[UK] Schottland unequipped... - ein Reisebericht des WHW und Ben Nevis - April 09

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  • ONeill308
    Gerne im Forum
    • 08.02.2011
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    • Meine Reisen

    [UK] Schottland unequipped... - ein Reisebericht des WHW und Ben Nevis - April 09

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Vorwort:

    Hey, ich lese schon seit geraumer Zeit in diesem Forum und will mal von der Reise berichten, die mich zum Outdoorler gemacht hat. Diese ereignete sich im April 2009.
    Nach ein paar Bier und Braveheart mit Mel Gibson, buchte ich mir für 17,5 Euro eine Reise nach Schottland um dem Abi Stress zu entfliehen. Hier die Geschichte:

    Vorbereitung und Anreise:

    Ich hatte ein wenig Zeit, bis nach den schriftlichen Prüfungen, um meine Reise vorzubereiten. Gänzlich untrainiert und unerfahren wollte ich mit dem Rad in die Highlands. Bei meiner Recherche fand ich den West Highland Way, der sich lohnend anhörte. Ein Wanderweg von Glasgow nach Fort William, der auch für Einsteiger geeignet ist.
    Da ich keinerlei Ahnung hatte, was man für eine Woche in der Wildnis alles braucht, würfelte ich mir mein Equipment zusammen. Ich lieh mir einen Rucksack von meiner Schwester, kaufte für 15 Euro ein Zelt auf eBay, lieh mir eine billig Isomatte und eine zu große Fiberfill 2 Lagen Jacke von meinem Schwager.
    Zu geizig um die 20 Euro für Gepäck zu zahlen, sollte das alles ins Handgepäck, zusammen mit 5 Boxershorts, 3 T-Shirts, einer Jeans, dem Schlafsack, 2 Pullis, einem Buch, Taschenlampe, Ladegerät, und nem Haufen Socken.
    Zum Flughafen Frankfurt Hahn kam ich mit dem Shuttle Bus vom Fraport. Ich hatte sämtliche Klamotten in Plastiktüten und den ganzen Rest in eine kleine Sporttasche gequetscht, die von meinem Gürtel zusammen gehalten wurde. Um durch die Security zu kommen, ging ich auf Toilette und zog alle meine Klamotten auf einmal an und stopfte die Tüten in meine Taschen. Als aufgeblasenes Michelin Männchen ging ich dann durch die Security und bekam viele komische Blicke zugeworfen. Leider wurde meine Isomatte weggeschmissen, da sie als einziges nicht mit in die Tasche gepasst hatte und auf ihr drauf lag. Egal. Dachte ich.
    Hinter der Security ging ich wieder auf Toilette, zog alles aus und packte es in die Tüten. Jetzt konnte es los gehen!


    Tag 1

    Ich landete etwa 30 Minuten zu spät in Edinburgh und packte vor Ort erst mal alles ins Backpack um. Ich nahm den nächsten Bus zur Stadtmitte und machte mich auf den Weg zum nächsten Fahrradverleih. Ich hatte mir mehrere Adressen aus dem Internet abgeschrieben, Gott sei Dank mehrere, denn nachdem ich eine halbe Stunde zum Verleih gelatscht bin, hatten die keins für mich. Laut denen hätte ich eins reservieren müssen, wie bei Autovermietungen. Mein Gedanke dazu: So kann man auch sagen, dass man nur 2 Räder zum verleihen hat.

    Ich also wieder zurück zum Zentrum und zum nächsten Verleih. Verleih ist aber eigentlich das falsche Wort, Kellerloch mit Fahrradteilen trifft besser zu und der Besitzer schien mir sowas von stoned... Zum Schluss habe ich mir ein giftgrünes Mountainbike mit orangenen Reifen für 7 Tage geliehen. Schloss, Pumpe und Ersatzschlauch waren im Preis von 70 GBP inbegriffen, außerdem hatte das Rad sehr gute Bremsen und war sehr leicht. Ich war zufrieden damit, denn es fuhr sich echt sau gut.
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    Ich radelte zum Bahnhof und nahm den nächsten Zug nach Milngavie, als ich dort ankam war es halb fünf. Ich war zu diesem Zeitpunkt schon über 13 Stunden auf den Beinen, aber ich fühlte mich gut und freute mich darauf loszulegen. Mein Ziel war es vielleicht noch an Loch Lomond vorbei zu fahren. Warum das Schwachsinn war erfahren wir später :-)
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    Das erste West Highland Way Schild kommt direkt hinter dem Bahnhof, also kurz ein Foto und los gings. Innerhalb von 10 Minuten ist man in reinster Natur, die Strecke verläuft ziemlich eben und es sind größtenteils Kies und feste Erdwege. Ein Traum für Mountainbiker, ich kam sehr zügig voran, flog regelrecht über das Land und hatte immer wieder mal leichte Hügel und tolle abschüssige Offroad Strecken.
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ID: 2649074
    Es war bewölkt, aber warm genug um nur im T-Shirt zu fahren und ich genoss jede Minute. Irgendwann bekam ich jedoch Hunger, meine letzte Mahlzeit war noch in Deutschland am Flughafen gewesen und mein Körper brauchte die Energie. Langsam fing ich an den Rucksack zu spüren und musste den ein oder anderen Hügel hoch schieben. Von der Orientierung her hatte ich keine Probleme, die WHW Pfosten weisen einem wirklich sehr gut den Weg.
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    Etwa eine Stunde später erreichte ich dann Drymen. Ich machte meine erste richtige Pause und ging in einen Spar und kaufte mir Essen und Wasser. Nachdem ich gespachtelt hatte und mir ein Eis zum Nachtisch gegönnt hatte machte ich mich auf den Weg nach Balmaha und Loch Lomond. Der Streckenabschnitt verlief problemlos und ich brauchte auch nur etwa 35 Minuten dafür. Ich fuhr durch den Ort durch und kam zum ersten wirklichen Berg, den ich hinauf schieben musste. Runter musste ich auch schieben, denn es war ein so steiler enger Weg, dass es lebensmüde gewesen wäre ihn zu fahren. Von oben zeigte sich mir ein wundervoller Ausblick über das Loch und man sah richtig schön die Highlands, die mit dem Loch zusammen anfangen.
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    Von dem Berg runter wusste ich, dass ich mir langsam einen Lagerplatz suchen musste, denn es dämmerte schon und ich sah Regenwolken am Horizont.
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    Ich fuhr noch ein paar Meilen weiter als ich auf einer großen Wiese direkt am Ufer des Lochs ein Zelt stehen sah. Perfekter Ort, dachte ich und baute mein Zelt am anderen Ende der Wiese auf. Langsam wurde es windig und ich beeilte mich das Zelt aufzustellen, wobei mir bewusst wurde, des mein Zelt billig, klein und leicht war und ein Windstoß genügte und es bog sich wie eine Feder. Ich war sehr skeptisch ob es halten würde. Ich schloss das Rad ab, stopfte meinen Rucksack ins Zelt, baute mir eine Matratze aus meinen Klamotten (Isomatte hatte ich ja nicht mehr) und kroch in meinen Schlafsack.
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    Bis ich dann unsanft aus dem Schlaf gerissen wurde. Das andere Zelt, stellte sich heraus, gehörte ein paar einheimischen Jugendlichen und während ich schlief kamen weitere Zelte dazu und auch ein Feuerlager und Musik und Alkohol und mit dem kam dann auch der Übermut. 15 bis 20 pubertierende Jungs stellten sich um mein Zelt herum, leuchteten mit Taschenlampen drauf und sangen und forderten den Insassen des Zeltes auf herauszukommen. Es tut mir leid, aber ich bin halt von Natur aus schlecht drauf, wenn man mich weckt! Deshalb beschimpfte ich sie auf Deutsch, was sie so sehr anspornte, dass einer meine Zeltstange umtrat und das ganze Ding über mir zusammenklappte. Unter großem Gelächter kam ich nur in Boxershorts rausgekrabbelt und wollte mir direkt einen vorknöpfen. Dann fiel mir auf, dass ich in der Unterzahl war. Ich gab klein bei. Ich meine, ich weiß nicht wie viele es gebraucht hätte um mich platt zu machen, aber ich wusste wie viele es versuchen würden. Eine sehr nützliche Information, wenn ihr mich fragt :-) . Ich gab mich cool, stellte das Zelt wieder auf, sagte sie sollen schonmal vor gehen, ich würde gleich ans Feuer kommen. Sie gingen und ich schlief weiter. Gut, dass sie so betrunken waren, dass meine Abwesenheit nicht weiter auffiel.

    Diese Nacht störte mich nichts mehr.

    Hoffe es gefällt soweit, wenn ja, poste ich auch gerne noch den Rest
    Zuletzt geändert von November; 06.11.2011, 16:38.
    Die Dauer einer Minute hängt davon ab, auf welcher Seite der Klotür man steht.

    - Relativität : sinngemäß Albert Einstein

  • Borderli
    Fuchs
    • 08.02.2009
    • 1735
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    • Meine Reisen

    #2
    AW: [UK] Schottland unequipped... - ein Reisebericht des WHW und Ben Nevis - April 09

    WHW mal anders - das Grinsen klebt mir immer noch im Gesicht!
    Bitte weitermachen!

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    • Randonneur
      Alter Hase
      • 27.02.2007
      • 3373

      • Meine Reisen

      #3
      AW: [UK] Schottland unequipped... - ein Reisebericht des WHW und Ben Nevis - April 09

      Nur weiter.
      Je suis Charlie

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      • codenascher

        Alter Hase
        • 30.06.2009
        • 4989
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        • Meine Reisen

        #4
        AW: [UK] Schottland unequipped... - ein Reisebericht des WHW und Ben Nevis - April 09

        Feine Morgenlektüre.

        Bitte schnell mehr davon, gefällt mit ausgesprochen gut bisher

        Sven

        Bin im Wald, kann sein das ich mich verspäte

        meine Weltkarte

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        • zahl
          Dauerbesucher
          • 17.09.2006
          • 932
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          • Meine Reisen

          #5
          AW: [UK] Schottland unequipped... - ein Reisebericht des WHW und Ben Nevis - April 09

          Ein gutes Beispiel für: Einfach mal machen!
          Ich auch mehr wollen ....
          "Es liegt da ganz einsam am Strand, ein kleiner, dunkler Fleck, ein Nichts ohne mich, und indem ich mich gegen das Boot setze, denke ich, auch ich wäre nichts ohne Boot." Dr. Hannes Lindemann, Allein über den Ozean, 1957

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          • kawajan
            Dauerbesucher
            • 18.04.2006
            • 697
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            • Meine Reisen

            #6
            AW: [UK] Schottland unequipped... - ein Reisebericht des WHW und Ben Nevis - April 09

            Klingt doch recht amüsant bis jetzt , also los hau in die Tasten , weiter sooooo
            Behalte den Point of No Return immer im Auge

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            • Blueface
              Fuchs
              • 10.06.2007
              • 1086
              • Privat

              • Meine Reisen

              #7
              AW: [UK] Schottland unequipped... - ein Reisebericht des WHW und Ben Nevis - April 09

              Loch Lomond scheint für betrunkene Jugendliche ein Paradies zu sein: Exakt in der gleichen Gegend (Balmaha) am Loch habe ich vor ein paar Jahren mal von einem sternhagelvollen, jungen Engländer einen Faustschlag ins Gesicht bekommen. Aus heiterem Himmel.

              Er hatte mich angesprochen, war ein paar Meter parallel gegangen, festgestellt, dass ich Deutscher war und die üblichen Stechschritt und Adolf-Grüße gemacht. Dann...wie aus dem Nichts...hatte ich seine Faust am Kinn und er lief weg. Immer rufend "I beat a German. I beat a German".

              War meine bisher einzige wirklich negative Erfahrung in Schottland

              Weiter so mit dem Bericht! Ist erfrischend "anders".
              Iserlohner Impressionen - Blog zu Landschaften, MTB- und Wandertouren im Sauerland

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              • Cattlechaser
                Dauerbesucher
                • 04.08.2010
                • 848
                • Privat

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                #8
                AW: [UK] Schottland unequipped... - ein Reisebericht des WHW und Ben Nevis - April 09

                Hallo ONeill,

                herzlich willkommen im Forum. Dein Bericht liest sich toll, weil er dem eigentlich recht ausgerittenen Thema WHW eine ganz persönliche, besondere Note gibt.

                Ein gewisses Quentchen Wahnsinn muss man haben, wenn man in den Schottischen Highlands im April (!) mit diesem Zelt (!) mit dem Fahrrad über den WHW (!) fährt. Wir haben bei unserer Wanderung über den WHW zwischen Rowadennan und Crianlarich zwei Fahrradfahrer getroffen - mehrmals. Ich möchte deinem Bericht hier nicht vorweggreifen, aber ich ahne, was da kommt. Unbedingt weiter!

                P.S.: Was für eine Marke ist denn dieses Zeltimitat, was du dabei hattest?

                OT: @Blueface, ich habe eine Zeit in England gelebt und bin schon sehr häufig in Schottland gewesen. Bei allem jugendlichen Übermut der Schotten am Loch Lomond würde dir so etwas mit einem Schotten niemals passieren. In England (Kent) habe ich eine nicht ganz so handgreifliche aber doch ansatzweise vergleichbare Erfahrung mit einem Engländer gemacht. [Ich hatte allerdings auch eine Menge englischer Freunde die das Verhalten ihrer Landsleute schlicht bescheuert fanden.]
                Magie ist Physik durch Wollen. www.uhempler.de

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                • Blueface
                  Fuchs
                  • 10.06.2007
                  • 1086
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [UK] Schottland unequipped... - ein Reisebericht des WHW und Ben Nevis - April 09

                  Zitat von Cattlechaser Beitrag anzeigen
                  Bei allem jugendlichen Übermut der Schotten am Loch Lomond würde dir so etwas mit einem Schotten niemals passieren.
                  OT: Will jetzt hier nicht OT bleiben, aber ich bin ziemlich sicher, dass es ein englischer Jugendlicher war (steht auch so oben). Ob das jetzt gute alte Tradition der englischen Boulevardpresse ist, auf Deutsche zu dreschen, oder purer Zufall - wer weiß. Schätze bei Alkohol und jugendlichem Alter ist die Nationalität ohnehin irgendwann egal. Ich habs ja auch weggesteckt und fahre weiter nach UK
                  Iserlohner Impressionen - Blog zu Landschaften, MTB- und Wandertouren im Sauerland

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                  • chriscross

                    Fuchs
                    • 07.08.2008
                    • 1604
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: [UK] Schottland unequipped... - ein Reisebericht des WHW und Ben Nevis - April 09

                    Ein schöner Kontrast zu den ganzen Reisevorbereitungsthreads hier (mich eingeschlossen), erinnert mich irgendwie an früher!

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                    • ONeill308
                      Gerne im Forum
                      • 08.02.2011
                      • 54
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: [UK] Schottland unequipped... - ein Reisebericht des WHW und Ben Nevis - April 09

                      Danke für die Rückmeldungen Dann gebe ich euch hier mal den zweiten Tag meiner Reise, hoffentlich leidet ihr mit mir ^^
                      Übrigens: Ich weiß leider nicht mehr welche Marke das Zelt war.

                      Tag 2:

                      Um 9 Uhr morgens weckte mich mein Handywecker. Mir war kalt und das Zelt war innen klatsch nass, was mich zu der Annahme brachte, dass es wohl geregnet haben musste und das billig Ding nicht besonders wasserdicht war (kaum zu glauben, aber Kondenswasser im Zelt war mir kein Begriff). Ich schälte mich aus dem Schlafsack, zog blitzschnell meine klammen Sachen an und krabbelte aus dem Zelt. Ich schaute mich erst einmal um, sah dass bei den Jungs noch alles schlief, sah, dass mein Rad noch da war und die wunderschöne Landschaft. Ich blieb jedoch nicht lange, ich baute das Zelt ab, packte den Rucksack und machte mich auf die Reise. Etwa fünf Meter weit, bis mir auffiel, dass mein Arsch vom Sattel und den extra harten Reifen wund gescheuert war. Es tat unglaublich weh auf dem Rad zu sitzen, ich fühlte mich regelrecht vergewaltigt. Also versuchte ich irgendwie schepp, mit nur einer Arschbacke auf dem Sattel zu sitzen, denn: the show must go on. Mein Ziel war es bis Kingshouse zu kommen. Einfach nur lachhaft.

                      Ich fuhr keine Meile, bis ich doch anhielt und noch ein paar Fertigmuffins vom Spar am Vortag aß. Meine Pause machte ich direkt vor einem steilen Berg, den ich dann alsbald würde schieben müssen. Während ich so da saß, kam ein Schotte vorbei gewandert, der mein Fahrrad anschaute und fragte: "Are you doing the entire West Highland Way on your bike? Wow, that's brave...". Mir war nicht bewusst, was an der Sache so mutig sein sollte, mir kam es eher wie schummeln vor, eine Strecke zu fahren, die die meißten liefen. Er unterhielt sich noch ein wenig mit mir, bevor er weiter marschierte. Von ihm erfuhr ich von der Devil's Staircase, der teuflischen Wendeltreppe. Es ist mit etwa 400m die höchste Stelle des WHW und kommt kurz nach Kingshouse. Er meinte jedoch, dass es zu bewältigen wäre, auch wenn es steil bergauf geht.
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ID: 2643383

                      Ich setzte meinen Weg fort, doch kam ich nicht so zügig voran wie bisher. Der Weg führte jetzt immer zwischen dem Ufer von Loch Lomond und den direkt angrenzenden Bergen entlang. Von diesen Bergen kommen hunderte von verschieden großen Wildbächen runter.
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ID: 2643379

                      Deshalb sind immer wenn so ein Bach den Weg kreuzt kleine Rinnen in den Weg gelassen, damit das Wasser nicht den Weg zerstört und gut abfließen kann. Die meißten Rinnen waren nur ein paar Hand breit, doch manchmal gab es richtige Furthen. Bei jeder Rinne musste ich anhalten, absteigen und das Rad drüber heben, denn die Lücken waren zu klein um langsam durchrollen zu können und zu groß um sie ignorieren zu können. Außerdem hätte das Geruckel meinem Hintern gar nicht gut getan. Manchmal jedoch, wenn mir die Lücke klein genug vorkam, fuhr ich doch drüber und so kam es wie es kommen musste. Die Lücke kam, ich verschätzte mich, setzte hart mit dem Hinterrad auf und.... pffffffffffffffff..... platt. Vermaledeite Sch****, Gott sei Dank hatte mir der Typ einen Ersatzschlauch mitgegeben. Ich hatte Schlauch und Pumpe an der Seite meines Rucksacks festgeschnallt, doch als ich schaute war nur noch die Pumpe da. Den Schlauch musste ich verloren haben. Mich holten zwei Backpacker ein, die meinten es wären noch etwa drei Meilen bis Rowardennan, aber ob es da Schläuche zu kaufen geben würde, bezweifelten sie. Meine Laune sank rapide. Ich lief etwa eine Meile, bis ich an einem Außenposten der University of Glasgow vorbeikam. Ich lief auf den Hof und fragte einen Mann, ob er denn wüsste wo ich einen Schlauch herbekommen könnte. Er lief kurz in den Schuppen und kam mit etwa fünf originalverpackten Schläuchen zurück. Die Freundlichkeit von Schotten ist unglaublich, er wechselte den Schlauch, fettete die Kette und überprüfte die Bremsen. Geld wollte er keins, im Gegenteil, er schenkte mir einen weiteren Schlauch zum mitnehmen. Bevor ich jedoch meine Reise weiter fortsetzte fragte er: "Will you do the entire Tour on your bike? Not bad man!". Ich kam mir wieder verarscht vor.
                      Nach etwa 30 Minuten erreichte ich dann Rowardennan. Ohne zu zögern durchquerte ich den Ort und setzte die Reise fort, denn nach meinem Zeitplan war ich in Verzug. Jedoch kam ich keine Meile weit, bis ich wieder absteigen musste.

                      Der Weg wurde sehr schmal, steinig und von vielen Rinnen durchzogen. Ich musste nun die Ausläufer der Berge rechts neben mir überqueren und so ging es sehr oft steil bergauf oder bergab.
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                      Manchmal war ich direkt am Ufer, manchmal fast 100m über dem Wasserspiegel. Teilweise wurde der Weg so eng, dass ich nicht mehr neben dem Fahrrad laufen konnte und es mit einer Hand am Sattel vor mir herschob. Es war extremst anstrengend. Nach etwa 5 Meilen brauchte ich ein Pause, setzte mich an den Wegrand, knabberte ein paar Pringels und schlief mit dem Kopf auf dem Rucksack ein. Ich wachte etwa 45 Minuten später auf, als ein paar Backpacker an mir vorbei liefen. Ausgeruht setzte ich meine Reise fort, natürlich zu Fuß. Der Weg setzte sich immer weiter so fort, mir tat alles weh, mein Wasser war leer und ich hatte noch nicht einmal Inversnaid erreicht. Dann gabelte sich der Weg und ich merkte nicht, dass man an dieser Stelle zwei Routen nach Inversnaid laufen konnte. Deshalb lief ich nach kurzer Zeit auf einem Trampelpfad, etwa 30cm breit, mit einem steilen Abhang direkt neben mir, der auf den Klippen am Ufer des Lochs endete. Es ging richtig in die Natur, der Weg wurde unbeständiger, verschwand teils ganz, so dass ich mir selbst Wege durchs Unterholz schlagen musste, bis ich den Trampelpfad wieder fand. Dabei ging es immernoch auf und ab, so dass ich manchmal auf Sandbänken entlang des Lochs lief und manchmal an Abgründen entlang. Ich brauchte über zwei Stunden, bis ich wieder zum normalen Weg gelangte und in denen ich maximal eine Meile zurücklegte.
                      So schlecht meine Laune doch war, besserte sie sich, als ich auf dem Hauptweg war, denn die nächsten 2 Meilen bis Inversnaid konnte ich sogar teilweise mein Rad benutzen. Richtig genießen konnte ich es zwar nicht, da mein Hintern immernoch brannte wie sau, aber zumindest hatte ich das Gefühl voran zu kommen.
                      In Inversnaid hatte der Kiosk geschlossen, also konnte ich mir kein Wasser kaufen und fuhr deshalb zügig weiter um so schnell wie möglich nach Inverarnan zu kommen. Am Ortsausgang saß ein Opa auf einem umgefallenen Baumstamm. Er schaute mich an, wie ich angefahren kam und rief mir zu: "You'll be pushing that bike a lot in a second!". Ich sah ihn entgeistert an und sagte: "Thanks, I really didn't want to know that.".

                      Und es kam wie er sagte, keine fünf Minuten später wurde der Weg wieder sehr schlimm.
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                      In den nächsten Stunden überholten mich viele Backpacker, da das Rad mich wirklich sehr aufhielt. Letztendlich begriff ich, dass es wirklich mutig ist, den WHW mit einem Rad zu bestreiten und die Leute vorher es ernst gemeint hatten. Ich lief an Klippen entlang, auf sehr schmalen wegen, doch manchmal musste man auch drüber klettern. Eine Klippe war höher als ich, also hob ich das Fahrrad über meinen Kopf, warf es drüber und kletterte mit meinem 14 kg Rucksack auf dem Rücken hinterher. Sowas anstrengendes hatte ich in meinem Leben noch nicht gemacht und nach zahllosen Klippen, steilen Abhängen und unebenen Wegen brach ich mental und physisch zusammen und lies mich neben einer Klippe in den Dreck fallen.
                      Ein älteres Ehepaar kam vorbei gewandert und die gute Frau hatte Mitleid mit mir. Sie motivierte mich. Sie sagte mir, dass ich es bald bis nach Inverarnan geschafft hätte und das die Strecke entlang des Lochs die anstrengendste vom ganzen WHW sei. Ich rappelte mich auf und trank aus einem Wildbach. Mir war mittlerweile egal, ob ich davon Dünnpfiff oder sonstwas bekommen würde, hauptsache Wasser. Dann setzte ich den Weg fort und irgendwann kam endlich das Ende von Loch Lomond in Sicht. Es fing langsam an zu dämmern und ich gab mein letztes um noch im Hellen auf dem Inverarnan Zeltplatz anzukommen. Ich war ausgepowert, durchgeschwitzt, dreckig, hungrig, durstig und müde und wollte duschen, essen und schlafen und zwar in genau der Reihenfolge. Doch eine Meile vor dem Platz muss man nochmal einen richtigen Berg hoch, bei dem ich fast wieder zusammengeklappt wäre.
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                      Doch ich schaffte es und kam an. Ich lies meinen Rucksack und das Rad fallen und ging zum Restaurant um die Platzmiete zu bezahlen. Leider hatte ich keine Britischen Pfund mehr und sie nahmen keine Euros. Meine Visa konnten sie nicht nehmen, weil sie keinen Chip in der Karte hat, doch so hilfsbereit wie nur Schotten sind machte er so lange rum, bis es doch ging. Ich buchte auch gleich noch was zu essen und einen Pint Bier auf die Rechnung und ging mein Zelt aufbauen. Dann ging ich duschen. Das Bad war zugig, dreckig und aus der Brause kam ein ganz feiner Strahl lauwarmes Wasser. Für mich war es der Himmel. Ich stand bestimmt 30 Minuten unter der Dusche, zog mir frische Sachen an und ging essen. Ok, es schmeckte scheiße, aber so hungrig wie ich war, hätte ich alles gegessen und es tat gut was im Magen zu haben.
                      In meinem Zelt legte ich mich hin und fiel dann bald in einen unbequemen und unruhigen Schlaf.

                      Fortsetzung folgt...
                      Die Dauer einer Minute hängt davon ab, auf welcher Seite der Klotür man steht.

                      - Relativität : sinngemäß Albert Einstein

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                      • Oppi89
                        Neu im Forum
                        • 12.01.2011
                        • 7
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #12
                        sehr unterhaltsam geschrieben
                        und ein bisschen mitleid hat man bei den zeilen wohl auch

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                        • Cattlechaser
                          Dauerbesucher
                          • 04.08.2010
                          • 848
                          • Privat

                          • Meine Reisen

                          #13
                          AW: [UK] Schottland unequipped... - ein Reisebericht des WHW und Ben Nevis - April 09


                          Zitat von ONeill308 Beitrag anzeigen
                          Mein Ziel war es bis Kingshouse zu kommen. Einfach nur lachhaft.
                          ...
                          Während ich so da saß, kam ein Schotte vorbei gewandert, der mein Fahrrad anschaute und fragte: "Are you doing the entire West Highland Way on your bike? Wow, that's brave...". Mir war nicht bewusst, was an der Sache so mutig sein sollte, mir kam es eher wie schummeln vor, eine Strecke zu fahren, die die meißten liefen.
                          Großartig, wirklich großartig. Insbesondere die wundervolle Selbstironie, mit der du schreibst.

                          Als ich in meinem vorigem Post schrieb, ich wolle dir nicht vorgreifen, habe ich genau das erwartet was du dann auch geschrieben hast. Wir wurden einige Kilometer vor Inversnaid von zwei Radfahrern überholt. Einige hundert Meter weiter haben wir sie wieder überholt, als sie gerade die Montainbikes und Gepäck (einer hatte einen Anhänger dabei, damit sie das Ganze nicht auf dem Rückenschleppen mussten) über einen Schafzaun wuchteten. Wir kamen ins Gespräch und einer erzählte mir, dass er sich seit Ewigkeiten zum Ziel gesetzt habe, den WHW einmal mit dem Rad zu machen. Er habe sich aber nicht gedacht, "that it would be that heavy". Das Überholspiel ging dann noch einige Male so. Wir haben dann genau wie sie in Inversnaid geschlafen.

                          Am nächsten Morgen haben wir sie überholt, als sie gerade das Zelt abgebaut haben; wenige Minuten später (dort, wo man hinter Inversnaid gerade noch so mit einem Mountainbike fahren kann) haben sie uns wieder auf dem Rad überholt. Einen Kilometer weiter haben wir ihnen bei den von dir beschriebenen Steilstellen zugesehen - und ihnen teilweise auch geholfen, die Ausrüstung in mehreren Schritten die Kraxelfelsen hochzuwuchten. Irgendwann haben wir sie dann hinter uns gelassen. Sie waren bereits am Vormittag richtig erschöpft.

                          Wieder getroffen haben wir sie abends vor der Jugendherberge in Crianlarich. Wir waren schon geduscht und haben gerade das erste Bier getrunken, während sie vollkommen verschwitzt ankamen und kein Bett mehr bekommen haben. Ich hielt es für eine urbritisch-verrückte Idee, den WHW bei diesen Bedingungen mit dem Fahrrad (!) zu machen. Umso erfreulicher, nun einen deutschen Reisebericht zu lesen, in dem die erlittenen Qualen so humorvoll aufbereitet werden.

                          Weiter so.

                          P.S.: Du schreibst, du wüsstest leider nicht mehr, welche Marke das Zelt[imitat] war. Bedeutet das, dass das Zeltimitat den Urlaub nicht überlebt hat? Ich bin gespannt.
                          Magie ist Physik durch Wollen. www.uhempler.de

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                          • Pico
                            Fuchs
                            • 03.09.2007
                            • 1084
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #14
                            AW: [UK] Schottland unequipped... - ein Reisebericht des WHW und Ben Nevis - April 09

                            Sehr gut... weiter so...

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                            • Grauwolf

                              Erfahren
                              • 22.05.2009
                              • 264
                              • Privat

                              • Meine Reisen

                              #15
                              AW: [UK] Schottland unequipped... - ein Reisebericht des WHW und Ben Nevis - April 09

                              Super geschriebener Bericht. Daumen Hoch.
                              Aber irgndwie bestärkt mich das ganze auch, das Radwandern nix für mich ist.

                              Freue mich schon auf die Fortsetzung...

                              Gruß
                              Martin
                              "Wo sind wir eigentlich?"
                              "Laut Karte da drüben auf dem Hügel!"

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                              • Blueface
                                Fuchs
                                • 10.06.2007
                                • 1086
                                • Privat

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                                #16
                                AW: [UK] Schottland unequipped... - ein Reisebericht des WHW und Ben Nevis - April 09

                                Zitat von Grauwolf Beitrag anzeigen
                                Aber irgndwie bestärkt mich das ganze auch, das Radwandern nix für mich ist.
                                OT: Das will ich aber mal eine Lanze für das Radwandern in Schottland brechen. Nicht, dass wir Radwanderer da drüben noch zu Exoten werden

                                Schottland ist ein tolles Radreiseland. Der WHW ist in Teilen allerdings nicht optimal geeignet. Auch wenn es schöne Berichte von Bikern gibt, die ihn mit viel Spaß gefahren sind. Ist aber auch eine Ausrüstungsfrage (UL und richtiges Rad).
                                Andere Weitwanderwege kann man hervorragend fahren, wie den "Great Glen Way" (Wandervariante, nicht Straßenvariante), den ich selbst schon mit Zeltgepäck gefahren bin. An Gatter muss man sich immer gewöhnen - aber das hat man schnell raus.

                                Auch das Fern-Radwegenetz ist in Schottland toll (alte Treidelpfade, Bahnlinien, stillgelegte Landstraßen...) und sehr gut kartographiert (siehe Sustrans-Karten - National Cycle Network).

                                Ich bin fast jedes Jahr mit dem Rad da und immer wieder begeistert.


                                Und jetzt gerne mehr von diesem amüsanten Bericht! Danke!
                                Zuletzt geändert von Blueface; 10.02.2011, 15:06.
                                Iserlohner Impressionen - Blog zu Landschaften, MTB- und Wandertouren im Sauerland

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                                • ONeill308
                                  Gerne im Forum
                                  • 08.02.2011
                                  • 54
                                  • Privat

                                  • Meine Reisen

                                  #17
                                  AW: [UK] Schottland unequipped... - ein Reisebericht des WHW und Ben Nevis - April 09

                                  Zitat von Blueface Beitrag anzeigen
                                  OT:
                                  Schottland ist ein tolles Radreiseland. Der WHW ist in Teilen allerdings nicht optimal geeignet. Auch wenn es schöne Berichte von Bikern gibt, die ihn mit viel Spaß gefahren sind. Ist aber auch eine Ausrüstungsfrage (UL und richtiges Rad).
                                  Andere Weitwanderwege kann man hervorragend fahren, wie den "Great Glen Way" (Wandervariante, nicht Straßenvariante), den ich selbst schon mit Zeltgepäck gefahren bin. An Gatter muss man sich immer gewöhnen - aber das hat man schnell raus.

                                  Auch das Fern-Radwegenetz ist in Schottland toll (alte Treidelpfade, Bahnlinien, stillgelegte Landstraßen...) und sehr gut kartographiert (siehe Sustrans-Karten - National Cycle Network).

                                  Dem kann ich nur beipflichten, auch wenn ich selbst nie wieder ein Rad in die Highlands genommen habe. Meine Wegwahl war lediglich etwas unglücklich. Den Great Glen Way bin ich mittlerweile auch zum Großteil gelaufen und da gibt es echt viele Radfahrer.

                                  @ Cattlechaser: Zum Zelt kommen wir gen Ende :-)

                                  und jetzt weiter im Text:

                                  Tag 3:

                                  Nach dem anstrengendsten Tag meines Lebens schlief ich zwar unbequem, aber trotzdem bis halb elf. Ich hatte die Nacht sehr gefroren und das Zelt war wieder ganz nass von innen, also musste es Kondenswasser sein, weil das Zelt so schlecht durchlüftet war (so allmählich dämmerte mir, was der Begriff bedeutet).

                                  Mein Plan war hinüber, ich hatte an einem ganzen Tag nur 25 km zurückgelegt, mein Rücken tat weh, mein Arsch tat weh, ich hatte Hunger, kein Geld (also schon, aber nur Euros), meine Motivation war weg und ich sah einfach nur schwarz.

                                  Da mir nichts anderes übrig blieb, packte ich meinen Rucksack und machte mich auf nach Crianlarich. Ich fuhr den WHW entlang, was erstaunlicherweise sehr gut ging und wechselte kurz vor dem Ort auf die Straße. In Crianlarich angekommen erfuhr ich, dass es keine Bank gab, wo ich hätte Geld wechseln können und so konnte ich auch nicht den nächsten Zug nach Fort William nehmen. Ja, das zog ich in Betracht, ich wollte nur, dass es vorbei ist. Notgedrungen fuhr ich weiter nach Tyndrum. Erst auf der Straße und dann auf dem WHW, als ich wieder auf ihn zurück wechseln konnte. Ich brauchte eine knappe Stunde. Es gibt dort ein Restaurant mit großem Giftshop, dass The Green Wellie Stop heißt.
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                                  Dort wechselten sie mir Geld und ich setzte mich zwei Stunden ins Restaurant und fraß wie ein... ach keine Ahnung, auf jedenfall viel. Ich ruhte mich aus, wartete bis das Essen sich gesetzt hatte und auf einmal ging es mir wieder richtig gut. An diesem Punkt wurde mir zum ersten Mal in meinem Leben bewusst, was es heißt richtig Hunger zu haben und wie es sich auf die Psyche und den Körper auswirkt. Eine Erkenntnis, die man nur selbst erlangen kann, denke ich.

                                  Mit dem Zug fahren kam nicht mehr in Frage, ich würde diese Herausforderung bestehen! In der Tankstelle nebenan kaufte ich Pflaster für die Blasen an meinen Füßen (sie hielten sich Gott sei Dank in Grenzen) und Paracetamol für den Fall der Fälle, doch benötigte ich sie nie.
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                                  Es war dann schon 3 Uhr, doch ich wollte wenigstens noch bis zur Bridge of Orchy kommen, also weitere 7,5 Meilen. Das scheint so nicht viel, aber nach des Strapazen vom Vortag blieb ich sehr vorsichtig mit meinen Streckenerwartungen. Zur Bridge of Orchy konnte ich nur stellenweise fahren, denn manchmal wurde es mir ein wenig zu offroadig, doch schaffte ich die Strecke in 90 Minuten. Ich kam so voller Elan und mit noch viel Energie dort an, dass ich nicht wusste, ob ich nicht lieber weiter fahren sollte.
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                                  Während ich ein wenig ruhte und mein weiteres Vorgehen durchdachte, machte ich eine Entdeckung. Diese Entdeckung lies mich Ehrfürchtig zum Himmel aufschauen und auf die Knie sinken. Es war ein Geschenk Gottes - mitten im verlassenen nichts neben der Brücke auf der Wiese, da lag eine Isomatte!

                                  Sie war dreckig und angefressen, aber das war mir sowas von egal. Jemand muss das olle Ding nicht mehr gewollt haben und in der Natur entsorgt haben. Sie kam sofort hinten an den Rucksack. Gut gelaunt inspizierte ich die Wanderkarte und sah, dass es weitere 13 Meilen bis nach Kingshouse, dem nächsten Streckenpunkt waren. Ich entschied mich dazu weiter zu fahren. Die ersten 5 oder 6 Meilen legte ich schnell mit dem Rad zurück, doch dann kam ich den Bereich, der unter Naturschutz stand.
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                                  Ein Schild wies darauf hin kein Feuerlager anzumachen und nicht zu rauchen denn: "That which burns, never returns". Es ging sehr lange bergauf, ich musste schieben und es machte mir nichts aus, ich genoss die frische Luft, die Aussicht auf die Highlands, dass ich ganz allein war und hörte Musik auf meinem Ipod und sang teilweise lauthals mit. Wer hätte mich schon hören sollen?

                                  Als es wieder flacher wurde konnte ich teilweise wieder fahren. Die Umgebung veränderte sich kaum und ich kam in ein langes Nichts mit keinem Ende und keinem Anfang. Zuerst juckte es mich nicht, doch nach Ewigkeiten geradeaus laufen und fahren fing ich an mir Sorgen zu machen. Wie weit kann es denn noch sein? Bald dämmert es, muss ich in dieser Einöde campen? Warum habe ich seit Stunden keine anderen Backpacker gesehen? Bin ich richtig? Werde ich es noch schaffen?
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                                  Am Ende entdeckte ich zwei Backpacker weit vor mir, also aktivierte ich Kraftreserven und nutzte das Rad um sie einzuholen. Es waren ein super nettes Pärchen, mit dem ich mich bestimmt eine Viertelstunde lang unterhielt und Pause machte. Sie sagten mir, dass ich nur noch über den Berg müsste um nach Kingshouse zu kommen (siehe Foto). Der Berg war brutal, aber was muss, dass muss. Sie kannten das Wasserproblem, dass ich am Vortag hatte und gaben mir ein paar Tabletten mit, falls ich wiedermal Bachwasser trinken müsste. Die Tabletten würden dann das Wasser in meiner Flasche reinigen und entgiften. Ich sags ja, sowas hilfsbereites wie Schotten gibts nirgends anders. Es kam wieder der Satz: You're doing the WHW on a bike? How was the path along the Loch? Wow, that is brave!". Meine Antwort war: "Nope. That's stupid!". Und so ist es wohl.

                                  Die beiden machten weiter Pause und ich began den Berg zu erklimmen. Er mag ja an sich nicht besonders hoch sein, aber der Weg zum Gipfel zieht sich endlos (wieder Verweis auf das Foto). Oben angekommen erstmal Pause gemacht und dann mit viel Freude den Berg auf der anderen Seite wieder runter gefahren. Gut, es war hardcore offroaden, aber es war geil! Unten angekommen hatte ich nur noch 2 Meilen bis nach Kingshouse, die ich in 10 Minuten bewältigte.
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                                  Kingshouse ist ein einsames Hotel mitten im Nirgendwo, direkt an einem Bach. Man darf dort kostenlos Zelten, aber es gibt keine öffentlichen Duschen. Dafür ein Restaurant mit sehr leckerem Essen und angemessenen Preisen. Als ich dort ankam standen schon einige Zelte da und meins gesellte sich dazu, bevor ich mir ein saftiges Steak bestellen ging. Gestärkt und gut gelaunt ging ich zurück in mein Zelt. Ich hatte mir in Tyndrum ein Dr Pepper gekauft (ich liebe das Zeug), welches ich nur gedachte zu trinken, wenn ich mein Tagesziel erreichte. Also gönnte ich es mir :-) .

                                  Am nächsten Tag stand Devil's Staircase auf dem Plan.
                                  Die Dauer einer Minute hängt davon ab, auf welcher Seite der Klotür man steht.

                                  - Relativität : sinngemäß Albert Einstein

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                                  • Johnny
                                    Erfahren
                                    • 09.02.2009
                                    • 250
                                    • Privat

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                                    #18
                                    AW: [UK] Schottland unequipped... - ein Reisebericht des WHW und Ben Nevis - April 09

                                    HA, vielen dank, hast mich erfolgreich vom lernen abgehalten, aber köstlich unterhalten
                                    Total geil, einfach drauflosradeln.... machen sicher nicht viele.
                                    Erinnert mich an meine erste eigene Reise ins Gebirge, mit Bundeswehrparkas und Kiloweise klamotten an bord. Das sind Erfahrungen die man nie mehr vergisst.
                                    Mit den besten Grüßen vom Johnny!
                                    Wie aus der sieht, wie rum der läuft!

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                                    • peavis
                                      Gerne im Forum
                                      • 23.01.2011
                                      • 92
                                      • Privat

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                                      #19
                                      AW: [UK] Schottland unequipped... - ein Reisebericht des WHW und Ben Nevis - April 09

                                      Zitat von ONeill308 Beitrag anzeigen

                                      Während ich ein wenig ruhte und mein weiteres Vorgehen durchdachte, machte ich eine Entdeckung. Diese Entdeckung lies mich Ehrfürchtig zum Himmel aufschauen und auf die Knie sinken. Es war ein Geschenk Gottes - mitten im verlassenen nichts neben der Brücke auf der Wiese, da lag eine Isomatte!

                                      ich kann mir dieses Bild wahrhaftig vorstellen.
                                      Dein Abi Prüfungsstress hast du mit Sicherheit vergessen.
                                      Gruß
                                      peavis

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                                      • Borderli
                                        Fuchs
                                        • 08.02.2009
                                        • 1735
                                        • Privat

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                                        #20
                                        AW: [UK] Schottland unequipped... - ein Reisebericht des WHW und Ben Nevis - April 09

                                        Immer noch klasse!
                                        Ich bin auch gespannt, welches Schicksal das Zelt ereilte. Und wie es das Radl über die Devil's Staircase schaffte.

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