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Eine Tourenwoche im -- ja wo eigentlich? Ich schreibe mal "Schweiz", das trifft es vielleicht am besten...
Samstag
Vier Leute mit unterschiedlichen Vorlieben und Zielvorstellungen treffen sich am Nachmittag auf dem Furkapass: Becks, Vegareve, Mati (ohne ods.net-Konto) und meine Wenigkeit.
Zusammen spazieren wir gemütlich zur nahen Sidelenhütte (1h) und verbessern unsere Akklimatisation mit Süßmost und Bier. Am Pass gibt es dann noch Abendessen und eine Flasche Rotwein (rot und stark muss er bekanntlich sein, wußten schon die Engländer aus der goldenen Zeit des Alpinismus). Der Parkplatz nahe der Furka-Passhöhe ist gerappelt voll, aber trotzdem ist es ruhig.

Abendspaziergang zur Sidelenhütte mit dem aus der M****t-Werbung bekannten "Kamel" dahinter

Ziel und Route für morgen: Groß FurkahornSonntag
Früh aufstehen ist doch mühsam... so richtig wach werden wir heute glaube ich erst, als der eine oder andere mehr oder weniger im Sidelenbach steht, beim Versuch diesen zu überqueren.
Viertel nach Sieben sind wir unter dem Groß-Furkahorn Südostgrat. Unser Eingeh-Dreitausender, Schwierigkeit 4c maximal.
Wir steigen nacheinander in zwei Teams ein. Der Start beinhaltet gleich mit den schwierigsten Teil: Schönes Bewegungsproblem in der ersten Seillänge; die zweite tut sich mit einer luftigen Passage hervor. Dann Gehgelände, aber wir sichern wie besprochen durch. In der Mitte des Grates stehen zwei Türme, die meine Mitstreiterin für einen kleinen Verhauer nutzt
; zurück auf dem Grat folgt wieder Gehgelände mit einigen kurzen Kletterpassagen. Schließlich folgt ein schöner Riß (4b, mittlere Cams angenehm) und dahinter nochmal 30-40m Gelände; obwohl dort keinerlei Sicherung liegt darf ich ordentlich zerren. Wir rätseln, wie man dann auf die bizarre Gipfelpyramide gelangen soll. Aber tatsächlich geht man sie von der überhängenden Seite an; eine (nach zwölf Seillängen) doch ziemlich anstrengende und auch lange 4c, die meine Seilpartnerin tapfer vorsteigt.
Oben auf dem Gipfel von "wenig Platz" zu sprechen wäre zuviel gesagt: Eine steile Reibungsplatte für die Füße und ansonsten hängt man an zwei Bohrhaken. Also fädeln wir gleich zum Abseilen durch und verschieben die Pause, zumal sowieso eine schwarze Regenwand von Westen auf uns zuhält.
Während ich noch unser Team Schweiz nachhole, ist meine Seilpartnerin bereits unten in einem kleinen Kar. Hier sortieren wir unser Zeug zusammen und ziehen schon mal die Jacken an. Die nachfolgenden Seilschaften tönen auch relativ nervös...
Im Endeffekt zieht der Regen in wenigen Minuten durch und das Gewittergrollen verlagert sich südseitig ins Tessin. Über einen Schutthang geht es steil hinunter zu einer weiteren Abseilstelle (40m bis auf das Firnfeld, Zwischenstand auf der Hälfte; unter Ausnutzung der 50m Seile reicht es sogar bis jenseits der Randkluft
).

Freiwillig oder nicht probieren alle vier aus, den Hang runter zu rutschen. Dann folgt eine grasige Hangquerung mit nochmal einem recht steilen Wegstück, der Rest ist dann sorglos. Wir kommen schließlich gegen sechs am Furkapaß an.
Gegen acht zieht ein fettes Gewitter mit Sturmböen durch
Wir hocken alle im Kleinbus und freuen uns, im Trockenen zu sitzen und zuzuschauen, wie Becks Mountain Hardware Zelt die Böen abreitet. Erwähnte ich bereits unser gutes Timing heute?
Montag
Die Beratung gestern hat ergeben: Monte Rosa Südseite (Lyskamm, Dufour, ...) statt Lauteraarhorn oder ähnlichem.
Also ist heute Fahrtag:
- den Furka runter
- den Simplon rauf
- um Lago Maggiore und Ortasee herum
- über den kleinen, aber feinen Paß "La Colma"
- das Val Sesia rauf
- Gepäck an die Talstation wuchten (Aufstieg by fair means scheint nicht drin zu sein)
- Auto auf den Talparkplatz verlegen
- drei Sektionen Seilbahnfahren
Schließlich latschen wir mit unseren Kleiderschränken auf dem Rücken noch eine Stunde bis in ein verschneites Kar in Sichtweite der Mantova-Hütte und stellen dort auf 3450m die Zelte auf.

Unser Basislager

Lysgletscher, gleich neben der Zeltapside
Das neu erweiterte Rifugio Città di Mantova
Dienstag
Spaghettirunde, Vorspeise: Erst um halb sieben marschieren wir ab. Von Westen drückt der Wind, aber es ist nahezu wolkenlos. In langsamem Tempo umgehen wir die Gnifettihütte, es gibt ein paar Pausen. Die Parrotspitze soll das erste Ziel sein („die Runde von hinten aufrollen“), liegt aber voll im Windkanal und dichte Wolken werden dort über den Grat gerissen.
Also nehmen wir erstmal die Ludwigshöhe (4340m) ein, die wenigstens noch nicht von den Wolken erfaßt wird.

Unmittelbar gegenüber lockt das Schwarzhorn (Corno Nera, 4321m), allerdings ist eine steile Firnflanke zu meistern. Ich schnappe mir ein zweites Eisgerät und pickele hoch. Guter Rat ist teuer: Außer eine Eisschraube nach den ersten sechs Metern läßt sich keine Sicherung anbringen bis zu dem Gipfel-Bohrhaken. Dazwischen geht der Weg aber erst gut zehn Meter schräg nach rechts und oben über den Gipfelgrat dann fünfzehn Meter nach links. Zum direkten Abseilen / Toprope reicht unser Seil nicht und der Wind erschwert den Meinungsaustausch zusätzlich.
Im Endeffekt klettere ich wieder ab, ohne jemanden nachzuholen und wir marschieren zum Balmenhorn weiter. Dort scheint die Sonne, wir rasten und machen ein Gruppenfoto.

Das Balmenhorn, ein Mikrogipfel mit Biwakschachtel (links) und Christusstatue drauf.

Endlich mal ein windstilles Plätzchen

Trickreiche Perspektive: Vorne der Balmenhorn-Fels, hinten das Walliser Weisshorn
Als nächstes gehen wir noch zur Vincentpyramide. Wir genießen die Aussicht:

Blick von der Vincentpyramide in die Monte-Rosa-Ostwand; links Schwarhorn - Ludwigshöhe - Parrotspitze
Unser Hochtouren-Rookie spurt dann mit gutem Zureden durch die Spaltenzone voran und wir kehren noch in der Gnifettihütte auf ein Bier ein.
Für morgen ist schlechteres Wetter vorhergesagt, danach wieder besser. Allerdings ist die Margheritahütte permanent ausgebucht… es bleibt schwierig.
Im Nebel erreichen wir die Zelte. Die Sonne kommt wieder heraus und wir kochen. Dann zieht ein Gewitter durch, das sich mit dunkelbraunen Wolken ankündigt und mächtig an den Zelten rüttelt. Und obwohl diese immer wieder lautstark unter den Sturmböen ächzen, schlafen wir ab acht Uhr

Mittwoch
Ich werde um kurz vor sechs von alleine wach, die Sonne scheint aber es immer noch sehr windig.

Also Abbruch, denn die exponierten Grattouren auf unsere Wunschziele sind bei solchem Wetter vielleicht nicht das Richtige. Um halb acht ist alles verpackt und wir wandern zur „Funivia“ hinunter.
Bereits um halb zehn sitzen wir leicht bekleidet in Alagna hinter einem Cappucino und planen…
Mati hat erstmal die Nase voll von schwerem Gepäck, Eis, Gewitter und Sturm. Sportklettern ist angesagt: Eine halbe Stunde später stehen wir unterhalb von Riva Valdobbia an der Sesia und packen einen kleinen Kletterrucksack. Wasser und Nußkuchen wird nach dem Kamelprinzip bevorratet, der Rest wandert in den Seilsack oder gleich an den Gurt.

"Bella Bellissima", die Schönste unter den Schönen wartet auf uns!
Der Zustieg ist ziemlich verschwiegen, ohne den versante sud hätten wir das nie gefunden.

Es hat neun Seillängen, drei davon bilden mit 6a+ die Hauptschwierigkeit. Die erste fällt an mich: Von einem Band erstmal paar Meter seitwärts über einen minimalst abdrängenden „Bauch“ und dann auf eine grifflose Platte hoch -- der erste Haken bleibt für mich unerreichbar.
Wir wechseln die Führung, mit gleichem (Miß-) Erfolg. Mutiges Stützen auf den Sicherer verhindert eine frühzeitige Aufgabe… aber die Länge bleibt ziemlich spannend und meine Begleiterin kämpft bravourös. Ich darf mich den Einstieg rauf-nullen, stehe dafür gleich vor der nächsten 6a+
Erstaunlicherweise ist diese total harmlos, nach 45m Standplatz an einem schattenspendenden Baum. Pause, mein (Kletter-)Leben ist wieder in Ordnung. Die Bewertung davor, ein Mißverständnis?
In der vorletzten Länge lauert schließlich die dritte 6a+... und wieder komme ich nicht rauf: Mit vielen guten Tipps und noch mehr unlauteren Tricks erreiche ich den vierten Haken, wo die Steilwand in eine Platte übergeht und schon ein Maillot Rapide vom Rückzug vergangener Seilschaften kündet; wieder muß Mati retten. Danach ist es nur noch eine lapidare 4c zum Ausstieg und wir lassen die Augen schweifen über die Sesia und rüber zu den weißen Monte Rosa Gipfeln.
Es ist halb sechs, Rückmeldung an Team Schweiz.
"Give me five" -- der letzte Schluck aus der Literflasche wird noch zweimal geteilt und abwärts geht's: Neun laaange Seillängen Talfahrt in gut siebzig Minuten. Am Auto wartet das Dosenbier und daneben die kühlen Fluten der Sesia.
Becks & Vegareve sind schon ins Wallis weitergefahren und wollen morgen auf das Lagginhorn. Da brauchen wir uns nicht mehr zu beeilen, wie vereinbart auf den Simplon zu kommen.
Nächste Stopp ist an einer kleinen Kapelle mit Blick auf den Orta-See; Dinner. Es gibt eine Asiasuppe, dann Ravioli mit Veggie-Wurst und Dosenhering…

Eine Quell-Fassung spendet wunderbar kühles Wasser und da wir in Italien sind, brauen wir noch einen Instant-Espresso. Dann kommen die Mücken...
Am Simplon blinken die Sterne, es ist halb zwölf. Ein schöner Ruhetag
Donnerstag
Die Eidgenossen mähen um sechs den Straßengraben
und das wo wir mal richtig Ruhetag machen wollten.
Egal, mich weckt die Sonne dann nochmal gegen neun und wir frühstücken unter stahlblauem Himmel. Nachdem etwas Ordnung eingekehrt ist, spazieren wir über die knallgrüne Paßlandschaft in zehn Minuten zum Klettergarten Simplon. Ich war nur mal Ostern hier oben und hätte ich nie gedacht, dass dieses Schneeloch so lieblich daherkommt! Blumen, wohin das Auge schaut.


Am Fels hängen allerdings die Trauben hoch, es gibt eine 5c und sonst unter 6a+ nichts. Alles hängt über, oft sind statt kleiner Leisten gar nur Aufleger da. Aber die Touren sind schön und die Umgebung traumhaft. Auch wenn es in den Fingern juckt, wir klettern ganze drei Touren... Am Wandfuß gibt es Kuchen

Nach Überfall in einem coop treffen wir uns wieder zu viert am Mattmarksee. Es gibt frisches Gemüse
Team Schweiz war auf dem Gipfel, vega hat aber ein paar Federn (bzw. Dellen) gelassen. Ein gemütlicher Abend!
Freitag
Eilig haben wir es nicht, aber gegen neun Uhr stehen die Autos ordnungsgemäß für zwei Tage frankiert auf dem Parkplatz und wir buckeln die großen Rücksäcke entlang des Stausees bergauf.



Auf der Randmoräne des Schwarzberggletschers

Das morgige Ziel vor Augen: Strahlhorn (4190m), der Südgrat bildet die linke Kante im Bild

Rödelpause, Gletscherzeug anlegen...

Kurz vor dem Grat, die Biwakschachtel ist liegt links oben auf dem Grat.
Das Bivacco Città di Luino liegt am Grat auf der Staatsgrenze auf 3582m; der Schwarzberggletscher dorthin ist nicht gespurt. Wir finden ein sehr entspanntes Tempo und sind um 15 Uhr an der kleinen, gelb-blauen Schachtel. Becks hat eine perfekte Spur um nahezu alle Spalten herum geführt, die Aussicht ist famos (Bernina, it. Tiefebene, Schweizer Viertausender...) und wir alle von unserem niedlichen, neuen Zuhause begeistert. Es gibt sogar einen Gaskocher, Solarstrom, Decken und sauber ist es auch.

Ist es nicht süß?

Alles tipp-topp... aber für nominell acht Leute schon ziemlich "gemütlich"

Routenverlauf für morgen
Alex und ich machen uns ans Schneeschmelzen und braten dabei in der Sonne. Nach einer Weile trete ich dann mal in den Schatten der Hütte und mir wird gleich richtig fies kalt – scheinbar hat der Körper bei der starken Strahlung die eigene Heizung gleich mal abgestellt. Ich ziehe was über und krieche unter die Decken, bis mir so halbwegs wieder warm wird. Großen Appetit habe ich jetzt nicht und auch kurze Wege empfinde ich als total anstrengend. Ist die Akklimatisation vom Monte Rosa schon wieder weg?
Es gibt Tee, Suppen und Nudeln; gegen halb neun kriechen wir schon in die untere Lager-Etage. Draußen wartet ein Schauspiel an Sonnenuntergang und Sternenhimmel, aber ich bin einfach zu müde und morgen wird es ja anstrengend.
Samstag
Wir starten erst nach sechs Uhr. Das Strahlhorn scheint so nah, es sind keine 700 Hm mehr! Doch zuvor muss das Schwarzberghorn traversiert werden, etwas ausgesetzt über ungünstig geschichtete Platten – unser Rookie ist beschäftigt.
Mir fällt vor allem der Firnanstieg danach schwer, ich bin wirklich nicht gut akklimatisiert. Die erste Felsstufe ist dagegen leichter als gedacht und um neun Uhr langen wir dann auch am Einstieg bei P.3883 an.

Bekannte Berge nebenan...

Die nächste Felsstufe hat auch eingangs UIAA I-II, ist aber weniger ausgesetzt
Mit Sicherungsmaterial und dem viel zu schweren Rucksack behängt umgehe ich ersten den Felsturm (Gedenkplakette). Oben zum Südgrat zurück wird der Fels wieder besser und ein Seilstück in einer Sanduhr markiert den ersten Stand. Hurra, geht doch!
Ich hole Mati nach; Becks steigt an meinen placements vor und holt Vegareve nach. Jeder nur ein Halbseilstrang… so schaut unsere (materialsparende) Strategie aus. Den nächsten Stand richte ich nach bestimmt vierzig Metern an einem dicken, orange gestrichenen Schlaghaken ein. Jetzt darf gelegentlich mal richtig geklettert werden, die Sache beginnt Spaß zu machen.

Nach den ersten zwei Längen gibt es allerdings keinerlei weitere Hinweise auf andere Begehungen. Es wechselt zwischen schuttigem Gehgelände, großen kippeligen Blöcken und richtig schönem steilem Fels bis vielleicht UIAA III. IVer Stellen sind eher Versehen.

Nach acht oder neun Seillängen übernimmt Alex die beiden letzten Seillängen mit dem ihm bekannten, verblüffend einfachen aber IMHO ziemlich trickreichen Ausstieg. Hier kommen dann auch mal die Eisschrauben zum Einsatz -- endlich mal eine verläßliche Zwischensicherung
Um sechzehn Uhr stehen wir auf P.4143, der Südschulter des Strahlhorns und umarmen uns. Das war eine lange, einsame Bergtour!
Aber noch sind wir keineswegs unten… ich werfe mal "5h Abstieg" in die Runde und ernte ungläubiges Staunen bei den Mädels. Zuerst ist der Hauptgipfel zu überschreiten; Becks nimmt alle ans lange Seil und sichert die kurze IIer-Kletterei zum Hauptgipfel auf 4190m vorbildlich ab.
Ab 17 Uhr geht es nur noch runter, zweitausend Höhenmeter.
Wieder findet Alex eine gute Route durch die doch vorhandenen Spalten. Ich bin durchaus froh, einfach als "Bremser" (dazu bin ich ja gewichtsmäßig auch prädestiniert
) hinterlatschen zu dürfen.

Wir rasten mehrfach; unter dem P.3144, der Allalin- und Hohlaubgletscher trennt, wenden wir uns dann südostwärts dem „Glacier Trail“ zu. Damit erreichen wir mit Stangen markiert den Schwarzbergkopf. Endlich können Seil und Gurt in den Rucksack. Meine Seilkameradin ist fertig, die Uhrzeit schon fortgeschritten (halb neun?). Becks und Vegareve laufen vor, wir langsamer hinterher durch die Grashänge ins Tal. Mit Einbruch der Dunkelheit haben wir den Fahrweg an der Schwarzbergalp erreicht und zu meiner Verblüffung ist erstmal ein Vollbad im Wassertrog angesagt! So erfrischt schafft sie auch die restlichen zwei Kilometer zum Parkplatz. Wir stoßen mit zwei Büchsen Bier an. Diese werden aber nicht mehr ausgetrunken…
Samstag
Vier Leute mit unterschiedlichen Vorlieben und Zielvorstellungen treffen sich am Nachmittag auf dem Furkapass: Becks, Vegareve, Mati (ohne ods.net-Konto) und meine Wenigkeit.
Zusammen spazieren wir gemütlich zur nahen Sidelenhütte (1h) und verbessern unsere Akklimatisation mit Süßmost und Bier. Am Pass gibt es dann noch Abendessen und eine Flasche Rotwein (rot und stark muss er bekanntlich sein, wußten schon die Engländer aus der goldenen Zeit des Alpinismus). Der Parkplatz nahe der Furka-Passhöhe ist gerappelt voll, aber trotzdem ist es ruhig.

Abendspaziergang zur Sidelenhütte mit dem aus der M****t-Werbung bekannten "Kamel" dahinter

Ziel und Route für morgen: Groß Furkahorn
Früh aufstehen ist doch mühsam... so richtig wach werden wir heute glaube ich erst, als der eine oder andere mehr oder weniger im Sidelenbach steht, beim Versuch diesen zu überqueren.
Viertel nach Sieben sind wir unter dem Groß-Furkahorn Südostgrat. Unser Eingeh-Dreitausender, Schwierigkeit 4c maximal.
Wir steigen nacheinander in zwei Teams ein. Der Start beinhaltet gleich mit den schwierigsten Teil: Schönes Bewegungsproblem in der ersten Seillänge; die zweite tut sich mit einer luftigen Passage hervor. Dann Gehgelände, aber wir sichern wie besprochen durch. In der Mitte des Grates stehen zwei Türme, die meine Mitstreiterin für einen kleinen Verhauer nutzt

Oben auf dem Gipfel von "wenig Platz" zu sprechen wäre zuviel gesagt: Eine steile Reibungsplatte für die Füße und ansonsten hängt man an zwei Bohrhaken. Also fädeln wir gleich zum Abseilen durch und verschieben die Pause, zumal sowieso eine schwarze Regenwand von Westen auf uns zuhält.

Während ich noch unser Team Schweiz nachhole, ist meine Seilpartnerin bereits unten in einem kleinen Kar. Hier sortieren wir unser Zeug zusammen und ziehen schon mal die Jacken an. Die nachfolgenden Seilschaften tönen auch relativ nervös...
Im Endeffekt zieht der Regen in wenigen Minuten durch und das Gewittergrollen verlagert sich südseitig ins Tessin. Über einen Schutthang geht es steil hinunter zu einer weiteren Abseilstelle (40m bis auf das Firnfeld, Zwischenstand auf der Hälfte; unter Ausnutzung der 50m Seile reicht es sogar bis jenseits der Randkluft


Freiwillig oder nicht probieren alle vier aus, den Hang runter zu rutschen. Dann folgt eine grasige Hangquerung mit nochmal einem recht steilen Wegstück, der Rest ist dann sorglos. Wir kommen schließlich gegen sechs am Furkapaß an.
Gegen acht zieht ein fettes Gewitter mit Sturmböen durch

Montag
Die Beratung gestern hat ergeben: Monte Rosa Südseite (Lyskamm, Dufour, ...) statt Lauteraarhorn oder ähnlichem.
Also ist heute Fahrtag:
- den Furka runter
- den Simplon rauf
- um Lago Maggiore und Ortasee herum
- über den kleinen, aber feinen Paß "La Colma"
- das Val Sesia rauf
- Gepäck an die Talstation wuchten (Aufstieg by fair means scheint nicht drin zu sein)
- Auto auf den Talparkplatz verlegen
- drei Sektionen Seilbahnfahren
Schließlich latschen wir mit unseren Kleiderschränken auf dem Rücken noch eine Stunde bis in ein verschneites Kar in Sichtweite der Mantova-Hütte und stellen dort auf 3450m die Zelte auf.

Unser Basislager

Lysgletscher, gleich neben der Zeltapside

Dienstag
Spaghettirunde, Vorspeise: Erst um halb sieben marschieren wir ab. Von Westen drückt der Wind, aber es ist nahezu wolkenlos. In langsamem Tempo umgehen wir die Gnifettihütte, es gibt ein paar Pausen. Die Parrotspitze soll das erste Ziel sein („die Runde von hinten aufrollen“), liegt aber voll im Windkanal und dichte Wolken werden dort über den Grat gerissen.
Also nehmen wir erstmal die Ludwigshöhe (4340m) ein, die wenigstens noch nicht von den Wolken erfaßt wird.

Unmittelbar gegenüber lockt das Schwarzhorn (Corno Nera, 4321m), allerdings ist eine steile Firnflanke zu meistern. Ich schnappe mir ein zweites Eisgerät und pickele hoch. Guter Rat ist teuer: Außer eine Eisschraube nach den ersten sechs Metern läßt sich keine Sicherung anbringen bis zu dem Gipfel-Bohrhaken. Dazwischen geht der Weg aber erst gut zehn Meter schräg nach rechts und oben über den Gipfelgrat dann fünfzehn Meter nach links. Zum direkten Abseilen / Toprope reicht unser Seil nicht und der Wind erschwert den Meinungsaustausch zusätzlich.
Im Endeffekt klettere ich wieder ab, ohne jemanden nachzuholen und wir marschieren zum Balmenhorn weiter. Dort scheint die Sonne, wir rasten und machen ein Gruppenfoto.

Das Balmenhorn, ein Mikrogipfel mit Biwakschachtel (links) und Christusstatue drauf.

Endlich mal ein windstilles Plätzchen


Trickreiche Perspektive: Vorne der Balmenhorn-Fels, hinten das Walliser Weisshorn
Als nächstes gehen wir noch zur Vincentpyramide. Wir genießen die Aussicht:

Blick von der Vincentpyramide in die Monte-Rosa-Ostwand; links Schwarhorn - Ludwigshöhe - Parrotspitze
Unser Hochtouren-Rookie spurt dann mit gutem Zureden durch die Spaltenzone voran und wir kehren noch in der Gnifettihütte auf ein Bier ein.
Für morgen ist schlechteres Wetter vorhergesagt, danach wieder besser. Allerdings ist die Margheritahütte permanent ausgebucht… es bleibt schwierig.
Im Nebel erreichen wir die Zelte. Die Sonne kommt wieder heraus und wir kochen. Dann zieht ein Gewitter durch, das sich mit dunkelbraunen Wolken ankündigt und mächtig an den Zelten rüttelt. Und obwohl diese immer wieder lautstark unter den Sturmböen ächzen, schlafen wir ab acht Uhr


Mittwoch
Ich werde um kurz vor sechs von alleine wach, die Sonne scheint aber es immer noch sehr windig.

Also Abbruch, denn die exponierten Grattouren auf unsere Wunschziele sind bei solchem Wetter vielleicht nicht das Richtige. Um halb acht ist alles verpackt und wir wandern zur „Funivia“ hinunter.
Bereits um halb zehn sitzen wir leicht bekleidet in Alagna hinter einem Cappucino und planen…
Mati hat erstmal die Nase voll von schwerem Gepäck, Eis, Gewitter und Sturm. Sportklettern ist angesagt: Eine halbe Stunde später stehen wir unterhalb von Riva Valdobbia an der Sesia und packen einen kleinen Kletterrucksack. Wasser und Nußkuchen wird nach dem Kamelprinzip bevorratet, der Rest wandert in den Seilsack oder gleich an den Gurt.

"Bella Bellissima", die Schönste unter den Schönen wartet auf uns!
Der Zustieg ist ziemlich verschwiegen, ohne den versante sud hätten wir das nie gefunden.

Es hat neun Seillängen, drei davon bilden mit 6a+ die Hauptschwierigkeit. Die erste fällt an mich: Von einem Band erstmal paar Meter seitwärts über einen minimalst abdrängenden „Bauch“ und dann auf eine grifflose Platte hoch -- der erste Haken bleibt für mich unerreichbar.
Wir wechseln die Führung, mit gleichem (Miß-) Erfolg. Mutiges Stützen auf den Sicherer verhindert eine frühzeitige Aufgabe… aber die Länge bleibt ziemlich spannend und meine Begleiterin kämpft bravourös. Ich darf mich den Einstieg rauf-nullen, stehe dafür gleich vor der nächsten 6a+

Erstaunlicherweise ist diese total harmlos, nach 45m Standplatz an einem schattenspendenden Baum. Pause, mein (Kletter-)Leben ist wieder in Ordnung. Die Bewertung davor, ein Mißverständnis?
In der vorletzten Länge lauert schließlich die dritte 6a+... und wieder komme ich nicht rauf: Mit vielen guten Tipps und noch mehr unlauteren Tricks erreiche ich den vierten Haken, wo die Steilwand in eine Platte übergeht und schon ein Maillot Rapide vom Rückzug vergangener Seilschaften kündet; wieder muß Mati retten. Danach ist es nur noch eine lapidare 4c zum Ausstieg und wir lassen die Augen schweifen über die Sesia und rüber zu den weißen Monte Rosa Gipfeln.
Es ist halb sechs, Rückmeldung an Team Schweiz.
"Give me five" -- der letzte Schluck aus der Literflasche wird noch zweimal geteilt und abwärts geht's: Neun laaange Seillängen Talfahrt in gut siebzig Minuten. Am Auto wartet das Dosenbier und daneben die kühlen Fluten der Sesia.

Becks & Vegareve sind schon ins Wallis weitergefahren und wollen morgen auf das Lagginhorn. Da brauchen wir uns nicht mehr zu beeilen, wie vereinbart auf den Simplon zu kommen.
Nächste Stopp ist an einer kleinen Kapelle mit Blick auf den Orta-See; Dinner. Es gibt eine Asiasuppe, dann Ravioli mit Veggie-Wurst und Dosenhering…


Eine Quell-Fassung spendet wunderbar kühles Wasser und da wir in Italien sind, brauen wir noch einen Instant-Espresso. Dann kommen die Mücken...
Am Simplon blinken die Sterne, es ist halb zwölf. Ein schöner Ruhetag

Donnerstag
Die Eidgenossen mähen um sechs den Straßengraben

Egal, mich weckt die Sonne dann nochmal gegen neun und wir frühstücken unter stahlblauem Himmel. Nachdem etwas Ordnung eingekehrt ist, spazieren wir über die knallgrüne Paßlandschaft in zehn Minuten zum Klettergarten Simplon. Ich war nur mal Ostern hier oben und hätte ich nie gedacht, dass dieses Schneeloch so lieblich daherkommt! Blumen, wohin das Auge schaut.


Am Fels hängen allerdings die Trauben hoch, es gibt eine 5c und sonst unter 6a+ nichts. Alles hängt über, oft sind statt kleiner Leisten gar nur Aufleger da. Aber die Touren sind schön und die Umgebung traumhaft. Auch wenn es in den Fingern juckt, wir klettern ganze drei Touren... Am Wandfuß gibt es Kuchen


Nach Überfall in einem coop treffen wir uns wieder zu viert am Mattmarksee. Es gibt frisches Gemüse

Freitag
Eilig haben wir es nicht, aber gegen neun Uhr stehen die Autos ordnungsgemäß für zwei Tage frankiert auf dem Parkplatz und wir buckeln die großen Rücksäcke entlang des Stausees bergauf.



Auf der Randmoräne des Schwarzberggletschers

Das morgige Ziel vor Augen: Strahlhorn (4190m), der Südgrat bildet die linke Kante im Bild

Rödelpause, Gletscherzeug anlegen...

Kurz vor dem Grat, die Biwakschachtel ist liegt links oben auf dem Grat.
Das Bivacco Città di Luino liegt am Grat auf der Staatsgrenze auf 3582m; der Schwarzberggletscher dorthin ist nicht gespurt. Wir finden ein sehr entspanntes Tempo und sind um 15 Uhr an der kleinen, gelb-blauen Schachtel. Becks hat eine perfekte Spur um nahezu alle Spalten herum geführt, die Aussicht ist famos (Bernina, it. Tiefebene, Schweizer Viertausender...) und wir alle von unserem niedlichen, neuen Zuhause begeistert. Es gibt sogar einen Gaskocher, Solarstrom, Decken und sauber ist es auch.

Ist es nicht süß?

Alles tipp-topp... aber für nominell acht Leute schon ziemlich "gemütlich"

Routenverlauf für morgen
Alex und ich machen uns ans Schneeschmelzen und braten dabei in der Sonne. Nach einer Weile trete ich dann mal in den Schatten der Hütte und mir wird gleich richtig fies kalt – scheinbar hat der Körper bei der starken Strahlung die eigene Heizung gleich mal abgestellt. Ich ziehe was über und krieche unter die Decken, bis mir so halbwegs wieder warm wird. Großen Appetit habe ich jetzt nicht und auch kurze Wege empfinde ich als total anstrengend. Ist die Akklimatisation vom Monte Rosa schon wieder weg?
Es gibt Tee, Suppen und Nudeln; gegen halb neun kriechen wir schon in die untere Lager-Etage. Draußen wartet ein Schauspiel an Sonnenuntergang und Sternenhimmel, aber ich bin einfach zu müde und morgen wird es ja anstrengend.
Samstag
Wir starten erst nach sechs Uhr. Das Strahlhorn scheint so nah, es sind keine 700 Hm mehr! Doch zuvor muss das Schwarzberghorn traversiert werden, etwas ausgesetzt über ungünstig geschichtete Platten – unser Rookie ist beschäftigt.
Mir fällt vor allem der Firnanstieg danach schwer, ich bin wirklich nicht gut akklimatisiert. Die erste Felsstufe ist dagegen leichter als gedacht und um neun Uhr langen wir dann auch am Einstieg bei P.3883 an.

Bekannte Berge nebenan...

Die nächste Felsstufe hat auch eingangs UIAA I-II, ist aber weniger ausgesetzt
Mit Sicherungsmaterial und dem viel zu schweren Rucksack behängt umgehe ich ersten den Felsturm (Gedenkplakette). Oben zum Südgrat zurück wird der Fels wieder besser und ein Seilstück in einer Sanduhr markiert den ersten Stand. Hurra, geht doch!
Ich hole Mati nach; Becks steigt an meinen placements vor und holt Vegareve nach. Jeder nur ein Halbseilstrang… so schaut unsere (materialsparende) Strategie aus. Den nächsten Stand richte ich nach bestimmt vierzig Metern an einem dicken, orange gestrichenen Schlaghaken ein. Jetzt darf gelegentlich mal richtig geklettert werden, die Sache beginnt Spaß zu machen.

Nach den ersten zwei Längen gibt es allerdings keinerlei weitere Hinweise auf andere Begehungen. Es wechselt zwischen schuttigem Gehgelände, großen kippeligen Blöcken und richtig schönem steilem Fels bis vielleicht UIAA III. IVer Stellen sind eher Versehen.

Nach acht oder neun Seillängen übernimmt Alex die beiden letzten Seillängen mit dem ihm bekannten, verblüffend einfachen aber IMHO ziemlich trickreichen Ausstieg. Hier kommen dann auch mal die Eisschrauben zum Einsatz -- endlich mal eine verläßliche Zwischensicherung

Um sechzehn Uhr stehen wir auf P.4143, der Südschulter des Strahlhorns und umarmen uns. Das war eine lange, einsame Bergtour!

Aber noch sind wir keineswegs unten… ich werfe mal "5h Abstieg" in die Runde und ernte ungläubiges Staunen bei den Mädels. Zuerst ist der Hauptgipfel zu überschreiten; Becks nimmt alle ans lange Seil und sichert die kurze IIer-Kletterei zum Hauptgipfel auf 4190m vorbildlich ab.
Ab 17 Uhr geht es nur noch runter, zweitausend Höhenmeter.
Wieder findet Alex eine gute Route durch die doch vorhandenen Spalten. Ich bin durchaus froh, einfach als "Bremser" (dazu bin ich ja gewichtsmäßig auch prädestiniert


Wir rasten mehrfach; unter dem P.3144, der Allalin- und Hohlaubgletscher trennt, wenden wir uns dann südostwärts dem „Glacier Trail“ zu. Damit erreichen wir mit Stangen markiert den Schwarzbergkopf. Endlich können Seil und Gurt in den Rucksack. Meine Seilkameradin ist fertig, die Uhrzeit schon fortgeschritten (halb neun?). Becks und Vegareve laufen vor, wir langsamer hinterher durch die Grashänge ins Tal. Mit Einbruch der Dunkelheit haben wir den Fahrweg an der Schwarzbergalp erreicht und zu meiner Verblüffung ist erstmal ein Vollbad im Wassertrog angesagt! So erfrischt schafft sie auch die restlichen zwei Kilometer zum Parkplatz. Wir stoßen mit zwei Büchsen Bier an. Diese werden aber nicht mehr ausgetrunken…

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