[PT] Flores, Azoren

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  • Moosmann
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    • 21.01.2009
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    [PT] Flores, Azoren

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    1. The Atlantic and you

    Sao Miguel, Ponta Delgada Airport, 13.00 Ortszeit, Wetter: bewölkt und windig. Hinter uns liegt eine problemlose Anreise über Ffm, ein kurzer Sonntagabend in der, jetzt in der Nebensaison, wie ausgestorben scheinenden Hauptstadt und eine laute Nacht in der leider ganz und gar nicht wie ausgestorben wirkenden Jugendherberge. Um selbige sollte man tunlichst einen Bogen machen und für weniger Geld stilvoll in einem der vielen Privatzimmerchen nächtigen.
    Unser innerinsularer Flug nach Flores ist bis jetzt zum zweiten Mal aus wettertechnischen Gründen verschoben worden, doch wir sind guter Dinge. Denn zu diesem Zeitpunkt wissen wir noch nicht, dass bis fünf Uhr abends sechs weitere Aufschübe auf uns warten, die Neuzuteilung eines Mehretappenfluges quer über die Inseln, die Umleitung desselben nach Terceira, nachdem der ursprüngliche Zwischenhalt Faial dann doch nicht anfliegbar war, weitere Wartezeit dort und schließlich der Rückflug nach Ponta Delgada, da wir bei einer Übernachtung auf Terceira unseren Anschußflug von Faial nach Flores am nächsten Tag zeitlich nicht erreicht hätten. Klingt kompliziert, war es auch. Da die Flores-Problematik nur uns beide betrifft, finden wir uns zusammen mit einem einheimischen Schüler als einzige Passagiere in der Maschine wieder, was uns recht lustig erscheint. Deutlich weniger lustig ist der Landeanflug auf Ponta Delgada, wo der Sturm mittlerweile auch angekommen ist. Kurz vor dem Aufsetzen reißt eine Böe das Flugzeug weit zur Seite, der Pilot muß noch mal hochziehen und den stark verkürzten Bremsweg durch eine Vollbremsung ausgleichen. Auch die Stewards haben nach der Landung gar nicht mehr ihr professionelles Maskenlächeln sondern wirken ganz menschlich und ziemlich erleichtert und machen untereinander Gesten im Sinne von „gerade noch mal gutgegangen“.
    Zumindest uns ist die marketingtechnisch nicht unbedingt geglückte Doppeldeutigkeit des Fluglinienslogans ziemlich bewusst geworden: „SATA – The Atlantic and you.“
    SATA Air sorgt dann aber gut für uns und wir kommen in ein Riesenloft im Sternehotel mit Hafenblick, dürfen zum chinesischen Diner und auch die Taxifahrten werden anstandslos bezahlt.
    Am nächsten Tag klappt dann alles doch noch und wir sitzen mittags um halb zwei in Santa Cruz am Hafen, trinken Wein und essen die erste einer langen Reihe salzig-fettiger, griebendurchsetzter Gichtchorizos.


    Santa Cruz Hafen


    Blick nach Corvo

    Gestärkt aber auch leicht angesäuselt wandern wir von der Hauptstadt südlich an der Ostküste entlang, etwa 9 Kilometer bis Caveira, wo wir unterhalb einer Art Aussichtspunkt auf kleinen, terassenförmig zur Steilküste abfallenden Weideparzellen einen Premiumzeltplatz finden.






    Caveira


    Später kommt der Besitzer der Weiden, ein rüstiger Mittsiebziger, mit einem holländischen Paar vorbei, welches überlegt, das Grundstück zu kaufen. Der alte Schlingel versucht umgehend, uns in die Verkaufsverhandlungen mit einzubeziehen, um so Konkurrenzdruck zu erzeugen. Uns reicht aber erstmal der Übernachtungsplatz und nachdem der Alte mehrfach seiner Besorgnis Ausdruck verliehen hat, wie waghalsig es doch sei, in einem Zelt bei Wind und Regen draußen zu übernachten, ziehen die drei ihrer Wege, zumindest einer von Ihnen überzeugt, dass wir mindestens dem Tod geweiht sind.




    2. Nie den Kanal verlassen

    Wir entscheiden uns am nächsten Tag wieder gen Norden zu ziehen, decken uns in Santa Cruz mit Lebensmitteln ein und folgen einer Route aus unserem Wanderführer.









    Wir biegen gelegentlich falsch ab, folgen aber im Großen und Ganzen der skizzierten Route, die nördlich von Santa Cruz ins Inland führt und von dort durch die Fazenda de Santa Cruz bis nach Baia de Alagoa.
    Der Weg führt zwischen Weideflächen und Bauerngärten entlang, gesäumt von Mauern, Lorbeerbäumen und kleineren Bächen.
    In den steilen Schluchten wird die bukolische Atmosphäre eher zum Dschungelfeeling und nachdem wir schon eine Weile den teilweise kaum existenten Wartungspfad neben einem etwa meterbreiten Wasserkanal entlang gelaufen sind, müssen wir langsam einsehen, dass der schon seit längerem genährte Verdacht, sich keineswegs mehr auf der beschriebenen Wanderroute zu befinden, wohl gerechtfertigt war. (Eine Erfahrung die wir auf dieser Reise nicht zum letzten Mal gemacht haben werden.) Ist aber nicht weiter schlimm, oben sind die Berge, unten der Atlantik und der Kanal führt mit mildem Gefälle talwärts. Wir passieren verwilderte Gärten, die mit großen Orangenbäumen bestanden sind. Die geernteten Früchte riechen und schmecken köstlich. Ich lege mir einige der Schalen in meinen Wassersack, wo sie eine dezent erfrischende Note erzeugen - zumindest solange, bis sie nach einigen Tagen zu gären anfangen. Nach kurzer Überlegung habe ich sie dann trotzdem entsorgt…
    Irgendwann verlassen wir den uns mittlerweile lieb gewordenen Kanal und folgen der Küstenstraße. Der Himmel zieht sich mehr und mehr zu, der Wind wird stärker und nach einem steilen Abstieg, der uns ziemlich klar macht, das wir am nächsten Morgen schon recht früh wieder ins Schwitzen kommen werden, erreichen wir Baia de Alagoa, eine kleine Bucht mit bizarren Felsenfingern im Wasser und einem Picknickareal mit Sanitäranlagen und Grillstellen am Ufer.



    Dieses ist natürlich menschenleer, da es außer uns und einem anderen, sporadisch unseren Weg kreuzenden Trekkerpärchen zur Zeit anscheinend keine Touristen auf der Insel gibt.

    3. Enter Arkadia

    Dem schon gefasst entgegengeblickten Aufstieg zur Straße fügt sich dann noch ein mindestens ebensolcher hoch nach Cedros hinzu, doch das Wetter ist uns wohlgesonnen und versucht, uns mit Wind und immer stärkeren Regenböen abzukühlen. Die Ansammlung der Handvoll verteilter und nur teilweise bewohnter Häuser, die man sich nicht gescheut hat, mit einem Ortsnamen zu versehen, ist infrastrukturell entsprechend schwach aufgestellt, kein Laden, kein Café, nur eine Bushaltestelle ohne Fahrplan. In der versuchen wir, im strömenden Regen mittlerweile ziemlich naß und missmutig geworden, uns aufzuwärmen. Wir beschließen, erstmal per Anhalter weiter zu reisen, aber leider kommen nur sehr selten Autos vorbei, so dass es eine Weile dauert. Am späten Nachmittag hat uns ein netter Arbeiter durch die Regenhölle bis nach Ponta Delgada (sic - da man allem, was aus mehr als drei Häusern besteht, einen Ortsnamen gibt, sind diese ziemlich knapp, daher verwendet man sie gerne doppelt oder dreifach auf den Inseln…) mitgenommen. Dort gibt es eine kleine Bar und einen Supermercado. Bis der wieder aufmacht, orientieren wir uns an den einheimischen Herren in der Bar und frönen der Tradition des nachmittäglichen Herrengedecks, bestehend aus einem Espresso und einem Whiskey (zusammen für 2,50€). Rückblickend muß man sagen, dass wir uns diesbezüglich ganz vorbildlich assimilierten und nachdem wir diese Praktik durch stetige Übung noch etwas verfestigt hatten, erschien es uns schon nach kurzer Zeit ganz natürlich, als erstes nachdem man in einen Ort kommt, die Bar aufzusuchen.

    So gegen fünf brechen wir wieder auf, fast ganz getrocknet und die Rucksäcke mit Lebensmitteln für die nächsten Tage gefüllt. Wir haben vor, an der Nordküste entlang nach Faja Grande zu wandern und der gesamte nördliche Teil der Insel ist unbewohnt. Wir suchen bald nach einem geeigneten Lagerplatz und da wir mittlerweile trocken sind, fängt es noch einmal energisch an zu regnen, und hört dann entsprechend - kurz nachdem wir das Zelt auf einer Schafsweide unter einem großen Feigenbaum aufgebaut haben - sofort wieder auf. Ich überlege kurz, ob es sinnvoll war, nur eine Hose mitzunehmen…



    Wir erkunden noch ein wenig die Umgebung - neben einem recht breiten Bach findet sich die Ruine einer alten Wassermühle und die Hirtenidylle erscheint uns angesichts der taugesäumten Weidelandschaft noch ein bisschen idyllischer.







    Sodann wird gekocht und eine nicht unerhebliche Menge des lokal üblichen Aguardientes verkonsumiert.
    Zuletzt geändert von Moosmann; 25.04.2016, 10:56.

  • Flachzange
    Dauerbesucher
    • 03.03.2008
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    #2
    AW: [PT] Flores, Azoren

    Super Bericht, fix weiter
    "Act like a horse. Be dumb. Just run."

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    • baha
      Anfänger im Forum
      • 13.11.2010
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      • Meine Reisen

      #3
      AW: [PT] Flores, Azoren

      Hallo Moosmann,

      bin gespannt, wie es Euch weiter erging; toller Bericht. Wir waren die Woche 23. - 30.05.11 auf Flores. Allerdings ohne Zelt (Ferienhaus in Faja Grande) und nur per Tagestouren unterwegs. So ist es natürlich interessant zu lesen, wie Ihr weiter vorangekommen seid (insbesondere auch die feuchten Passagen mit Rucksack).

      Gruß Baha
      Zuletzt geändert von baha; 07.06.2011, 10:35.

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      • Mika Hautamaeki
        Alter Hase
        • 30.05.2007
        • 3979
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        • Meine Reisen

        #4
        AW: [PT] Flores, Azoren

        Sehr schöner Bericht. Bitte schnell weiter schreiben
        So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
        A. v. Humboldt.

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        • hannibal
          Gesperrt
          Erfahren
          • 24.01.2005
          • 248
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          • Meine Reisen

          #5
          AW: [PT] Flores, Azoren

          Zitat von Mika Hautamaeki Beitrag anzeigen
          Sehr schöner Bericht. Bitte schnell weiter schreiben
          Ich schließe mich an!
          Gerade Bilder von der Westküste wären hoch willkommen!
          Danke im voraus!

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          • Moosmann
            Dauerbesucher
            • 21.01.2009
            • 683
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            #6
            AW: [PT] Flores, Azoren

            ...danke, werde aber wohl frühestens am Wochenende dazu kommen.

            Gruß,
            Moosmann.

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            • Moosmann
              Dauerbesucher
              • 21.01.2009
              • 683
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              • Meine Reisen

              #7
              AW: [PT] Flores, Azoren

              ...so, etwas weiter im Text:


              4. Von der Kunst der Parallelkonversation

              Am nächsten Tag ist bestes Sonnenwetter und wir nehmen den Nordküstentrail nach Faja Grande in Angriff. Wie immer geht es bergauf und da die blauen Reiseführerhortensien noch nicht blühen, hat die Landschaft einen recht irischen Flair.

              Ein Schild bestätigt, was uns die Frau im Lädchen bereits gesagt hatte – der Trail ist aus wettertechnischen Gründen geschlossen. Soll uns nicht weiter stören, wir stiefeln eine bequeme Straße bergauf, biegen irgendwann rechts in einen Hohlweg ab und nachdem wir eine mobile Melkmaschine passiert haben, die auch gut als Requisite eines japanischen Sci-Fi-Trash-Pornos hätte dienen können, erreichen wir irgendwann die Hochebene, an deren Rand wir dem Küstenverlauf weiter folgen.





              An der Klippe geht es steil bergab, an manchen stellen ist der untere Teil der Klippe weggebrochen, so dass es an der Kante direkt mehrere hundert Meter senkrecht bergab geht. In Deutschland fänden sich hier die obligatorischen, verzinkten und sauber einbetonierten Geländerkonstruktionen, auf den Azoren dafür eine ungehinderte Aussicht.









              Wir treffen (als einen von 2 Wanderern an diesem Tag) einen Festlandportugiesen, der Geologe ist und die Unwetterschäden an der Nordküste dokumentiert, der sagt uns auch, dass der Weg problemlos passierbar sei. Stimmt auch, an einigen Stellen sind wohl im Winter etwa 50-80 Meter breite Schlammlawinen abgegangen, das Geröll ist aber gut zu übersteigen, insbesondere, da es an besagten Stellen nicht senkrecht runtergeht. Wenn man hier stürzen würde, würde man mit ziemlicher Sicherheit zwar trotzdem als unförmiger Fleischmatsch im Atlantik landen, aber die gute Psyche…
              Bald sehen wir Faja Grande sich auf einer flachen Landzunge dem Meer entgegenstrecken und erreichen nach einigen glitschigen und mit dicken Polstern aus Brunnenkresse gesäumten Serpentinen den kleinen Vorort Ponta.





              Ein schon leicht hinfälliger nordwesteuropäischer Wohlstandsopa mit winzigem Rucksack und leichten Schühchen kommt uns entgegen und fragt, ob der Trail nach Ponta Delgada passierbar sei. Wir bejahen dies, sind uns beide aber ziemlich sicher, dass er draufgehen wird. Naja, gut fürs finnische (oder schwedische) Rentensystem…
              Zwischen Ponta und Faja Grande beginnen wir mit der Lagerplatzsuche und nach einigen Fehlabstechern gen Küste finden wir ein kleines, terrassenförmiges Hügelchen, dessen Segmente mit Waldstreifen separiert sind und an dessen anderem Ende einer der aus der Nähe betrachtet doch recht majestätischen Wasserfälle wohlige Badeorgien á la Vergil´schem Idyll verspricht. Wir bauen das Zelt auf und waschen uns und unser Zeug in den kleinen Pools unter dem Wasserfall. Vor meinem inneren Auge sehe ich sepiagetonte, pummelige Mädchen in langer Unterwäsche Hand in Hand im Kreis hüpfen…





              Frisch gereinigt und gesättigt, beschließen wir auszugehen. Ich ernenne eins meiner beiden T-Shirts zum Ausgehshirt, wir packen Fotokrempel und Wertsachen ein und schlendern zum etwa 2km entfernten Ort. Wir laufen etwas herum, die im Reiseführer ausgezeichnete Campingmög-lichkeit hinter einem Restaurant finden wir – bei oberflächlicher Suche – nicht, sind uns aber sicher, dass eine Übernachtung hier deutlich weniger gemütlich wäre als auf unserem Hügelchen. (Interessant erschien mir diese Anlaufstelle im Vorfeld vor allem deshalb, weil von dem Restaurant aus angeblich Hasenjagden für 20 Euro die Stunde gebucht werden können aber nun gut, diesmal haben die kleinen Opfertiere nochmal Glück gehabt...) Irgendwann landen wir in der Dorfbar, wo einige Herrschaften mittleren Alters den Abend verbringen. Ein recht leut- wie trinkseliger Fischer namens Fernando schließt mich bald in sein Herz und wir unterhalten uns etwa eine halbe Stunde lang angeregt. Dies mag verwunderlich erscheinen, da ich so gut wie kein portugiesisch, und in noch viel geringerem Maße Azoren-Nuschel-Portugiesisch spreche oder verstehe und Fernando ausschließlich letzteres. Da mein - trotz gutem Willen - ziemlich absolutes Unverständnis den Guten aber kein bisschen bremst und seine wilden, alkoholseligen Gesten auch nicht unbedingt zum besseren Verständnis beitragen, beginne ich einfach auf deutsch irgendetwas zu antworten. So reden wir ambitioniert aneinander vorbei - wenn ich so was wie „ja genau, so ist das bei uns mit den Frauen auch“ oder „also ich finde das kannst du aber total vergessen“ formuliere, reagiert Fernando in passender Intonation und mit bestätigender Geste und manchmal glaube ich auch fast, dass wir von derselben Sache reden. Er ist davon sowieso überzeugt. Wir geben uns gegenseitig ein paar Bier aus und Sally beobachtet das Ganze kopfschüttelnd und grinsend. Aber die holde Eintracht des Männergesprächs wird gestört. Denn neben Fernando sitzt Super Mario (den wir aufgrund seines schönen Schnurrbartes so getauft haben) und der ist böse mit Fernando, weil er denkt, dass jener uns belästige. Deshalb schimpft er den alten Trunkenbold und auch meine Beteuerungen, dass alles in Ordnung sei, beruhigen ihn nur etwas. Wir fragen ihn zur Ablenkung, ob morgen (Ostern) Geschäfte aufhaben und er versteht es so, dass wir jetzt einkaufen wollen. Es ist etwa halb Zwölf Uhr abends, aber er sagt dass seine Schwester den Dorfladen führe und springt auf um uns hinzubringen. Mühsam überzeugen wir ihn, dass es völlig ausreicht, wenn wir morgen einkaufen werden.
              Der Abend endet friedlich und wir wanken dem Lager entgegen. Das Geklettere über vollkommen zugewucherte Mauern und Steilstrecken des Terassenhügels war schon tags und nüchtern etwas tricky und wir sind recht stolz und auch überrascht, dass wir problemlos zum und ins Zelt zurückfinden.

              5. „You shall not pass!“

              Morgens gegen sechs erwache ich durch Laute, die in etwa so klingen, als ob ein Höhlentroll versucht ein Schlauchboot aufzublasen, beim schläfrigen Blick in die Apsis zeigt sich eine etwa untertellergroße, undefinierbare und schwarze Fläche die das Außenzelt nach innen drückt. Als ich unter dem Rand hervorluge, sehe ich einen stattlichen Bullen davonspringen, offenbar von meinem morgenzotteligen Anblick erschreckt. Er bleibt etwa fünf Meter vom Zelt entfernt stehen und starrt mich blöde, aber nicht bösartig an, daher entscheide ich mich, weiterzuschlafen. Beim nächsten Erwachen hat er schon seine Familie nachgeholt und ein buntgewürfelter Haufen von etwa 8 Kälbern, Kühen und Rindern grast im Halbkreis ums Zelt gruppiert.
              Nach dem Aufstehen stellen wir fest, dass wir am Vortag durchaus nicht den leichtesten Weg auf den Hügel gewählt haben, die Viecher offenbar schon. Und sie bewachen ihn ehrgeizig. Als Sally auf dem Kuhpfad zum Wasserfall gehen will, macht ihr der Alphabulle (wenn das so heißt) stoisch aber unmissverständlich klar, dass dies sein Weg ist - „You shall not pass!“
              Da wir aber ja schon einen alternativen Zugang haben und wir uns im Übrigen, was etwa die speisetechnischen Präferenzen betrifft, nicht in die Quere kommen, verbringen wir den Vormittag in friedlicher Koexistenz.




              Unsre und der Wiederkäuer Weide...

              Es ist schwül und bewölkt und nach einem Auffrischen unserer Nahrungsreserven im Lädchen von Supermarios burschikosem Schwesterlein wandern wir einige Kilometer den Küstenwanderweg entlang bis Fajazinha. Wir sind recht matt und da wir von hier einige Touren zu den Seen im Hinterland unternehmen wollen, suchen wir uns recht bald einen Lagerplatz an der etwa 12 Meter hohen Böschung, die zum Meer hinabführt.
              Vormals eine Weidefläche, die von Natursteinmauern gesäumt war, hat ein kleiner Bachlauf zur Erosion geführt und sie teilweise in eine sumpfige Brachfläche verwandelt. Im Windschatten der Mauer wird das Zelt aufgebaut und von gelegentlichen Regenschauern unterbrochen sammeln wir einige der zahlreich vorkommenden Wildkräuter und -gemüse und bereiten eine schmackhafte Suppe.







              Zuletzt geändert von Moosmann; 25.04.2016, 10:55.

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              • hannibal
                Gesperrt
                Erfahren
                • 24.01.2005
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                #8
                AW: [PT] Flores, Azoren

                Hi,

                super Bericht und schöne Fotos! Weiter so, bitte!

                Ich wollte Flores ja eigentlich wegen der Schwierigkeit hinzukommen (Anfälligkeit des Flughafens für Seitenwinde; Fähre nur einmal die Woche) aussparen, aber ich sehe schon, dass neben Pico, Sao Jorge und Faial auch unbedingt Flores bereist werden muss.

                Ich liebe bergige Steilküstenwanderungen!

                Gruß Alex

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                • Moosmann
                  Dauerbesucher
                  • 21.01.2009
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                  #9
                  AW: [PT] Flores, Azoren

                  ...danke. So wie es uns erklärt wurde, ist es wohl vor allem der Flughafen auf Faial, der mit seiner kurzen Piste und hohem Windaufkommen die Probleme verursacht - bloß die meisten Flüge nach Flores gehen über Faial.

                  Gruß,
                  Moosmann.

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                  • hannibal
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                    • 24.01.2005
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                    #10
                    AW: [PT] Flores, Azoren

                    Zitat von Moosmann Beitrag anzeigen
                    ...danke. So wie es uns erklärt wurde, ist es wohl vor allem der Flughafen auf Faial, der mit seiner kurzen Piste und hohem Windaufkommen die Probleme verursacht - bloß die meisten Flüge nach Flores gehen über Faial.

                    Gruß,
                    Moosmann.
                    Danke!

                    Gut zu wissen, ich wollte nämlich über Lissabon nach Faial, von dort mit den Fähren nach Pico und Sao Jorge und dann mit dem Flieger/Fähre nach Flores.

                    Vielleicht doch lieber Frankfurt nach Sao Miguel und dann alles mit den Fähren? Bin nicht so der Gerne-Flieger.

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                    • baha
                      Anfänger im Forum
                      • 13.11.2010
                      • 36
                      • Privat

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                      #11
                      AW: [PT] Flores, Azoren

                      Hallo Moosmann, wunderschöne Bilder. Bei all dem Grün und den Steinmauern habe ich mich auch ein wenig an Irland erinnert gefühlt - und bei der Hilfbereitschaft und Gelassenheit an Irland vor 20 Jahren. Bin schon gespannt auf die Fortsetzung.

                      Hallo hannibal, wir sind von Frankfurt nach Sao Miguel geflogen und von dort am nächsten Tag auf direktem Weg nach Flores. Bei uns lief es planmäßig (auch der Rückflug). Den Flug haben wir in einem gebucht - das war günstiger. Vor Ort sagte man uns, das es auch so etwas wie "Inselhopping" per Flieger gibt; Du gibst den Startflughafen, Zwischenstopp(s) (die können auch mehrere Tage betragen!) und den Endpunkt an und zahlst dafür einen stark reduzierten Flugpreis. Voraussetzung ist, dass der Weg mit Stopps bei Beginn der Flugstrecke festgelegt wird (zeitliche Abweichungen sind dann aber noch möglich). Das Fliegen selbst (Propellermaschinen) empfand ich als angenehm (sonst nicht so mein Fall).

                      Barbara

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                      • Moosmann
                        Dauerbesucher
                        • 21.01.2009
                        • 683
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #12
                        AW: [PT] Flores, Azoren

                        6. Vom pragmatischen Katholizismus

                        Der nächste Tag begrüßt uns mit einer Armada kleinerer Regenschauer, deren Heraneilen man auf dem Meer sehr gut verfolgen kann. In den Zwischenphasen kann man schnell Wasser holen oder sich hektisch waschen. Die kleine Waschstelle, die wir durch Aufstauen des Bachs erzeugt haben, ist eigentlich ganz komfortabel, aber ich rutsche auf den glitschigen Steinen aus und verstauche mir den Knöchel. Auch Lektüre und Schnaps werden weniger. Der Tag entwickelt sich nicht besonders gut.


                        ...auch als Bidet zu verwenden

                        Gegen Nachmittag entscheiden wir, vom Camp aus eine Wanderung zum vorgelagerten Poço da Alagoinha, einem kleinen grünen Teich mit vielen kaskadenförmigen Wasserfällen zu wagen. Bereits beim Aufstieg zum Örtchen Fajazinha beginnt es ernsthaft zu regnen, so dass wir erstmal im kleinen Lädchen des Ortes Zuflucht suchen und Kekse kaufen. Beim weiteren Aufstieg stellen wir fest, dass die Straße im oberen Teil des Ortes vor einiger Zeit wohl von einer ziemlich großen Schlammlawine weggeschwemmt wurde. Einige jetzt leere Häuser stehen immer noch halb im Matsch begraben. Nach ortstypischem Verfahren ist danach einfach wieder Teer auf die Schlammfläche geschmissen worden, in der Hoffnung dass es hält. Tut es aber nicht, sieht man schon an den zahlreichen Rissen und seitlichen Ausbrüchen auf der jungfräulich schwarzen Asphaltdecke. Vielleicht ist das aber auch Absicht, die ewige Straße als Maßnahme gegen insulare Langeweile…
                        Der Pfad zum See ist streckenweise mit einer Art grobem Kopfsteinpflaster versehen, welches - bemoost und nass – ziemlich unangenehm zu begehen ist. Es ist leidlich trocken aber sehr neblig. Der kleine See (eher Teich) ist optisch attraktiv, still und menschenleer, aber das Ufer kaum begehbar, da sumpfig.




















                        jeden Tag eine gute Tat, die gute bekommt einen Maiskolben von uns...


                        Auf dem Rückweg scheucht der Regen uns wieder in den Dorfladen. Hier haben sich einige Alte mit Gartenstühlen im Gang eingerichtet und trinken Kaffee. Tun wir dann auch und unterhalten uns. Einer der Opas ist recht lebhaft und freut sich, noch mal englisch sprechen zu können. Das hat er in den siebziger Jahren in den USA gelernt, wo zu der Zeit offenbar viele Azoreaner zum Arbeiten hingegangen sind. Da sein Name dort als unaussprechlich galt (Mateoirgendwas), hat man ihn mit gesunder amerikanischer Ignoranz Motor getauft, das findet er offenbar äußerst lustig und so dürfen wir ihn auch nennen. Motor erzählt, dass die Jugend auf den Inseln aus „faulen Bastarden“ bestünde, die bei den Eltern wohnen und nicht arbeiten würden - klingt zwar wie jeder zweite Rentner überall auf der Welt, entspricht aber durchaus dem Eindruck, den wir auf der Insel gewinnen konnten.
                        Das Deutschland sich zuletzt für eine Bewilligung weiterer Portugal-Fördergelder ausgesprochen hat, ist auf den Inseln durchaus angekommen und unsre holde Heimat ist insofern hier recht positiv besetzt. Auch wenn manche Touristen durchaus belächelt werden. Motor erzählt von einem deutschen Liegefahrradfahrer (wir versichern, dass dies eine lächerliche Unsitte der neunziger Jahre und gottseidank rückläufig sei), der lieber auf der Wiese im Regen ein Schläfchen hielt, als im Stall, den er ihm angeboten hat und amüsiert sich auch über die Rucksacktouristen, welche „wie Schnecken“ mit ihrem Haus auf dem Rücken die Berge hoch kriechen. Wir versprechen ihm, dass er uns morgen mit unserem Gepäck auch kriechen sehen kann und für einen Moment kann ich seine Perspektive gut nachvollziehen und komme mir auch irgendwie ein bißchen blöd vor.
                        Auf den lockeren Umgang mit österlichen Ladenöffnungszeiten angesprochen, meinen die Alten, dass man zwar katholisch sei, aber eben nur nominell und solange es nicht störe. Motor ergänzt, dass er vor einiger Zeit aus der Kirche ausgetreten sei, weil ein fremder Pastor die Gemeindeleitung übernommen habe, und es habe ihm nicht gefallen, was der für komisches Zeug erzähle. „Ich bin auch ausgetreten!“ kräht seine Frau Ana mit einem gewissen Stolz. Wenn wieder ein vernünftiger (einheimischer) Pastor den Laden übernehmen sollte, der auch erzählt, was man hören will, schließen die beiden aber nicht aus, wieder einzutreten. Ein außerordentlich modern anmutendes Dienstleistungsverständnis, dass die beiden da an das größte Wirtschaftsunternehmen der Welt herantragen…
                        Nach einer Stunde oder so machen wir uns an den Abstieg in unser Lager. Überrascht stellen wir fest, dass die Wanderung doch etwa 8km lang war.
                        Zu essen gibt es dann unter anderem Frischkäse mit Meeresfenchel, einer knackigen Küstenpflanze, die ausgezeichnet mit dem milden Käse harmoniert.


                        Unser Wohnzimmer. Auch für Opferrituale geeignet...


                        7. Der Pommesberg

                        Neuer Tag, neuer Regen. Aber nicht sofort, den Berg bis zur Küstenstraße kommen wir noch leidlich trocken hoch, dort hat sich aber gen Inland eine solche Wolkenfront sesshaft eingerichtet, dass wir schweren Herzens die Seenroute canceln und erstmal an der Küste Richtung Mosteiro wandern.













                        Der Küstenwanderweg, so wie der Wanderführer ihn beschreibt, führt fast die gesamte Westküste entlang und würde, wenn man nicht durch böige Wolkenfelder marschieren würde, sicher eine schöne Aussicht bieten. Leider führen uns die Wegmakierungen in die Irre und wir stehen irgendwann auf einem Felderkomplex ohne Weg und mit ziemlich sumpfigem Boden. Wir könnten natürlich querfeldein weitergehen, haben aber den Verdacht, dass die Richtung nicht zielführend ist, so dass wir wieder ein Stück absteigen, bis zur letzten Markierung. Die zeigt eindeutig geradeaus, wo es nach rechts gehen müsste. Wir folgen in Zukunft unserer Nase und das funktioniert deutlich besser. Mosteiro ist ein winziger Ort ohne Laden und Bar und da es gerade trocken ist, wandern wir sofort weiter. Auf einem steilen Abstieg kommt uns ein Greis mit giftig keifendem Zwergköter entgegen, auf der Schulter einen oberschenkeldicken Baumstamm, als ob es ein Regenschirm wäre. Eine Ernährung auf der Basis von Zigarren, Herrengedecken und Chorizos macht offenbar zäh.

                        In Lajedo ist auch nicht viel los und wir können auch hier keine Nahrungsmittel erwerben, so dass wir im Regen einige Zeit an der Bushaltestelle sitzen und hoffen, dass uns jemand nach Lajes mitnimmt. Leider kommt niemand vorbei, so dass wir nach einiger Zeit, als wir zu frösteln beginnen, mit dem Aufstieg zur Hauptstraße beginnen. Auf der haben wir wenig Lust weiter zu gehen und werden auch fast sofort von einem Pärchen mitgenommen. Der junge Mann fährt äußerst zügig die Serpentinen und Steilstrecken hinab, wobei er mehrfach umständlich versucht, seinen des Glimmens unwilligen Joint wieder anzuzünden. Gelegentlich schaut er aber doch auch nach vorne und auch als eine Schafherde die Straße blockiert, kommen wir rechtzeitig zum Stehen. Wir werden vor einer Art Hafenbar abgesetzt und es gibt sofort Herrengedeck. Die Frau in der Bar beschreibt uns, wo ein Geschäft im Ort sei, dass jetzt, so gegen 19.30, noch geöffnet habe, wir finden es aber nicht. Nachdem wir in dem weitläufigen, zweitgrößten Ort der Insel umhergeirrt sind, beschließen wir, erstmal ein Nachtlager zu finden. Es gibt einen kleinen Sandstrand, direkt neben dem Hafen und von dem Gebäudekomplex mit der Bar nur durch ein Flüsschen getrennt. Da es hier sogar eine Grillstelle mit Überdachung gibt beschließen wir hier zu bleiben, auch wenn der im Ausbau befindliche Hafen mit seinen Baggern und Kränen nicht unbedingt romantisch wirkt. Die Grillanlage ist ziemlich verfallen und ein auf dem Boden liegendes Blechschild meint, dass das Betreten verboten sei. Nachdem das böse Schild vorsichtshalber im Gesträuch versteckt wurde und das Betreten somit nicht mehr verboten ist, hängen wir unsere Klamotten zum Trocknen unter das Holzdach und schlagen unser Zelt auf der darüber befindlichen Wiese auf. Die zwei dort ansässigen Ziegen sind etwas skeptisch, aber das legt sich.


                        Hafenidyll - man muß nur versuchen, nach links zu schauen...

                        Mit dem Rumgelaufe im Ort haben wir doch immerhin über 15km gemacht, was uns angesichts der damit verbundenen Höhenmeter als ein angemessenes Tagewerk erscheint, so dass wir guten Gewissens entscheiden, uns in der Hafenklitsche ein Abendessen zu gönnen. Da es keine Speisekarte gibt, muß man der netten Frau erklären, was man haben möchte. Die Ausgangsmaterialien befinden sich in drei Gefriertruhen an der Wand. Wir entscheiden uns für schöne fettige Pommes und Rinderschnitzel. Nach einiger Zeit bekommen wir eine klodeckelgroße Platte, auf der man offenbar eine ganze Packung Pommes angehäuft hat, drumherum, anmutig im Halbkreis und gewissenhaft nach dem von uns gewünschten Garheitszustand sortiert, befinden sich 6 Rinderschnitzel. Damit diese auch einen ausreichenden Nährwert haben, sind sie zudem von der Wirtin in Eigeninitiative mit Spiegelei belegt und mit einer Haube aus geschmolzenem Käse überdacht worden. Wir schaffen überraschenderweise alles und schleppen uns dann träge ins Zelt zum Verdauen.
                        Zuletzt geändert von Moosmann; 25.04.2016, 11:08.

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                        • hannibal
                          Gesperrt
                          Erfahren
                          • 24.01.2005
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                          #13
                          AW: [PT] Flores, Azoren

                          Zitat von baha Beitrag anzeigen
                          Hallo hannibal, wir sind von Frankfurt nach Sao Miguel geflogen und von dort am nächsten Tag auf direktem Weg nach Flores. Bei uns lief es planmäßig (auch der Rückflug). Den Flug haben wir in einem gebucht - das war günstiger. Vor Ort sagte man uns, das es auch so etwas wie "Inselhopping" per Flieger gibt; Du gibst den Startflughafen, Zwischenstopp(s) (die können auch mehrere Tage betragen!) und den Endpunkt an und zahlst dafür einen stark reduzierten Flugpreis. Voraussetzung ist, dass der Weg mit Stopps bei Beginn der Flugstrecke festgelegt wird (zeitliche Abweichungen sind dann aber noch möglich). Das Fliegen selbst (Propellermaschinen) empfand ich als angenehm (sonst nicht so mein Fall).

                          Barbara
                          Hi Barbara,

                          danke für den Tip.

                          Alle interessanten Inseln incl. Sao Miguel zusammen wären Minimum 3 wochen, das wird schwer. Von daher wird es wohl je zwei Wochen Sao Miguel+Flores und Faial/Pico/Sao Jorge in den nächsten Jahren.

                          Ich bin mal Hubschauber auf den Färöern geflogen, das ging. Trotzdem wird mir ob der kleinen Maschinen bei heftigen turbulenzen schon im Vorfeld etwas unwohl. Muss man halt durch.

                          Danke und Gruß,

                          Alex

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                          • hannibal
                            Gesperrt
                            Erfahren
                            • 24.01.2005
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                            #14
                            AW: [PT] Flores, Azoren

                            Hi Moosmann,

                            Die Wasserfallkaskadenbilder sind der Hammer. Allein wegen diese Motives muss man schon nach Flores. Das sieht aus wie die Cascades de Langevin auf La Réunion.

                            Gruß Alex

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                            • baha
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                              • 13.11.2010
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                              #15
                              AW: [PT] Flores, Azoren

                              Hallo Moosmann,

                              bin schon neugierig auf die Fortsetzung!

                              Interessant, dass Ihr auch dieses Erlebnis beim "Essengehen" hattet .
                              Wir mussten erst einmal einen Verdauungsmarsch von über einer Stunde machen, bis sich der Magen wieder beruhigt hatte.

                              Barbara

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                              • hotdog
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                                • 15.10.2007
                                • 16106
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                                #16
                                AW: [PT] Flores, Azoren

                                @Moosmann: Nachdem du auf Sao Miguel und auf Flores warst, welche Insel hat dir besser gefallen? Und welche eignet sich besser zum Trekking?
                                Arrivederci, farewell, adieu, sayonara WAI! "Ja, wo läuft es denn? Wo läuft es denn hin?"

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                                • Moosmann
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                                  • 21.01.2009
                                  • 683
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                                  #17
                                  AW: [PT] Flores, Azoren

                                  Zitat von hotdog Beitrag anzeigen
                                  @Moosmann: Nachdem du auf Sao Miguel und auf Flores warst, welche Insel hat dir besser gefallen? Und welche eignet sich besser zum Trekking?

                                  Flores hat mir besser gefallen, da fast völlig untouristisch, abgeschieden und ohne die zersiedelten Segmente, die es auf Sao Miguel mittlerweile gibt. Trekking ist auf beiden Inseln überhaupt kein Problem. Auf Sao Miguel gibt es zwar an den schönsten Stellen einige Naturparks, in denen Ranger das Zeltverbot wohl auch durchsetzen, aber man kann problemlos ausweichen. (Einheimische haben uns zudem erzählt, dass sie ständig innerhalb dieser Reservate Zelten, ohne dass es Ärger gibt, aber m.E. besteht gar keine Notwendigkeit, das auszuprobieren. Gibt ja dort auch die offiziellen Areale, die immer leer und kostenlos sind, wo man sogar Feuer machen darf...).

                                  Werde den Bericht hoffentlich am Sonntag fertigmachen können.

                                  Gruß,

                                  Moosmann.

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                                  • hotdog
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                                    • 16106
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                                    #18
                                    AW: [PT] Flores, Azoren

                                    Flores ist aber auch wesentlich kleiner als Sao Miguel (143qkm/759qkm). Stösst man da nicht ständig an?
                                    Arrivederci, farewell, adieu, sayonara WAI! "Ja, wo läuft es denn? Wo läuft es denn hin?"

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                                    • Moosmann
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                                      #19
                                      AW: [PT] Flores, Azoren

                                      Zitat von hotdog Beitrag anzeigen
                                      Flores ist aber auch wesentlich kleiner als Sao Miguel (143qkm/759qkm). Stösst man da nicht ständig an?
                                      ...dacht ich auch erst, beim Kartenstudieren zu Hause - aber die Insel ist auch äußerst dreidimensional, 10-14 Tage ist man zu Fuß schon beschäftigt, ohne überall gewesen zu sein...

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                                      • Moosmann
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                                        #20
                                        AW: [PT] Flores, Azoren

                                        ...so, ich mach das mal fertig, bevor die nächste Reise ansteht:


                                        8. Komische Käuze

                                        Am nächsten Tag dann doch noch mal Sonne, wir beobachten eine ganze Weile, wie die Hafenbauarbeiter gekonnt Arbeit simulieren, indem sie um die Baustelle herumschleichen, dann und wann mit dem Fuß gegen ein Schalbrett treten, angestrengt in ein Erdloch starren, dann wieder ein wenig schlendern. Währenddessen grille ich vorsichtshalber den Pulpo, der seit 2 Tagen im Rucksack vor sich hintaut und der ein ganz gutes, wenn auch gewöhnungsbedürftiges Frühstück abgibt. Wir starten gegen Mittag langsam in den Tag, ganz am Beispiel der Bauarbeiter orientiert, finden den Supermercato, decken uns ein und machen eine kleine Umfüll-Pause im Stadtpark. Dann geht es gen Faja de Lopo Faz, einem abgelegenen Strand vor der südlichen Steilküste. Nach einiger Zeit geht es links hinter dem Sportplatz aus Lajes heraus, durch Felder und Wiesen bis zu einem recht neu wirkenden Grill-/Picknickplatz direkt an der Klippe. Hier gibt es eine überdachte Grillstelle, kleine Wandelpfade zwischen Orchideenbüschen und Steintische mit Bänken, ebenso eine spartanische Toilettenanlage. Wir rasten kurz und da auch hier alles menschenleer ist, beschließen wir, die Rucksäcke im Gestrüpp zu deponieren und mit leichtem Gepäck den Steilpfad zur Küste abzusteigen. Am etwas unterhalb gelegenen Aussichtspunkt kommen ab und an ein paar Einheimische vorbei, ein Opa via Minitrecker, der die Zeit bis zum Abendessen totschlägt oder ein paar dickliche Pärchen im Landcruiser, die kurz mal runtergucken und dann wieder verschwinden, aber wir sind froher Hoffnung einen ungestörten Abend verbringen zu können. Zunächst aber der Abstieg, steil doch weitestgehend gut ausgebaut, zusätzlich gegen Absturz gesichert durch eine kleine Gruppe von wohlwollend wachenden Madonnenfigürchen in einer Wandnische.
                                        Der Wanderführer spricht von diversen Plantagen, die wegen des günstigen Klimas am Fuße der Felsen angelegt worden seien, wir sehen davon aber leider nichts, so dass unsere Mundraubpläne im Sande verlaufen. Der ist hier pechschwarz und erstreckt sich in einem 500-Meter-Halbrund bis zu einer von dicken Felsbrocken gebildeten Landzunge. Ein kleines Häuschen am Strand ist ebenso menschenleer wie der gesamte Strand (und auch nicht abgeschlossen), weiter unten sind zwei Duschen installiert, die wir gerne nutzen, da es recht schwül ist. Wir bedauern, am nächsten Tag wieder Richtung Flughafen starten zu müssen, sonst wäre hier der ideale Platz um für ein paar Tage gar nichts zu tun. Zwischen den Felsbrocken findet sich eine Art Höhle mit irgendwelchen kultisch anmutenden Wandzeichen, die aber wohl nicht wirklich älter als 50 Jahre sind.

                                        Faja de Lopo Faz:











                                        Irgendwann geht es wieder bergauf, nicht ohne im Vorbeigehen ein paar Kräuter (Minze, Brunnenkresse, Lauch) zu ernten.
                                        Sodann breiten wir unsere Habseligkeiten auf einem der Steintische aus und grillen Sardinen. Die Minze eignet sich hervorragend zum Verfeinern des allzu zuckrigen Schnappers der heute unsere Mahlzeit begleitet. Guter Dinge bettet man sich nach einem Kartenspiel zur Ruhe, begleitet vom allgegenwärtigen Gebrabbel der Klippenvögel, von denen wir später herausfinden, dass es sich um Gelbschnabel-Sturmtaucher handelt, eine Sturmvogelart, von deren Gesamtbestand 80% auf den Azoren nisten. Lange haben wir uns ausgemalt wie der nachtaktive Vogel, der sich tagsüber überwiegend auf See aufhält, wohl aussehen mag. Hingebungsvoll haben wir sogar kleine Skizzen angefertigt, um der skurrilen Stimmakrobatik des Flügeltiers ein entsprechendes Äußeres zu geben (Versuche, nachts aus dem Zelt zu fotografieren, waren erfolglos, obwohl die Tiere, je nach Lagerplatz, sich sehr zahlreich und auch sehr nah am oder über dem Zelt aufhielten. Für den geneigten Leser: So sehen sie wohl aus und so hören sie sich definitiv an…). Die liebenswerten Krakeeler wurden von uns schon bald nach der Rückkehr schmerzhaft vermisst, denn trotz der vielstimmigen Geräuschkulisse haben sie irgendwie einschlaffördernd gewirkt. Nachts beginnt es stark zu regnen und hört auch den ganzen Morgen über nicht auf. Nach vergeblichem Warten auf Besserung der Wetterlage bauen wir missmutig das Zelt im Regen ab und machen uns auf den Rückweg nach Lajes. Kurz bevor wir den Ort erreichen, hört der Regen auf und nachdem wir Lajes von Südost nach Nordwest durchquert haben, versuchen wir per Anhalter Richtung Santa Cruz zu gelangen. Dies geht diesmal allerdings nur schleppend und etappenweise, da die Einwohner meist nur kurze Strecken zurücklegen. Als ein Gärtner uns in Lomba abgesetzt hat, watschelt ein älterer Herr mit Hacke und Sack auf uns zu und leistet uns beim Warten Gesellschaft. Dass wir nichts verstehen, hindert auch ihn nicht am ununterbrochenen Reden. (Als ihm zwischenzeitlich nichts mehr einfällt, zählt er einfach mal alle Länder auf, die er kennt.) Das wir nach Santa Cruz wollen, hat er immerhin begriffen und beteiligt sich eifrig daran, die vorbeifahrenden Fahrzeuge zum Halten zu bringen. Er selektiert auch verantwortungsvoll die seiner Meinung nach ungeeigneten Mitfahrgelegenheiten aus (Polizei/ Flüssiggastransporter…) und ist jedes Mal entrüstet, wenn wieder jemand vorbeifährt. Dass dies auch und nicht zuletzt daran liegen könnte, dass er, immer wenn ein Wagen erscheint, halb auf die Straße springend mit seiner großen Hacke fuchtelt und mit ihr schwingende Bewegungen vollführt, als ob die Autos kapitale Fische seien, die er aufspießen und heranziehen wolle, vermutet er sicherlich nicht. Wir allerdings schon, so dass wir nach einer Weile zu Fuß weitergehen, zunächst gefolgt vom Hackenopa, der aber nach 500 Metern aufgibt und auf einem Seitenweg verschwindet. Gegen Nachmittag landen wir doch noch in Santa Cruz und begeben uns auf die Suche nach einem Übernachtungsplatz. Wir beabsichtigen auf einem Felsen direkt nördlich des Flughafengeländes zu nächtigen, der uns bei unserer Ankunft bereits aufgefallen war.


                                        Nördlich von Santa Cruz de Flores

                                        In der Tat ist die Stelle gut geeignet, durch einen Vorsprung seitens der Stadt sichtgeschützt und doch nur 15min vom Airport entfernt. Wir liegen eine Weile auf dem Rasen, genießen die Aussicht auf Corvo und lesen etwas, währenddessen zieht eine massive Wolkenfront auf, die sich von meinen Versuchen, ihre Zugrichtung so zu interpretieren, dass sie nördlich an uns vorbei wandert, relativ unbeeindruckt zeigt und einfach das tut, was sie von vornherein plante, nämlich genau auf uns zuzukommen. Wir warten nicht ab, bis wir nass werden und suchen uns für die Nacht ein Zimmer in der Stadt. Zum Abschluß unseres Flores-Aufenthalts gehen wir in ein nettes Restaurant und beschließen den Abend mit portugiesischem Trivialfernsehen im Gästezimmer.


                                        9. Der laute Krater


                                        Mittags auf Sao Miguel angekommen, werden die Vorräte aufgestockt und eine Übernachtungsmöglichkeit für die letzte Nacht gesucht.
                                        Da wir um 5 Uhr morgens am Flughafen sein müssen, haben wir uns für ein Zimmer in der Stadt entschieden, wir nehmen die Adressenliste der Touri-Info und klingeln bei einem niedlichen alten Ehepaar in der Altstadt, wo wir für geringe Kosten offenbar im ehemaligen Zimmer des Sohnes nächtigen können. Nachdem dies geklärt ist, fahren wir mit dem Bus nach Sete Cidates, einem Ort direkt an den beiden Kraterseen Lagoa Azul und Lagoa Verde. Hier im Nationalpark ist Wildzelten verboten, es gibt allerdings einen ausgewiesenen Lagerplatz. Der weist mittlerweile eine Einbahnstrassen-Busschleife auf, wie man sie vielleicht bei Disneyland erwartet, des Weiteren etwa 20 ausgebaute Grillstellen und ein terassenförmig angelegtes Zeltareal. Natürlich ist niemand da. Auch hier verfallen bereits die Aufbauten, bevor sie benutzt wurden, so hat man beim Natursteinpflasterweg, der mittig zwischen den Zeltterassen hinaufführt, auf eine Einfassung verzichtet, so dass das Regenwasser dessen unteres Ende bereits massiv erodiert hat. Vorherige Nutzer haben dann weitere Steine entnommen um Feuerstellen einzufassen und auch die Grillstellen bröckeln vor sich hin.


                                        Auf dem Zeltplatz

                                        Uns ist das ziemlich egal und wir suchen uns ein Plätzchen fürs Zelt. Wir kochen dann einen Meeresfrüchteeintopf auf dem Feuer – nicht ohne auch noch ein paar Steine aus dem Weg gerupft zu haben - und mit dem Einsetzen des unvermeidlichen Regens verziehen wir uns ins Zelt. Über Nacht kommt starker Wind auf und auch der nächste Morgen ist grau, die Wolken hängen im Krater fest (und wir haben den starken Verdacht, dass überall außerhalb des Kraters weiterhin das schönste Sonnenwetter herrscht, das uns bei unserer Ankunft auf Sao Miguel am Vortag so lobenswert begrüßt hat).











                                        Sete Cidates ist ein sehr schön gelegener, aber kein schöner, sondern ein lauter Ort. Neben lärmenden Eiswagen und aus völlig unerfindlichen Gründen über Tage und Nächte hinweg immer wieder sporadisch angezündetem Feuerwerk, hört man auch das Grölen und Brüllen des azoreanischen Prekariats herüberschallen, harmonisch unterfüttert von sich gegenseitig anstachelndem Gegeifer verschiedener Kettenhunde. Dessen müde brechen wir trotzt verdächtiger Wetterlage zu einer Tagestour auf - geplant ist am Lagoa de Santiago hinauf aus dem Krater zu wandern und dann weiter zu der kleineren Bergsee-Ansammlung im Westen, den Lagoas Empadadas. Doch dazu kommt es nicht, nachdem wir etwa 80% der anstehenden Höhenmeter und damit auch den weniger schönen Teil der Tour an der Straße entlang hinter uns haben, beginnt der Regen und wir flüchten am Südufer des Lagoa Verde hinab zurück zum Lagerplatz. Wandern im Regen ist eine Sache, bei starkem Wind durch eine Wolke hindurchzulaufen, eine andere, wesentlich weniger schöne Sache. Ich bin gefrustet, da mir jetzt schon zum zweiten Mal ein Seen-Hochplateau entgeht und versuche mich mit einer Himbeer-Sahne-Rolle aus dem kleinen Dorfladen zu trösten.
                                        Das klappt nur kurzfristig, denn ich habe mich offenbar zu stark getröstet und somit auch noch mit Übelkeit zu kämpfen, gegen die auch weiterer Brombeerschnaps nur sehr bedingt hilft.
                                        Die Nacht wird dann extrem stürmisch und im wild hin- und herschwingenden Zelt finden wir kaum Schlaf. Wir brechen morgens im leichten Regen auf und verlassen den Krater in nordöstlicher Richtung auf einem Hirtenpfad. Auf der anderen Seite steigen wir nach Mosteiros ab, wo wir das traditionelle Herrengedeck verkonsumieren und uns nach einiger Zeit von einem freundlichen aber naturgemäß des Fahrens nur bedingt mächtigen Niederländer wieder in die Hauptstadt bringen lassen. Wir beschließen unseren letzten Abend mit einem Großeinkauf im Hypermercato, dem großen Bruder des Supermercato, und gehen in einem der Altstadtlokale essen.
                                        Zuletzt geändert von Moosmann; 25.04.2016, 11:15.

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