Grundsatzfragen zum Biwakieren

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  • carnap
    Anfänger im Forum
    • 11.03.2021
    • 45
    • Privat

    • Meine Reisen

    Grundsatzfragen zum Biwakieren

    Hallo Auskenner, Im-Freien-Übernachter und harte Burschen und Mädels,

    ich habe vor, im Wallis auf Fototour zu gehen. Dazu würde ich gerne ziemlich weit oben nächtigen, geplant sind so 2500 bis 3200m. Somit bin ich nach dem Aufstehen bald bei der Location und kann mit dem Knipsen loslegen.

    Ich habe noch nie in den Bergen biwakiert, bin diesbezüglich also eher ahnungslos. Daher habe ich folgende Fragen:
    • Womit muss ich in den Sommermonaten in der Nacht dieser Höhe rechnen, wenn es tags über sonnig und warm ist.? (Auf 3600m war es vor drei Wochen so kühl, dass ich gern meine Fleecejacke anzog. An diesem Tag hatte es im Tal 35 Grad.)
    • Was sind in den Sommermonaten (bei tagsüber schönem Wetter) die typischen Von-Bis-Temperaturen in dieser Höhe während der Nacht?
    • Muss ich auf jeden Fall mit Taunässe am Morgen rechnen? Auch im Juli und August? Oder Tritt der Tau erst im Herbst auf?
    • Wann (Uhrzeit) etwa tritt der Tau auf? Bereits um 02:00? Oder erst knapp vor Sonnenaufgang?

    Ich habe den sehr interessanten Thread über Schlafkonzepte von Becks gelesen und frage mich, wie ich sowohl die Nässe von Außen wie auch die von Innen vom Schlafsack fernhalten kann.

    Überlegung: Ich schlüpfe in einen Hüttenschlafsack (Baumwolle oder Seide), ziehe eine Kunststofffolie (z.B. Müllsack) drüber, schlüpfe damit in meinen Daunenschlafsack und ziehe noch einen Biwaksack drüber. Das entspräche wohl dem Schlafkonzept 6.

    Ist da zu erwarten, dass ich nach einer halben Stunde im eigenen Saft schmore?

    Was sind eure Erfahrungen mit dem Biwakieren auf dem Berg?

  • qwertzui
    Alter Hase
    • 17.07.2013
    • 3162
    • Privat

    • Meine Reisen

    #2
    Taunässe setzt sofort bei Sonnenuntergang ein. Wenn die Temperaturen dann schnell unter null gehen, ist am nächsten Morgen alles trocken, bzw. das Eiskondens lässt sich weitestgehend abschütteln, sonst ist alles klatschnass.

    Bei einer Nacht kein VBL, Biwaksack je nach Windstärke und Dichtigkeit des Schlafsacks, am nächsten Morgen entweder mit Zeit in der Morgensonne trocknen oder am Abend daheim.

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    • Becks
      Freak

      Liebt das Forum
      • 11.10.2001
      • 19621
      • Privat

      • Meine Reisen

      #3
      Die oberen Temperaturen jucken nicht, es ist immer ausreichend kühl, um gerne Fleece zu tragen. Wenn ich nicht weit wandern müsste, dann würde ich neben Fleece, Kappe und Handschuhe sogar eine leichte Daunenjacke mit einpacken.

      Zunächst würde ich den Wetterbericht immer ansehen und auch durchlesen. Man kann zum einen schon mal mit etwa 0.6°C weniger pro 100 Höhenmeter rechnen, und basierend vom nächsten Talort mit bekannter Höhe hochrechnen, in welchem Bereich man landet. Ausserdem sind insbesondere die Worte "Bise" und "Kaltfront" wichtig im Wetterbericht. Bise ist ein a*-kalter Wind aus Norden. Gerne stark und immer echt unangenehm - dann wird es frisch, vor allem im Wind. Und Kaltfront bedeutet: im Tal bleiben. Kaltfronten kommen mit Unwetter, Gewitter, Sturm und Temperaturstürzen, und es kann auch im August dann locker mal bis auf 1300m runter Schnee geben, während man auf 3000m dann auch mal einen halben Meter Fluff abbekommt - mit allen Folgen bei Orientierung und Wegfindung.

      Grob würde ich als Komfort einen Schlafsack mit 0°C nutzen, und entweder ein Leichtzelt wie das Lanshan 1 mitnehmen (blockt Wind und Tau und Regen), oder eben die Kombi aus Schlafsack, VBL und Biwaksackhülle. Legt man dann seinen Schlafplatz nicht ungeschützt mitten rein in den Wind, dann passt das schon.

      Als Isomattenkombi: eine unempfindliche Schaumstoffmatte o.ä. als Schutzunterlage gegen Steine und Grundisolation, und oben drauf eine kurze TAR Prolite 4 oder so. Dann liegt man bequem, warm genug, und sollte die Luftmatte platzen, wird die Nacht nicht so 100% übel. Ich nutz eine Z-lite SOL und eine Prolite 3 short.
      After much research, consideration, and experimentation, I have decided that adulthood is nothing for me. Thank you for the opportunity.

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      • Nita
        Fuchs
        • 11.07.2008
        • 1751
        • Privat

        • Meine Reisen

        #4
        Dem oben geschriebenen kann man sich anschließen, wobei jeder ein eigenes Lieblingskonzept hat. Ich würde im Sommer kein VBL nutzen wollen, wäre mir zu umständlich und zu unbequem.

        Variante 1: Leichtzelt, Matte+Schlafsack bis ca. 0..-5°C, je nach Empfindlichkeit. Wenn Du nicht allzu hoch und bei gutem Wetter schläfst, tut es auch ein Tarp.

        Variante 2: Matte+Schlafsack, Biwaksack nur falls es regnet, am Morgen trocknen.

        Fotoausrüstung wasserdicht und in den Rucksack verpacken, über den Rucksack eine wasserdichte Hülle.

        Wenn Du nur für eine Nacht gehst, kannst Du Dir evtl. den Kocher sparen und dafür vllt. eine Thermoskanne mit Wasser/Kaffee mitnehmen.

        Bei der Wahl des Biwakplatzes ist neben dem Wetterbericht (s. Becks) dringend auf Sicherheit zu achten: Kein Steinschlag möglich, nicht zu nah am Wasser, idealerweise mit Windschutz (z.B. hinter einem größeren Block). Bei Gewitterneigung nicht exponiert. Bei Regen aber auch nicht direkt in einer Senke. Gipfelbiwak sowieso nur bei sicherem Wetter. Becks wiederholend: Kaltfront im Wetterbericht - zu Hause bleiben, auch wenns noch sonnig ist.

        Interessant ist es auch darauf zu achten, wo die Sonne unter- und aufgeht bzw. wie lange man sie am Abend hat und am Morgen im Schatten bleibt.

        Have fun 😀
        Reiseberichte

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        • Becks
          Freak

          Liebt das Forum
          • 11.10.2001
          • 19621
          • Privat

          • Meine Reisen

          #5
          Zu VBL und Kaffee:

          Kocher mit Kartusche und Topf wiegt weniger als der Inhalt einer 500ml Thermoskanne, und ich habe mehr als nur nen halben Liter heisses Wasser zur Verfügung.

          VBL/Biwaksack hält die penntüte trocken und ich kann mich auch mal beim Schlafplatz mehr am Punkt "Aussicht" denn am Windschutz orientieren. Ohne die Hüllen drückt Wind aber gnadenlos durch und selbst in recht warmen Schlafsäcken wird es dann schnell recht frisch.

          Ohne die Kombi wäre die Nacht an dem Platz ungemütlich gewesen (weil Wind).

          Frisch aufgebaut (VBL etc. noch verpackt)
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          After much research, consideration, and experimentation, I have decided that adulthood is nothing for me. Thank you for the opportunity.

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          • carnap
            Anfänger im Forum
            • 11.03.2021
            • 45
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            • Meine Reisen

            #6
            Herzlichen Dank allen für die informativen Antworten. Wenn man eure Postings so liest, merkt man schon, dass ihr aus der Praxis schreibt ...Die Sache mit dem Wetterbericht ist mir soweit klar, ich gehe regelmäßigain die Berge. Dazugelernt habe ich trotzdem was Wichtiges: Endlich weiss ich nun, was eine Bise ist

            Das mit dem Zelt lasse ich erst mal sein, ich versuche vorerst, ohne Zelt auszukommen.

            Wenn ich eure Postings recht verstehe, gibt es Uneinigkeit bezüglich des Biwakierens im Sommer, wenn es *nicht* regnet oder keinen Nebel gibt:
            • Nita: Schlafsackhülle/Biwaksack nur bei Regen/Nebel, sonst nur Matte/Matratze + Schlafsack; VBL nur im Frühjar/Herbst, Winter.
            • qwertzui: Tau setzt immer ein. Wenn nur eine Nacht, dann kein VLB und grundsätzlich kein Biwaksack. Wenn der Schlafsack etwas feucht wird - egal, ist eh nur eine Nacht. Biwaksack nur dann, wenn entsprechend Wind oder der Schlafsack nicht winddicht ist.
            • Becks: Schutzunterlage, Matte/Matratze, Schlafsack, VBL und Schlafsackhülle/Biwaksack auch bei trockenem Wetter; wegen des Windes (UND ich nehme an: auch wegen der Taunässe?).
            @Nita: Tolle Fotos übrigens auf deiner Reise-Website! Hast einen guten Blick für Motive. Die Fotos von Patagonien lösen in mir so was aus ...
            @Becks: Auch deine früheren Postings (Schlafkonzepte) sind sehr hilfreich, danke.

            Jetzt kommen die unvermeidlichen Folgefragen:
            • Gehe ich recht in der Annahme, dass ein Biwaksack mit eVent-Membran tatsächlich in manchen Situationen (Temperatur - UND Feuchtigkeitsgefälle nach außen) einen Vorteil bietet? Ich lese hier im Forum immer wieder ja und doch nein (Biwaksack mit Membran = rausgeschmissenes Geld).
            • Welchen VBL und welchen Biwaksack (mit oder ohne Membran) empfehlt ihr?
            Zuletzt geändert von carnap; 08.08.2022, 10:15.

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            • Becks
              Freak

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              • Privat

              • Meine Reisen

              #7
              Biwaksäcke mit irgendwelchen Membranen wiegen mir zu viel und sind zu sperrig und bringen nicht immer wirklich etwas - da steht wohl auch gerne trotzdem mal die Nässe innen an. Ich würde da dann eher ein Leichtzelt wie das Lanshan 1 nutzen.

              VBL/Biwaksack: für einen ersten Test einen grossen Müllsack oder einen Einwegbiwaksack besorgen und daheim mal antesten. Manchen stört das Gummigefühl und die Feuchtigkeit innen. In solch einem Fall: Zelt.

              Wenn ernsthaft VBL/Biwaksack: WM Hotsack und aussen einen SOL Escape Bivvy (der hat einen Reissverschluss), oder einen Alpidex. Wenn man den Alpidex zusätzlich an den Nähten abdichtet (Seamgrip), dürfte der auch bei stärkerem Regen nicht einknicken.
              Solange es halbwegs warm ist, ist die Nutzung auch simpel. VBL innen rein und darauf achten, dass er nicht zu weit im Schlafsack innen endet, sondern am besten möglichst weit oben am Hals und auf jeden Fall höher als der Biwaksack. VBL kann man dann auch gerne offen lassen. So kann auch mal Feuchtigkeit raus, ohne sich im Schlafsack oder zwischen Schlafsack und Biwaksack zu verfangen, und alles bleibt trocken.

              After much research, consideration, and experimentation, I have decided that adulthood is nothing for me. Thank you for the opportunity.

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              • qwertzui
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                • 17.07.2013
                • 3162
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                • Meine Reisen

                #8
                Tau gibt es nicht immer, aber wahrscheinlich immer, wenn du biwakierst(sternklare Nächte).

                Meine Antwort oben bezieht sich nur auf diese ganz sicher sternklaren Nächte.

                Wir waren mal zu fünft biwakieren in einer sehr taunassen warmen Sommernacht und hatten alles: Nur Schlafsack, nicht atmungsaktive Biwaksäcke, 1 atmungsaktiver Biwaksack
                Ergebnis: Nur Schlafsack und nicht atmungsaktive Biwaksäcke: die Außenseite der Schlafsäcke war am morgen nass, beim atmungsaktiven Biwaksack war der Schlafsack trocken.

                Also wenn man tatsächlich öfter ohne Zelt biwakiert, lohnt sich der atmungsaktive Biwaksack schon.

                Bei seltenen Bergbiwaks braucht es das nicht, weil man während der Schlafsack trocknet wunderbar geruhsam Kaffee trinken kann und so ein geruhsamer Morgenkaffee am Berg ein guter Grund ist, da oben zu übernachten.

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                • carnap
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                  • 45
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                  • Meine Reisen

                  #9
                  Danke qwertzui für die Präzisierung.
                  Danke auch Becks für die weiteren Infos.

                  So, jetzt will ich es aber bald wissen. Ich werde über meine erste Übernachtung berichten.

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