sogar was das Essen angeht.



                                                                                                            Link zum Pub.

                                                                                                            Nach einem ziemlich scharfen Curry und zwei Pale Ales wird mir derart heiß. Ja, ich habe mir in den Bergen ein wenig das Gesicht verbrannt!



                                                                                                            Ein letztes verzerrtes Bild. Dann geht es "nach Hause zur Campsite". Verliebt bin ich in diesem Moment auf alle Fälle. In diesen schönen Ort, den Wind, der genau wie am ersten Tag durch die Araukarie pfeift und auch ein bisschen in den Hund, der leider nicht nur primus inter pares ist, sondern viel mehr. Nämlich der schönste Patterdaleterrier der Welt.
                                                                                                            Les Flics Sont Sympathique

                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                              Freak

                                                                                                              Vorstand
                                                                                                              Liebt das Forum
                                                                                                              • 12.07.2008
                                                                                                              • 43828
                                                                                                              • Privat


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                                                                                                              AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                                                              Oh, ein Reisebericht, in dem eine Araukarie vorkommt ...

                                                                                                              ... schnell weiterschreiben bitte

                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                Lebt im Forum
                                                                                                                • 21.01.2008
                                                                                                                • 9011
                                                                                                                • Privat


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                                                                                                                AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                                                                Eine ziemlich stattliche Araukarie!
                                                                                                                Les Flics Sont Sympathique

                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                  Neu im Forum
                                                                                                                  • 12.07.2014
                                                                                                                  • 3
                                                                                                                  • Privat


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                                                                                                                  AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                                                                  Fantastische Reportage. Sie macht neugierig. Man will es unbedingt auch persönlich erleben.

                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                    Erfahren
                                                                                                                    • 23.08.2012
                                                                                                                    • 471
                                                                                                                    • Privat


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                                                                                                                    AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                                                                    Gerade erst entdeckt. Schööön.

                                                                                                                    Ferdi, zur selben Zeit hat es einen auf Wintertour im stürmischen Lappland fast weg geweht (mich auch). Von daher - super Deal!!!

                                                                                                                    Kommentar


                                                                                                                    • Buck Mod.93

                                                                                                                      Lebt im Forum
                                                                                                                      • 21.01.2008
                                                                                                                      • 9011
                                                                                                                      • Privat


                                                                                                                      #59
                                                                                                                      AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                                                                      Zitat von Kuoika Beitrag anzeigen
                                                                                                                      Gerade erst entdeckt. Schööön.

                                                                                                                      Ferdi, zur selben Zeit hat es einen auf Wintertour im stürmischen Lappland fast weg geweht (mich auch). Von daher - super Deal!!!
                                                                                                                      Gemütlicher als ne Wintertour war es auf alle Fälle. Schön, dass dir der Bericht gefällt.
                                                                                                                      Les Flics Sont Sympathique

                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                        Erfahren
                                                                                                                        • 30.01.2010
                                                                                                                        • 278
                                                                                                                        • Privat


                                                                                                                        #60
                                                                                                                        AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                                                                        Tag 6 - 14. März


                                                                                                                        Heute ist also unser letzter Tag in den Lakes - wie verbringen wir ihn am Besten?

                                                                                                                        Wir haben trotz des nervigen krähenden Hahns auf der Campsite lange geschlafen und trödeln morgens mal wieder herum.
                                                                                                                        Das Wetter sieht ungefähr aus wie gestern morgen, nur dass wir heute unter der Wolkendecke sind. Ich bin aber davon überzeugt, dass es über den Wolken auf den Bergen klar ist. Zumindest noch für eine Weile.

                                                                                                                        Ich habe beschlossen, Ferdi heute Helvellyn zu zeigen, den dritthöchsten der sechs englischen Dreitausendern (3000 ft. natürlich).
                                                                                                                        Die Aussicht von dort muss überwältigend sein, und ich hatte bisher nur einmal klare Sicht dort oben, konnte aber damals im Mondschein die Sicht nur erahnen..
                                                                                                                        Ausserdem ist Helvellyn ganz in der Nähe von Grasmere, dem Standort meines Lieblings-Pubs.

                                                                                                                        Zuerst müssen aber Tagesrucksäcke gepackt werden. Bis auf Kochkram, Zelt und Schlafsack muss ja sowieso alles mit, aber irgendwie dauert das Packen doch wieder lang..

                                                                                                                        Ich habe das Gefühl, dass das Wetter höchstens den Vormittag über hält und möchte eigentlich direkt auf den Berg. Andererseits habe ich Ferdi ein Full English Breakfast versprochen, und dieses kulinarische Erlebnis würde unseren Urlaub wahrscheinlich besser vervollständigen als ein schönes Panorama

                                                                                                                        Auf geht es also nach Grasmere! Das Auto wird kostenpflichtig abgestellt, und wir machen uns auf die Suche nach einem Frühstücks-Café. Davon gibt es gar nicht so viele, und wir landen letztendlich im Miller Howe Café, wo auch einige "locals" zu sitzen scheinen.
                                                                                                                        Wir bestellen einmal das normale cooked breakfast und einmal das große, bei dem noch black pudding (Blutwurst), baked beans und hash browns (gehören da eigentlich nicht rein) dabei sind - Ferdi soll ja schließlich alles mal probieren.

                                                                                                                        Natürlich kann das Frühstück wie immer nicht mit dem meiner schottischen Schwiegermutter mithalten, aber was solls, es schmeckt trotzdem und gibt Kraft für einen Tag auf dem Berg!


                                                                                                                        Nach dem Frühstück fahren wir mit dem Auto zum Parkplatz unterhalb Helvellyns. Der Parkautomat nimmt leider nur Kleingeld, welches wir nicht mehr haben, und nach einigem Überlegen legen wir einen Zettel hinter die Scheibe mit einer Entschuldigung und dem Versprechen, den Betrag später im National Trust Geschäft zu bezahlen (ich muss gestehen, dass wir dies vergessen werden.. )

                                                                                                                        Inzwischen ist das Wetter eher bescheiden: Es nieselt bei ungefähr sechs Grad, sodass die gefühlte Temperatur bei etwa einem Grad Celsius liegt.
                                                                                                                        So hätte es die ganze Woche lang sein können - wir haben ganz schön Glück gehabt!

                                                                                                                        Auf dem Weg nach oben kommen uns nur wenige Menschen entgegen, und von denen hat es keiner zum Gipfel geschafft. Eine Familie rät uns zur Umkehr, aber da wir nichts Besseres zu tun haben, beschließen wir, so weit zu gehen, wie wir kommen.
                                                                                                                        Mein Fuß schmerzt, obwohl ich gestern abend eine Ibuprofen genommen hatte; deshalb würden wir auch bei einem früheren Abstieg keine Alternativtour gehen.

                                                                                                                        Bei 750 Metern Höhe erreichen wir den Schnee. Er ist hart und glatt und bedeckt den Pfad. Wir sehen einen Mann mit Eispickel und Steigeisen von oben herunterkommen.
                                                                                                                        Bei der schlechten Sicht würden wir sofort vom Pfad abkommen, und der Weg ist zu steil, um ohne Steigeisen einen sicheren Tritt zu haben. Oben angekommen würden wir sowieso nichts sehen, also ist der Beschluss, umzudrehen, schnell gefasst.
                                                                                                                        Eine reine Vernunftentscheidung, die nichts mit dem verlockend warmen Pub im Tal zu tun hat


                                                                                                                        Der Weg nach unten ist nicht sonderlich spannend, aber nach einer Weile unterhalten wir uns damit, die verschiedenen Steine mit ihrem Flechtenbewuchs zu fotografieren. Plötzlich sieht man statt grau in grau unzählige Farben und Formen, wie z.B. den "Google-Maps-Stein":



                                                                                                                        Uns ist gar nicht mehr langweilig, und nach einer gefühlt kurzen Weile und einem nebligen Selfie sind wir schon bald wieder beim Auto.




                                                                                                                        Nun geht es endlich ins Tweedies, ein exzellentes Pub mit angeschlossenem Restaurant.
                                                                                                                        Wir probieren uns durch die Ales (soweit es die großzügige britische Promillegrenze von 0,8 erlaubt ) und geniessen jeder ein leckeres Mahl. Ich esse zum ersten Mal Perlhuhn, das mir ganz vorzüglich schmeckt.

                                                                                                                        Danach geht es wieder zur Campsite "Zum Nervigen Gockel".

                                                                                                                        Rückreise - 15. und 16. März

                                                                                                                        Dir Rückreise am verläuft wie geplant: wir fahren durch die immer flacher werdende englische Landschaft nach Dover, wo wir für 16 Uhr eine Fähre gebucht haben.
                                                                                                                        Abends sind wir dann wieder bei Pieter und seiner Familie. Diesmal gehen wir etwas früher ins Bett (nachdem wir natürlich schon die Bilder angeschaut haben), und am nächsten Morgen frühstücken wir erst gemütlich, bekommen dann noch Besuch von einem anderen ehemaligen Kollegen samt Frau, und dann gehe ich noch schnell in einen normalen und einen jüdischen Supermarkt, um einige Sachen zu kaufen, die es nur in Belgien gibt.

                                                                                                                        Nachmittags setze ich Ferdi wieder bei seinem Angeberschlitten ab, und wir bemühen uns, aus dem Chaos im Kofferraum alle seine Sachen herauszufiltern.

                                                                                                                        Der Abschied fällt ein klein wenig schwer - man gewöhnt sich ja auf so einer Tour irgendwie aneinander.
                                                                                                                        Wobei wir auch schon beim

                                                                                                                        Fazit

                                                                                                                        wären:

                                                                                                                        Nach unseren ersten Tour hatten wir sehr sporadischen Kontakt, und ich war mir nicht sicher, ob ich Ferdi jemals wiedersehen würde. Inzwischen muss ich aber zugeben, dass aus einer Internetbekanntschaft tatsächlich eine Freundschaft entstanden ist. Das haben wir diesem Forum und dem angeblich so anonymen Internet zu verdanken :-)

                                                                                                                        Zur Tour selber kann ich sagen, dass es entgegen meiner Befürchtung nicht langweilig war, so wenige Kilometer zu gehen. Normalerweise mag ich es zwar etwas sportlicher, aber ich fand diese Tour genau richtig. Letztendlich war es ja auch für meine lädierte Sehne genau am Limit.

                                                                                                                        Mit dem Wetter haben wir unglaubliches Glück gehabt, aber ich denke, dass man sich auch bei schlechtem Wetter im Lake District amüsieren kann, da es ja nette Cafés und Pubs gibt. Diese kann man komplett vermeiden, wenn man das Wildnis-Gefühl möchte, oder eben in die Route einplanen, wenn man sich ab und zu mal aufwärmen will.


                                                                                                                        Alles in allem war die Tour ein voller Erfolg!

                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                          Alter Hase
                                                                                                                          • 30.05.2007
                                                                                                                          • 3996
                                                                                                                          • Privat


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                                                                                                                          AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                                                                          Vielen Dank nochmal für den tollen Bericht! Er ist super geschrieben, die Fotos sind umwerfend und das Lesen hat einfach Spaß gemacht!!!
                                                                                                                          So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                                                                                                          A. v. Humboldt.

                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                            Lebt im Forum
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                                                                                                                            • 9011
                                                                                                                            • Privat


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                                                                                                                            Hier geht es bald weiter. Ich war die letzten beiden Wochen unterwegs und konnte daher nicht weiterschreiben.

                                                                                                                            Vorweg noch ein Video von Great Gable.


                                                                                                                            (INFO: Bitte kein Bildmaterial einfügen, das die Rechte Dritter verletzt. d.h. i.d.R. keine Musikvideos, TV-Serien etc. )
                                                                                                                            Les Flics Sont Sympathique

                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                              Lebt im Forum
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                                                                                                                              • 9011
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                                                                                                                              Tag 6 - 14. März

                                                                                                                              Ich erkenne mich nicht wieder, als ich an diesem Morgen mit einem - wenn auch schleppend in Bewegung kommenden - Tatendrang erwache.
                                                                                                                              Anna möchte mir heute nicht nur den Berg mit dem malerischen Namen Helvellyn zeigen, sondern mir auch eine echte "Heart Attack On A Plate" bieten.
                                                                                                                              Etwas träge gondeln wir über die verschlafenen Landstraßen und kommen im Nebel, man könnte es durchaus auch als Morgennebel bezeichnen, in Grasmere an.
                                                                                                                              Wir beschließen im Miller Howe Café zu frühstücken und Anna äußert sich zuerst positiv darüber, dass hier wohl auch einige Einheimische eingekehrt sind, dann aber auch negativ darüber, dass man hier Hash Browns serviert. (Die im Übrigen weder hausgemacht noch schmackhaft waren). Hash browns, hash browns, you know I can't be late.



                                                                                                                              Wir reden über die bald bevorstehende Heimfahrt, darüber, dass es Leute gibt, die ihren Kaffee vor dem Frühstück trinken, solche, die ihn nach dem Frühstück trinken und natürlich auch solche, die in während des Frühstücks trinken.

                                                                                                                              Ich behaupte, ich sei nun frisch gestärkt, meine aber eigentlich, dass mir das Frühstück schwer im Magen liegt und wir brechen auf, um unseren letzten Berg zu besteigen.
                                                                                                                              Der Parkplatz enttäuscht uns ein wenig. Die Toilette ist zu dieser Jahreszeit geschlossen, an den Türklinken hängen vollgestopfte Müllsäcke und der Parkscheinautomat möchte auch nicht so, wie wir wollen.

                                                                                                                              Der Wind schlägt uns beim Aufstieg hemmungslos ins Gesicht und auch die Sicht könnte besser sein.



                                                                                                                              Eine Familie, die sich hinter einem großen Felsbrocken verkrochen hat, berichtet uns von ihrem Abstieg und rät uns davon ab, weiter aufzusteigen.
                                                                                                                              Entgegen ihres Ratschlages gehen wir noch einige Minuten lang weiter, kapitulieren dann jedoch auch vor einem überfrorenen Schneefeld.

                                                                                                                              Auf dem Weg nach unten unterhalten wir uns so gut das möglich ist und fotografieren Stein um Stein, um daraus später eine Collage zu machen.
                                                                                                                              Als wir wieder im Auto sind, zieht es uns magisch zu dem Pub, den Anna für uns ausgesucht hat und den ein älterer Herr knapp als "Best Pub In Town" beschrieben hat.

                                                                                                                              Drinnen herrschen gefühlte 40 Grad und allein das vorzügliche Ale verschafft uns eine kleine Abkühlung.

                                                                                                                              Das Essen ist viel besser, als ich es in einem Pub erwartet hätte.

                                                                                                                              In der Dunkelheit fahren wir zurück zum Campingplatz, um dort unsere letzte Nacht in Freiheit zu verbringen.

                                                                                                                              Rückreise - 15. und 16. März



                                                                                                                              Die Rückreise nach Dover verläuft ohne größere Zwischenfälle. Darüber kann man durchaus froh sein, wenn man sieht, wie viele Autopannen es hier gibt. Nach der Fährfahrt empfangen uns Annas Freunde abermals und wir verbringen einen gemütlichen Abend mit den Bildern unserer Reise. Nach dem Frühstück am nächsten Morgen erkunden wir ein wenig die nähere Umgebung und brechen um die Mittagszeit in Antwerpen auf.
                                                                                                                              Anna setzt mich an meinem Gefährt ab und ich verberge meine Tränen!

                                                                                                                              Fazit

                                                                                                                              Und eben weil es eine böse böse Internetbekanntschaft ist, musste es einfach gut gehen. Wir haben uns gewiss beide von unserer besten Seite gezeigt. Zumindest noch bei unserer ersten gemeinsamen Reise!

                                                                                                                              Ich war erstaunt darüber, dass es in England eine solche Landschaft gibt und auch jeder, der die Bilder dieser Reise sieht, ist sichtlich überrascht.

                                                                                                                              Vielen Dank Anna!
                                                                                                                              Les Flics Sont Sympathique

                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                Anfänger im Forum
                                                                                                                                • 19.09.2011
                                                                                                                                • 17
                                                                                                                                • Privat


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                                                                                                                                AW: [UK] Eine Mitleidstour

                                                                                                                                bin erst bei tag 3... kann aber jetzt schon sagen: witzig geschrieben, tolle fotos, macht spass zu lesen! es ist zwar, laut titel, eine mitleidstour, mein mitleid hält sich aber in grenzen :-)

                                                                                                                                Kommentar