12. September 2019, Dusty Roads & Cowboys
Eine Panne vom Vorabend darf ich noch nachreichen. Nachdem ich mich noch etwas über den Tag aufgeregt hatte und ich gerade etwas unbequem liege mache ich einen hektischen „Move“ im Schlafsack, was mir der Reißverschluss damit quittiert, dass er auf halber Länge aufgeht. Der Schieber lässt sich jedenfalls nicht mehr bewegen und der Reißverschluss nicht mehr schließen...

zuviel Energie, zu wenig Ruhe...
Erste Reparaturversuche in der frühen Nacht schlagen fehl. Nevermind, noch ist draußen warm genug: ich drehe die Öffnung nach unten und nutze den Schlafsack als Quilt. Mit etwas Ruhe am nächsten Morgen lässt sich das ganze dann doch ganz leicht beheben (Notiz an mich selbst: In der Ruhe liegt die Kraft!).
Morgens packe ich direkt zusammen und lege erst mal ein paar km zurück, um einen schöneren Platz fürs Frühstück zu finden...

Ausblick vom Frühstücksplatz aus
Nach dem Frühstück geht es dann gemächlich weiter. Heute stehen im Gegensatz zu gestern und vorgestern deutlich weniger Höhenmeter auf dem Programm. Zudem wandere ich fast ausschließlich auf einfachen naturbelassenen Feldwegen. Den ein und anderen kleinen Umweg durchs „Gemüse“ bescheren mir die zahlreichen Kuhherden unterwegs...
vierbeinige Wegelagerer
...wenn das Gelände unübersichtlich ist, dann bin ich immer schon ganz vorsichtig bis gespannt unterwegs: wo ist er denn? Wo ist der Herdenschutzhund? Aber hier ist meist keiner dabei. Dafür Cowboys zu Pferde und ohne. Könnten problemlos in jedem Italowestern mitspielen. Besonders auffällig ist der Typ mit Goldgebiss und Schrotflinte. Ist aber gerade ganz harmlos am Hagebutten pflücken und grüßt grinsend und freundlich.
Zur Mittagszeit erreiche ich den Chumov/Mirror Lake, welchen ich aufgrund der Umgehung einer weiteren Kuhherde etwas oberhalb anstatt näher am Ufer passiere...
Blick auf den Spiegelsee Teil 1...
...und Teil 2
...nach dem Chumov Lake erlaube ich mir einen kleinen Abstecher zu einer in den Fels gehauenen kleinen Kirche...
unterwegs zur Martirosants-Kirche
Es gibt dort auch einen kleinen Picknickplatz und Brunnen. Letzterer ist trocken und hinterm Picknickplatz sieht es aus wie nach einer lauen Sommernacht am Frankfurter Mainufer

Eingang zu Martirosants mit Khachkar
Altar
in der Kirche/Kapelle
...und breche dann auf gen Martiros. Zuerst erreiche ich „Alt-Martiros“. Eine grüne Oase im sonst recht trockenen Umfeld. Hier wachsen sogar Birken. Unfreiwillig nehme ich eine Abkürzung über eine grüne saftige Wiese...
grüne Oase Alt-Martiros
...bei der Rückkehr auf den Hauptweg kommt dann doch ein aggressiver Hund aus der Ecke eines Gehöfts gesprungen. Gottseidank gut angekettet. Ich kann leicht passieren. In dem neueren Teil von Martiros ist dan schon ein bisschen was los. Viele Leute unterwegs. Am örtlichen Brunnen fülle ich meine Wasservorräte voll auf (5,5 Liter). Muss jetzt auch ein Weilchen reichen. Bis Noravank am übernächsten Tag waren keine weiteren Brunnen/Quellen eingezeichnet (die Praxis sah dann nicht ganz so schlimm aus). Hinterm Ortsausgang von Martiros lege ich dann erst mal wieder ein Päuschen ein und genieße abermals die Aussicht...
rund und um Martiros dominiert zum ersten Mal die Ackerwirtschaft gegenüber der Weidewirtschaft.
In der Pause buche ich online mein Hotel in Areni für den übernächsten Tag. Areni war von vornehmeren als behauster Zwischenstopp mit Proviantnachfüllmöglichkeiten eingeplant. Jetzt da ich einschätzen kann wann ich dort sein werde, buche ich schon mal meine Unterkunft vorab. Im übrigen ist mobiles Internet die letzten Tage hier überhaupt kein Problem. Fast überall gab es 3G - nur in manchen abgelegenen Seitentälern nicht...
...weiter geht es auf ziemlich staubigen Feldwegen. Der TCT ist auf diesem Abschnitt auch nicht mehr markiert....
...mir begegnet derweil die nächste Kuhherde. Ohne Schutzhund. Ohne Cowboy. Aber die Kühe scheinen den Weg zu kennen...
Kühe mit Ziel
Die Gegend wird zunehmend trockener...
Blick zurück
Dusty Roads ahead
...es tauchen erste sandige, steppenartige Flächen auf, deutlich geprägt von Bodenerosion...
...dazwischen Acker- und Weideflächen, getrennt von teils recht tiefen Erosionsfurchen, welche um die Jahreszeit kein Wasser mehr führen (in OSM aber gern mal mit Bach ausgewiesen sind)...
...auf der Suche nach einer Campstelle begegnet mir dann noch ein weiter Cowboy mit Hund im Schlepptau. Der kleine Vierbeiner bleibt in gebührendem Abstand vor mir stehen, der Cowboy reitet weiter. So langsam wird der Hund ungeduldig und fängt an zu knurren. Ich weiche zwei Meter vom Weg. Er schaut ziemlich kritisch traut sich aber nicht vorbei. Ich gehe weitere 3-4 Meter weg vom Weg. Jetzt packt er seinen ganzen Mut und rennt seinem davonreitenden Herrchen hinterher, der kleine Schi**er...

Meine Zelt schlage ich dann ein paar hundert Meter weiter nicht weit abseits des Weges auf einem abgeernteten Feld auf. Eigentlich sah es 1-2 km weiter zunächst besser (geschützter) aus, aber da logiert gerade eine Kuhherde. So nehme ich halt die recht offene und gut durchlüftete Fläche, da kann ich schnell noch den Regenponcho (zehn Tropfen außen, einen Viertel Liter Schweiß innen

Zeltplatz zwischen Nagerlöchern im Feld und Pferdeäpfeln...
Abends: Business as usual. Kochen, Abendtoilette und möglichst zum Sonnenuntergang schon ab ins Zelt. Letzteres, da es bereits zu Dämmerung deutlich abkühlt und meist kräftiger Wind aufzieht. Generell sind die Tag-Nacht-Temperaturunterschiede hier deutlich größer als in Mitteleuropa. Die kontinentalen Einflüsse auf das sind deutlich zu spüren.
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