[SCO] Ben Alder Trail ohne Alder

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  • Hunter9000
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    [SCO] Ben Alder Trail ohne Alder

    Tourentyp
    Lat
    Lon
    Mitreisende
    Ben Alder Trail ohne Alder
    Fort William - Corrour - Ben Alder - Dalwhinnie - Gaick Forrest - Glen Feshie - Corrour Bothy - Aviemore

    04. – 13. Mai 2023

    Es ist der Winter 2022/23. Draußen ist es trüb und kalt. Meine Füße jucken wieder und mein Herz sehnt sich nach der Weite Schottlands und den Bergen der Highlands. Ich sehe mir Fotos vergangener Touren an und klicke mich durch aktuelle und vergangene Reiseberichte hier im Forum. Vor allem Codenaschers Bericht über den Ben Alder Trail hat es mir angetan. Und weil ich eine sehr aufmerksame Frau habe, entgehen ihr meine geistigen Ausflüge in das schönste Land der Welt natürlich nicht... Sie ist zudem nicht nur aufmerksam sondern auch die beste Frau der Welt und so erhalte ich Ende Januar zum 40. Geburtstag einen Gutschein für eine Wanderung durch Schottland, während sie alleine bei den beiden Kindern die Stellung hält!

    Planung
    So sehr ich meinen Job auch liebe, mit regelmäßigen abendlichen Sporteinheiten verträgt er sich nur schlecht. Daher versuche ich ab Januar zumindest wieder einmal die Woche meine 10-km Runde zu joggen, ewas Beintraining zu machen und meine Rückenmuskulatur aufzubauen.

    Zusammen mit dem sechsjährigen brüte ich am Wohnzimmerboden über den Karten und plane Tagesetappen, Berge, Routen A, B und C. Es sollte der Ben Alder Trail von Fort William nach Aviemore werden, aber mit ein paar mehr Bergen auf dem Weg, als im ursprünglichen Trail vorgesehen. Natürlich nur, wenn das Wetter mitspielt - daher überlege ich mir etliche Alternativen - am Ende wurde es dann ohnehin wieder etwas anderes...

    Die Schwiegereltern unterstützen das Vorhaben ebenfalls und spendieren die Grundlage für ein neues Zelt. Ich habe mir immer geschworen, dass ich mit 40 nicht mehr mit "Jack" auf Tour gehen werde. Tut mir leid Jack, es liegt an mir, nicht an dir! So wurde der in die Jahre gekommene Jack durch die hippe Hilli (Hilleberg Akto) ersetzt, welches dann auch erfolgreich über Ostern im Garten zusammen mit dem vierjährigen eingeweiht wurde.

    Und damit war dann meine Planung auch schon zu Ende. Viel zu schnell wurde es Mai und es galt - nur mäßig vorbereitet (phyisch und psychisch) den Rucksack zu packen.
    Zuletzt geändert von Hunter9000; 22.01.2025, 22:35.

  • codenascher

    Lebt im Forum
    • 30.06.2009
    • 5146
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    #2
    Fein fein fein, ich freue mich, die Strecke aus einer anderen Perspektive und vor allem vollständig zu sehen. Schnell weiterschreiben.

    Bin im Wald, kann sein das ich mich verspäte

    meine Weltkarte

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    • Heather
      Erfahren
      • 03.06.2013
      • 266
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      • Meine Reisen

      #3
      Huch, wie schoen! Und ein erfreulicher Zufall, da ich auch gerade dran bin ein Teilstueck zu gehen zu planen. Freue mich schon auf die Fortsetzung!

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      • Hunter9000
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        • Meine Reisen

        #4
        Tag 0 - Anreise (Frankfurt - Edinburgh - Glasgow - Fort William)

        Bereits in den ersten fünf Minuten des Urlaubs muss ich auf Plan B ausweichen. Eigentlich war es geplant, dass ich – zusammen mit meiner Frau – die Kinder in den Kindergarten bringe und sie mich danach in Ruhe zum Flughafen fährt. Daraus wird aber nichts: Die Kinder wollen unbedingt mit zum Flughafen und der jüngere auch gleich mit in den Flieger. Es fließen Tränen, als wir ihm erklären, dass das nicht funktioniert.

        Bis wir im Auto sitzen haben sich aber alle beruhigt und wir düsen nach Frankfurt. Rasch sind wir am Flughafen, ich verabschiede mich von allen dreien und weg sind sie wieder. Ich mache mich auf den Weg zum Lufthansa Schalter und wie üblich stellt sich die Frage, ob der Rucksack dieses Jahr ein Sperrgepäck ist oder nicht: Er fällt unter Sperrgepäck. 16,7 kg zeigt die Waage beim Abgeben an.

        Problemlos und rasch gehe ich direkt danach durch die Sicherheitskontrolle – anscheinend hat man nach Corona endlich wieder genügend Personal. Am Vortag hatte ich zwar sicherheitshalber auf der Homepage des Flughafens einen Slot zur Sicherheitskontrolle gebucht (sehr praktisch!), da ich aber viel früher als geplant da war, musste ich diesen verfallen lassen.

        An meinem Gate heißt es nun warten – zum Glück habe ich ein gutes, dickes Buch dabei – bis wir endlich boarden können. Mit einem Bus fahren wir zur Außenparkposition. Und fahren, und fahren. 15 Minuten lang. Die ersten im Bus fangen an zu witzeln, dass wir versehentlich eine Busreise nach Edinburgh gebucht hätten… Dann aber endlich sind wir am Flieger und ich genieße meinen Fensterplatz mit Notausgang, also mit extra viel Beinfreiheit. Noch vor dem Start fallen mir die Augen zu und erst irgendwo über Norddeutschland wache ich wieder auf.

        Wir landen im kühlen, bedeckten Edinburgh, wo ich meinen Rucksack wieder in Empfang nehme. Mit der Buslinie 100 geht es Richtung Innenstadt, in Princes Street springe ich raus und genieße für eine Minute das Getümmel auf den Straßen, den Blick auf Edinburgh Castle und das Geschrei der Möwen. Dann aber eile ich los, um meine Stationen abzuarbeiten. Zuerst in die Rose Street in den Tiso um mir Gas für den Kocher zu kaufen. Dann in die Milnes Bar auf eine Runde Fish & Chips, gefolgt von einem Abstecher in den Supermarkt für ein Abendessen und Kekse für den Zug. Der letzte Punkt ist der Bahnhof, wo ich mir am Automaten mein vorreserviertes Ticket hole. Damit habe ich das Pflichtprogramm bis 17 Uhr abgearbeitet und den restlichen Nachmittag frei.

        Ich spaziere durch Old Town und Princes Street Gardens. Aber um sich draußen wo hinzusetzen ist es zu kalt. Darum breche ich schon früh nach Glasgow auf, wo ich dann eine weitere Stunde in der Bahnhofshalle absitze, bis endlich der Zug nach Fort William bereit ist. Die geringe Anzahl an Zügen in die Highlands macht die Anreise in den Norden durchaus zeitintensiv…

        Auf der gut bekannten Bahnstrecke geht es nach Norden. Hinaus aus dem Central Belt, am Loch Lomond entlang, immer wieder den West Highland Way kreuzend. Ebenso wie die anderen Passagiere drücke ich meine Nase an der Fensterscheibe platt und bewundere die vorbeiziehenden Bens und Lochs, die im abendlichen Rot glühenden Bergspitzen, die Rehe auf den Moorflächen und die unbewohnten Weiten.

        Als wir an Corrour Station ankommen ist es schon fast dunkel, dennoch versuche ich zu erkennen, wo ich hier übermorgen lang gehen werde, insbesondere welche Berge ich geplant habe. Aber ich erkenne fast nichts mehr.

        Endlich, um kurz nach 22 Uhr erreichen wir Fort William. Ich bin, ebenso wie die anderen Passagiere, ordentlich durchgefroren. Es ist kalt hier oben und der Zug war nicht beheizt. Schnell also in eine dicke Jacke, Stirnlampe aufgesetzt, Rucksack geschultert und dann raus aus der Stadt. Ich wandere auf den südlich der Stadt gelegenen Cow Hill Trail. Hier hatte ich bereits vor Jahren einen guten Wildcampingplatz ausgemacht. Bereits auf dem Weg dorthin sehe ich im Schein der Stirnlampe die Abspannleinen von anderen Zelten im Wald. „Mein“ Platz ist aber zum Glück frei und ich baue rasch meine neue Behausung auf und schmeiße mich in den Schlafsack. Anreise erfolgreich hinter mich gebracht.
        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 20230504_223934.jpg Ansichten: 606 Größe: 1,59 MB ID: 3200257
        Fort William bei Nacht, aufgenommen vom Schlafplatz.
        Zuletzt geändert von Hunter9000; 09.07.2023, 13:45.

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        • Hunter9000
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          • Meine Reisen

          #5
          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Panorama 1 klein.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,91 MB ID: 3200419
          Tag 1 - Fort William - Staoineag


          Obwohl ich hundemüde bin, brauche ich lange bis ich einschlafe. Zu viele Dinge gehen mir durch den Kopf und so ganz wohl fühle ich mich im neuen Zelt auch irgendwie noch nicht. Alles ist einfach zu groß hier! Ich liege ganz am Rand, an die Zeltwand gekuschelt, so als müsste ich immer noch mit dem Raumvolumen eines Jack auskommen. Als ich dann endlich einschlafe, schlafe ich wie ein Stein. Und bin dann am frühen Morgen von einem Moment zum anderen auch wieder wach. Ein Blick auf die Uhr zeigt mir, dass es erst 5 Uhr ist. Aber an Schlaf ist nicht mehr zu denken.

          Daher schäle ich mich aus dem Schlafsack und baue mein Camp wieder ab. Aufgrund von Wassermangel beschließe ich auch das Frühstück auf später zu verschieben, ich habe nur noch die Reste Wasser, die ich gestern für den Zug hatte.

          Um 6 Uhr komme ich los. Es ist kühl und bewölkt und, wie um diese Uhrzeit nicht anders zu erwarten – ist außer mir niemand unterwegs. Über Cow Hill Trail und die Straße am River Nevis gelange ich zum Ben Nevis Visitor Centre. Dieses hat zwar noch nicht geöffnet, aber zum Glück ist die Behindertentoilette 24 Stunden am Tag unverschlossen. So komme ich an frisches Wasser und kann mir im Außenbereich meinen Porridge und Tee machen. Während des Frühstücks kommen schon die ersten Wanderer auf den Parkplatz, welche wohl auf den Nevis wollen; was ich bei den niedrigen Wolken als zweifelhaftes Vergnügen betrachte.

          Bald packe ich meine Sachen wieder und es geht in das Glen Nevis hinein. Hierfür halte ich mich an der Ostseite, an der sich ein gut ausgebauter Weg befinde. Bereits im letzten Jahr bin ich diesen Weg mit Mrs Hunter gegangen. Damals hatte der Nevis Hochwasser und an vielen Stellen war der Weg Teil des Flusses geworden. Jetzt sieht die Sache viel entspannte aus: Der Nevis hat absolutes Niedrigwasser und die Wege sind allesamt trocken. So mache ich gutes Tempo – trotz fehlendem Training. Ich fühle mich ein bisschen wie ein Hund, den man nach Wochen zum ersten Mal wieder von der Leine gelassen hat und der jetzt frei laufen darf: Ich kann mich ordentlich auspowern.
          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_2523.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,37 MB ID: 3200420
          Weg am River Nevis
          Nach der Jugendherberge wird aus dem Premiumwanderweg ein schmaler Pfad, der aber immer noch gut zu erkennen ist. Immer am Nevis entlang, zum Teil durch schönen alten Kaledonischen Wald, an Weideflächen mit süßen Lämmern vorbei. Immer wieder gibt es Windböen und ein paar Regentropfen, die mir ins Gesicht geweht werden. Die Gipfel der umliegenden Berge – nicht nur des Nevis – sind tief in den Wolken verborgen.
          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_2528.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,28 MB ID: 3200421
          Berge im Nebel
          Um 10 Uhr erreiche ich den ersten Parkplatz im hinteren Glen, benutze die Toilette auf der anderen Flussseite und wandere nun an der Südseite des Flusses weiter – wieder auf einem breiten Wanderweg. Weiter hinten überquere ich den Fluss abermals auf einer schmalen Holzbrücke und stapfe nun auf der Straße nach hinten zum zweiten Parkplatz. Hier ist für mich neues Terrain. So weit bin ich im letzten Jahr mit Mrs Hunter nicht gekommen. Am zweiten Parkplatz stehen einige Wohnmobile und ich störe die Leute bei ihrem sehr späten Frühstück.

          Am Ende des Parkplatzes beginnt der Weg in eine enge Schlucht. Warnschilder warnen vor dem abschüssigen, gefährlichen Weg. Das Schild erweißt sich als etwas überdramatisch, auch wenn der Weg schmaler wird und es rechts tatsächlich steil in die wunderschöne Schlucht geht. Der Weg windet sich immer höher, durch uralten Wald indem zahlreiche Vögel zwitschern – eine ganz ungewohnte schottische Umgebung.
          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_2543.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,38 MB ID: 3200422
          Blick zurück aus der Schlucht in den Wald
          Richtig atemberaubend wird es aber erst, als ich die wirklich enge Schlucht verlasse und sie sich mit einem Schlag zu einem weitläufigen wunderschönen Tal öffnet, wie das Tor in eine Vergessene Welt. Auf jeden Fall eines der Highlights auf dieser Tour.
          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_2548.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,16 MB ID: 3200423
          Meine vergessene Welt
          Ich wandere staunend und begeistert weiter, sehe eine Gruppe Wanderer und ihre Zelte auf der anderen Seite des Flusses, sowie Kinder, die am Flussufer beziehungswiese auf der Seilbrücke über den Fluss spielen.

          Nun wird jedoch der Regen mehr und zwingt mich in Regenhose und Regenjacke. Der Schauer dauert nur kurz und an den Ruinen von Steall hat er so weit nachgelassen, dass ich dort in Ruhe Pause machen kann.
          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_2563.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,76 MB ID: 3200424
          Ruinen von Steall
          Als sich der Weg etwas später gabelt (beide Wege würden ans Ziel führen) entscheide ich mich für den oberen. Dieser verläuft sich jedoch rasch und ich stapfe querfeldein durchs Heidekraut. Vielleicht wäre der Untere doch die bessere Wahl gewesen? Zumindest sieht er deutlich als Weg erkennbar aus, als die beiden „Wege“ sich wieder vereinen.

          Bei der Tourplanung hatte ich eigentlich vorgehabt etwa hier den Fluss zu queren, um einen Abstecher auf den Binnein Beag zu machen. Nachdem sich der jedoch komplett in Wolken hüllt, nehme ich von dieser Idee rasch Abstand. Einen unbekannten Berg mit steilen Hängen muss ich nicht unbedingt im Nebel erklimmen.
          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_2566.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,02 MB ID: 3200425
          Unten hui, oben weiß
          Ich trotte weiter an dem kleinen Hügel Tom an Eite vorbei. Mittlerweile bin ich müde. Der schwere Rucksack, das geringe Training und die kurze Nacht verlangen ihren Tribut. Der Marsch zur Ruine von Luibeilt scheint sich ewig hinzuziehen. Meine Gedanken schweifen planlos umher und ich achte nur wenig auf meine Umgebung.
          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_2588.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,25 MB ID: 3200426
          Ruine von Luibeilt
          Daher freue ich mich auf die Furtung bei der Ruine. Sie ist zwar dank des Niedrigwassers gar kein Problem – bei höherem Wasserstand möchte ich hier jedoch nicht durch! – aber sie zwingt mich dazu, mich auf das hier und jetzt zu fokussieren.

          Nach der Furtung steuere ich die Bothy Meanach an. Aber sie ist wenig einladend und auch weit weg von jedem Wasser, weshalb ich hier keine wirkliche Pause mache, sondern weiter dem Fluss folge. Mit 14 Uhr wäre es auch etwas sehr früh für den Aufbau des Zeltes gewesen!

          Also weiter zur Bothy Staoineag. Ich nehme nicht mehr viel von meiner Umgebung mit; ich gehe nur noch vor mich hin. Ich bin so müde! Immer wieder nieselt es, was die ganze Unternehmung nicht besser macht. Irgendwann sehe ich die Bothy in der Ferne am anderen Flussufer und mache ein Foto davon, bevor ich weiter stolpere. Wieder versinke ich in Gedanken und irgendwo nistet sich die furchtbare Idee ein, was wäre, wenn eines der Kinder gerade jetzt einen Unfall hätte, und ich würde nichts davon mitbekommen! Ich schrecke aus diesem Wachalptraum hoch und schaue mich um. Wo war die Bothy denn jetzt? Und wo genau war ich? Bin ich gerade einfach an ihr vorbeimarschiert? Wenn ja, wie weit?
          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_2594.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,50 MB ID: 3200427
          Schöner Flussabschnitt
          Egal. Das ist das klare Zeichen, dass es für heute reicht. Ich gehe nur noch wenige Schritte weiter, bis ich zwischen Weg und Fluss ein ebenes Plätzchen für Hillie gefunden habe. Wenig später steht der Palast auch und die Wohnung ist eingerichtet. Es ist erst 15 Uhr! Ich habe also jede Menge Zeit und nutze die gleich mal zu einem ausgedehnten Nickerchen. Eine Stunde lang schlafe ich wie ein Stein. Dann weckt mich die warme Sonne, die aufs Zelt scheint. Ich krieche heraus, vertrete meine Füße, mache Fotos und schreibe mein Tagebuch. Dann wird noch der Rucksack umgeräumt und das Zelt ebenfalls; immer noch habe ich nicht die richtigen Plätze für meine Ausrüstung gefunden: Es ist einfach zu viel Platz hier! Zu guter Letzt dehne ich noch Rücken, Arme und Beine, bevor ich mein Abendessen koche um mich im Anschluss ins Zelt zu verziehen um zu lesen.
          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_2599.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,42 MB ID: 3200428
          Lagerplatz mit Hillie.
          Gegen 21 Uhr lege ich mein Buch zur Seite. Beim einmümmeln in den Schlafsack frage ich mich noch, ob ich nach dem langen Nachmittagsschlaf wohl einschlafen werde können, aber da sind mir dann schon die Augen zugefallen.

          Distanz: ca. 24,5 km
          Höhenmeter: ca. 650

          Zuletzt geändert von Hunter9000; 21.05.2023, 13:29.

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          • Ljungdalen

            Alter Hase
            • 28.08.2017
            • 3263
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            #6
            Zitat von Hunter9000 Beitrag anzeigen
            Am Ende des Parkplatzes beginnt der Weg in eine enge Schlucht. Warnschilder warnen vor dem abschüssigen, gefährlichen Weg. Das Schild erweißt sich als etwas überdramatisch, auch wenn der Weg schmaler wird und es rechts tatsächlich steil in die wunderschöne Schlucht geht.
            Als ich da im September 2018 lang kam (Rückweg von Ben Nevis... Aonach Beag), kamen mir einige Leute in völlig ungeeigneter Kleidung inkl. Schuhen (Frauen: halbwegs hochhackig) entgegen, die stakten da ziemlich lang. Wollten offenbar vom hintersten Parkplatz *zu dem schönen Wasserfall*.

            Schild also offenbar notwendig... aber leider nutzlos

            Was das wohl geworden ist... der Regen hatte zwar zwischenzeitlich aufgehört, aber ne halbe Stunde später ging es nochmal richtig los.

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            • Hunter9000
              Dauerbesucher
              • 02.06.2012
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              #7
              Als ich da im September 2018 lang kam (Rückweg von Ben Nevis... Aonach Beag), kamen mir einige Leute in völlig ungeeigneter Kleidung inkl. Schuhen (Frauen: halbwegs hochhackig) entgegen, die stakten da ziemlich lang. Wollten offenbar vom hintersten Parkplatz *zu dem schönen Wasserfall*.
              Ja, jedes Schild hat seine Geschichte

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              • Gurten
                Erfahren
                • 08.02.2022
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                #8
                Hunter9000 Danke für die schönen Bilder, wecken Erinnerungen

                Zitat von Ljungdalen Beitrag anzeigen

                Als ich da im September 2018 lang kam kamen mir einige Leute in völlig ungeeigneter Kleidung inkl. Schuhen (Frauen: halbwegs hochhackig) entgegen...
                Das war im August 2018 bei mir das selbe

                Kam von Corrour Station her via Meanach Bothy und war (dank ein paar überraschend knietiefer "Pfützen") ziemlich schlammig.
                Da hinterfragten wohl auch ein paar ihre Kleiderwahl als sie mich entgegenkommen sahen

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                • Borderli
                  Fuchs
                  • 08.02.2009
                  • 1737
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                  • Meine Reisen

                  #9
                  Auf der Strecke vom Parkplatz zum Steall fällt man schon auf, wenn man Wanderstiefel trägt... Wir waren früher häufig im Glen Nevis (Famlienurlaub und so), und entsprechend am Wasserfall. Meine Tochter lief den Weg mit vier Jahren zum ersten Mal. Flipflops, Riemchensandalen - alles schon gesehen. Jedes Mal, wenn ich dort mit großem Rucksack und Gamaschen (und einer Schlammkruste) auftauchte, fühlte ich mich irgendwie "beobachtet".

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                  • Hunter9000
                    Dauerbesucher
                    • 02.06.2012
                    • 679
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                    • Meine Reisen

                    #10

                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Panorama 4-2 klein.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,37 MB ID: 3200760Tag 2 - Staoineag - Corrour Lodge
                    Ich erwache wieder im Dämmerlicht. Es ist wieder 5 Uhr. Aber heute drehe ich mich noch einmal um und schlafe bis um 6 Uhr weiter. Als ich aus dem Zelt klettere erwartet mich ein trockenes, bewölktes Schottland. Sind die Wolken höher oder tiefer als gestern? Schwer zu sagen und ich werde mich im späteren Verlauf des Tages entscheiden, wie meine genaue Etappe aussehen wird.

                    Frühstücken, abwaschen, Zähneputzen, Zelt abbauen – die übliche Morgenroutine. Da ich gestern auch schon meinen Rucksack gründlich vorbereitet und das Essen für den heutigen Tag herausgesucht habe, geht alles ganz schnell. Um kurz nach 7 Uhr bin ich unterwegs.

                    Nach nur wenigen Minuten sehe ich auf der anderen Flussseite die Bothy. Ich werde verrückt! Gestern war ich wirklich zu nichts mehr zu gebrauchen... Ich mache ein kurzes Foto im vorbeigehen, spare es mir aber den Fluss zu queren um einen Blick hineinzuwerfen (und so eventuell noch schlafende Wanderer zu wecken).
                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_2602.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,47 MB ID: 3200761
                    Bothy

                    Voller frischer Energie komme ich auf dem Pfad entlang des Abhainn Rath schnell voran und erreiche bald Loch Treig. Immer wieder beobachte ich die Wolken und die verhangenen Gipfel. Werde ich heute einen Berg schaffen? Nach 10 Touren Schottland heute mein erster Munro, oder wieder nicht?
                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_2610.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,14 MB ID: 3200762
                    Südende von Loch Treig.

                    Auf einer breiten Forststraße mache ich mich auf den Weg Richtung Corrour Station. Als ich an der Bahnstrecke entlang wandere, fährt ein Zug vorbei – die Schienen sind aus meiner Perspektive unsichtbar und so hat die Begegnung etwa surreales, in dieser ansonsten verlassenen Landschaft.

                    Bei einer kurzen Müsliriegel-Rast entdecke ich das Masten-Symbol an der Corrour Station und probehalbe schalte ich mein Handy ein, um zu sehen, ob ich Verbindung nach Hause bekomme. Aber entweder bin ich nicht geduldig genug, oder es ist kein Handymast, oder die Bodenmulde, in der ich mich befinde ist nicht hilfreich. Auf jeden Fall bekomme ich keinen Empfang und stapfe daher ohne update von zu Hause weiter an der Corrour Jugendherberge vorbei. Wer baut in Schottland diese Jugendherbergen eigentlich immer am A*** der Welt?

                    Hier am Loch Ossian kommt die Sonne heraus und auch der Wind hört auf – es wird ziemlich warm am Ufer des Lochs. Gleichzeitig heben sich die Wolken von den umgebenden Bergen. Auf geht’s nach oben!
                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_2626.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,55 MB ID: 3200763
                    Loch Ossian

                    Zuallererst aber erwische ich die falsche Abzweigung und statt entlang des Hangs des Meall na Lice entlangzuwandern, nehme ich den Pfad am Seeufer entlang. Nachdem ich meinen Fehler bemerkt habe, muss ich die kurze Strecke zwischen den beiden Pfaden durch das Heidekraut queren. Nicht lange, aber anstrengend und vor allem unnötig. Auf dem richtigen Weg angekommen geht es leicht bergauf. Soll mir recht sein. Jeden Meter, den ich auf richtigen Wegen zurücklege, muss ich nicht weglos erklimmen. An der Stelle, welche als „Peter’s Rock“ gekennzeichnet ist, verlasse ich den Weg und gehe ostwärts weiter – bergauf, in Richtung des Meall na Leitire Duibhe. Der Aufstieg ist anstrengend, aber das Panorama hinter mir ist spektakulär.
                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_2635.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,82 MB ID: 3200764
                    Blick zurück beim Aufstieg. Im Vordergrund Meall na Lice.

                    Immer wieder finde ich kurze Abschnitte eines Weges, der sich aber immer wieder rasch verläuft. Also weglos höher, atmen, schauen, weiter stapfen. Schließlich erreiche ich eine Gruppe Felsen und mache bei ihnen Mittagspause. Sie bieten mir Schutz vor dem mittlerweile wieder aufgekommenen kalten Wind. Nicht nur der Wind ist wieder zurück, auch die Wolken – und die ersten Gipfel verschwinden bereits in der weißen Suppe. Nach dem Mittagessen ist mir richtig kalt. Dick eingepackt und mit Handschuhen lege ich die letzten Höhenmeter zurück. Hier treffe ich auch auf einen richtigen Weg. Auf ihm wandere ich durch den dichten Nebel über das Hochplateau. Das Erlebnis hier oben ist unwirklich und schön. Als wäre das schmale Plateau die gesamte Welt – mit einer Grenze aus Weiß.
                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_2642.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,66 MB ID: 3200765
                    Meine kleine Welt.

                    Vor mir taucht aus dem Nebel der riesige Cairn des Carn Dearg auf. Mein erster Munro! Ich nutze den Cairn für eine kurze Pause, ein Gipfelfoto und einen Blick auf die Karte.
                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_2644.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,02 MB ID: 3200766
                    Selfie mit Aussicht

                    Was ich leider unterlasse, ist meinen Kompass zu Rate zu ziehen. Ohne das geringste zu sehen, mache ich mich an den Abstieg zum Mam Ban mit der Intention den Sgor Gaibhre zu besteigen. Ich steige langsam ab, immer darauf bedacht keinen Weg zu nehmen, den ich nicht auch wieder nach oben käme, für den Fall, dass ich falsch unterwegs bin. Dennoch ist es eine ziemliche Kraxelei. Ein riesiger Feldhase schaut mich aus dem Nebel heraus irritiert an; er bekommt hier wohl nicht oft Gesellschaft.

                    Langsam dämmert mir, dass ich mich wohl irgendwo verstiegen habe; aber immer noch komme ich nicht auf die Idee den Kompass zu Rate zu ziehen, um zu sehen, wohin ich mich bewege. So quere ich weiter einen mir unbekannten Hang, bis sich endlich der Nebel etwas lichtet. Nun wird ersichtlich, dass ich viel zu weit nördlich bin – irgendwo im Coire Creagach. Mein Ziel liegt eigentlich in einer ganz anderen Richtung. Egal. Die Gipfel des Sgor Gaibhre und des Choinnich hängen immer noch in den Wolken. Auf eine erneute blinde Kletterei und Gipfel im Nebel habe ich ehrlich gesagt keine Lust mehr. So mache ich mich an den steilen und weglosen Abstieg nach Loch Ossian und der Corrour Shooting Lodge.

                    Beim Abstieg fängt es an zu regnen. Dicke schwere Tropfen durchnässen meine Hose praktisch instantan. Immerhin schaffe ich es noch den Rucksack einzupacken. Ich muss durchnässt weiter. Der Weg ins Tal ist scheinbar endlos und ich merke wieder die Müdigkeit.
                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_2646.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,04 MB ID: 3200767
                    Loch Ossian und Corrour Lodge durch den Nebel

                    Endlich erreiche ich den Waldrand am Loch und kurz darauf auch das Anwesen – Jagdhütte kann man den Bau kaum noch nennen. Das Gelände ist riesig und mehrere Autos parken hier; Menschen sehe ich aber keine.

                    An einer Pferdekoppel finde ich eine metallene Bank und da inzwischen wieder die Sonne scheint nutze ich sie als Rastplatz. Sowohl meine durchnässten Schuhe als auch die eingeweichten, stinkenden Füße werden in die Sonne gehalten und die Socken etwas getrocknet. Ich habe keine Ahnung wie lange ich hier sitze und die beiden Pferde auf der andere Flussseite anstarre, aber irgendwann raffe ich mich wieder auf und mache mich abmarschbereit.
                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_2655.jpg Ansichten: 0 Größe: 4,22 MB ID: 3200769
                    Rastplatz

                    Das Problem, welches ich nun habe, ist, dass die Karte kaum mehr mit der Realität übereinstimmt. Es gibt zahlreiche neue Wege, die nicht auf der Karte eingezeichnet sind und sogar ein ganzes neues Waldstück, sowie neue Gebäude. So laufe ich auch prompt in die falsche Richtung los. Schon bald aber höre ich auf mein Bauchgefühl und mit Hilfe des diesmal zu Rate gezogenen Kompass kann ich mich auch wieder orientieren. Dennoch bin ich irritiert, dass aus dem eingezeichneten Fußweg auf der Karte eine nagelneue Forststraße geworden ist, neben der ein nagelneues Gebäude für die Stromversorgung steht. Auf der Straße zockle ich nach Osten, dem Uisge Labhair entlang. Ich fange an nach einem Lagerplatz Ausschau zu halten.
                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_2658.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,96 MB ID: 3200768
                    Uisge Labhair​

                    Die Straße endet an einem ebenfalls relativ neuen Damm (der aber immerhin auf der Karte verzeichnet ist), dahinter führt nur mehr ein kleiner Pfad weiter. Keine Hundert Meter weiter fällt mir auch ein wunderschöner Stellplatz für Hillie ins Auge und um 16 Uhr steht das Zelt aufgebaut da. Der frühe Abend wird zur Körperhygiene und dem Auswaschen einiger Kleidungsstücke benutzt. Ein Bad hätte ich zwar auch dringend nötig, aber mich in den eiskalten Fluss zu legen bringe ich einfach nicht übers Herz – ich bin ein Warmduscher und stehe dazu!

                    Den restlichen Tag verbringe ich mit dösen, lesen, Tagebuch schreiben und Essen kochen. Nach letzterem verziehe ich mich rasch ins Zelt: Es ist unangenehm kalt geworden. Ein starker Wind weht von den umgebenden Bergen herab und bald fängt es auch wieder zu regnen an. Das wirft die Frage auf, was ich morgen machen werde – der dritte Tag meiner Reise war als der große Bergtag geplant. Platt wie ich bereits nach einem Munro bin, beschließe ich die Etappe über Beinn Eibhinn gar nicht erst zu versuchen, sondern mich auf den namensgeber des Trails zu fokussieren: Auf Ben Alder.

                    Distanz: ca. 23,5 km
                    Höhenmeter: ca. 960
                    Zuletzt geändert von Hunter9000; 24.05.2023, 07:52.

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                    • Hunter9000
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                      • 02.06.2012
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                      #11
                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Panorama Tag 3-7 klein.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,03 MB ID: 3201380
                      Tag 3 - Corrour Lodge - Culra Bothy

                      Über Nacht wurden die Berge abgebaut. Als ich morgens den Kopf aus dem Zelt stecke, ist die Wolkendecke keine 100 Meter über mir. Die Munros, die ich gestern schon geistig von meiner Liste gestrichen hatte, kann ich heute getrost sein lassen. Aber wie sieht es mit Ben Alder aus? Na, wir werden sehen…
                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_2661.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,08 MB ID: 3201381
                      Zelt mit Fluss und unsichtbaren Bergen.

                      Um kurz nach sieben Uhr bin ich unterwegs. Neben dem Fluss ist es abgesehen vom Plätschern des Wassers absolut still. So mag ich Schottland. Nur das Schmatzen meiner Stiefel, das Knirschen von trockenem Gras und das Pochen meines Herzen in meinen Ohren.
                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_2664.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,59 MB ID: 3201382
                      Flussidylle

                      Nur unwesentlich hebt sich im Laufe der nächsten Stunde die Wolkendecke, auch wenn manchmal die Sonne durchkitzelt. Besonders schmackhaft will mir die Sonne den Weg über den Bealach Dubh machen: Hell sticht er aus den ihn umgebenden Wolken heraus und leuchtet im Sonnenlicht, als wäre er eine göttliche Erscheinung. Er wäre auch der kürzeste Weg zu meinem Tagesziel und scheint mir freundlich zuzuwinken. Wie einfach es wäre, doch einfach geradeaus weiter bis zur Culra Bothy zu gehen. Aber ich bin ja nicht hier um es mir ganz einfach zu machen und ich möchte auch den Ben Alder nicht unversucht lassen.
                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_2673.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,41 MB ID: 3201383
                      Der einzige Lichtblick im Nebel. Der direkte Weg nach Culra Bothy.

                      Ich schwenke also nach Südosten, überquere den Fluss und versuche im Nebel zu erahnen, wo denn der Bealach Cumhann sein könnte – über diesen Pass käme ich hinüber nach Loch Ericht, zur Alder Bothy und damit auch zum südlichen Zugang zu Ben Alder. Der Aufstieg in die Richtung des Passes ist weglos und damit beschwerlich und anstrengend. Sogar eine Herde Hirsche sieht mich mitleidig an.

                      Dann taucht plötzlich ein schmaler, aber gut ausgebauter Weg auf, der quer zu meiner Richtung führt. Er bringt mich in Richtung Loch Ericht.
                      Auf dem Weg komme ich gut voran, was die Stimmung deutlich hebt. Darüber hinaus heben sich die Wolken langsam doch noch und in mir keimt die Hoffnung auf, dass ich es doch noch auf den Namensgeber der diesjährigen Tour schaffe. Die Ausblicke hinab auf Loch Ericht sind dann noch das Sahnehäubchen auf der Torte.
                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_2683.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,33 MB ID: 3201384
                      Blick auf Loch Ericht

                      Auf dem Weg kommen mir zwei ältere Wanderer entgegen, mit denen ich ins Gespräch komme. Sie hatten in der Alder Bothy übernachtet und hatten am Vortag versucht den Berg zu besteigen, es jedoch aufgrund des schlechten Wetters sein lassen. Wir quatschen über unsere geplanten Routen und darüber, dass man sich in den Highlands eben nach dem Wetter richten muss und nichts erzwingen kann. Sie erzählen mir auch noch von einem Radfahrer, der noch bei der Bothy war, als sie aufgebrochen sind und verraten mir seinen Namen. Sie bitten mich ihn namentlich zu grüßen, wenn ich ihn treffe – britischer Humor; aber ein Gefallen, den ich ihnen gerne mache.

                      Als ich eine halbe Stunde später den Radfahrer treffe und ihn von weitem anspreche ist sein Blick Gold wert. Ich kläre den Scherz aber bald auf und betone, dass er sich dafür bei den beiden anderen Wanderern bedanken kann. Bevor sich unsere Wege wieder trennen erzählt er mir noch, dass eine weitere Gruppe bei der Bothy war, und diese kurz vor ihm aufgebrochen sind, um Ben Alder zu besteigen. Tatsächlich sehe ich etwas später am Hang eine Gruppe Wanderer aufsteigen, ich komme ihnen aber nie wirklich nahe.

                      Um selbst in Richtung Alder aufsteigen zu können muss ich zuerst ganz runter an den See zur Bothy, von wo aus der Weg hinauf zum Bealach Breabag losstartet. Der Weg ist nicht immer gut zu erkennen, hält sich aber immer nah an dem kleinen Fluss, der vom Pass herabrinnt, so dass nicht einmal ich mich groß versteigen kann. Während des Aufstiegs nutze ich die Szenerie hinter mir wieder einmal großzügig für Ausreden, warum ich stehen bleiben muss um Fotos zu machen – und ganz nebenbei wieder zu Atem zu kommen. Ben Alder jedoch bleibt auch während des Aufstiegs schüchtern und versteckt sich weiterhin in den Wolken.
                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_2702.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,09 MB ID: 3201385
                      Panorama Ausblick

                      Am Pass angekommen mache ich Pause. Hier bietet sich nach allen Seiten hin ein beeindruckendes Panorama, welches ich einfach ausnutzen muss. Vor mir fällt das Gelände zum Loch a Bhealaich Bheithe hin ab. Zu meiner linken sehe ich den unteren Teil des beeindruckenden Massivs des Ben Alder. Zu meiner rechten erhebt sich der dazu fast lieblich anmutende Beinn Bheoil und hinter mir in der Ferne die Berge des Rannoch Forrest. Trotz des kalten Windes suche ich mir einen Sitzstein, mache Mittag und genieße einfach.
                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Panorama Tag 3-4 klein.jpg Ansichten: 0 Größe: 955,2 KB ID: 3201386
                      Rastplatz mit Ausblick.

                      Während überall sich die Wolken rasend schnell über den Himmel bewegen, scheinen je rund um Ben Alder fest gebunden zu sein. Nicht ein Windhauch scheint den Berg zu umwehen. Dafür aber habe ich eine zweite Offenbarung. Ein Lichtstrahl drängt sich durch die Wolkendecke und umhüllt den sanften grünen Gipfel des Beinn Bheoil. Ja, warum eigentlich nicht, denke ich mir und plane um.

                      Ich packe meine Sachen und steige über den deutlich sichtbaren Pfad auf den Sron Coire auf, über den ich dann weiter auf den Beinn Bheoil komme. Die wenigen Höhenmeter sind rasch geschafft und sind mehr ein Spaziergang als eine anstrengende Wanderung. Oben wiederum ein atemberaubender Blick, diesmal hinab Richtung Loch Ericht. Das einzig gemeine hier oben: JETZT hat sich Ben Alder entschieden die Hüllen fallen zu lassen! Was für ein beeindruckender Berg mit seiner steil abfallenden fast schwarzen Flanke und den Schneefeldern rund um das Gipfelplateau! Aber ich habe jetzt die Faxen dicke und beschließe: Wenn er mich nicht will, will ich ihn auch nicht. Ich habe mir meinen Berg ausgesucht, und dabei bleibt es jetzt.
                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_2716.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,65 MB ID: 3201387
                      Ben Alder zeigt sich!

                      Vom Sron Coire geht es einige Höhenmeter wieder nach unten, immer auf einem Weg, und dann wieder nach oben zum 1019 Meter hohen Beinn Bheoil. Mein zweier Munro! Es läuft! Und die Aussicht hier ist deutlich besser als bei meinem ersten Mal.
                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Panorama Tag 3-9 klein.jpg Ansichten: 0 Größe: 464,5 KB ID: 3201388
                      Panoramaausblick vom Beinn Bheoil

                      Nach dem Fotostop geht es über eine Geröllhalde, aber immer mit gut erkennbarem Weg wieder bergab. Immer weiter zieht sich der Weg über das Plateau gen Norden, weiter als er auf der Karte verzeichnet ist, und ich nutze ihn schamlos aus. Auf dem trockenen Untergrund kommt man angenehm schnell voran.

                      Aber jeder Weg ist einmal zu Ende und schließlich hilft alles nichts, ich muss ins Tal in Richtung Culra Bothy absteigen. Zwar finde ich anfangs noch einen Weg, aber dieser verläuft sich klassisch Schottisch bald im Heidekraut. Trotz der Endorphine, die meinen Körper nach diesem tollen Nachmittag durchfluten, werden meine Beine langsam schwer und die Schatten im Tal zudem langsam länger. Ich atme auf, als ich den Pfad finde, der vom Bealach Breabag herab in Richtung Culra Bothy und weiter bis nach Dalwhinnie führt.
                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Panorama Tag 3-11 klein.jpg Ansichten: 0 Größe: 863,6 KB ID: 3201391
                      Ben Alder aus dem Tal

                      Als ich mich Culra Bothy nähere, sehe ich ein ganzes Lager an Zelten davor. Zum Glück sind alle auf der anderen Flussseite und so suche ich mir auf meiner Seite ein ruhiges gemütliches Plätzchen, bei dem ich halbwegs ungestört sein kann. Etwas Unterhaltung am Abend ist ja in Ordnung, aber fünf Zelte mit ihren Bewohnern sind mir dann etwas zu viel.
                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_2765.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,40 MB ID: 3201389
                      Zeltplatz an der Bothy

                      Ich freue mich auf Morgen. Auf eine Dusche, eine Toilette, auf frischen Klamotten und vor allem darauf mit meiner Familie zu telefonieren. Beim Abendessen bewundere ich die immer länger werdenden Schatten, verziehe mich dann aber ins Zelt, als wieder ein kalter Wind aufkommt. Noch lange lese ich in meiner üblichen Schottlandlektüre (meinem Lieblingsbuch): „Hyperion“ von Dan Simmons. Mittlerweile lese ich es zum fünften Mal und dennoch, als ich an diesem Abend wieder einmal das Kapitel über Sol Weintraub und seine Tochter Rachel lese, habe ich wie immer feuchte Augen und einen Kloß im Hals. See you later Alligator….
                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_2767.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,92 MB ID: 3201390
                      Gute Nacht Schottland

                      Distanz: ca. 18 km
                      Höhenmeter: ca. 900

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                      • codenascher

                        Lebt im Forum
                        • 30.06.2009
                        • 5146
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                        #12

                        Bin im Wald, kann sein das ich mich verspäte

                        meine Weltkarte

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                        • oldjoe
                          Neu im Forum
                          • 19.05.2023
                          • 1
                          • Privat

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                          #13
                          Dan Simmons!

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                          • Goldi
                            Erfahren
                            • 11.09.2022
                            • 249
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                            • Meine Reisen

                            #14
                            Wenn das nicht cool ist. Da komme ich selbst vor einigen Tagen erst aus Schottland zurück und finde diesen schönen, spannenden Reisebericht vor. Deine Schlussetappe könnte sich mit meiner überschneiden. Auf jeden Fall schon mal vielen Dank fürs Schreiben. Ich lese gespannt mit. (Außerdem nehme ich Dan Simmons mal auf meine Liste. Klingt interessant.)

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                            • Hunter9000
                              Dauerbesucher
                              • 02.06.2012
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                              #15
                              Dan Simmons!
                              Er ist der beste!

                              Wenn das nicht cool ist. Da komme ich selbst vor einigen Tagen erst aus Schottland zurück und finde diesen schönen, spannenden Reisebericht vor. Deine Schlussetappe könnte sich mit meiner überschneiden. Auf jeden Fall schon mal vielen Dank fürs Schreiben. Ich lese gespannt mit. (Außerdem nehme ich Dan Simmons mal auf meine Liste. Klingt interessant.)
                              Danke! Dann sind wir aber auch auf deinen Bericht gespannt

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                              • Hunter9000
                                Dauerbesucher
                                • 02.06.2012
                                • 679
                                • Privat

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                                #16
                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

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ID: 3201571
                                Tag 4 - Culra Bothy - Dalwhinnie

                                Die Nacht ist windig, regnerisch und kalt. Mehrmals wache ich auf und komme entsprechend morgens nur schwer aus dem Schlafsack. Ich nutze den Platz meines Zeltes um in Ruhe zu packen, zu kochen und zu Frühstücken. Die Regenhose hänge ich griffbereit außen an den Rucksack – auch wenn es aktuell trocken ist. Pünktlich zum Zeltabbau setzt aber ein dichter, feiner Sprühregen ein, der schnell alles durchnässt. Vor allem das Zelt kommt so mit einigem extra Gewicht in den Packsack.

                                Voll eingemummt stapfe ich schließlich los. Die wunderbare Bergkulisse von gestern ist wieder in den Wolken verschwunden. Bei den Zelten auf der anderen Flussseite regt sich noch nicht das geringste. Ich komme gut auf dem ausgebauten Weg voran und erreiche rasch die Forststraße in Richtung Alder Lodge. Hierbei handelt es sich um ein Anwesen wie aus dem Märchen, mit zahlreichen Türmchen, Erkern und Burgmäuerchen.
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ID: 3201572
                                Ein Teil der Alder Lodge. Warum nicht, wenn man es sich leisten kann?

                                Die anschließend folgende aspahltierte Straße markiert den tiefpunkt der Reise. Immer geradeaus führt sie entlang Loch Ericht. Zu meiner rechten der recht langweilige Loch mit einer unbeeindruckenden Hügelkette am anderen Ufer, zu meiner linken abwechselnd schottischer Nutzwald und abgeholzter schottischer Nutzwald. Die einzige Auflockerung bieten die paar Häuser, die hier zwischen Loch und Straße gebaut wurden und welche allesamt wunderschön sind.
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ID: 3201573
                                Das Haus hier würde ich sofort nehmen!

                                Da ich kaum Pause mache, dafür jedoch sehr schnell gehe, bin ich viel früher als geplant an der Bahnstrecke in Dalwhinnie. Und lande, ohne es zu wissen – vor einem schottischen Politikum. Der Bahnübergang ist mit einem Gitter versperrt, mit Warnschildern, Hinweisschildern und Kameras gepflastert. Aus dem ganzen Wirrwarr an Anweisungen lese ich heraus, dass man mittels bereitgestelltem Telefon in der Leitstelle anrufen soll, damit diese einem dann das Go geben, damit man die Schienen überqueren kann. Der Mann in der Leitstelle erklärt mir dann jedoch sehr unfreundlich, dass der Bahnübergang gesperrt ist und dies auch klar so da stehen würde. Erst als ich ihm erkläre, dass ich nicht auf der Seite des Dorfes stehe, sondern aus den Hügeln komme, wird er etwas freundlicher und erklärt mir, wo ich die Abzweigung nehmen muss um durch eine Unterführung in die Stadt zu kommen. Auf dem Weg dorthin zurück finde ich auch am Wegrand ein kleines DIN A4 großes Schild im Gras liegen, welches in winzigen Buchstaben das erläutert, was mir der Mann in der Leitstelle erklärt hat. Das hätte man natürlich auch in Groß an den Bahnübergang hängen können…
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ID: 3201574
                                So sieht ein sicherer Bahnübergang aus.

                                An der Unterführung dann das Politikum: In einem großen Plakat weißt die Gemeinde von Dalwhinnie darauf hin, dass ScotRail den Bahnübergang gesperrt und damit gegen Scottish Right of Way verstößt, da der Weg lange da war, bevor die Bahnstrecke gebaut wurde. Und dieses Wegerecht ist den Schotten heilig!

                                Nach der Unterführung wandere ich durch den halben Ort zur Jugendherberge. Dalwhinnie ist ein kleines Örtchen, offensichtlich mit nicht sonderlich reichen Bewohnern, aber gleichzeitig sieht man, dass die Leute sich bemühen den Ort schön zu gestalten: Ein Mini-Stadtpark und immer noch hängende extravagante Weihnachtsbeleuchtung sind dabei die Höhepunkte.

                                In der Jugendherberge bin ich viel zu früh und bringe Lee, den Besitzer, etwas in Verlegenheit, da natürlich noch keine Zimmer fertig sind – was ich auch nicht erwartet hatte. Ich mache mich also so unauffällig wie möglich und verbringe die Zeit bis zum check-in im Speisezimmer und telefoniere mit zu Hause.

                                Dann aber endlich die lang ersehnte Dusche, frische Socken, frische Unterhose, einfach alles nicht mehr stinkend. Aus dem Wanderer wird wieder ein zivilisierter Mensch! Danach zieht es mich in das nahe gelegene Café. Es hat deutlich weniger Auswahl als das große (düster aussehende) Restaurant an der Hauptstraße, wird aber mit Liebe geführt, der Steak & Ale Pie ist unglaublich lecker, wie auch der selbstgemachte Kuchen, den ich mir als Nachtisch gönne.

                                Den restlichen Nachmittag verbringe ich im Aufenthaltsraum des Hostels, lese in der Bibliothek und genieße es die Füße hoch zu legen. Beim Abendessen sitze ich mit einem Neuseeländer und einem Engländer zusammen, mit denen die Zeit wie im Flug vergeht, bis es dann doch an der Zeit ist ins Bett zu gehen. So bekommt der wandertechnisch doch sehr langweilige Tag noch eine besondere Note.

                                Ab morgen geht es dann hinein in die Cairngorms. Ich hoffe, dass das Wetter hält; die Vorhersage sieht gut aus!

                                Distanz: ca. 17 km
                                Höhenmeter: ca. 145

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                                • Hunter9000
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                                  • 02.06.2012
                                  • 679
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                                  #17
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ID: 3201581
                                  Tag 5 - Dalwhinnie - Gaick Forrest

                                  Ich schlafe wieder schlecht obwohl das Bett gemütlich und die anderen Gäste im Zimmer ruhig sind. Ich komme also wieder etwas gerädert aus den Federn. Ich mache mein Frühstück in der Küche und betrachte die Berge draußen vor dem Fenster. Noch hängen die Gipfel in den Wolken und ich lasse mir Zeit. Um acht geht es dann los, als klar wird, dass die Wolken rasch höher steigen.

                                  Ich wandere zuerst aus Dalhwinnie heraus. Es ist eine wenig ansprechende Route, zuerst an einer Straße entlang und dann auf einem Radweg neben der A9. Von hier aus versuche ich die Abzweigung auf der anderen Seite der Straße zu erspähen, welche mich hoch auf die Berge bringen soll. Bereits von der Herberge aus, war diese Forststraße und wie sie sich den Hang hoch schlängelt deutlich zu erkennen gewesen.
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ID: 3201582
                                  Raus aus Dalwhinnie. Im Hintergrund der Weg hinauf in die Berge.

                                  Endlich sehe ich sie und überquere rasch die stark befahrene Autobahn. Etwas weiter vor mir macht ein älterer Herr das gleiche. Wie sich herausstellt, will er ebenfalls auf die Berge, schlägt sich aber erstmals in den Wald hinein, der direkt neben der Autobahn liegt. Ich prophezeie ihm aber, dass er mich später irgendwann wieder einholen wird – mittlerweile kenne ich das Wandertempo der bergverrückten Schotten doch schon ganz gut.

                                  In der Zwischenzeit kämpfe ich mich die Straße den Hang hinauf. Sie führt von der A9 fast bis hinauf zu den Gipfeln der Munros und windet sich in zahlreichen Serpentinen dahin. Auch wenn es steil ist, ist der Aufstieg durch die Straße sehr leicht. Nur das Panorama lässt etwas zu wünschen übrigen. Nach den menschenverlassenen Gegenden der letzten Tag ist der Blick hinab auf das verkehrstechnisch zentral gelegene Dalwhinnie mit seinen Straßen, der Zugstrecke und den zahlreichen Strommasten etwas ernüchternd.
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ID: 3201583
                                  Dalwhinnie in all seiner Pracht.

                                  Oben auf dem Plateau angekommen gabelt sich der Weg. Hier – die Stelle ist mit einem kleinen Cairn markiert – mache ich eine Pause, begutachte das Wetter und die Landschaft des Meall Odhar Mor. Wie angekündigt werde ich auch hier von dem älteren Wanderer wieder eingeholt. Wir kommen ins plaudern und es zeugt sich, dass er sich exzellent mit den hiesigen Pflanzen, vor allem aber den Vögeln auskennt und er nennt mir zahlreiche Arten (deren Namen ich leider gleich wieder vergesse) mitsamt ihrem Aussehen und ihren markanten Rufen. Schließlich beschließt er spontan mich ein Stück zu begleiten und mir gemeinsam den Carn na Caim zu „erklimmen“. Eigentlich wollte er zuerst auf den südlicheren der beiden Munros.
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ID: 3201584
                                  Ausblick

                                  Auf dem Weg zum Carn na Caim erzählt er mir von seinen beiden Rettungen durch die Mountain Resscue, von einen Urlaubsplänen und weitere Details zur hiesigen Vogelwelt. Während ich immer wieder stehen bleibe um Fotos zu machen marschiert er in einer Tour weiter – ich muss mich also sputen um im Ganzen bei ihm zu bleiben. Bald erreichen wir den Cairn des Munros. Ich habe ja eher das Gefühl auf dem Hügel auf einer Viehweide zu stehen, aber eigentlich sind wir 941 Meter hoch; für schottische Verhältnisse also ziemlich weit oben! Ich mache eine ganz kurze Pause, aber mein Wanderpartner verabschiedet sich gleich und marschiert den Weg zurück zu seinem ursprünglichen Ziel.

                                  Nach einer kurzen Pause zücke ich meinen Kompass, ziele nach Osten und suche mir einige markante Geländemerkmale. Bei gutem Wetter ja auch alles kein Problem. Als ich dann aufbreche und mich weglos über das Plateau durchschlage wird aber klar, dass eine Wanderung hier bei schlechtem Wetter dezent schwieriger und unspaßig wäre. Auch so muss ich bei den zahlreichen Ausweichmanövern rund um Bog und Torfabbruchkanten aufpassen, dass ich meine generelle Richtung beibehalte.
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ID: 3201586
                                  Ostwärts

                                  Bis zum Mittagessen habe ich fast das Ende des Plateaus erreicht. Auch den Weg hinab in das spektakuläre Tal des Allt Loch an Duin finde ich rasch. Der Pfad ist zwar durch die Äste des Heidebrauts fast zugewachsen aber sonst gut zu erkennen. Im Zickzack führt er runter ins Tal, wo er sich dann – natürlich – verläuft. Weglos stapfe ich die letzten Meter durch Sumpf und Gras zur Brücke über den Allt Loch an Duin. Aktuell führt er so wenig Wasser, dass ich ihn auch ohne Brücke locker überqueren könnte.
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ID: 3201588
                                  Das Ende des Plateaus.
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                                  Blick hinab ins Tal.
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ID: 3201590
                                  Unten im Tal

                                  Auf der anderen Seite des Flusses geht es auf einer Forststraße flott weiter. Zuerst denke ich, es wäre eine dieser unsäglichen schottischen 8-Rad Gefährte, welche zwar unfassbar laut, dafür gar nicht mal so schnell sind. Aber rasch erkenne ich, dass es etwas anderes sein muss und als ich mich umdrehe rasen zwei Eurofighter in nur 100 Metern Höhe über mich hinweg und navigieren im Tiefflug das Tal entlang. Es ist ebenso laut wie beeindruckend und ich habe Gänsehaut. In der Hoffnung, dass die Flieger vielleicht für eine zweite Runde zurückkommen werden zücke ich meine Kamera und warte. Aber leider bleibt es bei diesem einmaligen Erlebnis.

                                  So gehe ich am Ufer des Loch Bhrodainn entlang und furte den Abhainn Ghaig etwas unterhalb der Stelle, an der auch die Forststraße durch den Fluss geht. An dieser Stelle wäre mir eine Brücke lieber gewesen! Da weiter vorne bereits die Gaick Lodge kommt und ich mir nicht vorstellen kann, dass sich zwischen Loch an t-Seilich und dem steilen Hang des Creag Liath ein Lagerplatz findet, suche ich direkt hier am Fluss nach einem passenden Plätzchen.

                                  So wirklich glücklich bin ich mit einer schlussendlichen Auswahl dann auch nicht. Der Zeltplatz ist uneben und bereits beim ausrollen des Schlafsacks spüre ich mehrere Steine durch den Zeltboden und die Matratze hindurch. Aber da ein Sturm aufzieht ziehe ich auch nicht noch einmal um. Dafür beschwere ich die Heringe zusätzlich mit Steinen vom Flussufer und hole genug Wasser, so dass ich heute im schlimmsten Fall nicht mehr raus muss.

                                  Es ist noch nicht mal 16 Uhr. Dann kommt der Regen, der aber rasch wieder aufhört und mit ihm dann auch der Wind. Ich studiere die Karten für die nächsten drei Tage und sortiere meinen Rucksack um. Langsam wird er leer und ich muss die Gewichte besser verteilen.
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ID: 3201591
                                  Abend mit schiefem Zelt.

                                  Noch etwa 60 Kilometer, dann hab ich es geschafft. Ich habe Heimweh nach meiner Familie.

                                  Distanz: ca. 19 km
                                  Höhenmeter: ca. 730

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                                    • 12.06.2014
                                    • 266
                                    • Privat

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                                    #18
                                    Heute kam ich nach langer mal auf die Idee wieder ODS aufzurufen und fand diesen genialen Schottland Trip-Report. Ich hab ihn mir extra für heute abend aufgehoben und nun gelesen. Ich fand es spannend und kann verschiedene Aspekte gut nachvollziehen. Gerade die Frage ob es nun lohnt auf den Munro zu kraxeln oder nicht oder wo die beste Zeltstelle ist. Zelte ich hier oder kommt in ein paar hundert Metern vllt doch noch etwas besseres? Sehr gut nachvollziehbar. Auch die Route find ich gut und kann sie aus 2 meiner bisherigen Touren teils nachvollziehen. In den Cairngorms war ich noch nicht, bin also gespannt, was noch folgt.
                                    Das bringt mich auch direkt dazu, dass ich eigentlich selbst noch 2 Berichte von 2022 und 2023 schuldig bin ...
                                    ---
                                    I'd rather be out on the hills...
                                    http://chorltoniac.blogspot.com

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                                    • Hunter9000
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                                      • 02.06.2012
                                      • 679
                                      • Privat

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                                      #19
                                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

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ID: 3203811
                                      Tag 6 - Gaick Forrest - Glenfeshie

                                      Wie erwartet schlafe ich schlecht. Mehrere Steine drücken sich unangenehm durch den Boden und kalt war es obendrein auch noch. So komme ich morgens nur schwer aus dem Schlafsack. Als Ausgleich dafür haben sich die morgendlichen Abläufe zu einer angenehmen schnellen Routine entwickelt und so komme ich trotz allem rasch los.

                                      Auf einer breiten Forststraße geht es durch das Tal. An der Gaick Lodge ist noch alles ruhig. Nu einige Pferde grasen dort und sehen mich interessiert an. Die Straße entlang dem Loch an t-Seilich ist bereits alpahltiert und daher unbequem zu gehen. Es war außerdem eine gute Idee am vortag nicht weiter zu gehen um hier einen Stellplatz zu suchen. Östlich der Straße geht es steil (und dich bewachsen) den Hang hoch. Westlich der Straße geht es ebenso steil und steinig zum Loch hinab. Hier hätte es für Hillie keinen Platz gegeben.
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ID: 3203812
                                      Straße am Loch

                                      Hinter der Brücke über den Allt Bhran erreiche ich das Ende meiner Landranger Karte. Keine 100 Meter fehlen mir zur nächsten Karte im Osten, aber das bedeutet auch, dass ich den genauen Einstiegspunkt zum Weg entlang des Bhran nicht kenne. Trotz einigen Suchens finde ich den auf der Karte eingezeichneten Weg nicht. Auf der anderen Seite des Flusses befindet sich dafür eine recht neu aussehende Straße, die auch nach Osten führt. Kurz bin ich in Versuchung auf ihr weiter zu wandern und mein Glück zu versuchen. Aber wo wäre da das Wanderabenteuer?

                                      Etwas weiter hinter der Brücke finde ich schließlich einen halb überwachsenen Forstweg, der sich den Hang des Meallach Mhor hochwindet und dann ebenfalls nach Osten abzweigt. Ich folge diesem. Er führt mich bis in etwa der Höhe des Damms am All Brhan, dann hört er klassisch schottisch auf. Weglos schlage ich mich von hier aus den Hang wieder hinab durch zum Fluss hin.

                                      Ein Wanderer, der sich entlang des Flusses abmüht zeigt mir, dass ich mit meinen Anstrengungen nicht ganz falsch liegen kann. Aber unten angekommen gibt es ebenfalls keinen gut erkennbaren Weg – bestenfalls einzelne kurze Abschnitte, die sich ebenso schnell verlaufen, wie sie auftauchen.
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Größe: 2,45 MB
ID: 3203813
                                      Weg am Fluss

                                      Gleichzeitig sehe ich, dass auf der anderen Flussseite die Straße nicht nur bis zum Damm läuft sondern weiter dem Fluss nach Osten folgt. Das wäre wirklich schneller und einfacher gegangen – aber auch langweiliger!

                                      Irgendwo östlich des Feith an Dubh-chadha überquert die Straße dann auf einer Brücke auch den Bhran und schneidet meinen nicht vorhandenen Weg, um sich dann gen Nordosten den Berghang hoch zu winden.

                                      Die Existenz dieser Straße bringt mich irgendwie dermaßen aus dem Konzept, dass ich mir wenig später, als ich weite dem Bhran flussaufwärts folge, mal wieder absolut unsicher bin, wo genau ich mich befinde. Ich folge dem Fluss zu lange bis er bereits nach Süden abzweigt. Da aber erkenne ich – dank Bauchgefühl, Karte und Kompass meinen Fehler und ich arbeite mich querfeldein über die Ausläufer des Tom Reamhar zum Allt na Cuilce zurück. Eine durchaus schöne Ecke, aber unnötig anstrengend und die Strecke macht nur bedingt Spaß zu erarbeiten.

                                      Am Cuilce mache ich dann meine Mittagspause, genieße das Gurgeln des kleinen Baches und das schöne Wetter.
                                      Am Ostrand des Waldes arbeite ich mich nach der Pause den Hang nach oben. Aus dem kleinen, auf der Karte verzeichneten Weg, der den Wald durchschneidet, wurde eine voll ausgebaute, planierte Straße. Die Straße am Nordende des Waldes ist ebenfalls planiert und lädt nicht wirklich zu einer Wanderung ein. Aber mir bleibt nichts anderes übrig als ihr einen Kilometer zu folgen. Anstatt ihr dann aber ins Tal zu folgen und dort auf der Straße weiter durch Glenfeshie zu marschieren nehem ich die „High Route“. Ich steige zum Pass zwischen Carn Dearg und Carn Dearg Mor auf und marschiere dann zu letzterem hoch. Auch hier oben ist inzwischen ein breiter Weg zu sehen und die zahllosen ausgebrachten Setzlinge versprechen unschöne Aussichten für diesen Hügelkamm.
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ID: 3203814
                                      Weg zum Carn Dearg Mor.

                                      Hinter mir wird es Dunkel. Schon seit einiger Zeit ist starker Wind aufgekommen, der aber immer wieder dreht. Sicherheitshalber zwänge ich mich aber in die Regensachen. Kurz darauf fängt es auch schon an zu schütten. Richtig dicke Tropfen, die schon fast an Graupel erinnern. Bis ich mich jedoch an den Abstieg mache, hat der Regen wieder aufgehört. Die Sonne kommt heraus und de Highlands dampfen – in meinen Regensachen dampfe ich gleich mit. Schnell raus aus dem Wasserdichten Zeug!

                                      Nach der Pause zum Umziehen geht es der Straße entlang in etlichen Kurven hinab zum River Feshie. Bereits hier schmerzen mir vom Asphalt die Füße und ich bin froh über meinen kleinen Umweg über die Hügel. Die asphaltierte Straße am Fluss macht es nicht besser. Das Tal ist so gar nicht meins, auch wenn der Fluss und der alte Wald direkt am Ufer durchaus atmosphärisch wäre.
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ID: 3203815
                                      River Feshie

                                      Ein weiterer Schauer zieht vorbei und durchnässt mich ganz ordentlich, hört aber auf noch bevor ich die Fußbrücke über den Feshie erreiche. Direkt neben der Brücke entdecke ich gleich einen guten Zeltplatz – aber ein weiterer Schauer zwingt mich dazu unter der Brücke Schutz zu suchen, noch bevor ich mit dem Lageraufbau anfangen kann. Ich mümmel einen Riegel vor mich hin, bis der Regen aufhört. Nun aber schnell: In Windeseile baue ich das Zelt auf. Als ich meinen Rucksack von der Brücke hole fängt der Regen wieder an. Diesmal ist es aber gefühlt mehr ein Feuerwehrschlauch. Ich schaffe es noch mich mitsamt dem Rucksack ins Zelt zu werfen als es „Platsch“ macht. Wie eine Wand kommt das Wasser vom Himmel und ich habe ernsthafte Zweifel ob Hillie dem standhält. In 10 Jahren Schottland habe ich noch nie einen solchen Regen erlebt!

                                      Ich starre aus dem Zelt auf die Wassermassen und warte ob es irgendwann auch wieder weniger wird. Plötzlich dreht auch tatsächlich jemand den Hahn zu und der Spuk ist vorbei. Hillie hat gehalten!
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ID: 3203816
                                      River Feshie bei der Brücke
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ID: 3203817
                                      Lagerplatz

                                      Ich hole Wasser vom Fluss – genug um gegebenenfalls heute nicht mehr zum Fluss zu müssen. Kaum zurück regnet es wieder weiter. Erst am Abend hört das Wechselspiel auf. Es wird wieder warm und ich beschließe einen kurzen Spaziergang zu machen und suche dabei nach dem morgigen Weg durch den Wald.
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                                      Abendrot

                                      Ich hoffe, der Weg über die Berge zur Corrour Bothy ist morgen machbar…

                                      Distanz: ca. 24 km
                                      Höhenmeter: ca. 750

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                                      • Goldi
                                        Erfahren
                                        • 11.09.2022
                                        • 249
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                                        #20
                                        Bitte überwinde schnell Deine Schreibblockade 😉. Ich bin gespannt wie es weitergeht und wie Du zur Corrour Bothy gekommen bist.

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