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Teil 2: Kältepol Oimjakon und erste Raftingetappe bis Ust-Nera
Bevor ich zum weiteren Verlauf der Reise komme, schiebe ich mal einen kleinen Rückblick ein, und zwar auf meine erste Jakutien-Radtour, die mich Ende September 2007 über die alte Kolyma-Trasse zum Kältepol Oimjakon führte. Um diese Zeit war in den Bergen bereits der Winter eingezogen, es lag Schnee und die Temperaturen bewegten sich zwischen -12°C in der Nacht und +2°C am Tage.
Das Leben auf dieser letzten Straße des eurasischen Kontinents war damals noch ein sehr abenteuerliches. Es gab nur wenig Verkehr und die relativ schmale Schotterpiste musste an vielen Stellen immer wieder ausgebessert werden. Hier traf ich auf ein paar Trassenarbeiter, die den ganzen Sommer und Herbst in solchen Zelten lebten – ganze drei Monate am Stück. Im Hintergrund links sieht man ihre Brotbäckerei.
Auch Rentiernomaden vom Volk der Ewenen traf ich einmal, wobei diese immer noch auf die gleiche Weise umherziehen – daran hat sich bis heute nichts geändert.
Die Brücke über den Fluss Kjubjume bzw. Kjubeme war zu dieser Zeit noch unpassierbar. Jahrzehnte zuvor hatte mal ein Frühjahrshochwasser das Bauwerk zerstört, so dass der Verkehr nach Oimjakon stets den Fluss durchqueren musste.
Da der noch bestehende Teil der Brücke über den Hauptlauf des Flusses führte, wählte ich den Weg eines kletternden Fußgängers. Am abgerissenen Ende gab es nämlich eine Leiter, über die ich mit meinem Rad und all dem Gepäck wieder hinabsteigen konnte.
Erst im Jahr 2014 wurde diese Brücke erneuert, so dass nun jedes Fahrzeug problemlos nach Oimjakon gelangen kann (Aufnahme von 2015).
Auf den letzten 45 Kilometern von Tomtor nach Oimjakon gab es 2007 noch eine zerfurchte Spur durch aufgeweichten Grund (um diese Jahreszeit zum Glück schon gefroren).
Ortseingangsschild mit der jakutischen Bezeichnung Öjmököön.
Meine Gästeunterkunft in Oimjakon.
Zwei Nächte war ich zu Gast bei Tamara Vasileva, die nicht nur das Gästehaus betreute, sondern auch mit Leidenschaft und voller Überzeugung dafür kämpfte, dass das Dorf Oimjakon als der einzig wahre Kältepol der Nordhemisphäre anerkannt wird. Man brüstet sich hier mit der tiefsten Temperatur, die je an einem von Menschen permanent bewohnten Ort gemessen wurde: -71,2°C! Diesen Wert hat sie nach eigenen Aussagen in St. Petersburg offiziell bestätigen lassen und die Dokumente dazu in einem kleinen privat hergerichteten Museum ausgestellt. Nichtsdestotrotz beansprucht auch der Ort Verchojansk nach wie vor den Titel „Kältepol“ (mehr dazu an späterer Stelle)...
Während meines Aufenthaltes in Oimjakon besuchte ich auch den Meteorologen Valeri Vinokurov, der sich um die örtlichen Temperatur- und Niederschlagsmessungen kümmerte.
Der Obelisk zum örtlichen Extremwert -71,2°C befindet sich allerdings in Tomtor, damit Durchreisende, die der alten Kolyma-Trasse von Jakutsk nach Magadan folgen, nicht extra ins Dorf Oimjakon abbiegen müssen.
16 Jahre später stehe ich nun erneut an diesem markanten Ort und schaue mich neugierig um. Auch wenn die Fortsetzung der alten Kolyma-Trasse inzwischen verfallen und unpassierbar geworden ist (Tomtor ist zu einer Sackgasse geworden, der neue Weg führt schon seit vielen Jahren über Ust-Nera), scheint der Obelisk noch immer regelmäßig angesteuert zu werden.
Die Gedenkstätte wurde etwas erweitert, hinter der Säule hat man inzwischen auch die Büste des sowjetischen Geologen Sergej Obrutschev (1891-1965) aufgestellt. Er war es nämlich, der im Jahr 1926 während einer Expedition in diesem Gebiet den angepriesenen Tiefstwert von -71,2°C aufzeichnete, im Übrigen auch genau jene Expedition, die zur kartografischen Erfassung des Tscherskigebirges führte...
Zu den -71,2°C sei noch angemerkt, dass dieser Tiefstwert weder an einer Wetterstation noch direkt im Dorf Oimjakon gemessen wurde, sondern irgendwo im Gebiet Oimjakon. Eine offizielle Wetterstation im Dorf Oimjakon wurde erst im Jahr 1929 errichtet, so dass es noch einen zweiten Tiefstwert gibt, der am 6.2.1933 gemessen wurde und den man auch bei Wikipedia findet: -67,7°C (nach anderen Quellen auch -67,8°C; interessanterweise wurde exakt der gleiche Tiefstwert Jahre zuvor auch in Verchojansk erreicht, daher das konkurrierende Verhältnis der beiden Orte).
Den Erzählungen zufolge bestand die offizielle Wetterstation im Dorf Oimjakon allerdings nur bis zum Jahr 1951 (mit einer Lücke in der Messreihe von 1935 bis 1942). Der Grund dafür ist, dass schon 1942 eine weitere Wetterstation im Dorf Tomtor errichtet wurde, und zwar direkt neben dem Flugplatz, wo die Wetterdaten offenbar von größerer Bedeutung waren. Diese „Aerologische Station“ gilt seither als offizielle Wetterstation für den Standort Oimjakon. Wenn wir heute also in die Wetter-App schauen, um zu erfahren, wie kalt es in Oimjakon ist, dann stammen diese Werte in Wahrheit aus dem Ort Tomtor.
Unmittelbar neben der Wetterstation befindet sich auch der Festplatz, auf dem das jakutische Sonnenfest „Ysyach“ (jakutisch Ыhыах) gefeiert wird. Nur einmal im Jahr, während der längsten Tage um die Sommersonnenwende herum, versammeln sich hier die Bewohner der Region mit Gästen aus Nah und Fern.
Im Zentrum des Platzes ragt der prächtig verzierte Weltenbaum Aal Luuk Mas empor, der in der jakutischen Mythologie das Zentrum der Welt verkörpert (vergleichbar mit Yggdrasil aus der germanischen Mythologie). In Holz geschnitzte Bilder zeigen Szenen aus dem jakutischen Epos Oloncho.
Wie es bei dieser Festlichkeit zugeht, zeigt ein Blogbeitrag des russischen Landschaftsfotografen Sergej Karpuchin (vor genau 10 Jahren startete er an diesem Ort zu einer 101-tägigen Fotoexpedition, die ihn entlang der Indigirka bis Chonuu führte und von dort noch mit Packpferden zum Bergsee Tabanda im nördlichen Tscherskigebirge): https://karpukhins.livejournal.com/130453.html
Nachdem wir uns alles Interessante auf dem Festplatz angeschaut haben, biegen wir ab auf die Stichstraße nach Oimjakon und durchqueren noch einmal das Dorf Tomtor.
Die Piste wurde inzwischen erneuert, sie fährt sich ganz passabel. Das Wetter ist allerdings noch immer sehr labil, und so erwischt uns zwischendurch ein kräftiger Gewitterschauer, den wir schutzlos über uns ergehen lassen müssen.
Das wechselhafte Wetter hat aber auch seine schönen Seiten.
Njurgun hängt etwas hinterher. Das neue Packsystem mit dem Boot über dem Vorderrad lässt ihn so manches Mal das Gleichgewicht verlieren, so dass er die Anstiege vorsichtshalber schiebt. Bei Schritttempo ist man allerdings sofort von lästigen Mückenschwärmen umgeben, weshalb auch schon das Mückenspray zum Einsatz kommt...
Die Kühe leben hier ein freies Leben und stapfen ohne Zaun quer durch die Taiga.
Neues Ortseingangsschild zum Dorf Oimjakon.
Berlin 6423 km... Der Pfeil zeigt in nördliche Richtung, da sich Jakutien auf der anderen Seite der Nordhalbkugel befindet.
Am örtlichen Denkmal zum Kältepol Oimjakon, diese Anlage gab es auch schon vor 16 Jahren.
Hier wird der Geologe Obrutschev mit einer Auflistung seiner Expeditionen gewürdigt.
Neues Kältepol-Denkmal mit Infotafel auf Englisch (wer den Text lesen will, einfach anklicken – ich habe das zweite Motiv etwas größer gelassen).
Als die Sonne untergeht, bespreche ich mit Njurgun das weitere Vorgehen. Laut Wettervorhersage soll es morgen bei 10°C den ganzen Tag regnen, daher schlage ich vor, den Besuch bei Tamara gleich mit einer Übernachtung in ihrer Gästeunterkunft zu verbinden. Von Michail wusste ich, dass sie immer noch hier ist und Platz für Gäste hat. Doch Njurgun will keine Unterkunft, er hat nämlich kein Geld – gar kein Geld, wie er mir zu verstehen gibt... Ok, wenn es nicht zu teuer wird, könnte ich ihn ja einfach einladen. Die letzte Nacht in Jakutsk ging auch schon auf meine Kappe, da er sonst irgendwo außerhalb der Stadt in den Wald gegangen wäre. Also schlage ich vor, dass wir doch erstmal die Lage erkunden können, um zu schauen, was bei Tamara möglich ist. Doch Njurgun hat kein Interesse, er wirkt sichtlich unzufrieden und will am Ufer der Indigirka warten, wahrscheinlich um zu unterstreichen, dass es ihm ernst ist, keine Bezahlunterkunft in Anspruch zu nehmen. Ich aber habe absolut keine Lust, den Dauerregentag ausgerechnet hier in nassen Zelten auszusitzen, also rolle ich kurzerhand ohne ihn los und sage, dass ich in ca. 10 Minuten wieder da bin.
Auf Anhieb finde ich das Gästehaus wieder, in dem ich 2007 unterkam. Ich gehe auf den Hof und klopfe an die Tür des Haupthauses. Ein junger Kerl mit langen dunklen Haaren macht auf – es ist der Enkel. Tamara ist gerade außer Haus, also ruft er sie übers Handy an und teilt mir mit, dass sie gleich kommen würde.
Nach etwa 15 min taucht sie schließlich auf, sieht mich und erkennt mich sofort wieder – nach 16 Jahren! Sie meint, dass ich damals einer der ersten ausländischen Radtouristen war und ihr deshalb so gut in Erinnerung geblieben bin. Das Bild ist vom Folgetag, denn sie wollte nicht in ihrer Alltagskleidung fotografiert werden.
Ich frage sie, ob es möglich ist, in ihrem Gästehaus unterzukommen und morgen solange zu bleiben, bis der Regen aufhört. Kein Problem, sagt sie, es seien zwar schon zwei Gäste aus Moskau da, aber es gibt genug weitere Betten und eine Übernachtung würde 1500 Rubel (15 Euro) kosten. Der Preis scheint mir in Ordnung zu sein, also kündige ich an, dass noch jemand dazu kommt, für den ich diesen Preis ebenfalls bezahlen würde. Dann werfe ich meinen großen Rucksack vom Gepäckträger und fahre flugs zurück, um Njurgun Bescheid zu geben. Doch als ich an der Stelle ankomme, wo er warten wollte, war er nicht mehr zu sehen. Wahrscheinlich hat es ihm zu lange gedauert und er ist schon in die Flussaue hinter das Dorf gefahren, um einen Lagerplatz zu finden und so folge ich der einzigen Piste, die zum geplanten Einstiegspunkt in die Indigirka führt. Doch bis dahin komme ich nicht, nach drei Kilometern erreiche ich eine tiefe Furt, die es nicht lohnt zu durchqueren. Eine Radspur konnte ich bisher auch nicht ausmachen, also drehe ich wieder um und kehre etwas genervt zum Gästehaus zurück. „Ich konnte meinen jakutischen Freund nicht finden“, rufe ich Tamara zu, während ich mein bepacktes Rad aufs Grundstück schiebe. „Komm erstmal rein, ich koche dir einen Tee“, erwidert sie trocken.
Es ist ihre private Wohnung, in der sie nun ihr neues Museum eingerichtet hat. In mehreren Zimmern finden sich etliche Bücher, Poster und Landkarten, die in irgendeiner Weise mit dem Kältepol im Zusammenhang stehen. Auch die zwei Moskauer sind hier gerade zugange und dokumentieren alles, was ihnen interessant erscheint.
Auf dieser riesigen Karte erkennt man gut die Dimension der Autonomen Republik Jakutien. Da auf ihr sowohl Gebirgszüge als auch Flussläufe wunderbar abgebildet sind, habe ich hier mal zur besseren Veranschaulichung die komplette Reiseroute eingezeichnet (gelb: mit Sammeltaxi, blau: mit Boot, rot: mit Fahrrad, gepunktet: durch wegloses Gelände; dieses Bild kann für eine Vergrößerung angeklickt werden).
Dann gehen wir in das gegenüberliegende Gebäude, das für die Gäste vorbehalten ist. Hier gibt es eine riesige Fotowand, an der so einige Besucher des Hauses festgehalten wurden, als wäre es eine Hall of Fame... Auch ein Bild von mir konnte ich finden, das mich während meines Besuchs im September 2007 zeigt
Auch solche Motive gibt’s hier zwischen all den Fotos (sieht nach einem speziellen jakutischen Wettkampf aus).
Inzwischen hat auch Njurgun hierher gefunden. Wie sich herausstellt, war er nur ein paar Häuser weitergegangen, in das örtliche Krankenhaus, um sein Handy zu laden... Er bespricht noch etwas mit Tamara, dann zieht er sich zurück und kocht sich wortkarg einen Tee. Die zwei Moskauer Nikita und Andrej sind gesprächiger und spendieren mir sogar eins ihrer mitgebrachten Dosenbiere. Ich erfahre, dass sie hierher gekommen sind, um die kleinen Flughäfen der Kolyma-Region zu besuchen und ihre Geschichte zu studieren. Etwa einen Monat Zeit haben sie sich dafür genommen und zufällig gerade einen Zwischenstopp in Oimjakon eingelegt. Beide sprechen sauberes Englisch, so dass wir uns wunderbar verstehen, vor allem mit Nikita vertiefe ich mich noch in ein längeres Gespräch. Er ist Sozialwissenschaftler und versucht mir anhand diverser Beispiele die Gesellschaft Russlands zu erklären, damit ich sie auch vor dem Hintergrund der aktuellen Situation besser verstehen würde.
Währenddessen taucht ganz unvermittelt ein weiterer Gast auf – ein Bergwanderer aus Wladiwostok, der soeben eine extreme Solo-Tour hinter sich gebracht hat. Ruslan ist sein Name und wir erfahren von ihm, dass er insgesamt 25 Tage im Suntar-Chajata unterwegs war, davon 22 Tage zu Fuß, wobei er auch die höchsten Berggipfel Palatka (2800 m) und Mus-Chaja (2960 m) bestiegen hat. Eigens dafür hatte er Steigeisen, Eispickel und ein Seil mitgenommen – und ein Packraft, mit dem er am Ende über den Fluss Agajakan wieder zurück zur Kolyma-Trasse paddelte. Während der dreieinhalb Wochen, die er im Gebirge unterwegs war, traf er nur einmal auf andere Menschen: auf Ewenen, die mit ihren Rentieren durch die Berge zogen. Gestartet war er in der Nähe des 1300 m hohen Passes, an dem wir auf der Hinfahrt einen kurzen Stopp einlegten. Zu diesem Zeitpunkt wog sein Rucksack mit all dem Gerödel etwa 40-42 kg, jetzt zum Ende der Tour nur noch 28 kg, da etwa 12 kg auf den Proviant fielen (er hatte mit 480 g pro Tag gerechnet). Eine beeindruckende Tour, die sofort unser aller Aufmerksamkeit auf sich zieht. Sogar Njurgun taut jetzt etwas auf und löchert Ruslan mit ein paar Ausrüstungfragen, die ich aufmerksam mitverfolge.
Wir bekommen zu hören, dass er sich das Packraft von einem privaten Hersteller im Altai für nur 17.000 Rubel (bzw. rund 200 Dollar) beschaffte. Ich bin erstaunt über den geringen Preis, denn das Material macht auf mich einen sehr soliden Eindruck, so wie ich es von den hochpreisigen Packrafts namhafter Hersteller kenne. Auch das Gewicht von 3,1 kg steht dem in nichts nach! Am meisten faszinieren mich aber seine Ultralight-Paddelblätter: zwei kleine Kunststoffteile, die mit jeweils drei kleinen Schrauben an einen Stock aus dem Wald befestigt werden können. Das ist russischer Minimalismus!
Übernachtet haben wir in den Betten nebenan. Da jeder einen Schlafsack dabei hatte, brauchte es keinen besonderen Aufwand, uns alle spontan zu beherbergen.
Die Toilette ist hier wie üblich ein externer Verschlag am Ende des Grundstücks. Früher gab es nur die kleine Holzbude im Hintergrund, mit der neuen Hütte gibt es nun etwas mehr Komfort – sogar mit Heizkörpern an den Wänden, um sich im Winter nicht den Hintern abzufrieren...
Im Garten befindet sich auch ein kleines Gewächshaus, in dem Tamara ihr eigenes Gemüse anbaut.
Ich bekomme eine Gurke und einen Paprika geschenkt – Gemüse aus dem kältesten Dorf der Welt...
Da wir den heutigen Regentag vorwiegend im Gästehaus verbringen, packen wir auch immer wieder an, wenn es etwas zu tun gibt. Als die Regentonne überzulaufen droht, wird das wertvolle Wasser umgeschöpft und später auch zum Bewässern des Gewächshauses verwendet. Man muss sich vor Augen halten, dass Tamara hier alleine wohnt. Vor acht Jahren ist ihr Mann verstorben, seitdem muss sie einen Großteil der Alltagsaufgaben selbst bewältigen. Sie ist inzwischen 76 Jahre alt, macht aber noch einen sehr rüstigen Eindruck. Die drei russischen Gäste sind am Morgen schon abgereist, so dass sie jetzt nur noch uns zwei als Gäste hat. Normalerweise sind um diese Zeit gar keine Fremden hier, denn die Touristensaison am Kältepol ist nun mal der Winter (Januar bis März). Dass sich im Sommer gleich mehrere Reisende in ihrem Gästehaus treffen, ist die absolute Ausnahme.
Als am Nachmittag der Regen etwas nachlässt, besuche ich den Dorfmeteorologen Valeri. Er selbst erinnert sich nicht mehr an meinen Besuch vor 16 Jahren, aber seine Frau Albina! Er war früher Lehrer für Sport und Kultur, sie Geschichtslehrerin.
Die Wetterstation wird aber weiterhin betreut. Alles wie damals, nur die Bäume am Zaun sind hinzugekommen. Zweimal am Tag wird die Temperatur und der Niederschlag registriert (morgens und abends um 8 Uhr). Der Extremwert des vergangenen Winters betrug an dieser Station -62°C, gemessen im Januar. Valeri sagt, dass dieser Wert schon eine Ausnahme sei, denn nicht jeden Winter wird es hier so kalt. Die maximale Schneehöhe des letzten Winters betrug übrigens nur 36 cm, in manchen Wintern erreicht sie kaum 20 cm.
Auch tägliche Messungen zum Wasserstand der Indigirka gehören zum Programm. Offiziell spricht man daher nicht von einer meteorologischen, sondern von einer hydrologische Station (гидро пост). Valeri stellt fest, dass der Wasserstand seit gestern um 2 cm gestiegen ist und die Wassertemperatur aktuell 12°C beträgt. Im Winter, wenn der Fluss gefroren ist, kann das Eis 2-3 m dick werden!
Zurück am Gästehaus bereiten wir uns auf die morgige Weiterfahrt vor. Njurgun hat sich in ein Nebengebäude zurückgezogen und repariert einige Ausrüstungsteile. Seit unserer Ankunft in Oimjakon verhält er sich äußerst wortkarg, irgendetwas scheint ihn unzufrieden zu stimmen, doch er redet nicht darüber. Jeder Versuch, mit ihm ins Gespräch zu kommen, endet mit ein paar einsilbigen Antworten. Ich finde mich damit ab und lasse ihn einfach in Ruhe. Am Abend sehe ich dann, wie er anfängt, die Holzvorräte des Grundstücks in ofengerechte Scheite zu spalten. Offenbar hat er mit Tamara einen Arbeitsdeal ausgehandelt, um die erste Übernachtung nicht zahlen zu müssen. Ich helfe ihm beim Aufstapeln der gespaltenen Scheite, Ablösung beim Hacken lehnt er ab, er liebt diese körperliche Arbeit und sieht darin auch ein gutes Training. Die zweite Nacht im Gästehaus dürfen wir kostenfrei bleiben.
Am nächsten Morgen heißt es dann Abschied nehmen. Es war ein herzliches Wiedersehen, das mir noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Auf dem Weg zur Einstiegsstelle holen wir noch frisches Brot aus dem örtlichen Magazin (von außen nicht als solches zu erkennen).
Nur wenige hundert Meter weiter finden wir ein geeignetes Ufer, um unsere Boote ins Wasser zu lassen. Diesen Platz hatte ich bereits am Vortag ausgekundschaftet, damit wir nicht unnötig weit in die Aue fahren müssen.
Wie Ruslan aus Wladiwostok, hat auch Njurgun für sein Paddel nur ein Paar Paddelblätter mitgebracht. Einen passenden Paddelschaft findet er im verfallenen Haus nebenan, wobei er die Holzlanze noch so zurechtstutzen muss, dass die Paddelblätter fest aufgesteckt werden können (sein Modell muss nämlich ohne Schrauben auskommen).
Gegen 15 Uhr sind wir dann endlich auf dem Wasser – ab jetzt geht es paddelnd weiter!
Bevor wir unsere Boote aufbauten, checkte ich auch mal das Gewicht unseres Gepäcks (mit einer kleinen Kofferwaage). Es zeigt sich, dass Njurgun ganze 15 kg weniger bei sich hat, obwohl er das schwerere Boot und ein Gewehr mit sich führt (Er: 49 kg +17 kg Fahrrad, Ich: 64 kg +18 kg Fahrrad; nicht berücksichtigt sind die Watstiefel und die Kleidung, die wir am Körper trugen).
Und schöne Blumen vorm Haus hat sie auch, die Tamara! Tolle Frau!
Jetzt bin ich gespannt, ob Njurgun das geringere Gewicht durch russisches Improvisationstalent ausgleicht, oder ob er hungert, oder wie er sonst mit so wenig Gepäck klarkommt! Bei Eurem "Geartalk" mit dem russischen Packrafter wäre ich gern dabei gewesen, allerdings ohne da selbst mitreden zu können. 😅
Das hätte ich auch gerne miterlebt, wobei es mich schaudert, die Paddelblätter nur aufzustecken.... vor Allem weil es ein kritisches Ausrüstungsstück ist (na ja, Wasser ist auch nicht so mein Element...)
Was für ein gewaltiges Abenteuer - ein ganz anderes "Kaliber" als ich es mir je zutrauen würde.
Tolle Bilder aus einer völlig anderen Welt 😍 Freue mich sehr auf Deine Fortsetzung (und dass es wohl gut ausgegangen ist).
Danke für eure Rückmeldungen! Ich versuche dranzubleiben und zeitnah weiterzuschreiben. Am längsten dauert immer das Raussuchen und Vorbereiten der Fotos...
Blahake & Bambus: Die Herangehensweisen der hiesigen Wildniswanderer (bzw. Bergwanderer und Packrafter) finde ich immer wieder interessant. Bei manchen Dingen schlagen wir uns die Hände über den Kopf zusammen, aber in ihren Kreisen ist es oft sogar anerkannt oder üblich. Auch dass Njurgun als Nichtschwimmer auf die Flüsse geht, relativiert sich, wenn man sich fragt, ob z.B. die Inuit je schwimmen gelernt haben, bevor sie mit ihren Kajaks auf die Jagd gegangen sind oder noch gehen (wobei fraglich ist, ob man schwimmend überhaupt noch irgendwo hinkommt bei einstelligen Wassertemperaturen...). Die Einheimischen dort sind mit einem ganz anderen Risikoverständnis aufgewachsen...
Zum Gepäck muss ich noch erwähnen, dass ich anders als Njurgun noch einiges an Fotoausrüstung dabei hatte (Spiegelreflex mit 3 Objektiven, Kompaktkamera, GoPro, großes Stativ), zudem noch einen Haufen Dokumente und Kartenblätter (nur die wichtigsten hatte ich auch für Njurgun ausgedruckt). Proviant hatte ich vermutlich das Doppelte dabei (also rund 10 kg mehr).
Es folgt nun endlich der zweite Teil des zweiten Teils:
Wir sind inzwischen mit unseren Booten auf der Indigirka. Es ist ein großartiges Gefühl, nach zwei Jahren Pause wieder auf einem Fluss durch menschenleere Wildnis paddeln zu können. Der immer noch kalte Wind weht zum Glück von hinten und die Strömung ist super flott. Wir kommen gut voran, im Schnitt etwa 7-8 km/h.
Während ich immer wieder mein Paddel benutze, um vorwärts zu kommen, lässt sich Njurgun einfach nur treiben. Zunächst denke ich, dass er wegen der guten Strömung einfach keine Lust hat, selbst aktiv zu werden. Doch irgendwann bemerke ich, dass er sich während der Bootsfahrt immerzu irgendwelche Youtube-Videos anschaut, die er sich zuvor aus dem Internet auf sein Handy heruntergeladen hatte... Ich bin also immer weit vor ihm, versuche aber auf Sichtweite zu bleiben. Oft ist er kaum zu erkennen, da das olivgrüne Schlauchboot mit dem Hintergrund zu verschmelzen scheint. Dann ist es allein die helle Kluft seines Anzugs, die ich als kleinen beweglichen Punkt wahrnehmen kann. Als ich einmal am Ufer warte, damit sich unser Abstand wieder verringert, zieht er unbemerkt an mir vorbei. Ich war nie ein Freund von grellen Ausrüstungsfarben, jetzt wären sie allerdings sehr hilfreich gewesen.
Nach etwa 23 km auf dem Fluss taucht am linken Ufer eine schöne Permafrostkante auf. Sie demonstriert eindrücklich, woraus der Untergrund dieses Landes hauptsächlich besteht: aus purem Eis! In einigen Gebieten Jakutiens reicht der ewige Frost bis zu anderthalb Kilometer in die Tiefe.
Als es am Abend schon etwas schummrig wird, nähern wir uns zum ersten Mal der Frage, wo wir übernachten wollen. Eine schöne Schotterbank an der Mündung des Kurun-Jurjach trifft leider nur meinen Nerv. Njurgun will weiter, bis eine Hütte auftaucht, das wäre sicherer wegen der Bären. Am großen Zufluss des Kjuente vermutet er eine, doch bis dahin sind es noch mindestens 16 km, also rund zwei Stunden, so dass wir definitiv bis in die Dunkelheit paddeln würden. „Und was ist, wenn es keine Hütte gibt oder wir sie nicht bemerken? Wir sollten den nächstbesten Platz ansteuern!“, rufe ich ihm zu. „Ok, eine Stunde, dann legen wir an“, lautet schließlich der Kompromiss.
Kurz darauf geraten wir vom Hauptlauf versehentlich auf einen breiten Nebenarm der Indigirka und machen damit ungewollt einen kleinen Umweg. Njurgun checkt konzentriert die vorab heruntergeladenen Satellitenbilder auf seinem Handy ab und scheint zu erkennen, auf welchem der vielen Nebenarme wir uns gerade bewegen. Als dann rechts von uns ein kleiner schnell fließender Verbindungskanal auftaucht, ruft er auf einmal „Hier rein!“ und biegt unvermittelt ab. „Niemals! Das ist viel zu riskant!“, brülle ich ihm noch hinterher, zumal ich es auch gar nicht mehr geschafft hätte, ihm zu folgen – ich war viel zu weit weg von der Stelle und hätte sofort gegen die starke Strömung ankämpfen müssen... Doch das ändert jetzt nichts mehr, denn Njurgun hat für sich entschieden und ist nun mit einem Schlag verschwunden. Tolle Leistung, denke ich mir... So eine unabgesprochene Aktion, dazu noch in der Dämmerung, empfinde ich auf einer gemeinsamen Tour als ein absolutes No-Go. Es ist ja nicht nur, dass wir uns gerade auf unbestimmte Zeit aus den Augen verloren haben, es wäre mir auf den nächsten Kilometern auch vollkommen unmöglich einzuschätzen, ob er schon vor mir oder noch hinter mir ist; ob ich dann einfach weiterpaddeln oder besser auf ihn warten sollte? Es wäre ja auch möglich, dass ihm etwas passiert, ohne dass ich davon mitbekomme. So ein kleiner Kanal könnte durch Holzverklausungen vollkommen blockiert sein, weshalb ich auch niemals absichtlich in einen solchen hineinpaddeln würde. Njurgun könnte darin hängen bleiben, das Boot verlieren oder gar ertrinken... Was wäre die richtige Entscheidung, wenn man sich nicht wiederfindet?
Während meine Gedanken weiter um diese absurde (vermeidbare) Situation kreisen, starre ich konzentriert auf die düsteren Ufer, in der Hoffnung rasch einen Platz für die Nacht zu finden, denn es wird immer dunkler. Doch dann sehe ich in der Ferne plötzlich ein Lichtlein aufflackern, es scheint ein Feuer zu sein.
Mein erster Gedanke: da muss ein Lager von einheimischen Fischern sein! Vielleicht ist es aber auch Njurgun, der schon weit vor mir an Land gegangen ist... Als ich näherkomme, sehe ich sein Boot mit dem Fahrrad am Ufer liegen – es ist tatsächlich Njurgun, der mir mit dem Feuer ein Signal gesetzt hat, damit ich im Dunkeln nicht an ihm vorbeipaddle.
Er hat hier sogar einen richtig schönen Platz gefunden: mit erhöhtem Ufer, trockenem Grund und einer Blockhütte im Wald. Wirklich großartig, ich bin begeistert! Auf einmal komme ich mir vor wie ein pessimistischer Nörgler, der alles besser wissen wollte, denn Njurgun hat in allem Recht behalten: mit der Hütte, der Zeit, der Abkürzung... „Gratuliere! Du hast es geschafft, schneller zu sein!“ Ich belasse es dabei und beschwere mich nicht weiter. Es würde sowieso an ihm abprallen, er hat eben seine eigenen Regeln im Leben. „Ihr werdet einander verstehen müssen“, klingt es mir wieder durch den Kopf. Ich hätte nicht gedacht, dass es so schwierig sein würde.
Schweigend bauen wir unser Lager auf. Während ich mich für das Zelt entscheide und mein Abendessen über dem noch immer brennenden Feuer koche, richtet sich Njurgun in der Blockhütte ein und heizt den dortigen Ofen ein bis es heiß wird wie in einer Sauna.
Unser Lagerplatz am nächsten Morgen.
Da Njurgun etwas später in die Gänge kommt als ich, schlägt er vor, dass ich schon vorfahren soll. Das kommt mir ganz gelegen, denn ich möchte zwischendurch auch mal die Berghänge besteigen, um einen Blick in die Weite zu erhaschen. Währenddessen würde er mich sicher wieder einholen. Und wenn nicht, dann sehen wir uns spätestens an der Wetterstation, die in etwa 60 km am linken Ufer auftauchen wird. Gestern hatten wir in 6 Stunden 45 km geschafft, also sollte bei einem Start um die Mittagszeit eine solche Etappe gut zu schaffen sein.
Gegen 11 Uhr mache ich mich auf den Weg. Njurgun plant, eine Stunde nach mir ins Boot zu steigen. Kurz vor dem Zufluss des Kjuente bietet sich die erste Gelegenheit, einen der markanten Steppenhänge hinaufzuklettern. Die karge Vegetation an diesem trockenen Südwesthang erinnert mich sehr an die Mongolei.
Auch später bieten sich immer wieder faszinierende Perspektiven auf den Flusslauf. Von Njurgun derweil keine Spur, ich verbringe den ganzen Tag allein auf dem Wasser. Der Name Indigirka ist übrigens abgeleitet vom ewenischen Wort indej/indevur, was soviel heißt wie: lebendig, gesund sein...
Es ist gerade erst 17 Uhr, da erreiche ich schon die Wetterstation. Die Strömung brachte es heute also im Durschnitt auf über 10 km/h!
Zufällig stiefelt gerade der örtliche Meteorologe am Bootsanleger herum, er scheint die Banja anzuheizen. „Privet – Hallo!“, rufe ich laut, damit er mich bemerkt. „Ich bin ein Reisender aus Deutschland. Mein Russisch ist leider nicht so gut, aber ich möchte mir gerne die Wetterstation anschauen. Ist das möglich? Ich bin selbst Meteorologe.“ Im ersten Moment wirkt er sichtlich überrascht, doch dann begrüßt er mich freundlich, stellt sich als Sergej vor und führt mich bereitwillig über das Gelände. Es ist wahrscheinlich das erste mal, dass ihn ein „Kollege“ aus Deutschland besucht...
Wir gehen zum Haupthaus mit WLAN, in dem er mit seiner Frau Nadezhda (zugleich Stationsleiterin) und ihrer Mutter Margarita wohnt. Sie alle stammen aus der Altai-Region nahe der kasachischen Grenze. Normalerweise leben und arbeiten hier fünf Leute, aktuell sind sie aber nur zu dritt, da es zu wenig Interessenten für diese Station gibt.
Früher lebten die Meteorologen in dieser alten Hütte. Sie wird jetzt nur noch im Sommer benutzt, im Winter sei sie zu kalt.
Die Wetterstation trägt übrigens den Namen „Jurty“ und existiert schon seit 1955. Aus irgendeinem Grund wurde sie aber nicht in den sowjetischen Karten verzeichnet.
Das Messfeld hinter dem Haupthaus. Alle drei Stunden werden Temperatur, Niederschlag und Windwerte registriert.
Sergej erzählt, dass die Winter hier mitunter sehr windig und damit äußerst ungemütlich sind. Vor allem die kalten Nordwinde werden zwischen den Bergflanken kanalisiert und fegen dabei oftmals den ganzen Schnee weg. Dafür sind die Temperaturen nicht ganz so extrem wie in Oimjakon, das Luftlinie inzwischen rund 80 km entfernt ist. Die tiefste Temperatur des letzten Winters betrug an diesem Ort -58°C.
Bevor Sergej zum Meteorologen wurde, war er Polizist in Novosibirsk. 10 Jahre ist es schon her, seit er sich dazu entschieden hat, an diese abgelegene Wetterstation zu wechseln. Im Sommer gibt es keine Zufahrtswege hierher. Lediglich im Winter, wenn die Sümpfe und der Fluss gefroren sind, kann er diesen Ort mit dem Auto verlassen. In der eisfreien Jahreszeit gibt es dagegen nur das Motorboot, mit dem er manchmal nach Ust-Nera fährt. Ansonsten verbringt er seine Lebenszeit fast ausschließlich hier. Urlaub nimmt er sich nur einmal in 1-2 Jahren, dann aber für 3-4 Monate am Stück. In dieser Zeit übernimmt eine Vertretung seinen Job. So war es auch im Sommer 2013, als der russische Landschaftsfotograf Karpuchin hier vorbei kam – den hat er deshalb nicht persönlich getroffen. Überhaupt scheinen hier nur selten „Touristen“ vorbeizukommen, den letzten Besuch gab es 2016 und Ausländer waren noch gar keine dabei, zumindest nicht in den letzten 10 Jahren...
Nachdem ich mir ein Bild von den meteorologischen Messungen machen konnte, gehen wir in die alte Hütte und setzen unser Gespräch bei einer Tasse Tee fort. Sergej versteht nicht, warum es mich in diese abgelegene Ecke verschlagen hat und stellt mir diverse Fragen. „Aber schau doch mal“, sage ich, „du lebst sogar hier und hast dafür die Stadt verlassen.“ – „Ja, weil man hier besser angeln und jagen kann.“, lautet seine Antwort. Dieses Argument habe ich schon von einigen Leuten gehört, die sich an den Rändern Sibiriens niedergelassen haben. Die Jagdlizenzen hier seien erschwinglich, für ein Bergschaf kostet sie z.B. nur 400 Rubel (4 Euro), für einen Bären 3000 Rubel (30 Euro). Das Gehalt hingegen ist nicht gerade üppig: umgerechnet 600 Euro/Monat verdient er als Meteorologe, seine Frau als Vorgesetzte immerhin 1000 Euro. Aber Gelegenheiten, etwas auszugeben, haben sie auch nicht gerade viel. Ihre Lebensmittelvorräte werden einmal im Jahr von einem Fahrzeug vorbeigebracht und frisches Gemüse bauen sie sich selbst an: Kohl, Zwiebeln, Kartoffeln, Mohrrüben unter freiem Himmel und Paprika, Tomaten, Zucchini in Gewächshäusern. Es ist ein nahezu autarkes Leben, das sie hier führen.
Nach etwa einer Stunde landet auch Njurgun hier an. Es ist inzwischen klar, dass wir nicht auf dem Stationsgelände übernachten werden (es gab keine Einladung und wir wollten uns auch nicht aufdrängen), also fragt Njurgun nach möglichen Jagdhütten in der Nähe, da er wieder auf eine solche Wert legt. Sergej kennt eine, die sich nicht weit entfernt, aber etwas abseits des Flussufers im Wald befindet und zeigt uns deren Position mit Hilfe einer Drohne (russisch „Quadrokopter“). Es stellt sich heraus, dass wir sie in etwa 5-6 km flussabwärts über ein Trockengerinne erreichen können.
Gegen 20:30 Uhr verabschieden wir uns schließlich und paddeln noch ein Stück in die Abenddämmerung.
Und da ist sie, die Hütte im Wald. Vom Ufer aus war nichts zu erkennen, aber durch die Vorerkundung aus der Luft, konnten wir den Zugang auf Anhieb finden. Es ist ein uriger Platz mit Feuerstelle, an dessen Rand sich allerdings schon einiges an Müll angesammelt hat. Da es mich auch diesmal nicht in den stockfinsteren und muffigen Holzverschlag zieht, verbringen wir den Abend mal wieder getrennt: Njurgun mit seinem Gaskocher in der Blockhütte, ich draußen am Feuer...
Zuletzt geändert von bikevagabond; 31.01.2024, 22:49.
Lagerplatz am Morgen. Sonniges Sommerwetter hat sich wieder eingestellt.
Gegen 11:30 Uhr geht es weiter auf der Indigirka...
Wir hatten uns geeinigt, heute möglichst viel Strecke zu machen, da es morgen starken Gegenwind geben soll. Doch Njurgun lehnt sich wieder zurück und lässt sich nur treiben, der Fluss hat ja genug Strömung. Mir ist das zu langweilig, also paddle ich erneut voraus, um den daraus entstehenden Zeitvorteil für eine Hangbesteigung auszunutzen.
Obwohl es ab jetzt durch eine weite Ebene geht, hat der Fluss eine faszinierende, teilweise auch beängstigende Wasserwucht. An manchen Kurven schaukeln sich wie aus dem Nichts dynamische Walzen auf, die mich so manches Mal an das Boot klammern lassen. Ich will nicht wissen, wohin mich die vertikalen Strömungen ziehen würden, falls ich in so einem Moment ins Wasser fallen sollte. Zumal es hier so gut wie keine Anlandemöglichkeiten gibt – überall säumt Gebüsch oder eine steile Kante die Ufer, von Schotterbänken weit und breit keine Spur...
Als ein schöner Berghang direkt am Wasser auftaucht, lege ich schließlich eine Pause ein. Ich binde das Boot an einen Baum und steige direkt hinauf. Es ist schon eine Weile her, dass ich Njurgun hinter mir gesehen habe – es wird also Zeit, dass ich ihn wieder aufschließen lasse. An dieser Stelle würde er mit Sicherheit vorbeikommen, denn der Hauptlauf des Flusses war bisher klar erkennbar.
Zwischen den Lärchenbäumen entdecke ich Sträucher mit Roten Johannisbeeren. Sie scheinen trocken-warme Standorte zu mögen, denn auch in anderen Regionen des nördlichen Sibiriens fand ich solche nur an sonnenexponierten Berghängen.
Sogar eine Stachelbeere hat sich hier eingenistet (zum ersten Mal in der Wildnis Sibiriens entdeckt)
Fast eine Stunde verbringe ich an diesem Hang, doch Njurgun taucht nicht auf. Sollte ich ihn soweit abgehängt haben? Nein, unmöglich! Wahrscheinlicher ist, dass er in der Zwischenzeit unbemerkt an mir vorbeigepaddelt ist. Das kann aber auch nicht sein, da ich mein Boot mit dem roten Paddel so positioniert habe, dass es für ihn nicht zu übersehen wäre. Hmm... vielleicht ist er in einen Nebenarm abgebogen, um der Siedlung Terjut näher zu kommen. Ursprünglich wollte er gestern schon zu diesem Dorf paddeln, um Netz für ein Telefonat zu haben. Da er seinen Anruf aber schon an der Wetterstation via WhatsApp tätigen konnte, nahm ich an, dass es sich damit erledigt hat. Verflixt nochmal! Wieso sagt er mir nicht, dass er trotzdem noch zu diesem Dorf paddeln will!? Wenn dem so ist, kann ich hier natürlich lange warten. Also zurück zum Boot und weiter. Wenn wir uns heute nicht mehr zufällig treffen sollten, dann werden wir es spätestens morgen in Ust-Nera...
Brotpause auf dem Boot, während ich mich vom Fahrwasser den Fluss hinuntertreiben lasse.
Es geht weiter durch ein weites offenes Tal, am Nordhorizont kann ich schon die ersten 2000er des näherrückenden Tscherskigebirges ausmachen. Zum Abend hin passiere ich dann wieder ein paar Bergflanken mit teils spektakulären Abbrüchen, die mich durch ihren steppenartigen Charakter an die Mongolei erinnern. Auch Permafrost bekomme ich wieder zu sehen, als links neben mir eine baumlose Sumpfebene dahinzieht, mancherorts mit riesigen Überhängen.
Kurz vor Sonnenuntergang kommt mir ein Motorboot mit Einheimischen entgegen, es ist das erste überhaupt seit unserem Start in Oimjakon.
Da gute Lagerplätze auf diesem Flussabschnitt rar sind, orientiere ich mich an den Beschreibungen Karpuchins, der hier während seiner 101-tägigen Expedition im Sommer 2013 mit seinem Katamaran ständig nach guten Fotospots suchte. Schon am Morgen meinte ich deshalb zu Njurgun, dass wir es mindestens bis zur Flussbiege nach Norden schaffen sollten, denn da befindet sich gegenüber einer flussnahen Mine ein guter Platz zum Zelten. Sogar eine kleine Hütte soll sich dort befinden, wenngleich Karpuchin ihr kein langes Leben mehr bescheinigte, da sie schon zu seiner Zeit nicht im besten Zustand war und ein kurz darauf folgendes Hochwasser sie sicher schon weggespült haben wird. Doch die Hütte steht immer noch da, wenn auch inzwischen unbenutzbar.
Immerhin gibt es daneben eine ordentliche Fläche zum Zelten, zudem auch die unmittelbare Möglichkeit, für einen schönen Weitblick den Hang hinaufzusteigen. Doch mir gefällt dieser Ort nicht, denn die Mine gegenüber entpuppt sich als eine aktive, aus der permanent irgendwelche Bulldozer zu hören sind (ohne sie zu sehen). Wenn ich schon in der Wildnis übernachte, dann bitte richtig! Ich steige also wieder ins Boot und lasse mich von der anhaltend kräftigen Strömung noch ein Stück weiter treiben.
Inzwischen ist das Dämmerlicht schon ziemlich schummrig, so dass ich aus der Ferne überhaupt nicht mehr einschätzen kann, wo sich ein potentieller Lagerplatz am Ufer auftun könnte. Interessante Orte, die es wert sind, mal kurz an Land zu gehen, bemerke ich oft erst, als ich schon an ihnen vorbeigetrieben bin. Ich muss also immer nah an einem der beiden Ufer bleiben und hoffen, dass sich genau dort eine gute Möglichkeit ergeben wird. Als ich dann eine Insel passiere, die mit einer flachen Schotterbank am Rande eines Auwaldes lockt, lasse ich mich schließlich nieder. Es ist inzwischen 21 Uhr und ich blicke auf meine bisher längste zurückgelegte Tagesdistanz per Boot: auf etwas mehr als 80 km! Bis Ust-Nera verbleiben noch rund 40 km.
Auch am nächsten Tag wieder Sonne pur – ideal um die Akkus der Kameras und vom Smartphone zu laden. Die Temperatur klettert derweil auf sommerliche 23°C im Schatten (auch gestern gab es schon 20°C)!
Zu Beginn verhält sich der Wind noch ruhiger als erwartet. Erst als der Fluss in das nun beginnende Tscherskigebirge eintaucht, kanalisiert er sich und bläst mir zeitweise kräftig ins Gesicht. Die Strömung der Indigirka ist aber immer noch flott genug, dass ich trotz Gegenwind recht gut vorankomme.
Irgendwann am Nachmittag erreiche ich die Kolyma-Trasse, die sich durch lange Staubfahnen der dort fahrenden Trucks bemerkbar macht.
Unterquerung der großen Brücke kurz vor Ust-Nera. Es gibt noch eine zweite bei Tomtor, wo unsere Tour startete, ansonsten führen keine weiteren Brücken über die Indigirka.
Ankunft in Ust-Nera, im Hintergrund sind schon eindrucksvoll die weithin bekannten Steinsäulen (jakutisch Kisiljachy) zu sehen, die wir noch mit einer Wanderung erkunden wollen. Diese exponierten Felsen sind eine lokale Sehenswürdigkeit, zu der auch Touristen aus der Stadt Jakutsk herkommen.
Es gibt nun wieder Handynetz, zum Glück auch Megafon. In den kleineren Ortschaften wie Tomtor, Oimjakon oder Terjut dominiert nämlich wie fast überall in der sibirischen Provinz der Anbieter Beeline, so dass ich mich bisher nirgendwo einklinken konnte. Nun kann ich aber schon vom Boot aus Nachrichten empfangen und beantworten. Als ich die mobile Datenverbindung aktiviere, ploppt bereits eine WhatsApp-Nachricht von Njurgun herein: „Ich bin in einem Gästehaus in der Str. Trudovja, Gebäude 9.“ – Njurgun ist tatsächlich schon da, er war die ganze Nacht durchgepaddelt, 120 km am Stück! Ich schreibe ihm zurück, dass ich keinen Stadtplan von Ust-Nera habe, dass es besser wäre, wenn wir uns direkt am Fluss treffen. Er schickt mir ein Luftbild mit der Anlegestelle, an der er frühmorgens an Land gegangen ist – es ist die gleiche Stelle, die auch ich angepeilt hatte.
Zehn Minuten später treffen wir uns am vereinbarten Ort. Die Stimmung ist äußerst schlecht. Nicht nur ich bin von der Situation zwischen uns genervt, auch Njurgun ist sichtlich frustriert. Er erzählt, dass er mich gestern Abend zwei Stunden lang auf dem Gelände der Mine gesucht hätte, meinte er doch, ich würde dort auf ihn warten oder gar übernachten. Das war jedoch nie meine Intention, und so mache ich ihm klar, dass das ein Missverständnis war, genauso wie die Sache mit dem Telefonat, für das er tatsächlich in einen Nebenarm nach Terjut abgebogen war. Da ich den Offline-Translator auf meinem Smartphone gerade mit Internetunterstützung nutzen kann, versuche ich gleich ein paar längere Mitteilungen zu formulieren (ohne Internet schafft er nämlich nur zwei kurze Sätze). Ich mache Njurgun klar, dass ich vollkommen unzufrieden bin mit dem bisherigen Verlauf unserer gemeinsamen Tour, dass wir kein gutes Team sind, uns eigentlich nur an den Lagerplätzen sehen und nicht mal dann zusammen am Feuer sitzen oder gemeinsam essen, ja nicht mal ein Wort miteinander reden. Und dass es auf diese Weise für mich keinen Sinn macht, weiter gemeinsam unterwegs zu sein, wir würden uns nur gegenseitig nerven, denn die einzige gemeinsame Aktion sei die, dass wir uns tagtäglich absprechen müssen, wie wir uns wiederfinden können... „Wenn unsere Differenzen zu groß werden, dann sollte es in Ordnung sein, auf getrennten Wegen weiterzugehen“, schreibe ich abschließend. Mir ist wichtig, dass wir das hier und jetzt in Ust-Nera klären, denn es ist der letzte Ort, an dem Njurgun noch die Möglichkeit hat abzubrechen oder sich besser vorzubereiten, falls es für ihn ein Problem darstellen sollte, alleine weiterzuziehen. Doch Njurgun sieht in diesem Vorschlag lediglich einen „Vertragsbruch“ und antwortet einfach nur: „Wie du willst. Dann werde ich mich parallel bewegen.“
Im Moment scheint ihm nur der Vodka wichtig, den ich für einen Goldsucher kaufen soll, denn ich hatte zugestimmt, dass wir einen alten Kollegen von ihm in den Bergen besuchen werden. Und für diesen Besuch wären zwei Flaschen nötig. „Er liebt Vodka. Ohne wären wir nicht willkommen“, machte mir Njurgun schon in Jakutsk klar. „Aber warum soll ich den Vodka alleine bezahlen?“, frage ich ihn nun. „Eine Flasche du, eine ich, das wäre doch nur fair!?“ Für Njurgun ein „weiterer Vertragsbruch“, denn ich hatte in Jakutsk bereits zugestimmt, den Vodka zu kaufen. Und da er auch jetzt null Bargeld bei sich hat, lasse ich mich mal wieder breitschlagen.
Wortlos begeben wir uns in den Ort, Njurgun mit seinem Rad voran, ich zu Fuß hinterher.
Die Abendsonne wirft ein kontrastvolles Licht über diesen letzten Hort der Zivilisation.
Dann gibt mir Njurgun zu verstehen, dass wir uns beeilen müssen, denn ab 20 Uhr Ortszeit dürfen die hiesigen Läden keinen Alkohol mehr verkaufen. In den ersten Geschäften wird jedoch überhaupt kein Alkohol angeboten. „Wir müssen in das Zentrum!“, sagt er daraufhin. Also drücke ich ihm 1000 Rubel in die Hand, damit er mit seinem Rad vorfahren kann. In der Zwischenzeit besorge ich mir noch wie ursprünglich geplant etwas Proviant – in etwa die Menge, die ich seit unserem Start in Tomtor aufgebraucht habe, damit ich weiterhin für ganze 5 Wochen Autarkie gerüstet bin.
Zurück am Bootsanleger treffen wir uns wieder und Njurgun überreicht mir den Vodka.
Dann verabschieden wir uns auch schon wieder und er macht sich auf den Weg zurück in seine Gästeunterkunft. Er möchte hier noch auf das Zielfernrohr für sein Gewehr warten, ein Kumpel aus Jakutsk hätte es per Taxi nach Ust-Nera gesendet, doch bisher ist nichts eingetroffen. Njurgun vermutet, dass sich der Taxifahrer das Paket unter den Nagel gerissen hat und versucht nun die Angelegenheit über das WLAN seiner Unterkunft zu klären (er hat nur Beeline und kann deshalb nicht telefonieren). Ich werde jedoch schon zu den Steinsäulen weiterpaddeln, das Wetter ist gerade perfekt für eine Wanderung in die Berge, das will ich mir auf keinen Fall entgehen lassen. Njurgun möchte dann morgen am Tage oder spätestens am Abend nachkommen.
Als ich mich wieder aufs Wasser begebe, geht gerade die Sonne unter.
Etwa 8 km lasse ich mich noch flussabwärts treiben, um mein Basislager möglichst nah am Aufstieg zu den Steinsäulen zu errichten. Auch diesmal orientiere ich mich an einer Koordinate, die Karpuchin in seinem damaligen Bericht hinterließ, denn diese würde mir einen gesicherten Zeltplatz am sonst schrägen Ufer garantieren. Doch als ich im Dämmerlicht den vermeintlichen Platz erreiche, suche ich zunächst vergebens. Ich stiefle über eine Sandbank, die wie eine Insel von Schlick umgeben ist und gar keinen Zugang zum Wald zulässt. Ja stimmt, als Karpuchin hier vorbei kam, herrschte Hochwasser, deshalb konnte er mit seinem Katamaran direkt am Wald anlegen. Bei dem jetzigen Wasserstand ist das jedoch unmöglich, also lasse ich mich noch bis zur Mündung eines Baches weitertreiben. Hier finde ich dann zum Glück noch eine ebene Fläche direkt auf dem Schotter und baue schließlich mein Zelt auf. Von hier würde ich auf jeden Fall einen Weg zu den Steinsäulen finden.
Noch lange liege ich wach im Zelt und versuche zu verstehen, was Njurguns eigentlicher Antrieb für diese Unternehmung ist. Meine Gesellschaft kann es nicht sein, doch was dann? Möchte er wirklich nur aus Prinzip mit mir weiter gehen oder sieht er in mir vielleicht so etwas wie ein Nahrungs-Backup? Was auch immer der Grund ist – ich merke, dass ich nicht länger bereit bin, die schlechte Stimmung zwischen uns zu ertragen. Eine Trennung erscheint mir mittlerweile unausweichlich, die Frage ist nur, wann, wo und wie sie stattfinden wird. Ich kann nur hoffen, dass sie dann im Einvernehmen geschieht...
Violett markiert die geplante Bergtour zu den Steinsäulen.
Zuletzt geändert von bikevagabond; 31.01.2024, 23:09.
Da es mich auch diesmal nicht in den stockfinsteren und muffigen Holzverschlag zieht...
Das geht mir auch so. Die ollen Hütten mag ich nicht. Alles müffelt irgendwie, man findet kaum eine saubere Fläche für den Schlafsack und außerdem gelingt es nie, alle Mücken totzuschlagen. Das ist im kleinen Zelt überhaupt kein Problem.
... und frisches Gemüse bauen sie sich selbst an: Kohl, Zwiebeln, Kartoffeln, Mohrrüben unter freiem Himmel und Paprika, Tomaten, Zucchini in Gewächshäusern.
Ich staune immer, was die dort im hohen Norden für prächtige Ernten einfahren! Kennst du da irgendeinen Trick der Leute? Oder ist das nur den sehr langen Tagen, also dem vielen Licht für das Wachstum zuzuschreiben?
Die Hütten verstehe ich als Notunterkünfte und würde sie auch nur dann beziehen, wenn es draußen richtig ungemütlich ist (Dauerregen, stürmischer Wind, ungewöhnliche Kälte...). Andererseits sind die Mücken am Abend schon ein wenig nervig gewesen, so dass ich mich freiwillig in den Rauch des Feuers gesetzt habe. Aber ich bin ja losgezogen, um die Natur zu erleben und mich nicht vor ihr zu verkriechen ;) Nun ja, jeder hat seine eigenen Prioritäten und das ist ja auch zu einem gewissen Grad ok...
Bezüglich Gemüseanbau habe ich von keinen speziellen Tricks erfahren. Wahrscheinlich ist es die Kombi aus langen Tagen mit viel Licht und insgesamt recht warmen Sommern, die auch viel Sonne mit sich bringen (Kontinentalklima). Fruchtbarkeit der Böden wäre noch zu hinterfragen, denn soweit mir bekannt ist, sind die Taigaböden der borealen Nadelwaldzone nicht gerade nährstoffreich (d.h. da wird mit Sicherheit gedüngt).
Es ist nicht nur ein abenteuerlicher Reisebericht, sondern auch eine interessante Sozialstudie, die da auf uns zukommt. Um ehrlich zu sein, wirkt dein „Reisepartner“ wie ein egozentrischer Soziopath. Interessant wäre seine Perspektive auf die bisherigen Ereignisse. Ich bin gespannt, wie es weitergeht, aber eine schlechte Reisebegleitung scheint definitiv eine Belastung zu sein…
Das Schreiben dieses Berichts ist für mich eine kleine Gratwanderung. Einerseits will ich nicht zu persönlich werden und auch nicht urteilen, andererseits kann ich gewisse Ereignisse auch nicht ausblenden, da sie im weiteren Verlauf der Reise eine Rolle spielen. Njurguns Sichtweise auf die Dinge habe ich nie erfahren und kann deshalb nur mutmaßen, dass es mit der schlechten Kommunikation zusammenhing, die zu wiederholten Missverständnissen führte und diese wiederum zu der schlechten Stimmung.
Ich erinnere mich an einen Thread im russ. Forum mit der Frage - "Warum machen eigenlich Menschen Solo-Touren?"
Es wurden verschiedene Meinungen ausgesprochen, so was wie :
- weil sie ihre Ruhe haben wollen und die Einsamkeit geniessen
- weil sie schlicht keine Gesellschaft gefunden haben
- weil sie schlechte Erfahrung haben und/oder die Verantwortung für noch jemaden nicht übernehmen wollen etc.
...Und dann kam einer und sagte : Boh! Das ist doch ganz einfach! Weil der Typ ein Arschloch ist und keiner will ihm Gesellschfat leisten!😁
Also die Idee ist auch nicht so ganz ohne... )))
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