AW: [GB] John O'Groats to Land's End: 2.000 km durch Großbritannien
England: Von Offa's Dyke zum South West Coast Path
Nach dem wunderschönen Offa's Dyke Path erwartete mich jetzt ein Wander-Alptraum: Zwischen Chepstow, dem Ende von Offa's Dyke und Bristol liegt der River Severn – und die einzige Möglichkeit (neben Schwimmen natürlich), diesen Fluss zu überqueren war die Autobahnbrücke der M4. Diese Brücke ist 4 (vier!) Kilometer lang, natürlich total ausgesetzt und vierspurig. Die einzige gute Nachricht war, dass es eine separate Fahrradspur gibt. Und ich hatte auch mit dem Wetter Glück: Es war zwar windig, aber immerhin herrschte strahlender Sonnenschein. Auf dem Weg über die Brücke überholten mich mehrere Service-Fahrzeuge der Autobahnmeisterei und fragten besorgt, ob alles mit mir in Ordnung sei... Ich war heilfroh, diesem Monstrum zu entkommen, obwohl die Vororte von Bristol zu durchwandern auch nicht gerade verlockend war.
Ohne einen Aufenthalt in Bristol wäre dieser Abschnitt ohne Zeltmöglichkeiten wohl sehr schwer in einem Stück zu durchlaufen gewesen. Aber ich hatte viel Glück: Bei meiner Couchsurfing-Recherche stieß ich auf Phil und Sheila, die nur Gäste über 35 Jahre akzeptierten – passte also genau auf mich. Noch viel besser passte, dass sie in einem Vorort quasi fast an meiner Route wohnten. Also nur ein kurzer Anruf bei Phil und zehn Minuten später holte er mich mit dem Auto ab und brachte mich zu ihrem ausgesprochen luxuriösen Haus, wo mich nicht nur ein eigenes Zimmer, sondern sogar ein eigenes Badezimmer erwartete. Phil und Sheila waren überzeugte Couchsurfer, sowohl als Gäste als auch als Gastgeber. Phil hielt sogar Vorträge über ihre Couchsurfingerfahrungen im örtlichen Nachbarschaftshaus. Die beiden hatten in der Tat viel interessantes zu erzählen: Nachdem sie ein indisches Ehepaar zu Gast gehabt hatten, beschlossen sie, eine Couchsurfing-Reise durch Indien zu unternehmen – eine Idee, auf die ich nie gekommen wäre, die sich aber als voller Erfolg herausstellte, wie die beiden mir anhand von vielen interessanten Photos zeigten. Aber auch ich konnte ihnen viele Infos mit auf den Weg geben, denn sie planten, John O'Groats nach Land's End zu radeln. Bristol war viel netter als gedacht, obwohl meine persönliche Hauptattraktion, das British Empire und Commonwealth Museum geschlossen worden war..... Sheila und Phil begleiteten mich zur Clifton Suspension Bridge, zur Kathedrale und zum niegelnagelneuen Bristol Museum und Art Gallery, das sie selbst noch nicht gesehen hatten. Wie üblich hätte ich noch viel länger bleiben können, aber die fortschreitende Jahreszeit mahnte mich zu einem baldigen Aufbruch.
Also nochmals fast ein ganzer Tag durch die Vororte von Bristol, über den River Avon auf der M5-Autobahnbrücke und ich war wieder auf dem Land angekommen war. Dieses tiefliegende Marschland war von jeder Menge Deichen durchzogen, die das Wandern zu einer Art Zick-Zack-Lauf machten. Die Bauern nutzten die Deiche auch als Zäune: Kühe hinter Deich statt Zaun sozusagen. Zelten war mal wieder ein Problem, wenn ich nicht mitten im Sumpf oder auf dem Präsentierteller landen wollte. Mein winziges Stück Wald auf der Karte entpuppte sich beim Näherkommen als Totalkatastrophe. Es war komplett von einem völlig überwucherten Deich umgeben, so dass absolut kein Durchkommen war. Zudem war das ganze auch noch völlig zugewachsen, so dass ich eh keinen Platz für mein Zelt gefunden hätte. Zudem um mich herum nur Kühe, und inmitten derer wollte ich bekanntlicherweise ja nun nicht gerade zelten. Missmutig lief ich weiter und fand zu meinem großen Glück tatsächlich bald ein sichtgeschütztes Plätzchen hinter ein paar Büschen. Und die Kühe nur 10 Meter weiter, aber hinter einem tiefen Deich – hurra!
Obwohl das Wetter über 2 Wochen lang mehr als hervorragend gewesen war, konnte es ja nicht ewig anhalten, schließlich hatten wir ja nun schon Mitte Oktober. Das Unheil nahm seinen Lauf im Exmoor National Park, wo es 2 Tage lang ununterbrochen wie aus Kübeln schüttete. Ich war bis auf die Knochen nass und schleppte mich über völlig verschlammte Kuhweiden, wo jedes Gatter ein neuer Schlammtauchgang war. Meine Laune erreichte ihren Tiefpunkt, als ich zwei Bauern auf der Weide traf, die mich fragten, was ich denn bei diesem Wetter hier draußen machen würde. Meine Antwort versetzte sie in großes Erstaunen. Sie selbst hätten schon überhaupt keine Lust, bei diesem Regen rauszugehen, aber sie müssten ja wohl arbeiten. Aber wie jemand freiwillig hier rumlaufen konnte, konnten sie so gar nicht verstehen. Nach dieser „aufmunternden“ Begegnung machte ich einen entscheidenden Fehler. Ich passierte einige sehr hübsche Zeltmöglichkeiten, aber anstatt früh Feierabend zu machen, beschloss ich bis Tagesende weiterzulaufen. Schließlich war ich eh schon komplett nass und mein wunderbarer Cicerone-Führer versprach Zeltmöglichkeiten an der Quelle des Exe River. Der Autor muss seine Zeltplätze allerdings im Rahmen einer ausprägten Dürreperiode gesehen haben, denn ich konnte trotz einer Stunde Herumsuchens keinen einzigen Quadratmeter finden, auf dem nicht zentimeterhoch das Wasser hochgekommen wäre, sobald ich mit dem Fuß drauf trat. Dies war mittlerweile eine kritische Situation, denn es wurde bald dunkel und auch Weiterlaufen versprach keine Besserung der Lage. Da erspähte ich ein Mini-Wäldchen, das geradezu traumhafte Zeltmöglichkeiten bot – aber eine großen Nachteil hatte: Es lag auf dem Grundstück eines Bauerhofs und war auch nur durch dessen Gartentor zugänglich.
Soweit irgendmöglich versuche ich immer, unverkannt zu zelten, aber dies war eine Notlage. Ich beschloss, in den sauren Apfel zu beißen und im Bauernhof um Erlaubnis zu fragen. Leider öffnete auf mein Klopfen und Rufen niemand die Tür. Als ich die Klinke niederdrückte, stellte ich fest, dass nicht mal abgeschlossen war. Ich stand direkt im Wohnzimmer, wo ich einfach die Stereoanlage und den Computer hätte mitnehmen können....Natürlich hatte ich keinerlei dergleichen kriminelle Energie, aber jetzt ein Dilemma: Was sollte ich jetzt tun? Einfach mein Zelt aufbauen? Und wenn die Besitzer später wiederkämen und mich verscheuchten? Ich war noch am Grübeln, als ein Auto die Auffahrt hochkam und die Besitzer wohl recht verwundert waren, dass ein wasserrattenartiges Geschöpf sie fast ansprang und etwas von Zelten faselte. Natürlich wurde mir die Erlaubnis erteilt, gefolgt von einer Einladung zum Tee. Schließlich sind wir ja in England. Aus der Tasse Tee wurde ein zwei Stunden langes Gespräch inklusive Hofführung. Ich verließ das Haus mit einem halben Dutzend Eier, während meine nassen Klamotten im Heizraum trockneten. Außerdem wusste ich jetzt alles über Lamm- und Rindfleischpreise in der EU. Am nächsten Tag wurde das Wetter leider nicht besser, sondern nur anders. Statt Regen jetzt dichter Nebel, der mich aus Angst, mich zu verlaufen, auf die Straßen zwang. Verlaufen habe ich mich trotzdem: Der Nebel war so dicht, dass ich eine Kuh für eine Wegmarkierung hielt....
Größtes Highlight auf diesem eher unspektakulären Wegabschnitt waren die vielen kleinen Dorfkirchen, wenngleich ohne Tee- und Kaffeekochnische. Dafür waren hier wohl viel zu wenig Wanderer unterwegs. Leider hatte ich mittlerweile auch gelernt, dass englische Friedhöfe keine Wasserhähne haben. Die Gräber haben meist auch keinen Pflanzenschmuck, so dass man auch keine Gießmöglichkeiten braucht. Außerdem regnet es eh andauernd...
England: Von Offa's Dyke zum South West Coast Path
Nach dem wunderschönen Offa's Dyke Path erwartete mich jetzt ein Wander-Alptraum: Zwischen Chepstow, dem Ende von Offa's Dyke und Bristol liegt der River Severn – und die einzige Möglichkeit (neben Schwimmen natürlich), diesen Fluss zu überqueren war die Autobahnbrücke der M4. Diese Brücke ist 4 (vier!) Kilometer lang, natürlich total ausgesetzt und vierspurig. Die einzige gute Nachricht war, dass es eine separate Fahrradspur gibt. Und ich hatte auch mit dem Wetter Glück: Es war zwar windig, aber immerhin herrschte strahlender Sonnenschein. Auf dem Weg über die Brücke überholten mich mehrere Service-Fahrzeuge der Autobahnmeisterei und fragten besorgt, ob alles mit mir in Ordnung sei... Ich war heilfroh, diesem Monstrum zu entkommen, obwohl die Vororte von Bristol zu durchwandern auch nicht gerade verlockend war.
Ohne einen Aufenthalt in Bristol wäre dieser Abschnitt ohne Zeltmöglichkeiten wohl sehr schwer in einem Stück zu durchlaufen gewesen. Aber ich hatte viel Glück: Bei meiner Couchsurfing-Recherche stieß ich auf Phil und Sheila, die nur Gäste über 35 Jahre akzeptierten – passte also genau auf mich. Noch viel besser passte, dass sie in einem Vorort quasi fast an meiner Route wohnten. Also nur ein kurzer Anruf bei Phil und zehn Minuten später holte er mich mit dem Auto ab und brachte mich zu ihrem ausgesprochen luxuriösen Haus, wo mich nicht nur ein eigenes Zimmer, sondern sogar ein eigenes Badezimmer erwartete. Phil und Sheila waren überzeugte Couchsurfer, sowohl als Gäste als auch als Gastgeber. Phil hielt sogar Vorträge über ihre Couchsurfingerfahrungen im örtlichen Nachbarschaftshaus. Die beiden hatten in der Tat viel interessantes zu erzählen: Nachdem sie ein indisches Ehepaar zu Gast gehabt hatten, beschlossen sie, eine Couchsurfing-Reise durch Indien zu unternehmen – eine Idee, auf die ich nie gekommen wäre, die sich aber als voller Erfolg herausstellte, wie die beiden mir anhand von vielen interessanten Photos zeigten. Aber auch ich konnte ihnen viele Infos mit auf den Weg geben, denn sie planten, John O'Groats nach Land's End zu radeln. Bristol war viel netter als gedacht, obwohl meine persönliche Hauptattraktion, das British Empire und Commonwealth Museum geschlossen worden war..... Sheila und Phil begleiteten mich zur Clifton Suspension Bridge, zur Kathedrale und zum niegelnagelneuen Bristol Museum und Art Gallery, das sie selbst noch nicht gesehen hatten. Wie üblich hätte ich noch viel länger bleiben können, aber die fortschreitende Jahreszeit mahnte mich zu einem baldigen Aufbruch.
Also nochmals fast ein ganzer Tag durch die Vororte von Bristol, über den River Avon auf der M5-Autobahnbrücke und ich war wieder auf dem Land angekommen war. Dieses tiefliegende Marschland war von jeder Menge Deichen durchzogen, die das Wandern zu einer Art Zick-Zack-Lauf machten. Die Bauern nutzten die Deiche auch als Zäune: Kühe hinter Deich statt Zaun sozusagen. Zelten war mal wieder ein Problem, wenn ich nicht mitten im Sumpf oder auf dem Präsentierteller landen wollte. Mein winziges Stück Wald auf der Karte entpuppte sich beim Näherkommen als Totalkatastrophe. Es war komplett von einem völlig überwucherten Deich umgeben, so dass absolut kein Durchkommen war. Zudem war das ganze auch noch völlig zugewachsen, so dass ich eh keinen Platz für mein Zelt gefunden hätte. Zudem um mich herum nur Kühe, und inmitten derer wollte ich bekanntlicherweise ja nun nicht gerade zelten. Missmutig lief ich weiter und fand zu meinem großen Glück tatsächlich bald ein sichtgeschütztes Plätzchen hinter ein paar Büschen. Und die Kühe nur 10 Meter weiter, aber hinter einem tiefen Deich – hurra!
Obwohl das Wetter über 2 Wochen lang mehr als hervorragend gewesen war, konnte es ja nicht ewig anhalten, schließlich hatten wir ja nun schon Mitte Oktober. Das Unheil nahm seinen Lauf im Exmoor National Park, wo es 2 Tage lang ununterbrochen wie aus Kübeln schüttete. Ich war bis auf die Knochen nass und schleppte mich über völlig verschlammte Kuhweiden, wo jedes Gatter ein neuer Schlammtauchgang war. Meine Laune erreichte ihren Tiefpunkt, als ich zwei Bauern auf der Weide traf, die mich fragten, was ich denn bei diesem Wetter hier draußen machen würde. Meine Antwort versetzte sie in großes Erstaunen. Sie selbst hätten schon überhaupt keine Lust, bei diesem Regen rauszugehen, aber sie müssten ja wohl arbeiten. Aber wie jemand freiwillig hier rumlaufen konnte, konnten sie so gar nicht verstehen. Nach dieser „aufmunternden“ Begegnung machte ich einen entscheidenden Fehler. Ich passierte einige sehr hübsche Zeltmöglichkeiten, aber anstatt früh Feierabend zu machen, beschloss ich bis Tagesende weiterzulaufen. Schließlich war ich eh schon komplett nass und mein wunderbarer Cicerone-Führer versprach Zeltmöglichkeiten an der Quelle des Exe River. Der Autor muss seine Zeltplätze allerdings im Rahmen einer ausprägten Dürreperiode gesehen haben, denn ich konnte trotz einer Stunde Herumsuchens keinen einzigen Quadratmeter finden, auf dem nicht zentimeterhoch das Wasser hochgekommen wäre, sobald ich mit dem Fuß drauf trat. Dies war mittlerweile eine kritische Situation, denn es wurde bald dunkel und auch Weiterlaufen versprach keine Besserung der Lage. Da erspähte ich ein Mini-Wäldchen, das geradezu traumhafte Zeltmöglichkeiten bot – aber eine großen Nachteil hatte: Es lag auf dem Grundstück eines Bauerhofs und war auch nur durch dessen Gartentor zugänglich.
Soweit irgendmöglich versuche ich immer, unverkannt zu zelten, aber dies war eine Notlage. Ich beschloss, in den sauren Apfel zu beißen und im Bauernhof um Erlaubnis zu fragen. Leider öffnete auf mein Klopfen und Rufen niemand die Tür. Als ich die Klinke niederdrückte, stellte ich fest, dass nicht mal abgeschlossen war. Ich stand direkt im Wohnzimmer, wo ich einfach die Stereoanlage und den Computer hätte mitnehmen können....Natürlich hatte ich keinerlei dergleichen kriminelle Energie, aber jetzt ein Dilemma: Was sollte ich jetzt tun? Einfach mein Zelt aufbauen? Und wenn die Besitzer später wiederkämen und mich verscheuchten? Ich war noch am Grübeln, als ein Auto die Auffahrt hochkam und die Besitzer wohl recht verwundert waren, dass ein wasserrattenartiges Geschöpf sie fast ansprang und etwas von Zelten faselte. Natürlich wurde mir die Erlaubnis erteilt, gefolgt von einer Einladung zum Tee. Schließlich sind wir ja in England. Aus der Tasse Tee wurde ein zwei Stunden langes Gespräch inklusive Hofführung. Ich verließ das Haus mit einem halben Dutzend Eier, während meine nassen Klamotten im Heizraum trockneten. Außerdem wusste ich jetzt alles über Lamm- und Rindfleischpreise in der EU. Am nächsten Tag wurde das Wetter leider nicht besser, sondern nur anders. Statt Regen jetzt dichter Nebel, der mich aus Angst, mich zu verlaufen, auf die Straßen zwang. Verlaufen habe ich mich trotzdem: Der Nebel war so dicht, dass ich eine Kuh für eine Wegmarkierung hielt....
Größtes Highlight auf diesem eher unspektakulären Wegabschnitt waren die vielen kleinen Dorfkirchen, wenngleich ohne Tee- und Kaffeekochnische. Dafür waren hier wohl viel zu wenig Wanderer unterwegs. Leider hatte ich mittlerweile auch gelernt, dass englische Friedhöfe keine Wasserhähne haben. Die Gräber haben meist auch keinen Pflanzenschmuck, so dass man auch keine Gießmöglichkeiten braucht. Außerdem regnet es eh andauernd...
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