[NO] Hardangervidda mit Kindern, für Einsteiger

Einklappen

Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

  • ensteff
    Anfänger im Forum
    • 12.07.2010
    • 31
    • Privat

    • Meine Reisen

    [NO] Hardangervidda mit Kindern, für Einsteiger

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Schon seit Jahren möchte ich einmal „richtig“ in Norwegen wandern gehen. Diesen Sommer soll es endlich klappen, so mein erklärtes Ziel. Aber was genau? Ich bin planlos. Am Tag vor unserer Abreise frage ich in meinem Lieblingsforum um Rat:

    Hallo Leute,

    schon morgen früh fahren wir nach Norwegen. Ich wäre gerne zwei, drei Tage in der Hardangervidda unterwegs, mit Frau und Kindern (6+11). Wir haben keinerlei Erfahrung und unsere Zeltausrüstung (Helsport-Lavvo) ist zu groß und zu schwer zum Tragen. Hüttenübernachtungen wären dagegen super. Wir haben ein Auto zur Verfügung, sind also flexibel.

    Kann jemand eine kleine Tour für Einsteiger empfehlen? Auto irgendwo parken, zu einer Hütte, dort schlafen und im Idealfall nicht die gleiche Strecke zurück zum Auto? Oder auch mit zwei Hütten, zwei Übernachtungen? Die Distanzen dürften hat nur nicht so groß sein, der kleine muss es ja auch schaffen und seinen Spaß haben.
    Meine liebe Frau und ich packen also unsere Siebensachen, fahren mit dem Auto nach Kiel und der Fähre nach Norwegen, wo unsere Jungs bei ihren Großeltern auf uns warten. Und im Forum sammeln sich ganz viele tolle Tipps. Was draus wurde, lest ihr hier.

    Bevor es losgeht:

    Erstmal zur Turistforening nach Skien, DNT-Mitglied werden. Wir bekommen einen Mitgliedsausweis, einen Hüttenschlüssel (nicht für diesmal, aber vielleicht schon nächsten Sommer) und eine Tour empfohlen, die wirklich auf unsere Situation zugeschnitten ist:
    • Eher südlich gelegen, daher kurze Anfahrt für uns
    • Bediente Hütte, das reduziert unser Gepäck
    • Sehr gutes Essen, verspricht die Dame vom DNT.


    Der erste Tag:

    Montag nach dem Frühstück starten wir bei meinen Schwiegereltern. Zwei große und zwei kleine Rucksäcke als Gepäck, die Känguru-Chroniken als Hörbuch, das Wetter deutlich besser als erwartet. Wir reisen gut gelaunt, bis Sohn II plötzlich, der schwungvollen norwegischen Straßenführung geschuldet, über Übelkeit klagt.



    Nach kurzer Frischluftpause und mit neuer Sitzplatzverteilung geht es weiter, Sohn II darf jetzt vorne sitzen. Über Skien, Notodden, Rjukan fahren wir Richtung Skinnarbu. Unterhalb des Høyfjellhotels parken wir unser Auto am See. Hier ist es schon deutlich kühler, es nieselt. Wir ziehen die Jacken an, schauen uns um und sehen rasch unsere Fähre näherkommen, die Fjellvåken II.

    Wir vier sind die einzigen Passagiere auf dieser Reise, genießen abwechselnd die Wärme im Boot und die Aussicht auf Deck.



    Erstaunlich schnell haben wir die 40 Kilometer auf dem Møsvatn zurückgelegt und gehen nahe der Turisthytte Mogen von Bord.



    Je nach Wasserstand im See hat man nun zwischen 15 Minuten und einer Stunde Fußweg. Wir haben Glück, der See ist fast voll und wir erreichen die Hütte mit zwei Blaubeerpflückpausen nach etwa einer halben Stunde.

    Herzliche Begrüßung, wir bekommen ein schönes Vierbettzimmer und Informationen über die Essenszeiten. Wir richten uns ein, packen einen Rucksack mit Verpflegung (norw.: Nistemat, ohne etwas zu Essen gehen wir nicht vor die Tür) und machen uns auf, die Umgebung zu erkunden.

    Etwa zwei Stunden wandern wir entlang der Kvenna, machen ein Picknick auf den Felsen am Fluß. Die Jungs klettern, springen von Stein zu Stein übers Wasser und messen mit den Wanderschuhen, wie tief die sumpfigen Pfützen sind.



    Zurück in der Hütte legen wir die Schuhe der Jungs in den Trockenraum, spielen Karten und stöbern in der „Bibliothek“ der Hütte. Ich finde Barnas bok om fjellnaturen, ein Sachbuch für Kinder über die norwegische Bergwelt.

    Als wir zum Essen gerufen werden, sind wir angemessen hungrig und werden verwöhnt.

    Blumenkohlsuppe vorweg, als Hauptspeise Schweinerippe auf Ofengemüse, dazu Selleriemus und Kartoffeln, dann ein feiner Nachtisch aus eingedickter Dickmilch, dazu Kaffee für die Erwachsenen. Unsere Jungs zeigen sich von der besten Seite, sind höflich, genießen und loben das Essen und gewinnen so die Herzen des Hüttenwirtenpaares.



    Wir besprechen noch die Wandermöglichkeiten mit den Wirten und bekommen eine Empfehlung, die sich sehr gut anhört. Wegen der Rentierjagd ist Stordalsbu geschlossen und der Weg dorthin nicht empfehlenswert. Der Weg Richtung Lågaros dagegen wäre sehr schön, auch wenn wir nicht die ganze Strecke schaffen können.

    Schließlich spielen wir mit den Jungs noch ein paar Runden Mau Mau (wechselnde Gewinner), basteln und spielen ein Memory-Spiel (Sohn I gewinnt, immer) und gehen bald aufs Zimmer, schlafen rasch ein und gut durch.


  • ensteff
    Anfänger im Forum
    • 12.07.2010
    • 31
    • Privat

    • Meine Reisen

    #2
    AW: [NO] Hardangervidda mit Kindern, für Einsteiger

    Der zweite Tag.

    Uns erwartet ein köstliches Frühstück: Selbstgebackenes Brot, hausgemachte Leberpastete, eigene Marmeladen, eigener Schinken, selbstgemachter Prim (wer das probiert hat, kauft nie wieder den aus der Fabrik), für jeden ein Ei. Am Nebentisch Müsliauswahl mit echter Milch. Alles zusammen ein Gegenentwurf zu den üblichen Hotel- und Herbergsbuffets, nicht eine riesigbreite Auswahl von allem sondern gezielt ausgewählte und sehr gut gemachte Lebensmittel.

    Gut gestärkt und mit Traumwetter machen wir uns auf den Weg. Mit Proviant und Regenjacken im kleineren der beiden großen Rucksäcke haben wir nur leichtes Gepäck. Wir befolgen den Tipp vom Vortag und wandern Richtung Lågaros.



    Anfangs schlängelt der Pfad sich, mal bergan, mal bergab durch lichte Birkenwälder, viele Bäche kreuzen den Weg. Der Weg wechselt häufig, mal laufen wir auf Bohlen, mal ein ausgetretener Pafd, dann wieder springen wir von Stein zu Stein in einem Bachlauf. Umso anspruchsvoller der Weg umso begeisterter laufen die Jungs. Sohn II ist dann am schnellsten, wenn er von Stein zu Stein springen muss. Wir rufen ihn Fjellgeit (Bergziege), er reagiert bockig.



    Irgendwann verlassen wir den Waldgürtel und erreichen felsigere und kahlere Strecken. Die Sonne brennt, die Mücken umschwirren uns und wir müssen manches Mal aufmuntern und Mut machen.



    Große Freude immer bei den gemeinsamen Trinkpausen, frisches Bergwasser gibt Kraft. Wir sammeln unzählige Blaubeeren, finden genau eine einzige Moltebeere, die wir zu viert teilen.



    Nach etwa 3 Stunden erreichen wir den See Gjuvsjåen, den wir uns als Wendepunkt ausgesucht haben. Wir liegen zu diesem Zeitpunkt 50% über der DNT-Planzeit, es ist gegen Mittag und damit genau richtig. Am Seeufer lassen wir uns nieder, essen die restlichen Brote, kochen Nudeln, finden noch Schokolade im Rucksack. Die Jungs spielen im Sand und im Wasser (saukalt, übrigens).





    Am Seeufer gegenüber steht eine Hütte, dort sehen wir unser erstes Rentier. Es hängt kopfüber in einem Pavillon.

    Nach unserer Pause machen wir uns gestärkt auf den Rückweg. Die Aussicht ins Tal zeigt eindrucksvoll, wie hoch wir gekommen sind (Mogen liegt auf etwa 920 m, Gjuvsjåen etwa bei 1200 m), aber auch wie lang unser Rückweg sein wird.



    Wir kommen gut voran, die Strecke über die Felsen lässt sich wieder gut laufen, später im Birkenwald merken wir, dass die Beine müder werden und immer mal eine kleine Pause nötig ist. Frisches Bergwasser und Blaubeeren geben Kraft.

    Am späten Nachmittag sind wir wieder bei der Hütte. Ich mache noch alleine einen kurzen Ausflug vorbei am Hof Argehovd zum Wasserfall an der Kvenna, sehr schön und mit wenigen Kilometern rasch erreichbar.



    Abends werden wir wieder verwöhnt: als Vorspeise Tomatensuppe, der Hauptgang besteht aus geräucherter Lammhaxe mit gestampftem Wurzelgemüse, zum Dessert ein Sorbert aus norwegischen Erdbeeren.

    Heute wird nicht mehr viel gespielt nach dem Essen. Die Jungs basteln Papierflieger, wir nutzen die Zeit, um schon mal unsere Rechnung zu zahlen und mit den Hüttenwirten Kyle und Marthe zu plaudern. Wir berichten von unserem Ausflug, sie erzählen von ihrer ersten Saison auf Mogen. Spannend zu hören, welcher Aufwand dahintersteckt, eine Hütte weitab von jeder Straße zu betreiben.

    Die Nacht ist ruhig, obwohl die Hütte im Lauf des Tages recht voll geworden ist.

    Kommentar


    • ensteff
      Anfänger im Forum
      • 12.07.2010
      • 31
      • Privat

      • Meine Reisen

      #3
      AW: [NO] Hardangervidda mit Kindern, für Einsteiger

      Der dritte Tag:
      Gut ausgeruht gehen wir frühstücken, genauso lecker wie am Vortag. Als wir schon fast fertig sind, bemerken wir eine andere Familie aus Deutschland, die ersten Nichtnorweger und die ersten Kinder seit Tagen.

      Vater, Mutter, zwei Jungs, zehn und zwölf Jahre ungefähr. Sie wandern tatsächlich von Hütte zu Hütte und haben mit den Abständen zu kämpfen, hatten ganz schön lange Tage dabei. Ich bin abermals froh, auf die Stimmen der Vernunft (meine liebe Frau und die DNT-Dame in Skien) gehört zu haben.

      Nach dem Frühstück packen wir unsere Rucksäcke, draußen regnet es in Strömen. Angesichts des Wetters sind wir nicht traurig, heute abzureisen. Kyle ist so nett und fährt einen Gepäcktransfer zur Fähre, wir wandern mit der deutschen Familie und einer Reihe Norweger hinterher.



      Die Rückfahrt verläuft gut: Die vier Jungs essen Waffeln. Lars (einer der Norweger, die mit uns seit Sonntag auf der Hütte waren) kennt sich aus und erklärt uns vieles zu den Höfen am Seeufer. Wir vier Eltern tauschen Erfahrungen aus (falls ihr mitlest, Grüße in den Süden!). Meine liebe Frau stellt fest, dass der „Fährmann“ ein alter Bekannter ihres Vaters ist (Norwegen ist so groß und so klein zugleich).



      Am Fähranleger trennen sich unsere Wege. Lars und Frau fahren nach Hause, die nette Familie möchte mit dem Bus Richtung Telemarkkanal. Wir versuchen noch vergeblich, das Rentierzentrum zu besichtigen (soll toll sein, war aber zu), fahren dann im Dauerregen zurück.

      Fazit, Tipps und Erfahrungen:
      • Wenn man mit kleinen Jungs die Känguru-Chroniken im Auto hört, sollte man sich einigen, welche Schimpfwörter in den Sprachgebrauch übergehen dürfen und welche schnell wieder vergessen werden müssen.
      • Die Fähre vorher buchen spart 50 Kronen pro Ticket. Außerdem wird man in der Nebensaison freundlich begrüßt mit „Ach, Ihr seid doch $Familienname“.
      • Zumindest wir müssen auf die DNT-Gehzeiten 50% aufschlagen, und die Zeit für die „große Mittagspause“ nochmal extra. Damit sind Hütte-zu-Hütte-Touren echt (noch) nicht drin. Wenn wir die Ausstattung anpassen und die Jungs irgendwann ihren eigenen Kram tragen können, dann denken wir nochmal drüber nach.
      • Wenn im Zweifel, dann noch einen extra Pulli einpacken. Wir hatten am zweiten Tag Glück, die Sonne schien und wir brauchten nix warmes. Hätte aber anders kommen können: mit dem Wetter des dritten Tages hätten wir bei unserer Wanderung gefroren.
      • Das Abendmenü auf Mogen ist echt Klasse. Darauf zu verzichten hieße, an der falschen Stelle zu sparen.
      • Wenn Sohn II gar nicht mehr möchte und „jeg hater fjellet“-schimpfend auf dem Boden sitzt, können Love Hearts helfen: Kleine Bonbons, die erstaunlich aufmunternde und mutmachende Botschaften für Wanderer vermitteln. Steht da wirklich „Schon bald sind wir da“ auf dem Bonbon? Nun ja, nächstes Jahr kann er selbst lesen und dieser Trick wird nicht mehr ziehen.
      • Man sagt, in den norwegischen Bergen gäbe es Trolle, man solle sich in acht nehmen. Zum Glück sind die meisten Trollverstecke mit einem roten T markiert.




      Bonus, für Sohn II:
      Was ist blau und liegt im Wald?



      Schlumpfkacke!

      Kommentar


      • maahinen
        Erfahren
        • 01.02.2014
        • 303
        • Privat

        • Meine Reisen

        #4
        AW: [NO] Hardangervidda mit Kindern, für Einsteiger

        Ein wunderwunderwunderschöner Bericht! Danke!

        Liebe Grüße
        Maahinen

        Ps. Die Erklärung für die roten Ts muss ich mir merken. Ich hatte mich dort schon gewundert

        Kommentar


        • Sylvie
          Erfahren
          • 20.08.2015
          • 361
          • Privat

          • Meine Reisen

          #5
          AW: [NO] Hardangervidda mit Kindern, für Einsteiger

          Sehr schön! Kinder zum Wandern motivieren ist manchmal kein einfacher Job.

          Gruß
          Sylvie

          Kommentar


          • fcelch
            Dauerbesucher
            • 02.06.2009
            • 521
            • Privat

            • Meine Reisen

            #6
            AW: [NO] Hardangervidda mit Kindern, für Einsteiger

            Hei,

            Danke das du deinen Erfahrungen teilst.

            Ein geeignetes Gebiet für Hüttenwanderungen mit Kindern ist in N schwer zu finden. Meist hat man mindestens eine zu lange Etappe dabei. Wir waren damals in Rondane mit den Kids unterwegs. Tolle Landschaft! Die Etappen waren moderat, jedoch am Ende noch zu lang für unsere Kleine und wir mussten abbrechen.....haben die Wildnis im nach einigen Tagen im Taxi verlassen. Vielleicht ist das auch noch mal irgendwann interessant für Euch. Einen Bericht dazu findest du hier:
            https://www.outdoorseiten.net/forum/...king-in-Norweg

            Gruß,
            FCElch

            Kommentar

            Lädt...
            X