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Land: Norwegen
Reisezeit: März-April 2010
Region/Kontinent: Nordeuropa
ski across finnmark 2010
Vor sieben Jahren durfte ich eine wunderschöne, lange Wintertour erleben: Von Grövelsjön in Dalarna (südlichste Gebirgs-/Fjällstation in Schweden) zum nördlichsten Punkt in Schweden. Dort angekommen, wäre ich am liebsten einfach immer weiter gelaufen… zum Nordkapp! Dieser Traum hat mich nicht mehr losgelassen und diesen Winter hatte ich die Gelegenheit, ihn zu verwirklichen. Es wurden meine schönsten, aber zeitweise auch meine aller härtesten Tage im Schnee.
Etappe 1: Kilpisjärvi (Kauppihalli) – Masi – Skoganvarre
Total 278 km in 14 Tagen (erster Tag nur 5 km)
Route:
Kilpisjärvi – Termisjärvi – Nihkedievat - Räittijärvi (1 km westlich des Dorfes) – Buollanvarri – Tenomoutka – Saitejavri – Litnojokka – Njoaroshasjavri – Raisjavri – Bidjovagge gruber – Njivlo Vuopmi/Njivlojohka – Malbambuolza – Sallejohkka – Carajavri – Skoterweg – Cekkesvarri – Roggejavri – Suonjeroaivi – Badje Maze (Umweg…!) – Vuolle-Maze – Raggesluoppal - Ragesjavri – Oaivvosluoppal (Achtung: Strömung und offenes Wasser!) – Gavdnjanjarga – Likcacearru – Stuora Likcavarri – Ruonajavri – Leavnjasjokka (überqueren, wo der Bach etwa 1 km flach fliesst) – Guovziljavri – (Skoterweg) – Skoganvarre.
Die Skoterwege, die auf Nordatlas nicht ausgezogen markiert sind, werden jedes Jahr neu gesteckt und können daher STARK variieren. Ich musste dies leider einige Male erleben und habe mir so ein paar Zusatzkilometer Training geholt.
Los geht’s…
Am ersten Abend fröstelte ich etwas vor mich hin und war ein bisschen geschockt, dass es nun wirklich losgeht mit dem Abenteuer!!!! Wie immer musste ich mich ersteinmal ans Draussensein und vor allem an die Kälte gewöhnen. Aber ich schlief sehr gut und am nächsten Morgen schien die Sonne, alles im Butter!
Bei Termisjärvi bestaunte ich eine finnischen Hütte des Typs „autiotuopa“ – das heisst wohl übersetzt: ziemlich spartanisch eingerichtet. Aber dass sie keine Matratzen anbieten, finde ich aus hygienischen Gründen gar nicht so schlecht. Am zweiten Tag habe ich übrigens zum letzten Mal mit Menschen gesprochen für die nächsten 7 Tage…. Erst beim Carajavri habe ich mit einem samischen Schneehuhnjäger wieder ein paar Worte gewechselt!
Die zweite Nacht verlief nicht ganz so unproblematisch: um 03.40 bin ich erwacht, weil das Zelt laut flatterte. Ich entdeckte 1) dass eine Wand „eingedrückt“ war – was mir gar nicht gefiel und 2) als ich das Innenzelt öffnete, dass sich auch noch etwa 40 cm Flugschnee in der Kochapsis lag – schaufel, schaufel. Endlich draussen, stellte ich weiter fest, dass sich eine Verankerung gelöst hat und deshalb eine Zeltstange total gegen die Biegung des Stangenkanals bog, oj, oj, das sah gar nicht gut aus. Aber das Gestänge hat das Problemlos überlebt.
Am nächsten Morgen kam ich nicht so richtig in Schwung; zudem war es bewölkt, windig und es gab Schneeschauer. Der Schnee neben der Skoterpiste hatte sich noch nicht richtig gesetzt, schon gar nicht dort, wo es Weiden- oder Birkenbüsche hatte. Doch dies bemerkte ich erst, als ich schon in der Ebene unten war… grrr… wäre ich doch nur über Räittijärvi gegangen – Umweg hin oder her. Schön, dass man im Nachhinein immer schlauer ist
Kurz nach dem Sami-dorf Räittijärvi war es Zeit, mein Nachtlager zu errichten. Am nächsten Morgen gab es schon wieder einen Stangen-Bruch-Test: dieses Mal drückte es eine Stangen am höchsten Punkten heftig zusammen, dass sie sich dauerhaft und arg verbog. Ich hörte es schon krachen – aber die Stange hielt.
Ja, dieser Tag hatte es in sich… aber zuerst genoss ich noch Sonne mit Wind, dann eine grosse Rentierherde, die Aussicht in Richtung Tenomoutka-Hütte und weiter Richtung Norwegen. Den Punkt, um sicher zum Fluss bei der Tenomoutka-Hütte zu kommen, so wie ihn Ragnar Fjeld (ein Norge-på-langs-Skiwanderer) beschrieben hatte, fand ich problemlos. Dies war ein äusserst guter Tipp. Auch das Tor durch den Grenzzaun verfehlte ich nicht. Doch dann! Was sich bereits auf dem Fluss angekündigt hatte, wurde nach dem Grenzzaun brutale Realität: Aufstieg im Birkenwald durch meterhohen, nicht verfestigten Schnee. Deshalb STOP, zuerst Pause, Karte studieren und einen Plan aushecken und diesen dann auch strikte umsetzen (mir kamen wieder mal Worte aus der Zeit der Trekkingführer-Ausbildung in den Sinn….). Strategie: 1 km dem Grenzzaun in Richtung Südosten folgen – so müsste ich am schnellsten aus dem Schneegewusel kommen. „Schnell“… Um 13 Uhr war ich beim Grenzzaun – um 16.45 schlug ich mein Zelt 950 Meter weiter auf! Dabei ging ich einmal ein ganzes Stück ohne Pulka, um zu spuren. Aber das brachte auch nicht fiel. Ich sauste auch ohne Pulka manchmal bis zu den Hüften durch den Schnee und die Äste. Die ganze Übung kostete unheimlich viel Kraft. Aber als ich oben das Zelt aufstellte und schon die Hochebene von Fallecearru sah, war ich ganz glücklich, dies doch relativ gut gemeistert zu haben.
Der nächste Tag war wieder bedeutend einfacher. Über die Ebene und Saitejavri, danach bog ich nach Dannegielas ins Tal ein und schaffte wieder etwas mehr als 20 km. Aber es war weiterhin sehr kalt und der Schnee entsprechend „sandig“.
Dann über den Raisjavri, zur Hütte, die absolut einbruchsicher zugesperrt ist. Ich hatte mir nicht einmal die Mühe genommen, näher zu schauen, ob man dort irgendwo in einem Notraum hätte übernachten können, das sah so „dicht“ aus. Kurz danach passierte mir ein Missgeschick: es hatte ganz wenig Wasser auf dem Eis eines kleinen Flusses, das auch augenblicklich an Pulkakufen und z.T. Skiern gefror. Die Pulka hängte nur noch wie ein Stein an meinem Gestänge: Eis klopfen! Danach folgte ich einer alten Skoterspur zur Strasse/Skoterweg in Richtung Bidjuvagge-Grube. Ich entschied mich für die Route von James Baxter (ebenfalls ein NPL-Skiwanderer) – nach der Tiefschnee-Episode beim Grenzzaun war mir diese Route diesbezüglich sicherer. Die Nach verbrachte ich ein paar Meter neben Strasse/Skoterpiste, nicht unweit von Ferienhäuschen, schön windgeschützt, etwas im „Graben“ hinter einem Gebüsch. So hoffte ich, die Skoterfahrer würden mich nicht sehen. Irgendwie dachte ich bei Skoterpisten immer noch in schwedischen Verhältnissen, wo auch mal nachts ein Skoter unterwegs sein kann…. Doch natürlich sah und hörte ich keinen einzigen Skoter.
Der Aufstieg zur alten Grube ging locker auf der harten Skoterpiste und zu Fuss von statten. Bei solchen Aufstiegen gönne ich mir jeweils „therapeutisch-präventives Gehen“, um mal wieder etwas andere Muskeln zu gebrauchen. Die Aussicht von gut 700 m.ü.M. war fantastisch und auch die Überbleibsel der Grube – irgend so ein rundes Gebäude und einige Krater, die mit grossen Steinen markiert sind – brachten Abwechslung in die Landschaft. Endlich hatte ich auch mal wieder Mobiltelefon-Empfang und konnte meine Blogs und Mails losschicken. Danach: Abfahrt, yeah! Sonne, leichter Wind, tolle Aussicht: ein fantastischer Tag – bis jetzt. Mein geplanter Weg runter zum Njivlojohka fand ich noch leicht. Dann kam ich auf die glorreiche Idee, nicht direkt zum Fluss runter, sondern etwas der oberen Kante entlang zu gehen. Ein Fehlentscheid: ich wühlte mich mal wieder durch den Tiefschnee und entschied dann bald, zum Fluss runter zu gehen. Eine bessere Route wäre gewesen: gleich den südlichsten der Cuovzajavvrit anzusteuern und das Tal im rechten Winkel zu durchschreiten und möglichst hoch Richtung Sallejohkka/Carajvri zu gehen, aber eben… Nun musste ich das Beste aus meiner Situation rausholen. Doch zuerst musste ich noch einen hohen, sehr dichten Rentierzaun überqueren, jawohl, überqueren, anders ging das nicht. Das artete in einen ziemlichen Kraftakt aus: Pulka über den Zaun, dann ich hinterher. Aber immerhin war dann der Fluss in Sicht. Aber auch dort ging es nur ziemlich langsam vorwärts durch den Schnee.
Mein Lagerplatz lag diese Nacht im Windschutz einer Insel auf dem Fluss. An diesem Abend war meine Motivation ziemlich auf dem Tiefpunkt. Schon wieder dieses Schneegewusel! Ich studierte ziemlich lange die Karte und entschied mich, wie James Baxter, weiter dem Fluss zu folgen. So bald sich jedoch eine Schneise im Birkenwald zeigen würde, die mich rasch aus dem Tal an den Hang brächte, würde ich die Chance auf festeren Untergrund packen.
Zehn Minuten bevor mein Wecker losging, kreischte sich 50 cm neben meinem Zelt ein Schneehuhn in den neuen Tag… Nach dem obligaten Müsli-Frühstück packte ich meine siebenunddreissig Sachen und ging mit neuem Mut los. Ich kam den Umständen entsprechend recht gut voran auf dem Fluss. Dann hörte ich auf einmal Wasser rauschen… aber im gleichen Augenblick hatte ich auch die erhoffte Lücke im Wald entdeckt.
Der Aufstieg zum Carajavri erschien mir unendlich. Der Schnee war weiterhin extrem stumpf – ich ging inzwischen ohne Felle und dies bergauf! Auch an diesem Tag schien die Sonne und es war praktisch windstill, aber etwa -20°C. Als ich schon den Carajavri im Blickfeld hatte, hörte ich Skoter! Zwei Sami auf Schneehuhnjagd. Einer kam sogar zu mir und fragte mich das übliche „wohin des Weges“ und ob alles okej sei. Endlich ein Mensch – vor sieben Tagen hatte ich das letzte Mal mit einem homo sapiens kommuniziert! Ich überquerte noch den Carajvari und fand die Skoterpiste nach Masi. Ziemlich genau auf dem höchsten Punkt war es Zeit, das Zelt aufzustellen. Der Rentierzaun, der mal wieder nicht auf der Karte eingezeichnet war, war leicht zu überqueren, denn er lag praktisch vollständig unter der Schneedecke begraben! Und hier war der Schnee pickelhart gefroren, so hart, dass ich die Heringe nur in den Schnee zu stecken brauchte. Schnee fürs Kochen sägte ich mir mit der Schneesäge zurecht!
Skoterweg mit Spur! Wie ich mich freute: nicht navigieren und erst noch eine einigermassen schnelle Unterlage! Eigentlich hatte ich geplant, von hier aus querfeldein zum Roggejavri zu gehen. Aber irgendwie zog ich die 3 km Umweg dem Skoterweg entlang den ungewissen Schneeverhältnissen vor. Etwa 2 Stunden nach dem ich loszog, traf ich den ersten Skoter. Wie sich später herausstellen sollte, war es der Eigentümer von Masi Touristcenter. Er hatte zwei NPLer auf dem Anhänger. Das nenn ich mal fusk! Gehen NPL und lassen sich von Masi zum Carajavri karren…, gut und gerne 40 km, und dann lassen sich auch noch auf der NPL-Liste eintragen (Frode Aspaker og Predip Sundaram) – aber was ich so gesehen habe, nehmen es nicht alle sehr genau mit „alles zu Fuss“! Aber das muss am Schluss ja jeder selber mit sich ausmachen…
Aber zurück zu meiner Tour (0 Meter Skoter; zugegeben: 150m Taxi, weil ich mich von Lakselv aus nur bis zum Skoterweg und nicht bis zum Camping chauffieren liess
) : ich genoss das geniale Wetter; windstill, Sonne, Kalt, wie die ganze erste Etappe. Als der Masi-Tourist-Chef wieder zurückfuhr, hielt er netterweise an, um mir eine Abkürzung auf dem Weg nach Masi auf der Karte zu zeigen. Er meinte, ich solle einfach dem Rentierzaun folgen (richtig, der ist nicht auf der Karte eingezeichnet), denn der Skoterweg führte mal wieder nicht dort durch, wo er auf Nordatlas eingezeichnet war. Beim Roggejavri traf ich dann wieder auf den markierten Weg. So weit war das sehr hilfreich. Rund 20 km vor Masi schlug ich meine Villa auf.
Am nächsten Morgen ging es mal die meiste Zeit abwärts. Und es gleitete zeitweise auch recht gut. Bei jedem Anstieg kamen mir die Worte von James in den Sinn: ondulating landscape… jaja, recht hat er. Auch an diesem Tag wieder purer Sonnenschein und zeitweise windstill, so dass ich mir ein ziemlich rotes Köpfchen holte, weil ich vergass, mich einzuschmieren.
Die letzten Kilometer nach Badje Masi runter waren richtig angenehm. Vor lauter Freude vergass ich an der Strasse 93 angekommen, dass ich mal schauen sollte, wo ich genau gelandet bin… und dann überquerte ich einfach die Strasse, folgte schön brav den Skoterspuren und landete: beim Masi Touristcenter. Nächster Fehler: ich ging weiter Richtung Süden, und sah an der Strasse das Schild „Mazé“ – ja, genau, dorthin will ich ja, war mein Gedanke (statt endlich mal die Karte zu zücken). Freudig folgte ich dem Schild und als ich auf die Strasse ins Dorf einbog, wusste ich, dass ich gerade daran bin, einen Umweg zu machen. Aber wenigstens war die Strasse weissgeräumt und sehr glatt, so dass ich im hui nach Vuolle Mazé kam. Unterwegs begutachtete ich halbeingefallene Häuser, eingezäunte Rentiere und Renn-Rentiere und kam schliesslich zu Ove’s Verasenter. Jaaaa - eine Cola, das wäre bei diesem Wetter nicht schlecht. Ausserdem wollte ich noch den Abfall der letzten Woche entsorgen. So schnallte ich die Pulka ab und stellt aber fest, dass der Laden Sonntags geschlossen ist. Ich wollte mich gerade auf der Treppe niederlassen, um etwas aus meinem Vorrat zu essen… da hörte ich eine Stimme: „Trenger du noe?“ „Nein, eigentlich nicht, vielleicht eine Cola“, antwortete ich. Und schwupps, war ich im Laden, kaufte mir ein Solo, eine Tube Kaviar und Lippenpommade. Ove, der Big Boss, holte Kaffee und Kuchen… so verweilte ich eine Stunde, futterte Kuchen und liess mir ein bisschen von Masi, den NPLrn und der weiteren Route erzählen. Dann durfte ich noch das Indoor WC benutzen und mich etwas frisch machen – aah, das tat gut! Um 15.45 zog ich weiter Richtung Cievramielli und den Skoterweg in Richtung Raggesluoppal. Eindrücklich war die hohe Brücke über den Kautokeino-Elva (Fluss). Weniger Spass machte ein vereistes, z.T. mit Wasser bedecktes Strassenstück. Aber dieses Mal blieb die Pulka heil. Nun hiess es noch ein paar Höhenmeter zu erklimmen, bevor ich mein Nachtlager errichten konnte. Dank ein paar Sonntags-Skoterfahrern, welche den Weg schön glatt und hart gefahren haben, war der Aufstieg gut zu bewältigen. Kaum hatte ich mein Zelt neben der Skoterpiste aufgestellt, kam ein Sami angebraust. Er hielt an und wir plauderten ein wenig: er hat Freunde aus der Schweiz, die jedes Jahr nach Masi fahren!
Als Nachtessen sollte es heute etwas Besonderes geben: Zitronen-Couscous mit Cashews à la Sarekmaniac. Ich hatte das Gericht zu Hause zwei Mal ausprobiert. Jedes Mal hatte ich das Gefühl, dass es zu wenig zitronig schmeckte. Also rein mit Zitronen!!! Iiiiiiiiiiii, das war sauer. Ich brachte das nicht runter! So gab es was für die Füchse von Masi! Und ich kochte mir Notfutter: Chili con Carne aus dem Beutel und ziemlich viele Kekse zur Nachspeise, damit ich auch richtig satt wurde.
Am nächsten Morgen hatte es Nebel und es „schneite“ Rauhreif! Wiedereinmal ein Tag der Skoterwegmarkierung folgen… Gegen Mittag verzog sich der Nebel und ich genoss meine Nudelsuppe im Sonnenschein.
Die Abfahrt zum Raggesluoppal war wie die Einfahrt in den Tiefkühler: es war schon etwa -22°C und auf dem Luoppal bestimmt -30! Weg hier… es war eigentlich Zeit, das Zelt aufzustellen, aber nein, im Tiefkühler wollte ich nicht unbedingt schlafen! So zog ich noch ein bisschen Richtung Norden und es wurde auch tatsächlich wieder ein bisschen wärmer, als ich dieses Kälteloch hinter mir lassen konnte.
Nun war der Iesjavri mein nächstes Ziel. Und ich bin begeistert. Wenn man von Süden kommt, sieht man die Berge am nördlichen Ufer. Das sieht dann ungefähr aus wie die antarktischen Gebirgszüge. Es war einfach ein fantastischer Anblick! Mein Orientierungspunkt war die Nordspitze der Oaivosnjarga. Doch Achtung!!! Als ich auf den Oaivvosluoppal kam, hörte ich plötzlich Wasser rauschen, als wäre da irgendwo ein breiter, offener Fluss. Ich erschrak wirklich sehr und fühlte mich auf einmal sehr unsicher auf dem Eis. Ich musste rausfinden, wo dieses Geräusch herkam. Ich blickte zu den Ufern. Nahm die Karte hervor und kam zum Schluss, dass vielleicht der schmale Durchlass westlich der Oaivosnjarga der Grund sein musste. Da Skoterspuren zur Hütte südlich des Durchflusses führten, folgte ich diesen, in der Annahme, dass sie sicher seien. Da sie weiter Richtung Norden führten, wo ich auch hin wollte, folgte ich ihnen weiter und dann sah ich plötzlich, woher das Rauschen kam: mitten durch das Weiss der Schneedecke strömte Wasser. Nun machte ich einen grossen Bogen um diese Bucht und ging dann weiter am Ost-Ufer des Iesjavri Richtung Norden.
Und wieder einmal hatte mich die Karte irregeleitet: ich sah eine Hütte in der Landschaft und nahm an, dass es die (einzige) Hütte an diesem Seeufer auf der Karte sei. So viele Hütten hat es schliesslich hier draussen nicht… Aber nein, es war nicht diese, die auf der Karte eingezeichnet war, sondern eine andere, einen Kilometer weiter südlich. Aber das hatte ich erst im Zelt bemerkt. Hier würde ich heute sowieso eine andere Route wählen: bis zum Ende der Bucht weiterwandern und dann dem Likcajohka folgen, bis er eine 45° Kurve macht und dann weiter in meiner ursprünglichen Route (Stuorra Likcajavri usw.). Aber so war mein Ziel, möglichst rasch raus aus den Birken. Das ging zwar gut, kostete aber einige Extrahöhenmeter. Da der Schnee wie Sand war, musste ich auch bergab noch die Stöcke benutzen. Es war extrem!
Vom Ruonajavri bis zum Kreuzungspunkt mit einer Starkstromleitung hatte ich für 8 km keine Karte. Da das Gelände einfach war, hatte ich verzichtet, dieses Kartenblatt auch noch mitzunehmen. Das war ein Fehler. Vor allem wenn es harzig vorwärts geht, wäre es nicht schlecht gewesen, den Fortschritt wenigstens auf der Karte verfolgen zu können. Als weiteres „psychologisches“ Hinderniss kam dazu, dass ich die Starkstromleitungen, die ich zu queren hatte, schon 10 km lang sah – und sie erst am folgenden Tag tatsächlich querte. Irgendwie war es nervenaufreibend! Dieser Schnee, ganz leicht bergauf, die Leitungen dauernd vor Augen und das Ziel Skoganvarre und der Buss, der mich nach Lakselv bringen könnte… Wiedermal etwas zermürbt kroch ich in den Schlafsack. „Ich gönne mir eine Taxifahrt nach Lakselv, das habe ich mir verdient!“ mit diesem Gedanken schlummerte ich friedlich ein.
Nach etwas mehr als einer Stunde Gehzeit querte ich endlich diese Starkstromleitungen. Geschafft. Nächstes Ziel: Queren des Baches Laevnjasjokka, der weiter unten in einer Schlucht verschwindet. Mein Plan ging gut auf und da, wo ich plante den Fluss zu überqueren, ging das auch problemlos. Auf der anderen Seite stand etwas weiter oben eine Rentierwächter-Hütte – nein, nicht auf der Karte von 1973 eingetragen! [1973 ist der Jahrgang der neusten Revision des Kartenblattes, gekauft im Herbst 2009] Ich ging den Hang hoch und sah plötzlich ein Zelt. Ein Zelt! Da geht man nicht einfach vorbei. So ging ich zu den zwei männlichen Bewohnern. Der eine erkannte mich sofort wieder: „Du warst doch letztes Jahr mit einer Kollegin im Jämtland. Ihr hattet gerade eine Windschutz-Hütte verlassen, als ich ankam.“ „Ja, stimmt, du kamst von Östersund und warst nach Storlien unterwegs“ entgegnete ich!!! Ja, die Welt ist wirklich klein. Er und sein Kollege waren in Alta gestartet und hatten vor, dem Trassee des Finnmarksloppets zu folgen und bis nach Kirkenes zu wandern.
Ich kam dann endlich auf die Skoterpiste und es gleitete! Welch eine Freude! Hatte dieses Gefühl schon fast vergessen! Nun ging es steil bis sehr steil runter zum Vuolajokkluoppal (frage mich, wie das die Hundeschlitten am Finnmarksloppet schafften…) Noch ein kleiner Anstieg, dann nochmals eine schöne Abfahrt und ich musste nur noch den See überqueren.
In Skoganvarre war niemand im Café. So rief ich das Taxi, das auch schon zwanzig Minuten später ankam. Die Zeit reichte gerade, um Pulka und Ski reisefertig zu machen und noch etwas Schokolade zu essen.
Der Taxifahrer erzählte mir ausführlich, warum der Schnee so komisch war: es hatte erst im März richtig geschneit und sei seither immer eiskalt gewesen. So kann sich der Schnee nicht setzen und zerfällt nur. Übrig bleiben Milliarden von Schneekristallkernen, die dann diesen kalten „Sand“ bilden. Eigentlich dachte ich, dass die zweite Etappe dann die strengere sein würde…
Die 278 km hatten mich enorm beansprucht. Mir tat alles weh! Am schlimmsten waren die Fersen dran, wegen der Bindung. Also entschied ich mich des Nachts, gegen alle „Vernunft“, eine Supertelemark-Bindung montieren zu lassen. So ging ich mal zuerst auf Reinbenzin-Jagd, die auch prompt nach einem Misserfolg im Baumarkt im Intersport glücklich endete.
Das Einkaufen der Lebensmittel verschob ich auf Samstag. Auch einen „Tjälknöl“ wollte ich wieder herstellen. Denn im PIAS hatte es sogar einen schönen Backofen. Also kaufte ich mir ein 800 gr. Stück Rentierbraten (geht auch mit Elch oder Rind). Dann legte ich das Fleisch tiefgefroren auf den Rost (unten eine Schale zum Auffangen des Saftes) und garte es bei 100°C etwa 8 Stunden lang. Danach marinierte ich es eine Nacht lang in Salzlake. Voilà! Schmeckt riesig gut! Typisches schwedisches Tourenfutter!
Und was kaufte ich in Lakselv sonst noch zum futtern? Logo: Laks! Schön „gespeckten“. Meine heiss geliebten Tortellini gibt es weder im Coop, noch im REMA1000, ICA oder Spar! Also kaufte ich typisch norwegisches: Kartoffel- und Erbsenpüree! Und feinen Käse – als ich unterwegs die Packung genauer studierte, wurde mir bald klar, weshalb er mir so gut schmeckte: in Hemsedal ist ein Schweizer Käsermeister am Werk! Lefser mussten auch noch mit und meine neuen Lieblingskekse: Cookies mit Smarties! Und viel Reibkäse....
Reisezeit: März-April 2010
Region/Kontinent: Nordeuropa
ski across finnmark 2010
Vor sieben Jahren durfte ich eine wunderschöne, lange Wintertour erleben: Von Grövelsjön in Dalarna (südlichste Gebirgs-/Fjällstation in Schweden) zum nördlichsten Punkt in Schweden. Dort angekommen, wäre ich am liebsten einfach immer weiter gelaufen… zum Nordkapp! Dieser Traum hat mich nicht mehr losgelassen und diesen Winter hatte ich die Gelegenheit, ihn zu verwirklichen. Es wurden meine schönsten, aber zeitweise auch meine aller härtesten Tage im Schnee.
Etappe 1: Kilpisjärvi (Kauppihalli) – Masi – Skoganvarre
Total 278 km in 14 Tagen (erster Tag nur 5 km)
Route:
Kilpisjärvi – Termisjärvi – Nihkedievat - Räittijärvi (1 km westlich des Dorfes) – Buollanvarri – Tenomoutka – Saitejavri – Litnojokka – Njoaroshasjavri – Raisjavri – Bidjovagge gruber – Njivlo Vuopmi/Njivlojohka – Malbambuolza – Sallejohkka – Carajavri – Skoterweg – Cekkesvarri – Roggejavri – Suonjeroaivi – Badje Maze (Umweg…!) – Vuolle-Maze – Raggesluoppal - Ragesjavri – Oaivvosluoppal (Achtung: Strömung und offenes Wasser!) – Gavdnjanjarga – Likcacearru – Stuora Likcavarri – Ruonajavri – Leavnjasjokka (überqueren, wo der Bach etwa 1 km flach fliesst) – Guovziljavri – (Skoterweg) – Skoganvarre.
Die Skoterwege, die auf Nordatlas nicht ausgezogen markiert sind, werden jedes Jahr neu gesteckt und können daher STARK variieren. Ich musste dies leider einige Male erleben und habe mir so ein paar Zusatzkilometer Training geholt.
Los geht’s…
Am ersten Abend fröstelte ich etwas vor mich hin und war ein bisschen geschockt, dass es nun wirklich losgeht mit dem Abenteuer!!!! Wie immer musste ich mich ersteinmal ans Draussensein und vor allem an die Kälte gewöhnen. Aber ich schlief sehr gut und am nächsten Morgen schien die Sonne, alles im Butter!
Bei Termisjärvi bestaunte ich eine finnischen Hütte des Typs „autiotuopa“ – das heisst wohl übersetzt: ziemlich spartanisch eingerichtet. Aber dass sie keine Matratzen anbieten, finde ich aus hygienischen Gründen gar nicht so schlecht. Am zweiten Tag habe ich übrigens zum letzten Mal mit Menschen gesprochen für die nächsten 7 Tage…. Erst beim Carajavri habe ich mit einem samischen Schneehuhnjäger wieder ein paar Worte gewechselt!
Die zweite Nacht verlief nicht ganz so unproblematisch: um 03.40 bin ich erwacht, weil das Zelt laut flatterte. Ich entdeckte 1) dass eine Wand „eingedrückt“ war – was mir gar nicht gefiel und 2) als ich das Innenzelt öffnete, dass sich auch noch etwa 40 cm Flugschnee in der Kochapsis lag – schaufel, schaufel. Endlich draussen, stellte ich weiter fest, dass sich eine Verankerung gelöst hat und deshalb eine Zeltstange total gegen die Biegung des Stangenkanals bog, oj, oj, das sah gar nicht gut aus. Aber das Gestänge hat das Problemlos überlebt.
Am nächsten Morgen kam ich nicht so richtig in Schwung; zudem war es bewölkt, windig und es gab Schneeschauer. Der Schnee neben der Skoterpiste hatte sich noch nicht richtig gesetzt, schon gar nicht dort, wo es Weiden- oder Birkenbüsche hatte. Doch dies bemerkte ich erst, als ich schon in der Ebene unten war… grrr… wäre ich doch nur über Räittijärvi gegangen – Umweg hin oder her. Schön, dass man im Nachhinein immer schlauer ist

Kurz nach dem Sami-dorf Räittijärvi war es Zeit, mein Nachtlager zu errichten. Am nächsten Morgen gab es schon wieder einen Stangen-Bruch-Test: dieses Mal drückte es eine Stangen am höchsten Punkten heftig zusammen, dass sie sich dauerhaft und arg verbog. Ich hörte es schon krachen – aber die Stange hielt.
Ja, dieser Tag hatte es in sich… aber zuerst genoss ich noch Sonne mit Wind, dann eine grosse Rentierherde, die Aussicht in Richtung Tenomoutka-Hütte und weiter Richtung Norwegen. Den Punkt, um sicher zum Fluss bei der Tenomoutka-Hütte zu kommen, so wie ihn Ragnar Fjeld (ein Norge-på-langs-Skiwanderer) beschrieben hatte, fand ich problemlos. Dies war ein äusserst guter Tipp. Auch das Tor durch den Grenzzaun verfehlte ich nicht. Doch dann! Was sich bereits auf dem Fluss angekündigt hatte, wurde nach dem Grenzzaun brutale Realität: Aufstieg im Birkenwald durch meterhohen, nicht verfestigten Schnee. Deshalb STOP, zuerst Pause, Karte studieren und einen Plan aushecken und diesen dann auch strikte umsetzen (mir kamen wieder mal Worte aus der Zeit der Trekkingführer-Ausbildung in den Sinn….). Strategie: 1 km dem Grenzzaun in Richtung Südosten folgen – so müsste ich am schnellsten aus dem Schneegewusel kommen. „Schnell“… Um 13 Uhr war ich beim Grenzzaun – um 16.45 schlug ich mein Zelt 950 Meter weiter auf! Dabei ging ich einmal ein ganzes Stück ohne Pulka, um zu spuren. Aber das brachte auch nicht fiel. Ich sauste auch ohne Pulka manchmal bis zu den Hüften durch den Schnee und die Äste. Die ganze Übung kostete unheimlich viel Kraft. Aber als ich oben das Zelt aufstellte und schon die Hochebene von Fallecearru sah, war ich ganz glücklich, dies doch relativ gut gemeistert zu haben.
Der nächste Tag war wieder bedeutend einfacher. Über die Ebene und Saitejavri, danach bog ich nach Dannegielas ins Tal ein und schaffte wieder etwas mehr als 20 km. Aber es war weiterhin sehr kalt und der Schnee entsprechend „sandig“.
Dann über den Raisjavri, zur Hütte, die absolut einbruchsicher zugesperrt ist. Ich hatte mir nicht einmal die Mühe genommen, näher zu schauen, ob man dort irgendwo in einem Notraum hätte übernachten können, das sah so „dicht“ aus. Kurz danach passierte mir ein Missgeschick: es hatte ganz wenig Wasser auf dem Eis eines kleinen Flusses, das auch augenblicklich an Pulkakufen und z.T. Skiern gefror. Die Pulka hängte nur noch wie ein Stein an meinem Gestänge: Eis klopfen! Danach folgte ich einer alten Skoterspur zur Strasse/Skoterweg in Richtung Bidjuvagge-Grube. Ich entschied mich für die Route von James Baxter (ebenfalls ein NPL-Skiwanderer) – nach der Tiefschnee-Episode beim Grenzzaun war mir diese Route diesbezüglich sicherer. Die Nach verbrachte ich ein paar Meter neben Strasse/Skoterpiste, nicht unweit von Ferienhäuschen, schön windgeschützt, etwas im „Graben“ hinter einem Gebüsch. So hoffte ich, die Skoterfahrer würden mich nicht sehen. Irgendwie dachte ich bei Skoterpisten immer noch in schwedischen Verhältnissen, wo auch mal nachts ein Skoter unterwegs sein kann…. Doch natürlich sah und hörte ich keinen einzigen Skoter.
Der Aufstieg zur alten Grube ging locker auf der harten Skoterpiste und zu Fuss von statten. Bei solchen Aufstiegen gönne ich mir jeweils „therapeutisch-präventives Gehen“, um mal wieder etwas andere Muskeln zu gebrauchen. Die Aussicht von gut 700 m.ü.M. war fantastisch und auch die Überbleibsel der Grube – irgend so ein rundes Gebäude und einige Krater, die mit grossen Steinen markiert sind – brachten Abwechslung in die Landschaft. Endlich hatte ich auch mal wieder Mobiltelefon-Empfang und konnte meine Blogs und Mails losschicken. Danach: Abfahrt, yeah! Sonne, leichter Wind, tolle Aussicht: ein fantastischer Tag – bis jetzt. Mein geplanter Weg runter zum Njivlojohka fand ich noch leicht. Dann kam ich auf die glorreiche Idee, nicht direkt zum Fluss runter, sondern etwas der oberen Kante entlang zu gehen. Ein Fehlentscheid: ich wühlte mich mal wieder durch den Tiefschnee und entschied dann bald, zum Fluss runter zu gehen. Eine bessere Route wäre gewesen: gleich den südlichsten der Cuovzajavvrit anzusteuern und das Tal im rechten Winkel zu durchschreiten und möglichst hoch Richtung Sallejohkka/Carajvri zu gehen, aber eben… Nun musste ich das Beste aus meiner Situation rausholen. Doch zuerst musste ich noch einen hohen, sehr dichten Rentierzaun überqueren, jawohl, überqueren, anders ging das nicht. Das artete in einen ziemlichen Kraftakt aus: Pulka über den Zaun, dann ich hinterher. Aber immerhin war dann der Fluss in Sicht. Aber auch dort ging es nur ziemlich langsam vorwärts durch den Schnee.
Mein Lagerplatz lag diese Nacht im Windschutz einer Insel auf dem Fluss. An diesem Abend war meine Motivation ziemlich auf dem Tiefpunkt. Schon wieder dieses Schneegewusel! Ich studierte ziemlich lange die Karte und entschied mich, wie James Baxter, weiter dem Fluss zu folgen. So bald sich jedoch eine Schneise im Birkenwald zeigen würde, die mich rasch aus dem Tal an den Hang brächte, würde ich die Chance auf festeren Untergrund packen.
Zehn Minuten bevor mein Wecker losging, kreischte sich 50 cm neben meinem Zelt ein Schneehuhn in den neuen Tag… Nach dem obligaten Müsli-Frühstück packte ich meine siebenunddreissig Sachen und ging mit neuem Mut los. Ich kam den Umständen entsprechend recht gut voran auf dem Fluss. Dann hörte ich auf einmal Wasser rauschen… aber im gleichen Augenblick hatte ich auch die erhoffte Lücke im Wald entdeckt.
Der Aufstieg zum Carajavri erschien mir unendlich. Der Schnee war weiterhin extrem stumpf – ich ging inzwischen ohne Felle und dies bergauf! Auch an diesem Tag schien die Sonne und es war praktisch windstill, aber etwa -20°C. Als ich schon den Carajavri im Blickfeld hatte, hörte ich Skoter! Zwei Sami auf Schneehuhnjagd. Einer kam sogar zu mir und fragte mich das übliche „wohin des Weges“ und ob alles okej sei. Endlich ein Mensch – vor sieben Tagen hatte ich das letzte Mal mit einem homo sapiens kommuniziert! Ich überquerte noch den Carajvari und fand die Skoterpiste nach Masi. Ziemlich genau auf dem höchsten Punkt war es Zeit, das Zelt aufzustellen. Der Rentierzaun, der mal wieder nicht auf der Karte eingezeichnet war, war leicht zu überqueren, denn er lag praktisch vollständig unter der Schneedecke begraben! Und hier war der Schnee pickelhart gefroren, so hart, dass ich die Heringe nur in den Schnee zu stecken brauchte. Schnee fürs Kochen sägte ich mir mit der Schneesäge zurecht!
Skoterweg mit Spur! Wie ich mich freute: nicht navigieren und erst noch eine einigermassen schnelle Unterlage! Eigentlich hatte ich geplant, von hier aus querfeldein zum Roggejavri zu gehen. Aber irgendwie zog ich die 3 km Umweg dem Skoterweg entlang den ungewissen Schneeverhältnissen vor. Etwa 2 Stunden nach dem ich loszog, traf ich den ersten Skoter. Wie sich später herausstellen sollte, war es der Eigentümer von Masi Touristcenter. Er hatte zwei NPLer auf dem Anhänger. Das nenn ich mal fusk! Gehen NPL und lassen sich von Masi zum Carajavri karren…, gut und gerne 40 km, und dann lassen sich auch noch auf der NPL-Liste eintragen (Frode Aspaker og Predip Sundaram) – aber was ich so gesehen habe, nehmen es nicht alle sehr genau mit „alles zu Fuss“! Aber das muss am Schluss ja jeder selber mit sich ausmachen…
Aber zurück zu meiner Tour (0 Meter Skoter; zugegeben: 150m Taxi, weil ich mich von Lakselv aus nur bis zum Skoterweg und nicht bis zum Camping chauffieren liess

Am nächsten Morgen ging es mal die meiste Zeit abwärts. Und es gleitete zeitweise auch recht gut. Bei jedem Anstieg kamen mir die Worte von James in den Sinn: ondulating landscape… jaja, recht hat er. Auch an diesem Tag wieder purer Sonnenschein und zeitweise windstill, so dass ich mir ein ziemlich rotes Köpfchen holte, weil ich vergass, mich einzuschmieren.
Die letzten Kilometer nach Badje Masi runter waren richtig angenehm. Vor lauter Freude vergass ich an der Strasse 93 angekommen, dass ich mal schauen sollte, wo ich genau gelandet bin… und dann überquerte ich einfach die Strasse, folgte schön brav den Skoterspuren und landete: beim Masi Touristcenter. Nächster Fehler: ich ging weiter Richtung Süden, und sah an der Strasse das Schild „Mazé“ – ja, genau, dorthin will ich ja, war mein Gedanke (statt endlich mal die Karte zu zücken). Freudig folgte ich dem Schild und als ich auf die Strasse ins Dorf einbog, wusste ich, dass ich gerade daran bin, einen Umweg zu machen. Aber wenigstens war die Strasse weissgeräumt und sehr glatt, so dass ich im hui nach Vuolle Mazé kam. Unterwegs begutachtete ich halbeingefallene Häuser, eingezäunte Rentiere und Renn-Rentiere und kam schliesslich zu Ove’s Verasenter. Jaaaa - eine Cola, das wäre bei diesem Wetter nicht schlecht. Ausserdem wollte ich noch den Abfall der letzten Woche entsorgen. So schnallte ich die Pulka ab und stellt aber fest, dass der Laden Sonntags geschlossen ist. Ich wollte mich gerade auf der Treppe niederlassen, um etwas aus meinem Vorrat zu essen… da hörte ich eine Stimme: „Trenger du noe?“ „Nein, eigentlich nicht, vielleicht eine Cola“, antwortete ich. Und schwupps, war ich im Laden, kaufte mir ein Solo, eine Tube Kaviar und Lippenpommade. Ove, der Big Boss, holte Kaffee und Kuchen… so verweilte ich eine Stunde, futterte Kuchen und liess mir ein bisschen von Masi, den NPLrn und der weiteren Route erzählen. Dann durfte ich noch das Indoor WC benutzen und mich etwas frisch machen – aah, das tat gut! Um 15.45 zog ich weiter Richtung Cievramielli und den Skoterweg in Richtung Raggesluoppal. Eindrücklich war die hohe Brücke über den Kautokeino-Elva (Fluss). Weniger Spass machte ein vereistes, z.T. mit Wasser bedecktes Strassenstück. Aber dieses Mal blieb die Pulka heil. Nun hiess es noch ein paar Höhenmeter zu erklimmen, bevor ich mein Nachtlager errichten konnte. Dank ein paar Sonntags-Skoterfahrern, welche den Weg schön glatt und hart gefahren haben, war der Aufstieg gut zu bewältigen. Kaum hatte ich mein Zelt neben der Skoterpiste aufgestellt, kam ein Sami angebraust. Er hielt an und wir plauderten ein wenig: er hat Freunde aus der Schweiz, die jedes Jahr nach Masi fahren!
Als Nachtessen sollte es heute etwas Besonderes geben: Zitronen-Couscous mit Cashews à la Sarekmaniac. Ich hatte das Gericht zu Hause zwei Mal ausprobiert. Jedes Mal hatte ich das Gefühl, dass es zu wenig zitronig schmeckte. Also rein mit Zitronen!!! Iiiiiiiiiiii, das war sauer. Ich brachte das nicht runter! So gab es was für die Füchse von Masi! Und ich kochte mir Notfutter: Chili con Carne aus dem Beutel und ziemlich viele Kekse zur Nachspeise, damit ich auch richtig satt wurde.
Am nächsten Morgen hatte es Nebel und es „schneite“ Rauhreif! Wiedereinmal ein Tag der Skoterwegmarkierung folgen… Gegen Mittag verzog sich der Nebel und ich genoss meine Nudelsuppe im Sonnenschein.
Die Abfahrt zum Raggesluoppal war wie die Einfahrt in den Tiefkühler: es war schon etwa -22°C und auf dem Luoppal bestimmt -30! Weg hier… es war eigentlich Zeit, das Zelt aufzustellen, aber nein, im Tiefkühler wollte ich nicht unbedingt schlafen! So zog ich noch ein bisschen Richtung Norden und es wurde auch tatsächlich wieder ein bisschen wärmer, als ich dieses Kälteloch hinter mir lassen konnte.
Nun war der Iesjavri mein nächstes Ziel. Und ich bin begeistert. Wenn man von Süden kommt, sieht man die Berge am nördlichen Ufer. Das sieht dann ungefähr aus wie die antarktischen Gebirgszüge. Es war einfach ein fantastischer Anblick! Mein Orientierungspunkt war die Nordspitze der Oaivosnjarga. Doch Achtung!!! Als ich auf den Oaivvosluoppal kam, hörte ich plötzlich Wasser rauschen, als wäre da irgendwo ein breiter, offener Fluss. Ich erschrak wirklich sehr und fühlte mich auf einmal sehr unsicher auf dem Eis. Ich musste rausfinden, wo dieses Geräusch herkam. Ich blickte zu den Ufern. Nahm die Karte hervor und kam zum Schluss, dass vielleicht der schmale Durchlass westlich der Oaivosnjarga der Grund sein musste. Da Skoterspuren zur Hütte südlich des Durchflusses führten, folgte ich diesen, in der Annahme, dass sie sicher seien. Da sie weiter Richtung Norden führten, wo ich auch hin wollte, folgte ich ihnen weiter und dann sah ich plötzlich, woher das Rauschen kam: mitten durch das Weiss der Schneedecke strömte Wasser. Nun machte ich einen grossen Bogen um diese Bucht und ging dann weiter am Ost-Ufer des Iesjavri Richtung Norden.
Und wieder einmal hatte mich die Karte irregeleitet: ich sah eine Hütte in der Landschaft und nahm an, dass es die (einzige) Hütte an diesem Seeufer auf der Karte sei. So viele Hütten hat es schliesslich hier draussen nicht… Aber nein, es war nicht diese, die auf der Karte eingezeichnet war, sondern eine andere, einen Kilometer weiter südlich. Aber das hatte ich erst im Zelt bemerkt. Hier würde ich heute sowieso eine andere Route wählen: bis zum Ende der Bucht weiterwandern und dann dem Likcajohka folgen, bis er eine 45° Kurve macht und dann weiter in meiner ursprünglichen Route (Stuorra Likcajavri usw.). Aber so war mein Ziel, möglichst rasch raus aus den Birken. Das ging zwar gut, kostete aber einige Extrahöhenmeter. Da der Schnee wie Sand war, musste ich auch bergab noch die Stöcke benutzen. Es war extrem!
Vom Ruonajavri bis zum Kreuzungspunkt mit einer Starkstromleitung hatte ich für 8 km keine Karte. Da das Gelände einfach war, hatte ich verzichtet, dieses Kartenblatt auch noch mitzunehmen. Das war ein Fehler. Vor allem wenn es harzig vorwärts geht, wäre es nicht schlecht gewesen, den Fortschritt wenigstens auf der Karte verfolgen zu können. Als weiteres „psychologisches“ Hinderniss kam dazu, dass ich die Starkstromleitungen, die ich zu queren hatte, schon 10 km lang sah – und sie erst am folgenden Tag tatsächlich querte. Irgendwie war es nervenaufreibend! Dieser Schnee, ganz leicht bergauf, die Leitungen dauernd vor Augen und das Ziel Skoganvarre und der Buss, der mich nach Lakselv bringen könnte… Wiedermal etwas zermürbt kroch ich in den Schlafsack. „Ich gönne mir eine Taxifahrt nach Lakselv, das habe ich mir verdient!“ mit diesem Gedanken schlummerte ich friedlich ein.
Nach etwas mehr als einer Stunde Gehzeit querte ich endlich diese Starkstromleitungen. Geschafft. Nächstes Ziel: Queren des Baches Laevnjasjokka, der weiter unten in einer Schlucht verschwindet. Mein Plan ging gut auf und da, wo ich plante den Fluss zu überqueren, ging das auch problemlos. Auf der anderen Seite stand etwas weiter oben eine Rentierwächter-Hütte – nein, nicht auf der Karte von 1973 eingetragen! [1973 ist der Jahrgang der neusten Revision des Kartenblattes, gekauft im Herbst 2009] Ich ging den Hang hoch und sah plötzlich ein Zelt. Ein Zelt! Da geht man nicht einfach vorbei. So ging ich zu den zwei männlichen Bewohnern. Der eine erkannte mich sofort wieder: „Du warst doch letztes Jahr mit einer Kollegin im Jämtland. Ihr hattet gerade eine Windschutz-Hütte verlassen, als ich ankam.“ „Ja, stimmt, du kamst von Östersund und warst nach Storlien unterwegs“ entgegnete ich!!! Ja, die Welt ist wirklich klein. Er und sein Kollege waren in Alta gestartet und hatten vor, dem Trassee des Finnmarksloppets zu folgen und bis nach Kirkenes zu wandern.
Ich kam dann endlich auf die Skoterpiste und es gleitete! Welch eine Freude! Hatte dieses Gefühl schon fast vergessen! Nun ging es steil bis sehr steil runter zum Vuolajokkluoppal (frage mich, wie das die Hundeschlitten am Finnmarksloppet schafften…) Noch ein kleiner Anstieg, dann nochmals eine schöne Abfahrt und ich musste nur noch den See überqueren.
In Skoganvarre war niemand im Café. So rief ich das Taxi, das auch schon zwanzig Minuten später ankam. Die Zeit reichte gerade, um Pulka und Ski reisefertig zu machen und noch etwas Schokolade zu essen.
Der Taxifahrer erzählte mir ausführlich, warum der Schnee so komisch war: es hatte erst im März richtig geschneit und sei seither immer eiskalt gewesen. So kann sich der Schnee nicht setzen und zerfällt nur. Übrig bleiben Milliarden von Schneekristallkernen, die dann diesen kalten „Sand“ bilden. Eigentlich dachte ich, dass die zweite Etappe dann die strengere sein würde…
Die 278 km hatten mich enorm beansprucht. Mir tat alles weh! Am schlimmsten waren die Fersen dran, wegen der Bindung. Also entschied ich mich des Nachts, gegen alle „Vernunft“, eine Supertelemark-Bindung montieren zu lassen. So ging ich mal zuerst auf Reinbenzin-Jagd, die auch prompt nach einem Misserfolg im Baumarkt im Intersport glücklich endete.
Das Einkaufen der Lebensmittel verschob ich auf Samstag. Auch einen „Tjälknöl“ wollte ich wieder herstellen. Denn im PIAS hatte es sogar einen schönen Backofen. Also kaufte ich mir ein 800 gr. Stück Rentierbraten (geht auch mit Elch oder Rind). Dann legte ich das Fleisch tiefgefroren auf den Rost (unten eine Schale zum Auffangen des Saftes) und garte es bei 100°C etwa 8 Stunden lang. Danach marinierte ich es eine Nacht lang in Salzlake. Voilà! Schmeckt riesig gut! Typisches schwedisches Tourenfutter!
Und was kaufte ich in Lakselv sonst noch zum futtern? Logo: Laks! Schön „gespeckten“. Meine heiss geliebten Tortellini gibt es weder im Coop, noch im REMA1000, ICA oder Spar! Also kaufte ich typisch norwegisches: Kartoffel- und Erbsenpüree! Und feinen Käse – als ich unterwegs die Packung genauer studierte, wurde mir bald klar, weshalb er mir so gut schmeckte: in Hemsedal ist ein Schweizer Käsermeister am Werk! Lefser mussten auch noch mit und meine neuen Lieblingskekse: Cookies mit Smarties! Und viel Reibkäse....
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