Wer Lychen nicht liebt (Fegefeuer II)

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  • Igelstroem
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    Wer Lychen nicht liebt (Fegefeuer II)

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    Tag 1: Bahnhof Templin Stadt – Biwakplatz Fegefeuer (21,6 km)
    Tag 2: Biwakplatz Fegefeuer – Bahnhof Fürstenberg/Havel (19,9 km)

    Mittwoch, 6. September 2023 – Donnerstag, 7. September 2023



    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

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Größe: 2,23 MB
ID: 3216631

    Mein letzter Besuch am Biwakplatz Fegefeuer liegt schon fast neun Jahre zurück:
    https://www.outdoorseiten.net/vb5/fo...t-im-fegefeuer

    Diesmal soll der Weg in Gegenrichtung gelaufen werden, also von Templin nach Fürstenberg. Hier die tatsächliche Route:

    https://www.komoot.de/tour/1288877769

    Außerdem ist Anfang September und es herrscht mediterranes Wetter, sachlicher gesprochen eine Omega-Wetterlage, die es erlaubt, auf die Mitnahme von Regen- und Kälteschutzmachenschaften zu verzichten.

    Die Licht- und Landschaftsstimmungen dieser und der damaligen Tour könnten kaum gegensätzlicher sein; dementsprechend erkenne ich auch die Wege kaum wieder. An die Stelle mystischer Orte wie der Dorfwüstung Kastaven treten kärgliche Mauerreste irgendwo im Wald. Kühle Laufbänder verwandeln sich in sonnenglühende Durststrecken und so weiter.

    Seinerzeit passte die Wegstrecke gerade so in den kurzen Novembertag und kam mir kurz vor; diesmal ist die Wärme belastend und man fühlt sich von ferne an frühere Versuche erinnert, zu Fuß aus französischen Kleinstädten hinauszuwandern – während manches andere Detail gerade nicht an Frankreich erinnert, sondern eben Brandenburg ist. Oder sogar Lychen.

    Nicht dass wir ursprünglich vorgehabt hätten, Lychen zu durchqueren, vielmehr sollte der Ort eigentlich genauso weiträumig umgangen werden wie damals im November. Aber nachdem uns der Weg schon am ersten Tag lang vorgekommen war, haben wir ihn am zweiten vorsichtigerweise abgekürzt, klugerweise wohl auch, denn beim Eintreffen in Fürstenberg fühlen sich die arbeitenden Körperteile so an, als hätten sie 30 Kilometer zurückgelegt.

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    Genusswanderer in Alt Placht


    Ein Zusammenhang dieser Tour mit unserer Wanderung von Berlin nach Zerpenschleuse besteht insoweit, als die Wegstrecke des ersten Tages zugleich eine Etappe der Escape-Route von Berlin nach Burg Stargard gewesen wäre.

    Zwischen Zerpenschleuse und Templin liegen ungefähr zwei – jetzt sozusagen real ausgelassene – Tagesetappen, die im Wesentlichen durch die Schorfheide führen. Dort kann man zwar allein durchlaufen, wenn man sehr meditativ gestimmt ist, aber man würde das jetzt keinem Mitwanderer als Einstieg ins wunderschöne Brandenburg andienen.

    Ich selber habe neulich die Biwakoptionen zwischen Zerpenschleuse und Groß Dölln (also grob gesprochen in der südlichen Schorfheide) bei einer Tagestour exploriert, aber ein Schorfheidefieber nach dem Vorbild der hier im Forum verbreiteten Sarek-Krankheit wollte sich nicht einstellen.

    [Fortsetzung folgt]
    Zuletzt geändert von Igelstroem; 09.09.2023, 15:48.
    Lebe Deine Albträume und irre umher

  • Ditschi
    Freak

    Liebt das Forum
    • 20.07.2009
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    • Meine Reisen

    #2
    Lychen lieben ? Eher nicht. Wir waren im Februar 2023 dort für drei Tage im Seehotel Lindenhof. Ansprechendes Hotel, schön gelegen außerhalb des Ortes auf einer Halbinsel im See. Überhaupt sehr schöne Umgebung mit den vielen Seen und Wäldern. Die Umgebung haben wir genossen, denn um die Jahreszeit hatten wir die Landschaft für uns. Den Ort selbst fanden wir eher trostlos. Lag wohl auch daran, daß im Februar fast alles geschlossen hatte, insbesondere die Gastronomie. Nur im Mühlenhof konnten wir außerhalb des Hotels gut und günstig essen.
    Aber, @ igelstroem, Du bereist die Gegend ja unter ganz anderen Umständen. Deshalb wird Dein Fazit vermutlich ein anderes sein , auf das ich gespannt bin und das ich keinesfalls vorweg nehmen möchte.
    Ditschi

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    • Igelstroem
      Fuchs
      • 30.01.2013
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      • Meine Reisen

      #3
      Zitat von Ditschi Beitrag anzeigen
      Den Ort selbst fanden wir eher trostlos.
      Später mehr darüber. 🙃
      Lebe Deine Albträume und irre umher

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      • Ditschi
        Freak

        Liebt das Forum
        • 20.07.2009
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        #4
        Ja, verstanden. Ich warte gespannt.
        Ditschi

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        • Igelstroem
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          #5
          Wir starten ungefähr um halb zwölf am Bahnhof, weichen aber gleich mal von der komoot-Route ab, um einen Blick auf den Marktplatz und das klassizistische Rathaus zu werfen.

          Gemeinsam waren wir hier zuletzt im Oktober 2018 am Ende einer Tages-Radtour (Nechlin-Templin). Diesmal suchen wir eine Bäckerei auf und essen ein bisschen Kuchen zu Mittag, schweren Mohnkuchen mit Verdacht auf vierstellige Kalorienmenge sozusagen, aber das wird ja irgendwie wieder verbrennen.

          Dann also durch das nächstrichtige Stadttor hinauslaufen und eine Weile am Templiner Gewässer entlang, das theoretisch fließen sollte, optisch aber eher steht. Ich versuche derweil meinem Mitwanderer zu erklären, wieso »Templiner Gewässer« ein etwas ungewöhnlicher Name ist.

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          Templiner Gewässer mit Uferweg

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          Templiner Gewässer als Spiegel (Bild: Ismael)


          Einige Niederungswiesen später, wir haben inzwischen Insektenschutz aufgetragen, erreichen wir an einem Rastplatz die Straße nach Röddelin, folgen dem Radweg neben der Straße und biegen dann nach rechts Richtung Schulzenfelde ab. Wahrscheinlich wird erst dort die Route erreicht, die ich seinerzeit mit dem User »eisen« in umgekehrter Richtung gelaufen bin.

          Jedenfalls tobt hier die Sonne und man kann eines dieser frenetischen Geradeauswegbilder machen, die in meinen Berichten immer mal erscheinen:

          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_20230906_132013cut.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,41 MB ID: 3216671

          Das ist natürlich noch vor Schulzenfelde, und dieses Schulzenfelde besteht im Wesentlichen aus einer großen Biogasanlage, die man im obigen Bild unmittelbar über dem Kopf des Wanderers als ein sich andeutendes anderes Grün erkennen kann.

          Später wechselt der Weg zwischen Feld und Wald, inzwischen ohne Asphalt.

          Die nächste Ortschaft ist das Dorf Neu-Placht, wo wir freundlich mit einem Einheimischen zusammenprallen, der wissen will, wo es denn hingeht. Das erklären wir ihm dann.

          Als ich ihn frage, ob er vielleicht auch unsere Wasserflaschen auffüllen kann, meint er, er habe ja auch »nur Brunnenwasser«, es gebe aber einen Wasserhahn auf dem Friedhof. Gleich da vorne am Laternenpfahl durch das Tor rein.
          Und in der Tat gibt es einen kleinen Friedhof mit Kapelle versteckt hinter einer Hecke, nicht größer als ein Hausgrundstück; dort machen wir jetzt Pause auf der Sitzbank.

          Ich berichte diese Anekdote nicht, um eine alte Auseinandersetzung über die Wasserversorgung von Friedhöfen aufzuwärmen, sondern um deutlich zu machen, dass bei der Lösung pragmatischer Probleme einfach unterschiedliche Situationen zustande kommen. Einmal wird man für die Entnahme von Friedhofswasser getadelt, einmal dazu aufgefordert; einmal trifft man auf Einheimische, die einem Mineralwasser in Flaschen mitgeben, einmal trifft man überhaupt niemanden und ist absolut auf den Wasserfilter angewiesen. Damit, das heißt mit allen diesen Situationen muss man in dünn besiedelten Kulturlandschaften rechnen.

          Auf Neu-Placht folgt nach einer Weile Alt-Placht mit großem amtlichem Forstbetrieb und einer kleinen, sehr edel sanierten Fachwerkkirche, dem »Kirchlein im Grünen«, das auch schon im Novembernacht-Bericht fotografiert worden ist. Dass wir dort eine weitere Liegepause machen, war ja oben schon in der Einführung zu sehen.

          Ansonsten ist aus dieser Gegend noch zu berichten, dass die stillgelegte Bahnstrecke Templin – Lychen – Fürstenberg immer noch existiert, aber der Draisinenbetrieb ist inzwischen ebenfalls eingestellt und die Strecke ist meines Wissens neulich für eine knappe Million Euro an einen Altmetallverwerter verkauft worden. Er ist aber noch nicht dazu gekommen, sie abzubauen.


          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_7809.jpg Ansichten: 0 Größe: 494,6 KB ID: 3216674
          Schnittholz am Weg (Bild: Ismael)


          Im weiteren Verlauf der Route bewegt man sich vor allem am hohen Ostufer des Platkowsees, das zu dieser Jahreszeit natürlich ganz anders aussieht als im November.

          Es gibt dort auch eine kleine, etwas in die Jahre gekommene Schutzhütte, die ich leider nicht fotografiert habe, obwohl wir dort länger Pause gemacht haben. Sie liegt aber ohnehin im Naturschutzgebiet und würde sich also schon von daher nicht zum Übernachten eignen.


          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_20230906_165319.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,92 MB ID: 3216676
          Wanderer am Platkowsee

          Nebenbei ist es ja mitunter etwas bestürzend zu sehen, was meine Handy-Kamera in den abgeschatteten Bereichen künstlerisch anrichtet. Es ist, als wollte sie sagen: »Ach, Tarnmuster hab ich nicht gesehen, ich mal’ dir schnell ein neues.«


          Exkurs zum Rucksack

          Nachdem der Wanderer schon zweimal rückseitig gezeigt wurde, wird sich wohl bald die Frage nach dem Rucksack stellen. Man kann das auf den Bildern nicht richtig erkennen, deshalb erkläre ich es:

          Es handelt sich eigentlich um einen britischen Radio Carrier, also einen relativ flachen, extrem robusten, tornisterähnlichen Rucksack mit monströsen Reißverschlüssen, die unter anderem die Befestigung von Zusatztaschen im MMPS-Stil erlauben. Die Zipper sind auch Berghaus-kompatibel – man muss aber die Seitentaschen des Berghaus Atlas verwenden und nicht die meines Berghaus Centurio, denn letztere würden wegen der Laufrichtung des Zippers auf dem Kopf stehen.
          Da wir das Zusatzvolumen nicht unbedingt gebraucht haben (der Radio Carrier hat ›nackt‹ ein Volumen von 20-25 Litern, würde ich schätzen), habe ich hier nur probehalber statt der Zusatztaschen Berghaus-Molle-Pads angezippt. Dadurch entsteht ein flacher Zusatz-Stauraum zwischen Rucksack und Pad, in den man Sachen für den ›Schnellzugriff‹ hineinklemmen kann, sofern man keine Angst hat, dass sie unten herausfallen. Es passt zum Beispiel eine Regenjacke hinein, oder auch diverse Lebensmittel, in unserem Fall sogar eine Mango.

          Wir hatten nämlich eine Mango dabei. Sie wog am Vortag 460 Gramm. Leider gelangte sie von Verzehrmaßnahmen unbehelligt zurück nach Berlin; beim Eintreffen wog sie noch 453 Gramm.

          Der unschätzbare Vorteil des Radio Carriers, um auf den zurückzukommen, besteht außer in seiner Robustheit und seiner Erweiterbarkeit darin, dass er zumindest im ›nackten‹ Zustand (ohne Erweiterungen) sehr flach und kompakt am Rücken sitzt, also den Lastschwerpunkt nah an der Wirbelsäule hält. Bei zweitägigen Solo-Touren besteht eine reelle Chance, mit dem Volumen auszukommen, deshalb ist das in Zukunft für mich eine reale Option.
          Zuletzt geändert von Igelstroem; 11.09.2023, 11:03.
          Lebe Deine Albträume und irre umher

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          • atlinblau
            Alter Hase
            • 10.06.2007
            • 4125
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            #6
            Ich liebe Lychen auch, liegt am Wasser. Ich hatte daher einen Reisebericht auf Wasserwegen erwartet.
            Historische Bemerkung... war mit dem "Faltbookabinett" mal das Mekka der Faltboote.

            >>>klick!
            und
            >>>klack!

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            • Igelstroem
              Fuchs
              • 30.01.2013
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              #7
              Zitat von atlinblau Beitrag anzeigen
              Ich liebe Lychen auch, liegt am Wasser. Ich hatte daher einen Reisebericht auf Wasserwegen erwartet.
              Danke für die beiden Links. Habe mir das durchgelesen.

              In meinem auf das Erkennen und Vervollständigen von Phrasen trainierten Gehirn wird der Halbsatz »Wer Lychen nicht liebt« quasi automatisch zu einem Ganzsatz erweitert. Die Vermutung, dass ich Lychen liebe, ist von daher voreilig.

              Einen Reisebericht auf Wasserwegen wird es von mir nicht geben. Ich habe vor Jahren mal kurz überlegt, ob man ein ultraleichtes Luftboot beim Wandern mitnehmen könnte, um all diese störenden schmalen und langen Kleinseen, die es in der Region gibt, pioniermäßig mit dem Boot zu überqueren. Also z.B. Nortik Trekraft in Olivgrün. Habe aber noch rechtzeitig erkannt, dass das eine bekloppte Idee ist.
              Lebe Deine Albträume und irre umher

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              • atlinblau
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                • 10.06.2007
                • 4125
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                #8
                Zitat von Igelstroem Beitrag anzeigen

                Danke für die beiden Links. Habe mir das durchgelesen.
                ..

                Einen Reisebericht auf Wasserwegen wird es von mir nicht geben. Ich habe vor Jahren mal kurz überlegt, ob man ein ultraleichtes Luftboot beim Wandern mitnehmen könnte,.
                Wir haben als Wanderer unterschiedliche Prioritäten.
                Du wolltest etwas für das Wasser zwischen den Wegen - ich brauche was, für das Land zwischen den Gewässern
                (hier vier von sechs nach dem Winterschlaf...)

                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

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                • Igelstroem
                  Fuchs
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                  • Meine Reisen

                  #9
                  Den Biwakplatz Fegefeuer erreichen wir etwa um 18:20 Uhr. Wir sind beide ziemlich müde, nach simplen 22 Kilometern, und dass Ismael mir die Logistik überlassen hat, bedeutet jetzt, dass ich Kaffee koche und er im Küstriner Bach baden geht.


                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_20230906_190549cut.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,74 MB ID: 3216788
                  Küstriner Bach


                  Der Biwakplatz hat inzwischen etwas mehr Möblierung als vor neun Jahren. Es gibt einen mit Blech beschlagenen Tisch sowie einige Sitzmöglichkeiten am Tisch, rund um die Feuerstelle sowie an der Anlegestelle. Bekanntlich wird der Platz ehrenamtlich gepflegt, das heißt es wird zum Beispiel auch etwas Feuerholz zur Verfügung gestellt, andererseits besteht ein gewisses Risiko, dass die Besucher:innen die Möblierung ebenfalls als Feuerholz interpretieren.

                  Wir sind allein und ich rechne eigentlich damit, dass das so bleibt, zumal ja der Bach kaum befahrbar ist. In Sichtweite stromaufwärts gibt es jetzt einen Biberstaudamm, der für ein meditatives Wasserfallgeräusch sorgt.


                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_7868.jpg Ansichten: 0 Größe: 429,6 KB ID: 3216789
                  Noch eine Spiegelung (Bild: Ismael)

                  Aber wenig später taucht ein Radfahrer auf, der uns nun Gesellschaft leisten wird. Er ist mit Hängematte und Tarp unterwegs und installiert sich in einer Ecke des Platzes an der Einfriedung, während ich am anderen Ende die beiden Zelte aufbaue. Er hat im Übrigen eine Klappsäge und weiteres Holzwerkzeug bei sich, und überhaupt ist er unter anderem deshalb hier, weil er gern Feuer macht. Bei Waldbrandwarnstufe III von V scheint das an dieser Feuerstelle auch noch durchaus vertretbar; der Platz selbst ist ja insgesamt eher feucht als trocken.


                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_7850.jpg Ansichten: 0 Größe: 483,2 KB ID: 3216791
                  Feuerstelle mit dritter Person (Fotograf: Ismael, Aufnahme morgens)


                  Wir haben also ein kleines Feuer an diesem Abend, nachdem der Radfahrer eine Weile gearbeitet hat. Ismael hat sich bereits ins Zelt zurückgezogen und lässt sich dort von mir das Tütenessen servieren; später unterhalte ich mich noch ziemlich lange am Feuer mit dem Radfahrer über das Leben im Allgemeinen und Outdoor-Ausrüstungsfragen im Besonderen. Man kann sich das denken. Auch die Konstellation mit schlafendem Ismael und redendem Igelstroem ist nicht überraschend.


                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 95B97385-C092-49A6-A613-E1179CC79AA2-2.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,98 MB ID: 3216790
                  Zelte: Six Moon Designs Trekker (links); Innenzelt des Snugpak Ionosphere (rechts);
                  Aufnahme am nächsten Morgen (Fotograf: Ismael)


                  Ungefähr um elf gehe ich schlafen. Oder war es später? Die Nacht bleibt jedenfalls ruhig, allerdings kommt irgendwann der Mond hervor und steht beobachtend zwischen den Baumwipfeln. Wahrscheinlich bin ich dadurch aufgewacht und habe zwischendurch eine Weile wachgelegen. Letztlich stehen wir am Morgen ungefähr um acht Uhr auf.
                  Zuletzt geändert von Igelstroem; 12.09.2023, 17:21.
                  Lebe Deine Albträume und irre umher

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                  • Igelstroem
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                    #10

                    Am Morgen wird wieder Feuer gemacht und wir unterhalten uns noch eine Weile zu dritt. Zwischendurch baue ich die Zelte ab und packe die beiden Rucksäcke.

                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_7872.jpg Ansichten: 0 Größe: 570,6 KB ID: 3217141


                    Angesichts der Anstrengungen des Vortags habe ich mir schon gestern überlegt, dass es wohl besser ist, die Route abzukürzen, um eine 25-km-Etappe zu vermeiden.

                    Und das bedeutet angesichts der gegebenen Geographie mit ihren überall herumlungernden Seen, dass wir auf jeden Fall Lychen durchqueren und sowohl vor wie auch hinter Lychen eine Weile an der Straße entlanglaufen müssen. Das stellt sich als machbar heraus, um das vorwegzunehmen.

                    Ferner könnten wir dann in Lychen eine Stadtpause machen, also sozusagen Kultur statt brandenburgischer Wald- und Konversionsflächenwildnis.

                    Mein voriger Aufenthalt in Lychen bestand wohl in einer Durchquerung mit dem Auto auf dem Weg von Berlin nach Burg Stargard, und bei meinem vorletzten Kontakt habe ich am Ende einer zweitägigen Tour, von der es keinen ausführlichen ODS-Bericht gibt, gemeinsam mit den Usern Pfad-Finder, eisen und Alf am Markt gesessen und auf einen Rufbus gewartet. Das war ein sonnig-kalter Sonntagmittag im Winter, und mir fiel damals auf, dass keine der sichtbaren Gaststätten geöffnet und auch sonst nicht viel Leben zu beobachten war. Lychen ist im Winter einfach geschlossen, so der damalige Eindruck.


                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_7875.jpg Ansichten: 0 Größe: 396,1 KB ID: 3217142
                    Letztes Bild vom Biwakplatz (Fotograf: Ismael)

                    Wir brechen ziemlich genau um zehn Uhr auf, es ist natürlich warm und sonnig und der Weg bis zur Straße führt zunächst durch einen lichten, moosigen Kiefernwald.

                    Blick nach oben:

                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_7882.jpg Ansichten: 0 Größe: 551,0 KB ID: 3217143
                    (Fotograf: Ismael)

                    Nebenbei kann man hier jetzt die letzten Brombeeren essen:

                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_7884.jpg Ansichten: 0 Größe: 217,0 KB ID: 3217144


                    Im weiteren Verlauf folgen wir der zu dieser Zeit wenig befahrenen L15, wo man einigermaßen auf dem gemähten Randstreifen vorankommt. Am Rand von Lychen kann man dann von der Straße abweichen und sich durch die Kleingartensiedlungen bis ins ›Zentrum‹ durchmogeln.

                    Wir sind dort bereits um kurz nach elf, besuchen die Kirche und fragen bei der Handweberei (wo jemand freundlich Aussehendes draußen sitzt) nach einer Gastronomie-Empfehlung. Da es aber noch vor zwölf Uhr ist, landen wir letztlich doch im Asia-Imbiss, wo wir Frühlingsrollen, Pommes und eine große Flasche Cola konsumieren.

                    So viel dazu. Ansonsten ist in Lychen Anfang des 20. Jahrhunderts die Reißzwecke erfunden worden. An dem Haus, wo das geschah, läuft man eventuell vorbei; in den Fenstern hängen jetzt ein paar Blätter zu Themen wie Merkel und Corona.
                    Die Bäckerei am Markt (man fragt sich nämlich eventuell, warum es keine Bäckerei gibt) ist im vorigen Jahr explodiert bzw. genauer gesagt einer Gasexplosion zum Opfer gefallen.


                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_7894.jpg Ansichten: 0 Größe: 240,1 KB ID: 3217145
                    Kirchenfenster (Fotograf: Ismael)


                    Tacitus, der im letzten Abschnitt der »Germania« jene Grenzvölker thematisiert, von denen er nicht recht weiß, ob sie eigentlich noch Germanen sind, schreibt über die Lychener etwas despektierlich:

                    »De Lychenensibus nihil nisi bene. Unum autem dicere licet: alienum vagantem pauci jovialiter, nonnulli bovialiter conspiciunt. Cave panem, non canem.«

                    Frei übersetzt heißt das auf Deutsch:
                    »Über die Lychener rede man entweder gar nicht oder gut. Eines aber darf man wohl sagen: Den fremden Wanderer betrachten wenige mit Wohlwollen, manche andere stieren ihn buchstäblich an. Hüte dich vor dem Brot, nicht vor dem Hund.«

                    Manches davon mag wohl heute noch so sein. Das prüfen wir aber nicht länger. Denn der germanische Volksmund sagt auch: »Wer Lychen nicht liebt, soll Lychen verlassen.«

                    Wir verlassen Lychen um halb eins in Richtung Fürstenberg. Die Straße ist ziemlich befahren, aber man kann den Radweg nutzen, bis er nach links Richtung Himmelpfort abzweigt. Da wollen wir aber nicht hin. Nach wenigen hundert Metern auf dem Randstreifen der Landstraße biegen wir unsererseits rechts ab, Richtung Sähle.


                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_20230907_130834.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,18 MB ID: 3217156

                    In erster Linie scheint hier die Sonne zu scheinen, und man sieht einen optisch gut gelaunten Wanderer. Zweitens scheint aber auch der Mond, wie man auf dem folgenden Bild sehen kann.


                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_7906.jpg Ansichten: 134 Größe: 183,5 KB ID: 3217167
                    (Fotograf: Ismael)

                    Einige der Bäume am Wegesrand bieten sich als Nahrungsquelle an: Es gibt Pflaumen und Kirschpflaumen zu essen.

                    Rechts vom Weg liegt ein riesiges Feld. Es gibt einen Gedenkstein, der darauf hinweist, dass auf diesem Feld im Jahre 1806 einige Preußen und einige Franzosen ihr Leben gelassen haben, sozusagen während der Rückzugsgefechte nach der preußischen Niederlage bei Jena und Auerstedt.


                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_20230907_131030.jpg Ansichten: 135 Größe: 3,47 MB ID: 3217168


                    Als wir in den Wald kommen, haben wir noch etwa zehn Kilometer vor uns, und das wird uns auch heute wieder gewisse Schwierigkeiten bereiten. Der Weg ist größtenteils schön, man berührt die Dorfwüstung Kastaven und wird schließlich von der komoot-Planung auf einen Singletrail am Hegensteinbach geführt, bevor man von Norden nach Fürstenberg hineinläuft.


                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_7923.jpg Ansichten: 136 Größe: 482,9 KB ID: 3217169 Kirchenrest an der Dorfwüstung Kastaven (Fotograf: Ismael)


                    Mein Mitwanderer hat allerdings kein echtes Interesse an bloßen »Landschaften«, zumindest nicht solchen ohne Pflaumenbäume und kulturhistorische Fotomotive. Daher durchquert er sie so schnell wie möglich, um ans ›Ziel‹ zu kommen. Und dieses ›Vorlaufen‹ über das physiologisch optimale Tempo hinaus ist dann einer von mehreren Gründen, wieso wir, genauso wie beim vorigen Versuch, am Ende erschöpfter sind, als die Weglänge vermuten lässt.

                    Wir einigen uns letztlich darauf, dass ich mehrtägige Touren in Zukunft wieder allein machen werde. Ich hätte ihn sonst auch verpflichten müssen, sich in Zukunft um seine Ausrüstung selbst zu kümmern. 😏

                    Jedenfalls haben wir Fürstenberg irgendwie erreicht und gehen, da der Regionalexpress sich verspätet, noch eine Runde durch die wohlbekannte Innenstadt, die auch heute wieder ihre Regionalität dadurch unterstreicht, dass alle gaststättenähnlichen Einrichtungen wie abgesprochen simultan um 17 Uhr schließen. Wir waren um 16:45 Uhr dort, es gab also noch einen ›Kaffee to go‹.


                    Skurrilerweise wird sich der nächste Bericht womöglich ebenfalls auf eine Wanderung von Fürstenberg nach Templin beziehen, dann aber auf einer gänzlich anderen Route und mit anderem Übernachtungsplatz.
                    Zuletzt geändert von Igelstroem; 16.09.2023, 00:25.
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                    • Torres
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                      #11
                      Da is ja bannich was los, in dem Landstrich. Eine explodierte Bäckerei hat nicht jeder, August oder Johann Kirsten ist ebenfalls ein Name, den man sich merken muss, in fünf Jahren ist Jubiläum (150 Jahre), keine Styroporwand von jetzt an mehr ohne Gedanke an Lychen. Beruhigende Natur in der Umgebung kommt hinzu. Kein Wunder, dass Du heimatliche Gefühle entwickelst
                      Zuletzt geändert von Torres; 12.09.2023, 18:37.
                      Oha.
                      (Norddeutsche Panikattacke)

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                      • ronaldo
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                        • 24.01.2011
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                        #12
                        Jo ne. Als Historiker faszinieren mich besonders die originalen-originellen Tacitus-Zitate. Wo gibts denn so was in Reiseberichten??
                        Also: danke!

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                        • Igelstroem
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                          • 30.01.2013
                          • 1888
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                          #13
                          Zum Abschluss noch ein bisschen Logistik und Statistik:

                          Gekocht wurde diesmal mit dem Schraubkocher Soto Amicus in Verbindung mit dem Soto ›New River Pot‹ (1 Liter) und einer 100-ml-Kartusche; diese kann zusammen mit dem Kocher im Topf transportiert werden.

                          Der Wasserfilter (Sawyer Mini), der sonst in meinem Zweitwohnsitz als Hauswasserwerk Verwendung findet, wurde am Biwakplatz ausgiebig genutzt und gilt bei mir als unentbehrlich, da unterwegs auch bei warmem Wetter nicht mehr als 1 Liter pro Person transportiert werden soll.

                          Wir hatten, ohne die Mango gerechnet, insgesamt 1400 g Lebensmittel eingepackt, nämlich zwei Trekkingmahlzeiten sowie Cashews, Cracker, Schokolade, Kurzkochreis (für mich), Kräuterbutter (für den Reis), eine Handvoll Mini-Salamis und einige Cappuccino-Portionen. In der Planung wird so gerechnet, als gäbe es unterwegs schlechterdings keine Einkehrmöglichkeiten, und zwar deshalb, weil das ja im Grenzfall eintreten kann. Tatsächlich haben wir etwa 800 g Lebensmittel verbraucht.

                          Die auf den Bildern zu sehenden Stiefel sind: Lowa Mega Camp (bei mir) sowie Altberg Sneeker Aqua (bei Ismael), beide einigermaßen schmerzfrei bis zum Schluss; zumindest gab es keine durch die Stiefel spezifisch verursachten Schmerzen.
                          Ich notiere das deshalb, weil sich die Empfindlichkeit meiner Füße ›historisch‹ verändert hat und ich zuletzt eine ganze Reihe von teils gebraucht aus England importierten Modellen auf kürzeren Strecken durchprobiert habe. Etwas misslich dabei ist, dass tendenziell diejenigen, die sich auch auf langen Strecken bewähren (wie der oben genannte), nicht mehr marktgängig sind. Womöglich muss man irgendwann Abstriche bei der Schafthöhe machen. 😐


                          Das von mir verwendete Zelt Snugpak Ionosphere sollte eigentlich ein Flexibilitäts- und Stealth-Problem lösen.

                          Man kann mit dem ebenfalls gelegentlich verwendeten Snugpak Stratosphere, einem Biwaksack mit Gestängebogen, sehr gut in der Landschaft verschwinden und braucht nur eine Liegefläche von 80 x 200 cm. Allerdings wird die Luft darin trotz der vorhandenen Mesh-Fenster ziemlich schlecht, wenn man im Sommer wegen der Mücken alles verschließt. Zudem ist es schwierig, bei richtigem Regen ein- und auszusteigen.

                          Gesucht war also ein regentaugliches Minimalzelt mit sehr niedriger Silhouette und möglichst kleiner Aufbaufläche. Das Snugpak Ionosphere erfüllt diese Anforderung einigermaßen, aber wenn man Stratosphere und Ionosphere nebeneinander aufbaut, wirkt das Ionosphere vergleichsweise groß und auffällig. Beim Ionosphere muss man außerdem das olivgrüne Außenzelt wählen; die Terrain-Pattern-Variante, die ich besitze, ist für hiesige Verhältnisse viel zu hell.

                          Bei kurzen Touren außerhalb der Mückensaison bleibt daher der Stratosphere-Biwaksack die attraktivere Variante, sofern es auf Flexibilität bei der Platzwahl oder auf Unauffälligkeit irgendwie ankommt. Nebenbei scheint es so zu sein, dass der Radio-Carrier-Rucksack logistisch mit dem Biwaksack gut harmoniert, weil er in das Kopfende hineinpasst und sozusagen als Kopfkissenunterlage verwendet werden kann.
                          Zuletzt geändert von Igelstroem; 16.09.2023, 00:18.
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                            #14
                            Ansonsten ist aus dieser Gegend noch zu berichten, dass die stillgelegte Bahnstrecke Templin – Lychen – Fürstenberg immer noch existiert, aber der Draisinenbetrieb ist inzwischen ebenfalls eingestellt und die Strecke ist meines Wissens neulich für eine knappe Million Euro an einen Altmetallverwerter verkauft worden. Er ist aber noch nicht dazu gekommen, sie abzubauen.
                            Also zwischen Fürstenberg und Lychen wird schon abgebaut (Stand Frühjahr 2023).
                            Schutzgemeinschaft Grüne Schrankwand - "Wir nehmen nur das Nötigste mit"

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