[UK] Auf dem Cape Wrath Trail nach Norden

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    [UK] Auf dem Cape Wrath Trail nach Norden

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    Der Cape Wrath Trail, Episode II, Teil 1:

    Eilean Donan Castle-Ullapool


    (Ende Mai/Anfang Juni 2009)


    Der Urknall

    Weder Haftreibung noch Gleitreibung konnten den Verzögerungswert erklären, mit dem mein Citylink-Bus plötzlich zum Stehen gekommen war. Ein Blick nach vorne lieferte die Erklärung: Die Heckscheibe eines Landrover klebte dichter vor der Windschutzscheibe des Busses als es verkehrsüblich ist. Der Landrover-Fahrer hatte wohl mit dem Abbiegen in einen Seitenstraße länger gezögert, als es der Busfahrer für angemessen gehalten hatte. Folge: Eine Fraktur der Stoßstange des Landrover. „Sorry about that, folks!“ war alles, was dem Busfahrer dazu an die Fahrgäste zu sagen wollte. Zehn Minuten dauerte der Austausch der Personalien, dann ging es weiter. Mir wurde klar, warum ich bisher immer mit dem Zug von Glasgow nach Fort William gefahren war.

    Doch am Sonntag fährt der erste Zug nach Norden erst mittags, und da wollte ich schon auf der Piste sein. In meinem Kopf hatte sich die Idee festgesetzt, die Westküstenwanderung von 2008 zum Cape Wrath Trail zu erweitern. Vorausgesetzt, dass Wetter, Füße und Lust es zulassen. Als Zwischenziel erschien Ullapool nicht unrealistisch, und so schickte ich die bis dorthin nicht benötigten Landkarten postlagernd voraus.
    (Karte: Eric Gaba/Wikimedia Commons)

    Als ich in Dornie – kurz vor Skye – ausstieg, nieselte es heftig. Bei genau dem gleichen Wetter hatte ich vor knapp einem Jahr meine Tour für beendet erklärt und in den Bus eingestiegen. "Das kann ja heiter werden", dachte ich daher, als ich bedröppelt auf Eilean Donan Castle blickte. Wurde es auch. Schon eine halbe Stunde, nachdem ich in Richtung Killilan losgegangen war, löste sich der Regen auf.

    Die Uferstraße erfüllte zwar nicht die DIN-Anforderungen an die Bodenbeschaffenheit eines deutschen Premiumwanderweges, bot aber immer wieder überraschende Aussichten. Dass alle zehn Minuten ein Auto kam, störte mich nicht weiter. Bald ging es durch den Wald aufwärts, Richtung Ling River. Vor lauter Euphorie über meinen guten Fortschritt – immerhin war ich erst gegen 15 Uhr losgegangen – und den knackigen Sommerhimmel verpasste ich einen wichtigen Abzweig, driftete den falschen Hang hoch, passierte erfolgreich zwei Bäche trockenen Fußes und stellte dann erst fest, dass ich einen ganz anderen Bach auf einer Brücke hätte überqueren müssen.

    Als ich wieder in der richtigen Spur war, näherte es sich 20 Uhr. Den bisherigen Verlauf und vor allem das Verlaufen nahm ich als Zeichen, jetzt an mein Nachtlager zu denken. Dreist grinsten mich Wiesen am Ling River an, und luden mich zum Zeltaufbau ein. Dem wollte ich mich dann nicht widersetzen, zumal die Wiesen frei von Steinen und vor allem von Schafs-Aa waren. So viel Glück muss man haben! Nach einer halben Stunde stand Hogan, die Schildkröte. Man sah ihm die Verspannung nach mehr als vier Monaten Winterschlaf noch deutlich an.

    Zeit, mich zu belohnen: Auf dem Menüplan stand mein erster Dryfreeze-Travellunch, frisch in Fort William für 4,99 Pfund erworben. Einfach heißes Wasser reinkippen, umrühren, Ziplock schließen und ziehen lassen. Es sah aus wie – soll ich es sagen? – wie der Straßenbelag auf der Reeperbahn am Samstagmorgen, schmeckte aber wirklich gut. Der leere Ziplock-Beutel leistete mir übrigens später in der Nacht noch gute Dienste. Andere kaufen sich Nalgene-Weithalsflaschen, damit sie in der Nacht das Zelt nicht verlassen müssen – soll ich noch mehr sagen? Kaum war ich mit dem Essen fertig, fielen die ersten Tropfen vom Himmel. Dabei sollte es nicht bleiben: Es regnete die ganze Nacht hindurch, und ein kleiner Stausee näherte sich meinem Zelt bis auf 30 Zentimeter.

    Am Morgen stellte ich einen bisher unbekannten Vorteil meiner „Grünen Schrankwand“ fest. Ich konnte Hogans Innen- und Außenzelt zeitsparend einfach in eine der Seitentaschen stopfen. Herumkramen mit Zeltbeuteln und/oder Angst vor eingeschlepptem Dreck im Hauptfach unnötig!

    Tag der Asphaltschlacht

    Der nächtliche Dauerregen hatte meinen Plan A für den weiteren Weg zur Makulatur werden lassen: Ursprünglich wollte ich über Bendronaig Lodge zu Gerry's Hostel in Craig in Strathcarron gehen. Doch der sichtlich gestiegene Wasserstand des Ling River ließ ahnen, was aus den anderen Flüssen geworden sein würde. Auf Extremfurten oder Extremumwege hatte ich keine Lust. Zwei durchnässte Munro-Sammler, denen ich begegnete, bestätigten mir meine Vermutung bezüglich der Wasserstände in den Bächen. Plan B: Nach Attadale, und von dort aus überwiegend auf der Straße durch Strath Carron nach Achnashellach oder Craig. Die Entscheidung erwies sich später als goldrichtig: Das Wasser des Carron war hüfttief und floss nicht gerade träge dahin.

    Der Weg an der Straße ist zwar fußunfreundlich, hat aber durchaus seine landschaftlichen Reize. Der Autoverkehr hielt sich in Grenzen. Etwa alle fünf Minuten kamen Autos, meist mehrere in Kolonne hinter einem trödelnden Wohnmobil. Das Überholen auf Singletrack-Straßen ist nämlich nicht so einfach.

    In Strathcarron besuchte ich den Laden im Postamt – oder den Laden mit Postamt? - und stockte meine Vorräte auf. Es ist immer wieder erstaunlich, welch gigantische Produktpalette die schottischen Dorfläden auf kleinster Fläche unterbringen. Deutsche Tankstellenshops können da nicht mithalten.

    Am Carron entdeckte ich eine wahre Kulturrevolution: Einen Wanderwegweiser mit Entfernungsangaben in Kilometern! Es handelte sich allerdings um ein von der EU kofinanziertes Projekt, es kann also gut sein, dass Brüssel auf den europaweit vorgeschriebenen Einheiten bestanden hat. Oder handelt es sich um einen weiteren Versuch der Schotten, sich von den Engländern zu differenzieren? Und wann wird aus „Scotland Yard“ dann „Scotland Meter“ - oder gar „Scotland 0.9 Meter“?

    Technischer Hinweis: Anders als im Buch „North to the Cape“ (im folgenden NTC) beschrieben gibt inzwischen es auf rund drei Kilometer Länge einen sehr schönen Fußweg am Ufer des Carron entlang. Einfach direkt nördlich der Brücke – noch vor New Kelso! - nach Osten abbiegen, Wegweiser mit metrischen Angaben ist – wie eben beschrieben – vorhanden.

    An diesem Tag fing ich mir meine zwei ersten schottischen Zecken ein. Die eine wollte es sich zwischen meinen Handknöcheln bequem machen; die zweite schaffte es bis zum Kniegelenk, wo ich sie aber am Abend entdeckte, noch bevor sie sich vollsaugen konnte. Ich bewundere jedoch ihre Robustheit: Man kann sie nicht einfach mit einem Fingerdruck ins Jenseits befördern – wie die meisten anderen Außenskelettler – sondern muss schon die Fingernägel zur Hilfe nehmen.
    In Achnashellach hatte ich knapp 30 km hinter mir und war daher recht erleichtert, als ich auf Anhieb das B & B am Bahnhof fand. Nur: Es sah verlassen aus – nicht einmal ein Auto in der Auffahrt – und ans Telefon ging auch niemand. Also auf zu Gerry's Hostel in Craig, knapp vier Kilometer weiter in Craig.

    Zwischen Achnashellach und Craig startet bei GR 029 490 der kürzeste Aufstieg zum Coulin-Pass Richtung Kinlochewe. Ein Wegweiser der Scottish Way of Rights Society weist darauf hin. In den OS-Karten ist dieser Pfad nicht eingetragen.

    Doch bei Gerry ging auch niemand ans Telefon, der Anrufbeantworter informierte nur darüber, dass das Hostel seine Winterruhe am 30. April beenden werde. Ende Mai mutete diese Ansage etwas merkwürdig an, doch davon ließ ich mich nicht irritieren. Etwas mehr irritierte mich, dass der Hinweis auf die Winterruhe auch noch an den Türen des Hostels hing. Durch die Fenster war zwar keine Leiche zu sehen, aber auch kein Leben. Ich rief die Taxi-Nummer an, die unter dem Winterruhe-Hinweis stand, in der Hoffnung vielleicht dort etwas Erhellendes zu erfahren. Unter dem Krächzen einer grauenhaften Netzqualität verstand ich nur, dass ich „on my own“ sei.

    Zelten? Eine passsende Stelle hatte ich unterwegs nicht gesehen. Unten im Tal gab es nur Weiden, am Hang Wald – und wer schottischen Wald kennt, weiß, dass der Boden dort schwammartig nass ist, sofern man ihn zwischen dem Totholz überhaupt sehen kann. Außerdem verspürte ich Lust auf eine warme Dusche. Ich rief also im Strathcarron Hotel an, das ich unterwegs gesehen hatte – und für 38 Pfund hatte man dort noch ein Einzelzimmer frei. Mit dem Zug – das hatte ich sauber abgepasst! - fuhr ich von Achnashellach nach Strathcarron zurück. Kurz vorher erreichte mich noch ein Rückruf des Taxifahrers: Das war offensichtlich Gerry selbst, der jetzt kommen und mich einlassen wollte. Da wollte ich aber nicht mehr.

    Und ich hatte mich richtig entschieden: Der Empfang im Hotel war geradezu herzlich, das Essen ordentlich. Mit der Wirtin quatschte ich noch ein paar Takte über Cape-Wrath-Durchreisende; offensichtlich war deren Anzahl sehr, sehr gering. Gut für mich. Noch besser war die Badewanne in meinem Zimmer – eine der wenigen Gelegenheiten, bei der ich bedauerte, nicht doch wenigstens einen Reclam-Schmöker mitgenommen zu haben.

    Als ich am nächsten Morgen nach reichhaltigem schottischen Frühstück aufbrach, war das Wetter fast ideal. Mit einem Taxi (nicht Gerrys!) ließ ich mich für 9 Pfund wieder nach Achnashellach kutschieren.


    Wer nicht hören will, muss spülen

    In meinem bis dahin noch nicht erschütterten Vertrauen folgte ich der Wegbeschreibung von NTC, lief also die Forststraße bis zum bitteren Ende, kroch in den Wald und fand dort den legendären „Ill-defined Path“. Der Ill-defined Path findet sich in allen Regionen Schottlands, besonders gerne dort, wo es auf jede Minute ankommt, weil ansonsten der letzte Zug/letzte Bus/das letzte Bett im Bunkhouse weg ist.

    Das war heute zwar nicht meine Sorge; aber mit meiner grünen Schrankwand trug ich doch sehr zur Totgeäst-Entfernung bei. Unerfreulicher war, dass der Ill-Defined Path plötzlich an einem Wildschutz-Zaun endete, durch dessen Löcher zwar Munro-Sammler mit ihren Tagesrucksäcken passten, aber ich definitiv nicht. Schön, dass auf auf der anderen Seite des Zaunes auch noch feuchter Torf war! Es half alles nichts - erst flog der Rucksack durch eines der Löcher, dann ich hinterher. Wer nicht hören, will muss spülen.

    Denn das wäre alles nicht nötig gewesen. Westlich davon verlief nämlich ein neu angelegter oder jedenfalls grundsanierter Pfad, der unten an der Hauptstraße startet (also nicht am Bahnhof!) und von der Scottish Rights of Way Society sogar mit einem Wegweiser versehen ist. Das Schild hatte ich am Abend vorher gesehen, aber als für mich irrelevant verworfen. Der Wanderführer wird ja wohl keinen Blödsinn empfehlen. Bald stieß der Ill-Defined Path auf diesen top-gepflegten Pfad (anders als von NTC versprochen), der von Westen aus dem Tal hochkam. Unterdessen kollabierte eine Schauerwolke nach der anderren über der Bergkette hinter mir.

    Kurz vor der Passhöhe traute ich dann meinen Augen nicht mehr: Plötzlich kamen zwei Mountainbiker von der Downhill-Fraktion über den nackten Fels gesprungen, bremsten kurz vor dem Erreichen des Pfades und schoben dann ihre Räder wieder bergauf. Die Erklärung konnte ich mir bald selbst geben: Sie drehten zusammen mit einem „Kameramann“ (er hatte eine Spiegelreflexkamera mit Videofunktion...) ein Filmchen. Da fiel mir wieder ein: Zwei Wochen später sollte in Fort William ein MTB-Worldcup stattfinden.

    Von nun an ging es nur noch bergab. Sekunden vor dem Einschlag des ersten Schauers erreichte ich das „Tea House“, wo sich der Easan Dorcha über einige dekorativ eingebettete Felsstufen in die Tiefe stürzt. Man kann sich richtig gut vorstellen, wie dort früher seine Lordschaft samt Gemahlin und Gästen saßen, sich vom Butler den Tee servieren ließen und gemeinsam für Rosamunde Pilcher Modell saßen. Heute muss man sich den Tee dort selbst kochen, es handelt sich um eine unbewirtschaftete und sehr kleine Hütte, eine Bothy. Zum Übernachten ist sie zu klein.

    Die Bothies sind ein nicht wegzudenkendes Element in den Highlands. Diese unbewirtschafteten Hütten werden von dem Verein Mountain Bothies Association allein durch Spenden und Freiwilligenarbeit unterhalten. Um Vandalismus und Vermüllung durch solche Benutzer gering zu halten, die nicht in das Raster von Bergsportlern und Naturfreunden passen, hat es sich eingebürgert, die genaue Position von Bothies nur von Mund zu Mund zu verraten. Deswegen werde ich im folgenden alle Bothy-Namen soweit verunstalten, dass man sie zwar auf OS-Landranger-Karten wiedererkennt, aber nicht gugeln kann.


    „Back to the roots“ statt North to the Cape

    Der Schauer war schnell vorbei und ich wetzte das Tal hinunter zum Coulin River. Dort erwartete mich schon ein frisch aufgeschütteter Landrover-Track - und bald ein Blick auf den majestätischen Liathach. Hier sollte laut "North to the Cape" (NTC) eine navigatorisch recht anspruchsvolle Passage beginnen: Querfeldein einen Hang hoch, um einen Wald herum, dann durch einen weiteren Wald hindurch. Sicherheitshalber schaute ich noch einmal nach, was der Wanderwegeführer „Scottish Hill Tracks“ (SHT) zu diesem Abschnitt sagte: „Bleibe auf dem Track, gehe nicht durch den Wald, ziehe nicht 4000 Zecken ein.“ So ungefähr. Wie sehr er recht hatte, sah ich sieben Kilometer später: Der zweite Wald war abgeholzt.

    Wenn es noch etwas undurchdringlicheres als schottische Fichtenplantagen gibt, dann sind es abgeholzte schottische Fichtenplantagen. Wo der Harvester einmal gewütet hat, wächst kein Gras mehr – auch nicht auf den früheren Wegen, denn der Harvester braucht keine Wege. Die schottischen Holzfirmen ernten nur die Stämme, alles andere bleibt liegen. Die Wanderung auf den verbleibenden fünf Kilometern Straße bis nach Kinlochewe gehörten sicherlich nicht zu den Sternstunden meines Wandererdaseins, aber weil sich der Verkehr in Grenzen hielt – alle fünf Minuten Autoverkehr – war es tolerierbar. Die Lehre daraus: Folge nie blind einem Wanderführer (schon gar nicht einem 10-20 Jahre alten!), nutze stets mehrere Quellen, wenn Zweifel bestehen.

    Angesichts der bescheidenen Wetterprognose für die Nacht quartierte ich mich in Kinlochewe abermals unter festem Dach ein. Das war im Grundsatz eine weise Entscheidung, denn es regnete von neun Uhr abends bis weit in den nächsten Vormittag hinein. „Im Grundsatz“ deshalb, weil das Bunkhouse des Kinlochewe Hotel ausgebucht war und die Zimmerqualität im eigentlichen Hotel gemessen an den ambitionierten Preisen bescheiden war - so etwa FDGB-Ferienheim, nur mit getrennten Wasserhähnen, würde ich sagen.

    Durch das offene Fenster konnte ich die Nacht über den ganzen Reichtum der schottischen Meteorologie verfolgen: Landregen, Pladderregen, waagerechter Regen, stürmische Gischt. Selbst nach dem reichhaltigen schottischen Frühstück bot sich aus meinem Zimmer immer noch die deprimierende Aussicht auf einen nicht sichtbaren, da regenverhüllten Beinn Eighe. Lustlos schlenderte ich in die Lounge auf der anderen Seite des Hauses. Da sah es schon ganz anders aus: Die Berge waren immerhin zu sehen – und nahmen die Wolken nicht schon Konturen an?

    Jetzt zuckte es doch schon wieder in den Beinen. Ich konsultierte meinen Begleiter Steiner, „das Eiserne Fernglas“ (ein Wildlife Safari 8x22), schaute mir immer wieder die Wolken und die Berge an und kam zu dem Schluss: „Ja, es könnte unter Berücksichtigung der vorherrschenden Windverhältnisse und unter Ausschluss außergewöhnlicher negativer Einflussfaktoren bei Fortschreibung der bisherigen Wetterentwicklung und der jahreszeitlich üblichen Niederschlagsrhythmen nicht gänzlich ausgeschlossen sein, dass in einem Zeitraum, der bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt mit einem niedrigen einstelligen Stundenbereich quantifiziert werden kann, der Regen aufhört.“ Schnell zog ich mir die Regenhose an, was einen der anderen Herumlungerer in der Lounge zu der Bemerkung veranlasste, dass das Anziehen von Regenhosen naturgesetzlich ein sofortiges Aussetzen des Regens zur Folge hat. Ich erwiderte ihm, dass es mir das wert sein würde. Leider hatte er Unrecht.

    Nach dem vielen Regen in der Nacht zuvor folgte ich nicht der von NTC empfohlenen Hauptroute bis zum Ufer von Loch Maree und dann durch Gleann Bianasdail. Am Ausfluss des Lochan Fada wäre möglicherweise Extremfurten angesagt gewesen. Stattdessen folgte ich der „Schlechtwettervariante“ auf einem Track entlang dem Abhainn Bruachaig bis Heights of Kinlochewe und dann nach Westen den Hang hoch zum Lochan Fada. Ich hätte es nicht besser abpassen können: Als ich die Abzweigung erreichte, hörte der Regen schlagartig auf. Ich konnte die Steigung bekämpfen, ohne mich auch noch mit dem möglicherweise unzureichenden RET-Wert von Goretex Performanceshell auseinandersetzen zu müssen.

    Noch größer war allerdings die Überraschung, als der angekündigte Pfad jegliche Merkmale eines typischen schottischen Pfades vermissen ließ. Als da wären: Hüfttiefe Torfpfützen, glitschiges Steine und Grasbüschel, die den Fuß des Wanderers exakt so lange stützen, wie der andere Fuß noch keine Position erreicht hat, aus der heraus er schnell einen anderen Halt finden könnten. Nein, dieser Pfad war hergerichtet wie eine alpine Wanderautobahn und konnte in weiten Teilen sogar zweispurig begangen werden. Angesichts der Häufung von Munros in dieser Region war das aus Gründen der Erosionsvorbeugung sicherlich sinnvoll. Aber mit „Europe's last wilderness“, als die das Gebiet Letterewe in zahlreichen Wanderführern verkauft wird, hatte das wenig zu tun. Wie ich überhaupt Letterewe nicht als so sensationell empfand.

    Lochan Fada erreichte ich somit deutlich früher als erwartet. Hier musste ich – zum ersten Mal auf dieser Tour – wegloses Gelände zum Bealach Croise bezwingen. Navigatorisch war es Kinderkram – immer streng nach Nordosten bis zu Passhöhe –, das Gelände war von vereinzelten Torfabbruchkanten abgesehen auch nicht besonders schwierig. Einige andere Cape-Touristen, die ich später sprach, berichteten von Schwierigkeiten, einen tiefen felsigen Einschnitt mit einen Bergbach zu überwinden. Ich hatte wohl Glück, denn ich benötigte nur fünf Minuten, um eine geeignete Stelle zu finden, wo ich trockenen Fußes hinüberkam. Lediglich das Wetter brachte eine Erschwerniszulage ein: Feinster Nieselregen suchte und fand meine Brille.

    Wie so häufig war aber die Passhöhe auch Wettergrenze. Der obligatorische Steinmann begrüßte alle, die es geschafft hatten, mit einem kleinen Windschutz. Ich sondierte die Landschaft. Einen echten Pfad sollte es für den Abstieg nicht geben, sagte die Karte. NTC und SHT murmelten etwas von „path of sorts“ auf der Nordwestseite, wobei NTC von der Benutzung abriet, weil die Querung der Baches weiter unten schwierig sein würde. „Path of sorts“? Ich entdeckte einen durchaus gepflegten Pfad! Leider konnte ich selbst mit dem Fernglas nicht erkennen, ob dieser Pfad nicht plötzlich in Richtung Hang abbog. Was ich jedoch mit Sicherheit sehen konnte, war schwieriges Gelände auf der Ostseite. Im schlimmsten Fall würde ich weiter unten den Fluss „feucht“ queren müssen; die zahlreichen Schlingen ließen jedoch erwarten, dass mich das Wasser nicht gleich in den Atlantik mitreißen würden.

    Der Pfad hielt tatsächlich bis kurz vor Loch Nid durch; dort verlief er sich in einer Wiese zwischen den Flussschlingen. Auf dem gegenüberliegenden Ufer baute ein englisches Pärchen, das ich am Abend zuvor in Kinlochewe getroffen hatte, unter den Augen überraschter Hirsche schon seine Hilleberg-Kathedrale auf. Sie guckten etwas erstaunt, als ich auf der „falschen“ Flussseite auftauchte. Ihr Gesichtsausdruck verzog sich etwas ins Säuerliche, als sie dann auch noch sahen, mit welcher Leichtigkeit ich eine flache Stelle fand, wo ich ohne Entblößung meiner Füße durch das Wasser hoppeln konnte.

    Ich konnte sie verstehen: Sie hatten sie im festen Vertrauen auf die Richtigkeit von NTC den neuen Pfad überhaupt nicht gesehen, sondern sich gleich an den Abstieg auf der Ostseite gemacht. Und dort muss das Gelände gehalten haben, was der Blick durch mein Fernglas versprochen hatte. Kurz: Sie waren total platt und hatten für heute die Schnauze voll. Und das, obwohl sich schon seit mehreren Viertelstunden Kaiserwetter breit machte. Mir hingegen ging es so gut, dass ich vom ursprünglich geplanten Zelten an dieser Stelle absah, sondern die rund 8 Kilometer weiter gelegene Schöner-Wall-Bothy ansteuerte.

    Kurz bevor ich sie erreichte, sah ich, wie sich von hinten ein Tageswanderer mit rasantem Tempo näherte. Aber irgendetwas stimmte nicht. Er trug zwar eine lange Jacke, aber seine Beine waren ... textilfrei. Bis ganz nach oben. Man sah zwar kein „Familiensilber“ hin- und herbaumeln (dafür war es vielleicht zu kühl - zum Herumbaumeln, will ich sagen), aber falls er eine Badehose trug, war sie fleischfarben. Leider kann ich nicht mit einer Auflösung des Rätsels dienen, denn als er mich einholte, hatte er eine lange Hose übergezogen. Nun gut, der eine läuft barfuß durch Lappland, der andere eben nackig durch die Highlands.

    In der Bothy erwartete mich schon eine bunte Schar von anderen Bergsportlern. Ich war allerdings der einzige auf dem Weg nach Norden, alle anderen waren in Sachen Munro-Sammeln unterwegs. Sie hatten alle einen sehr nassen Tag hinter sich, die meisten hatten mehrfach angeschwollene Flüsse „feucht“ durchqueren müssen.

    Am Abend diskutierten wir die Wirtschaftslage. „Stell Dir vor, es ist Krise, und keiner macht mit“, war der Tenor der Anwesenden. Die meisten hatten gut reden, waren sie doch schon im Ruhestand. Den Vogel in Sachen Gelassenheit schoss jedoch ein IT-Berater aus London um die Mitte 30 ab: Im Februar war sein Projekt bei einer Investmentbank eingestellt und er selbst abgestellt worden. Er habe die Zeit seitdem erst einmal sinnvoll genutzt und 47 Munros eingesammelt! Im August wollte er sich dann wieder nach einem Job umsehen.

    So eine Bothy ist natürlich auch ein bisschen eine Bühne für das Gear-Schaulaufen. Unumstrittener Sieger war einer der schrägen Engländer, der einen UL-Notschlafsack mitgebracht hatte. So weit ich es überblicken konnte, bestand der Schlafsack aus zwei oder mehr Lagen metallisch beschichteter Kunststofffolie. Beim Entfalten bildeten sich zwischen den Lagen luftige Hohlräume, die für die Isolation sorgten. Gewicht: Gefühlte 500 Gramm. Was er an Gewicht sparte, legte er jedoch an Lärm drauf: Das Knistern war weit jenseits von Zimmerlautstärke. Zum Glück hatte ich mich in einem der anderen Räume einquartiert.


    Der Tag, an dem der Fad nicht gepfunden wurde

    Am folgenden Morgen wieder das übliche Spiel der letzten Tagen: Nieselregen. Ich beschloss, mir mit dem Aufbruch Zeit zu lassen, und schnorrte vom Freefood-Shelf eine „Wayfarer“-Fertigmahlzeit vom Typ „Cooked Breakfast“: Würstchen, Bohnen, Schinken. Nur eben nicht appetitlich nebeneinander, sondern als Eintopf. Wayfarer-Mahlzeiten sind nicht dehydriert und wiegen samit Packung gut und gerne ein halbes Kilo, was vermutlich erklärt, warum die Mahlzeit auf dem Freefood-Shelf gelandet war. Geschmacklich gab sie keinen Anlass zur Klage, jedenfalls dann nicht, wenn man dem angelsächsischen Frühstück überhaupt etwas abgewinnen kann.

    Doch gegen neun Uhr gab es keine akzeptable Ausrede mehr, den Aufbruch weiter herauszuschieben. Ich zog also meine Regenhose an. Unweigerlich kam die Weisheit vom Regen, der jetzt natürlich aufhören würde. Ich konterte mit meiner Erfahrung vom Vortag. Doch der freundliche IT-Berater ließ sich davon nicht irre machen. „Nun, manchmal wirkt es erst mit einer gewissen Verspätung“, räumte er ein, „aber der Regen wird aufhören, Du wirst es sehen!“

    Seine Prophezeiung stellte sich als wahr heraus. Dummerweise aber erst, als ich die Passhöhe auf dem Weg nach Corrie Hallie erreicht hatte. Da war ich mir schon nicht mehr sicher, ob ich nicht ohne Regenjacke trockener geblieben wäre. Was man Goretex & Co. jedoch hoch anrechnen muss, ist die Tatsache, dass ich nach einer weiteren Dreiviertelstunde schon wieder weitgehend trocken war. Nur hinter den Ohren nicht, aber das wäre Gegenstand einer anderen Erörterung. Manche Leute werden alt, aber nie erwachsen.

    Bei Corrie Hallie, im Tal des Dundonnell River, war es sommerlich warm. Das wird wohl auch die Erklärung sein, warum ich mich hier gleich zweimal verlief. Beim ersten Mal dauerte es rund zehn Minuten, bis mir die Frage kam, ob „auf der Karte nach oben laufen“ zwangsläufig bedeutet, die nächstbeste Steigung „nach oben“ zu laufen – oder ob es da nicht gewisse Unterschiede zwischen Norden und Süden gibt. Beim zweiten Mal folgte ich einem nicht in die Karte eingetragenen Wirtschaftsweg, anstatt einem nicht existierenden Pfad in gerader Linie über eine Weide zu folgen.

    Weder die Führer noch die Karte beschreiben den Einstieg in den Pfad nach Inverbroom bei Corrie Hallie sonderlich sauber: Über die Brücke über den Dundonnell River (GR 114 856) – direkt hinter der Brücke rechts – dem Weg am Fluss etwa 50-100 m folgen (nicht mehr!) - dann quer den Hang (Schafweide) links hoch. Dort am Waldrand verläuft der Pfad. Der von der Landkarte suggerierte Weg hinter dem Farmhaus existiert genauso wenig wie der Zickzack-Pfad. Folgt man dem Weg am Fluss zu lange, kann man zwar auf einen Wirtschaftsweg nach links abbiegen; fieserweise steht an der Abzweigung sogar ein Stein mit Wegweiser-Anmutung. Dieser Weg endet jedoch südlich des Bruthach na Garbh Choille (Höhe 222). Man könnte sich vermutlich sogar zum richtigen Pfad nach Norden durchschlagen, das Gelände sieht aber teilweise sehr feucht aus. Eine gewisse Entschädigung mag allerdings die Aussicht vom eben genannten Hügel sein.

    Der Weg von Corrie Hallie nach Inverbroom führt durch ereignisarmes Moor- und Heideland. Erst an der Abbruchkante zu Strath More wurde es wieder interessant. Nicht nur der Anblick der Felsen rockt (was für ein albernes Wortspiel!), sondern auch die Fruchtbarkeit der Landschaft: Wald, Weiden, sogar Ackerbau, dazwischen immer wieder die gelben Ginstertupfer.

    _______________________________

    Die Tierwelt Schottlands, Folge I



    Wenn Fliegen auf Fliegen fliegen
    Ein Shotland-Pony
    Ein Tausendfüßler
    Ein Schaf, teilweise verzehrt
    Eine Libelle
    ________________________________

    Seit Achnashellach oder drei Tagen war es für mich das erste Mal flächendeckender Zivilisation. Ich war darüber nicht unfroh, denn in den letzten Stunden hatte ich das Wachstum zweier Blasen an beiden Fußinnenseiten beobachten müssen – an zwei völlig unüblichen Stellen. Ullapool war nur noch zwölf oder 14 Kilometer entfernt, das war zu bewältigen. Die Option „Bus“ hatte sich aufgrund selbstverschuldeter Störung im Betriebsablauf leider schon erledigt.

    Der von NTC beschriebene Abstieg am Waldrand oberhalb von Croftown ist zwar möglich, aber aufgrund zahlreicher umgestürzter Bäume nicht empfehlenswert. Zweckmäßiger ist es, bei GR 175 835 nach links auf einen in der Karte nicht dokumentierten Forstweg nach scharf rechts abzubiegen, diesem dann bis zur Talsohle zu folgen und dann nach scharf links abzubiegen. Durch ein Gatter geht es dann quer über eine Schafsweide bis zur Straße bei Auchlunachan.

    Als ich die Hauptstraße nach Ullapool erreichte, herrschte dort noch reger Verkehr – es war kurz vor 18 Uhr. Aus meiner Erfahrung heraus wusste ich jedoch, dass der Verkehr kurz nach 18 Uhr recht schnell nachlassen würde. Ich beschloss, zunächst einmal den Kilometer bis Inverlael zu laufen, dort ein Päuschen zu machen, die Blasen zu beschauen und dann über den Fortgang zu entscheiden.


    Entführung auf kaltem Wege

    Doch dazu sollte es nicht kommen. Ich hatte noch keine 50 Meter zurückgelegt, als neben mir ein Kleinwagen mit zwei Outdoortouristen anhielt. „Do you want a lift?“ tönte es, keinen Widerspruch duldend, aus dem Seitenfenster. Ich wollte lieber keinen Konflikt riskieren.

    Die Fahrzeugbesatzung hatte sich in mir anscheinend ein wenig getäuscht, wie sie feststellten, als ich schon im Auto saß. Sie hatten wohl gehofft, einen Ortskundigen einzusammeln, der ihnen bei der Unterkunftssuche in Ullapool behilflich sein würde. Mehr als das Verzeichnis der SYHA-Hostels und der Independent Hostels hatte ich nicht zu bieten. Und zu allem Überfluss hatte das SYHA-Hostel, das wir als erstes ansteuerten, für mich noch ein Bett frei, aber für sie nicht das gewünschte Doppelzimmer. Und weil der nächste Tag mit 21-24 Grad brutal heiß werden sollte, buchte ich gleich zwei Übernachtungen.

    Den Abend widmete ich einer Fressorgie in der „Frigate“ an der Uferstraße, bevor mich ein extrem kitschiger Sonnenuntergang hinter den Sucher meiner Kamera bannte.



    Fortsetzung im nächsten Beitrag
    Zuletzt geändert von November; 02.11.2011, 19:02.
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    #2
    AW: [UK] Auf dem Cape Wrath Trail nach Norden

    Der Cape Wrath Trail, Episode II, Teil 2:

    Ullapool-Cape Wrath




    Ullapool: Gammeln und Globalisierung gucken

    Schon am frühen Morgen stellte ich fest, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte: Keine Wolke spendete Schatten, die Luft stand praktisch still. Auch hatte ich noch nicht den Grund für meine beiden Blasen herausfinden können. Insofern war ich froh, als bekennender [UH]-Wanderer noch ein Paar ultraleichte und luftige Laufschuhe mitgenommen zu habe. Sollten die Selbstheilungskräfte eine Chance bekommen.

    Mein erster Weg führte mich zum Hafen, wo über Nacht zwei Trawler angekommen war. Hier war Globalisierung vom Feinsten zu sehen: Spanische Schiffe, in Cuxhaven registriert, mit einer sichtlich südamerikanischen Besatzung, die Fische für einen Hamburger Großhändler in spanische Kühl-Lkw verluden. Schottisch waren nur der Mann von der Fischereischutzbehörde, der die Kisten mitzählte und sich die Netze beschaute, und der Gabelstaplerfahrer, der die mobile Verladerampe hinter die Lkw schob.

    Es war schon gegen zehn Uhr brüllend heiß, also über 20 Grad warm. Die Sonne war im Gegensatz zu mir schon um 4 Uhr aufgestanden. Genau das richtige Wetter, um Büroarbeiten wie das lästige Postkartenschreiben zu erledigen oder Kalorien zu tanken. Ein Frühstück, zwei warme Mahlzeiten sowie jede Menge Brot mit Käse mussten dran glauben. Half übrigens alles nichts, am Ende des Urlaubs hatte ich zwei Kilo verloren. Wo mein Körper die bei 83 kg Ausgangsgewicht auf 183 cm hergenommen hat, weiß ich bis heute nicht.

    Am nächsten Morgen machte ich mich früh auf den Weg. Das heißt – erst machte sich ein Taxi auf den Weg und brachte mich zurück nach Inverlael, wo ich zwei Tage vorher aufgehört hatte. Im Zickzack wanderte ich durch einen ungewöhnlich aufgeräumten Wald auf das Hochplateau, wo mich einige Kilometer wegloses Gelände erwarten sollten. Überrascht, aber nicht ganz unangenehm berührt stellte ich fest, dass Quads doch so eine Art Pfad markiert hatten. Wenn man durch weitgehend kontur- und fixpunktloses Gelände wandert, ist von Vorteil, wenn sich das Auge an solch einer Linie festhalten kann.

    Ich halte es für unwahrscheinlich, dass der in NTC beschriebene steile Pfad durch den Wald noch existiert beziehungsweise sinnvoll nutzbar ist, da unten im Tal um den Fluss herum intensiv „wasserbauliche Anlagen“ errichtet werden. Ich folgte daher dem von SHT empfohlenen und auch aus der Karte ersichtlichen Zickzack auf Forstwegen durch den Wald.

    Bald entdeckte ich rund zwei Kilometer hinter mir die Wandergruppe von "C'n'Do". Die neunköpfige Truppe unter ihrem Leiter Chris, die ebenfalls auf dem Weg zu Cape Wrath war, hatte ich am Abend vorher im Hostel kennengelernt. Wandern ohne Gepäck von Kleinbus-Absetzpunkt zu Kleinbus-Aufnahmepunkt mag zwar nicht der reinen Lehre entsprechen, aber augenscheinlich war keiner von den Teilnehmern unter 60 Jahren, und da sind Tagesetappen von 25 km auch so beachtlich. Sie hatten für die Gesamtstrecke von rund 320 km nur 14 Tage zur Verfügung und standen somit unter mehr Druck als ich. Obwohl sie einige öde Abschnitte übersprungen haben. Und obwohl sie den Quad-Track offensichtlich nicht gefunden hatten, wie ihr Zickzackkurs in breiter Reihe verriet.

    Schließlich kam ich oberhalb von Glendouchary an, einer verlassenen Siedlung, die aus unersichtlichen Gründen bis heute keine Aufnahme nicht in die Karte gefunden hat. Statt Zeit mit der Suche nach dem vermutlich ohnehin nicht wirklich vorhandenen Pfad am Bach entlang zu vertrödeln, tastete ich mich den Hang hinunter, geriet dabei erstaunlicherweise ganz gegen sonstige Gewohnheit nicht in irgendwelche Feuchtwiesen oder verdeckte Blockschutthalden.

    Nach erfolgreicher und ebenfalls trockener Flussquerung überlegt ich kurz, ob ich auf den etwas oberhalb am Hang gelegenen Wirtschaftsweg wechseln sollte. Im Nachhinein ist man immer schlauer: Es hätte mir das extrem ermüdende und zeitraubende Herumkonturieren auf dem arg verstrüppten Pfad am River Douchary entlang erspart. Außerdem wäre ich dann nie in die Schlucht hineingeraten, aus der ich nur deshalb auf der „richtigen“ Seite herausfand, weil ich einem fragwürdigen Wildwechsel folgte. Wer lesen kann, ist klar im Vorteil: „Do NOT descend into the gorge“, heißt es bei NTC.

    Irgendwann stand ich dann aber am Ufer von Loch an Daimh („See der Hirsche“): Vom Plätschern meines Schweißes abgesehen herrschte absolute Stille. Kein Vogel. Kein Auto. Kein Bier. Selbst die Luft stand still, im Wasser spiegelten sich die Hänge gegenüber. Ich genoss die Zeit, bis die Midges kamen, also ungefähr 32 Sekunden, und stolperte dann über den Kies am Ufer weiter. Inzwischen war es 18 Uhr, und ich lag ungefähr drei Stunden hinter meiner eigenen Zeitschätzung zurück. Mein zugegebenermaßen ehrgeiziges Tagesziel Oykel Bridge lag in 13 Kilometern Entfernung, deutlich jenseits meines Lusthorizontes. Zum Zeltaufbau fehlte mir angesichts der Midges ebenfalls die Lust.

    So kam mir die Nockdampf-Bothy sehr gelegen. Kurz vor 19 Uhr war ich der erste Übernachtungsgast. Ich sollte auch der einzige für diese Nacht bleiben. Wen wundert es? Munros gibt es in der näheren Umgebung nicht, und die Zahl der Langstreckenwanderer in den nördlichen Highlands ist überschaubar. Ich verbrachte eine wunderbare Nacht in einer außergewöhnlich sauberen Bothy. Nicht einmal die üblichen Bothy-Geister wagten es herumzuspuken und ihren Mäusekot zu hinterlassen. Ich muss ein wirklich schlimmer Schnarcher sein.

    Nach zehn Stunden Schlaf brach ich recht früh auf. Trotz fehlender Steigung zum Tagesstart – ein zuverlässiger Muntermacher – kam ich schnell auf Touren und erreichte Duag Bridge, wo unverkennbar Angler-Land begann. Nicht nur Hinweise auf die erforderlichen Angelscheine machten das deutlich, sondern auch eine hölzerne Skulpturengruppe aus einem springenden Fisch und einem Fischotter. Auch trugen die Autos, die mir begegneten, fast alle jene typischen aufsteckbaren Angelrutenhalterungen, die kein TÜV-Mensch je genehmigen würde. Außer in Frankfurt, sofern vorher das ortsübliche Gefälligkeitsentgelt entrichtet worden ist.

    Eine Kurve weiter begrüßte mich mit großem Hallo die C'n'Do-Truppe, die gerade aus ihrem Kleinbus krabbelte. Sie hatten sich das Leben einfach gemacht und waren am Tag vorher den Wirtschaftsweg am Hang entlang gelaufen, statt sich am Pfad entlang des Douchary abzuarbeiten.

    Die Landschaft wurde jetzt deutlich zivilisierter. Ein lockerer Wald mit Kiefern und Birken säumte den Hang zum Fluss, dazwischen immer wieder gelber Ginster. Leider spendete der Wald keinen Schatten. Aber die nächste Oase mit Kaltgetränken und fester Nahrung lag schon in Reichweite: Das Hotel von Oykel Bridge. Oder richtigerweise: Oykel Bridges. Außer der namensgebenden historischen Brücke über den Oykel River gibt es einen Neubau, der heute Straße trägt.

    Als ich mich dem Hotel näherte, beschlich mich jedoch das dumme Gefühl, ich könnte mich umsonst gefreut haben. Auf dem Parkplatz vor dem Hotel stand nur ein einziges Auto – und dessen Größe stand in umgekehrtem Verhältnis zur Größe der Rostlöcher. Nach Kundschaft eines auf Jäger und Angler spezialisierten Hotels sah das nicht aus. Alle Jalousien waren heruntergezogen. Immerhin, die Tür stand offen. Ich trat ein und legte meine Schrankwand im Vorraum ab, bevor ich die piekfeine Lounge betrat. Niemand da? Tief in den Eingeweiden des verschachtelten Baus hörte ich jemanden rumoren. Ich orgelte etwas Heuschnupfen in mein Taschentuch, um mich bemerkbar zu machen.

    Mit Erfolg. Das Rumoren stoppte, und eine halbe Minute später stand eine kleine Fernasiatin vor mir. Meine Frage nach Bar Meals schien sie nicht weiter zu überraschen, obwohl selbst ich inzwischen gesehen hatte, dass die Bar geschlossen war. Ich durfte mich aber in einen der fetten Sessel in der Lounge setzen, und erhielt tatsächlich 20 Minuten später einen recht ansprechenden Beefburger samt eiskalter Cola. Das Essen vom Couchtisch aus dem Sessel heraus müssen wir allerdings noch üben, es gab ... sagen wir „Streuverluste“. Ich blieb übrigens der einzige Gast, und das an einem Sonntagmittag.

    Nach der zweiten Cola ging es mir wieder richtig gut, und geradezu beschwingt verließ ich das Hotel – da kamen mir Chris und seine C'n'Do-Truppe entgegen, ebenfalls auf der Suche nach Erfrischung. Ich malte mir das Gesicht von Frau Li aus, wenn sie die Horde erblickte. Eine der Damen aus der Gruppe zog sich übrigens vor dem Eintreten noch Plastik-Überschuhe über ihre Wanderstiefel. „So dreckig ist es drinnen auch nicht“, versuchte ich sie zu beruhigen. Ich erntete von ihr nur einen irritierten Blick. Chris hingegen hätte sich wohl am liebsten auf dem Boden gekugelt. Aber das hätte dann wahrscheinlich doch Probleme verursacht.

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    Sie sind gewarnt!



    Free Ranging bulls
    Vorsicht, Lippizaner-Hirsch!
    Elektrisierter Breakdancer
    "kein fahre"
    Cashew-Nüsse enthalten Nüsse.
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    Der Weg am Oykel River aufwärts war ereignislos. Die „free ranging bulls“, vor denen der Grundstückseigentümer gewarnt hatte, entdeckten mich zum Glück nicht. Die einzige echte Erlebniskomponente dieser Etappe erwartete mich noch: Bei Salachy muss man den Uferweg verlassen und quer durch den Wald auf eine höher gelegene Forststraße wechseln. Sagt zumindest NTC. Was vor 20 Jahren möglich war, kann jetzt schon zugewachsen sein. Keiner der Reiseberichte im Internet ging auf diesen Abschnitt ein. Sicherheitshalber erfasste ich mir also schon vorher mit dem GPS einige Stellen, wo ich nötigenfalls Ausweichversuche starten könnte.

    Die Mühe hätte ich mir sparen können. Mich empfing eine breite Lichtung mit einem nahezu trockenen Bach in der Mitte. Ein „Pfad“ war anfangs nicht erkennbar, bildete sich aber recht schnell dort aus, wo sich die Lichtung verengte. Schließlich musste ich mich noch durch etwas jungen Birkenwald rumpeln. Hier war die Breite der Schrankwand etwas hinderlich; nachfolgende Nutzer dürften mir aber dankbar sein, dass ich quasi im Vorbeigehen soviel tote Zweige entfernt habe...

    T: NTC bezeichnet den Abschnitt bei Salachy als „very difficult“. Ist er nicht. Man sollte relativ frühzeitig auf das Westufer des Baches wechseln und dann einfach der Abbruchkante nach oben folgen. Ungefähr auf der Hälfte der Strecke rückt der Wald dann bis an das Ufer heran. Hier ist dann aber problemlos der Einstieg des Pfades in den Wald zu erkennen. Der Pfad wird vermutlich zu 80 Prozent von Hirschen und nur zu 20 Prozent von Menschen genutzt, also sollte man nicht unbedingt viele Fußspuren erwarten.

    Kurz hinter der Ben More Lodge – die in kitschigster Manier hoch über Loch Ailsh thront – beginnt die Region Sutherland („Südland“). Sie heißt so, weil sie ganz im Norden von Schottland liegt. Und damit natürliches Beutegebiet für die Wikinger aus dem Nordland war. Nach gut 31 Kilometern stoppte ich am Zusammenfluss von Oykel und Allt Sail an Ruathair und baute mein Zelt auf. Um 23 Uhr machte ich das Licht aus. Indem ich mir mein Handtuch über die Augen legte.





    Am Rande der Erdscheibe

    Der neue Tag begrüßte mich mit brüllender Sonne, aber leider ohne Wind. Die Midges freuten sich auf Frischfleisch, was mich wiederum dazu bewegte, das Zelt in Rekordzeit abzubauen. Vor mir stand eine Etappe, von der ich noch nicht wusste, wie sie ausgehen würde. Eine Inventur meiner Vorräte hatte nämlich ergeben, dass ich bei maximierter Ernährung „aus dem Lande“ (sprich Gastronomie) noch etwa zweieinhalb Tage zurechtkommen würde. Der nächste Laden in Kinochbervie lag nach Auffassung von NTC viereinhalb Etappen entfernt!

    Sicherlich gab es die Option, sich auf halber Strecke vom morgendlichen Bus nach Norden aufsammeln zu lassen, einzukaufen, und nachmittags wieder zurückzufahren. Aber dazu hatte ich eigentlich keine Lust. Also blieb nur eine Erhöhung des Tagespensums – und die Aussicht, bei Planerfüllung jeweils am Abend eine fremdzubereitete warme Mahlzeit einnehmen zu können. Deswegen beschloss ich, Inachnadamph auszulassen und an der Ostseite des Assynt-Massivs gleich bis Kylesku durchzustoßen.

    Für Ungewissheit sorgte an diesem Tag ein wegloser Abschnitt, der zudem noch mit einem Flussfurtung garniert sein sollte. Aber erst einmal amüsierte mich eine Jungeidechse*, die eine heiße Anwärterin für den Darwin-Award der Reptilienwelt war: Sie kroch bei vollem Tageslicht so langsam über einen offenen Weg, dass sogar ein Mensch sie fangen konnte.

    *) Wohl eher ein Jungmolch

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    Die Tierwelt Schottlands, Folge II



    Kleiner T-Rex
    Ein Käfer
    Der Schakal von Ullapool
    Eine Glotzmöwe
    Geierschaf
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    Am späten Vormittag hüllte ein merkwürdiger feiner Dunst die Berge links von mir in ein unwirkliches Licht; für einige Momente glaubte ich, Mount Rushmore zu sehen, freilich ohne die Präsidenten-Köpfe. Rechts blickte ich über eine endlose moorige Hochebene. Es hatte etwas vom Ende der Erdscheibe.

    Dann hörte der Weg schlagartig auf. Kein Wunder, Ben More Assynt lag als letzter Munro jetzt schräg links hinter mir. Da gab es dann auch kein Wegebedürfnis mehr. Auf den folgenden drei Kilometern tauchten zwar immer wieder Pfadfragmente auf, doch beim näheren Hinsehen hatten sie nichts mit Vibramträgern zu tun, sondern mit Paarhufern.

    Dank der Trockenheit der letzten Tage blieb mir auch an diesem Tag das Furten erspart. Dafür verlor ich viel Zeit bei der Suche nach dem Einstieg in den Pfad am anderen Ende des weglosen Abschnitts. Diese Mühe hätte ich mir sparen können, denn schneller vorwärts ging es dort auch nicht. Erst als die Geländekonturen eine Standardroute erzwangen, nahm der Pfad an Fahrt auf.

    Früher – vor den Clearances in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts – muss es dort übrigens wesentlich bessere Wege gegeben haben. Die überwiegend zweispurig angelegten Trassen sind im Gelände noch erkennbar. Almwege für Rinder vielleicht? Aber wohin? Und warum? Die Landschaft war hier extrem nordskandinavisch, also glattgeschmirgelte Felsen mit ein bisschen Grün in den Lücken dazwischen.

    Der weglose Abschnitt lässt sich am besten direkt am Ufer von Gorm Loch Mor bewältigen; bei Nässe allerdings könnten die Steine dort gemein glatt sein. Um den Pfad nach Norden aufzunehmen, möglichst nah am Westhang halten.

    Moment. Pink!? War da nicht eben etwas Pinkes zu sehen? War ich dehydriert, spielte mir die Hitze einen Streich? Nein. Doch! Pink! Zwischen einigen Büschen an einem Bach bewegte sich eindeutig ein pinkfarbiges Lebewesen. Als ich näherkam, nahm es Konturen an. Ein Zweibeiner, der erste an diesem Tag, der erste seit gut acht Stunden. Ein Engländer, der sein Lieblings-Baumwoll-Sweatshirt aus den achtziger Jahren auftrug. Nach dem üblichen Smalltalk HeißesWetterNichtWahrJaJaWoherWohinOhDasIstAberWeit kam die Frage, woher ich komme. „Ach, dann können wir ja auch Deutsch sprechen – obwohl meines etwas eingerostet ist, seit ich nicht mehr in der Schweiz arbeite.“

    Daran gab es keinen Zweifel, denn der schwyzerdütsche Akzent zog sich durch jedes Wort. 70 Jahre alt war mein Gegenüber, und trotzdem gerade querfeldein den felsigen Hang abgestiegen. Deswegen kühlte er auch gerade seine Füße im Bach. Er komme zwar schon seit vielen Jahren zum Urlaub hierher, aber „irgendwie habe ich den Eindruck, dass die Berge jedes Jahr höher und die Hänge steiler werden.“ Sagte er und wischte sich den Schweiß aus der Stirn. Nachdem ich wir eine Viertelstunde gequatscht hatten, war ich mir dann doch sicher, dass er den Weg zurück in die Zivilisation aus eigener Kraft schaffen würde – wonach es am Anfang nicht unbedingt ausgesehen hatte – und ich schlenderte wieder los. Jetzt nur noch schnell über den Bealach a Bhuirich und dann zur Hauptstraße nach Kylesku. Dort sah ich dann auch wieder das Meer.

    Die letzten 800 Meter wurden dann noch einmal sehr feucht. Ich weiß nicht, ob es Absicht der Wegebauer ist oder nur Zufall: Sehr häufig ist der Zugang zu anspruchsvollen Wandergebieten extrem matschig, besonders felsig oder mit einer Seilbrücke garniert. Weiter drinnen ist der Weg dann wieder besser gepflegt. Ich nenne diese Abschnitte den „Turnschuh-Filter“ - wer da nicht aufgibt, ist auch für den Rest tauglich und muss nicht von der Bergrettung zurückgeholt werden.

    Von Kylesku und dem lecker Essen trennten mich noch gut sechs Kilometer, die dummerweise auf der Straße zurückzulegen waren. Der Verkehr war zwar nur mäßig, aber doch störend. Dass ich nicht mehr ganz frisch war, merkte ich daran, dass ich fast eineinhalb Stunden benötigte, obwohl ich kaum noch Fotopausen einlegte. Die Hitze hatte mich ordentlich mitgenommen. Zwar hatte ich schon das Handtuch feucht in den Nacken gelegt und war - soweit sozial verträglich – zwecks besserer Ventilation mit offenem Hosenstall gelaufen, aber vier oder fünf Liter habe ich an diesem Tag trotzdem verschlissen.

    1) Wenn es sich irgendwie einrichten lässt, sollte man erst ab ca. 20 Uhr auf der Straße laufen. Dann ist der Verkehr sehr schwach. Ab 22 Uhr hört er praktisch ganz auf. Und hell genug ist es im Mai/Juni in Nordschottland dann immer noch.
    2) Das „Hotel“ in Newton ist offenbar eine reine Jäger-/Angler-Lodge, also nur für „geladene Gäste“.
    3) In Unapool gibt es einige B&B, die allerdings alle ausgebucht waren. Wie überhaupt in diesem Jahr fast alle Unterkünfte oberhalb von Hostels.


    Im Kylesku Hotel gönnte ich mir die übliche Kalorienorgie, diesmal Haddock mit Pommes und noch ein Eisbecher hinterher. Ich war damit nicht alleine. Am Nachbartisch saßen vier Studenten aus Edinburgh, die ebenfalls Kalorien bunkerten. Wie sich herausstellte, wollten sie in der Nacht noch bis zu einer Bothy am Rande der Wildnis laufen. Ich war mir nicht sicher, ob sie sich der Entfernung wirklich bewusst waren – elf Kilometer nach meiner Schätzung.

    Sie holten mich später ein, als ich gerade oberhalb der Kylesku-Brücke mein Zelt aufschlug. Da war es schon 23 Uhr, und sie hatten erst eineinhalb Kilometer geschafft. „So dicht an der Straße hast Du Dein Zelt aufgebaut?“ Ja. Und es war überhaupt kein Problem. In einer Stunde kamen vielleicht zwei Autos durch. Bis etwa acht Uhr morgens, als mich der Müllwagen vom Highland Council weckte, der auf dem Rastplatz schräg gegenüber die Tonnen leerte. Aber richtiger Verkehr kam erst gegen neun Uhr auf. Da hatte ich meinen Kram auf panikartiger Flucht vor den Midges schon längst eingepackt.

    Mein erstes Zwischenziel war Achfary. Über einen langen Bergrücken, der eine wunderbare Aussicht auf das Assynt-Massiv geboten hätte, wäre da nicht der Nebel gewesen, ging es nach Nordwesten. Wenn es einen Preis für den ödesten Wegabschnitt des CWT gäbe, wäre dieser Bergrücken sicherlich ein heißer Kandidat. Die landschaftliche Ereignisdichte tendierte gegen Null und der Weg selbst – aus groben Steinbrocken – war gerade so eben befahrbar, aber nicht wirklich erfreulich zu begehen.

    Wenig erfreulich zu begehen waren auch die Blasen, die sich wieder meldeten. Nachdem ich in den Tagen zuvor die Einlegesohlen aus meinen UL-Lauf-, Furt- und Abends-Bequem-Schuhen von Asics zweckentfremdet hatte, waren heute wieder die Hanwag-Einlegesohlen dran. Keine gute Idee. Zumindest wusste ich nun, dass es eine klare Korrelation zwischen den Hanwag-Sohlen und den Blasen gab. Ich wechselte also wieder. Am Abend stellte ich dann fest, dass die Hanwag-Sohlen – eine Art Filz – am inneren Rand „gebrochen“ waren. Der fast mikroskopisch kleine Knubbel an der Bruchstelle hatte dann die Blasen hervorgerufen. Danke Hanwag für diesen Sch***! Den Rest des Urlaubs lief ich nur noch mit den Asics-Sohlen.

    In Achfary, eigentlich nur ein picobello herausgeputzter Gutshof beiderseits der Straße, stand ein silberner Kleinbus mit laufendem Motor und einem selbstgedruckten Zielschild „Lairg“. Da mir nicht erinnerlich war, dass dort überhaupt irgendein ÖPNV stattfand, trat ich also heran und fragte den Fahrer etwas ungläubig, ob das ein regulärer Bus sei. Nein, er sei hier zum Urlaub, lautete die lakonische Antwort. Dass er sich durch meine Frage vergackeiert fühlte und mir eine ironische Antwort gegeben hatte, wurde mir erst zwei Tage später klar. Ja, es gibt also einen Linienbus durch Achfary – morgens von Durness zum Bahnhof Lairg, am frühen Nachmittag wieder zurück.

    In Achfary beschloss ich, die nicht sonderlich attraktiv anmutende Schleife durch Ben Stack auszulassen und stattdessen die Uferstraße entlangzulaufen. Der Autoverkehr war dafür sporadisch genug. Es hat sich nach meinem Dafürhalten gelohnt, denn der Arkle auf der gegenüberliegenden Seite des Tals bot ein wirklich die ganze Zeit über einen attraktiven Anblick.

    An der Lochstack Lodge sammelte sich gerade eine Angelgesellschaft. Es war ein wirklich kurioser Anblick, der jeden Rosamunde-Pilcher-Fan begeistert hätte. Es gibt sie wirklich noch, die Träger von Kniebundhosen, Tweed-Jacketts und Schiebermütze. Im Nachhinein bedauere ich es, für das Foto doch nicht näher herangegangen zu sein.

    Doch meine Gedanken waren schon beim bevorstehenden weglosen Abschnitt entlang Loch a' garbh-bhaid Mor nach Rhiconich. „Demanding“, „wet“ „no path“ und „fording“ waren die Stichwörter aus NTC, die mir in den Ohren klangen. Alles Quatsch. Mein Blick für „böses Gras“ war inzwischen so geschärft, dass ich die Feuchtwiesen schon von ferne erkannte. Über die Felsbuckel und auf Hirschpfaden arbeitete ich mich an das Seeufer heran, wo sich schon recht bald ein recht guter Pfad entwickelte. Die Wildniswanderer sind eben alle ähnlich gestrickt und wissen, wo man am besten geht.

    Am Garbh Allt angekommen, hatte ich zum ersten Mal auf dieser Tour leichte Zweifel, ob ich trockenen Fußes hinüberkommen würde. Nach rund zehn Minuten hatte ich aber auch hier eine Strecke aus Trittsteinen identifiziert, die selbst einen Grobmotoriker wie mich mit großer Sicherheit trocken an andere Ufer bringen würde. Bei dieser Gelegenheit vermisste ich übrigens zum ersten und einzigen Mal einen (Trekking-) Stock. Es ging aber auch so gut. Deutlich früher als erwartet näherte ich mich Rhiconich.

    Doch was blitzte da um die Felsecke? Doch nicht etwa ein... Doch. Ein Hubschrauber! Ein sehr diskreter privater Hubschrauber in weinrot-metallic, der nichts über den Eigentümer oder Nutzer verriet. Ein Herr, der vor dem Hotel Rhiconich rauchte, fragte mich grinsend, ob das mein Hubschrauber sei. „Nein, meiner ist blau.“ Das hätte ich geantwortet, wenn ich mehr Geistesgegenwart besessen hätte.

    Aber mein Geist war schon beim Essen im Hotel. Auch hier funktionierte meine Schrankwand als Kontaktanknüpfer erster Güte. Zwei ältere Herren, die in der Bar saßen, ordneten mich sofort dem CWT zu. Sie hatten das gleiche Ziel, waren allerdings mit motorisierter Begleitung unterwegs. In Rhiconich fand ich auch den aktuellen Aushang zu den Sperrzeiten des Cape Wrath Range. Was ich lesen musste, war nicht erfreulich, sondern warf meinen Zeitplan durcheinander: Der Truppenübungsplatz war ausgerechnet diese ganze Woche bis Freitag von 9 bis 18 Uhr gesperrt. Und jetzt war erst Dienstag! „Air bombardements, naval gunfire support and helicopter operations“ versprach das Programm.

    Der andere begrenzende Faktor war der Bus, der mich nach Abschluss der Tour von Durness nach Inverness bringen sollte und am Sonntag nicht fuhr. Egal wie ich es drehte und wendete: Einen Tag musste ich abbummeln. Am Freitag musste ich mich dann so nah wie möglich an die Range heranarbeiten, um dann am Samstag Cape Wrath möglichst früh zu erreichen, mit dem touristischen Minibus und Fähre in Richtung Durness eilen und dort spätestens um 15.15 Uhr in den Bus nach Inverness springen.

    In der ersten Dämmerung gegen 22 Uhr baute ich mein Zelt über der Bucht auf und hoffte, dass es am nächsten Morgen genauso windig sein würde wie am Abend, um die Midges flachzuhalten.

    War es natürlich nicht. Der Zeltabbau ähnelte wieder einer Flucht. Über die Straße schlenderte ich nach Kinlochbervie. Noch bevor ich den seit Tagen ersehnten Laden erreichte, stoppte ein kleiner Lieferwagen neben mir, mitten auf der Fahrbahn. Ein ebenso kleiner, aber dafür recht breiter Mann in den späten Sechzigern stieg aus und verwickelte mich in ein zwanzigminütiges Gespräch über Langstreckenwandern.

    Er hatte vor rund 30 Jahren den Southern Upland Way bewältigt, im Gegensatz zu mir allerdings ultraleicht – wenn man ihm glauben darf: Statt Zelt nur Biwaksack, kleiner Daunenschlafsack statt Kufa-Monster. Die ganze Elektrotechnik, die wir heute mitschleppen – von Handy über MP3-Player bis zum GPS oder der Digitalkamera mit Ladegerät – gab es noch gar nicht. Ein größerer Tagesrucksack hat ihm angeblich gereicht. Ich dachte mir nur: Müsste er es heute noch einmal machen, dann sollte er sich die Wampe einsparen und kann dann alle Dinge mitnehmen, die das Leben draußen komfortabel machen.

    Ansonsten war in Kinlochbervie so gut wie gar nichts los. Es gibt den obligatorischen „Spar“-Laden, einen Hardware-Laden mit Postamt und Tankstelle, ein „riesiges“ Schulzentrum – also für geschätzt 200 Schüler - sowie ein schmürmeliges Hotel. Ja, und natürlich den Fischereihafen, der aber regungslos dalag. Kinlochbervie ist nach meinem Eindruck der virtuelle Mittelpunkt der Siedlungskette, die sich über gut 20 Kilometer die Uferstraße entlangzieht, aber kein echter „Ort“.

    Ganz im Gegensetz zu dem an der Nordküste gelegenen und rund 20 km entfernten Durness. Zum Abbummeln buchte ich mich daher für zwei Nächte im dortigen „Lazy Crofter“-Bunkhouse ein, wo ich 2006 schon einmal übernachtet hatte. Damals allerdings im Rahmen einer bus- und bahnbetriebenen Rundreise.

    Pünktlich tauchte der von Inverness kommende Bus nach Durness auf. Am Steuer der „Indianer“, der es vor einigen Tagen in Ullapool unter reger Anteilnahme meinerseits geschafft hatte, zehn oder zwölf Fahrräder in ein Fahrzeug zu stopfen, das bei weniger flexibleren Fahrern vielleicht nur zwei Räder aufgenommen hätte. Wir erreichten Durness in Rekordzeit, ich wunderte mich danach allerdings auch nicht mehr über die verbeulte Außenbeplankung. Aus Singletrack-Straßen machte dieser Fahrer auch schon mal One-and-a-half-track-Straßen.

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    Zu Lande, zu Wasser und in der Luft



    Ja, die Fahrräder passen alle rein...
    ... solange der Fahrer so gelenkig ist.
    Matrjoschka-Boote
    Echte Mountain-Biker bei Achnashellach
    Wer wird denn gleich in die Luft gehen?
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    Den Rest des Tages verbrachte ich mit Wäschewaschen und Fressen. Ja, Fressen. Ich schaffte es, binnen acht Stunden drei ordentliche Hauptmahlzeiten einzuwerfen, ohne es aufschlagen zu hören. Im Bunkhouse traf ich zum ersten Mal seit Beginn der Tour wieder Deutsche. Die ökotrippenden Marianne und Susanne waren mit ihren beiden noch nicht pickeligen Söhnen auf Schottland-Tour und guckten äußerst missbilligend, als ich vor deren Augen zwei leckere Steaks mit zwiebelringüberzogenem Kartoffelbrei aß. Ganz ohne Gemüse oder Salat!

    Wir wurden auch später keine Freunde. „Wenn ich schon in Schottland bin, will ich wenigstens mal ein Guinness trinken“, sagte Marianne zu Susanne. Ich warf ein, dass Guinness aus Irland kommt. „So ein dunkles Bier eben“, kam etwas gereizt zurück. Da hatten sie die „Insider-Tipps“ aus dem Marcopolo-Reiseführer irgendwie im Stich gelassen.

    Meinen Pausentag verbrachte ich mit einem Spaziergang auf den Hausberg von Durness, den Beinn Ceannabeinne (383 m) und einem Besuch im Balnakeil Craft Village, wo es nicht nur Seidenbatik-Duftkerzen gibt, sondern auch ein handfesten „Mountain Mocca“, dessen Kaloriengehalt eine äthiopische Großfamilie vermutlich eine ganze Woche lang ernähren würde. Den krönenden Abschluss bildeten Lichtspiele an der Balnakeil Bay.

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    Die Lichtspiele von Durness


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    Am Freitagmorgen schnappte ich mir den ersten Bus in Richtung Kinlochbervie. Von dort trottete ich über Oldshoremore bis Blairmore. Hier rief ich die Cape-Wrath-Hotline des Verteidigungsministeriums an, um mir die aktuellen Sperrzeiten ansagen zu lassen. Was ich hörte, war sehr erfreulich: Ab 14 Uhr kein Übungsbetrieb mehr auf dem Festland. Da könnte ich doch glatt noch bis zur Kehrweg-Bothy an der Nordküste laufen, um dann am nächsten Morgen nur noch sieben Kilometer bis zum Leuchtturm zu haben?



    Gegen Mittag erreichte die sagenumwobene Sandwood Bay: Ein traumhafter Sandstrand, eingeklemmt zwischen schroffen Felsen, nur zu Fuß zu erreichen. Außer mir war dort nur eine Handvoll Menschen unterwegs, alles Tagesausflügler. Leider machte es ein immer stärker werdender Wind nahezu unmöglich, Nahrung ohne siliziumhaltige Ballaststoffe aufzunehmen. Ein Nickerchen in Bodennähe verbot sich ganz. Wahrscheinlich hätte ich mich schon nach einer Stunde aus aufgewehtem Sand ausgraben müssen.

    Ich krabbelte also aus der Bucht heraus. Was da plötzlich im Norden zu sehen war, war wenig erfreulich – nämlich eine geschlossene graue Wolkendecke, die alles vermuten ließ, nur keinen kurzen Schauer. Ich überlegte kurz meine Handlungsalternativen: Zelt in der Bucht aufbauen? Ohne Sandheringe bei dem Wind kaum ratsam. Zelt oben im Heideland aufbauen? Vielleicht besserer Halt für die Heringe, aber definitiv noch mehr Wind. Weiterlaufen bis Kehrweg? Sicherlich nicht vergnügungssteuerpflichtig. Aber falls die Wolkenfront halten würde, was sie versprach, wäre es sicherlich besser, das weglose Heide- und Moorland bis zur Straße – rund 11 km Luftlinie – heute zu durchqueren als morgen, wenn es sich mit Wasser vollgesogen hat. Wozu hatte ich teure Goretex-Klamotten bezahlt, wenn nicht für solche Aufgaben?

    Im einsetzenden Regen stapfte ich los. Entgegen meiner Erwartung wies die Landschaft doch Spuren menschlicher Tätigkeit auf. So folgte ich eine Zeitlang einer zerfallenen Trockenmauer, dann einem Entwässerungsgraben. Meine Karte – für diesen Abschnitt hatte ich eine OS-Explorer im Maßstab 1:25.000 dabei - wies sogar eine Fußgängerbrücke über den Amhainn Srath Chailleach aus. Die steuerte ich an, in der üblicherweise richtigen Annahme, dass Fußgängerbrücken dort gebaut werden, wo sonst eine Flussquerung trockenen Fußes schwierig ist. In diesem Juni war die Flussquerung aber auch so möglich, was mir sehr entgegenkam, denn die Brücke existiert nicht mehr.

    Während ich so vor mich hinlief, tauchte aus einer Senke plötzlich ein Hausdach auf. Durch das Fernglas sah es ungewöhnlich gepflegt aus. Hier, abseits jedes befahrbaren Weges, ein bewohntes Haus? Ich ging näher heran. Das Grün einiger Elemente kam mir bekannt vor. Eine Bothy? Ich erinnerte mich, dass Chris mal etwas von einer Bothy im Süden von Cape Wrath erzählt hatte. Er selbst hatte sie nie gesehen und wusste auch nicht, wo sie lag. Sollte ich diese Mystery-Bothy jetzt durch Zufall gefunden haben?
    Genau so war es. Noch nie zuvor war ich so froh, eine Bothy gefunden zu haben. Bisher war es „nice to have“, aber an diesem Tag bedeutete die Bothy, dass mir eine riesige Last von den Schultern fiel. Denn eigentlich wollte ich die Schlussetappe nicht im Stil „Kapuze auf, Augen zu und durch“ absolvieren, sondern bei fotofreundlichem Wetter genießen.

    Drinnen saßen schon zwei weitere Cape-Wrath-Kandidaten, die allerdings im Gegensatz zu mir geplant eingekehrt waren. Sie waren nach eigenem Bekunden beide 75 Jahre alt, aber ebenfalls nicht erwachsen. Gemeinsam blödelten wir uns durch den Nachmittag. Als es 17 Uhr war und immer noch regnete, beschloss ich, in der Mystery-Bothy in netter Gesellschaft zu übernachten. Alleine wäre es mir in dieser Bothy auch etwas unheimlich gewesen. Jahrelang hatte hier ein Einsiedler gehaust.

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    Die Mystery-Bothy



    Die Mystery-Bothy und der Schattenmann
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    Um es uns etwas gemütlicher zu machen, versuchten wir uns im Entzünden von Torfbriketts im Kamin. Das stellte sich als schwierig heraus. Wie wir dem Bothy-Buch entnahmen, hatte der zuständige Betreuer die Briketts zwar schon im Vorjahr gestochen und zum Trocknen gelagert, aber das war noch nicht trocken genug. Bald ging auch unser mitgebrachtes Papier zum Anzünden zu Ende. Martin schlug dann vor, wir könnten ja die Seiten mit den bereits erledigten Etappen unserer Cape-Wrath-Wanderführer verbrennen. Ich fragte ihn, ob das für eine gute Idee halte; mir sei das Risiko zu groß, dass dann in der „Sun“ ein Foto mit der Überschrift „Germans are burning books again!“ erscheine. Wir verbrannten dann nicht mehr benötigte Landkartenausdrucke. Das erschien uns [UL]-üblich und politisch unbedenklich.

    Ein nachhaltiger Erfolg blieb jedoch aus. Die Torfbriketts glühten zwar und verbreiten draußen auch einen gar nicht unsympathischen Geruch. Aber strahlten sie auch Wärme aus? Martin brachte es auf eine knappe Formel. „Wenn drei Männer zusammensitzen und in ein glimmendes Torfbrikett pusten, werden drei Mal 60 Watt plus 20 Watt vom Brikett freigesetzt.“

    Am Morgen sah das Wetter schon deutlich freundlicher aus. Es regnete aus einem viel helleren Himmel als am Abend zuvor. Um sieben Uhr war ich draußen. Schnell erreichte ich den Zaun, der die Grenze zum Übungsplatz markiert. Die roten Fahnen, die eine Sperrung signalisieren, waren eingeholt. Ich querte der Zaun auf eine Weise, die sicherlich nicht das Attribut „anmutig“ verdient, und kroch den Hang zum Sattel südlich vom Cnoc Ghiubhais hoch. Anders als die Erstbegeher musste ich mich nicht an der Küste orientieren, sondern konnte mich auf Karte und GPS verlassen. Am Sattel hörte nicht nur der Regen schlagartig auf, sondern es wurde sogar gleich sommerlich-sonnig. In der Ferne zog sich die Straße zum Leuchtturm hin, dem Ziel der ganzen Tour. Die Karte konnte ich jetzt einpacken, stattdessen konzentrierte ich mich darauf, eine möglich trockene Route zu finden. Die Hirschpfade und das Gras direkt neben den auch hier noch sichtbaren Entwässerungsgraben erwiesen sich am ehesten als tragfähig.

    Die Straße hatte ich viel breiter in Erinnerung, aber für mich reichte sie, selbst mit grüner Schrankwand. Um kurz nach 10 Uhr stand ich als erster Besucher des Tages am Fuße des Leuchtturms. Auf den Tag genau 60 Jahre nach der alliierten Invasion in der Normandie, fiel mir gerade noch rechtzeitig ein. Oder 13 Tage nach meinem Start in Dornie. 278 km hatte ich an 11 Lauftagen zurückgelegt.

    Eine Dreiviertelstunde später kamen auch meine Bothy-Kameraden ein. Sie waren oldschool-mäßig streng nach Kompass gelaufen und dabei in überschwemmtes Moorland geraten. In der Folge waren auch zwei Stiefel überschwemmt worden. Aber jetzt, am Ziel angekommen, nahmen sie es mit Humor hin. Im gerade neu eröffneten „Cafe“ am Leuchtturm stärkten wir uns und warteten auf den Minibus, der hoffentlich noch genügend freie Plätze haben würde, um uns zum Boot Richtung Durness zu bringen. Hatte er.



    Der Rest ist schnell erzählt: Mit einer „Nussschale“ von Boot hinüber nach Keoldale, weiter mit einem beinahe zufällig bereitstehenden Minibus nach Durness, dort einkaufen, Vollzugsmeldung an ODS absetzen und um 15:19 mit dem „Bikebus“ nach Inverness, wo auf dem Postamt bereits Landkarten und anderes Gerümpel für die verbleibende Urlaubswoche auf mich warteten.
    Zuletzt geändert von Pfad-Finder; 10.08.2014, 22:49. Grund: Eidechse ist ein Molch
    Schutzgemeinschaft Grüne Schrankwand - "Wir nehmen nur das Nötigste mit"

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    • Goettergatte
      Freak

      Liebt das Forum
      • 13.01.2009
      • 27465
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      • Meine Reisen

      #3
      AW: [UK] Auf dem Cape Wrath Trail nach Norden

      Das war mir neu, ich dachte immer Cashew-Nüsse enthalten Bonen
      Vielen dank für den Bericht.
      "Wärme wünscht/ der vom Wege kommt----------------------
      Mit erkaltetem Knie;------------------------------
      Mit Kost und Kleidern/ erquicke den Wandrer,-----------------
      Der über Felsen fuhr."________havamal
      --------

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      • tah

        Erfahren
        • 25.01.2009
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        #4
        AW: [UK] Auf dem Cape Wrath Trail nach Norden

        ... sehr schön geschrieben (vor allem das drum herum) und teils traumhaft schöne Bilder. Bin selbst in der Gegend noch nie gewesen - kommt deshalb auf meine Liste.

        Vielen Dank und viele Grüße. Tom
        Schnee ist auch nur schick aufgemachtes Wasser.

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        • Rainer Duesmann
          Fuchs
          • 31.12.2005
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          #5
          AW: [UK] Auf dem Cape Wrath Trail nach Norden

          Top Bericht! Große Klasse!
          Vielen Dank!

          Beste Grüße,
          Rainer
          radioRAW - Der gesellige Fotopodcast

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          • Atze1407
            Fuchs
            • 02.07.2009
            • 2425
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            • Meine Reisen

            #6
            AW: [UK] Auf dem Cape Wrath Trail nach Norden

            ich kann mich dem nur anschliessen.


            Gruss Atze 1407
            Wenn du den Charakter eines Menschen kennenlernen willst, gib ihm Macht.
            Abraham Lincoln

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            • Gast-Avatar

              #7
              AW: [UK] Auf dem Cape Wrath Trail nach Norden

              Erinnert mich an alte Zeiten in Schottland Super geschriebener Bericht!

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              • hotdog
                Freak

                Liebt das Forum
                • 15.10.2007
                • 16106
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                • Meine Reisen

                #8
                AW: [UK] Auf dem Cape Wrath Trail nach Norden

                Du bist schuld, dass ich heute morgen zu spät zu meiner Schulung gekommen bin
                Arrivederci, farewell, adieu, sayonara WAI! "Ja, wo läuft es denn? Wo läuft es denn hin?"

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                • Nic
                  Dauerbesucher
                  • 03.02.2008
                  • 610
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                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: [UK] Auf dem Cape Wrath Trail nach Norden

                  Schoener Bericht, besonders dein geradezu schottischer Humor , musste fast staendig vor mich hin grinsen!

                  Viele deiner Erlebnisse kann ich nachvollziehen, bisher bin ich aber nur die Strecke von Glenfinnan bis Ullapool gelaufen, vor dem was weiter noerdlich liegt (besonders der aeusserste Nordwesten), bin ich bisher zurueckgeschreckt... die Landschaft kommt mir doch sehr "bleak" vor, ausserdem gibt's da fuer meinen Geschmack zu wenig Berge

                  Zum Thema Bothies: Die MBA hat mittlerweile ihre Strategie bezueglich der Veroeffentlichung von Bothy-Standorten geaendert. (Sowieso konnte man auch frueher im Internet komplette Listen davon finden.) Inzwischen listet die MBA auf ihrer Website alle Bothies auf, komplett mit Grid References, Fotos und Angaben zur Verfuegbarkeit (Einschraenkungen kann es geben, wenn Bothies von den jeweiligen Estates waehrend der Stalking Season genutzt werden). Ob das gut oder schlecht ist, wird sich zeigen...
                  Hillwalking and Backpacking Trips

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                  • phoeniks
                    Erfahren
                    • 01.09.2009
                    • 293
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                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: [UK] Auf dem Cape Wrath Trail nach Norden

                    Sehr interessanter Reisebericht, superwitzig geschrieben
                    Der Lippizaner-Hirsch hat mich zum unkontrollierten Kichern gebracht, der elektrisierte Breakdancer hat mir dann den Rest gegeben
                    Großartig.

                    Zitat von Pfad-Finder Beitrag anzeigen



                    Vorsicht, Lippizaner-Hirsch!
                    Elektrisierter Breakdancer

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                    • Meer Berge
                      Fuchs
                      • 10.07.2008
                      • 2381
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                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: [UK] Auf dem Cape Wrath Trail nach Norden

                      Herrlich! Ich musste immer wieder sooo lachen! Echt klasse geschrieben!
                      Freue mich schon riesig auf meine Highland-Expedition im Oktober!

                      Danke,
                      Meer Berge

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                      • Gast-Avatar

                        #12
                        AW: [UK] Auf dem Cape Wrath Trail nach Norden

                        danke :-)
                        Ein sehr lesenswerter Bericht.

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                        • Pax
                          Dauerbesucher
                          • 14.02.2009
                          • 700
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                          • Meine Reisen

                          #13
                          AW: [UK] Auf dem Cape Wrath Trail nach Norden

                          Ein super Bericht, welcher von eben jenem Humor gezeichnet ist, den man in GB geradezu benötigt. Wenn das Wetter (und häufig auch das Essen, in Schottland aber besser) keinen Anlass zur Erheiterung geben, ist dafür selbst zu sorgen. Was dir super gelungen ist!
                          Moos - das war sein letzter Griff, bevor er in die Tiefe pfiff.

                          Kondition statt Carbon!

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                          • fjellstorm
                            Fuchs
                            • 05.10.2009
                            • 1315
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #14
                            AW: [UK] Auf dem Cape Wrath Trail nach Norden

                            Spitze, echt guter Berricht. möchte den CWT nächstes jahr in Angriff nehmen.
                            Die Fotos schaun echt vielversprechend aus!

                            Du bist ja den ganzen trail gelaufen, kannst du besonders lohnesawerte etappen empfeheln?

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                            • Pfad-Finder
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                              Liebt das Forum
                              • 18.04.2008
                              • 11916
                              • Privat

                              • Meine Reisen

                              #15
                              AW: [UK] Auf dem Cape Wrath Trail nach Norden

                              Zitat von fjellstorm Beitrag anzeigen
                              Du bist ja den ganzen trail gelaufen, kannst du besonders lohnesawerte etappen empfeheln?
                              Umgekehrt. Ich würde verzichten auf:
                              • Attadale-Achnashellach - kann man per Bahn überspringen
                              • Kylesku-Achfary (vielleicht hat es aber auch nur am Nebel gelegen?)
                              • Oykel Bridge-Loch Ailsh
                              • Rhiconich-Blairmore - kann man zumindest bis Kinlochbervie mit Bus überspringen


                              Im Südabschnitt (Fort William bis Killilan/Glen Ling) bin ich deutlich anders gegangen als das Buch empfiehlt, da würde ich mich jetzt nicht festlegen wollen.

                              Ein Tipp: Nimm Dir genügend Zeit mit oder teile es gleich auf zwei Jahre auf, dann kannst Du bei Gruselwetter auch mal einen Tag aussetzen oder eine Fresspause einlegen oder eine vertiefende Tagestour unternehmen.

                              Pfad-Finder
                              Schutzgemeinschaft Grüne Schrankwand - "Wir nehmen nur das Nötigste mit"

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                              • chivas
                                Gerne im Forum
                                • 04.03.2008
                                • 90
                                • Privat

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                                #16
                                AW: [UK] Auf dem Cape Wrath Trail nach Norden

                                hallo Pfad-Finder,

                                wrklich schöner Bericht, danke!

                                wie sah es mit der Verpflegung aus,
                                kommt man regelmäßig an Nachschub ran?
                                wieviel hast du an nahrung dabei gehabt?

                                kann man während der tour brennspiritus nachkaufen?

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                                • Pfad-Finder
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                                  • 18.04.2008
                                  • 11916
                                  • Privat

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                                  #17
                                  AW: [UK] Auf dem Cape Wrath Trail nach Norden

                                  Zitat von chivas Beitrag anzeigen
                                  a) wie sah es mit der Verpflegung aus,
                                  b) kommt man regelmäßig an Nachschub ran?
                                  c) wieviel hast du an nahrung dabei gehabt?
                                  d) kann man während der tour brennspiritus nachkaufen?
                                  a) Verpflegung gibt es in Dornie (nur Universalpostamt), Strathcarron (kleiner Krämerladen), Kinlochewe (Supermarkt), Ullapool (großer Tesco u.a.), Kinlochbervie/Durness (Spar-Märkte). Gefriergetrocknete Trekkingmahlzeiten gibt es dort nirgends, auch nicht im Outdoorladen in Ullapool. Vorsorglich hatte ich mir Trekkingmahlzeiten per Post vorausgeschickt, das war auch gut so.

                                  b) Nach Norden hin wird es sehr dünn...

                                  c) Manche kommen mit weniger aus, für sechs Tage sieht es bei mir so aus:

                                  Die Kekse wurde allerdings schon nach vier Tagen knapp.

                                  d) keine Ahnung, habe früher Esbit und jetzt Gas benutzt.


                                  Pfad-Finder
                                  Schutzgemeinschaft Grüne Schrankwand - "Wir nehmen nur das Nötigste mit"

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                                    Erfahren
                                    • 13.05.2013
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                                    #18
                                    AW: [UK] Auf dem Cape Wrath Trail nach Norden

                                    Auch 5 Jahre später noch schön zu lesen
                                    Danke für den humorvollen -Bericht!



                                    ---
                                    @ Kleiner T-Rex
                                    Sieht mir fast eher aus wie ein kleiner Molch?

                                    Kommentar


                                    • Pfad-Finder
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                                      #19
                                      AW: [UK] Auf dem Cape Wrath Trail nach Norden

                                      Zitat von Stippvisite Beitrag anzeigen
                                      @ Kleiner T-Rex
                                      Sieht mir fast eher aus wie ein kleiner Molch?
                                      Du könntest recht haben. Auf "Eidechse" bin ich eigentlich nur gekommen, weil ich mit Molchen so selten zu tun habe. Aber die dunkle Linie auf dem Rücken passt gut zu anderen Molchbildern im Internet.
                                      Schutzgemeinschaft Grüne Schrankwand - "Wir nehmen nur das Nötigste mit"

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