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Prolog:
Im Herbst 2019 wandelte ich das erste Mal auf dem Padjelantaleden durch die grandiosen Weiten Lapplands. Damals noch zusammen mit Pierre, meinem Wanderbuddy Nr.1, wurde ich schwer mit dem Nordlandvirus infiziert.
Weitere Touren für 2020 waren eigentlich schon geplant.....dann kam Corona und weite Reisen wurden mir wegen der Zufälligkeiten der Ein- und Ausreiseverbote, ständig wechselnder Inzidenzen, Risikogebieten und Quarantänebestimmungen nachhaltig vergällt. Selbst meine geliebten französischen Nachbarregionen durfte ich plötzlich nicht mehr betreten.

Ich behalf mir mit Wanderungen im Umland und der ein oder anderen Mehrtagestour durch den Pfälzer Wald. 2021, als Reisen wieder zaghaft möglich wurde passte es dann vom Urlaub nicht und ich verbrachte „nur“ 10 Tage mit Pierre und VW Caddy Tramper im Val Grande und den Dolomiten.
Später kaufte sich mein Schwager einen Fiat Ducato Camper und so waren die Wanderurlaube in den nächsten Jahren (Jura, Alpen, Vogesen) von dem Komfort und der Gemütlichkeit eines Wohnmobils geprägt.
Aber nie wollte sich das tiefe Gefühl der Befriedigung, der absoluten positiven Leere im Kopf und dem erfüllenden Besinnen auf das Wesentliche einstellen.
Die Ausrüstung war in den letzten Jahren für teuer Geld ergänzt worden und langweilte sich mit den ihr gestellten Aufgaben. Die 5 Tage Forststeig 2024 waren auch keine echte Herausforderung.
Anfang 2025 nach einer persönlich nicht so tollen Zeit war dann klar, das es wieder Lappland sein muss. Und nach meinen Padjelantaleden Erfahrungen auf jeden Fall wieder Ende August/Anfang September. Die wahnsinnig schöne Herbstfärbung des Fjälls, die wenigen Mücken und die relativ niedrigen Wasserstände gaben hier den Ausschlag.
Unklar war, ob Pierre mit dabei sein könnte, da er als freiberuflicher Schauspieler sein Jahr immer nur sehr kurzfristig planen, bzw gemeinsame Unternehmungen nicht Monate im voraus fest machen kann. Also ging ich in meiner Grundplanung von einer Solotour aus, an die er sich gegebenenfalls dranhängen müsste.
Da es erst mein zweites Mal im hohen Norden sein würde und ich eventuell alleine losziehen müsste, war ich unsicher, welche Route ich wählen sollte. Einerseits war die Einsamkeit auf dem Padjelantaleden toll, andererseits war ich unsicher, wie ich mit mir alleine so lange Zeit klar kommen würde.
Aus einem Bedürfnis nach gefühlter Sicherheit auf einem viel begangenen Weg und der unbestritten grandiosen Landschaft wegen fiel meine Wahl auf einen Abschnitt des nördlichen Kungsleden und zwar von Abisko nach Kvikkjokk. (Nicht zu vergessen die abwechslungsreiche Landschaft von hohem Gebirge über Kahlfjäll bis hin zu Wald)
Viel begangen, viel beschrieben, von manchen als 08/15 oder langweilig angesehen.
War mir egal.

Ich durchforstete das Forum nach Berichten aus denen ich eine Menge Informationen ziehen konnte und bekam einige sehr wertvolle Tipps für Abstecher, Alternativrouten und Zeltmöglichkeiten abseits des Weges.
Anfang Juni stand dann der Plan. Dem Kungsleden auf der Hauptroute folgen, Tjäktja über das Vistasvaggi umgehen und via Nallo, Unna Reitas durch das Stuor Reaiddávággi bei Sälka auf den Hauptweg zurück kehren. Nach Sitosjaure querfeldein den Doaresojavve südlich umrunden, unterhalb des Skierffe zelten und diesen zum Sonnenunter- und aufgang mitnehmen.
Im Großen und Ganzen lief das dann so, auch wenn sich kleine Planänderungen ergaben und ich zwischenzeitlich dachte mein rechtes Knie würde diese Tour nicht überleben.

Es war also alles geplant, Ausrüstung und Proviant komplett und ich wartete eigentlich nur noch auf die Zu- oder Absage von Pierre.
Die Absage kam dann auch kurz vor Start. Das traf mich dann doch, weil ich schwer darauf gehofft hatte, das er mitkommen kann.
Insgeheim zweifelte ich doch sehr, ob ich das alleine hinbekomme. Legte mir schon diverse Exitstrategien und Entschuldigungen zurecht und startete dann am 20.08. mit sehr gemischten Gefühlen Richtung Norden.

Mittwoch 20.08. - Donnerstag 21.08. Anreise:
Die Anreise zu planen war im Vergleich zum letzten Mal eher sportlich. SJ zierte sich verlässliche Verbindungen nach Abisko freizuschalten. Den Flug etc wollte ich erst buchen, wenn der Zug steht. Am 11.06. konnte ich dann eine Nachtzugverbindung von Stockholm nach Abisko dingfest machen. Der Flug ab Frankfurt und der Transfer dorthin ergaben sich dann anhand des Zugfahrplans.
Ich kürze hier mal ab. Sausefrau fährt mich zur Fernbushaltestelle in Saarbrücken. Sause nimmt um 10:20 Uhr zum ersten Mal einen Flixbus (funktionierte erstaunlich gut und günstig). Kommt um 13:30 Uhr in FFM an, lässt dort seinen Rucksack neudeutsch wrappen und besteigt um 16:20 Uhr den Flieger nach Stockholm. Im Flughafen entpuppt er sich als vollkommener Flug Noob. Self Check in /Gepäckaufgabe etc. Wo sind die freundlichen, hilfsbereiten Angestellten, die einem alles erklären und den Weg weisen?
Ich fühle mich ein bisschen hilflos und aus der Zeit gefallen. Dauernd habe ich meinen Ausweis parat, den will aber niemand sehen.

Nunja kriege alles hin und lande 18:25 Uhr in Stockholm Arlanda. Erstmal Gepäck holen (kam einwand- und verlustfrei an) und Bargeld ziehen. Ich denke unterwegs brauche ich eine Menge und ziehe 6000 Kronen. Die werde ich tatsächlich kaum los, da Elon Musk dafür gesorgt hat, das selbst im hintersten Winkel Lapplands anstands- und manchmal auch alternativlos mit Kreditkarte gezahlt werden kann.
Ich nehme den Arlanda Express und komme gegen 20:00 Uhr an der Stockholm Central Station an. Ich bewundere den mit Teppich ausgelegten Bahnsteig, besorge mir noch schnell was zu essen und zu trinken, rauche die letzte Zigarette vor der langen Fahrt und entere um 21:00 Uhr den Nachtzug nach Boden.
21:10 Uhr geht’s dann auch pünktlich los. Endlich. Bin etwas aufgeregt.
Für die Hinfahrt konnte ich mir ein Bett in einem echten 3er Schlafwagenabteil ergattern.
Komischerweise sogar 150 SEK günstiger als das 6er Liegewagenabteil auf der Rückfahrt.
Die Betten sind schon gemacht und außer mir sind noch zwei in etwa gleichaltrige Schweden im Abteil, die zu einem Bergsicherheitskongress in Kiruna unterwegs sind.
Ich esse was und verziehe mich auf ein Gute Nacht Bierchen in den Speisewagen.
Um ca 23:00 Uhr bin ich zwar noch gar nicht müde, hau mich aber doch in die Koje.
Ich höre noch Hörbuch und schlafe dann im Takt und dem Gerumpel der Schwellen irgendwann ein.
Donnerstag früh wache ich gegen 8:00 Uhr nach einer unruhigen Nacht auf. Ich unterhalte mich länger mit einem der Schweden über Land und Leute. Die Fahrt bis Boden zieht sich jetzt. Ich habe nur 25min zum Umsteigen und wir haben jetzt schon 15min Verspätung.
Ich bin nervös. Klappt das?
Mit 20min Verspätung kommen wir in Boden an, ich hetze rüber zum anderen Bahngleis und fast gleichzeitig kommt der Zug nach Abisko. Punktlandung. Um 11:15 Uhr geht es weiter. Nochmal 5,5h Zugfahrt. So langsam zieht es sich doch und ich kann es kaum erwarten anzukommen.
Zwischendurch sind wir sogar schneller, als die Bahn erlaubt und stehen 10min in Murjek, um wieder in den Zeitplan zu kommen. Was ein Glück für einen alten Suchtler wie mich.
Ich kann mir die erste Zigarette seit 16h drehen.

Danach zieht es sich erst so richtig. Ich habe das Gefühl wir kommen nie an. Immer wieder müssen wir auf Ausweichgleise, um entgegenkommende Züge durchzulassen.
Die meisten sehen nach Eisenerztransporten aus Kiruna aus. Je näher wir Kiruna kommen, desto lichter wird der Wald und desto karger die Landschaft. Ich habe das Gefühl im Zug sitzen ausschließlich Rucksackreisende.
Kiruna kommt näher. Das merke ich vor allem an den gefühlt kilometerlangen Abraumhalden links und rechts der Strecke. Den langen Ausweichpausen sei Dank haben wir mittlerweile über 1h Verspätung. Oh Mann. Ich will endlich ankommen.
Das Wetter kann sich zwischen Regenschauern und sonnigen Abschnitten noch nicht so entscheiden. Wir kommen an den Torneträsk und über dem See strahlen die ersten Regenbögen in der Sonne.
Ich werde immer aufgeregter und aufgekratzter. Auf der einen Seite würde ich am liebsten sofort losziehen, auf der anderen bin ich immer noch sehr unsicher, was die nächsten zwei Wochen bringen werden.
Mit gut 1,5h Verspätung kommen wir dann endlich gegen 18:30 Uhr in Abisko an.
Ziel Nummer eins geschafft.

Ich steige aus und laufe den ersten Leuten hinterher. Nach 500m merke ich, das ich schon auf dem Weg nach Kvikkjokk bin und drehe um, um die Fjällstation zu suchen. Ah unter der Brücke durch. Da laufen auch ein Haufen Leute, denen ich folge und komme zur Abisko Fjällstation.
Dort konnte ich mir kurzfristig noch ein Bett in einem 6er Zimmer und einen Platz für das Abenddinner sichern. Sehr gut. Die letzte Nacht vor Aufbruch möchte ich noch etwas Luxus und was richtiges zu essen.
Erstmal ist aber warten angesagt. Anscheinend hat sich in Abisko der ganze Zug geleert und nun wollen alle dort einchecken.
Das Publikum bunt gemischt. Von jung bis alt und dem Gehör nach fast alle deutsch.
Vor mir versucht eine 79 jährige Dame mit ihrem DJH Ausweis einzuchecken und ist ganz erstaunt, das dieser nicht akzeptiert wird. Sie ist den Kungsleden vor 30 Jahren schonmal gelaufen und möchte jetzt mit einer jüngeren Freundin von Hütte zu Hütte nach Nikkaluokta. Respekt denke ich mir.
Mit der Reservierung hat alles geklappt und ich bekomme ein Bett in einem 6er Zimmer im Nebengebäude zugewiesen.
Bevor ich mich da breit mache geht es erst noch in den Shop. Ich hatte per E-Mail abgemacht, das ich dort ein Essenspaket abgeben kann, das via Bussgods nach Saltoluokta gebracht wird. Zeitlich sollte das hinhauen und das Paket kurz vor mir dort eintreffen. Es klappt alles, wie am Schnürchen und ich ergattere noch eine 230er Gaskartusche. Über den Shop bin ich erstaunt. Der ist teils besser sortiert, als meine lokalen Outdoorgeschäfte.
Ziemlich platt gehe ich dann in mein Zimmer. Außer mir sind noch ein schweigsamer Mann und eine Handysüchtige Frau auf dem Zimmer. Wirkt alles irgendwie nicht so gemütlich.
Aber Hauptsache ein Bett und eine heiße Dusche.
Ich checke meine Sachen und bemerke, das die Ear Buds fehlen. Na prima. Hab ich im Zug liegen lassen. Lange Zeit zum Ärgern habe ich aber nicht, da schon bald das 3 Gänge Dinner ruft. Zur Vorspeise gibt es ein leckeres Pilzsüppchen, Hauptspeise panierter Blumenkohl mit Gemüsebeilage und zum Nachtisch eine undefinierbare sehr leckere Beerenschlampampe. Ich genehmige mir noch 2 Bierchen und falle dann gegen 22:00 Uhr total platt ins Bett.
