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Jetzt ist doch wieder einiges an Zeit ins Land gegangen, seitdem ich von meiner letzten Tour zurückgekehrt bin und jetzt endlich mal mit der Schreiberei begonnen habe. Die vielen schönen Reiseberichte die ich in jüngster Zeit gelesen habe, haben dann letztendlich auch meine Schreibfaulheit überwunden und dazu geführt, dass ich jetzt auch mal angefangen habe in die Tasten zu hauen.

Vorwort
Die erste Frage vor jeder Tour lautet natürlich, wo soll es hingehen und über welchen Zeitraum. Da gab es dieses Jahr bei mir einige Ungewissheiten, die erstmal geklärt werden mussten. Als erstes stand die Frage im Raum ob ich denn überhaupt eine Tour unternehmen sollte. Der Grund liegt darin, dass mein Vertrag als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni zum 31ten August auslaufen würde und es mir somit vernünftig erschien meine Promotion möglichst schnell zu Ende zu bringen. Da wäre so ne Tour zum einen eine finanzielle Belastung und zum anderen wäre es auch eine Zeitvergeudung, da ich in dieser Zeit nicht an meiner Arbeit schreiben könnte (und ich wahrscheinlich sowieso erst im Februar/März 2013 fertig sein werde).
Außerdem war noch unklar ob von meinen Freunden jemand mit kommt oder es wieder ne Solotour werden würde. Und wo sollte es dieses Jahr hingehen? Zumindest war mir schnell klar, dass es (wenn überhaupt) nichts wirklich allzu teures und exotisches werden würde. Meinen Traum durch die Brooks Range in Alaska zu wandern würde ich leider auch dieses Jahr wieder nicht erfüllen können.
Aber wohin dann? Wieder nach Lappland? Da war ich doch schon so oft. Schottland erschien mir auch als reizvolle Alternative, ein Freund von mir hat da mal studiert und hatte eigentlich Lust darauf ein bisschen durch die Highlands zu latschen. Und was ist mit dem Alpenraum? An sich auch ne schöne Gegend die ich bisher immer so ein bisschen links liegen gelassen hab (weil sie mir halt nicht „wild“ genug erscheint). Oder noch was ganz anderes? Tja, komplizierte Situation irgendwie.
Mit der Zeit kam ich dann zu der Überzeugung, dass ich trotz allem Promotionsstress nicht auf eine Tour verzichten wollte. Gerade weil es eine stressige Gesamtsituation war fand ich den Gedanken unheimlich reizvoll einfach mal für 2 Wochen Abstand zu nehmen und den Kopf frei zu bekommen. An diesem Punkt muss ich auch noch meinen Eltern danken, die einen großen Teil der Kosten übernommen haben.
Von meinen Freunden ist dann einer nach den anderen abgesprungen, so dass es zum Schluss wieder auf ne Solotour hinauslief. Und dann siegte die Bequemlichkeit als ich mich erneut für Lappland entschied. Vorteil von Lappland war halt einfach, dass ich die Gegend und die notwendigen Verbindungen prinzipiell kenne und auch die nötigen Karten habe. Für eine neue Gegend wie Schottland müsste ich mich doch etwas intensiver vorbereiten. Und es war ja auch nicht so, dass ich jetzt absolut keine Lust mehr auf Lappland gehabt hätte. Aber wenn schon Lappland, dann wollte ich zumindest eine Gegend durchwandern, in der ich bisher noch nie gewesen bin. Nach einigem Kartenstudium fiel meine Wahl dann aufs Vindelfjäll Naturreservat. Mit einer Fläche von 5600 km2 groß genug also um mich da für 2 Wochen mal ein bisschen austoben zu können.
Über die Entstehung des Titels
Bevor es zu Missverständnissen kommt und einige Leute vielleicht denken ich hätte da oben nur rumgechillt und gar nicht gewandert wäre, will ich noch kurz erklären wie dieser vielleicht etwas merkwürdig klingende Titel zustande kam. Natürlich bin ich auch gewandert und fand es auch oft genug nervig, anstrengend und unentspannt.
Aber als ich vor einiger Zeit mit Vincent und Bernd gemütlich in ner Kneipe aufm Bier zusammen saß und wir über alte Touren geredet haben, meinte ich, dass bei dieser Tour die Grundstimmung im Vergleich zum Vorjahr einfach viel gechillter war. Letztes Jahr hatte ich doch einige kritische Stellen (Pässe, Flussüberquerungen, Blockfelder etc.) wo ich mir zum Teil schon vom Voraus Gedanken über die Durchführbarkeit gemacht habe (und die dann teilweise auch echt haarig waren). Worauf Vincent meinte „Hey, das wäre doch ein guter Titel für Deinen Bericht - Lappland im Bereich des Gechillten“. An dieser Stelle also noch mal ein Dankeschön an Vincent für diese kreative Inspiration.
Ungefährer Streckenverlauf
Startpunkt meiner Tour war Stabbfors, Ziel Hemavan. Insgesamt war es also fast eine Rundtour. Anfangs bin ich viel querfeldein und teilweise auf Trampelpfaden gelaufen, später folgte dann ich größtenteils dem nördlichen Kungsleden (zwischen Ammarnäs und Hemevan). Der Routenverlauf kann HIER inklusive Höhenlinien nachvollzogen werden. Eine GOOGLE MAPS ANSICHT ist natürlich auch vorhanden.
Tag 0, weil nur Anreise (09.08.)
Der erste Teil der Anreise verlief wieder mit dem Flieger von Hamburg nach Stockholm. Nur nicht wie letztes Jahr Frühmorgens um 7:05 Uhr, sondern entspannt um 13:55 Uhr. Konnte also halbwegs ausschlafen und dann ganz in Ruhe packen. Und während ich letztes Jahr in Stockholm dann übern Arlanda Airpot gehetzt bin um den Anschlussflug nach Gällivare zu erwischen sollte es dieses Mal mit dem Nachtzug nach Umeå weitergehen. Dazwischen hatte ich noch ungefähr 6 Stunden Aufenthalt in Stockholm. Mehr als genug um noch bisschen Essen und Brennspiritus zu einzukaufen.
Abends habe ich dann noch einen alten Freund aus meiner Zeit als Erasmusstudent getroffen (damals haben wir in Uppsala aufm gleichen Korridor gewohnt). Zusammen haben wir dann ein paar Bierchen getrunken und über alte Zeiten geredet und viel rumgescherzt. Die Zeit verging so wie im Fluge und um 22:50 Uhr nahm ich dann (leicht angetrunken, hehe) den Nachtzug nach Umeå. Noch schnell den Handywecker auf 5:45 Uhr gestellt (Zug sollte um 6:15 Uhr in Umeå ankommen) und mich dann voller Vorfreude schlafen gelegt.

Warten auf den Nachtzug nach Umeå
Tag 1 (10.08.)
Ich wurde wach (draußen war es schon hell), hab nen Blick auf die Uhr geworfen und erstmal einen Riesenschreck bekommen. „Was, schon 8 Uhr??? Wie konnte das sein? Warum hab ich den verdammten Wecker nicht gehört? Und was mache ich jetzt?“. Anschließend wurde ich erneut wach und stellte erleichtert fest, dass es nur ein böser Traum war. Draußen war es noch relativ dunkel und es war erst Viertel nach 3. Ufff, scheinbar nagte die Angst den Bahnhof zu verpennen doch etwas an mir. Um halb 6 bin ich dann endgültig aufgestanden. Draußen zogen endlose Nadelwälder und tiefblaue Seen vorbei, während die Sonne gerade die letzten Reste vom Morgennebel auflöste. Welch wunderschönes Gefühl wieder in Nordschweden zu sein.
Der Ausstieg in Umeå hat dann auch planmäßig geklappt und um 7 Uhr nahm ich dann den Bus nach Hemavan. Als ich den Busfahrer nach dem Preis fragte, schüttelte dieser nur den Kopf und nuschelte irgendwas davon, dass mit der Kasse etwas nicht OK sei und ich mich deswegen erstmal setzten soll. Na von mir aus gern. Ich hatte jetzt noch 6 Stunden Busfahrt vor mir, außerdem eine große Tüte mit Süßigkeiten und einen Spiegel in dem ich noch einige Artikel lesen wollte (bevor ich ihn dann in Hemavan entsorgte). Sprich es war insgesamt eine sehr angenehme Busfahrt, bei der ich noch etwas Schlaf nachholte und die Landschaft draußen genoss. War schon auch bisschen aufregend die Natur entlang einer mir noch unbekannten Straße zu beobachten.

Anfahrt im Bus, noch schien die Sonne.

Das Wetter verschlechterte sich, die Vorfreude stieg aber an.
Um Viertel nach 1 erreichte der Bus Hemavan. Beim Aussteigen fragte ich den Busfahrer erneut was ich ihm schuldig war und er machte nur eine wegwerfende Handbewegung. Na das war doch mal eine freudige Überraschung. Gegen so ne kostenlose Busfahrt hatte ich mal nichts einzuwenden.
Gut gelaunt überlegte ich mir, wie es nun weitergehen sollte. Beginnen wollte ich meine Tour im Artfjället. Aber um dahin zu gelangen, standen eigentlich erstmal einige Kilometer Straße aufm Programm. „Aber Moment mal, hab ich durch die Busfahrt nicht nen Haufen Geld gespart? Dann spricht doch eigentlich nichts gegen ein Taxi?“ Gesagt getan, und schon kam ein Taxi vorbei und brachte ich mach Stabbfors (hierbei handelt es sich eigentlich nur um eine verstreute Ansammlung von Häusern entlang einer Schotterstraße).

So, endlich in Hemavan

Meine Wanderkarte
Mittlerweile war es halb 3 als der Fahrer mich abgesetzt hat. Endlich konnte es losgehen. Mein Plan war simpel. Einfach direkt aufsteigen um möglichst schnell über die Baumgrenze ins Kahlfjäll zu gelangen. In gewohnt euphorischer Anfangsstimmung ging es dann los. Die Temperatur war angenehm mild bis kühl, die Mücken haben auch nur mäßig genervt und das Terrain war typischer nordschwedischer Fjällbirkenwald, also auch nicht allzu anspruchsvoll. Sprich ich war hoch motiviert, was sich auch in meinem flotten Aufstiegstempo widerspiegelte. Nach 40 Minuten hatte ich dann bereits die Baumgrenze erreicht (wenn ich da nur an letztes Jahr zurückdenke, wo ich erstmal fast einen ganzen Tag durch Wald laufen musste).
Die Aussicht konnte sich auch sehen lassen. Unter mir befand sich der Tängvattnet und links davon Hemavan und das Norra Storfjället Massiv. Ich fühlte mich richtig glücklich. Endlich war ich wieder im Kahlfjäll und konnte eine für Lappland so typische Fernsicht genießen. Und das alles bereits nach bereits 40 Minuten. So schnell war ich bei meinen Touren bisher noch nie über die Baumgrenze gekommen. Gut gelaunt lief ich nun weiter in nordwestlicher Richtung um auf ungefähr 850 Metern dann das Höhenniveau zu halten.

Halb 3, kann losgehen.

Für ca. 40 Minuten ging es durch Wald...

... dann war ich auch schon im Kahlfjäll.
Jetzt bekam ich aber den Tribut meines raschen Aufstieges zu spüren. Durch das zügige Tempo war ich entsprechend voll geschwitzt. Und hier oben im Kahlfjäll wehte ein kühler Wind und das Wetter begann sich stetig zu verschlechtern. Mir wurde unangenehm kalt in meinen nass geschwitzten Sachen und mit einem Mal war meine Hochstimmung komplett verflogen. Die ersten Regentropfen kamen runter und die Sicht wurde zunehmend schlechter bis die Gegend dann mehr oder weniger komplett im Nebel versank. Eigentlich wollte ich heute noch bis zum nächst größeren See laufen. Ich wusste aber nicht genau ob wie weit der noch entfernt war und ob ich überhaupt auf dem richtigen Höhenniveau war. Um 17 Uhr kam ich dann an einem kleinen Bach vorbei und ich dachte mir „Scheiß drauf“ und hab mein Zelt aufgestellt.

Ungemütliches Wetter

Schlechte Sicht, keinen Bock mehr weiter zu laufen.

Gemütlicher Zeltplatz (naja)
Allerdings war doch etwas enttäuscht darüber, dass ich heute nur so wenig Strecke geschafft habe. Aber unter den Bedingungen hatte ich gerade einfach keinen Bock mehr. Gekocht habe ich abends dann in der Apsis während ich gemütlich im Schlafsack lag. Komischerweise kam mir da der Gedanke, dass ich so was bei einer Tour in Alaska wegen der Bärengefahr nicht machen könnte. Da hätte ich jetzt draußen unter ungemütlichen Bedingungen in meinen nassen Sachen mein Abendbrot verspeisen dürfen. Zumindest in dem Moment war ich echt glücklich darüber nicht in Alaska sondern in Lappland zu sein.

Home sweet home...
Tag 2 (11.08.)
Wirklich besser ist das Wetter rüber Nacht nicht geworden, aber immerhin hingen die Wolken jetzt etwas höher, so dass ich bezüglich der Orientierung keine Probleme haben würde. Dennoch hab ich mich mit dem Aufbruch etwas schwer getan, so dass ich erst um kurz nach 11 los marschierte. Nach 10 Minuten erblickte ich dann den eigentlich gestern noch angepeilten See. Dann lag ich ja doch gar nicht so schlecht. Ich folgte einem kleinen Bach, stieg ein paar Meter auf und hatte einschließend einen tollen Blick aufs Ruhtjiedurri. Die Berge lagen zwar alle in den Wolken und landschaftlich war die Gegend jetzt eigentlich nicht sonderlich spektakulär aber trotzdem hat es mir irgendwie gefallen. Wahrscheinlich war es gerade dieser raue abweisende Charme der quasi Wildnis ausstrahlte und mich angesprochen hat. Als ich dann auch noch meine erste Rentierherde sah hatte ich nun endgültig das Gefühl wieder in Lappland angekommen zu sein.

Aufbruch gegen 11 Uhr

Mein gestriges Tagesziel (eigentlich)

Blick aufs Ruhtjiedurri

Erste Rentiersichtung

Rauhe Schönheit
Als ich am Ruhtjiejohke ankam, hatten meine Croqs beim Furten ihren ersten Einsatz. In der anschließenden Mittagspause zeigte sich für einen kurzen Moment sogar mal die Sonne. Anschließend ging es zum Rödningsfjället bergauf. Mein Schönwetterplan sah eine Überquerung des Berges vor (mein Schönwetterplan wohlbemerkt). Aufgrund der tief hängenden Wolken entschied ich mich stattdessen dafür den Pass zwischen Rödninsfjället und Båajmatjebaektie zu nehmen. Doof war nur, dass ich selbst den Einstieg zum Pass nicht sehen konnte. Eigentlich würde es nur einmal kurz in die Wolken rein und auf 950 Meter gehen und schwups wäre ich auch auf der anderen Seite wieder draußen.

Mittagspause mit kurzem Sonnenintermezzo

Aufstieg zum Rödninsgfjäll, Blick zurück zum Ruhtjiejohke

Wo geht's denn jetzt zum Pass hinauf?
Aber wo jetzt einsteigen? In der Hoffnung halbwegs richtig zu liegen bin ich einfach mal auf gut Glück draufloszugehen. Nach etwa einer halben Stunde Nebelwandern kam ich wieder unter die Wolkendecke. Komisch nur, dass die Landschaft anders aussah als erwartet. Wo war denn der See 860? Stattdessen lag vor mir der Abstieg in ein bewaldetes Tal. Das war definitiv falsch. Ich Depp, statt in Ost-West Richtung den Pass zu überqueren bin ich irgendwie in südliche Richtung abgedriftet und über die Rödningsnäset gelaufen. Und nu? Zurückgehen wollte ich nicht. Erstmal wäre das dann wieder son Blindlaufen durch den Nebel gewesen. Und außerdem finde ich es einfach doof umzukehren. Andere Option wäre ins vor mir liegende Tängsvattendalen hinabsteigen. Das wäre aber ein kleiner Umweg, außerdem bedeutete dies auch Mücken und Dickicht. Und darauf hatte ich keinen Bock.

Rumwandern im Nebel

Tängsvattendalen voraus, da wollte ich aber eigentlich gar nicht hin.
Also entschied ich mich für die letzte Möglichkeit, die da hieß direkt übers Rödningsfjället rüber. War zwar Wolkenverhangen, aber wenn ich mich strikt an meinen Kompass halte sollte es von der Orientierung eigentlich klappen (hab ja eben gerade erst gesehen, wie „gut“ so was funktioniert
). Außerdem hatte ich gerade einfach Bock auf eine kleine Herausforderung. Nun ja, bisschen getrübt wurde die Euphorie doch davon, dass der Aufstieg vielleicht etwas zu steil war (ca. 60° Steigungswinkel). Oftmals musste ich meine Hände zur Hilfe nehmen und außerdem trat viel Wasser aus dem Berg, so dass der Boden recht rutschig war und ich mich stark konzentrieren musste keinen Mist zu bauen. Nach etwa einer Viertelstunde hatte ich den schlimmsten Teil geschafft und die Anspannung fiel von mir ab. Im Nachhinein betrachtet eigentlich ne ziemlich lustig-stumpfe Aktion, die aber auch nicht ganz ungefährlich war. Zumindest von einem Abstieg unter solchen Bedingungen würde ich ganz klar abraten (rauf kommt man schließlich immer leichter).

Anstrengender Aufstieg
Es ging jetzt auf etwa 1000 m über eine größtenteils steinige Landschaft, die aber gut zu durchlaufen war. Allerdings war der Nebel doch etwas bedrückend. Musste ich Anfangs noch gut gelaunt über meine „Dreistigkeit“ schmunzeln einfach so oben rum abzukürzen, so merkte ich doch wie mir dieses Blindwandern zunehmend aufs Gemüt schlug. Was hätte ich bei gutem Wetter jetzt für ne geile Sicht nach Norwegen zum Røssvattnet und dem Okstindan Massiv gehabt. Stattdessen wusste ich grad nicht einmal wo genau ich mich überhaupt befand. Ständig musste ich meinen Kurs mit dem Kompass korrigieren, weil ich unbewusst wieder leicht nach Süden driftete (wo mich eine netter Abhang erwartet hätte).

Ziemlich triste Stimmung hier oben.
Um 18 Uhr hatte er Spuk dann endlich ein Ende, als es spürbar bergab ging und ich auch wieder aus den Wolken raus kam. Als ich den Røssvattnet (immerhin zweitgrößter See Norwegens) erblickte wusste ich auch, dass ich mich diesmal nicht hoffnungslos verfranzt hatte. Trotz des schlechten Wetters war der Anblick auf den See recht erquickend. Dafür wurde ich dann in meiner nächsten Pause erstmal enthusiastisch von den Mücken begrüßt. Wo kamen die eigentlich alle her? Ich hab sie jedenfalls nicht bestellt.

Endlich wieder aus den Wolken raus

Blick zum Røssvattnet
Beim weiteren Abstieg kam ich zu einem kleineren Bach mit recht ordentlicher Strömung. Eigentlich hatte ich keine Lust wieder meine Schuhe auszuziehen und auf meine Croqs umzusteigen, aber noch einigem Suchen nach einer vernünftigen Watstelle kam ich leider nicht drum herum. Was ich zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht wusste war, dass dieses bereits der letzte Bach auf meiner Tour sein sollte den ich mit Croqs furten musste. Am anderen Ufer brauchte ich dann noch etwa ne halbe Stunde um einen passablen Zeltplatz zu finden (entweder war der Boden zu uneben, zu sumpfig oder zu stark mit Sträuchern bewachsen). Um Viertel vor Acht konnte ich dann endlich Feierabend machen. Was für ein Tag, insgesamt ziemlich anstrengend und auch nervlich wieder etwas belastend. Dafür war ich froh, dass ich streckentechnisch ganz gut im Plan lag. Jetzt müsste morgen nur noch das Wetter besser werden und diese ganzen nervigen Mücken verschwinden und alles wäre in bester Ordnung.

Letzter Bach auf meiner Tour der mit Crocs gefurtet werden musste.

Uff, endlich fertig für heute
Tag 3 (12.08.)
So, nach dem Aufstehen erstmal Inventur gemacht: Wetter? Weiterhin noch stark bewölkt, aber von der Temperatur immerhin milde 10 Grad. Mücken? Immer noch da und überaus hungrig. Stimmung? So na ja… Kurz nach 10 brach ich dann auf. Nachdem ich ein kleines Stück nach Norden marschiert war kam ich an den Grenzstein 215A und habe kurz norwegischen Boden betreten. Weiter ging es über feuchte, teilweise schlammige Wiesen und an einigen toten Lemmingen vorbei. Ja das hat mich echt etwas deprimiert. Letztes Jahr hab noch so viele lebhafte und sympathische Quieker gesehen und nun nur noch halb verrottete Kadaver. Dafür konnte ich mich aber immerhin nicht über zuwenig Mücken beklagen. Nun, ehrlich gesagt hätte ich es lieber anders herum gehabt. Nervig auch, dass die Wolken mal wieder so tief hingen. Beim Aufstieg zum Sjaarethåhke Pass stand ich ab 900 Metern wieder in der Wolkensuppe. Die Landschaft wirkte wieder mal extrem eintönig und der Aufstieg zum Pass zog sich hin und zog sich hin und zog sich hin…

Grenzstein 215A

Tja, letztes Jahr fand ich die Lemminge irgendwie cooler.

Aufstieg zum Pass, die Wolken warten schon.
Diese Monotonie, kombiniert mit der dazu einhergehenden leichten Unsicherheit die Orientierung nicht zu verlieren (Kompass wurde häufiger benötigt) und die vielen Mücken haben doch sehr auf die Stimmung gedrückt. Teufelskreis, weil ich dadurch natürlich noch langsamer gelaufen bin. Um halb zwei war ich dann endlich auf der Passhöhe (1000 m). Zur Aufheiterung sah ich auch gleich eine größere Rentierherde, die sich aber leider nicht sonderlich nah an mich rangetraut hat. Leider sollten das auch schon die letzten Rentiere sein, die ich auf dieser Tour zu Gesicht bekam. Ich frage mich wirklich, warum die sich im später Verlauf der Tour alle vor mir versteckt haben???

Kurz unterhalb der Wolkendecke

Passhöhe auf 1000 Metern

Leider meine letzten Rentiere bei dieser Tour
Endlich lichtete sich der Nebel und ich bekam wieder etwas von der Landschaft zu sehen. Tat echt gut dieses Gefühl aus der Wolke raus zu sein. Landschaftlich war es jetzt eigentlich nicht sonderlich spannend. Ein Tal, dessen Hauptstrom von mehreren kleinen Bächen gespeist wird, umgeben von ein paar Hügeln, deren Gipfel in den Wolken verschwanden. Und dennoch empfand ich es als den bisher schönsten Anblick auf dieser Tour. Auch wenn die nächste Straße nur 13 km (Luftlinie) entfernt war, hatte ich doch das Gefühl mitten im Nirgendwo zu stehen. Ein bisschen fühlte es sich an wie Sarek im Kleinformat. Irgendwie gefiel mir dieses weite, offene Tal mit seinen vielen kleinen Bäche und den kahlen Hügeln mit den vereinzelten Schneeresten.

Endlich wieder bisschen Aussicht, war doch gar nicht so schlecht.
Frisch ausgeruht und gestärkt durch die Mittagspause ging es nun ins Tal herab. Übers Terrain konnte ich mich echt nicht beschweren. Genauso wenig darüber, dass der Vualtasjejohke problemlos trockenen Fußes gefurtet werden konnte. Der anschließende Anstieg zum See 922 ging auch recht gut und flott vonstatten. Ich merkte richtig wie mir das Wandern durch diese schöne Tundralandschaft großen Spaß bereitete. Nach dem ich den See 922 passiert habe ging es nun über eine leicht monoton erscheinende Hochebene (das Tal vorher fand ich irgendwie schöner) langsam wieder bergab. Mittlerweile waren sogar Stellen von blauem Himmel zu sehen und hin und wieder hab ich auch nen Sonnenstrahl abbekommen. Im Tal konnte ich schon den lang gestreckten Över Uman erblicken und freute mich über diesen kleinen Wetterumschwung und über diese landschaftliche Abwechslung.

Vualtasjejohke

Blumenwiese beim Aufstieg

Njiaarkejaeevri

Blick zum Över Uman, jetzt kam auch mal die Sonne raus.
Was mich allerdings demotivierte war der noch vor mir liegende Abstieg. Mittlerweile war es bereits 18 Uhr und ich wollte noch etwa 6 km zurücklegen (hier oben gab es keine schönen Zeltplätze und ich hatte den Ehrgeiz unten am See zu übernachten). Nur hat sich jetzt doch eine gewisse Erschöpfung breit gemacht, die auch daher kam, dass meine Fußsohlen ordentlich weh taten (war schon bei früheren Touren öfters ein Problem bei längeren Etappen, ich glaub ich sollte mir mal weichere Inletts zulegen).

Tja, hatte leider noch ein bisschen Weg vor mir.
Gegen 19 Uhr erreichte ich dann den Waldrand und kam kurze Zeit später an der zurückgelassenen Samensiedlung Gausjösjön vorbei. Die grüne Landschaft, die wärmende Sonne sowie der Anblick auf den schönen Över Uman haben mir dann noch mal einen kleinen Motivationsschub verliehen. Zumal ich mir sagte einfach die nächst besten Stelle zum Zelten zu nehmen. Das dauerte allerdings noch ein bisschen, bevor ich kurz vor der ersten Brücke, um 20 Uhr endlich einen passenden Zeltplatz mit schönem Seeblick gefunden habe. Ufff, das wurde aber auch mal Zeit. Erleichtert baute ich mein Zelt auf und genoss meine Nudeln.

Am Över Uman, da kommt doch wieder Freude auf.

Verlassene Samensiedlung Gausjosjön, jetzt so ne Art Freilichtmuseum

Zeltplatz mit Seeblick

Für den kleinen Durst zwischendurch
Das Tolle an meinem Zeltplatz war, dass er an einer recht schmalen Landzunge lag. So bin ich dann abends nach dem Essen ans Nordufer des Sees gegangen, wo ich dann noch einen malerischen Sonnenuntergang beobachten konnte. Das tat sooo gut. Nachdem ich seit Beginn der Tour nur schlechtes bis mäßiges Wetter hatte konnte ich mich nun ins weiche Ufergestrüpp setzen und die letzten Sonnenstrahlen des Tages samt der wunderschönen Dämmerung genießen. Endlich mal wieder so ein super gechillter Moment in Ruhe und Frieden, so wie ich es von Lappland kenne und liebe. Einziges Manko war die nahe gelegene E12 (auch blå vägen genannt) wo gelegentlicher Autolärm mir klar machte, dass die Zivilisation hier nicht allzu weit weg war. Andererseits würde es ohne die Straße wohl auch gar nicht die beiden Brücken (über die ich morgen rüber wollte) geben und ich hätte meine Tour nicht hier entlang gelegt und könnte somit gar nicht diesen tollen Sonnenuntergang bewundern. Letztendlich alles müßige Spekulation, ich beschloss einfach mich an dem zu erfreuen was ich gerade hatte und das war wunderschön.

So, schnell noch ans Nordufer um die Abendsonne zu genießen.

Ja das nenne ich doch mal einen anständigen Sonnenuntergang.

Sogar ein klitzekleiner Strand war vorhanden.

Entspannung pur

Viertel nach 9, hätt heut Mittag nicht gedacht noch so nen tollen Sonnenuntergang zu erleben.
Das wars jetzt erstmal fürn Anfang. Später gibts dann mehr.

Vorwort
Die erste Frage vor jeder Tour lautet natürlich, wo soll es hingehen und über welchen Zeitraum. Da gab es dieses Jahr bei mir einige Ungewissheiten, die erstmal geklärt werden mussten. Als erstes stand die Frage im Raum ob ich denn überhaupt eine Tour unternehmen sollte. Der Grund liegt darin, dass mein Vertrag als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni zum 31ten August auslaufen würde und es mir somit vernünftig erschien meine Promotion möglichst schnell zu Ende zu bringen. Da wäre so ne Tour zum einen eine finanzielle Belastung und zum anderen wäre es auch eine Zeitvergeudung, da ich in dieser Zeit nicht an meiner Arbeit schreiben könnte (und ich wahrscheinlich sowieso erst im Februar/März 2013 fertig sein werde).
Außerdem war noch unklar ob von meinen Freunden jemand mit kommt oder es wieder ne Solotour werden würde. Und wo sollte es dieses Jahr hingehen? Zumindest war mir schnell klar, dass es (wenn überhaupt) nichts wirklich allzu teures und exotisches werden würde. Meinen Traum durch die Brooks Range in Alaska zu wandern würde ich leider auch dieses Jahr wieder nicht erfüllen können.

Mit der Zeit kam ich dann zu der Überzeugung, dass ich trotz allem Promotionsstress nicht auf eine Tour verzichten wollte. Gerade weil es eine stressige Gesamtsituation war fand ich den Gedanken unheimlich reizvoll einfach mal für 2 Wochen Abstand zu nehmen und den Kopf frei zu bekommen. An diesem Punkt muss ich auch noch meinen Eltern danken, die einen großen Teil der Kosten übernommen haben.
Von meinen Freunden ist dann einer nach den anderen abgesprungen, so dass es zum Schluss wieder auf ne Solotour hinauslief. Und dann siegte die Bequemlichkeit als ich mich erneut für Lappland entschied. Vorteil von Lappland war halt einfach, dass ich die Gegend und die notwendigen Verbindungen prinzipiell kenne und auch die nötigen Karten habe. Für eine neue Gegend wie Schottland müsste ich mich doch etwas intensiver vorbereiten. Und es war ja auch nicht so, dass ich jetzt absolut keine Lust mehr auf Lappland gehabt hätte. Aber wenn schon Lappland, dann wollte ich zumindest eine Gegend durchwandern, in der ich bisher noch nie gewesen bin. Nach einigem Kartenstudium fiel meine Wahl dann aufs Vindelfjäll Naturreservat. Mit einer Fläche von 5600 km2 groß genug also um mich da für 2 Wochen mal ein bisschen austoben zu können.
Über die Entstehung des Titels
Bevor es zu Missverständnissen kommt und einige Leute vielleicht denken ich hätte da oben nur rumgechillt und gar nicht gewandert wäre, will ich noch kurz erklären wie dieser vielleicht etwas merkwürdig klingende Titel zustande kam. Natürlich bin ich auch gewandert und fand es auch oft genug nervig, anstrengend und unentspannt.
Aber als ich vor einiger Zeit mit Vincent und Bernd gemütlich in ner Kneipe aufm Bier zusammen saß und wir über alte Touren geredet haben, meinte ich, dass bei dieser Tour die Grundstimmung im Vergleich zum Vorjahr einfach viel gechillter war. Letztes Jahr hatte ich doch einige kritische Stellen (Pässe, Flussüberquerungen, Blockfelder etc.) wo ich mir zum Teil schon vom Voraus Gedanken über die Durchführbarkeit gemacht habe (und die dann teilweise auch echt haarig waren). Worauf Vincent meinte „Hey, das wäre doch ein guter Titel für Deinen Bericht - Lappland im Bereich des Gechillten“. An dieser Stelle also noch mal ein Dankeschön an Vincent für diese kreative Inspiration.

Ungefährer Streckenverlauf
Startpunkt meiner Tour war Stabbfors, Ziel Hemavan. Insgesamt war es also fast eine Rundtour. Anfangs bin ich viel querfeldein und teilweise auf Trampelpfaden gelaufen, später folgte dann ich größtenteils dem nördlichen Kungsleden (zwischen Ammarnäs und Hemevan). Der Routenverlauf kann HIER inklusive Höhenlinien nachvollzogen werden. Eine GOOGLE MAPS ANSICHT ist natürlich auch vorhanden.
Tag 0, weil nur Anreise (09.08.)
Der erste Teil der Anreise verlief wieder mit dem Flieger von Hamburg nach Stockholm. Nur nicht wie letztes Jahr Frühmorgens um 7:05 Uhr, sondern entspannt um 13:55 Uhr. Konnte also halbwegs ausschlafen und dann ganz in Ruhe packen. Und während ich letztes Jahr in Stockholm dann übern Arlanda Airpot gehetzt bin um den Anschlussflug nach Gällivare zu erwischen sollte es dieses Mal mit dem Nachtzug nach Umeå weitergehen. Dazwischen hatte ich noch ungefähr 6 Stunden Aufenthalt in Stockholm. Mehr als genug um noch bisschen Essen und Brennspiritus zu einzukaufen.
Abends habe ich dann noch einen alten Freund aus meiner Zeit als Erasmusstudent getroffen (damals haben wir in Uppsala aufm gleichen Korridor gewohnt). Zusammen haben wir dann ein paar Bierchen getrunken und über alte Zeiten geredet und viel rumgescherzt. Die Zeit verging so wie im Fluge und um 22:50 Uhr nahm ich dann (leicht angetrunken, hehe) den Nachtzug nach Umeå. Noch schnell den Handywecker auf 5:45 Uhr gestellt (Zug sollte um 6:15 Uhr in Umeå ankommen) und mich dann voller Vorfreude schlafen gelegt.

Warten auf den Nachtzug nach Umeå
Tag 1 (10.08.)
Ich wurde wach (draußen war es schon hell), hab nen Blick auf die Uhr geworfen und erstmal einen Riesenschreck bekommen. „Was, schon 8 Uhr??? Wie konnte das sein? Warum hab ich den verdammten Wecker nicht gehört? Und was mache ich jetzt?“. Anschließend wurde ich erneut wach und stellte erleichtert fest, dass es nur ein böser Traum war. Draußen war es noch relativ dunkel und es war erst Viertel nach 3. Ufff, scheinbar nagte die Angst den Bahnhof zu verpennen doch etwas an mir. Um halb 6 bin ich dann endgültig aufgestanden. Draußen zogen endlose Nadelwälder und tiefblaue Seen vorbei, während die Sonne gerade die letzten Reste vom Morgennebel auflöste. Welch wunderschönes Gefühl wieder in Nordschweden zu sein.
Der Ausstieg in Umeå hat dann auch planmäßig geklappt und um 7 Uhr nahm ich dann den Bus nach Hemavan. Als ich den Busfahrer nach dem Preis fragte, schüttelte dieser nur den Kopf und nuschelte irgendwas davon, dass mit der Kasse etwas nicht OK sei und ich mich deswegen erstmal setzten soll. Na von mir aus gern. Ich hatte jetzt noch 6 Stunden Busfahrt vor mir, außerdem eine große Tüte mit Süßigkeiten und einen Spiegel in dem ich noch einige Artikel lesen wollte (bevor ich ihn dann in Hemavan entsorgte). Sprich es war insgesamt eine sehr angenehme Busfahrt, bei der ich noch etwas Schlaf nachholte und die Landschaft draußen genoss. War schon auch bisschen aufregend die Natur entlang einer mir noch unbekannten Straße zu beobachten.

Anfahrt im Bus, noch schien die Sonne.

Das Wetter verschlechterte sich, die Vorfreude stieg aber an.
Um Viertel nach 1 erreichte der Bus Hemavan. Beim Aussteigen fragte ich den Busfahrer erneut was ich ihm schuldig war und er machte nur eine wegwerfende Handbewegung. Na das war doch mal eine freudige Überraschung. Gegen so ne kostenlose Busfahrt hatte ich mal nichts einzuwenden.

Gut gelaunt überlegte ich mir, wie es nun weitergehen sollte. Beginnen wollte ich meine Tour im Artfjället. Aber um dahin zu gelangen, standen eigentlich erstmal einige Kilometer Straße aufm Programm. „Aber Moment mal, hab ich durch die Busfahrt nicht nen Haufen Geld gespart? Dann spricht doch eigentlich nichts gegen ein Taxi?“ Gesagt getan, und schon kam ein Taxi vorbei und brachte ich mach Stabbfors (hierbei handelt es sich eigentlich nur um eine verstreute Ansammlung von Häusern entlang einer Schotterstraße).

So, endlich in Hemavan

Meine Wanderkarte

Mittlerweile war es halb 3 als der Fahrer mich abgesetzt hat. Endlich konnte es losgehen. Mein Plan war simpel. Einfach direkt aufsteigen um möglichst schnell über die Baumgrenze ins Kahlfjäll zu gelangen. In gewohnt euphorischer Anfangsstimmung ging es dann los. Die Temperatur war angenehm mild bis kühl, die Mücken haben auch nur mäßig genervt und das Terrain war typischer nordschwedischer Fjällbirkenwald, also auch nicht allzu anspruchsvoll. Sprich ich war hoch motiviert, was sich auch in meinem flotten Aufstiegstempo widerspiegelte. Nach 40 Minuten hatte ich dann bereits die Baumgrenze erreicht (wenn ich da nur an letztes Jahr zurückdenke, wo ich erstmal fast einen ganzen Tag durch Wald laufen musste).
Die Aussicht konnte sich auch sehen lassen. Unter mir befand sich der Tängvattnet und links davon Hemavan und das Norra Storfjället Massiv. Ich fühlte mich richtig glücklich. Endlich war ich wieder im Kahlfjäll und konnte eine für Lappland so typische Fernsicht genießen. Und das alles bereits nach bereits 40 Minuten. So schnell war ich bei meinen Touren bisher noch nie über die Baumgrenze gekommen. Gut gelaunt lief ich nun weiter in nordwestlicher Richtung um auf ungefähr 850 Metern dann das Höhenniveau zu halten.

Halb 3, kann losgehen.

Für ca. 40 Minuten ging es durch Wald...

... dann war ich auch schon im Kahlfjäll.
Jetzt bekam ich aber den Tribut meines raschen Aufstieges zu spüren. Durch das zügige Tempo war ich entsprechend voll geschwitzt. Und hier oben im Kahlfjäll wehte ein kühler Wind und das Wetter begann sich stetig zu verschlechtern. Mir wurde unangenehm kalt in meinen nass geschwitzten Sachen und mit einem Mal war meine Hochstimmung komplett verflogen. Die ersten Regentropfen kamen runter und die Sicht wurde zunehmend schlechter bis die Gegend dann mehr oder weniger komplett im Nebel versank. Eigentlich wollte ich heute noch bis zum nächst größeren See laufen. Ich wusste aber nicht genau ob wie weit der noch entfernt war und ob ich überhaupt auf dem richtigen Höhenniveau war. Um 17 Uhr kam ich dann an einem kleinen Bach vorbei und ich dachte mir „Scheiß drauf“ und hab mein Zelt aufgestellt.

Ungemütliches Wetter

Schlechte Sicht, keinen Bock mehr weiter zu laufen.

Gemütlicher Zeltplatz (naja)
Allerdings war doch etwas enttäuscht darüber, dass ich heute nur so wenig Strecke geschafft habe. Aber unter den Bedingungen hatte ich gerade einfach keinen Bock mehr. Gekocht habe ich abends dann in der Apsis während ich gemütlich im Schlafsack lag. Komischerweise kam mir da der Gedanke, dass ich so was bei einer Tour in Alaska wegen der Bärengefahr nicht machen könnte. Da hätte ich jetzt draußen unter ungemütlichen Bedingungen in meinen nassen Sachen mein Abendbrot verspeisen dürfen. Zumindest in dem Moment war ich echt glücklich darüber nicht in Alaska sondern in Lappland zu sein.

Home sweet home...
Tag 2 (11.08.)
Wirklich besser ist das Wetter rüber Nacht nicht geworden, aber immerhin hingen die Wolken jetzt etwas höher, so dass ich bezüglich der Orientierung keine Probleme haben würde. Dennoch hab ich mich mit dem Aufbruch etwas schwer getan, so dass ich erst um kurz nach 11 los marschierte. Nach 10 Minuten erblickte ich dann den eigentlich gestern noch angepeilten See. Dann lag ich ja doch gar nicht so schlecht. Ich folgte einem kleinen Bach, stieg ein paar Meter auf und hatte einschließend einen tollen Blick aufs Ruhtjiedurri. Die Berge lagen zwar alle in den Wolken und landschaftlich war die Gegend jetzt eigentlich nicht sonderlich spektakulär aber trotzdem hat es mir irgendwie gefallen. Wahrscheinlich war es gerade dieser raue abweisende Charme der quasi Wildnis ausstrahlte und mich angesprochen hat. Als ich dann auch noch meine erste Rentierherde sah hatte ich nun endgültig das Gefühl wieder in Lappland angekommen zu sein.

Aufbruch gegen 11 Uhr

Mein gestriges Tagesziel (eigentlich)

Blick aufs Ruhtjiedurri

Erste Rentiersichtung

Rauhe Schönheit
Als ich am Ruhtjiejohke ankam, hatten meine Croqs beim Furten ihren ersten Einsatz. In der anschließenden Mittagspause zeigte sich für einen kurzen Moment sogar mal die Sonne. Anschließend ging es zum Rödningsfjället bergauf. Mein Schönwetterplan sah eine Überquerung des Berges vor (mein Schönwetterplan wohlbemerkt). Aufgrund der tief hängenden Wolken entschied ich mich stattdessen dafür den Pass zwischen Rödninsfjället und Båajmatjebaektie zu nehmen. Doof war nur, dass ich selbst den Einstieg zum Pass nicht sehen konnte. Eigentlich würde es nur einmal kurz in die Wolken rein und auf 950 Meter gehen und schwups wäre ich auch auf der anderen Seite wieder draußen.

Mittagspause mit kurzem Sonnenintermezzo

Aufstieg zum Rödninsgfjäll, Blick zurück zum Ruhtjiejohke

Wo geht's denn jetzt zum Pass hinauf?
Aber wo jetzt einsteigen? In der Hoffnung halbwegs richtig zu liegen bin ich einfach mal auf gut Glück draufloszugehen. Nach etwa einer halben Stunde Nebelwandern kam ich wieder unter die Wolkendecke. Komisch nur, dass die Landschaft anders aussah als erwartet. Wo war denn der See 860? Stattdessen lag vor mir der Abstieg in ein bewaldetes Tal. Das war definitiv falsch. Ich Depp, statt in Ost-West Richtung den Pass zu überqueren bin ich irgendwie in südliche Richtung abgedriftet und über die Rödningsnäset gelaufen. Und nu? Zurückgehen wollte ich nicht. Erstmal wäre das dann wieder son Blindlaufen durch den Nebel gewesen. Und außerdem finde ich es einfach doof umzukehren. Andere Option wäre ins vor mir liegende Tängsvattendalen hinabsteigen. Das wäre aber ein kleiner Umweg, außerdem bedeutete dies auch Mücken und Dickicht. Und darauf hatte ich keinen Bock.

Rumwandern im Nebel

Tängsvattendalen voraus, da wollte ich aber eigentlich gar nicht hin.
Also entschied ich mich für die letzte Möglichkeit, die da hieß direkt übers Rödningsfjället rüber. War zwar Wolkenverhangen, aber wenn ich mich strikt an meinen Kompass halte sollte es von der Orientierung eigentlich klappen (hab ja eben gerade erst gesehen, wie „gut“ so was funktioniert


Anstrengender Aufstieg
Es ging jetzt auf etwa 1000 m über eine größtenteils steinige Landschaft, die aber gut zu durchlaufen war. Allerdings war der Nebel doch etwas bedrückend. Musste ich Anfangs noch gut gelaunt über meine „Dreistigkeit“ schmunzeln einfach so oben rum abzukürzen, so merkte ich doch wie mir dieses Blindwandern zunehmend aufs Gemüt schlug. Was hätte ich bei gutem Wetter jetzt für ne geile Sicht nach Norwegen zum Røssvattnet und dem Okstindan Massiv gehabt. Stattdessen wusste ich grad nicht einmal wo genau ich mich überhaupt befand. Ständig musste ich meinen Kurs mit dem Kompass korrigieren, weil ich unbewusst wieder leicht nach Süden driftete (wo mich eine netter Abhang erwartet hätte).

Ziemlich triste Stimmung hier oben.
Um 18 Uhr hatte er Spuk dann endlich ein Ende, als es spürbar bergab ging und ich auch wieder aus den Wolken raus kam. Als ich den Røssvattnet (immerhin zweitgrößter See Norwegens) erblickte wusste ich auch, dass ich mich diesmal nicht hoffnungslos verfranzt hatte. Trotz des schlechten Wetters war der Anblick auf den See recht erquickend. Dafür wurde ich dann in meiner nächsten Pause erstmal enthusiastisch von den Mücken begrüßt. Wo kamen die eigentlich alle her? Ich hab sie jedenfalls nicht bestellt.

Endlich wieder aus den Wolken raus

Blick zum Røssvattnet
Beim weiteren Abstieg kam ich zu einem kleineren Bach mit recht ordentlicher Strömung. Eigentlich hatte ich keine Lust wieder meine Schuhe auszuziehen und auf meine Croqs umzusteigen, aber noch einigem Suchen nach einer vernünftigen Watstelle kam ich leider nicht drum herum. Was ich zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht wusste war, dass dieses bereits der letzte Bach auf meiner Tour sein sollte den ich mit Croqs furten musste. Am anderen Ufer brauchte ich dann noch etwa ne halbe Stunde um einen passablen Zeltplatz zu finden (entweder war der Boden zu uneben, zu sumpfig oder zu stark mit Sträuchern bewachsen). Um Viertel vor Acht konnte ich dann endlich Feierabend machen. Was für ein Tag, insgesamt ziemlich anstrengend und auch nervlich wieder etwas belastend. Dafür war ich froh, dass ich streckentechnisch ganz gut im Plan lag. Jetzt müsste morgen nur noch das Wetter besser werden und diese ganzen nervigen Mücken verschwinden und alles wäre in bester Ordnung.

Letzter Bach auf meiner Tour der mit Crocs gefurtet werden musste.

Uff, endlich fertig für heute
Tag 3 (12.08.)
So, nach dem Aufstehen erstmal Inventur gemacht: Wetter? Weiterhin noch stark bewölkt, aber von der Temperatur immerhin milde 10 Grad. Mücken? Immer noch da und überaus hungrig. Stimmung? So na ja… Kurz nach 10 brach ich dann auf. Nachdem ich ein kleines Stück nach Norden marschiert war kam ich an den Grenzstein 215A und habe kurz norwegischen Boden betreten. Weiter ging es über feuchte, teilweise schlammige Wiesen und an einigen toten Lemmingen vorbei. Ja das hat mich echt etwas deprimiert. Letztes Jahr hab noch so viele lebhafte und sympathische Quieker gesehen und nun nur noch halb verrottete Kadaver. Dafür konnte ich mich aber immerhin nicht über zuwenig Mücken beklagen. Nun, ehrlich gesagt hätte ich es lieber anders herum gehabt. Nervig auch, dass die Wolken mal wieder so tief hingen. Beim Aufstieg zum Sjaarethåhke Pass stand ich ab 900 Metern wieder in der Wolkensuppe. Die Landschaft wirkte wieder mal extrem eintönig und der Aufstieg zum Pass zog sich hin und zog sich hin und zog sich hin…

Grenzstein 215A

Tja, letztes Jahr fand ich die Lemminge irgendwie cooler.

Aufstieg zum Pass, die Wolken warten schon.
Diese Monotonie, kombiniert mit der dazu einhergehenden leichten Unsicherheit die Orientierung nicht zu verlieren (Kompass wurde häufiger benötigt) und die vielen Mücken haben doch sehr auf die Stimmung gedrückt. Teufelskreis, weil ich dadurch natürlich noch langsamer gelaufen bin. Um halb zwei war ich dann endlich auf der Passhöhe (1000 m). Zur Aufheiterung sah ich auch gleich eine größere Rentierherde, die sich aber leider nicht sonderlich nah an mich rangetraut hat. Leider sollten das auch schon die letzten Rentiere sein, die ich auf dieser Tour zu Gesicht bekam. Ich frage mich wirklich, warum die sich im später Verlauf der Tour alle vor mir versteckt haben???

Kurz unterhalb der Wolkendecke

Passhöhe auf 1000 Metern

Leider meine letzten Rentiere bei dieser Tour
Endlich lichtete sich der Nebel und ich bekam wieder etwas von der Landschaft zu sehen. Tat echt gut dieses Gefühl aus der Wolke raus zu sein. Landschaftlich war es jetzt eigentlich nicht sonderlich spannend. Ein Tal, dessen Hauptstrom von mehreren kleinen Bächen gespeist wird, umgeben von ein paar Hügeln, deren Gipfel in den Wolken verschwanden. Und dennoch empfand ich es als den bisher schönsten Anblick auf dieser Tour. Auch wenn die nächste Straße nur 13 km (Luftlinie) entfernt war, hatte ich doch das Gefühl mitten im Nirgendwo zu stehen. Ein bisschen fühlte es sich an wie Sarek im Kleinformat. Irgendwie gefiel mir dieses weite, offene Tal mit seinen vielen kleinen Bäche und den kahlen Hügeln mit den vereinzelten Schneeresten.

Endlich wieder bisschen Aussicht, war doch gar nicht so schlecht.
Frisch ausgeruht und gestärkt durch die Mittagspause ging es nun ins Tal herab. Übers Terrain konnte ich mich echt nicht beschweren. Genauso wenig darüber, dass der Vualtasjejohke problemlos trockenen Fußes gefurtet werden konnte. Der anschließende Anstieg zum See 922 ging auch recht gut und flott vonstatten. Ich merkte richtig wie mir das Wandern durch diese schöne Tundralandschaft großen Spaß bereitete. Nach dem ich den See 922 passiert habe ging es nun über eine leicht monoton erscheinende Hochebene (das Tal vorher fand ich irgendwie schöner) langsam wieder bergab. Mittlerweile waren sogar Stellen von blauem Himmel zu sehen und hin und wieder hab ich auch nen Sonnenstrahl abbekommen. Im Tal konnte ich schon den lang gestreckten Över Uman erblicken und freute mich über diesen kleinen Wetterumschwung und über diese landschaftliche Abwechslung.

Vualtasjejohke

Blumenwiese beim Aufstieg

Njiaarkejaeevri

Blick zum Över Uman, jetzt kam auch mal die Sonne raus.
Was mich allerdings demotivierte war der noch vor mir liegende Abstieg. Mittlerweile war es bereits 18 Uhr und ich wollte noch etwa 6 km zurücklegen (hier oben gab es keine schönen Zeltplätze und ich hatte den Ehrgeiz unten am See zu übernachten). Nur hat sich jetzt doch eine gewisse Erschöpfung breit gemacht, die auch daher kam, dass meine Fußsohlen ordentlich weh taten (war schon bei früheren Touren öfters ein Problem bei längeren Etappen, ich glaub ich sollte mir mal weichere Inletts zulegen).

Tja, hatte leider noch ein bisschen Weg vor mir.
Gegen 19 Uhr erreichte ich dann den Waldrand und kam kurze Zeit später an der zurückgelassenen Samensiedlung Gausjösjön vorbei. Die grüne Landschaft, die wärmende Sonne sowie der Anblick auf den schönen Över Uman haben mir dann noch mal einen kleinen Motivationsschub verliehen. Zumal ich mir sagte einfach die nächst besten Stelle zum Zelten zu nehmen. Das dauerte allerdings noch ein bisschen, bevor ich kurz vor der ersten Brücke, um 20 Uhr endlich einen passenden Zeltplatz mit schönem Seeblick gefunden habe. Ufff, das wurde aber auch mal Zeit. Erleichtert baute ich mein Zelt auf und genoss meine Nudeln.

Am Över Uman, da kommt doch wieder Freude auf.

Verlassene Samensiedlung Gausjosjön, jetzt so ne Art Freilichtmuseum

Zeltplatz mit Seeblick

Für den kleinen Durst zwischendurch

Das Tolle an meinem Zeltplatz war, dass er an einer recht schmalen Landzunge lag. So bin ich dann abends nach dem Essen ans Nordufer des Sees gegangen, wo ich dann noch einen malerischen Sonnenuntergang beobachten konnte. Das tat sooo gut. Nachdem ich seit Beginn der Tour nur schlechtes bis mäßiges Wetter hatte konnte ich mich nun ins weiche Ufergestrüpp setzen und die letzten Sonnenstrahlen des Tages samt der wunderschönen Dämmerung genießen. Endlich mal wieder so ein super gechillter Moment in Ruhe und Frieden, so wie ich es von Lappland kenne und liebe. Einziges Manko war die nahe gelegene E12 (auch blå vägen genannt) wo gelegentlicher Autolärm mir klar machte, dass die Zivilisation hier nicht allzu weit weg war. Andererseits würde es ohne die Straße wohl auch gar nicht die beiden Brücken (über die ich morgen rüber wollte) geben und ich hätte meine Tour nicht hier entlang gelegt und könnte somit gar nicht diesen tollen Sonnenuntergang bewundern. Letztendlich alles müßige Spekulation, ich beschloss einfach mich an dem zu erfreuen was ich gerade hatte und das war wunderschön.

So, schnell noch ans Nordufer um die Abendsonne zu genießen.

Ja das nenne ich doch mal einen anständigen Sonnenuntergang.

Sogar ein klitzekleiner Strand war vorhanden.

Entspannung pur

Viertel nach 9, hätt heut Mittag nicht gedacht noch so nen tollen Sonnenuntergang zu erleben.
Das wars jetzt erstmal fürn Anfang. Später gibts dann mehr.
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