[SE] Neujahr im Jämtlandsfjäll

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  • Vintervik

    Fuchs
    • 05.11.2012
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    [SE] Neujahr im Jämtlandsfjäll

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    Diese Jahreswende sollte etwas anders werden als bisher gewohnt. Anstatt grosser Feier an Silvester ging es auf eine kleine Tour ins Fjäll, genauergesagt nach Vålådalen in Jämtland. Zu dritt machten wir uns auf den Weg gen Jämtland, um den Jahreswechsel auf der Lunndörrenhütte des STF zu verbringen.

    Diesen Bericht haben Kuoika und ich (Vintervik) zusammen geschrieben, wobei wir jeweils unsere eigenen Gedanken aufgeschrieben haben, was man im Bericht am farblich unterschiedlichen Text unterscheiden kann. Die Fotos sind von uns beiden.



    Vorabend des ersten Tages und erster Tag, 28./29. Dezember

    Am Abend des 28. Dezember geht es los. Der Nachtzug sollte eigentlich um 22:30 abfahren, tagsüber steht dann im Netz zu lesen, dass der Zug ab 22:30 bereit zum einsteigen sei und um 00:35 abfahren werde. Nun gut, etwas mehr Zeit. Kuoika kommt bei mir zu Hause vorbei, und gemeinsam machen wir uns dann auf den Weg zum Hauptbahnhof, um dort auf unsere dritte Mitreisende – nennen wir sie N – zu treffen. Auf halbem Weg zur U-Bahn merke ich, dass irgendetwas fehlt – richtig, die Kamera. Also noch mal zurück. Gut, dass der Zug erst später als ursprünglich gedacht abfahren wird…

    Vier Stunden vor der ursprünglichen Abfahrtszeit des Nachtzugs landet mein Flieger in Arlanda. Es hat ein paar Minusgrade und etwas Schnee. Endlich fühlt sich der Winter wie Winter an. Mit Bus und U-Bahn mache ich mich auf den Weg zu Vintervik, um dort ein paar Klamotten für die Rückreise abzuladen. Obwohl der Zug nun zwei Stunden später als geplant abfahren soll, treibt mir Vinterviks Zurückgeh-Kameraholaktion doch eine kleine Panikschweißperle auf die Stirn. Alles geht gut, am Bahnhof treffen wir N und einen wartenden Nachtzug.

    Am nächsten Morgen gegen viertel nach neun kommen wir in Undersåker an, wo das vorbestellte Taxi schon wartet, um uns zu Vålådalens Fjällstation zu fahren. Dort angekommen gehen wir erstmal zur Skidboden, wo Kuoika und N ihre vorbestellten Tourenski in Empfang nehmen. Da es bis wir loskommen mittlerweile Mittag ist und das Tageslicht um diese Jahreszeit nicht so lange zur Verfügung steht, haben wir uns im Vorfeld überlegt, was wir an diesem Tag machen. Die Entscheidung fiel darauf, bei Vålågården in Östra Vålådalen etwa 5km östlich von Vålådalens Fjällstation eine kleine Hütte zu mieten, und dann am nächsten Tag im Morgengrauen rüber nach Vallbo zu gehen und von dort hoch zur Lunndörrenhütte zu laufen. Die 5 km nach Östra Vålådalen gehen meistenteils über bzw. neben den Loipen in Vålådalen, nur die letzten 1,5km verlaufen über eine Schneise im Wald, die nicht gespurt ist.

    Es geht gerade die Sonne auf, als wir in Undersåker ankommen. Neben uns steigen doch eine ganze Menge Leute hier aus, mehr als Ende Juli, als es mich für meine Sommertour ebenfalls in die Gegend um Vålådalen führte. An der Fjällstation herrscht auch schon reges Treiben. N und ich holen im Sportboden unsere Tourenski ab, in der Selbstversorgerküche gönnen wir uns noch ein Frühstück, füllen die Thermoskannen und machen die Rucksäcke startklar. Danach geht es los Richtung Östra Vålådalen. Obwohl wir die Loipe mit nutzen, müssen wir netterweise als Tourengeher keine Gebühr zahlen. Tack!


    Morgens in Vålådalen.


    An der Fjällstation.

    Gegen 13h machen wir uns auf den Weg. Die ersten Meter müssen wir uns wieder etwas an das Gefühl gewöhnen, Ski unter den Füssen zu haben. Aber es geht bald. N ist jedoch leider nicht so glücklich mit ihren Ski, und irgendwann macht sie die Felle drauf, um die Steigungen hochzukommen.
    Nach 3 ½ km kommen wir an die äusserste Kurve der Loipe, hier geht die Schneise nach Östra Vålådalen ab. Von nun an ist es keine fein präparierte Piste mehr, sondern eine Mischung aus fast freigepusteten, teils vereisten Stellen und Schneewehen. Ausserdem bläst es hier auf einmal recht frisch, die ganze Zeit vorher waren wir recht geschützt, nun ist es offener.


    Direkt hinter Vålådalens Fjällstation ist gespurt und wir schnallen uns nun auch die Ski an. Um die schnelleren Langläufer nicht zu behindern, laufen wir meist am Rand des Skating-Teils. Fühlt sich ein bißchen an wie Waschbrett. Nach ein paar km verlassen wir die Piste, die mit Hilfe von Kunstschnee bestens geformt war. Der Wald lichtet sich etwas und nun merken wir auch viel mehr vom angekündigten Wind. An der nächsten kleinen Steigung, die vereist und frei gepustet ist, komme ich nicht hoch und rutsche unsanft wieder runter. Weiter geht es für mich jetzt auch mit Fellen.


    Lill-Stensdalsfjället.


    Abseits der Loipe auf dem Weg nach Östra Vålådalen.

    Zu Beginn der Dämmerung kommen wir gegen 15h in Östra Vålådalen an. Wir gehen in den kleinen Laden des Vålågården und melden uns an. Ausserdem wird noch für das Sylvestermenu eingekauft, Renskav und Renschinken, beides in der Umgebung produziert.
    Die Hütte, die wir gemietet haben, stellt sich als sehr gemütlich heraus, und wir machen es uns schnell bequem. Irgenwann kommt der Hunger durch, und danach die Müdigkeit, und wir verschwinden sehr früh ins Bett.
    Draussen weht ein ganz schön kräftiger Wind, und so soll es am nächsten Tag auch werden.


    Die Felle brauche ich nicht allzu lange, bald kommen wir am Vålågården an. Bevor es in die gemietete Hütte geht, inspizieren wir noch ausgiebig den kleinen Laden und decken uns mit letzten Besorgungen ein. In der Hütte ist es schon schön warm und gemütlich. Draußen pfeift der Wind.


    Zweiter Tag, 30. Dezember

    Am nächsten Morgen machen wir uns im Morgengrauen auf den Weg nach Vallbo. Da der Vålån noch nicht vollständig zugefroren ist, können wir nicht den kürzeren Skoterweg nehmen, sondern müssen einen kleinen Haken schlagen, um der Strasse zu folgen und den Vålån über die Strassenbrücke zu überqueren.
    In Vallbo gehen wir zum Wegkreuzungspunkt an der Kapelle. Es bläst wieder kräftig. Ich freue mich auf den Weg und auf die Hütte. In den vergangenen Jahren bin ich während der Sommermonate drei Mal an der Lunndörrenhütte vorbeigekommen, aber Winter ist nun Premiere.


    Wir haben die Wecker auf 7 Uhr gestellt, um recht zeitig aufzubrechen. Kurz vor 9 Uhr geht es los, langsam wird es hell draußen. Die Ski tragen wir bis Vallbo, da es erst mal über die Straße geht. Der Vålån ist nur per Brücke zu passieren. An Vallbos Kapelle weht schon ein orentlicher Wind.


    Der Vålån im ersten Tageslicht.


    Die kleine Kapelle von Vallbo.


    Gleich werden die Ski angeschnallt.


    Die ersten Meter des Winterweges.

    Für den Weg nach Lunndörren hoch haben wir zwei Alternativen, entweder über die Pyramiden am Issjödalen, die wir alle gerne mal im Winter sehen möchten, oder durch den Wald. Die Wahl, so hatten wir vorher beschlossen, würden wir vom Wetter abhängig machen, da wir an den Pyramiden ein Stück übers kalfjäll gehen müssten. Aufgrund des starken Windes, den wir jetzt schon im Tal haben, entscheiden wir uns für die Alternative durch die Wald. Hier unten ist vom Schnee auch schon einiges weggeweht, der Winterweg geht zunächst über ein Feld, der sich auf Skiern gehen lässt, aber so viel Schnee ist nicht vorhanden. Dann geht es in den Wald und an die erste Steigung zum Vargtjärnflätet hoch, einer weitläufigen Moorfläche. Im Wald liegt genug Schnee, und es ist so gut wie windstill. Die Bäume und der Middagsvalen halten den Wind gut ab. Etwa 1 ½ km von Vallbo entfernt wird es wieder flach, und wir kommen bald an den Waldrand und sehen auf das Vargtjärnflätet. Auch hier ist der Schnee sehr weggeweht, das Gras schaut überall heraus, aber man kommt mit den Ski dennoch gut voran. Ab und an laufen wir über gefrorene Wasserflächen, und nun bläst der Wind wieder ordentlich, denn hier ist es jetzt sehr offen. Gegen Ende des Moorfeldes führt der Winterweg über einen kleinen See, der aber schon dick zugefroren ist. Dank der Skoterspur auf dem Weg ist auf dem See auch etwas Schnee zurückgeblieben, ansonsten ist das Eis blank. Wir gehen wieder in den Wald rein, und nach ein knappen Kilometer kommen wir zum Sameviste Grönvallen, wo wir in einem Windschutz Mittagspause machen.

    An Vallbos vägcentral schnallen wir uns endlich die Ski an. Das erste Stück über ein Feld und dann durch den Wald ist ganz gut zu gehen. Hier gibt es noch genug Schnee und zwischen den Bäumen sind wir recht windgeschützt. N mag ihre Ski heute leider noch weniger, auch Tauschen hilft nicht. ”Glücklicherweise” liegt dann doch nur so wenig Schnee bzw. ist dieser recht fest, so dass man/sie auch problemlos laufen kann. Die Ski werden kurzerhand am Rucksack festgezurrt und es kann vollständig weitergehen. Über die verseiste, teilweise schneefreie Morrfläche Vargtjärnflätet rutschen wir manchmal mehr als dass wir gehen oder skifahren. Dennoch oder gerade deshalb finde ich den Abschnitt so beeindruckend. Hätte es mehr Schnee gehabt, hätten wir das Moor und das gefrorene Wasser als solches gar nicht mehr wahrgenommen. Zurück im Wald machen wir am Windschutz Grönvallen unsere Mittagspause.


    Auf dem Moor Vargtjärnflätet.


    Auf dem Vargtjärnflätet. Die Berge verschwinden etwas in den Wolken.


    Teilweise über blankes Eis.


    Zurück im Wald.


    Da wir uns entschlossen haben, durch den Wald zu gehen, folgen wir nun dem Weg nicht weiter in Richtung Pyramiden hoch, sondern gehen quer dem Skoterweg folgend in Richtung Westen, wo wir nach gut 2 ½ km auf den Winterweg, der von Vålådalens Fjällstation kommt, treffen werden.
    Ein Hundeschlitten, der vor uns auf dem Weg gefahren ist, hat uns eine gute Spur hinterlassen, und auch wenn hier wieder nicht so viel Schnee liegt, so ist es in der Spur ausreichend. Nur an einer kleinen Steigung durch ein kleines Waldstück müssen wir abschnallen, da hier das Grün und auch ein paar Steine dominieren.
    Als der Weg von Vålådalen aus in Sicht kommt, sehen wir auch andere Tourengänger, die das gleiche Ziel wie wir haben. An der Kreuzung machen wir eine kleine Teepause, und eine andere Dreiergruppe kommt an uns vorbei, die wir später wieder einholen werden.


    Auf dem Weg zum Winterweg, der direkt von Vålådalen kommt, kreuzen wir bei den Teichen Nedre Bruddtjärnarna den Sommerweg zur Lunndörrstugan. Hier war ich Ende Juli schon langgegangen. Schön die Gegend nun in einem winterlichen Gewand zu sehen. Leider ist von den umliegenden Bergen heute nur nicht so viel zu sehen. Kurz danach erreichen wir die Kreuzung der Winterwege. Hier sehen wir auch die ersten anderen Tourengeher. Mit unserer Zeitplanung sind wir also nicht allein.




    Nedre Bruddtjärnarna.


    Sommerversion.


    Den grössten der Nedre Bruddtjärnarna müssen wir queren.

    Es folgen entlang des Weges immer wieder kleinere offene Moorflächen, und der Wind wird merklich stärker. Als wir mehrere Leute hintereinander durch eine engere Stelle zwischen ein paar Bäumen durchlaufen, macht es neben uns auf einmal *knack* und eine etwa drei Meter lange Tanne direkt neben uns kippt langsam auf den Weg und landet auf Kuoikas Rucksack (und zum Glück nicht auf dem Kopf).

    Nach unserer Teepause setzen wir Richtung Süden fort. Auch hier kommt man im Wald wieder gut voran, an lichten Flächen drückt der stärker gewordene Wind nun ordentlich dagegen. An einer vereisten Stelle schiebt es mir wie gestern wieder die Füße weg. Der Gegenwind tut sein übriges und mich legt es nieder. Trotzdem holen wir kurz darauf die vor uns gehende Gruppe ein und es geht im Gänsemarsch durch das nächste Waldstück. Es knackt verdächtig und schwupps hänge ich unter einem umfallenden Baum fest. Nennt man das jetzt perfect/bad timing, Schiksal oder Karma?


    Gegen den Wind.

    Ein paar Meter weiter führt der Winterweg über einen etwa drei Meter breiten Bach, der aber noch nicht vollständig zugefroren ist. Zusammen mit den drei anderen suchen wir nach einen Überweg, und nachdem wir die Skoterspur wiedergefunden haben, führt sie uns zur richtigen Stelle. Auf der anderen Seite angekommen müssen wir wieder über eine kleine Moorfläche, und hier bläst der Wind wieder voll rein. Einmal ducke ich mich bei einer sehr starken Böe, um nicht umgeweht zu werden. Es geht anschliessend wieder ein kleines Stück zwischen Bäumen entlang bis zu einem See unterhalb der Hütte. Ich gehe voran, um zu schauen, wie dick das Eis ist, und sehe an den Rissen, dass es mindestens 15cm dick ist. Absolut kein Problem also. Kuoika kommt hinter mir her. Die anderen bleiben allerdings am Ufer stehen, und drüben angekommen sehen wir, wie die anderen am Ufer entlang gehen, um die See zu umgehen. An einer Seite ist ein Auslauf, der offen ist, und wir sehen, wie sie dort kehrt machen. Auf der anderen Seite geht es entlang, und sie kommen langsam um den See gelaufen.

    Die nächsten Herausforderungen warten schon auf uns. Ein Arm des Bruddan muss überquert werden. Da, wo der Winterweg lang führt, kommt man jedoch nicht rüber. Waten wollen wir nur ungern und so suchen wir weiter. Letztendlich führt uns die Skoterspur zur richtigen Stelle. Ein paar Windböen schütteln uns mal wieder durch, ich kann gerade so noch meine Rucksackhülle festhalten. An einem kleinen See unterhalb der Hütte sind wir uns dann etwas uneins. Ich folge Vintervik über´s Eis, die anderen versuchen, den See zu umrunden. Das kostet etwas Zeit, es wird langsam aber sicher dunkel.

    Die Stirnlampen werden aufgesetzt, und es geht das letzte Stück zur Hütte über eine offene Fläche hoch. Es ist inzwischen fast komplett dunkel, wenn es hell wäre, könnten wir die Hütte wohl sehen. Nach einigen Metern rieche ich Rauch, es ist nicht mehr weit. Der letzte Anstieg, bei dem ich fast wieder umgeweht werde, wird genommen und wir stehen vor der Lunndörrenhütte. Der Freund der Stugvärding kommt heraus und begrüsst uns mit einem Grinsen: ”Immerhin gibt es keine Mücken!”

    Die letzten 1.5 km zur Hütte fühlen sich viel länger an als sie eigentlich sind. Entweder drückt der Gegenwind oder wir rutschen an vereisten Stellen wieder zurück. Die Felle will ich nun aber auch nicht mehr aufziehen und so trage ich wie N die Ski. Die anderen kämpfen tapfer im Scherenschritt. Gegen 16 Uhr erreichen wir die Lunndörrsstugan, die schon gut besucht ist. Die letzten Betten sind schnell verteilt, die Sauna und die Stühle in der Küche beschlagnahmt. Zeit, selbst durchzupusten.
    Zuletzt geändert von Vintervik; 18.01.2016, 22:30.

  • Blahake

    Vorstand
    Fuchs
    • 18.06.2014
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    #2
    AW: [SE] Neujahr im Jämtlandsfjäll

    Das ist aber mal 'ne schöne Silvesterfeierersatzidee!!!
    Auch schön zu lesen mit Euren wechselnden Beiträgen und die Bilder erst! Wundervoll, besonders die, die das Winterlicht so schön einfangen und der Sommer-/Wintervergleich!

    Kommentar


    • Kuoika
      Erfahren
      • 23.08.2012
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      #3
      AW: [SE] Neujahr im Jämtlandsfjäll

      Zitat von Blahake Beitrag anzeigen
      Das ist aber mal 'ne schöne Silvesterfeierersatzidee!!!
      Auch schön zu lesen mit Euren wechselnden Beiträgen und die Bilder erst! Wundervoll, besonders die, die das Winterlicht so schön einfangen und der Sommer-/Wintervergleich!
      Danke! War schön, das Fjäll mal zu dieser speziellen Zeit gesehen zu haben.



      Und hier kommt auch schon der zweite Teil unserer kleinen Silvester-/Neujahrstour, wie gehabt in rot (Vintervik) und blau (Kuoika).

      31. Dezember 2015


      Der Wind legt sich auch über Nacht in die Vollen, so dass die Hütte bald wackelt. Es pfeift und knarzt jedenfalls ordentlich. Als ich aufwache, wird es gerade hell und ich beschließe, Wasser zu holen und ein bisschen um die Hütte zu stromern. Zum Wasserholen geht es auf den kleinen See hinter der Hütte. Leichter gesagt als getan bei Gegenwind auf blankem Eis. Auf dem Rückweg kann man sich dann einfach schieben lassen, muss zum Ende hin aber zusehen, rechtzeitig zu bremsen. Den See meistere ich und wäge mich schon in Sicherheit - zu früh gefreut.


      Dieses Wasser kommt leider nicht in der Hütte an...

      Oben an der Hütte rutsche ich natürlich noch aus und liege direkt in einer Pfütze. Ich bin jetzt auf jeden Fall richtig wach. Also noch mal von vorne. Für den Rückweg nehme ich dann eine andere Route und der zweite Versuch gelingt damit deutlich besser. Das Morgenrot kann ich auch noch einfangen.


      Lunndörrsstugan am Silvestermorgen.


      Fünf Monate vorher sah es hier so aus.

      Heute wird kein Wecker gestellt, wir schlafen aus. Irgendwann werde ich wach und sehe hinter dem Vorhang am Fenster, dass es draussen hell geworden ist. Kuoika ist schon aus dem Zimmer raus, N liegt noch im Bett. Nach dem morgentlichen Besuch auf dem utedass hole ich meine Kamera und versuche, ein paar Bilder des Morgens einzufangen. Es weht immer noch sehr kräftig, aber die Winterlandschaft ist beeindruckend. Ich treffe die stugvärdin, die mir erzählt, dass schon ein paar Leute weitergegangen sind in Richtung Vålåstugorna. Respekt bei dem Wind!


      Blick von der Lunndörrstuga in Richtung Norden. Hier sind wir gestern hochgekommen, dort unten liegt besagter See.


      Der See direkt an der Hütte. Die Wolken schieben sich aus dem Lunndörrental kommend die Berghänge entlang.


      Noch bevor wir frühstücken, machen sich die ersten Leute auf den Weg, einige gehen zurück nach Vålådalen, andere trotzen den Schnee- und Windbedingungen und gehen Richtung Vålåstugorna. Alle anderen bleiben an der Hütte oder brechen zu kurzen Tagestouren auf. So tun wir es auch und starten mittags Richtung Lunndörren. Die Ski lassen wir an der Hütte. Vorbei an ein paar weiteren kleinen Seen geht es in Kahlfjäll zu einer kleinen Anhöhe unterhalb des Saantas, wo uns sogar ein paar Rentiere entgegen kommen. Mit denen hatten wir zu dieser Jahreszeit eigentlich nicht mehr gerechnet.


      So kann man sich auch fortbewegen.


      Einer der kleinen Seen oberhalb der Hütte.


      Die Rentierfotografen.

      Aus dem Tal quellen nur so die Wolken, als ob jemand die Zuckerwattemaschine angestellt hat. Oben angekommen muss man sich regelrecht gegen den Wind stemmen. Wer noch ein Bäumchen findet, lehnt sich gegen dieses und genießt so gut es geht die schöne Aussicht in das U-Tal. Viele meiner Bilder werden unscharf, da ich bei dem Wind manchmal nicht mal mehr für das Auslösen still halten kann. Ein paar taugliche habe ich dann aber doch noch gefunden. Der Schnee ist hier komplett weg geweht worden, so dass wir auf dem Rückweg sogar Sommermarkierungen erkennen.


      Lunndörren - die Wolkenmaschine.


      Lunndören, eins der wenigen U-Täler im Jämtland.


      Wir frühstücken und überlegen, was wir machen. Die Entscheidung fällt auf einen kleinen Marsch an den Rand des Lunndörrentals. Einige andere Gäste, die eigentlich weitergehen wollten, entscheiden sich aufgrund des Wetters zu bleiben und machen eine Tagestour in Richtung Pyramiden. Unsere Entscheidung, dort am Vortag nicht herzugehen, war absolut richtig, denn wir hätten im kalfjäll den Wind direkt von vorne gehabt, und Schnee liegt in die Richtung auch so gut wie keiner.
      Die Ski lassen wir an der Hütte, denn ich Richtung der Kante oberhalb des Tals, zu der wir hingehen wollen, liegt zu wenig Schnee. Wir gehen einige Meter und kommen von oben an einen weiteren kleinen See in der Nähe der Hütte. Die Sicht in Richtung Norden ist gut, wir sehen zu den Stensdalsfjällen rüber. Das Eis auf dem See ist blank. Nur einige Tierfährten, wahrscheinlich von Rentieren, die über den See gegangen sind, sind gefroren und haben Schnee angesammelt, so dass es wie dicke Fussspuren auf dem Eis aussieht.


      Oberhalb des Sees in der Nähe der Hütte. Im Hintergrund Stensdalsfjällen.


      Gefrorene Tierfährten auf dem See.

      Nach einer ausgiebigen Fotosession am Ufer des Sees gehen wir weiter in Richtung der Kante oberhalb des Tals. Der Wind bläst mehr und mehr, und durch das Tal schieben sich die Wolken durch. Plötzlich kommt eine Rentierherde in der Nähe vorbei. Sie bemerken uns lange nicht, denn durch den Wind können sie uns weder hören noch riechen. Irgendwann schauen ein paar von ihnen zu uns herauf, aber aufgrund des Abstands scheint sie unsere Anwesenheit nicht im geringsten zu stören.


      Rentiere.

      An der Kante zum Tal angekommen wirft es uns fast um, so stark weht es aus dem Tal raus. Hier oben ist auch kein Schnee mehr vorhanden, alles weggeweht. Wir geniessen die Landschaft, machen einige Fotos, und treten dann wieder den Rückweg an, bei dem wir teils dem Winterweg, teils dem Sommerweg folgen.


      Das Lunndörrental.


      Blick in Richtung Vålåvalen (im Vordergrund mittig mit etwas grauen Hängen) und Gruvsmällen (direkt links dahinter). Zwischen diesen beiden Bergen liegen die Vålåstugorna.


      Zwei Stunden später sind wir wieder an der Hütte und geben uns dem gemütlichen Teil hin. Erst mal ein Süppchen kochen, dösen, lesen, Sauna. Neue Skiwanderer kommen an und bald sind wieder alle Betten belegt. Irgendwann wuselt jeder in der Küche und alle basteln an ihren Silvestermenüs. Sogar Spargel landet auf einigen Tellern. Bei uns gibt es Rentierschinken an Tunnbröd, Renskav mit Kartoffelstampf und Pilzen und zu guter letzt Götterspeise mit Vanillesauße.


      Ein Teil unseres Silvestermenüs.


      Stugvärdsstuga mit schwachem Nordlicht.

      Bis 24 Uhr vertreiben wir uns die Zeit mit Bleigießen, Ligretto und dem Versuch, Nordlichter einzufangen. Nachdem ich mit ISO 6400 und 30 sec auf dem digitalen Film brate, tut sich tatsächlich etwas Grünes auf dem Display auf. Wer braucht da schon Feuerwerk? Um 0 Uhr zünden wir dann aber doch ein paar Wunderkerzen an und stoßen mit dem obligatorischen Sekt an. Happy New Year!


      Nach dem Ausflug wieder an der Hütte angekommen wärmen wir uns mit Tee und Buchstabensuppe auf. Kuoika sucht in der Suppe nach den passenden Buchstaben und nutzt den Tellerrand, um ”Lunndörren” zu legen.


      Nudelsuppe.

      Nach etwas Pause verschwinden Kuoika und N in die Sauna, und ich rühre den Nachtisch für unser Silvestermenu an: Waldmeisterglibber, also Waldmeistergötterspeise. Der Vorraum der Hütte ist der perfekte Kühlschrank, und bis zum Essen später am Abend ist der Glibber perfekt angezogen. Danach mache ich mich auch zur Sauna auf. Als ich rausgehe, ist ein kleiner Teil des Himmels sternenklar, und dort leuchtet es deutlich grün, dabei ist es erst später Nachmittag. Hoffentlich wird das noch besser.


      Nordlicht gegen 17:30 Uhr nachmittags.

      Frisch aufgewärmt und geduscht – mit der Eimerdusche – machen wir uns daran, den Hauptgang zu kochen, das Renskav, das wir beim Vålågården gekauft haben. Die Vorspeise haben Kuoika und N vorher schon gezaubert. Da man in dieser Jahreszeit ja den Kühlschrank quasi immer dabei hat, haben wir auch eine Packung Sahne eingepackt, die sich nun gut in der Sauce macht. Von zu Hause hatte ich noch getrocknete Zwiebeln und getrocknete Trompetenpfifferlinge mitgenommen. Letztere hatte ich im Sommer in den Stockholmer Schären gesammelt. Am selben Tisch wie wir lässt sich ein schwedisches Pärchen nieder, das erst am späten Nachmittag angekommen ist. Im schummringen Kerzenlicht in der Küche haben zwar die meisten eine Stirnlampe auf, aber die Lampe, die die Schwedin bei uns am Tisch auf der Stirn hat, weckt bei mir die Assoziation ”Stadionflutlicht”. Ich tippe auf eine Orientierungsläuferin.
      Bleigiessen scheint ein deutscher Brauch zu sein, die Schweden schauen uns etwas erstaunt an und wir erklären, was es damit auf sich hat.
      Draussen ist der sternenklare Bereich des Himmels leider nicht grösser geworden, ganz im Gegenteil, es hat sich zugezogen. Man sieht es aber hinter den Wolken leuchten, und wenn mal ein Loch erscheint, so hat dieses eine grüne Farbe.


      Die Stugvärdshütte in Lunndörren. Hinter den und durch die Wolken leuchtet Nordlicht. Die Flagge am Fahnenmast hängt durch den Sturm buchstäblich am seidenen Faden.

      Es stürmt wieder ganz gut, und um Mitternacht stehen wir draussen mit einem Piccolo in der Hand und stossen an. Die Wunderkerzen, die wir mitgebracht haben, werden angezündet, auch wenn sich unser Sturmfeuerzeug durch die Kälte und den Sturm etwas bitten lassen muss, aber dann glitzert es um die Hütte.


      1. Januar 2016

      Nachdem das neue Jahr begrüßt war, geht es bald in die Betten. Zwei Nachzügler (Ankunftszeit 23:30 Uhr, verstehe die Aktion immer noch nicht) quartieren sich kurz nach 1 Uhr in das noch freie Bett in unserem Zimmer. Um 7 Uhr wird bei uns wieder aufgestanden und gepackt., so dass wir uns kurz nach 9 Uhr auf den Weg zurück nach Vålådalen machen. Der Wind weht hier oben immer noch ordentlich und seitdem wir gekommen sind, ist noch mehr Schnee weg gepustet worden. Wir schnallen uns also alle erst mal die Ski an die Rucksäcke. Mit Rückenwind sind wir ziemlich schnell wieder an dem See unterhalb der Hütte. Da er nun komplett blank ist, laufen wir heute alle drum herum. Bis zur Kreuzung der Winterwege laufen wir über bekanntes Terrain.


      Vinterled.

      Danach folgen wir dem direkten Weg zur Fjällstation. Noch einmal geht es durch Märchenwald und über kleinere Moorflächen. Ab und zu ist etwas von den Bergen zu sehen, die Spitzen verstecken sich schüchtern hinter den Wolken. Je weiter wir „absteigen“ umso weniger merken wir vom Wind. Irgendwann ist es regelrecht still, hier unten weht nicht mal mehr ein laues Lüftchen. Hier gibt es auch wieder mehr Schnee und wir schnallen uns für die letzten Kilometer noch mal die Ski an. Mir gelingen sogar noch ein paar beschwingte Doppelstockschübe. Juhu.


      Noch zu Fuss.



      Letzte Pause vor der Fjällstation.


      Ottfjället wolkenverhangen.



      Am frühen Nachmittag sind wir in Vålådalen, wo wir uns nach der Dusche noch über das Waffelbuffett hermachen. Am Abend sitzen wir dann schon wieder im Nachtzug nach Stockholm. Ich würde sagen, Neujahr im Fjäll ist geglückt und eine Wiederholung wert.
      An dieser Stelle allen noch mal ein Frohes Neues Outdoorjahr!

      Heute geht es wieder runter zur Fjällstation, d.h. nach dem Anstossen geht es bald ins Bett, um mit dem Morgengrauen wieder loszukommen. Kurz vor Mitternacht war noch ein schwedisches Pärchen zur Hütte gekommen. Sie sind wohl in der Dämmerung von Vålådalen auf Ski losgegangen. Ich frage sie, wie es war, im Dunkeln zu laufen, aber sie sagen, es sein kein Problem gewesen. Ich finde es dennoch interessant bis bemerkenswert, sich erst so spät auf den Weg zu machen.
      Der Wecker klingelt um 7, etwas widerwillig stehe ich auf, mein Schlafsack ist aber auch sowas von bequem und warm… Gegen 9 kommen wir los. Die Ski landen diesmal nicht unter den Füssen, sondern seitlich am Rucksack. Zu Fuss machen wir uns auf den Weg und werden das auch für den Grossteil des Weges beibehalten. In der Nähe der Wegkreuzung, bei der wir zwei Tage zuvor Teepause gemacht habe, legen wir heute ebenfalls eine solche ein. Wir kommen gut voran, und der Wind ist heute nicht mehr so unangenehm wie die beiden Tage zuvor. Zum einen haben wir ihn im Rücken, zum anderen hat er nachgelassen. Stattdessen scheint nun Schnee in der Luft zu liegen.


      Ein weiteres Moor wird durchquert.


      Blick zurück von der Moorfläche unterhalb des Vålåsen. Schnee liegt in der Luft.

      Wir kommen Vålådalens Fjällstation immer näher, und der Wind hier weiter unten wird durch den Wald nun fast vollständig abgehalten. Auf dem Moor unterhalb des Vålåsen schnallen wir uns die Ski wieder unter die Füsse, und es geht auf Ski bis fast zur Station. Dort angekommen geben Kuoika und N ihre Ski zurück, und ich hole meine Skitasche aus dem Gepäckraum und verpacke meine Ski darin. Anschliessend geht es zur Dusche. Als kleinen Luxus zum Abschluss gönnen wir uns das Waffelbuffet in der Station. Frische Waffeln mit Sahne und Hjortronsylt! Und Kaffee! Lecker!
      Bald danach kommt das Taxi und bringt uns wieder nach Undersåker, und wenig später sitzen wir im Nachtzug nach Stockholm.
      Eine schöne Neujahrstour, gerne nochmal!
      Zuletzt geändert von Kuoika; 19.01.2016, 18:22.

      Kommentar


      • Mika Hautamaeki
        Alter Hase
        • 30.05.2007
        • 4006
        • Privat

        • Meine Reisen

        #4
        AW: [SE] Neujahr im Jämtlandsfjäll

        Sehr schöner Bericht, so will ich auch mal Silvester feiern.
        So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
        A. v. Humboldt.

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        • andrea2
          Dauerbesucher
          • 23.09.2010
          • 997
          • Privat

          • Meine Reisen

          #5
          AW: [SE] Neujahr im Jämtlandsfjäll

          Zitat von Mika Hautamaeki Beitrag anzeigen
          Sehr schöner Bericht, so will ich auch mal Silvester feiern.
          Dem kann ich mich nur anschließen.

          Schön die bekannten Ecken auch im Winter zu sehen. Es war mir gar nicht bewußt, dass die Hütten zu Silvester offen sind.

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          • Fjaellraev
            Freak
            Liebt das Forum
            • 21.12.2003
            • 13981
            • Privat

            • Meine Reisen

            #6
            AW: [SE] Neujahr im Jämtlandsfjäll

            Zitat von andrea2 Beitrag anzeigen
            Es war mir gar nicht bewußt, dass die Hütten zu Silvester offen sind.
            Das ist AFAIR auch erst seit ein paar Jahren so, dass Lunndören, Stensdalen und Vålåstugan über den Jahreswechsel offen sind.

            Ein schöner Bericht über eine für Fjälltouren doch eher ruhige Zeit, ich hoffe einfach dass ich im März mehr Schnee unter die Skier bekomme.

            Gruss
            Henning
            Es gibt kein schlechtes Wetter,
            nur unpassende Kleidung.

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            • Kuoika
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              #7
              AW: [SE] Neujahr im Jämtlandsfjäll

              Das ist AFAIR auch erst seit ein paar Jahren so, dass Lunndören, Stensdalen und Vålåstugan über den Jahreswechsel offen sind.
              Genau, kurz nach Weihnachten öffnen diese drei Hütten und sind dann bis zum 6.1. rum geöffnet.

              ..., ich hoffe einfach dass ich im März mehr Schnee unter die Skier bekomme.
              Auf etwas mehr Schnee hatten wir ja schon zu Silvester gehofft. Scheint aber wohl mehr als das Jahr zuvor gewesen zu sein.

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