Übler Spaltensturz (mit gutem Ausgang!)

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  • Andreas L
    Alter Hase
    • 14.07.2006
    • 4351

    • Meine Reisen

    Übler Spaltensturz (mit gutem Ausgang!)

    Eine vielleicht ganz lehrreiche Geschichte, ganz frisch, vom Mittwoch letzter Woche. Ort ist der Ochsental-Gletscher am Piz Buin, der Anlass: ein Aufstieg auf der Gletscherroute für eine alte Freundin, die sich das gewünscht hatte. Sie hat einige Bergerfahrung, war aber noch nie "richtig" auf einem Gletscher. Der dritte in der Seilschaft ihr Ehemann, sehr sportlich, mit guter Bergerfahrung - den Ochsental-Gletscher hat er mit mir 2007 gemacht, allerdings seine bisher einzige Gletscherroute.

    Die Situation:
    Herrlichstes Wetter. Wir sind gegen 0900 am Einstieg am unteren Ende des Gletschers. Ich erkläre noch mal etwa eine halbe Stunde lang Seilführung, Pickeleinsatz, Pickelbremse, Eisschraubeneinsatz. Dann gehen wir los. Der Steilaufschwung bietet keine grossen Schwierigkeiten und wir stossen schon unterhalb des Wasserfalls, der aus der Sylvrettahorn-Flanke kommt auf eine Schneedecke. Wir folgen einer deutlichen Spur.
    Wir kommen weiter in eine Zone starken Verbruchs mit vielen, aber eher schmalen Spalten. Die Situation dort ist sowas wie "halb-Aper"- altes Russ-Eis mit partiell weissem Schnee vom letzten Winter drauf. Auch sichtbare Spalten haben weisse Schneeränder, vor allem auf der Talseite. Insgesamt ist der Gletscher in einem Zustand, den ich in einem normalen Jahr auf etwa Anfang bis Mitte Juli datieren würde.

    Der Sturz:
    Etwa 20 Minuten später ist es soweit: Das Seil, das ich immer in der linken Hand trage, wird mir plötzlich mit einem Ruck aus der Hand gerissen. Im umdrehen sehe ich gerade noch Monikas Kopf, der im Eis verschwindet. Als der Ruck kommt, sitze ich schon und werde noch etwa einen Meter weit nach vorne gerissen, bevor ich die Eisen eingestemmt habe. Auch ihr Ehemann, der als Dritter geht, hat gut reagiert, sitzt mit eingestemmten Eisen und hält was geht.
    Trotzdem fehlt zwischen uns eine Menge Seil - wir sind mit je zwölf Metern Abstand gegangen und da fehlt gut die Hälfte, denke ich, Sie hängt also 5 bis 6 Meter tief. Ich rufe ihrem Mann zu, er soll halten was er kann, richte auf meiner Seite eine Notverankerung mit dem Pickel ein, renne rüber zu ihm und setze so schnell es geht eine Eisschraube. Dann zurück, die Notverankerung raus und mit dem Seil auf die richtige Seite. Sie reagiert auf Zuruf, ihr tut nichts weh, aber sie will hier raus, sagt sie, und zwar sofort. Da sie nur etwa 60 Kilo wiegt, denke ich, gar nicht lange rummachen, wir sind zu zweit, wir ziehe sie einfach an die Oberfläche und sehen dann weiter. Aber es geht nicht. Auch ein zweiter Versuch, mit Prussik-Schlingen und Pickel als Zug-Griffe bringt nichts. Als ich sie auffordere mit den Steigeisen mit zu helfen, mitzuklettern, antwortet sie, sie würde mit den Beinen feststecken und könne sie nicht bewegen.
    Inzwischen sind etwa 10 Minuten seit dem Sturz vergangen. Ein Flaschenzug dauert einfach zu lange und - wenn er dann auch nichts bringt? Ich richte eine zweite Verankerung ein und seile mich an. Das Seil, an dem Monika hängt, lege ich mit einem HMS in den Karabiner an der erste Eisschraube. Über die zweite seile ich mich vorsichtig zu ihr runter - es hängt noch viel Schnee am Spaltenrand und ich möchte so wenig wie möglich davon auslösen. Als ich bei ihr unten bin - etwa 5 Meter tief, verstehe ich langsam, was passiert ist: Die Spalte ist hier etwa 80 Zentimeter breit. In 5 Metern Tiefe hängt ein zweiter "Boden" aus lockerem Schnee in ihr. In diesen Boden ist Monika reingeknallt, ist mit den Beinen bis zum Schritt versunken, hat den Schnee dabei gepresst und verfestigt. Jetzt, so sagt sie, hat sie das Gefühl, dass sie wie einbetoniert sei, sie könne die Beine nicht bewegen. Offenbar wird diese Spalte unter ihr auch schmaler - deshalb wurde der Schnee so gepresst.
    Ich muss sie also ausgraben - ich kann aber nur hinter ihr stehen, vor ihr wird die Spalte zu eng. Ausserdem hängt da noch eine Menge Schnee drin - und wenn der runterkommt, wird sie ganz verschüttet. Wir haben zusammen etwa 10 Minuten mit zwei Pickeln gearbeitet, sie war inzwischen nahe an der Hysterie und ich bekam immer mehr Angst wegen den Zeitfaktor. Als ich dachte, dass der Schnee um ihre Beine herum jetzt genug gelockert sein müsste, hackte ich mit meinem Pickel eine kleine Stufe in das Eis der rechten Wand. Dann hab ich den Pickel mit dem Dorn in die linke Wand gerammt und den Schaft mit der Faust runter gehämmert, bis der Kopf auf der kleinen Stufe lag. Dann hab ich mich mit dem Oberkörper auf den Pickelschaft gelegt, die Tragegurte ihres Rucksackes gepackt und gezogen was ging. Und es ging ein kleines Stück, Dann nochmal, und plötzlich sagt sie: "Ich rutsche gleich aus meinen Stiefeln." Ich sage ganz spontan: "Vergiss die Stiefel, die holen wir nachher raus." Und dann hatte ich sie aus dem Loch rausgezerrt, in Strümpfen zwar, aber das war mir in dem Moment echt egal. 2 Minuten später war sie oben, von ihrem Mann gezogen und von mir geschoben. Noch eine Viertelstunde später, als ich selber, mit ihrem ersten Schuh nach oben kam, hat sie so gezittert, dass sie fast nicht reden konnte. Ihr Mann hat ihr die nassen Kleider ausgezogen, alles angezogen, was wir drei an trockener Kleidung dabei hatten und als ich das nächste mal mit ihrem zweiten Schuh wieder noch oben kam, ging es ihr schon wieder einigermassen.
    Wir sind dann auch ohne weitere Hilfe wieder runtergekommen.

    Also eine "etwas andere Situation" auf einem Gletscher: Halb abgestürzt und halb verschüttet. Aber so ist das halt: das eine ist die schöne Theorie und das andere, was einem um die Ohren fetzt, das ist die Wirklichkeit. Wir mussten ganz schön improvisieren, um mit der Situation fertig zu werden, bevor die Unterkühlung zuschlägt. Insgesamt war sie etwa 30 Minuten dort unten eingemauert.
    Verluste hatten wir folgende: einen mittelschweren Schock beim Opfer, dazu ein paar blaue Flecken und einen geschwollenen Knöchel. Bei mir: abgeschürfte Ellbogen und ein paar schlimme Steigeissenspuren auf meinen neuen Bergstiefeln, ein 10 Zentimeter Riss in einer meiner Gamaschen. Also alles in allem nichts - wenn man in Betracht zieht, was hätte passieren können.

    Und bevor ich es vergesse: Ich hatte in der ganzen Hektik vergessen, die Eisschrauben-Köpfe mit Schnee abzudecken. Tatsachlich war die erste schon etwas locker, als ich die Sicherung abgebaut habe, nach etwa einer Stunde. Die Schrauben erwärmen sich in der Sonne einfach schneller als das Eis. Je nach Intensität der Sonneneinstrahlung kann eine beim Reindrehen bombensichere Eisschraube nach kurzer Zeit einfach so aus dem Loch fallen. Also da muss man aufpassen. (In diesem Zusammenhang verstehe ich auch diese neuen Schrauben mit dem modischen roten Köpfen nicht so ganz.)

    Andreas
    Zuletzt geändert von Andreas L; 24.08.2009, 06:27.
    "Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern darin, dass er nicht tun muss, was er nicht will." Jean-Jacques Rousseau

    BTW: "Hit the road, Jack" (Wolfskin)!

  • derSammy

    Lebt im Forum
    • 23.11.2007
    • 7412
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    • Meine Reisen

    #2
    AW: Übler Spaltensturz (mit gutem Ausgang!)



    ui!!






    Du hast es nicht erwähnt...aber ich tu es gerne (für diejenigen die noch nicht auf der Höhe waren..... dürfte ja mind auf 2800m "passiert" sein)

    ....Da potenziert sich die anstrengung , die aufregung, das schnaufen, das herzklopfen so ungeheuerlich ggü. einer vergleichbaren aktion "im tal"...

    im rahmen eines ausbildungswochenendes auf der franz senn hütte hatte unsere ausbilderin einfach mal eine schneeballschlacht mit "einseifen" auf den programmpunkt gesetzt...damit wir mal sehen wie brutal anstrengend dass wird wenn man auf einer gewissen höhe sachen macht die über ein gleichmäßiges steigen oder so hinaus gehen ...

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    • Andreas L
      Alter Hase
      • 14.07.2006
      • 4351

      • Meine Reisen

      #3
      AW: Übler Spaltensturz (mit gutem Ausgang!)

      Ja, richtig: fast genau auf 2900, 100 Höhenmeter vor dem Ende der Gletscherroute. Es war auch das erste Mal in 25 Jahren, dass ich einen "echten" Spaltensturz erlebt bzw bewältigen musste. Beim ersten Mal waren erfahrenere Leute als ich dabei, ich sah nur zu und musste auf Kommando am Seil ziehen - eine Sache von 10 Minuten, dann war er wieder bei uns. Ansonsten nur die üblichen kurzen "Einsacker".

      Ich bin auch sehr, sehr froh, dass das so gut abgegangen ist. Und ich hab gekeucht wie ein Hund, als ich das zweite Mal wieder hochkam. Und war patschnass ...
      Insofern noch der Tip: Ersatzkleidung und ein stabiler, nicht zu kurzer Pickel gehören genauso dazu wie Seil und Eisschrauben.

      Andreas
      "Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern darin, dass er nicht tun muss, was er nicht will." Jean-Jacques Rousseau

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      • Randonneur
        Alter Hase
        • 27.02.2007
        • 3373

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        #4
        AW: Übler Spaltensturz (mit gutem Ausgang!)

        Puh. Zum Glueck ist es ja nochmal gut gegangen.
        Je suis Charlie

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        • Flachlandtiroler
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          • Meine Reisen

          #5
          AW: Übler Spaltensturz (mit gutem Ausgang!)

          Gratuliere, hast Du ja gut die Nerven behalten...

          Nochmal zum Verständnis: Sie ging in der Mitte? Beide hatten so gut wie keine Gletschererfahrung und Du gingst voran?

          Gruß, Martin
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          • derSammy

            Lebt im Forum
            • 23.11.2007
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            • Meine Reisen

            #6
            AW: Übler Spaltensturz (mit gutem Ausgang!)

            Zitat von Flachlandtiroler Beitrag anzeigen
            Gratuliere, hast Du ja gut die Nerven behalten...

            Nochmal zum Verständnis: Sie ging in der Mitte? Beide hatten so gut wie keine Gletschererfahrung und Du gingst voran?

            Gruß, Martin
            Der dritte in der Seilschaft ihr Ehemann, sehr sportlich, mit guter Bergerfahrung - den Ochsental-Gletscher hat er mit mir 2007 gemacht, allerdings seine bisher einzige Gletscherroute.

            hmm so hätt ich aber auch gemacht (bzw. so kenn ich dass von geführten touren)
            Bergauf:

            "Erfahrenste(r) vorne weg"
            "Novizen" in die Mitte (in "aufsteigender Qualität")
            "2. Beste(r)" hinten

            seh ich als recht vernünftig

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            • Flachlandtiroler
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              • 14.03.2003
              • 29062
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              • Meine Reisen

              #7
              AW: Übler Spaltensturz (mit gutem Ausgang!)

              Sollte keine Kritik sein nur 'ne Frage.

              Gruß, Martin
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              • Andreas L
                Alter Hase
                • 14.07.2006
                • 4351

                • Meine Reisen

                #8
                AW: Übler Spaltensturz (mit gutem Ausgang!)

                Ja, ehrlich gesagt wäre ich am liebsten hinten gegangen, um alles "im Blick" zu haben und sofort reagieren zu können. Aber das ist die Theorie ... praktisch sieht es doch so aus: In einem derart mit halbverdeckten Spalten gepflasterten Gebiet musst du vornedraus gehen, einfach, um den Weg zu suchen und die hinter dir auf die Gefahren aufmerksam machen zu können. 24 Meter weit hinter dem Seil-Ersten kann man das einfach nicht übersehen ... Ich bin aber immer für Vorschläge offen - ich weiss bestimmt nicht alles ...

                Die Nerven behalten ist relativ - ich hatte kurz einen Aussetzer, wo ich einen HMS-Knoten dreimal machen musste, bis er richtig im Karabiner sass - sowas ist mir noch nie passiert. Da hab ich selber gemerkt, dass mir die Nerven flöten gehen und hab mich innerlich gewaltig in den A... getreten - dann gings wieder.

                Andreas
                "Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern darin, dass er nicht tun muss, was er nicht will." Jean-Jacques Rousseau

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                • Andreas L
                  Alter Hase
                  • 14.07.2006
                  • 4351

                  • Meine Reisen

                  #9
                  AW: Übler Spaltensturz (mit gutem Ausgang!)

                  Hier sind noch 3 schnelle Bilder von der Spalte:





                  "Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern darin, dass er nicht tun muss, was er nicht will." Jean-Jacques Rousseau

                  BTW: "Hit the road, Jack" (Wolfskin)!

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                  • Flachlandtiroler
                    Freak
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                    Liebt das Forum
                    • 14.03.2003
                    • 29062
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #10
                    AW: Übler Spaltensturz (mit gutem Ausgang!)

                    Das sieht jetzt so aus als wäre da jemand sehenden Auges auf den weißen Firn getreten...

                    Gruß, Martin
                    Meine Reisen (Karte)

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                    • Andreas L
                      Alter Hase
                      • 14.07.2006
                      • 4351

                      • Meine Reisen

                      #11
                      AW: Übler Spaltensturz (mit gutem Ausgang!)

                      Ja, völlig richtig. Ich hab eingangs einen Kurz-Vortrag gehalten: Graues Eis = alt, fest, gut - weisser Schnee - man weiss nie, was drunter ist (ob überhaupt was drunter ist). Aber mal ganz ehrlich gesagt: Du hast die volle Aufmerksamkeit deiner "Novizen" erst dann, wenns (beinahe) schiefgegangen ist. Und diesmal konnte man das beinahe auch noch weglassen ... zum Glück gings gut aus.
                      Andererseits: Mit DEN BEIDEN kann ich jetzt jederzeit auf jeden Gletscher - die haben es verstanden ... - um nicht zu sagen: verinnerlicht.

                      Andreas
                      "Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern darin, dass er nicht tun muss, was er nicht will." Jean-Jacques Rousseau

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                      • Shorty66
                        Alter Hase
                        • 04.03.2006
                        • 4883
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #12
                        AW: Übler Spaltensturz (mit gutem Ausgang!)

                        Ich dachte auch bei den Fotos: Oh gott, wer springt denn da absichtlich in die spalte.
                        Aber es ist eben doch immer etwas anders wenn man sich sowas nur am heimischen PC ansieht und selbst gletschererfahrung hat. Die novizin wird nach dem ja schon recht langen aufstieg schon mit ihrer Kondition und dem gleichmäßigen gehen am seil ziemlich beschäftigt gewesen sein und bei vielen spalten wos gut geht kann sowas dann einfach passieren.

                        Gut wie ihr das gemeistert habt! Ich stehe auch immer vor der überlegung, dass ein richtiger spaltensturz wo kein ziehen mehr hilft und die panik beginnt eine ganz erheblich andere situation als bei den vielen Spaltensturzübungen darstellt.

                        Auch ists immer eine gute frage wieviel lehrzeit vor so einer gletschertour angemessen sind. Kriegt man die bergung und das richtige verhalten in 10minuten reiner theorie rüber oder muss es gleich ein Gletscherlehrtag sein der einen ganzen urlaubstag kostet?
                        Das hängt sicher sehr vom Können der Mitgeher ab - man muss sich allerdings auch immer vor augen halten, dass man genausogut selbst in die spalte stürzen könnte und dann eventuell von den Neulingen gerettet werden muss.

                        Wie wäre die situation ausgegangen, wenn du in der Spalte gesteckt hättest?


                        Ps: Was die eisschrauben angeht: Die älteren Black Diamond Express schrauben haben schwarze Laschen. Wer auf die Idee gekommen ist möchte ich ja gern mal wissen. Immerhin wurde das mittlerweile Korrigiert und die laschen sind aus silbernem Edelstahl.
                        Zuletzt geändert von Shorty66; 24.08.2009, 12:57.
                        φ macht auch mist.
                        Now there's a look in your eyes, like black holes in the sky. Shine on!

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                        • Buck Mod.93

                          Lebt im Forum
                          • 21.01.2008
                          • 9011
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                          • Meine Reisen

                          #13
                          AW: Übler Spaltensturz (mit gutem Ausgang!)

                          Hallo Andreas,

                          ich hab den Thread mal ganz durchgelesen.Ich war noch nie auf einem richtigen Gletscher unterwegs aber das hier klingt ja echt übel.Ich hab zwar mit Gletscherspalten absolut keine Erfahrung aber diese Situation scheinst du ja echt im Griff gehabt zu haben.Also meinen Respekt hast du...vorallem wenn man nicht mehr der Jüngste ist muss das ja ganz schön an die Substanz gehen.
                          Aber alte Hasen sind zäh-weiss man ja
                          Les Flics Sont Sympathique

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                          • Andreas L
                            Alter Hase
                            • 14.07.2006
                            • 4351

                            • Meine Reisen

                            #14
                            AW: Übler Spaltensturz (mit gutem Ausgang!)

                            Shorty: Selbstrettung, gar keine Frage. Das hab ich denen auch gesagt: Alles, was ihr zu tun habt, wenn ich falle, ist die Eisschraube reindrehen, das Seil dranhängen und mir Bescheid sagen, wenn es soweit ist. Sollte ich nicht mehr ansprechbar sein, holt die Bergwacht. Anders geht das nicht.
                            Solange die Spalte nicht zu breit ist, ist Kaminklettern mit Steigeisen und Pickel kein Problem. Wenn sie zu breit ist, kommen die Prussik-Schlingen zum Einsatz.

                            Natürlich gibt es auch Gletscher, wo ich so nicht gehen würde - da kommen dann auf 2 Anfänger zwei Erfahrene. Aber dieser Sturz war völlig unnötig, eine Folge von mangelnder Konzentration und einer geringen Schrittlänge einer recht kleinen Person. Ich bin ganz sicher, das wird ihr nie wieder passieren. ()

                            Buck: Jawoll, zähes altes Leder! (Ehrlich: Ich war fix und fertig nach der "Stiefelbergung")

                            Andreas
                            "Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern darin, dass er nicht tun muss, was er nicht will." Jean-Jacques Rousseau

                            BTW: "Hit the road, Jack" (Wolfskin)!

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                            • Shorty66
                              Alter Hase
                              • 04.03.2006
                              • 4883
                              • Privat

                              • Meine Reisen

                              #15
                              AW: Übler Spaltensturz (mit gutem Ausgang!)

                              Ist mir schon klar, dass selbstrettung dann angesagt ist. Nur ist kaminklettern mit den beinen im Betonschnee so ne sache.
                              Klar, ausgraben und gucken dass es geht - ich wollte mit meiner frage auc lediglich verdeutlichen, dass es jedem passieren kann in so ne spalte zu rutschen und das immer ne heikle angelegenheit darstellt.

                              Man macht sich ja nach einigen Geltschertouren nicht mehr ganz so viele Gedanken weil man ein wenig das gefühl hat "das zu können". Und da ja auch wirklich verhältnismäßig selten sowas wie bei euch passiert ist man vielleicht zu selten damit beschäftigt sich den Ernstfall vor augen zu führen und sich darauf vorzbereiten.
                              φ macht auch mist.
                              Now there's a look in your eyes, like black holes in the sky. Shine on!

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                              • Andreas L
                                Alter Hase
                                • 14.07.2006
                                • 4351

                                • Meine Reisen

                                #16
                                AW: Übler Spaltensturz (mit gutem Ausgang!)

                                Zitat von Shorty66 Beitrag anzeigen
                                ... - ich wollte mit meiner frage auc lediglich verdeutlichen, dass es jedem passieren kann in so ne spalte zu rutschen und das immer ne heikle angelegenheit darstellt.

                                Man macht sich ja nach einigen Geltschertouren nicht mehr ganz so viele Gedanken weil man ein wenig das gefühl hat "das zu können". Und da ja auch wirklich verhältnismäßig selten sowas wie bei euch passiert ist man vielleicht zu selten damit beschäftigt sich den Ernstfall vor augen zu führen und sich darauf vorzbereiten.
                                Beidesmal volle Zustimmung.

                                Andreas
                                "Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern darin, dass er nicht tun muss, was er nicht will." Jean-Jacques Rousseau

                                BTW: "Hit the road, Jack" (Wolfskin)!

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                                • tiejer
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                                  • 08.01.2004
                                  • 733
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                                  #17
                                  AW: Übler Spaltensturz (mit gutem Ausgang!)

                                  Hallo Andreas!
                                  Gratuliere zur erfolgreichen Rettung!
                                  Was ich nicht ganz verstanden habe:
                                  Du schreibst Du trugst das Seil wie immer in der linken Hand.
                                  Wie meinst Du das? Seit Ihr nicht am straffen Seil gegangen? Wenn ja warum nicht?

                                  Bist Du seilfrei zum Ehemann der gestürzten?

                                  Bei den Bildern von dem nahezu nackten (aperen) Gletscher würde es mich nicht wundern...
                                  Viele Grüße
                                  t

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                                  • Shorty66
                                    Alter Hase
                                    • 04.03.2006
                                    • 4883
                                    • Privat

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                                    #18
                                    AW: Übler Spaltensturz (mit gutem Ausgang!)

                                    Ich nehme an, dass er zwar am straffen seil ging, aber das seil ein wenig mit der hand anhob um nicht draufzulatschen.
                                    Ich mahce das immer, indem ich das seil über den pickel laufen lasse und es damit aus meinem schrittbereich ziehe. Man geht ja doch selten am so straffen seil, dass es in der luft hängt.

                                    Wenn er handschlaufen getragen hätte hätte er wohl kaum geschrieben, dass er sich noch rechtzeitig mit den eisen in den schnee stemmen konnte.

                                    Hab aber auch über die formulierung nachgedacht
                                    φ macht auch mist.
                                    Now there's a look in your eyes, like black holes in the sky. Shine on!

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                                    • Andreas L
                                      Alter Hase
                                      • 14.07.2006
                                      • 4351

                                      • Meine Reisen

                                      #19
                                      AW: Übler Spaltensturz (mit gutem Ausgang!)

                                      Ja, richtig. Die Handschlaufe ist natürlich auf der freien Seite des Seils - also in dem Stück (rund 8 Meter), das ich um die Schultern trage. Rechts der Pickel (Schaufel nach vorne!), mit der linken Hand halte ich mir das Seil, das von meinem Gurt zum Seilzweiten führt, aus dem Weg. Wenn du so gehst, kommt der kleine Ruck an der Hand etwas früher, als der grosse am Gurt. Kann ein Vorteil sein, vor allem, weil in der Regel (in der Theorie) der Sturz nicht absolut aprupt erfolgt, sondern verzögert: Der Stürzenden versucht sich noch festzuhalten, der Schnee unter ihm fällt auch nicht wie ein Bleigewicht, erst sackt er ein, dann fällt er usw. Hat hier in der Praxis ganz gut geklappt: Als der grosse Ruck kam, sass ich schon auf meinem Hintern ... Der Ehemann auch, aber er hat es ja auch gesehen ...

                                      tiejr: Ja, ich fühle mich, wenn es nicht zu steil ist und auf Eis mit den Steigeisen absolut sicher. Man ist dann ohne Seil einfach schneller und hat mehr Koordination. Natürlich muss man sich auf die Eisen samt Bindung verlassen können - und einigermassen scharf sollten sie auch sein.
                                      Übrigens gehe ich auf aperem Eis zusammen mit erfahrenen Leuten seilfrei. Die Versuche von Pit Schubert zum Haltevermögen einer Seilschaft auf aperem Gletscher sprechen Bände: Ohne Seil ist das in diesem Moment wirklich für alle sicherer.

                                      Vielleicht noch folgendes: Ich war an zwei Dingen sehr froh: An meinem alten, schweren 74 cm Pickel von Simond (rund 900 Gramm), denn mit einem dieser Kategorie 2 Leichtpickel mit 55 cm hätte die Aktion nicht geklappt, bzw das Material hätte die Belastung vielleicht nicht ausgehalten. Zweitens an dem sehr stabilen VAUDE-Kletterrucksack aus den frühen 90-ern, den Monika auf hatte. Ich weiss nicht, was ich gemacht hätte, wenn die Träger nicht gehalten hätten. Ich hätte sie wahrscheinlich auch so rausgebekommen, aber es hätte noch länger gedauert. Zeit ist ein wesentlicher Faktor: Am Ende der 30 Minuten konnte sie kaum noch mitarbeiten - der Schock und die Unterkühlung wirken sich dann zusammen mit der Entkräftung und der relativ dünnen Luft übel aus ...

                                      Andreas
                                      Zuletzt geändert von Andreas L; 25.08.2009, 06:26.
                                      "Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern darin, dass er nicht tun muss, was er nicht will." Jean-Jacques Rousseau

                                      BTW: "Hit the road, Jack" (Wolfskin)!

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                                      • Buddy99
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                                        • 06.08.2009
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                                        #20
                                        AW: Übler Spaltensturz (mit gutem Ausgang!)

                                        Auch von mir ne Gratulation für die erfolgreiche Rettung Deiner Bekannten.
                                        So wie Du die Situation beschreibst, war es sehr aufregend und Du hast die Nerven behalten,alles richtig gemacht und sogar die Stiefel gerettet.(hätte man ohne Stiefel den Abstieg geschafft?)
                                        Also wenn ich mal ne Gletschertour mache,dann hoffe ich jemanden wie Dich an meiner Seite zu haben.
                                        Viel Glück auch auf weiteren Touren..
                                        Gruss Sven

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