11.09.2025: Luohttoláhko - Jiegŋavágge - Sarvesvágge
Teil 2
Jetzt kommt bald der Svenonius Gletscher in Sicht. Auf den hatte ich mich schon gefreut und wollte eigentlich näher ran, bei dem Wetter laufe ich aber lieber weiter.
Ich muss noch einmal die Schuhe ausziehen und furte einen vom Gletscher kommenden Bach problemlos.
Hinter dem Bach ist ein kleiner See, das Wasser hat eine tolle, hellblaue Farbe von den Gletschersedimenten. Bei besserem Wetter wäre das bestimmt ein super Platz für eine Pause. Mir wird’s aber ungemütlich, ich ziehe lieber weiter, falls das Wetter noch ätzender wird.
Ein paar Minuten später passiert - wer hätte es gedacht - genau das. Ich befinde mich nun in einem dichten Nebelfeld oder wahrscheinlich eher in einer Wolke. Die Sicht liegt bei ca. 20 m und es fängt hart an zu regnen.
Ich folge dem Bach stromaufwärts als Orientierung. Vom Tsähkkok und dem dazugehörigen Gletscher ist absolut nichts zu sehen. Der Wind ist jetzt so stark, dass ich mich ab und zu hinknien muss, wenn die Böen zu heftig werden. Die Regentropfen treffen mich horizontal von hinten. Die in meiner Laufrichtung schmal zulaufende Form vom Jiegŋavágge verstärkt den Wind sicherlich etwas, er kommt blöder Weise auch noch genau aus Südost. Egal, immer noch besser als Buchhaltung machen oder so.
Ich laufe weiter im Bach oder über Schneefelder und werde hin und hergeweht. Zumindest sind die Steine flach und gut zu laufen. Irgendwann komme ich anscheinend über den Pass auf 1330 m, jetzt geht es zumindest wieder leicht bergab.
Kurz danach passiert etwas total verrücktes: Ich höre ein super lautes “Donnern” von hinten, knie mich reflexartig hin und schaue zurück, besorgt, dass es eine Gerölllawine ist. Stattdessen fetzt eine Art Mini Tornado (keine Ahnung wie ich das sonst nennen soll), vielleicht 30 m groß, superschnell direkt über meinen Kopf. Die Druckwelle gibt mir einen guten Schubs nach vorne. Au weia !
Hat vielleicht die Form des Jiegŋavágge, besonders der Engpass zwischen Tsähkkok und Jiegŋatjåhkkå den Luftwirbel begünstigt ? Sowas habe ich jedenfalls noch nie erlebt und bin relativ motiviert, so schnell es geht hier abzuhauen.
Ich laufe also zügig weiter und überlege dabei, ob ich bei den Bedingungen überhaupt wie geplant ins Njoatsosvágge absteigen kann.
Die Sicht ist so bescheiden, dass ich immer wieder auf die Calazo App schauen muss, um die Abzweigung ins Njoatsosvágge nicht zu verpassen. Die Stimmung ist trotz allem immer noch gut bis abenteuerlich. Ich bin allerdings von Kopf bis Fuß klitschnass, der Wind treibt den Regen wirklich gnadenlos überall rein.
Irgendwann komme ich endlich zur Abzweigung und kann sogar kurz etwas sehen, als der Wind die Wolken verschiebt. Ich laufe ein Stück richtung Njoatsosvágge, merke aber schnell, dass der Wind dort, wie befürchtet, noch schlimmer ist. Keine Chance. Dann muss ich also wohl oder übel Richtung Sarvesvágge absteigen.
Dabei bleibe ich in Gehrichtung links von der Schlucht des Jiegŋavákkjågåsj und laufe ewig in einem wirklich unangenehmen Geröllfeld. Es ist ziemlich steil und die Steine sind lose und mit Moos bedeckt, was sie im Regen total rutschig macht. Nach 2 Stürzen und zahlreichen Situationen, wo die stärkeren Böen mich zum Hinknien zwingen, bekomme ich doch irgendwann schlechte Laune. Der Wind pfeift weiterhin gebündelt und verstärkt von hinten aus dem Jiegŋavágge und der Regen hört auch nicht auf. Die Vorhersage droht mit noch mehr Wind. Jetzt wäre ein gut geschützter Zeltplatz nicht schlecht, das gibt’s hier aber weit und breit nicht.
Gegen 17.00 Uhr komme ich auf ungefähr 1000 m an eine einigermaßen ebene Grasfläche, eine willkommene Abwechslung nach den blöden Steinen. Vor mir liegt das Sarvesvágge und da will ich jetzt nicht ganz runter. Ich möchte eher auf dieser Höhe bleiben und links um den Tjåggnåristjåhkkå laufen, um dann über den Pass neben dem Tjåggnårisvávrásj zu gehen. Das wird aber heute nichts mehr, ich fürchte, ich muss hier bleiben.
Ich schaue mir die Stelle nochmal genau an, sie ist wirklich nicht gut und steht voll im Wind. Es nützt aber nichts. Ich schleppe noch eine Menge großer Steine an und baue dann das Zelt auf. Hier zeigt das Allak 2 endlich seine Stärke und ich bin zum ersten Mal froh, die extra 700 g im Vergleich zum letzten Jahr (Nallo 2) mitgeschleppt zu haben.
Es ist schon nach 18.00 Uhr, als das Zelt steht und alle Leinen mit fetten Steinen beschwert sind.
Jetzt wird es auch Zeit, endlich aus den nassen Klamotten zu kommen. Leider ist auch mein Rucksack komplett nass von innen, bei den Packsäcken (alte Osprey) haben sich sogar alle Tapes gelöst. Viele Sachen sind feucht geworden. Egal, erstmal eine heiße Zitrone. Und dann noch eine.
Das Zelt steht stabil, wird aber mächtig durchgeschüttelt. Einige Böen sind echt krass, das Aussenzelt knallt mir ständig an den Kopf. Ob das gut geht ?
Nach dem Abendessen packe ich vorsichtshalber alles in den Rucksack, falls in der Nacht doch was passiert. Dann versuche ich zu schlafen, das ist aber bei dem Krach leichter gesagt als getan. Alter Schwede, was für ein Tag !


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