[SE] Von Ritsem nach Kvikkjokk: Halbe Sachen auf losen Sohlen

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  • leop93
    Anfänger im Forum
    • 10.01.2019
    • 29
    • Privat

    • Meine Reisen

    [SE] Von Ritsem nach Kvikkjokk: Halbe Sachen auf losen Sohlen

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSCF5896 2.jpg Ansichten: 0 Größe: 523,0 KB ID: 3292645

    Prolog

    Eine Solotour auf dem Padjelantaleden – das stand seit vielen Jahren, inspiriert durch Blubbi und ihren ersten Reisebericht hier im Forum, ganz oben auf meiner „das möchte ich unbedingt einmal machen“-Liste.

    Nachdem ich in den letzten Jahren mit nervigen Knieproblemen zu tun hatte, bot sich 2024 dann die perfekte Gelegenheit: Drei Wochen Urlaub ab Mitte Juli, das Knie muckte nicht mehr und so tat ich alles dafür, mir diesen Traum unverhoffter Weise doch noch zu erfüllen (es wanderte sogar eine Mini-Faszienrolle ins Tourgepäck).

    War ich vorher bereits auf kürzeren Touren mit und ohne Zelt sowie Begleitung in Deutschland, Südschweden und Norwegen unterwegs gewesen, sollte dies nun mein erstes Mal Lappland und meine erste längere Trekkingtour alleine werden.

    Ab April wartete ich sehnsüchtig auf die Freischaltung der Nachtzüge bei SJ, gefühlt jeden Tag checkte ich die Website nach Neuigkeiten. Da sich dort aber nichts tat, konnte ich erst im Juni im diesjährigen Buchungschaos endlich meine Fahrten über die Vy-App buchen.

    Nach vielen Stunden Internetrecherche, Reiseführer- und Kartenstudium, Gepäckoptimierung und Essenszusammenstellung ging es Mitte Juli dann endlich los. Auf das lange Alleinsein war ich sehr gespannt. Und ein bisschen aufgeregt war ich vor allem wegen des Knies, ob die Schmerzen unter größerer Belastung eventuell wiederkehren würden. Doch mit genug Schmerzmitteln im Gepäck und der Notfalloption, etwa zur Tourmitte in Stáloluokta mit dem Helikopter aussteigen zu können, machte ich mir keine allzu großen Sorgen.
    Insgesamt fühlte ich mich fit und gut vorbereitet. Was sollte also schon groß schiefgehen?
    Zuletzt geändert von leop93; 11.11.2024, 17:03.

  • Blubbi
    Erfahren
    • 17.01.2016
    • 466
    • Privat

    • Meine Reisen

    #2
    Zitat von leop93 Beitrag anzeigen


    Prolog

    Eine Solotour auf dem Padjelantaleden – das stand seit vielen Jahren, inspiriert durch Blubbi und ihren ersten Reisebericht hier im Forum, ganz oben auf meiner „das möchte ich unbedingt einmal machen“-Liste.


    Oooohhhh
    Vielen Dank für diese Überraschung, mich zu verlinken. Das freut mich wirklich riesig, dass ich dazu beigetragen habe, dass du tatsächlich aufgebrochen bist zu diesem Abenteuer
    Selbstverständlich werde ich fleißige Mitleserin in deinem Bericht sein und ich bin sehr gespannt, wie es dir ergangen ist ​​​
    Zuletzt geändert von Blubbi; 10.11.2024, 22:04.

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    • leop93
      Anfänger im Forum
      • 10.01.2019
      • 29
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      • Meine Reisen

      #3
      19. Juli 2024 – Anreise

      Früh um 3 Uhr klingelt mein Wecker. Nach nur 3 Stunden Schlaf bin ich ganz schön gerädert und so verschlafe ich den Großteil meiner Fahrt nach Kopenhagen mit Flixbus und Fähre. Der Direktzug von Kopenhagen bis nach Stockholm ist einige Wochen vorher gecancelt worden und fährt erst ab Malmö, so dass ich den Öresundståg nach Malmö nehme und dort noch ungesundes, sich aber als sehr wirksam erweisendes, schwedisches Mückenspray und schwedische Kronen besorge. Dann geht es pünktlich auf die Minute (ich bin davon ausgegangen, dass dies in Schweden quasi normal ist, werde aber durch schwedische Mitreisende und auch auf meiner Rückfahrt eines Besseren belehrt) weiter nach Stockholm und genieße die schönen Ausblicke aus dem Fenster. Südschweden finde ich traumhaft, bin aber auch voller Vorfreude, die atemberaubenden Landschaften im nordschwedischen Fjäll bald endlich auch mit eigenen Augen sehen zu können.
      Meine Umstiegszeit in Stockholm ist knapp bemessen und gemeinsam mit Hans, einem älteren Schweden, der ebenfalls bis Ritsem fahren will, eile ich zum Nachtzug.

      Ich habe mir ein Bett in einem 3er Schlafabteil gegönnt und da außer mir noch niemand im Abteil ist, wuchte ich meinen – mit fast 18kg doch etwas schwerer als geplanten – Rucksack ganz oben neben mein Bett in die Gepäckablage. Viel Platz ist dort echt nicht, der Rucksack passt gerade so eben hinein. Das Abteil ist zwar super beengt, ich bin dennoch total begeistert und schlafe in der Nacht richtig gut. So ein Nachtzug ist in meinen Augen das perfekte Reisemittel.

      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSCF5718.jpg Ansichten: 0 Größe: 347,2 KB ID: 3292413

      Die beiden Schwedinnen in meinem Abteil sind auch total nett und wir tauschen uns am Abend viel über bisherige und bevorstehende Touren und Reisen aus.
      In Deutschland wurde ich häufig mehr oder minder irritiert über diese „verrückte“ Idee, alleine in Lappland wandern zu wollen, angeguckt. In Schweden zeigt sich auf dem Weg in den Norden ein ganz anderes Bild: Meine beiden Abteilmitbewohnerinnen sind beide den Padjelantaleden bereits alleine gewandert und ermutigen mich, dass dies der perfekte Weg für eine erste Solotour sei. Mit Ausnahme einer Gewitternacht mit Todesangst im Zelt an einem See haben sie von keinen Unannehmlichkeiten zu berichten.
      Und auch auf der Tour begegnen mir später so viele alleinwandernde Menschen, darunter viele Frauen, dass ich fortan die Kommentare deutscher Stadtmenschen nur noch nett weglächeln werde.

      Zuletzt geändert von leop93; 10.11.2024, 22:32.

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      • leop93
        Anfänger im Forum
        • 10.01.2019
        • 29
        • Privat

        • Meine Reisen

        #4
        Zitat von Blubbi Beitrag anzeigen

        Oooohhhh
        Vielen Dank für diese Überraschung, mich zu verlinken. Das freut mich wirklich riesig, dass ich dazu beigetragen habe, dass du tatsächlich aufgebrochen bist zu diesem Abenteuer
        Selbstverständlich werde ich fleißige Mitleserin in deinem Bericht sein und ich bin sehr gespannt, wie es dir ergangen ist ​​​
        Vielen Dank, liebe Blubbi
        Du hast tatsächlich einen ziemlich großen Anteil daran, dass ich diese Tour gemacht habe!
        Noch kämpfe ich ein bisschen damit, die Fotos vernünftig einzubinden und es wird wohl etwas dauern, bis ich alle Teile geschrieben und hochgeladen habe. Freut mich sehr, dass du dabei bist

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        • leop93
          Anfänger im Forum
          • 10.01.2019
          • 29
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          • Meine Reisen

          #5
          20. Juli 2024 – Anreise und 1. Wandertag
          Von Ritsem bis zum Rastplatz hinter der Brücke (ca. 9 km)


          Ziemlich pünktlich gegen kurz nach 8 Uhr erreichen wir Gällivare und am Bahnhof treffe ich wieder auf Hans und seinen Begleiter. Gemeinsam steigen wir in den Bus nach Ritsem – ich kann mich schon auf der Fahrt kaum an den Ausblicken sattsehen – und die beiden können viel Interessantes über die Region erzählen. Gefühlt kennen sie jeden Berg beim Namen – und das ist vermutlich nicht mal übertrieben, so stelle ich im Nachgang an die Tour nämlich fest, dass es Hans Fowelin war, der mit seinen Blogeinträgen auf utsidan.se einigen hier im Forum sicher kein Unbekannter sein dürfte.

          Nach insgesamt etwa 30-stündiger Anreise fühle ich mich erstaunlicherweise frisch und fit, als ich mittags in Ritsem aus dem Bus steige.

          Mit vielen weiteren Menschen setzen wir mit dem Boot über den Akkajaure über. Allein der Blick auf das Áhkkámassiv, der blaue Himmel und das glitzernde Wasser machen unfassbar Lust auf den Start und alles, was da in den nächsten Tagen kommen wird. Nur wenige Menschen steigen mit uns am Bootsanleger Änonjálmme aus, die meisten fahren wohl weiter bis Vaisaluokta.
          Auch wenn wir zunächst in die gleiche Richtung gehen werden, trenne ich mich kurz hinter dem Bootsanleger von Hans und seinem Begleiter, denn diesen ersten Start möchte ich gerne ganz für mich alleine erleben.


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ID: 3292420

          Ziemlich beschwingt laufe ich über die Pfade und Bohlenwege durch die lichten Birkenwäldchen, den Akkajaure im Rücken und den Blick immer auf das Áhkkámassiv gerichtet.

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          Die Nachmittagssonne brutzelt, es ist eigentlich viel zu warm aber das macht mir in diesem Moment gar nichts. Das alles hier soll nun mein Leben für die nächsten 10 Tage sein. In diesem Augenblick bin ich einfach nur glücklich und dankbar, ein Gefühl ultimativer Freiheit breitet sich in mir aus.
          Schneller als erwartet passiere ich die Akkahütten und höre schon das ferne Rauschen des Vuojatädno, den ich über die große Hängebrücke passiere. Hier mache ich erstmals kurz Rast und genieße den Blick auf das rauschende Wasser.

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          Ich gehe weiter und erfreue mich an den tollen Ausblicken über den Fluss zu meiner Rechten und das Áhkkámassiv zu meiner Linken. Hier gäbe es viele schöne Zeltplätze, ich möchte allerdings noch weiter und außerdem geht mein Wasser langsam zur Neige. Kaum gedacht, treffe ich auf einen Bach und werde mir in den nächsten Tagen zunächst keine weiteren Gedanken über mögliche Wasserengpässe machen.

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          Nach einiger Zeit ziehen am Himmel dunkle Wolken auf; ich frage mich, ob ich wohl heute noch nass werde und halte langsam Ausschau nach einem Zeltplatz.
          Nach einer Brücke gibt es einen sehr schönen Rastplatz mit guten Zeltmöglichkeiten. Ich erkunde die Gegend, denn dort am Bach sind mir einfach zu viele Moskitos. Rund 200 Meter weiter finde ich abseits des Weges einen richtig tollen Zeltplatz und entscheide mich die Nacht hier zu bleiben. Es ist jetzt etwa 18 Uhr.
          Zeltaufbau und -einrichtung dauern heute gefühlt ewig, die dunklen Wolken kommen bedrohlich näher, also koche ich noch schnell: Blöderweise wollen sich die halbierten Spaghetti so gar nicht im Topf versenken lassen und es wird ein ziemliches Gematsche. Da es auch an diesem Platz mehr Moskitos gibt, als zunächst gedacht, versuche ich zunächst beim Essen durch die Gegend zu laufen, verschwinde dann aber doch lieber mit meinen Käsenudeln im sicheren Zelt. Keine schlechte Idee, denn kurz darauf fängt es tatsächlich noch an zu regnen. Es bleibt aber bei einem kurzen Schauer, die Sonne kommt raus und ich entdecke einen schönen Regenbogen, der leider schon fast verblasst ist, als ich mich aus dem Zelt schäle.

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          Dann wird alles in ein schönes, goldenes Licht getaucht, perfekt also, um von außen das Zelt nochmal aus den verschiedensten Blickwinkeln zu fotografieren.

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          Nachdem ich das Chaos in meinem Zelt etwas geordnet habe, breite ich meinen Schlafsack aus, den ich heute nur als Decke nutze, höre noch etwas Hörbuch und schlafe dann ziemlich schnell ein. Was für ein wunderschöner erster Tag und toller Einstieg in diese Tour!

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          • Blubbi
            Erfahren
            • 17.01.2016
            • 466
            • Privat

            • Meine Reisen

            #6
            Zitat von leop93 Beitrag anzeigen

            Vielen Dank, liebe Blubbi
            Du hast tatsächlich einen ziemlich großen Anteil daran, dass ich diese Tour gemacht habe!
            Noch kämpfe ich ein bisschen damit, die Fotos vernünftig einzubinden und es wird wohl etwas dauern, bis ich alle Teile geschrieben und hochgeladen habe. Freut mich sehr, dass du dabei bist
            Natürlich bin ich dabei
            Eine Selbstverständlichkeit
            Mit den Fotos musste ich bei meinem ersten Bericht auch sehr kämpfen. Aber mit der Zeit gewöhnt man sich dran

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            • leop93
              Anfänger im Forum
              • 10.01.2019
              • 29
              • Privat

              • Meine Reisen

              #7
              21. Juli 2024 – 2. Wandertag
              Vom Rastplatz hinter der Brücke bis kurz vor der großen Hängebrücke (ca. 18 km)


              Gegen 6 Uhr wache ich auf, die Sonne hat schon richtig Kraft und es ist ziemlich warm im Zelt. Ich koche der Gemütlichkeit halber trotzdem Tee, fackele dabei fast den Teebeutel mit meinem Gaskocher ab und genieße mein morgendliches Müsli im Sonnenschein. So habe ich mir das vorgestellt

              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSCF5806.jpg Ansichten: 0 Größe: 388,1 KB ID: 3292666

              Weil es schon so schön ist, beschließe ich, noch einmal zum Waschen zum Bach beim Rastplatz runterzulaufen. Die beiden Hillebergzelte am Ufer kommen mir schon verdächtig vor und kurze Zeit später schlüpft dann tatsächlich Hans aus einem davon hervor. Wir quatschen noch kurz, dann verabschiede ich mich mit dem Versprechen, dem Hüttenwart in Gisuris Grüße auszurichten. Mit ihm wollen sie nämlich zwei Tage später gemeinsam in den Sarek aufbrechen.

              Auch das Einpacken dauert gefühlt wieder sehr lange, gegen 8.15 Uhr breche ich auf, schon jetzt ist es so warm, dass ich im T-Shirt loslaufen kann. Erstaunlicherweise habe ich überhaupt gar keine Schmerzen, mein Körper fühlt sich richtig gut an und ich freue mich auf den Tag.

              Direkt auf dem Weg treffe ich eine Schwedin, die gestern ebenfalls am Bootsanleger ausgestiegen ist und unerkannter Weise nur ca. 50 Meter von mir entfernt gezeltet haben muss. Ihr Plan ist es den Gisuris (Berg) zu umrunden. Bislang habe ich auf dem Weg noch niemanden getroffen, der ebenfalls den Padjelantaleden wandert.
              Ich laufe voraus durch die Birkenwäldchen, die Schwedin folgt in einigem Abstand.

              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSCF5812.jpg Ansichten: 0 Größe: 619,4 KB ID: 3292667


              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSCF5828.jpg Ansichten: 0 Größe: 654,0 KB ID: 3292658

              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSCF5832.jpg Ansichten: 0 Größe: 579,3 KB ID: 3292668

              Die Sonne knallt, ich mache viele Fotos und nähere mich langsam den Gisurishütten. Dort angekommen, unterhalte ich mich kurz mit Mads, dem Hüttenwart, der froh ist, zu hören, dass Hans und sein Begleiter heute im Laufe des Tages ankommen werden. Die nächsten beiden Tage soll das Wetter wohl noch ähnlich bleiben, dann umschlagen und regnerischer werden.


              Ich ziehe weiter, muss mich dann allerdings ständig umdrehen, denn der Blick auf das Áhkkámassiv in meinem Rücken ist einfach fantastisch. So komme ich nur langsam voran.

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Größe: 504,9 KB
ID: 3292674

              Als ich weiterlaufe, fällt mein Blick auf meine Schuhe und was ich dort sehe, versetzt mir einen riesigen Schreck: An der Seite splittert die Sohle ab. Bei genauerer Betrachtung entdecke ich, dass sich beide (!) Sohlen anfangen vom Schuh abzulösen. Die Gummischicht ist rissig und das Material sieht irgendwie porös aus. Wie kann das denn sein? Die Schuhe sind nicht einmal besonders alt, das Sohlenprofil top in Ordnung und zu Hause und auf den Testwanderungen vorab war nichts aufgefallen.
              Mit einem Mal weicht die Leichtigkeit des Tages von mir und sofort schießt mir in den Kopf, ob das wohl das Ende meiner Tour bedeutet und ob ich lieber gleich umdrehen soll.
              Ich beschließe zunächst nicht in Panik zu verfallen, suche mir einen Platz an einem Bach und inspiziere die Schuhe etwas genauer. Gut sieht das nicht aus, umkehren möchte ich jetzt aber noch nicht und habe auch noch die Hoffnung, dass sich die Sohlen möglicherweise kleben lassen. Ich erinnere mich allerdings an ein Padjelantaleden-Video, wo dem Wanderer genau das gleiche passiert ist und er letztlich nur dank eines Hüttenwarts, der ihm seine Schuhe aus Mitleid verkaufte, weitergehen konnte. Ich schiebe die blöden Gedanken beiseite und entscheide erst einmal weiterzulaufen und bei der nächsten Hütte nach Sekundenkleber oder einer weiteren Idee zu fragen. Notfalls könnte ich dann über die Kutjaurehütten und Vaisaluokta zurückgehen oder von Stáloluokta mit dem Heli zurückfliegen.

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              Die Unbeschwertheit ist nun zwar erst einmal weg, doch ich laufe weiter, vorbei an der Sami-Siedlung am Kutjaure und die tollen Aus- und vor allem Rückblicke in die wunderschöne Landschaft tun ihr übriges. Ich mache viele Fotos und versuche all’ diese schönen Eindrücke in mir aufzunehmen.

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              Trotz Hochsaison bin ich bislang nur wenigen Wanderern begegnet. Mit einem Briten tausche ich mich länger aus, er ist in Abisko gestartet, bis Kvikkjokk gelaufen und nun von Kvikkjokk weiter nach Ritsem unterwegs. Ich erzähle ihm von meinem Schuhdilemma und er zaubert aus seinem Ultraleichtrucksack eine Tube Sekundenkleber hervor. Sehr dankbar klebe ich direkt die Schuhe und lasse sie erst einmal trocknen. Allerdings wird mir sehr schnell klar, dass dies langfristig überhaupt nichts bringen wird. Er wünscht mir viel Glück und empfiehlt, notfalls die Schuhe mit Panzertape zu umwickeln.


              Die Mittagssonne brutzelt heftig und es ist dringend Zeit für eine Pause mit Essen und ausruhen. Meine Hoffnung auf einen Platz mit Schatten und Wasser zum Baden wird sich hier allerdings nicht erfüllen. Dafür finde ich einen großen Stein, der zumindest meinem Kopf etwas Schatten spenden kann. Ich schlüpfe raus aus den blöden Schuhen, rein in die Crocs, ab auf meine dünne EVA-Matte, die ich neu habe und jetzt schon über alles liebe und genieße dann eine schöne lange Mittagspause mit Brot und Süßigkeiten gegen den Frust.

              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSCF5908.jpg Ansichten: 0 Größe: 426,3 KB ID: 3292657

              Gut ausgeruht gehe ich weiter, auch auf dem nächsten Wegabschnitt warten weiterhin wunderschöne weite Ausblicke zu allen Seiten, besonders gut gefällt mir eine Art Kammweg über kleinere Hügel.

              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSCF5916.jpg Ansichten: 0 Größe: 571,1 KB ID: 3292659

              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSCF5926.jpg Ansichten: 0 Größe: 731,4 KB ID: 3292660

              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSCF5927.jpg Ansichten: 0 Größe: 557,9 KB ID: 3292661

              Auch hier treffe ich nur vereinzelt auf andere Wanderer, einer empfiehlt mir ab Stáloluokta dem Nordkalottleden nach Kvikkjokk über Pieskehaure und Vaimok zu folgen, das sei wohl nur einen Tag länger als meine Variante und atemberaubend schön. Das klingt zwar verlockend, allerdings nicht mit meiner aktuellen Schuhsituation. Aber vielleicht eine Idee für eine zukünftige Tour?


              Am späten Nachmittag finde ich kurz vor der großen Hängebrücke über der Vuojatädno, über die der Nordkalottleden Richtung Kutjaurehütten führt, am Flussufer in einer kleinen Bucht abermals ein richtig schönes Plätzchen zum Zelten.
              Nach dem Zeltaufbau wage ich mich ans Flussufer zum Baden, es ist hier allerdings so flach, dass es nur zum Waschen reicht. Trotzdem ist es herrlich den ganzen Schweiß des heißen Tages abzuwaschen und ich kröne den Abend mit einem leckeren Couscousgericht vor dem Zelt.
              Den Rest der Zeit vertrödele ich mit Fotos machen, Hörbuch hören, Reisetagebuch schreiben und Schokolade essen.


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              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: DSCF5962.jpg Ansichten: 0 Größe: 667,5 KB ID: 3292663

              Dann verkrümele ich mich in meinen Schlafsack. Ein bisschen merke ich meine Schultern und auf Druck auch die Hüfte, allerdings nichts Gravierendes. Bis auf die Sache mit meinen Schuhen bin ich glücklich und zufrieden.
              Zuletzt geändert von leop93; 11.11.2024, 18:36.

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              • Goldi
                Erfahren
                • 11.09.2022
                • 249
                • Privat

                • Meine Reisen

                #8
                Hallo leop93, toller Bericht bis hierher. Und natürlich tolle Fotos .

                Die Sohlen: mein Alptraum! Ich habe bisher zum Glück immer nur anderen aushelfen müssen mit Draht, Kabelbinder und Tape. Ich hoffe, deine Sohlen haben durchgehalten. Ich lese jedenfalls gespannt mit.

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                • geige284
                  Dauerbesucher
                  • 11.10.2014
                  • 829
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  Eine schöne Gegend & super Fotos - ich bleibe dabei

                  Sollte ich mir auch mal auf die Bucket List schreiben...

                  Kommentar


                  • Ljungdalen

                    Alter Hase
                    • 28.08.2017
                    • 3249
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #10
                    Sehr schön, ich lese auch mit...

                    Die Moränenzüge entlang des Flusses dort sind genial.

                    Zitat von leop93 Beitrag anzeigen
                    Am späten Nachmittag finde ich kurz vor der großen Hängebrücke über der Vuojatädno, über die der Nordkalottleden Richtung Kutjaurehütten führt, am Flussufer in einer kleinen Bucht abermals ein richtig schönes Plätzchen zum Zelten.
                    Auf der Insel kann man auch gut campieren, bei Wind - je nach Windrichtung natürlich - ggf. etwas geschützter. (Als ich dort 2021 übernachtet habe, war der Wasserstand aber so niedrig, dass der linke Flussarm fast ausgetrocknet und es somit kaum noch eine Insel war...)
                    Zuletzt geändert von Ljungdalen; 12.11.2024, 13:04.

                    Kommentar


                    • oesine63
                      Erfahren
                      • 27.11.2013
                      • 438
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #11
                      Bin dabei!

                      Ein Teil des Padjelantaleden war vor 5 Jahren auch meine erste Solotour in Lappland. Freu mich wenn's weitergeht

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                      • Breitfuessling

                        Dauerbesucher
                        • 06.04.2023
                        • 806
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                        #12
                        Bin auch dabei und hoffe, dass du nicht noch Löcher in den Socken bekommst!
                        Ruhe, Licht oder nicht und Zeit. Was braucht man noch?

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                        • leop93
                          Anfänger im Forum
                          • 10.01.2019
                          • 29
                          • Privat

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                          #13
                          Oh, ich freu mich, dass hier doch so einige mitlesen, dann geht es wohl gleich mal weiter!

                          Goldi Vielen Dank! Ich verfolge auch ganz ehrfürchtig deine Sarek-Wanderung, das würde ich mir ja noch nicht zutrauen

                          geige284 Das freut mich natürlich ganz besonders Die Bucket List ist bestimmt schon riesig lang, der Padjelantaleden dürfte sich aber auch als Familientour ganz gut eignen

                          Ljungdalen Ah, sind diese Hügelchen, wo der Kammweg drauf langgeht, also Moränen?
                          Stimmt, am nächsten Morgen habe ich auf der Insel quasi gegenüber von mir auch ein Zelt entdeckt, das sah auch nach einem wirklich sehr netten Plätzchen aus!

                          oesine63 Oh toll, grad gesehen, dass du über deine Solo-Tour auch einen Bericht geschrieben hast, den gibts bei mir heute als Abendlektüre, ich freu mich drauf

                          Breitfuessling Kleiner Spoiler vorab: Die Socken haben tatsächlich durchgehalten

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                          • 5-oclock-charlie

                            Dauerbesucher
                            • 23.11.2008
                            • 781
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #14
                            Danke für den Reisebericht - ich freu mich schon auf die Fortsetzung. Da kommen viele Erinnerungen von den Touren auf dem Padjelantaleden wieder hoch
                            Das Leben ist kein Ponyhof!

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                            • leop93
                              Anfänger im Forum
                              • 10.01.2019
                              • 29
                              • Privat

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                              #15
                              22. Juli 2024 – 3. Wandertag
                              Von der großen Hängebrücke bis zum Pårka-Sattel (ca. 16 km)


                              In der Nacht frischt der Wind auf und ab 4 Uhr bin ich stündlich kurz wach, letztlich stehe ich gegen 6.30 Uhr auf. Es ist sonnig, aber recht windig, was die Moskitosituation erträglich macht und mich veranlasst, mein Müsli und Tee am Flussufer zu genießen.

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ID: 3293245

                              Trotzdem beeile ich mich mit dem Zusammenpacken, da Wolken aufziehen.
                              Als ich gegen kurz nach 8 loslaufe, sind die Wolken über mir und es weht ein frischer, kräftiger Wind. Ich bleibe trotzdem im T-Shirt und nähere mich der großen Hängebrücke.

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                              Neben der Brücke steht die berüchtigte Eisbox, gefüllt mit Fisch, die ich bereits zweimal von entgegenkommenden Wanderern empfohlen bekommen habe. Auch wenn ich keinen Fisch esse, muss ich natürlich trotzdem einmal reinluken.

                              Mein Mittags-Zwischenziel ist heute Låddejåhkå in ca. 11 km Entfernung. Der Weg ist total schön, immer am Fluss entlang.

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ID: 3293247

                              Mit dem starken Gegenwind und dem nun folgenden Anstieg zieht es sich dennoch. Außerdem sehen meine Schuhe immer schlechter aus und ich beschließe, sie für den Anfang an einer kleinen Stelle zu tapen. Das funktioniert so gut, dass ich mehrere Stellen mit kleinen Panzertape-Streifen fixiere. Nicht schön, aber hoffentlich zweckmäßig. Leider habe ich nur wenig Panzertape dabei und hoffe auf Nachschub in einer der nächsten Hütten.


                              Es geht nun stetig bergan, wird langsam steiler und ich fiebere dem höchsten Punkt entgegen. Immer wieder werfe ich auch einen Blick zurück, um mir vor Augen zu führen, was ich heute schon alles erlaufen habe.

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                              Über den großen Vastenjaure mit seiner satten blauen Farbe kann ich, so glaube ich, bereits die norwegischen, nicht wirklich schneebedeckten Berge sehen.

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                              Endlich am höchsten Punkt angekommen, geht es dann leicht abwärts mit weiterhin tollen Blicken über den Vastenjaure.

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ID: 3293250

                              Die erste Bachüberquerung steht für heute an, ich antizipiere meine erste Furt, allerdings führt der Bach so wenig Wasser, dass ich einfach von Stein zu Stein laufen kann.


                              Die letzten 2 km bis Låddejåhkå ziehen sich nochmal enorm, erst geht es über endlose Bohlenstege (die mit 3 dünnen Brettern gefallen mir gar nicht, besser sind die mit den 2 breiteren Brettern), meine Tapes haben sich inzwischen fast überall gelöst und dann kommt auch noch ein knackiger, ziemlich steiler Abstieg zu den Hütten runter. Ich mache mir direkt Sorgen um mein Knie, bergab ist dafür ja immer doof, vor allem mit schwerem Rucksack auf dem Rücken. Erstaunlicherweise klappt es aber gut und hier bin ich besonders froh über meine Trekking-Stöcke.

                              An der Hütte werfe ich sofort meinen Rucksack in den Schatten. Es ist unsäglich warm und ich brauche unbedingt eine Pause. Die nette Hüttenwartin kommt direkt auf mich zu, fragt, ob ich bleiben möchte oder etwas brauche. Die Gelegenheit lasse ich mir natürlich nicht entgehen und folge ihr in den kleinen Shop. Panzertape oder Sekundenkleber haben sie leider nicht, ansonsten sind sie aber gut ausgestattet und ich erstehe einen frischen Brotfladen, etwas Süßes und eine eisgekühlte Cola, traumhaft! Wir quatschen noch kurz, es ist ihr erster Tag in Låddejåhkå. Sie ist Kirchenpädagogin in Jokkmokk und ärgert sich über ihr schlechtes Englisch (das natürlich überhaupt nicht schlecht ist!). Dann verziehe ich mich an ein schattiges Plätzchen vor der Hütte und genieße mein frisch erstandenes Brot und die Cola, die zum Teil noch vereist ist – besser geht es nicht!

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ID: 3293251


                              Ein netter Schwede, der soeben aus der anderen Richtung eingetrudelt ist und heute in der Hütte schlafen wird, gesellt sich zu mir und wir plaudern ein bisschen. Er gibt mir Tipps für die weitere Strecke und ich frage ihn nach möglichen Zeltplätzen auf dem kommenden Teilstück. Er rät mir genug Wasser mitzunehmen. Kurz drauf stoßen noch 4 Schwedinnen dazu, die ich bereits im Bus nach Ritsem getroffen habe. Sie sind ebenfalls auf dem Padjelantaleden unterwegs und gestern Abend in Låddejåhkå angekommen, allerdings steht ihre Tour aktuell auf der Kippe, denn eine von ihnen ist gestern gestürzt und ziemlich fies mit dem Kopf auf einen Stein geknallt. Daher haben sie entschieden heute einen Ruhetag einzulegen und erst morgen zu entscheiden, ob sie sich mit dem Helikopter abholen lassen oder ob sie doch noch weiterkönnen. Da ich sie am folgenden Tag nicht treffe und sie eigentlich deutlich schneller als ich unterwegs sind, fürchte ich, dass sie die Tour abbrechen mussten.

                              Das Gespräch geht mir weiterhin durch den Kopf, als ich mich in der immer noch sengenden Nachmittagshitze wieder auf den Weg mache. Wie schnell eine kleine Unachtsamkeit das Ende der Tour bedeuten kann! Plötzlich scheint es mir zum ersten Mal wirklich riskant allein unterwegs zu sein, auch wenn ich es bis hierhin total genieße.

                              Meine Beine fühlen sich nach der langen Mittagspause ganz schön schwer an, nicht gerade die besten Voraussetzungen, denn nach der Flussüberquerung per Hängebrücke geht es nun aufwärts, aufwärts, aufwärts. Der Blick zurück zur Hütte ist schön, aber es ist irre warm, der Rucksack aufgrund der aufgefüllten Wasserflaschen schwer und ich komme nur schleppend voran.

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                              Irgendwann erreiche ich die Rentierzäune, quäle mich weiter und halte mich mit Traubenzucker bei Laune.

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                              An der bekannten Steinformation mache ich ziemlich entkräftet Rast und hoffe auf einen baldigen schönen Zeltplatz, während ich mich langsam weiter bergauf schiebe.


                              Und tatsächlich – etwa am höchsten Punkt des Weges, kurz vor 17 Uhr, fällt mein Blick auf eine perfekte Zeltstelle und ich muss nicht lange überlegen. Hier möchte ich heute Nacht bleiben. Zwar ist es sehr windig aber es gibt hier bereits Windschütze aus Steinen, gebaut von früheren Wanderern, perfekt! Ich stelle mein Zelt dahinter auf – heute steht es wie eine eins! – und krame herum. Nebenan fließt ein kleiner Bach, auch dieser scheint ungewöhnlich wenig Wasser zu führen.

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ID: 3293254


                              Meine Laune wird an diesem wundervollen Platz durch mein völlig misslungenes Essen getrübt (die Linsen werden einfach nicht weich) und ich quäle mir dann ein bisschen von dem Matsch rein und steige ansonsten auf Nüsse und Süßes um. So ein anstrengender Tag und dann nichts Vernünftiges zu Essen! Genervt verziehe ich mich in mein Zelt, denke über die Schuhe nach, die immer schlechter aussehen und schreibe mir den Frust von der Seele. Immerhin, das hilft etwas. Nur einmal höre ich heute noch Stimmen, als andere Wanderer den Sattel passieren.

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ID: 3293255

                              Ansonsten ist hier oben absolute Stille. Das schöne Abendlicht lockt mich doch noch aus dem Zelt, ich koche mir einen Pudding und auch mit schlechter Laune sind Blick, Weite und Stille faszinierend.

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ID: 3293258

                              Der heutige Tag war ein landschaftliches und mentales Auf und Ab und mein Körper fühlt sich ziemlich erledigt an. Trotz Erschöpfung bin ich aber weiterhin glücklich und dankbar hier zu sein.

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                              • Blahake

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                                • 18.06.2014
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                                #16
                                Oh fein, ich lese hier auch mit. Padjelantaleden war auch bei mir einer der allerersten Wege, die ich solo gegangen bin und später habe ich ihn noch öfters gekreuzt. Und da oben auf der På​rka-Ebene hatte ich auch einen schönen Zeltplatz, das Bild davon habe ich immer noch als Bildschirmhintergrund. Mir gefällt, dass Du Deine schlechte Laune im Bericht nicht aussparst, gehört halt auch dazu. 🤷 Und über das Selbstauslöserbild mit den Grashalmen im Vordergrund musste ich sehr schmunzeln, solche Bilder habe ich auch reichlich.
                                Zuletzt geändert von Blahake; 14.11.2024, 16:44. Grund: Rechtschreibung und Sonderzeichen

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                                • leop93
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                                  • 10.01.2019
                                  • 29
                                  • Privat

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                                  #17
                                  5-oclock-charlie Schön, dass du dabei bist. Und ich sehe, du hast schon viele Berichte geschrieben, da kann ich mir bestimmt auch noch die ein oder andere Inspiration holen

                                  Blahake Der Padjelantaleden ist wohl echt eine ideale Lappland-Einstiegsdroge Scheint ja süchtig zu machen! (Find ich gut!)
                                  Oh ja, ich habe ganze Serien von diesen wunderbaren, möglichst hübsch inszenierten, dann aber doch Out-of-Focus, Selbstportraits, ich glaube, da kann jede und jeder, der alleine auf Tour ist, ein Lied von singen

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                                  • leop93
                                    Anfänger im Forum
                                    • 10.01.2019
                                    • 29
                                    • Privat

                                    • Meine Reisen

                                    #18
                                    23. Juli 2024 – 4. Wandertag
                                    Vom Pårka-Sattel bis Stáloluokta (ca. 20 km)


                                    Die Nacht war regnerisch, da aber ein starker Wind weht, ist das Zelt schon fast wieder trocken, als ich gegen 6.30 Uhr aufstehe. Ich stecke den Kopf aus dem Zelt und erschrecke damit ein Rentier, das gemütlich in Zeltnähe gegrast hat und jetzt schnell weggaloppiert.

                                    Da der Himmel weiter bedrohlich aussieht, begnüge ich mich mit einer Katzenwäsche und esse schnell mein Müsli im Zelt. Außerdem umwickele ich heute meine Schuhe vorne mit meinen letzten Resten Panzertape. Hinten löst sich die Sohle allerdings auch langsam, dort hätte man auch mit dem Tape dann keine Chance (es hält ja nicht am Leder sondern nur am Geröllschutz). Hoffentlich schaffe ich es so noch bis Stáloluokta!

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ID: 3293638

                                    Heute breche ich erstmals nicht im T-Shirt auf, sondern ziehe Wollshirt und sogar die Regenjacke über und begebe mich auf den schmalen Pfad bergab.

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ID: 3293639

                                    Mir wird jedoch schnell warm, die Wolkendecke bricht auf, also wieder raus aus den ganzen Klamotten. Mein Blick ist nun auf den sich in der Ferne schlängelnden Miellädno gerichtet, dem ich Schritt für Schritt näher komme. Auf dem Weg dahin werde ich fast von einem Vogel angegriffen, der Alarm schlägt und mich bedrohlich knapp anfliegt. Ich entschuldige mich laut und gebe nun in der Nähe dieser Wachvögel immer etwas Gas.
                                    Weiterhin halte ich auch Ausschau nach Rentieren, treffe heute aber leider keine weiteren an.

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ID: 3293640


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ID: 3293643

                                    Der Ausblick auf und über den Virihaure zu meiner Rechten ist fantastisch und schon bald kommt Árasluokta in Sicht. Hier hoffe ich erneut Brot und vielleicht eine Cola erstehen zu können. Doch nach dem Abstieg zu den Hütten finde ich sie verlassen vor und eine Notiz an der Tür, dass der Hüttenwart erst gegen 18 Uhr zurück sein wird. Da es erst kurz vor 12 Uhr ist, verzichte ich also auf den Luxus, gehe direkt weiter und mache einige Zeit später eine kleine Mittagspause.

                                    Der Weg führt nun über felsiges Terrain, das mich (wenn man die Berge ringsum außer Acht lässt) sehr an die Schären an der Westküste Schwedens erinnert.

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ID: 3293644

                                    Es geht wieder stetig bergan und manche Felsen sind gar nicht so einfach zu erklimmen. Ich bin froh, dass es nicht nass ist, sonst wäre das hier eine ganz schön rutschige Angelegenheit.


                                    Ab und an kommen mir Wanderer entgegen, es wundert mich allerdings, dass ich in meine Laufrichtung schon lange niemandem mehr getroffen habe, bin weder überholt worden noch habe ich jemanden überholt.
                                    Der Anstieg ist vorbei, jetzt schlängelt sich der Weg über Bohlen und Pfade mit Blick über den Virihaure immer geradeaus entlang, sehr hübsch! Und dann entdecke ich tatsächlich in der Ferne kurz vor den kleinen Bergseen zwei kleine Punkte, die sich als Wanderer in meine Richtung entpuppen.

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ID: 3293645

                                    Bei den Seen überhole ich das dort rastende Paar und auch wenn wir uns nur kurz grüßen, vermute ich, dass es Deutsche sind.
                                    Ein Zweiergespann aus Norwegen kommt mir kurz darauf entgegen. Einer der beiden will zum Nordkap wandern und ist mit Mini-Rucksack, Trailrunnern und einer wirklich sehr knappen Shorts, die wie eine Männer-Sporthose aus den 80ern aussieht, wohl richtig ultraleicht unterwegs. Alleine der Gedanke in so spärlicher Bekleidung ans Nordkap zu laufen, lässt mich frösteln. Zumindest die obligatorische Norwegenfahne klemmt aber an seinem Rucksack.
                                    Nach einem kurzen Plausch laufe ich dann schleunigst weiter, denn der Himmel hat sich schon wieder bedrohlich zugezogen.

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ID: 3293646

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ID: 3293647

                                    Je näher ich Stáloluokta komme, desto düsterer wird es und 2 km vor den Hütten fängt es dann tatsächlich richtig an zu regnen. Ich streife schnell den Regenschutz für den Rucksack und meine Regenjacke über und eile über die glitschigen Bohlen und schmalen Pfade hinab Richtung Siedlung. Meine Leggings ist aufgrund der nassen Büsche neben dem Weg schnell völlig durchnässt, da rächt es sich, dass ich zu faul war, die Regenhose auch noch anzuziehen.


                                    Plötzlich taucht am Wegesrand ein Hinweis-Schild zu Brot, Fisch und Helikopterbuchung auf. Geht es hier etwa zum Parfas-Kiosk, dem ich unbedingt einen Besuch abstatten möchte? Ich kann es mir kaum vorstellen und laufe erst einmal weiter, dann komme ich aber doch ins Grübeln, als ich merke, dass es noch ein gutes Stück bis zur Stáloluoktahütte sein wird. Fluchend kehre ich um, folge dem Hinweisschild und kraxele hinunter Richtung See, um zu schauen, ob es hier vielleicht doch zum berühmten Kiosk geht.
                                    Allerdings stehe ich dann plötzlich an einer kleinen Hütte und ein Mann läuft gerade im Bademantel über den Hof. Inzwischen schüttet es wie aus Eimern und ich realisiere, dass dies hier sicher nicht der Kiosk ist.

                                    Schüchtern spreche ich den Mann an, er spricht nur gebrochen Englisch, erklärt aber, dass es hier Brot gibt und ich willige ein etwas zu kaufen. Er verschwindet im Haus, seine Frau kommt raus und führt mich über den Hof in einen Schuppen. Ich entschuldige mich tausend Mal, dass sie jetzt meinetwegen hier durch den Regen muss. Sie ist aber super herzlich und verkauft mir Brot. Als sie mich fragt, ob ich nicht auch noch ein Stück Schokokuchen möchte, kann ich natürlich nicht widerstehen und sie packt mir ein besonders großes Stück ein. Da wir noch kurz warten, dass der Regen etwas schwächer wird, komme ich mit der netten Frau ins Gespräch. Ich nutze die Chance und frage sie nach etwas Gaffa-Tape. Und tatsächlich, sie führt mich rüber in ihre Wohnhütte und wickelt mir etwas Tape (allerdings mit Sicherheit nicht genug) um ein Stück Alufolie und übergibt es mir.
                                    Sie zeigt mir noch, dass ich nun direkt am See langgehen kann und bei etwas schwächerem Regen mache ich mich dankbar auf den Weg.


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ID: 3293648

                                    Jetzt komme ich auch wirklich am Parfas-Kiosk vorbei, allerdings laufe ich zunächst weiter. Es hat nun wieder aufgehört zu regnen, daher will ich erst einmal mein Zelt aufstellen. An der Haupthütte treffe ich dann auf das Paar, das ich vorhin an den Bergseen getroffen habe, es sind wirklich Deutsche und das erste Mal auf dieser Wanderung spreche ich nun auch wieder deutsch, total ungewohnt!

                                    Da die Hüttenwarte nicht da sind, mache ich mich auf zu den Zeltplätzen am See. Der Weg ist aber ganz schön weit, daher schwenke ich noch einmal um und laufe nun doch erst einmal zum Kiosk. Auf dem Weg dorthin löst sich an einem Schuh die Sohle hinten an der Ferse dann komplett ab und schlappt nun bei jedem Schritt.

                                    Der Kioskbesitzer hat heute 19. Hochzeitstag und es tut mir ein bisschen Leid, dass er nun meinetwegen nochmal raus muss. Als ich ihn dann wegen meiner Sohlen nach Gaffa, Sekundenkleber oder sonst irgendeiner Idee befrage, schaut er sich die Schuhe an und sagt dann sehr deutlich, dass sie komplett im Eimer sind. So etwas hätte er noch nicht gesehen, er repariere zwar häufiger Schuhe aber hier könne er nicht helfen. In dem Zustand würde ich es mit den Schuhen nicht bis nach Kvikkjokk schaffen.

                                    Ich bin geknickt, aber erstmal auch gefasst, denn mental habe ich mich darauf schon die letzten beiden Tage vorbereitet. Trotzdem ist es deprimierend, das jetzt noch einmal von einer anderen Person so direkt gesagt zu bekommen. Ich kaufe ein paar Kleinigkeiten und der Besitzer empfiehlt mir noch heute Abend einen Helikopterflug für morgen nach Kvikkjokk zu buchen.

                                    Also laufe ich direkt wieder zurück zu dem Ehepaar, bei dem ich vorhin Brot und Kuchen gekauft habe, denn bei ihnen kann man auch die Flüge buchen. Sie bitten mich in ihre Hütte rein und plötzlich finde ich mich auf der Wohnzimmercouch mit einem riesigen, super flauschigen und sehr kuschligen Hund auf dem Schoß wieder.
                                    Die ganze Situation ist total skurril, denke ich, während ich mit Anneli und Sven (dem Ehepaar) in ihrem Wohnzimmer sitze und mich unterhalte, dabei den Hund kraule und auf WLAN warte, um einen Helikopter zu buchen, der mich aufgrund meiner kaputten Schuhsohlen aus dem Fjäll fliegt.
                                    Glücklicherweise gibt es noch Platz für morgen, also buche ich einen Flug nach Kvikkjokk. Hmpf. Nun steht es also fest.

                                    Frustriert stapfe ich zurück und stelle endlich mein Zelt auf. Eigentlich wollte ich noch Schwimmen gehen, aber in dem Moment, in dem alles aufgebaut ist, fängt es dann doch wieder an zu regnen. Auch das noch!
                                    Also ziehe ich mich ins Zelt zurück, snacke 2 Äpfel, die Brote, eine Cola und den Kuchen weg und höre dem Regen zu. Jetzt ärgere ich mich ein bisschen, dass ich mir nicht doch eine Übernachtung in der Hütte gegönnt habe. Naja, was soll’s. Ich höre noch etwas Hörbuch, dann wälze ich mich hin und her, kann lange nicht schlafen, denn meine Gedanken kreisen unaufhörlich.


                                    Natürlich bin ich total enttäuscht über den Lauf der Dinge und verfluche die blöden Schuhe. Sollte das wirklich das Ende meiner Tour sein?
                                    Langsam fange ich dann aber doch an, mich an den Gedanken zu gewöhnen, morgen nach Kvikkjokk zu fliegen und dann sehr wahrscheinlich den Zug umzubuchen und nach Hause zu fahren. Plötzlich bekomme ich richtig Heißhunger auf frisches Essen und sinniere noch länger darüber, was ich zu Hause als erstes kochen könnte. So schlafe ich dann doch irgendwann ein.

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                                      • 16.08.2015
                                      • 529
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                                      #19
                                      Die Fotos der Schuhe sehen ja echt trist aus. Bei meinen Schuhen hatte ich letztes Jahr eher zufällig vor der Abreise Hydrolyseerscheinungen festgestellt und konnte mir noch schnell neue besorgen. Aber so richtig zuverlässig ist die Früherkennung da ja nicht. Und Schuhe auf Verdacht nach ein paar Jahren wegzuwerfen würde mir sehr widerstreben. Welche Schuhe waren das denn bei Dir, und wie alt waren die?

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                                        • 17.01.2016
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                                        #20
                                        Oh man, das mit den Schuhen ist ja echt ätzend. Ich hoffe, dass doch noch ein Wunder passiert ist und du nicht eher abreisen musstest?
                                        Deine Fotos und Worte erinnern mich immer wieder an meine erste Tour damals. Hoffentlich konntest du doch noch mehr Nordluft schnuppern.
                                        Wie teuer ist eigentlich so ein Helikopterflug inzwischen?
                                        Liebe Grüße,
                                        Blubbi

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