• Borgman
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    • 22.05.2016
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    [NO][FI] Øvre Anárjohka und Muotkatunturi

    Tourentyp Trekkingtour
    Breitengrad 69.0339942
    Längengrad 25.1431131
    Eine Solotour vom 18. August bis zum 06. September durch ein wirklich abgelegenes Gebiet in der inneren Finnmark Norwegens, den Nationalpark Øvre Anárjohka, und im Anschluss auf finnischer Seite direkt nordöstlich davon das Muotkatunturi Wildnisgebiet.

    Bevor es losgeht ein Fund im Siida Inari (samisches Museum und Naturzentrum), der mich sehr glücklich gemacht hat:



    Borgman heißt also August auf Samisch, und das Wort leitet sich ab vom Fellwechsel der Rentiere. Das war mir nicht bewusst, aber … wie geil!! Die anderen Besucher um mich herum haben sich bestimmt gewundert, warum da ein unrasierter Kerl mit nicht ganz sauberer Hose und kaputten Sandalen plötzlich vor Entzücken gluckst und ein breites Grinsen im Gesicht hat. Lassen wir das Bild so stehen und gehen zum Anfang.



    Teil 1: Øvre Anárjohka



    Wie lange steht dieses Gebiet schon auf meiner Liste? Keine Ahnung. Viele Jahre jedenfalls. Eigentlich passt es recht gut in mein Beuteschema: abgelegen, wenig bekannt, praktisch ohne Infrastruktur wie Pfade, Brücken und Hütten. Øvre Anárjohka ist mir irgendwann auf der Karte aufgefallen und hat meine Fantasie angeregt, eben weil ich keine Bilder oder Berichte dazu kannte. Viel Wald und auch Moor schien es dort zu geben, richtige Berge allerdings gar nicht. Das war auch der Grund, warum mich lange Zeit andere Touren mehr gereizt haben, wenn es an die konkrete Planung ging. Dabei liebe ich den Wald – er ist nach meinem Gefühl unser natürlicher Lebensraum.

    2020 sollte es dann doch so weit sein. Durch Videos von Lars Monsen und natürlich den sympathischen Jungs Heaika und Erik hatte ich mittlerweile eine ungefähre Vorstellung von der Landschaft und den zu erwartenden Herausforderungen. Der Fjellfex hatte 2019 den Bericht seiner Süd-Nord-Querung vorgelegt und damit eine der ganz wenigen brauchbaren Beschreibungen einer reinen Wandertour in diesem Gebiet. Beliebter sind wohl Paddeltouren auf dem Fluss Kárášjohka, der dann entweder mit einer Wanderstrecke aus Finnland oder direkt mit dem Wasserflugzeug von Mosquito Air Taxi aus Kautokeino erreicht wird. Schon damals wollte ich lieber von Westen (Kautokeino) oder Nordwesten (Láhpoluoppal) zum Nationalpark laufen und mich dann mit oder ohne Packraft irgendwie nach Karasjok durchschlagen. Daraus wurde bekanntlich nichts. Genauso wie 2022, als ich ein weiteres Flugticket nach Alta verfallen lassen musste, diesmal weil ich mir den Fuß verletzt hatte. Im dritten Anlauf muss es endlich klappen!


  • Borgman
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    #2
    Freitag, 18. August: Láhpoluoppal – Guhkkesjávrrit

    Etwas verloren stehe ich kurz nach 18:00 Uhr an der Stelle, wo mich der Busfahrer abgesetzt hat. Hier quert eine Piste die Hauptstraße, wenige hundert Meter entfernt ein paar Häuser: Láhpoluoppal. Was hatte ich erwartet, einen Wanderparkplatz mit Klohäuschen und Wegweiser? Wird schon die richtige Piste sein, so viel Auswahl gibt es nicht.




    Hütte auf Kufen, gleich am Anfang der Piste


    Láhpoluoppal, eine winzige Siedlung im Nirgendwo

    Eigentlich erwarte ich erst mal gar nichts. Láhpoluoppal habe ich als Start ausgewählt, weil hier Freitag und Sonntag ein Bus ohne Umsteigen von Alta hin fährt und eine vielversprechende Piste nach Süden beginnt. Am Anfang habe ich es gern einfach. Für die ersten ca. 40 Kilometer muss ich nicht nachdenken, sondern folge der Piste, dann einer Fahrspur bis zum Biennaroavvi. Auf den Luftbildern größtenteils erkennbar. Mehr muss ich nicht wissen. Von da sind es noch 15 Kilometer Luftlinie bis zur Nationalparkgrenze, also vielleicht 20 im Gelände. Wie man da vorankommt, kann ich nicht wissen. Jedenfalls gibt es keine Beschreibung, Fotos oder sonst irgendwas für diesen meiner Meinung nach logischen Einstieg zum Øvre Anárjohka Nationalpark.

    Über die weitere Route mache ich mir erst dann Gedanken, wenn ich Wald, Moor, Gesträuch usw. in diesem Gebiet einigermaßen einschätzen kann. Und natürlich die Flüsse. Da ich diesmal kein Boot dabei habe, sind Furten ein Thema. Meine Idee, für alle, die schon mal auf Norgeskart gucken wollen, ist ganz grob über Njullosvađđa und Rátkkavárri zu den Bosmmiidjavrrit zu laufen, weiter bis Gumpegorži (Ulvefossen, Anárjohka) und von dort über Gurbeš Richtung Norden nach Karasjok. Ob sich das umsetzen lässt (und wenn ja auf welcher Route) oder ob ich mir einen neuen Plan ausdenken muss – auf jeden Fall wird es eine Tour in kaum bekannte Gefilde. Nahrung und Spiritus für 12 Tage sind im Rucksack, was nicht gerade üppig erscheint, denn ich rechne ganz grob mit 220 bis 250 Kilometern. Falls ich länger brauche, muss ich das Essen eben ein bisschen strecken.

    Momentan kann ich mir das noch gar nicht vorstellen. Die ersten Kilometer auf der Piste sind mühsam aus einem Grund, der mir vorher bewusst war: ich hatte mir kurzfristig neue Stiefel gekauft, weil ich den alten keine längere Strecke mehr zumuten wollte. Keine gute Idee, die jetzt auf Tour einzulaufen, aber ich hatte einfach keine Gelegenheit dazu. Da muss ich jetzt durch. Den leisen Verdacht, dass Gummistiefel hier sowieso das bessere Schuhwerk sein könnte, schiebe ich mit Verweis auf die langen Tagesetappen beiseite. Besser ein bewährtes Modell und nach zwei schmerzhaften Tagen perfekt passende Schuhe als ein Experiment mit Gummistiefeln, in denen ich noch nie länger als ein paar Kilometer gelaufen bin. So mein Gedanke, nach dem Motto: der bekannte Schrecken ist uns immer lieber als der unbekannte.



    Schmerzhaft reiben die Stiefel vor allem am Schaft, wo ich ganz gut entlasten kann, wenn ich nicht bis ganz oben schnüre. Und am Bein ein Stück Tape aufklebe. So wird es gehen. Die offene Landschaft mit vereinzelten Birken, kleinen Sträuchern und Rentierflechten gefällt mir jedenfalls ausgesprochen gut, und auch die Wetteraussichten für die ersten Wandertage sind günstig. Tagestemperaturen um 12 bis 15 Grad, wenig Wind, kein Niederschlag.

    Für heute bin ich vollkommen zufrieden, als ich nach etwa 6 km an einem Bach direkt hinter dem südlichsten der drei Guhkkesjávrrit gute Zeltstellen entdecke. Bessere werde ich nicht finden, zumal es schon kurz vor 20:00 Uhr ist. Nach einer Katzenwäsche koche ich feierlich den ersten Tourkaffee und bin so richtig im Urlaub angekommen. Der Abend ist mild und windstill, ein paar Mücken schwirren mehr träge als zielstrebig um das Zelt herum. Alle Anspannung der Reise und überhaupt der letzten Wochen und Monate weicht einer wohlig-anregenden Mischung aus drei Wochen Freiheit, Neugier und – was am Anfang einer Tour eher selten ist – Gelassenheit. Ich glaube, es ist die ruhige, harmonische Landschaft hier, die mir das Gefühl von Geborgenheit gibt. Körperlich bin ich zwar nicht übermäßig fit und mental auch eher urlaubsreif als allen Herausforderungen gewachsen, aber in diesem Moment weiß ich, dass die Entscheidung für Øvre Anárjohka genau richtig war.



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    • Fjellfex
      Fuchs
      • 02.09.2016
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      #3
      Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
      Borgman heißt also August auf Samisch, und das Wort leitet sich ab vom Fellwechsel der Rentiere. Das war mir nicht bewusst, aber … wie geil!!
      "Es gibt keinen Zufall, und was uns blindes Ungefähr nur dünkt, grad das steigt aus den tiefsten Quellen." (Schiller - Wallenstein)
      Kann dein Entzücken nachempfinden!
      Und du vielleicht meines, dass dein Bericht jetzt beginnt (obwohl ich schon ein bisschen weiß).
      Jetzt gibt es hier also 2 Geotaggs in der südlichen Finnmark... da fühlt sich meiner gleich nicht mehr ganz so einsam. Bin gespannt!!!
      Zuletzt geändert von Fjellfex; 25.09.2023, 12:50. Grund: wenn schon Zitat, dann richtig ;-)

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      • Borgman
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        • 22.05.2016
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        #4
        Ja, Fjellfex, ich weiß, dass du dich auf den Bericht freust. Und bemühe mich um schnelle Lieferung. Jetzt geht es erst mal weiter mit einer langen Strecke, damit wir bald zu den interessanteren Stellen kommen:

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        • Borgman
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          • 22.05.2016
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          #5
          Samstag, 19. August: Guhkkesjávrrit bis See 443m hinter Veambilčorru

          Nach dem entspannten Abend konnte ich wunderbar schlafen und freue mich auf den Tag. Nicht so sehr auf die Stiefel … seufz … aber ich will trotzdem das gute Wetter nutzen um möglichst weit auf der Piste voranzukommen. Wie üblich starte ich mit einem Kaffee und 3 Bixit-Keksen, packe dann zusammen und breche um 6:40 Uhr auf. Es ist bedeckt bei 5°C und leichtem Südwind. Gleich hier am Bach teilt sich die Piste, ich folge der Variante westlich des Gáhkkorjávri.



          Abgesehen von wenigen nassen oder steinigen Stellen läuft es sich sehr einfach. Vielleicht ist das ausnahmsweise ein Nachteil, weil ich deshalb die schmerzenden Stellen (wo die neuen Stiefel reiben) und das Rucksackgewicht stärker wahrnehme. Oder weniger mit Navigation und Gelände beschäftigt bin, was auf das selbe hinausläuft. Jedenfalls brauche ich schon nach einer Stunde eine kurze Pause für die Füße. Die richtige Frühstückspause von 9:15 bis 10:50 Uhr mit Kaffee und Kornmo folgt nach einer weiteren Wanderstunde direkt hinter der Furt Lávžejohka (harmlos, nicht mal knietief). Einen Kilometer vor der Furt zweigt nach Osten eine Piste zum Áhkkanasjávri und zur Kárášjohka ab. Hätte ich das Boot dabei, wäre das wahrscheinlich meine bevorzugte Variante, weil es dort viele Seen gibt.






          Lávžejohka

          Inzwischen kommt öfter die Sonne durch. Zum Ausgleich frischt der kühle Wind auch etwas auf, so dass es selbst gegen Mittag nie zu warm wird. Hinter dem nächsten Hügel, Riebančorru, quert die Piste ein Moor und teilt sich dabei in verschiedene Spuren auf. Ich halte mich an die deutlichste und mache damit ein paar hundert Meter Umweg nach Westen. Nicht unbedingt besser, weil hier das Gesträuch dichter ist und man trotzdem durch Moor läuft. Danach geht es praktisch nur noch über trockene, oft sandige Hügel parallel zum Fluss Náhpoljohka.



          Um 12 brauche ich wieder eine halbe Stunde Pause. Kurz den Rucksack absetzen, Schuhe ausziehen, was trinken, ein Müsliriegel. Anscheinend wird das mein neuer Rhythmus, jeweils nach einer Wanderstunde eine Zwischenpause zu machen. So war es schon in Lierne, und da hat er sich bewährt. Die Spätsommertage sind lang in der Finnmark, es ist wirklich egal. Zumal ich flott vorankomme. Zur Mittagspause um 13:30 Uhr am Abfluss des Gurrabuolžžajávri bin ich heute geschätzt 18 oder 19 km gelaufen. Die merke ich allerdings auch in den Beinen.

          Nach einem Schläfchen und anschließendem Kaffee kann ich mich kurz nach 16:00 Uhr noch mal aufraffen. Die Piste ist seit dem letzten Abzweig (ebenfalls nach Osten zur Áhkkanasjohka) nur noch eine einfache, komfortable Fahrspur. Hügel rauf, Hügel runter, Hügel rauf ohne allzu viele Höhenmeter.






          ab und zu ein See

          Kurz nach 18:00 Uhr (nicht ohne eine weitere Zwischenpause) finde ich, es reicht langsam und steuere den See 443m an, etwa 400m östlich der Fahrspur. Aus der Ferne sieht es nach guten, trockenen Zeltstellen aus. Nicht, dass es hier einen Mangel an solchen Stellen gäbe.


          perfekter Platz am See 443m

          Nach der Waschaktion koche ich einen Kaffee und bin äußerst zufrieden mit dem Tag. Gegen Ende habe ich die Stiefel trotz der langen Strecke kaum noch gespürt (im Gegensatz zum Rucksack, der immer unbequemer wurde). Morgen werde ich also nach den letzten paar Kilometern Fahrspur richtig in die Wildnis eintauchen. Neben Neugier und Vorfreude ploppen auch einige Fragezeichen auf (Gelände? Vegetation? Furtstellen? Beste Route?), die ich vorerst beiseite schiebe. Wird sich alles finden.

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          • Fjellfex
            Fuchs
            • 02.09.2016
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            #6
            Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
            bemühe mich um schnelle Lieferung.
            Das ist natürlich sehr löblich.
            Schon den vermeintlich "uninteressanten" Teil verfolge ich gespannt auf der Karte.
            Und vielleicht gehst du gelegentlich auf die Frage ein, warum du dieses mal mit dem Hilleberg auf Tour warst und nicht mit dem Zelt, das du in Lierne dabei hattest...

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            • ronaldo
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              • 24.01.2011
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              #7
              "Wird sich alles finden."
              Gefällt mir sehr! Bin gespannt, wie es weitergeht.

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              • Borgman
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                • 22.05.2016
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                #8
                Fjellfex: Das Akto ist im Gegensatz zum Stratospire 1 ein warmes Zelt: kleinerer Raum, AZ geht ganz bis zum Boden, alle Lüfter sind komplett verschließbar, weniger Mesh am IZ und natürlich absorbiert die dunklere Farbe mehr Strahlung. Bei viel Wind und wenig Sonne finde ich es deutlich gemütlicher, deshalb ist es mein Favorit für kühlere Gegenden und bei uns die kühleren Jahreszeiten. Das Stratospire mag ich, weil es wegen der beiden komplett zu öffnenden langen Seiten flexibler und bei Wärme wesentlich besser zu belüften ist. Bei kaltem Wind finde ich es zu zugig (so war es z.B. in Varanger).

                ronaldo: Danke! Seit einigen Jahren improvisiere ich lieber als mich vorher schon auf eine Route festzulegen. In Øvre Anárjohka wie Muotkatunturi gab es jeweils ein paar Stellen, die ich gerne besuchen wollte (wie z.B.
                Gumpegorži oder Peltojärvi), aber man muss sich ja doch immer den Bedingungen anpassen. Selbst wenn was nicht klappt wird es meistens eine schöne Tour.

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                • Borgman
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                  • 22.05.2016
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                  #9
                  Sonntag, 20. August: See 443m bis See 450m östlich Allaganvárri

                  Mir ist kalt … gefühlt seit Stunden … was nicht nötig wäre. Ich konnte mich einfach nur nicht überwinden, unter dem Quilt hervorzukriechen um einen Pulli anzuziehen. Selber schuld. Obwohl jetzt um halb sechs schon die Sonne scheint, ist das Außenzelt innen noch mit Raureif überzogen. Windstill, leichter Nebel, -2°C. Ein herrlicher, leuchtender Morgen.





                  Nach und nach ziehen Wolken auf, als ich gegen 6:45 Uhr zurück zur Fahrspur gehe. Nach der Karte sollte ich ihr noch ein paar Kilometer folgen können, aber sie wird bald undeutlich und teilt sich in unterschiedliche Richtungen auf. Ich sehe sie noch mal in einem kleinen Moor, danach nicht mehr. Verschwende aber auch keine Zeit mit Suchen, denn die Richtung ist eindeutig.




                  genau nach Süden – der Urddotoaivi im Hintergrund dient zur Orientierung

                  Ohne die Fahrspur wird ein gutes Maß an Buschwerk unvermeidlich sein. In den Senken gibt es auch Abschnitte, wo man bei jedem Schritt tief in weichem Moos einsinkt (anstrengend) und natürlich nasse Stellen. Dort scheuche ich ständig eine Menge verschreckter Schneehühner auf, die sich lautstark über den Eindringling beschweren. Erste Pause am Südende des Golmmačiegatjávri nach einer Stunde. Hier der Blick nach Westen zum Buollán Áltevárri:




                  trockene Rentierflechte ist ein sehr angenehmer Untergrund – nass wird sie rutschig

                  Über die Höhe 490m laufe ich noch bis zum See 479m und baue dort das Zelt zum Trocknen auf. Darin kann ich mich auch kurz ausstrecken, denn es ist immer noch ziemlich kühl. Frühstückspause 9:15 bis ca. 11:00 Uhr.



                  Kurz danach habe ich eine nette Begegnung mit einer Gang aus 11 neugierigen Rentieren. Wie Rentiere so sind, bleiben sie erst mal stehen und gucken, laufen ein Stück und gucken noch mal. Das reicht ihnen aber noch nicht, also umkreisen mich einmal komplett und trauen sich dabei immer näher heran.





                  Und jetzt ändert sich die Landschaft, die für viele Kilometer so gleichförmig war, dass ich schon dachte sie bleibt immer so, doch ein bisschen. Durch teils felsiges und unübersichtliches Gelände geht es über Ráhpes Urddotoaivi zur Áhkkanasgorsa.






                  See 473m


                  Áhkkanasjohka

                  Hier sieht man sehr schön, wie üppig die Vegetation im Uferbereich wuchert. Das kenne ich schon von Heaika und Eriks Videos … sie mussten sich regelmäßig erst mal zum Fluss durchkämpfen und dann eine geeignete Furt suchen. Hier ist das nicht schwierig. Nach kurzer Erkundung entscheide ich mich für eine Stelle und quere über stark bewachsene größere Steine sicher ans andere Ufer.


                  nämlich hier

                  Dass sogar die Unterwasservegetation üppig ist, wundert mich ein bisschen. Nach der Furt (12:15 Uhr) genieße ich für eine halbe Stunde die Sonne. Das tun hier am Fluss allerdings auch die Mücken, und anders als die Schneehühner freuen sie sich über den Besuch. Es ist warm geworden. Beim Blick auf die Karte frage ich mich, ob es sinnvoll sein könnte noch ein Stück nach Süden und dann nahe der finnischen Grenze nach Osten über die Hügel zu laufen. Das wäre wahrscheinlich etwas einfacher als die direkte Route am Rand der Ebene zum Njullosvađđa und der Nationalparkgrenze, aber eben auch ein Umweg. Andererseits kann ich auch später noch über die Hügel ausweichen. Ich halte mich vorerst nach OSO zum Punkt 485m und schaue mir das Gelände dahinter an.


                  Áhkkanasgorsa


                  hier geht es noch ganz gut …


                  aber hinter dem ersten Hügelausläufer ist ein breites, elend nasses Tal zu queren …


                  mit Silberweidengestrüpp und Mücken

                  Am ersten der beiden Bäche im Tal mache ich um 14:00 Uhr eine mehr als verdiente Mittagspause. Nach dem Essen muss ich mich eine Stunde hinlegen und neue Kraft sammeln. Weiter geht es um 15:50 Uhr nach Osten, am Hügel 539m vorbei, zum Nordende des Máđárjávri. Ich notiere die Zeiten so genau im Tagebuch, damit man nachvollziehen kann wie viele Stunden ich in diesem doch recht wechselhaften Gelände gebraucht habe. Auf dem Abschnitt bis zum Máđárjávri gibt es neben einigen angenehmen Stellen auch viel von diesem dicken Moos, gerne garniert mit kleineren Strauchweiden, in dem man ungefähr so beschwingt vorankommt wie in aufgeweichtem Schnee. Schon nach wenigen Schritten wird es anstrengend.


                  das ist so eine typische Stelle: vorne Rentierflechte (gut), dahinter weich, dann nass


                  đárjávri



                  Hier am Nordzipfel des đárjávri gibt es absolut perfekte Zeltstellen, und überhaupt gefällt mir dieser See. Ich bin schwerstens versucht hier zu bleiben, suche mir schon mal einen Platz aus und setzte mich für einen Moment, um darüber nachzudenken. Besser wird es nicht. Es gibt einen kleinen Sandstrand und sogar eine Feuerstelle. Urlaubsparadies đárjávri. Andererseits ist heute erst der zweite volle Wandertag und optimales Wetter. Nee, eine Stunde schaffe ich noch.

                  Als wollte die Natur diese Aussage widerlegen, geht es direkt danach einen Kilometer durch Moor und Weidengestrüpp. Aber ich bin ein geduldiger Mensch, und bevor ich meine Entscheidung verfluche (oder jedenfalls gerade erst dazu ansetze sie zu verfluchen), bessert sich die Lage am Allaganvárri. Ein schöner Blick über die Ebene und massenhaft reife Heidelbeeren versüßen den letzten Abschnitt bis zum See 450m an dessen Ostseite. Nach einem guten Platz muss man auch hier nicht lange suchen. Um 18:20 Uhr steht das Zelt.


                  Blick nach NO nördlich des Allaganvárri


                  See 450m



                  Leider werden die Mücken jeden Tag aufdringlicher. Beim Baden im See mit Rasieren und Sachen waschen kriege ich noch etliche Stiche ab, was meine gute Laune aber nur kurz trübt. Frisch gewaschen mit einem Kaffee in der Wildnis zu sitzen und von der Abendsonne gewärmt zu werden macht mich für heute einfach nur wunschlos glücklich.

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                  • evernorth
                    Fuchs
                    • 22.08.2010
                    • 1835
                    • Privat


                    #10
                    Nun habe ich endlich Zeit gefunden, in deinen neuen Bericht einzutauchen. Eine - mehr oder weniger - gleichförmige Landschaft ist das, doch das Fehlen von landschaftlichen „Besonderheiten“ wird ergänzt von beinahe schon meditativen Eindrücken. Das hat was.
                    Ich folge gespannt den weiteren Tagen und praktiziere schon mal in Gedanken die yogische, tiefere Entspannung. 🧘
                    My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

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                    • Borgman
                      Dauerbesucher
                      • 22.05.2016
                      • 768
                      • Privat


                      #11
                      Freut mich, lieber Tom, dass du eintauchst und dabei bist! Und du hast Recht: diese Landschaft habe ich als meditativ, entspannend und auf eine Art sogar heilsam empfunden. Was vielleicht auch an meinen persönlichen Umständen dieses Jahr liegt. Aber bevor es hier zu esoterisch wird: sie hat auch handfeste Herausforderungen zu bieten. Ich arbeite am nächsten Teil .

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                      • Borgman
                        Dauerbesucher
                        • 22.05.2016
                        • 768
                        • Privat


                        #12
                        Montag, 21. August: See 450m bis kurz hinter Kárášjohka, nahe Jalgesvárri

                        Die Nacht war wieder so (vergleichsweise) mild wie die erste. 5°C am Morgen, tief hängende Wolken, mäßiger Wind aus SO. Ich konnte gut schlafen und bin entsprechend früh auf den Beinen. Um 6:15 Uhr habe ich das Zelt verpackt und laufe zuerst 1 ½ Kilometer nach Süden, um das westliche der beiden langgestreckten Moore im Tal zu umgehen. Das zweite quere ich dann an einer Stelle, die nicht ganz so nass aussieht und halte die Richtung OSO auf den nächsten Hügelrücken zu. Humastat steht in der Karte südlich davon, das ist dann wohl der Name des Höhenzugs.


                        Blick zurück zum Allaganvárri – hinten in der Mitte „mein“ See 450m


                        kleiner See 500m, mitten auf dem Hügelrücken

                        Die Sicht ist trotz des trüben Wetters ausreichend und wird auf der Ostseite deutlich besser. Ich will das Tal in möglichst direkter Linie zum Njullosoaivi queren, was sich dann auch als ideal erweist. Weiter nördlich sind Felsabbrüche und unwegsames Gelände. Eigentlich erwarte ich im Tal ein Flüsschen, Njullosjohka, aber nach einem Bach, den ich über einen einzigen Trittstein quere, beginnt der Anstieg. Das war es schon, und hier beginnt auch der Øvre Anárjohka Nationalpark. Wegen der dichten Vegetation mache ich kein Foto vom Talgrund. Aber eine halbe Stunde Pause kurz danach.


                        Njullosoaivi, da geht es gleich hoch

                        Am Hang ist der Wald nicht allzu dicht, und ich bekomme auch langsam ein Gefühl dafür, an welchen Stellen man gut voran kommt und welche man möglichst umgeht. Oder wo man eben durch muss, wenn sie sich nicht umgehen lassen. Das wird besonders deutlich, als ich im Anschluss Njullosvađđa nach Osten quere – ja, wie soll ich es nennen? Hochebene? Hügelkette? In meiner Richtung ist es eine Reihe von 4 oder 5 Kuppen auf denen sich wunderbar laufen lässt. Dazwischen verlaufen jeweils Bänder mit unangenehmer Vegetation.


                        Blick vom Njullosoaivi nach Osten

                        Viele Heidelbeeren wachsen am letzten Hügel, kurz vor dem See Njullosráhppáidjávri, von denen ich aber nur ein paar nasche, denn es gibt gleich richtiges Frühstück. Nur noch über den Bach und am östlichen Seeufer ein Stück nach Norden. Das ist nicht nur eine gute Stelle für die Pause (9:30 bis 11:50 Uhr), sondern auch strategisch günstig für den Weiterweg. Den ich jetzt in aller Ruhe planen kann.


                        Njullosráhppáidjávri, rechts auf der anderen Seeseite mein Pausenplatz

                        Wenn ich die großen Moore meiden will (ja bitte!), dann muss ich bis zur Schlucht der Kárášjohka, die will ich nämlich gerne sehen, ein bisschen im Zickzack durch die Ebene laufen. Das wird meine erste navigatorische Herausforderung, denn inmitten der Vielzahl ähnlich aussehender kleiner Hügel, kleiner Seen und kleiner Moore kann man, besonders in bewaldetem Terrain, schnell verwechseln welcher jetzt welcher ist. Nach GPS wäre es einfach, aber ich will mich bewusst nicht von Technik abhängig machen. Vielleicht ist es nur eine schrullige Eigenart, mir liegt jedenfalls die Orientierung nach Karte und Kompass, geschätzter Entfernung, Sonnenstand (unter Berücksichtigung von Sommerzeit und Längengrad) und eben auch einem guten Teil Instinkt. Es gelingt nicht immer perfekt und ich weiß auch nicht immer genau wo ich bin, aber wenn ich dann den Fehler erkenne und die Karte wieder mit der Wirklichkeit übereinstimmt, finde ich das extrem befriedigend.


                        so sieht das hier aus


                        Furt Dápmotjohka nach genau einer Stunde …


                        auch hier etwas dichtere Vegetation, aber unproblematisch


                        Blick nach SW über den Stuora Dápmotjávri zum Muottahasoaivi

                        Einen guten Kilometer hinter der Furt sitze ich für eine halbe Stunde auf dem Hügelrücken östlich des Stuora Dápmotjávri (ca. 13:15 bis 13:45 Uhr) in der Sonne und entspanne mich. Das hat doch bis jetzt sehr gut geklappt. Bisschen Buschwerk und Torfhöcker zwischendrin, aber es gab keine ganz üble Stelle.


                        Blick nach NO zum See 426m

                        Ich halte mich jetzt noch ein Stück nach Süden und quere dann nach Osten zwischen Rámšovárri und Njárgajávri zum nächsten Höhenzug. In Wald und unübersichtlichem Gelände drifte ich zu weit nach NO ab und bemerke das erst, als ich freien Blick über ein kilometerlanges Moor im Tal habe. Nee, das kann nicht sein, da hätte ich viel früher mal den Kompass befragen müssen. Ich bin ein gutes Stück westlich des länglichen Sees unterhalb der auffälligen Kerbe gelandet, die ich eigentlich oben passieren wollte. Egal, es ist nicht viel mehr als ein Kilometer Umweg, und das Gelände am Rand angenehm zu gehen.


                        die andere Seite sieht nämlich weniger angenehm aus


                        unten der See und das lange Moor, Blick nach N


                        Fels ist ja hier eher selten, also eine Sehenswürdigkeit


                        namenlose Kerbe von oben

                        Trotzdem bin ich jetzt wirklich erschöpft. Vom Njullosráhppáidjávri bis hier habe ich knapp 3 Stunden reine Gehzeit für 9 bis 10 km in wechselhaftem Gelände gebraucht, davor waren es schon 8 bis 9. Es ist 15:10 Uhr und ich bin außerdem hungrig. Was mir fehlt ist Wasser. Nur im Notfall würde ich aus einem der warmen Tümpel am Hügelrücken trinken, aber so schlimm ist es nicht. Immerhin gibt es eine Menge Beeren. Bis zur Furt schaffe ich es bestimmt noch.

                        Tja, und das ist nach dem Navigationsschnitzer schon die zweite einer ganzen Reihe von Fehleinschätzungen, die diesen Nachmittag noch unvergesslich machen werden. Ich habe zwar heute schon viel geschafft, aber der Spaß fängt gerade erst an.

                        Ich quere also zuerst den steinigen Hügelkamm und schaue mir mal das Tal der Kárášjohka an, die hier in einer langen, schmalen Schlucht fließt:



                        Wo soll da ein Fluss sein? Rechts sieht man den Nordausläufer des Davit Bissovárri, dahinter den langgestreckten Höhenzug Riehttečearru, über den ich morgen weiter nach Osten laufen will. Ich hätte die Möglichkeit rechts zu gehen und den Fluss vor der Schlucht zu überqueren, was ein kleiner Umweg wäre, oder eben links Richtung Bissoskaidi und dort irgendwo zu furten. Ganz klar letzteres, da sieht das Gelände besser aus. So gehe ich also fröhlich über den spärlich bewachsenen Streifen, den man auf dem Foto in der Mitte sieht.

                        Hätte ich mir vorher die Luftbilder angeguckt und eine Route ausgearbeitet, dann wäre mir aufgefallen, dass ich dahinter in sehr unwegsames, felsiges, verblocktes und dicht bewachsenes Gelände komme. Dann wäre ich oben über den Hügelkamm gelaufen. Habe ich aber nicht und bin ich nicht. Ich bin hier nahe an der Kárášjohka und schlage mich so gut es geht nach Norden durch. Der ebene Streifen am Fluss ist nicht nur dicht mit Birken und Silberweiden überwuchert, sondern es steht auch Wasser im ganzen Uferbereich. Ich bin erschöpft, genervt, verschwitzt, die Mücken piesacken mich. Ich will jetzt endlich über diesen verdammten Fluss!


                        nicht hier, ich teste mit dem Stock: zu tief, zu schlammig


                        hier sind wenigstens Steine im Wasser

                        Bloß nicht noch länger am Fluss entlang. Ich ziehe die Hose aus, wechsele in die Sandalen, ziehe die Stöcke weiter heraus und probiere es an genau dieser Stelle. Bis zur Hälfte geht es auch ganz gut über die großen Steine (man sieht nichts, weil das Wasser so braun ist), danach wird der Untergrund weich, das Wasser geht mir bis zum Bauch. Jetzt müsste ich umkehren, denke ich, tue es aber nicht. Ist doch nur noch ein kleines Stück. Dann habe ich gar keinen Boden mehr unter den Füßen und finde auch am Ufer keinen Tritt. Greife nach einem Strauch, werfe mit der anderen Hand die Stöcke an Land und ziehe mich mit letzter Kraft weiter hoch. Den nassen Rucksack auf dem Rücken, Stiefel um den Hals vollgelaufen, alles sackschwer.

                        Uff, das wäre geschafft. Starke Leistung, aber … ääh … dumm. Endbescheuert. Merkste selber, oder? Ziemlich kleinlaut fülle ich meine Wasserflasche und suche mir einen Platz, wo ich meine Sachen ausbreiten kann. Was ist alles nass geworden: Stiefel und Socken … die Hose, die außen am Rucksack hing … Quilt im Bodenfach, der wird so schnell nicht trocknen … Zelt, das ist egal … und sonst war eigentlich alles gut verpackt. Scheiße, die Kamera! Hoffentlich ist nichts ins Gehäuse gelaufen, das ist nicht abgedichtet. Ich nehme vorsichtshalber den Akku raus, stelle sie offen in die Sonne und knalle mich mit ein paar Kornmos daneben auf den Boden. Warum gibt es hier Kriebelmücken? Und warum sind die so groß? Das wird die erste Pause mit Kopfnetz. Danach rauche ich ein Zigarillo, aber das vertreibt sie auch nicht. Ich muss hier bald weg, es ist kaum auszuhalten.

                        Um 16:00 Uhr habe ich gefurtet, eine gute Stunde später packe ich mein nasses Zeug und gehe weiter nach Norden durch das Bissoskáidi. Skáidi ist Land zwischen zwei Flüssen, aber der kleine Bach da auf der Karte wird ja wohl kein Hindernis sein. Ich will nur noch das Moor an der schmalsten Stelle queren, dann über den Bach, dort zelten und morgen weiter zum Jalgesvárri. Denkste! Das Moor ist kein Problem, aber vor den Bach hat Gott das dichteste Silberweidendickicht gestellt. Und das nasseste. Gleichzeitig. Leider kein Foto, weil die Kamera noch trocknen soll. Aber das ist sehenswert. Fahrt hin, guckt es euch an.

                        Oder lieber doch nicht, denn der Bach ist hier nicht zu furten. Nur vielleicht drei Meter breit, aber tief und schlammig. Oh nein, nicht schon wieder! Finde ich diesmal auch eine schöne Stelle mit Steinen? Ich probiere es bachabwärts und schlage mich also durch das sperrige Dickicht, schaue hier und da zum Wasser. Es sieht überall ähnlich aus. Dafür sind meine Arme jetzt nicht nur zerstochen, sondern auch übel verkratzt. Nee, das ist schon die beste Stelle bisher, mehr sandig als schlammig, ich muss es versuchen. Selbe Routine wie vorhin, nur sind diesmal die Stiefel oben am Rucksack befestigt und die Kamera in einem Gefrierbeutel. Zum Glück trägt der Sand, das Wasser geht knapp bis zum Schritt an der tiefsten Stelle.

                        Hinter der Furt kommt ein hundert Meter breites Moor und nicht weit davon eine gute Zeltstelle am Hang. Zuerst muss das Zelt trocknen, alle anderen Sachen hänge ich in die Birken und gehe noch mal zum Bach um Wasser zu holen und mich kurz zu waschen. Wobei … sauber geworden bin ich ja schon in der Kárášjohka. Es ist wieder bedeckt und auch schon recht spät, viel wird nicht trocknen. Nach dem Kaffee und vor dem Abendessen probiere ich die Kamera aus:


                        funktioniert

                        Zeit, die Sachen reinzuholen. Der Quilt ist nur noch am Kragen ein bisschen nass – der Aufpreis für imprägnierte Daunen hat sich anscheinend gelohnt. Stiefel und Socken trocknen bis morgen Abend, wenn ich hoffentlich noch mal Glück mit dem Wetter habe. Eigentlich bin ich gar nicht unzufrieden, immerhin war es ein erlebnisreicher Tag. Dieses Zähne-zusammenbeißen-und-durch wenn man eigentlich schon erschöpft ist kennen wahrscheinlich die meisten, und auch, dass man dann nicht immer die richtige Entscheidung trifft. Ich hätte meine Pause an der Stelle machen sollen, dann wäre ich erfrischt weiter gegangen und hätte eine bessere Furt gefunden. Beim nächsten Mal …

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                        • ronaldo
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                          Moderator
                          Liebt das Forum
                          • 24.01.2011
                          • 12506
                          • Privat


                          #13
                          Sehr sehr anschaulich. Ich leide mit.

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                          • Blahake

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                            Fuchs
                            • 18.06.2014
                            • 1591
                            • Privat


                            #14
                            Oha! Der Tag war ja dann wirklich nicht mehr so meditativ! Eher nervenaufreibend, selbst beim Lesen. Ich bin mit Spannung dabei!

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                            • Borgman
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                              • 22.05.2016
                              • 768
                              • Privat


                              #15
                              ronaldo, Blahake; Danke! Der Nachmittag war so verkorkst, dass ich mich schon beim Tagebuchschreiben am Abend darüber lustig machen konnte. Mitten drin hatte ich nur minimalen Sinn für Humor. Andererseits ist das richtige Wildnis, und das habe ich eben auch zu spüren bekommen. Weiter geht es hoffentlich morgen, spätestens Dienstag.

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                              • Borgman
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                                • 22.05.2016
                                • 768
                                • Privat


                                #16
                                Dienstag, 22. August: Bach hinter Bissoskáidi bis Bosmmiidjávri 405m

                                Dank der bisher mildesten Nacht war der Quilt auch in leicht feuchtem Zustand warm genug. Ich hatte mir schon ausgemalt, wie ich alle Kleidung übereinander anziehen muss, aber das war nicht nötig. 7°C am Morgen, bedeckter Himmel mit wenigen Wolkenlücken, und es weht wieder ein leichter Wind aus SO. Die stabile Wetterlage ist mein Glück, besonders heute. Eigentlich würde ich nach dem anstrengenden Tag gerne länger ausruhen, und es kostet auch etwas Überwindung mit nassen Socken in die nassen Schuhe zu steigen, aber um 6:45 Uhr bin ich dann doch abmarschbereit. Wer weiß, welche Überraschungen mich noch erwarten? Da will ich wenigstens keine Zeit vertrödelt haben.


                                Blick zurück, links Davit Bissovárri

                                Die Mücken sind auch schon wach, aber ich lasse sie bald hinter mir. Durch Strauchheide und lichten Wald geht es hoch zum Jalgesvárri und weiter zum Allavárri. Mit dem Gelände gibt es jedenfalls vorerst keine Überraschungen. Auf den Hügelkuppen läuft es sich prima, und in den Senken wuchern die Strauchweiden auf dickem, weichem Moos. Nur die Kamera zickt ein bisschen, da ist wohl doch Feuchtigkeit eingedrungen. Einige Bilder sind sogar unbrauchbar. Vielleicht kann ich später noch was retten.


                                dieses ist gut …


                                dieses nicht, wie auch das nächste, aber man hat trotzdem einen Eindruck von der Landschaft

                                Halbe Stunde Pause am Allavárri, danach muss ich leider drei Kilometer durch ziemlich üble Vegetation …



                                auf direkter Route bis zum See 484m, wo ich um 9:45 Uhr mein Zelt für die Frühstückspause aufstelle. Besser wäre wohl ein Umweg nach Süden über den Hügel 522m und dann nach Osten zum Rátkkavárri gewesen. Der Quilt trocknet auf dem Zelt ausgebreitet relativ schnell, und bei den Schuhen merkt man auch schon was.

                                Um 11:30 Uhr laufe ich weiter teils durch Gesträuch hoch zum Rátkkavárri, wo ich auf Mobilnetz hoffe. Wirklich stabil ist es nicht, aber ich kann mit etwas Geduld ein paar Textnachrichten abschicken und erhalte eine Wettervorhersage. Ab dem späten Nachmittag / frühen Abend soll es regnen, morgen den ganzen Tag. Das passt mir ehrlich gesagt ganz gut, dann kann ich morgen einen gepflegten Ruhetag einlegen. Der Wechsel aus einfachem, anstrengendem und sehr anstrengendem Gelände schlaucht heute mehr als an den anderen Tagen.

                                Das Bild vom Gavdnjajávri aus der Kamera ist unbrauchbar (zum Glück habe ich ein Foto mit dem Telefon gemacht), das nächste vom Noarvváš ist zu retten.


                                Blick nach SO zum Gavdnjajávri


                                Blick nach NO: in der Mitte Noarvváš, rechts davon Deanobokvárri, ganz links Stuorra Gurbeš

                                Ab dem Rátkkavárri geht es ein paar Kilometer durchgehend angenehm bis zum See 451m südlich Gavdnjaráhppát. Trotz des sonnigen, warmen Wetters sind hier nur wenige Mücken, so kann ich ungestört die Karte studieren. Wenn ich mich am Nachmittag noch mal richtig ins Zeug lege, kann ich die Hütte erreichen und dort den Regentag verbringen. Ja, es gibt eine offene Hütte im Nationalpark, die nirgendwo verzeichnet ist. Aber sie steht mitten in einer riesigen, waldigen, von Mooren durchzogenen Ebene an der Bosmmiidjohka. Ich bin mir erstens nicht sicher wie viele Stunden ich in dem Gelände bis da hin brauche und zweitens, ob das überhaupt meine favorisierte Route ist. Von den beiden denkbaren Varianten zum Deanobokvárri ist das jedenfalls die nassere, besonders nach einem Regentag.

                                Muss mich aber jetzt noch nicht festlegen, denn die ersten 4 km bis zum nordwestlichsten der Bosmmiidjávrrit (See 405m) sind gleich. Eigentlich sollte es kein Problem sein wenigstens grob die Richtung zu halten, also eine gute Stunde nach Osten zu laufen. Nach der Karte sind nur ein paar kleine Moore zu umgehen und am Ende ein größeres und ein See. Der Wald ist nicht mal besonders dicht. Aber dann quere ich schon nach kurzer Zeit einen Bach, den es nicht geben dürfte und merke, dass ich komplett verloren bin. Klar, ich weiß schon noch wo Osten ist, aber nicht mehr, ob ich nördlich oder südlich meiner Linie bin. Das Problem sind die vielen kleinen Hügel, die sich gegenseitig den Blick versperren und die mich immer dazu verführen, ein Stück auf ihnen zu gehen. Vom größten Hügel müsste man ja irgendwas sehen können, z.B. eine charakteristische Seenkette. Aber welcher ist der größte? Und wenn ich schon zu weit südlich bin, dann ist der größte Hügel völlig falsch.

                                Nach einiger Verwirrung stoße ich auf einen See, den ich erst nicht zuordnen kann. Bis mir dämmert, dass ich ihn aus einer ganz unerwarteten Perspektive betrachte, nämlich von Nordwesten. Jetzt ist alles ganz einfach. Das hat zu viel Zeit und Kraft gekostet, als dass ich heute noch eine längere Nachmittagsetappe machen wollte. Mittagspause an Ort und Stelle, danach gehe ich nur noch zum Bosmiidjávri und suche mir dort einen schönen Platz für den Regentag.


                                am See 422m nach der Pause

                                Der Weg dahin ist dann auch einfach und angenehm über die Hügel, und sogar der Bach, den ich queren muss, ist nicht so dicht zugewuchert wie andere.


                                das könnte der See 413m sein, bin mir nicht ganz sicher


                                dann ist das See 414m …


                                und das ganz sicher Bosmmiidjávri 405m

                                Etwas weiter oberhalb findet sich im Birkenwald auf jeden Fall eine gute Zeltstelle, aber weil es noch früh ist (erst 16:45 Uhr), gehe ich zuerst zum Seeufer und dann ein bisschen in der Gegend herum. Für zwei Nächte soll es bitteschön der allerbeste Platz sein.


                                am Seeufer wäre der Blick nett, aber zu feucht (dickes Moos)


                                Nordwestende Bosmmiidjávri

                                Schließlich lande ich doch im Birkenwald, stelle das Zelt auf und gehe noch mal zum Bach, um mich zu waschen und Wasser zu bunkern.


                                weicher, ebener und vor allem auch durchlässiger Untergrund – ich will morgen nicht in einer Pfütze stehen

                                Eine Viertelstunde nachdem ich eingerichtet bin beginnt der Regen. Perfektes Timing. Alle Sachen sind über den Tag getrocknet und lagern sicher in meiner gemütlichen Höhle. Jetzt muss ich nichts mehr tun, nichts mehr denken, kann einfach nur entspannen.


                                Mittwoch, 23. August: Abwettern

                                Es regnet tatsächlich den ganzen Tag ohne Pause. Anfangs stetig und gleichförmig, perfekt um den Vormittag zu verschlafen, später kräftig mit Windböen. Kein Unwetter, aber die gemütliche, meditative Stimmung ist gefährdet. Ich lese ein paar Stunden und lasse die Gedanken durchziehen. Nichts haftet, das ist gut so. Gegen 17:00 Uhr finde ich, es könnte langsam aufhören, und eine Stunde später nervt der Regen ein bisschen.

                                Angesichts der doch recht ergiebigen Regenmenge über 24 Stunden hat sich die Variante durch die Bosmmiid-Ebene und über Bassečohkka erledigt. Moore und Bäche dürften jetzt randvoll sein. Ich nehme die Karte zur Hand und prüfe eine Route, die ich bisher nur vage als zweite Option im Kopf hatte, genauer. Nach Norden Richtung Čuoikaduottar und dann in gerader Linie nach Osten über den Noarvváš zum Deanobokvárri. Mal schauen wie lange ich für die Strecke brauche. Die Beine hatten ja den ganzen Tag zum Ausruhen.

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                                • vobo

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                                  • 01.04.2014
                                  • 734
                                  • Privat


                                  #17
                                  Lieber Bernd, das sieht ja schon sehr finnisch aus in der Finnmark. Was für weite Ebenen mit ein paar Schluchten, sanften Hügeln und viel Moor. Ganz schön mühsam zu verfolgen - die ganzen Seen und Schreibweisen, mal findet man sie auf der Karte und mal nicht. Vermutlich genau so wie Deine Wegfindung auch war. Schön, dass es in diesem aufregenden Jahr endlich geklappt hat!

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                                  • Borgman
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                                    • 22.05.2016
                                    • 768
                                    • Privat


                                    #18
                                    Danke, Volker – freut mich, dass du dir die Mühe machst, meine Route zu verfolgen. Du bist ja auch ein Freund von präzisen Angaben. Ich greife mal zwei deiner Stichworte raus, um ein paar Hintergrundinfos wenigstens anzureißen. Passt an dieser Stelle ganz gut zu dem Regentag aus dem letzten Teil.

                                    Finnmark/Finnland (ich bin historisch nicht so bewandert, also korrigiert mich bitte): mir schwirrt der Vertrag von Strömstad 1751 im Kopf herum, mit dem die Königreiche Dänemark-Norwegen und Schweden-Finnland die Grenze festgelegt hatten. In dessen Zusatz „lappe-codicillen“ wurden den Samen zwar einige Sonderrechte wie freier Grenzübertritt zugestanden, faktisch war die Grenzziehung der Nationalstaaten aber der Anfang vom Ende ihrer traditionellen Lebensweise. Im Gebiet indre Finnmark – Lemmenjoki gab es keine „natürliche“, also landschaftlich, sprachlich oder kulturell begründete Grenze, sie war rein willkürlich. Spätestens als Schweden dann 1809 Finnland an Russland abgeben musste, waren hier die Routen zwischen Sommer- und Winter-Weidegebieten unterbrochen.

                                    Als finn / pl. finner wurden die Samen in Norwegen bezeichnet (entsprechend lapp / lappar in Schweden), bevor sich im 20. Jahrhundert same / samer durchsetzte. Altnordisch skriðfinn, später fjellfinn meinte speziell die nomadisch, mit der Domestizierung der Rentiere halbnomadisch lebenden Samen des Nordens. Daher auch die Bezeichnung Finnmark für den nördlichsten Landesteil, was nichts anderes bedeutet als „Samenland“. Finnische Immigranten in Norwegen (in Troms eine anerkannte Minderheit) nennt man dagegen kven / kvener.

                                    Unterschiedliche Schreibweisen: da bin ich mir nicht sicher, aber es könnte damit zusammenhängen, dass samische Schriftsprachen erst in neuerer Zeit entwickelt wurden. Vielleicht auch noch mit der rigorosen Assimilationspolitik im frühen 20. Jahrhundert. In allen nordischen Ländern und Russland waren samische Sprachen in öffentlichen Schulen verboten. Mit dem wachsenden Interesse an samischer Kultur und Sprache seit den 1970er und 80er Jahren musste Vieles neu entdeckt und gelernt werden.

                                    Und überhaupt: samische Flurnamen sind toll! Sie haben alle eine spezifische Bedeutung. Mir ist zum ersten Mal auf der Laksefjordvidda-Durchquerung (Tana Bru – Skoganvarre) aufgefallen, dass man eine ziemlich gute Vorstellung von der Landschaft bekommt, wenn man die Namen übersetzt. Im Bericht habe ich darauf verzichtet. Wer sich dafür interessiert, findet einige Nordsamisch-Norwegische Wörterbücher.

                                    Dieses ist einfach zu benutzen, weil Sonderzeichen direkt eingefügt werden können und es eine englisch Oberfläche gibt:
                                    https://sanit.oahpa.no/sme/nob/

                                    Mehr Wörter findet man hier:
                                    https://533.davvi.no/ordbok_norsam.php

                                    Einen tieferen Einblick in die Bedeutung samischer Flurnamen gibt ein Gedicht von Matti Morottaja, das die neue Ausstellung im Siida Inari einleitet:


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                                    • ronaldo
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                                      Moderator
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                                      • 24.01.2011
                                      • 12506
                                      • Privat


                                      #19
                                      Ah danke! Nicht nur schöne Landschaften und Befindlichkeiten, sondern auch a weng Kultuuur...

                                      Kommentar


                                      • Fjellfex
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                                        • 02.09.2016
                                        • 1511
                                        • Privat


                                        #20
                                        Zitat von ronaldo Beitrag anzeigen
                                        Ah danke! Nicht nur schöne Landschaften und Befindlichkeiten, sondern auch a weng Kultuuur...
                                        Hier wäre was für die ganz speziell Interessierten: eine Diplomarbeit in Archäologie, mit viel Feldarbeit in der Region; es wurden viele "kulturminner" entdeckt; auch das Thema Ortsnamen findet breite Berücksichtigung -
                                        forside kopi (uit.no)

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                                        • ronaldo
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                                          Moderator
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                                          • 24.01.2011
                                          • 12506
                                          • Privat


                                          #21
                                          Hmja, danke, habs versucht. Allerdings hauts mit dem Norwegisch nicht so recht hin...

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                                          • Borgman
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                                            • 22.05.2016
                                            • 768
                                            • Privat


                                            #22
                                            Die vom Fjellfex verlinkte Arbeit von Tina Solbakken kann ich auch wärmstens empfehlen. Für die Vorbereitung hatte ich nur die relevanten Abschnitte gelesen (es gibt ja so wenig zu Øvre Anárjohka), will mir den Text aber mit meinem neuen Blick auf Landschaft und Kultur demnächst in Gänze zu Gemüte führen. Jetzt geht es erst mal weiter mit einer langen Wanderstrecke:


                                            Donnerstag, 24. August: Bosmmiidjávri bis See 356m (Goššjohgiera)

                                            Wie so oft nach einem Ruhetag brauche ich in der zweiten Nacht nicht viel Schlaf. An einem klaren Morgen wäre ich noch früher aufgebrochen, aber bei dem trüben, leicht nebligen Wetter reicht mir die Sicht erst um halb sechs. Einziger Nachteil der höheren Route ist, dass es keine Bäche gibt. So fülle ich um 6:15 Uhr beide Trinkflaschen und laufe durch tropfnasse Büsche und Birkenwald nach NO zum Punkt 461m. Eine einsame Kiefer zwischen all den Birken fällt schon von Weitem auf – ich muss da hin und ein Foto machen. Schwierig bei dem Licht.



                                            Ab hier geht es wie erhofft sehr einfach über den langgestreckten Hügelrücken Čuoikamaras nach Norden. Nur wenige nasse und dichter bewachsene Stellen sind zu überwinden. Das ändert sich, als ich nach anderthalb Stunden Strecke und einer halben Stunde Pause nach Osten schwenke und direkt auf den Noarvváš zu halte.


                                            Noarvváš erkennt man immer, weil er von allen Seiten genau gleich aussieht

                                            Auf der Karte sind als abwechselnd blau gestrichelte und grüne Streifen schon einige quer verlaufende Moore und höhere Vegetation zu erkennen, und als Bonus gibt es auch noch das berüchtigte Anárjohka-Moos, in dem man bis über den Knöchel einsinkt. Plus Torfhöcker. Das ist mal der seltene Fall wo Querstreifen schlank machen. Auf dem guten Kilometer Hindernislauf zum Fuß des Noarvváš verbrenne ich jedenfalls etliche Kalorien.




                                            und die Mühe wird nicht mal durch schöne Aussicht belohnt – Noarvváš hüllt sich ab jetzt hartnäckig in Wolken


                                            Blick zurück


                                            Blick voraus



                                            Dafür wird das Gelände wieder höchst angenehm. Oben beginnt es zu regnen. Dort stelle ich um 9:45 Uhr das Zelt für eine eher ungemütliche Frühstückspause auf, was erstens nach 3 Stunden reiner Wanderzeit sowieso nötig ist und zweitens dem Wetter Gelegenheit zum Aufklaren gibt.


                                            Blick nach SO: Bassejávri


                                            Blick nach O in meine Wanderrichtung

                                            Um 11:40 Uhr geht es hinunter in eine waldige Ebene. Immer noch mit einigen Regenschauern, aber dafür gelingt die Navigation zwischen kleinen Mooren, Seen und sanften Hügeln perfekt.


                                            der Deanobokvárri (Mitte) ist von der Ebene aus leider nicht mehr so gut sichtbar, sonst wäre es einfacher


                                            See 440m


                                            Rotkappen findet man viele


                                            Moor am Bach nach ziemlich genau der halben Strecke


                                            Elche gibt es hier wohl auch


                                            Deanobokvárri schon zum Greifen nah

                                            Zwei Stunden seit der Pause werden die Beine langsam müde, aber den Anstieg schaffe ich noch. Oben am Deanobokvárri fällt mir zuerst auf, wie still es ist. Regen, Wind, Insekten, ab und zu ein Vogel, alles macht Geräusche, aber hier ist … nichts. Absolut still. Die ruhige, harmonische Landschaft ist genau, was ich brauche. Mittagspause 14:00 bis 15:45 Uhr.


                                            Blick zurück zum Noarvváš


                                            Blick nach SO, See 411m (416m bei H+E)



                                            Blick nach N, links im Hintergrund das Quellgebiet der Goššjohka, die im weiteren Verlauf der Tour noch wichtig werden wird. Aber nicht heute. Zuerst will ich zum Wasserfall Gumpegorži, dem Wolfsfall. Wer die Karte vor sich liegen (oder Norgeskart geöffnet) hat, dem sticht sofort eine Route ins Auge, nämlich vom Deanobokvárri über den Hügel 437m und Ruvžaskáidi bis zur Ruvžajohka und dann parallel zur Anárjohka bis Gumpegorži. Während ich die ersten Kilometer laufe, denke ich darüber nach, entscheide mich dann aber spontan für eine andere Route.


                                            wieder Blick nach N

                                            Vom Hügel 466m gehe ich nicht halb rechts (Ruvžaskáidi), sondern folge der Hügelkette weiter nach Norden, die auf dem Foto etwa in der Mitte zu sehen ist. Zwei Goldregenpfeifer rufen sich gegenseitig zu, und mir fällt auf, dass es die ersten überhaupt auf dieser Tour sind.



                                            Hier noch besser zu erkennen. Bis auf die nassen Senken zwischen den Hügeln bleibt das Gelände so angenehm. Das ändert sich erst auf dem Hügel 418m, wo sich dichterer Wald mit Heidekrautflächen und Torfbuckeln abwechselt. Um 18:00 Uhr will ich einen Platz für die Nacht haben und drifte allmählich zum See 356m. Leider ist hier alles zu uneben, damit war nun wirklich nicht zu rechnen. Überall sonst gab es reichlich Auswahl an geeigneten Stellen. Weiter gehen werde ich aber nicht. Die Strecke war lang genug. Nach ein paar Minuten Suche stelle ich das Zelt an einem weniger hubbeligen Platz auf und bin zufrieden. Gründliche Waschaktion im See bei schwachem Wind und 9°C.



                                            Auch hier ist es sehr still – ab und zu summt eine Mücke oder Fliege. Seltsam, wie wenige Vögel man hört. Am Deanobokvárri konnte ich einen Falken beobachten, groß und sehr dunkel, vielleicht ein Gerfalke. Die als einzige Ausnahme unter den Vögeln regelmäßig anzutreffenden Schneehühner würden ja dazu passen. Rentiere habe ich gar keine mehr gesehen. Hmm, Øvre Anárjohka ist definitiv nicht überbevölkert.

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                                            • Borgman
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                                              • 22.05.2016
                                              • 768
                                              • Privat


                                              #23
                                              Freitag, 25. August: See 356m bis Gumpegorži

                                              Regen um 3 Uhr am Morgen. Etwas verschlafen checke ich automatisch in Gedanken, ob ich am Abend alles reingeholt habe … Schuhe, Socken, Hose … nee, die Socken hängen noch draußen. Hat zum Glück gerade erst angefangen, sie sind nur leicht feucht geworden. Zum Frühkaffee um 6 regnet es nicht mehr. Der Himmel ist bedeckt, leichter Wind, 9°C. Heute kann ich mir Zeit lassen, denn ich will nur bis zum Gumpegorži laufen. Das sind geschätzt 12 oder 13 km im Gelände – knapp halb so viel wie gestern. Aufbruch um 7:00 Uhr durch tropfnassen Wald (und Gebüsch) zum See 368m …



                                              wo ich zum ersten Mal ein kurzes Stück einem Wildpfad folge. Ich hatte schon fast vergessen wie angenehm so ein Pfad sein kann. Verlockend und gerade deshalb auch trügerisch, weil er oft nicht dahin führt wo man hin möchte. So auch hier: er biegt nach Süden ab, wo doch meine Richtung Osten ist. Und er verdirbt die Moral. Nach wenigen hundert Metern platt getrampelter Spur wirkt die gewohnte Vegetation abseits davon viel dichter, obwohl sie es wahrscheinlich nicht ist.


                                              Blick zurück auf die Hügelkette von gestern Nachmittag, hier wieder ohne Wildpfad

                                              Jetzt steige ich auf den Ruvžavárri (439m), halte mich oben nach OSO und mache nach der ersten Wanderstunde eine kurze Pause. Die brauche ich auch, um mir so gut es geht das Gelände einzuprägen, denn danach kommt es auf die richtige Route an. Durch die Ebene ziehen sich drei parallele Moore als kilometerlange Streifen, die ich vermeiden will. Es ist so schon nass genug. Wichtig ist, den Übergang zu einer ebenfalls kilometerlangen Reihe Kiefern zu finden, die hinter dem dritten Moor nach NO verläuft, genau in meine Richtung. Da müsste man gut voran kommen.


                                              Blick vom Ruvžavárri nach W zum See 356m (Nachtlager)



                                              Das Foto ist anderthalb Stunden später gemacht, aber so ungefähr kann man sich die Ebene vorstellen. Trockener Streifen, nasser Streifen, trockener Streifen. Nur dass manche der nassen Streifen randvolle Moore und praktisch unpassierbar sind. Nach einer weiteren Pause 9:30 bis 10:00 Uhr geht es größtenteils angenehm in lichtem Wald über den Hügel 331m. Šuojáskáidi heißt das hier. Die Strecke bis zum nächsten Hügel (326m) zieht sich in die Länge, und hier beginnt es zu regnen, erst ganz wenig, dann immer stärker. Gumpegorži kann warten, wäre bei dem Wetter auch nicht sonderlich attraktiv. Ich gehe noch hinunter zum Bach und stelle das Zelt für eine längere Pause auf, es ist 11:30 Uhr. Frühstück!

                                              Eine Stunde später hört der Regen auf, aber ich warte noch ab, ob es wirklich trocken bleibt. Trinke noch einen 2. Kaffee, dann gehe ich gemächlich das letzte Stück zum Wasserfall.



                                              Von hier sieht man noch nicht viel. Ich lasse den Rucksack stehen und erkunde ausgiebig die Felslandschaft. Schöne Abwechslung, das macht Spaß. Anárjohka führt ordentlich Wasser.


                                              Goržžifielbmá






                                              flussaufwärts vom Wasserfall





                                              Gumpegorži ist ganz offensichtlich der touristische Hotspot des Nationalparks. Es gibt mehrere kleine Feuerstellen, ab und zu lässt sich sogar ein rudimentärer Pfad erkennen. Wenn man irgendwo Menschen treffen könnte, dann ja wohl hier. Nachdem ich etliche der Felsen auf dieser Seite des Flusses erklommen und den Wasserfall aus unterschiedlichen Perspektiven fotografiert habe, könnte ich mir bald einen Platz suchen, das Zelt aufstellen und später noch mal losziehen. Wie man auf den Bildern schon erkennt, ist das Gelände eher steinig. Richtung Gorsavárri sieht es ganz gut aus, aber ich suche mindestens eine halbe Stunde kreuz und quer, bis eine geeignete Stelle gefunden ist. Ich will auf jeden Fall hier die Nacht verbringen.



                                              Zum Waschen und Wasser holen muss ich sowieso runter zum Bach und setze mich dann noch mal an den Rand der Schlucht. Jetzt kommt die Sonne durch, und ich überlege kurz, ob ich die Kamera holen soll. Aber es ist zu schön, einfach nur zu sitzen und sich wärmen zu lassen.

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                                              • Borgman
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                                                • 22.05.2016
                                                • 768
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                                                #24
                                                Samstag, 26. August: Gumpegorži bis Goššjohka nördlich Heastavárri

                                                Nach dem sonnigen Abend hoffte ich auf trockenes Wetter, wovon heute Früh allerdings nichts zu sehen ist. Nicht weil es regnet, sondern weil man im dichten Nebel einfach gar nichts sieht. Das bremst ehrlich gesagt ein bisschen meinen Tatendrang. Eigentlich wollte ich noch ein Foto in der Morgensonne vom Wasserfall machen und dann sofort aufbrechen. Vielleicht noch einen zweiten Kaffee und ein Stündchen abwarten?

                                                In der Zeit nehme ich ein weiteres Mal die Karte zur Hand, obwohl sich kein Honig daraus saugen lässt. Die Option, von hier in einem Tagesmarsch zur Andreas-Nilsen-hytta zu gehen, von dort zur Straße und dann rund 60 km nach Karigasniemi, wäre nur die ultimative Schlechtwetter-Variante gewesen. Mein aktueller Plan ist, mich bis zum Gollevárri irgendwie durch die Ebene zu schlagen und dann hoffentlich entspannt über alle Hügel vor und hinter dem Stuorra Gurbeš nach Norden zu laufen. Am Ende des Tages würde ich zwischen Heastavárri und Nirvejávri die Goššjohka queren. Dort endet auf der Nordwestseite eine ATV-Spur, also muss es ja wohl eine gute Furtstelle geben.

                                                Aber daran muss ich jetzt noch keinen Gedanken verschwenden. Als sich um 7 Uhr der Nebel etwas lichtet, packe ich zusammen und gehe um 7:30 Uhr los, Kurs NNW. Zuerst über den Hügel, dann durch ein quer verlaufendes Moor …



                                                auf den nächsten Hügel. Dahinter müsste ich auf die Šuoiajohka stoßen. Genau genommen gibt es zwei Bäche des selben Namens, die an dieser Stelle zusammen fließen. Vorzugsweise furte ich sie direkt danach in einem Rutsch statt einzeln. Was ich mir abschminken kann. Viel zu viel Wasser in einem viel zu schmalen Bett macht das Flüsschen zu einem ernsthaften Hindernis.


                                                zu tief für die kräftige Strömung

                                                Weil ich mir gar nicht vorstellen kann, dass dies nur der südliche Bach ist, folge ich ihm durch extrem nasses, dicht mit Sträuchern bewachsenes Gelände nach Westen. Hier steht das Wasser höher als meine Stiefel sind, und obwohl ich immer versuche auf die Sträucher zu treten, läuft mir Wasser über den Schaft. So kämpfe ich mich ein Stück bis zu einer breiteren Stelle durch.


                                                hier gelingt die Furt



                                                Also, ich bin mir jetzt wirklich nicht sicher. So viel Wasser kann doch nicht in einem Bach von vielleicht 10 km Länge sein. Oder? Im Nebel ist aber auch gar nichts zu sehen. Nicht mal, wo das Gelände ansteigt und man einen Hügel vermuten könnte. Wie auch immer, der Kompasskurs WNW ist auf jeden Fall richtig. Und führt vom Nassen ins Trockene. Nach einem weiteren Kilometer bin ich mir ziemlich sicher, dass es die Höhe 304m ist und schwenke nach NW.





                                                Da ist auch schon die nördliche Šuoiajohka zu erahnen und der Nebel löst sich allmählich auf. Nach der Furt stelle ich um 9:00 Uhr für eine halbe Stunde die nassen Stiefel und Socken in die Sonne, was nichts bringt. Egal – Wetter und Sicht sind perfekt, und meine Laune könnte nicht besser sein.


                                                Blick zurück


                                                Gollevárri – ab jetzt kann ich auf Sicht navigieren

                                                Für die nächsten Kilometer geht es anstrengend durch dicht bewachsenes, weiches und oft nasses Gelände. Ich bin froh, als es am Hang des Gollevárri endlich einfacher wird. Zur Frühstückspause 11:00 bis 13:00 Uhr lasse ich das vom Nebel noch nasse Zelt trocknen. Hier hat man gutes Mobilnetz aus Finnland, das ich wieder für Wetter und Nachrichten nutze.


                                                Blick zurück


                                                sonnige Pause

                                                Hinter dem Zelt sieht man Heargevárri und links im Bild Lulimus Gurbeš (574m). Wenn mich die letzten Tage eins gelehrt haben, dann dass man hier gut daran tut, so hoch wie nötig über alle Hügel zu gehen. Die paar Höhenmeter sind lange nicht so anstrengend wie die Vegetation um die Hügel herum. So mache ich das dann auch in den folgenden zwei Stunden und komme so flott voran wie schon lange nicht mehr.


                                                abgesehen von den Übergängen natürlich, wie hier zwischen Gollevárri und Hügel 488m




                                                Blick nach NW zum Tal der Goššjohka



                                                Zwischen Hügel 488m und Lulimus Gurbeš ist eine breite, moorige Senke zu überwinden, aber danach geht es für mehrere Kilometer durch einfaches Gelände.




                                                Stuorra Gurbeš (589m)

                                                An dem kleinen See vor Stuorra Gurbeš mache ich von ca. 15:00 bis 16:30 Mittagspause. Zum Vergleich: in den letzten zwei Wanderstunden habe ich genau so viel Strecke geschafft wie in den drei Stunden am Morgen.





                                                Die Furt Goššjohka macht mir ein bisschen Sorge, seit die Šuoiajohka ein so überraschendes Hindernis war. Wenn sie auch Hochwasser hat, könnte das schwierig werden. Im schlimmsten Fall müsste ich mir eine ganz neue Route ausdenken. Aber so weit sind wir noch nicht. Vorerst geht es noch eine Stunde angenehm über das Gurbeš-Plateau zum nördlichsten Hügel …


                                                Davimus Gurbeš …

                                                an dessen Nordwesthang ich um 17:30 Uhr eine halbe Stunde Pause mache. Ich muss mich ein bisschen ausruhen, weil ich für den letzten Teil volle Konzentration brauche. Nicht wieder so wie an der Kárášjohka, man ist ja lernfähig. Es gilt, inmitten von Wald und kleinen Hügeln genau die richtige Stelle zu treffen und dann kühlen Kopf zu bewahren.



                                                Der See links ist Nirvejávri, rechts in dem Einschnitt fließt die Goššjohka, ganz rechts Galmmatnussir. Dahinter sieht man schon den Höhenzug Iškoras. Um es kurz zu machen: die Navigation im Wald klappt perfekt, und abgesehen von ein paar anstrengenden Stellen finde ich auch eine gut gangbare Route.




                                                kurz vor dem Fluss – Goššjohka fließt direkt hinter der Baumreihe ganz links im Bild



                                                Das ist die Stelle, wo auf der anderen Seite die ATV-Spur endet. Auf dieser Seite ist ein Stück Rentierzaun und ebenfalls eine Fahrspur. Irgendwie muss man hier rüberkommen. Aber nicht heute. Ich teste mit dem Stock: zu tief, zu schlammiger Boden, zu starke Strömung. Ich versuche es gar nicht erst, sondern schlage mich durch hohes Gras und Buschwerk flussabwärts am Ufer entlang, das an einigen Stellen überschwemmt ist.


                                                Blick vom Ufer nach Süden zum Davimus Gurbeš, es ist 19:05 Uhr

                                                Hinter der Insel könnte man furten, aber wie zur Insel kommen? War es doch ein Fehler, das Packraft nicht mitzunehmen? Nach einem Kilometer am nassen Ufer, gegenüber bzw. kurz nach der Einmündung des Bachs aus dem Nirvejávri, gebe ich entnervt auf und suche mir auf höher liegendem Gelände einen Platz für die Nacht. Um 19:30 Uhr steht das Zelt, eine halbe Stunde später halte ich einen Kaffee in der einen und die Karte in der anderen Hand und denke nach.


                                                feuchtes Moos als Untergrund, das lässt sich jetzt nicht ändern

                                                So weit man das anhand der teilweise überspülten Pflanzen im Uferbereich beurteilen kann, ist der Pegel höher als normal, aber Goššjohka ist jetzt auch kein reißendes Ungeheuer. Gut möglich, dass sie an anderer Stelle mit entsprechender Vorsicht zu queren ist. Auf der Karte sehe ich zwei Stellen, die erste nach einem knappen Kilometer, die zweite gute drei Kilometer dahinter, wo vielleicht eine Furt klappen könnte. Die will ich mir noch angucken. Falls beide nicht gehen, werde ich dem Fluss nicht weiter folgen, sondern irgendwie über die Hügel nach Nordosten zur Straße laufen.

                                                So. Der Plan steht. Jetzt kann ich mich eigentlich entspannen und die Gedanken an die mögliche oder unmögliche Furt nach hinten schieben. Vom nebligen Morgen über die lange Hügelstrecke mit weitem Blick in alle Richtungen bis zum Abend an der Goššjohka war das jedenfalls ein abwechslungsreicher Wandertag.

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                                                  • 18.06.2014
                                                  • 1591
                                                  • Privat


                                                  #25
                                                  Ich bekomme höchsten Respekt vor Deinen Navigationskünsten, in einer Gegend mit so wenigen markanten Punkten wäre ich ohne GPS wohl hoffnungslos verloren.
                                                  Und das...


                                                  ... ist ja ein ganz zauberhaftes Bild!

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                                                  • Borgman
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                                                    • 22.05.2016
                                                    • 768
                                                    • Privat


                                                    #26
                                                    Dankeschön, Anne! Ja, die Rentierflechte ist sehr dekorativ zwischen den Beeren.
                                                    Zur Navigation muss man sagen, dass sie manchmal eben auch nicht so gut geklappt hat. Hilfreich sind in der Papierkarte die zusätzlichen 10m Höhenlinien, weswegen sie deutlich besser zu lesen ist als Norgeskart. Wenn man nach ein paar Tagen ein Gefühl für die Landschaft hat und oft mit der Karte abgleicht, ist es aber auch nicht so schwierig. Meine Entscheidung gegen GPS habe ich jedenfalls nicht bereut.

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                                                      • 11.09.2022
                                                      • 214
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                                                      #27
                                                      Sehr spannend berichtet. Bei den Furten leidet und fiebert man richtig mit😧. Ich freue mich auf die Fortsetzung.

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                                                        • 22.05.2016
                                                        • 768
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                                                        #28
                                                        Zitat von Goldi Beitrag anzeigen
                                                        Sehr spannend berichtet. Bei den Furten leidet und fiebert man richtig mit😧. Ich freue mich auf die Fortsetzung.
                                                        Auch dir vielen Dank, Goldi. Ich mache mir ja sonst nicht übermäßig viele Gedanken um Furten, irgenwie kommt man meistens rüber, aber in dieser Gegend sollte man Flüsse und Regenmenge bei der Routenwahl unbedingt berücksichtigen. Ob es hier klappt werden wir gleich sehen.

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                                                          • 22.05.2016
                                                          • 768
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                                                          #29
                                                          Sonntag, 27. August: Goššjohka bis Stuorra Vuččoljávri

                                                          Wie gestern stehe ich im Nebel, als ich um 5 mal raus muss. Bei 1°C, feuchtem Untergrund und ein paar nassen Sachen in der Apsis hat sich auch viel Kondenswasser an Innen- und Außenzelt gebildet. Und ich zelte natürlich nah am Fluss. Heute habe ich keine Geduld, um auf bessere Sicht zu warten. Nach einem ersten Kaffee bin ich um 6:15 Uhr gestiefelt und gespornt. Bereit, den Stier namens Goššjohka bei den Hörnern zu packen. Obwohl … große Chancen sehe ich nicht, wenn ich ehrlich bin.

                                                          Den ersten Versuch will ich einen knappen Kilometer flussabwärts unternehmen. Das ist nicht weit, geht aber fast nur durch extrem nasses Gebüsch. Als ich die Stelle erreiche, bin ich immer noch skeptisch.



                                                          Hier teilt sich der Fluss in zwei Arme, und das Ufer ist steinig. So weit so gut. Man kann nur nicht erkennen, wie tief er ist und wie der zweite Strom hinter der Insel aussieht. Ich gehe ein Stück am Ufer entlang … der hintere ist schwächer … suche mir nach Beobachtung der Strömung eine Stelle aus … hier kann es klappen. Diesmal ist der Quilt in einer Extratüte, Schuhe oben am Rucksack, Kamera wasserdicht verpackt. In der Mitte geht das Wasser bis zu den Oberschenkeln, die Stöcke vibrieren stark in der Strömung und lassen sich nur mühsam weiter bewegen. Aber ich achte Schritt für Schritt auf sicheren Stand, bewahre kühlen Kopf und schaffe es tatsächlich auf die Insel. Geil! Ein Freudenschrei hallt durch den Nebel. Der zweite Strom ist dagegen ein Klacks, nur knietief.




                                                          vor dieser Stelle hätte ich nur schwimmen können


                                                          Blick zurück zum Hauptstrom, links die Insel



                                                          Ja, ich bin sehr glücklich, dass die Furt beim ersten Versuch geklappt hat. Jetzt muss ich nur noch das Moor dahinter umgehen und auf dem waldigen Hügel die Fahrspur finden. Die dürfte kaum zu verfehlen sein, sofern ich auch nur ungefähr nach Westen laufe, aber die Strecke kommt mir viel zu lang vor. Wahrscheinlich bin ich nach den vielen pfadlosen Kilometern nur ein bisschen ungeduldig.



                                                          Da ist sie. Gut erkennbar, aber wohl selten befahren. Nach Spuren und Hinterlassenschaften zu urteilen, wird sie hauptsächlich von Elchen frequentiert. Jetzt kann ich endlich das Gehirn auf Durchzug schalten und super entspannt einfach nur laufen. Und den wirklich schönen Wald genießen. Schon etwas herbstlicher als gestern, finde ich.



                                                          Halbe Stunde Pause am Wegesrand, dann führt die Fahrspur über den Veaiganmaras zum nächsten Fluss, Áibmejohka. Direkt an der Furt ist ein Lagerplatz mit Feuerstelle eingerichtet. Weil ich das samische Wort für Bratpfanne nicht kenne, nenne ich es „Camp stekepanne“.


                                                          bestimmt ist die Pfanne keine Markierung, sondern ordentlich aufgehängter Gebrauchsgegenstand


                                                          Furt stekepanne


                                                          Áibmejohka

                                                          Auch hier sieht man an den überspülten Pflanzen, dass der Pegel nicht immer so hoch ist. Weil die nächste Furt keine 500 Meter entfernt liegt, wechsele ich gar nicht erst die Schuhe. Sie sieht ganz ähnlich aus:


                                                          Furt Rávotjohka

                                                          Kurz dahinter stelle ich um 9:30 Uhr am See 272m das nasse Zelt für die Frühstückspause auf. Immer noch ist es empfindlich kühl, auch schafft es die Sonne nicht, den Nebel komplett aufzulösen.




                                                          oder doch?

                                                          Als ich um 11 Uhr gestärkt weitergehe, ist es schon viel heller, und die wärmende Sonne lässt nicht mehr lange auf sich warten. Ganz herrlich! Natürlich verläuft die Fahrspur auch durch Moore und nasse Stellen, die besser im Bogen durch die Büsche umgangen werden. Dann wieder lange Strecken auf dem perfekten Wanderweg.





                                                          Bevor es zum Njoammelčearru hoch geht, setze ich mich noch mal für eine halbe Stunde unter eine Birke. Oben zweigt eine Spur nach Osten ab. Hier gutes Netz für eine Wettervorhersage. Morgen soll noch trocken sein, am Dienstag regnen.


                                                          Njoammelčearru


                                                          Blick zum Iškoras, meine Richtung

                                                          Ich gehe weiter nach Norden, hinunter zur Máttit Njoammeljohka, wo ich von 14:00 bis 15:30 Uhr meine Mittagspause mache – im Schatten, weil mir die Sonne schon zu warm wird. Der Bach muss gefurtet werden, der nächste (Davit Njoammeljohka) lässt sich ohne Schuhwechsel überwinden. Zwischen beiden geht es viel durch nasses Gelände, was etwas Zeit kostet.






                                                          Davit Njoammeljohka

                                                          Am Hügel 407m brauche ich noch eine Verschnaufpause, danach ist es nur noch eine Dreiviertelstunde bis zum Stuorra Vuččoljávri.




                                                          letzte Furt für heute am Abfluss


                                                          die Insel im Stuorra Vuččoljávri

                                                          Direkt danach finden sich um ziemlich genau 18 Uhr an der Landzunge ebene Zeltflächen, die ich mir nicht entgehen lasse. Besser könnte es nicht sein. Bei goldenem Spätsommerlicht und Windstille bade ich im See und bin glücklich über den gelungenen Tag.




                                                          Badestelle


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                                                            Liebt das Forum
                                                            • 17.11.2006
                                                            • 11108
                                                            • Privat


                                                            #30
                                                            Ich versuche gar nicht erst, deine genaue Route nachzuvollziehen. Mir reicht es zu wissen, wo der Øvre Anárjohka liegt. So oder so ist deine Schilderung faszinierend zu lesen. Ich leide vor allem mit, wenn du dich bei Nebel und Niesel durch dichtes Weidengestrüpp und nasse Sümpfe kämpfst.

                                                            Wer sich nicht in Gefahr begibt, kommt darin um.

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                                                            • Borgman
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                                                              • 22.05.2016
                                                              • 768
                                                              • Privat


                                                              #31
                                                              November: Vielen Dank! Freut mich, dass dir der Bericht gefällt, und dass die vielen Details zu Route, Gehzeiten und Geländebeschaffenheit den Lesefluss anscheinend nicht zu stark behindern. Ich beschreibe so ausführlich, damit man beim Lesen eine möglichst realistische Vorstellung davon bekommt, also wer z.B. selber mal in dem Gebiet wandern will. Man findet im Netz wirklich erstaunlich wenig Nutzbares zu Øvre Anárjohka, und entlang meiner Route praktisch gar nichts. Nicht mal zu meinem Ein- und Ausstieg, mit dem es gleich weiter geht.

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                                                              • Borgman
                                                                Dauerbesucher
                                                                • 22.05.2016
                                                                • 768
                                                                • Privat


                                                                #32
                                                                Montag, 28. August: Stuorra Vuččoljávri bis Ell-áhkojohka

                                                                Auch dieser Morgen beginnt kühl und neblig, nur viel entspannter als gestern. Hehe, heute muss ich nur ein paar Meter zum Weg gehen und nicht einen unberechenbaren Fluss furten. Da schmeckt der Kaffee doppelt so gut, und ich lasse es ruhig angehen. Aufbruch um 6:45 Uhr klingt bestimmt für Manche extrem früh, aber ich wüsste gar nicht, was ich bei schönem Wetter noch länger im Zelt machen sollte. Bin halt ein ausgeprägter Morgenmensch.


                                                                und ich liebe das Morgenlicht


                                                                Aufbruch am Stuorra Vuččoljávri





                                                                Außerdem will ich heute ein gutes Stück schaffen und lieber morgen bei Regen ausruhen. Schon nach kurzer Zeit löst sich der Nebel auf. Am Seeufer steht eine kleine Hütte, die ich mir angucke. Sie ist in gutem Zustand und … offen. Im Notfall darf man hier bestimmt übernachten. Sonst wäre sie ja abgeschlossen, oder?




                                                                weiter auf der Fahrspur

                                                                Wie gestern gibt es trockene und nasse Stellen. Nach ein paar Kilometern halte ich Ausschau nach dem Wegabzweig zum Noaidatvárri, denn ich will die kürzeste Strecke zum Iškoras nehmen. Eigentlich erwarte ich genau so eine Fahrspur wie diese, aber was ich dann treffe, ist eine Route mit Wintermarkierungen. Kann das richtig sein? Ist diese vielleicht nur nicht in der Karte eingezeichnet und mein Abzweig kommt danach? Winterroute ist mir gar nicht recht, die verläuft bestimmt viel durch Moor. Andererseits führt sie in die richtige Richtung, nach Norden. Wie weit will ich weiter nach Westen gehen, um dann vielleicht festzustellen, dass es keine andere gibt? Gar nicht. Ich folge jetzt den Markierungen und schaue mir das an.


                                                                Winterroute

                                                                Sie führt natürlich gleich am Anfang durch weiches Moos und ein Moor, ziemlich anstrengend zu gehen. Wieder auf trockenem Gelände setze ich mich für eine halbe Stunde und konsultiere die Karte. Sieht ganz danach aus, als gäbe es zwei Routen nach Norden – die für den Winter ist nur nicht durchgehend als Pfad eingezeichnet. Kurz danach treffe ich dann auf eine von links kommende, lange nicht mehr benutze Fahrspur, die genau auf den mittleren Hügel Noaidatvárri zuläuft. Die ist richtig.




                                                                See 344m nördlich des Noaidatvárri, noch 11km Luftlinie bis zum Iškoras

                                                                Frühstückspause 9:30 bis 11:00 Uhr am Hügel 374m, nicht ohne am Bach davor noch einen unnötigen Umweg gemacht zu haben. Es gibt hier mehr Wegabzweige als die Karte suggeriert. Nicht immer eindeutig, welcher der richtige ist. Markierungen gibt es auch keine. Mit zwei einfachen Regeln finde ich mich aber trotzdem sehr gut zurecht: 1. ein Abzweig, der ins Moor führt, ist falsch, 2. der Weg in Richtung Iškoras ist immer richtig. Zweifelsfälle gibt es zum Glück seit der Winterroute keine mehr.


                                                                Bajit Šuolggajávri und Šuolggavárri nach der Pause


                                                                Furt Šuolgajohka

                                                                Zwei Kilometer nach der Furt mache ich noch eine halbe Stunde Pause und nehme dann das letzte Stück zum Iškoras in Angriff.


                                                                an der niedrigsten Stelle quere ich den Höhenzug, der Übergang heißt Guovžilbohki



                                                                Rechts am Hang sieht man die Straße zur Radarstation, zum Mast und zur Wetterstation auf dem Iškoras. Heute bin ich schon etwas mehr als 20 km gelaufen, und die merke ich auch in den Beinen.


                                                                kleiner See vor der Straße


                                                                mein Weg geht direkt auf der anderen Straßenseite weiter …


                                                                und rechts am Hügel Guovžilčohkka vorbei



                                                                Ziemlich trocken auf dieser Seite. Mit Blick nach NO suche ich mir kurz nach 14:00 Uhr ein schattiges Plätzchen für die Mittagspause. Es ist zwar bestimmt nicht wärmer als 15°C, aber ich habe heute schon viel Sonne abgekriegt und keine Sonnencreme dabei. Als ich mich gegen 15:30 Uhr zum Weitergehen aufraffen kann, ziehen allmählich Wolken auf. Es ist noch eine weiter Weg bis Karasjok, den ich nicht morgen im Regen gehen will. Also sollte ich heute noch ein ordentliches Stück schaffen. Am Mittwoch möchte ich mittags den Schulbus nach Karigasniemi kriegen.


                                                                hier sieht man die Anlagen auf dem Iškoras


                                                                den Bauwagen mit 2 Abteilen finde ich bemerkenswert


                                                                der hübsche Bach Linddejohka wird zweimal gequert

                                                                Hilfreich für die Motivation ist, dass mir die Landschaft hier nördlich des Iškoras ausgesprochen gut gefällt. Eigentlich ist sie nicht viel anders als auf der anderen Seite, aber die zwei, drei Kilometer am Bach entlang sind mal eine Abwechslung. Weniger hilfreich ist ein kleines Missgeschick danach: ich sinke nämlich mit beiden Stiefeln bis über den Schaft im Moor ein. Na super, die werden jetzt bis übermorgen kein bisschen trocknen. Und dieses Missgeschick erklärt auch eine Fehlentscheidung nach einer halben Stunde Pause am NW-Rand des Bálggesvárri.

                                                                An einem Abzweig geht die linke Fahrspur geradewegs in ein Moor und die rechte in trockenem Gelände etwas höher am Hang. Regel Nr. 1, Moor ist falsch. Also rechts. Wahrscheinlich eine Variante, die elegant die nasse Ebene umgeht, denke ich. Doch dann steigt sie unerwartet stark an, und mir dämmert, dass ich vergessen habe, Regel Nr. 2 zu ändern, nämlich in: nach Norden ist immer richtig. Diese führt nach Osten. Hmm … vielleicht ein guter Weg, der nur in meine Karte nicht eingezeichnet ist und über die Hügel östlich meiner geplanten Route nach Karasjok läuft? … äh, nein, er endet am Bálggesvárri.


                                                                Blick von selbigem nach Norden

                                                                Kurz überlege ich, ob ich dann nicht eben pfadlos östlich über die Hügel gehen soll oder auf dem Weg zurück zu meiner ursprünglichen Route … und entscheide mich für einen gar nicht goldenen sondern ziemlich bescheuerten Mittelweg: pfadlos diagonal durch die Ebene zu meinem voreilig verlassenen Weg. Was theoretisch eine kürzere Strecke sein sollte, aber in Wirklichkeit viel anstrengender durch Gebüsch, nasse Stellen und über weiches Moos geht. Eine Mühsal, die ich schon hinter mir gelassen glaubte. Außerdem wäre so langsam Zeit für den Feierabend.


                                                                Blick zurück zum Bálggesvárri


                                                                wieder auf dem richtigen Weg um 18:20 Uhr

                                                                Dem folge ich noch für eine knappe halbe Stunde und halte in Bachnähe schon mal Ausschau nach ebenen Plätzen. Sieht schlecht aus. Aber direkt nach der Furt Ell-áhkojohka habe ich Glück.



                                                                Heute nur Katzenwäsche, dann ein Kaffee mit einem der extra speziell leckeren Riegel, die ich mir als besondere Belohnung aufgespart habe. Selbst ohne den Umweg über den Bálggesvárri wäre die Strecke von mehr als 30 Kilometern knackig gewesen. Dafür ist es morgen nur noch ein Katzensprung bis zum See auf dem Rihtávárri, an dem ich den Regentag verbringen möchte. Ich stelle den Wecker auf 4 Uhr, dann schaffe ich es hoffentlich noch im Trockenen. 10°C am Abend.

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                                                                • Borgman
                                                                  Dauerbesucher
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                                                                  • 768
                                                                  • Privat


                                                                  #33
                                                                  Dienstag, 29. August: Ell-áhkojohka bis Rihtávárri, dann Ruhetag

                                                                  Tatsächlich ist es noch trocken, als um 4 Uhr der Wecker klingelt. Man weiß das ja nie so genau – die Vorhersage liegt öfter mal um ein, zwei Stunden daneben. Heute nicht. Ich nehme einen schnellen Kaffee ein, packe ebenso schnell zusammen und bin um 5 auf dem Weg. Hinter dem ersten Hügel, Ell-áhkoeana, gibt es vor und hinter dem Bach ein bisschen nasses Gelände, danach steigt die Fahrspur sanft an zum Rihtávárri.


                                                                  Blick zurück zum Iškoras

                                                                  Den richtigen Abzweig (nach Norden) verpasse ich diesmal nicht, und um 6:20 Uhr stehe ich am See. In meiner Vorstellung sollte um die Südspitze herum ein perfekt ebener Zeltplatz sein, an dem ich dann bis morgen Früh abhängen würde.



                                                                  Doch die Realität sieht anders aus, jedenfalls aus der Nähe. Das ganze Gelände weit und breit besteht aus überwachsenen Steinen. Auf der Nordseite ist es nicht besser. Erst nach einer Weile des Suchens finde ich nah an der Fahrspur eine gute Stelle.



                                                                  Für Wasser muss ich allerdings doch noch mal zum See, weil der eingezeichnete Bach kein fließendes Wasser führt. Mit den ersten Regentropfen bin ich zurück am Zelt. Also, es ist nicht wirklich ein Unwetter, was da kommt. Ein paar Stunden gutmütiger Landregen, dann eine Weile trocken. Man kann sich auch mal die Beine vertreten und die nächsten Regenstunden ganz gemütlich im Zelt verbringen. Ich überlege sogar, ob ich das letzte Stück noch gehen soll, nach Karasjok sind es von hier nur ca. 2 ½ Stunden, und eine Nacht auf dem Campingplatz verbringe. Da könnte ich Sachen waschen und schon mal einkaufen. Aber ich bin einfach lieber in der Natur als in der Stadt.


                                                                  Mittwoch, 30. August, Vormittag: Rihtávárri bis Karasjok

                                                                  Der Tag beginnt mit Nebel bei 7°C und verspricht, schön zu werden. Mein Bus nach Karigasniemi fährt erst um 13:00 Uhr. Also frühstücke ich in aller Ruhe und gehe um 8:00 Uhr los.






                                                                  Bajitvárláttu, einer der kleinen Seen auf dem Jalgavárri


                                                                  der Nebel lichtet sich um 8:30 Uhr

                                                                  Weiter unten gib es sehr schönen Kiefernwald mit mehr guten Zeltstellen als oben auf dem Hügel. Darauf wollte ich es gestern nicht mehr ankommen lassen, weil die Straße nur anderthalb Kilometer entfernt ist. Merke ich mir aber, falls ich noch mal in die Gegend komme. Der Bach im Tal erfordert den allerletzten Schuhwechsel vor Karasjok. Danach eine halbe Stunde Pause.




                                                                  Furt Dáktejohka



                                                                  Kárášjohka ist hier ein bisschen breiter als an meiner Furtstelle vor 8 oder 9 Tagen. Bei dem Wetter wünschte ich mir ein Packraft, um die letzten Kilometer nach Karasjok zurückzulegen. Na ja, dann hätte ich die Tour ganz anders geplant, also ist das irrelevant. Auf der Straße gehe ich jetzt nur noch eine Dreiviertelstunde bis zur Brücke.


                                                                  die schmalen Flussboote gibt es hier auch


                                                                  Blick von der Brücke

                                                                  So, damit wäre der erste Teil abgeschlossen. Hat doch letzten Endes super geklappt, Wegfindung, Furten, einfach alles. Die veranschlagten 12 Wandertage haben genau ausgereicht, und mit dem Wetter hatte ich auch richtig Glück. Eine rundum gelungene Tour, finde ich. Für mehr als dieses Kurzfazit habe ich jetzt keine Ruhe, denn ich muss Essen für die nächste Woche kaufen (vorher den Einkaufszettel noch mal konzentriert durchgehen), das Telefon laden, Spiritus besorgen und Sachen waschen. Dann alles im Rucksack verstauen, ein paar Nachrichten und Fotos verschicken, während ich gepflegt einen Kaffee von der Tankstelle einnehme und rechtzeitig am Bus sein.

                                                                  Wenn mein Wetterglück anhält, wird die Anschlusstour im Muotkatunturi-Gebiet wesentlich einfacher. Die Strecke ist schon mal kürzer, es soll laut Karte einen Pfad geben, von dem ich allerdings nicht viel weiß (markiert? unmarkiert? sichtbar? überwachsen?) und es sind wohl auch keine größeren Flüsse zu furten. Aber meistens erwartet einen dann doch die eine oder andere Überraschung. Ich bin wirklich sehr gespannt.

                                                                  Kommentar


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                                                                    Fuchs
                                                                    • 02.09.2016
                                                                    • 1511
                                                                    • Privat


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                                                                    Schon jetzt vielen Dank!
                                                                    Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
                                                                    Eine rundum gelungene Tour, finde ich. Für mehr als dieses Kurzfazit habe ich jetzt keine Ruhe
                                                                    Vielleicht gehst du gelegentlich auf folgendes ein: Für mich war Øvre Anárjohka rein landschaftlich die "unspektakulärste" Tour, die ich im Norden gemacht habe ... aber vom "Wildnis-Erlebnis" hat es selbst "ultimative Gegenden" wie Børgefjell oder Sarek deutlich in den Schatten gestellt. Bei dir auch?

                                                                    Kommentar


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                                                                      Alter Hase
                                                                      • 28.08.2017
                                                                      • 3014
                                                                      • Privat


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                                                                      Ja, sehr cool, vielen Dank für den Bericht.

                                                                      "Unbekannte" = supereinsame Gegenden haben was... wobei es mir persönlich konkret dort insgesamt etwas zu "platt" (relativ, klar) aussieht.

                                                                      Kommentar


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                                                                        Dauerbesucher
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                                                                        • 768
                                                                        • Privat


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                                                                        Fjellfex , Ljungdalen : Gern geschehen!

                                                                        Zitat von Ljungdalen Beitrag anzeigen
                                                                        "Unbekannte" = supereinsame Gegenden haben was... wobei es mir persönlich konkret dort insgesamt etwas zu "platt" (relativ, klar) aussieht.
                                                                        Die relativ flache Topographie war für mich auch lange das Fragezeichen, weswegen ich da nicht schon 10 Jahre früher hingefahren bin, obwohl es mindestens so lange auf der Liste stand. Wäre eine Tour dort nicht auf die Dauer langweilig, Tag für Tag eher unspektakuläre Landschaft? Ich konnte mich ja auch bis zum Ende nicht dazu durchringen, die größeren Hügel „Berge“ zu nennen.

                                                                        Und doch ist da mehr als, du hast es gesagt, wie die Landschaft aussieht. Fjellfex nennt es „Wildnis-Erlebnis“. Ja, ich kann gerne versuchen, darauf einzugehen. Obwohl es schwer in Worte zu fassen ist (und gar nicht in Fotos). Bei mir hat sich auch ein besonderes Gefühl eingestellt, und das hat wohl direkt mit der eigentümlichen Landschaft zu tun und nicht nur damit, dass es ein vergleichsweise großes und supereinsames Gebiet ist. Es war ein tieferes „Eintauchen“ in die Wildnis – völlig anders als das Gefühl, wenn man z.B. auf einem Gletscher oder nackten Fels steht. Das „Sein“ im Gegensatz zum „Machen“ drängt sich mir als Gedanke auf, obwohl es doch eigentlich immer beides ist auf einer Tour. Also kein Gegensatz? Wahrscheinlich muss ich noch ein bisschen darüber nachdenken.

                                                                        Kommentar


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                                                                          Gerne im Forum
                                                                          • 11.10.2023
                                                                          • 55
                                                                          • Unternehmen


                                                                          #37
                                                                          Toller Bericht mit klasse Bildern. Ich freue mich schon auf den Finnland Teil!
                                                                          Zuletzt geändert von kynik; 15.10.2023, 16:56.
                                                                          https://kynik.fi

                                                                          Kommentar


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                                                                            Fuchs
                                                                            • 02.09.2016
                                                                            • 1511
                                                                            • Privat


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                                                                            Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
                                                                            Bei mir hat sich auch ein besonderes Gefühl eingestellt.... Es war ein tieferes „Eintauchen“ in die Wildnis ... Das „Sein“ im Gegensatz zum „Machen“ drängt sich mir als Gedanke auf ... Wahrscheinlich muss ich noch ein bisschen darüber nachdenken.
                                                                            Da hattest du also auch dieses besondere Gefühl. "Eintauchen" und "Sein" halte ich für gute Erklärungsansätze. Richtig auf den Punkt bringen kann ich es immer noch nicht, aber es war "real".
                                                                            Aber vielleicht sollte man nicht zu viel drüber "denken", sondern es lieber erneut "erleben"... mit Touren in ähnlichen Gegenden.

                                                                            Kommentar


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                                                                              Dauerbesucher
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                                                                              • 768
                                                                              • Privat


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                                                                              Fjellfex : Recht hast du. Manches lässt sich nicht erklären, sondern nur erspüren. Und ganz vielleicht erneut erleben. Belassen wir es dabei und wenden uns dem zweiten Teil zu.

                                                                              Zitat von kynik Beitrag anzeigen
                                                                              Toller Bericht mit klasse Bildern. Ich freue mich schon auf den Finnland Teil!
                                                                              Dankeschön! Ich arbeite schon daran.

                                                                              Kommentar


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                                                                                Fuchs
                                                                                • 30.01.2013
                                                                                • 1944
                                                                                • Privat


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                                                                                Zitat von Fjellfex Beitrag anzeigen
                                                                                "Eintauchen" und "Sein" halte ich für gute Erklärungsansätze.
                                                                                Übrigens fand ich den Bericht trotzdem sehr ansprechend. Ich war zwar nicht da und werde auch nicht hinfahren, aber zwischen den Zeilen der ausführlichen Narration entsteht im Verbund mit den Bildern eben doch eine spezielle Atmosphäre. Ob man die (qualitativ) genauso erleben würde, wenn man selbst hinfährt, ist zwar nicht sicher. Aber sie ist jedenfalls im Bericht präsent.
                                                                                Lebe Deine Albträume und irre umher

                                                                                Kommentar


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                                                                                  Dauerbesucher
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                                                                                  • 768
                                                                                  • Privat


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                                                                                  Zitat von Igelstroem Beitrag anzeigen

                                                                                  Übrigens fand ich den Bericht trotzdem sehr ansprechend. Ich war zwar nicht da und werde auch nicht hinfahren, aber zwischen den Zeilen der ausführlichen Narration entsteht im Verbund mit den Bildern eben doch eine spezielle Atmosphäre. Ob man die (qualitativ) genauso erleben würde, wenn man selbst hinfährt, ist zwar nicht sicher. Aber sie ist jedenfalls im Bericht präsent.
                                                                                  Auch dir vielen Dank für das Lob! Ich freue mich, wenn die spezielle Atmosphäre, das Wildnis-Gefühl auch beim Lesen zu erahnen ist. Um den Bogen zum Anfang zu schlagen, sei hier noch mal der Youtube-Kanal von Heaika und Erik empfohlen (Link ganz oben). Da spürt man es auch, finde ich.

                                                                                  Kommentar


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                                                                                    Dauerbesucher
                                                                                    • 22.05.2016
                                                                                    • 768
                                                                                    • Privat


                                                                                    #42
                                                                                    Teil 2: Muotkatunturi



                                                                                    Anders als Øvre Anárjohka hatte ich das Muotkatunturi Wildnisgebiet gar nicht auf dem Schirm, bis der Fjellfex bei einer Aufzählung möglicher Tourziele eines Tages den Namen fallen ließ. Von den bekannteren Nachbarn, den Nationalparks Lemmenjoki im Süden und Kevo im Norden hatte ich schon Berichte gelesen und Bilder im Kopf, aber keine Vorstellung von dem Gebiet dazwischen. Das könnte doch gut passen als Anschlusstour. Es liegt quasi direkt nebenan in Finnland, ist von Karasjok gut zu erreichen, und was weniger bekannt ist interessiert mich sowieso tendenziell mehr. Danke für den Tipp, Fjellfex!

                                                                                    Also habe ich mal ein bisschen gesucht, fand einen Bericht mit nettem Video von einem finnischen Paar und war sofort am Haken. Mehr wollte ich dann auch gar nicht wissen, sondern mich überraschen lassen. Als Vorbereitung habe ich nur ein paar Eckpunkte notiert: Start natürlich in Karigasniemi, dann die auffällige Schlucht Stuorravži, Kuarvikozzâ als Aussichtsberg, auf jeden Fall Peltojärvi und Ende in Muotkan Ruoktu, wo täglich ein Bus nach Inari und weiter nach Rovaniemi fährt. Sollte ich gut vorankommen und noch zwei, drei Tage übrig haben, könnte ich Peltojärvi als Abstecher machen und ganz bis nach Inari laufen.

                                                                                    Wer die Tour auf einer guten online-Karte verfolgen möchte, kann das hier tun.


                                                                                    Mittwoch, 30. August, Nachmittag: Karigasniemi bis kurz vor Duolboaivi

                                                                                    Als der Schulbus aus Karasjok um 13:45 Uhr an der Zollstation Karigasniemi hält, ziehen allmählich Wolken auf. Eigentlich hatte ich auf mehr Sonne gehofft, damit meine gewaschenen Sachen (darunter die Wanderhose und Softshell) schneller trocknen. Ich befestige sie so gut es geht am Rucksack, stelle die Uhr eine Stunde vor und laufe erst mal ein paar Kilometer auf der Straße Richtung Vanha Karigasniemi. Den ersten leckeren Apfel muss ich einfach jetzt sofort beim Gehen futtern, der zweite liegt griffbereit.




                                                                                    ŋká, der Berg mit dem Mast drauf, wird noch für einige Zeit eine Orientierungshilfe bleiben

                                                                                    Eigentlich ist es ziemlich warm, und mich nervt auch ein bisschen, dass ich keine kurze Hose dabei habe und in der schwitzigen Regenhose laufen muss. Andererseits … wie oft hätte ich sie wirklich getragen? Man kann nicht alles mitnehmen. Ein kräftiger Regenschauer beantwortet diese Frage postwendend: heute jedenfalls nur eine halbe Stunde.


                                                                                    doppelter Regenbogen an der Brücke Karigasjoki



                                                                                    Danach nieselt es immer mal wieder. Einen guten halben Kilometer hinter der Brücke zweigt links ein Sandweg ab, dem ich noch einen guten halben Kilometer folge. Er geht fast wieder zurück in die Richtung, aus der ich gekommen bin, aber oberhalb einer steilen Böschung mit Rentierzaun. Hier müsste irgendwo der Einstieg in den eingezeichneten Pfad sein. Ich stelle mich gedanklich schon mal darauf ein, dass ich ihn suchen muss, aber …


                                                                                    offensichtlicher geht es nicht

                                                                                    Nach den ersten Höhenmetern mache ich gegen 16:00 Uhr eine Dreiviertelstunde Pause. Noch gibt es Nieselregen, aber als ich weitergehe wird es sonnig. Hier folge ich noch einer ATV-Spur, bis ich merke, dass parallel ein richtiger Wanderpfad verläuft. Der ist mir natürlich lieber … bei Fahrspuren weiß man ja nie, wohin sie führen und welche Umwege sie machen. Der Pfad ist schmal und meist gut erkennbar. Nur an den Moor- und Bachquerungen muss ich ihn manchmal etwas suchen.





                                                                                    Auf dem Foto sieht man schon den ersten Unterschied zu Øvre Anárjohka: das Gelände ist steiniger. Es gibt sogar echte kleine Geröllfelder, wie hier am Jeagelvárri. Außerdem (zweiter Unterschied) wächst das Gesträuch lange nicht so hoch und dicht wie auf norwegischer Seite, selbst an den Bächen kommt man ohne Probleme durch. Nach einer halben Stunde Pause um 18:00 Uhr am Roavvaláš quere ich den nächsten, Káfevuoššanája …


                                                                                    rechts sieht man den Pfad …

                                                                                    und laufe dann noch eine ganze Weile durch abwechslungsreiches Gelände. Eigentlich eine zu lange Weile, aber gute Zeltstellen sind rar. Erst auf der Ebene direkt nördlich des Duolboaivi (Tasainenlaki) finde ich was Passendes.


                                                                                    Feierabend um 20:00 Uhr

                                                                                    Wasser habe ich in weiser Voraussicht schon am Bach davor abgefüllt. An dieser Stelle scheint die Herbstfärbung schon viel weiter fortgeschritten als vorher. Woran das wohl liegt? Später am Abend kommt noch mal die Sonne durch und lässt sie für kurze Zeit aufflammen. Schön hier in Finnland, ich bin begeistert.




                                                                                    Zuletzt geändert von Borgman; 26.10.2023, 16:05.

                                                                                    Kommentar


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                                                                                      Donnerstag, 31. Ausust: Duolboaivi bis Stuorraskáidi

                                                                                      Heute soll das Wetter noch schön sein, bevor am Abend und besonders morgen viel Regen erwartet wird. Dann möchte ich den Tag natürlich gut nutzen. Kaffee und Bixit um 6, Aufbruch um 7 Uhr. Mal nicht im Bodennebel, aber tief hängende Wolken schieben sich von Südosten über die Hügel. Es geht weiter auf dem Pfad am Duolboaivi entlang und hinunter zur ersten Furt, Vuorgočearjohka.




                                                                                      Vuorgočearjohka

                                                                                      Nördlich vom Bach steht ein Zelt – die ersten Wanderer! Allerdings hört man nichts, sie schlafen wohl noch. Nach der Furt wird ein Hügel überquert …


                                                                                      die Rentiere sind schon wach …



                                                                                      und dahinter geht es durch das Feuchtgebiet Stuorrageađggáia, wo mir ein Frosch über den Weg hüpft.



                                                                                      Halbe Stunde Pause. Der nächste Hügel, Stuorrageađggoaivi ist mit kleinen Rinnen und Buckeln, sandigen und steinigen Stellen ein bisschen abwechslungsreicher als die vorherigen und wirkt im Nebel besonders geheimnisvoll.











                                                                                      Zu viele Bilder … ich weiß … kann mich nicht entscheiden.






                                                                                      Blick zurück zum Stuorrageađggoaivi

                                                                                      Frühstückspause von 9:45 bis 11:10 Uhr am Hang des Duolba Jeageloaivi. Im nächsten Tal verliere ich sehr bald den Pfad, suche aber auch nicht länger. Mir scheint es sowieso sinnvoller, das unübersichtliche Feuchtgebiet nicht direkt zu queren, sondern etwas weiter westlich die trockenen Stellen zu nutzen.



                                                                                      Ganz links (abgeschnitten) Nirvejohgielas, rechts Ávžegašoaivi. Der Weg verläuft mitten über den hinteren linken Hügel. Davor sieht man das Feuchtgebiet. Und jetzt kommt ein weiterer Unterschied zur norwegischen Seite: hier gibt es wesentlich mehr Rentiere. Am Hang treffe ich mehrmals welche.






                                                                                      noch ein Blick zurück zum Stuorrageađggoaivi


                                                                                      bester Platz auf dem Hügel für eine kurze Pause, nach einer weiteren Stunde

                                                                                      Hose und Socken sind immer noch nicht ganz trocken, aber fast. Äußerst angenehm geht es danach hinunter zur Stuorrávži. Wenn man sich die Luftbilder anguckt, fällt diese kilometerlange West-Ost-verlaufende Schlucht sofort auf.


                                                                                      man sieht sie schon, quer zum Pfad



                                                                                      Das Wandern macht hier wirklich Spaß. Bevor es auf dem einfachen Pfad zu langweilig wird, führt er in ein dicht bewachsenes Seitental, wo er kaum noch zu erkennen ist. Wahrscheinlich geht es jetzt offiziell links vom Tal in die Schlucht, aber ich entscheide mich wegen der Vegetation für die rechte Seite und quere den Bach.



                                                                                      Unten im Talgrund stoße ich auf den eingezeichneten Rentierzaun und folge ihm bis zu einem Durchgang.



                                                                                      Hier ist auch eine Fahrspur, die noch einen Kilometer weiter westlich zu einer Hütte führt. Da will ich aber nicht hin, sondern nach Osten, tiefer in die Schlucht. Ja … Schlucht mag übertrieben sein, aber für hiesige Verhältnisse ist es schon ein tiefer, schmaler Einschnitt in die Hügellandschaft. Hätte man nicht den Rentierzaun, die Fahrspur und meist einen parallelen Pfad hineingequetscht, dann wäre es ein richtig schönes, wildes Tal. So ist es immerhin eine nette Abwechslung.


                                                                                      Stuorrávži





                                                                                      Am See 330m stelle ich gegen 14:00 Uhr das Zelt für die Mittagspause auf. Ich bin mir immer noch nicht sicher, wie weit ich heute gehen will. Wenn es eine richtig gute Stelle gibt, verbringe ich den Regentag vielleicht in dem geschützten Tal an diesem lieblichen Bach. Ansonsten laufe ich eben noch über das Stuorraskáidi zur Rátnojohka, das ist auch nicht so weit. Als ich um 15:30 Uhr weitergehe, ist das schon beschlossene Sache. Es gibt ein besseres Gefühl, wenn ich noch ein bisschen Strecke geschafft habe. Man weiß ja nicht, wie sich das Wetter danach entwickelt.







                                                                                      Also gehe ich noch weiter im Tal, bis der See 313m hinter mir liegt und schwenke dann nach Süden. Anders als in der Karte eingezeichnet, gibt es eine Fahrspur, die immer westlich des Rentierzauns bleibt.



                                                                                      Die Landschaft zwischen den beiden Tälern wirkt sehr eigentümlich. Eigentlich die typische Hügelvegetation, aber mit vielen Birken, einzeln oder in kleinen Grüppchen, die sich mehr oder weniger gleichmäßig über die ganze Hochfläche verteilen.


                                                                                      Stuorraskáidi

                                                                                      Am Ende muss ich gar nicht ganz bis zur Rátnojohka. Etwa einen Kilometer davor finde ich, in der Nähe eines Bachs von Westen, eine ganz perfekte Zeltstelle. Ich wäre blöd, wenn ich die nicht nehme. Das Zelt steht um 17:00 Uhr, und als ich eine halbe Stunde später vom Bach zurück komme, fallen die ersten Tropfen. Ich schaffe gerade noch, den Quilt reinzuholen, der zum Lüften über das Zelt gebreitet war.



                                                                                      Nach einer Stunde Regen wird der Abend trocken und sehr mild. Ich kann mir kaum vorstellen, dass es morgen mit Wind und viel Niederschlag richtig zur Sache geht, aber genau so ist es angesagt. Wir werden sehen.

                                                                                      Kommentar


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                                                                                        • 1591
                                                                                        • Privat


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                                                                                        Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
                                                                                        Zu viele Bilder …
                                                                                        Nö!

                                                                                        Kommentar


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                                                                                          • 734
                                                                                          • Privat


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                                                                                          Jetzt wird es ja regelrecht hügelig ...

                                                                                          Ich kann mir vorstellen, dass das Einsamkeits-/Wildnisgefühl in Øvre Anárjohka schon seeehr groß ist. Und das macht die für mich schon irgendwie unspannende Landschaft wieder wett.

                                                                                          Kommentar


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                                                                                            Dauerbesucher
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                                                                                            • 768
                                                                                            • Privat


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                                                                                            @Anne: dann geht es jetzt weiter mit zu vielen oder nicht zu vielen Bildern

                                                                                            @Volker: im Gegenteil, ich mochte die Landschaft sehr gerne. Wie gesagt: sie hat ihren ganz eigenen Reiz.

                                                                                            Kommentar


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                                                                                              Dauerbesucher
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                                                                                              • 768
                                                                                              • Privat


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                                                                                              Freitag, 01. September: Abwettern

                                                                                              Eigentlich ist es ja der Vorteil eines Quilts, dass er so variabel bei unterschiedlichen Temperaturen funktioniert. Diese Nacht nicht. Warum auch immer. Mir war viel zu warm (wie kann das sein bei 10 Grad?) obwohl ich darunter fast nichts an hatte und den Kragen offen ließ. Aus unruhigem Schlaf wache ich verspannt mit Kopfschmerzen auf. Wahrscheinlich liegt es am Wetter. Der Wind weht jetzt kräftig aus Nordost. Ich gehe kurz raus, spanne die Leinen nach und koche mir anschließend einen Kaffee. Kurz danach beginnt der Regen und hört so bald nicht auf. Dazu fegen den ganzen Tag Windböen durch das Tal, es ist richtig ungemütlich.

                                                                                              Ich bin so froh über den Platz zwischen den Bäumen, die zumindest das Gröbste abhalten. Natürlich klatscht immer mal wieder eine volle Ladung von der Birke am Kopfende auf das Zelt, wenn der Wind an ihr rüttelt, aber ich fühle mich sicher. Und muss nicht noch mal zum Bach. Am Mittag stelle ich einfach den Topf unter das Außenzelt an der Leeseite und habe nach 30 Minuten 650ml Wasser.


                                                                                              Samstag, 02. September: Stuorraskáidi bis Ucceeb Kuárvikozzâ

                                                                                              In der Nacht konnte ich wesentlich besser schlafen, habe aber wild geträumt. Der Wind hat nachgelassen und weht jetzt stetig aus SO. Regenschauer alle paar Minuten. Noch ist es zu nass zum Losgehen. Ich warte noch mit dem ersten Kaffee, frühstücke um 8 und breche um 9:20 Uhr in einer trockenen Phase auf.


                                                                                              mein Bach, im Hintergrund Davit Lennetoaivi

                                                                                              Von der Fahrspur wechsele ich jetzt auf den Pfad östlich des Rentierzauns und gehe hinunter zur Rátnojohka, die problemlos zu furten ist. Mit ansteigenden Pegeln muss man nach dem Regen rechnen, aber hier ist wohl noch nicht viel angekommen.


                                                                                              Furt Rátnojohka

                                                                                              Ich bin immer wieder begeistert, wie frei von Gestrüpp hier viele Flussufer sind. Nach der Furt geht es hoch zum Stuorroaivi auf gutem Pfad, aber mit mäßiger Sicht. Immer wieder fallen Regenschauer.




                                                                                              Blick zurück am Aufstieg zum Stuorroaivi


                                                                                              und natürlich gibt es Rentiere



                                                                                              Im nächsten Tal lassen sich die Bäche einzeln ohne Schuhwechsel queren. Hier mache ich nach 1 ½ Wanderstunden eine ungemütliche halbe Stunde Pause im Nieselregen. Anschließend geht es über einen Hügelausläufer und durch ein kleines Seitental hoch zum Urroaivi.


                                                                                              im Tal der Čeavrájohka





                                                                                              Manchmal, wie hier am Anstieg zum Urroaivi, reißen für wenige Sekunden die Wolken auf. In diesen Momenten hat die Landschaft etwas ganz und gar Zauberhaftes, wie ein Feenwald. Ich greife dann sofort zur Kamera, bin aber immer zu spät und lasse es bald. Wahrscheinlich ist es eben gerade Teil des Zaubers, dass er sich nicht auf den Sensor bannen lässt.



                                                                                              Der Pfad, der beim Abstieg zum nächsten Tal noch gut erkennbar war, verläuft sich in der waldigen Ebene. Ich folge dem, was noch am ehesten eine durchgehende Spur ist, nach Osten, obwohl ich laut Karte nach Süden zum Fluss Kiellajoki sollte. Als ich merke, dass meine Spur wohl ein Rentierpfad ist und keine Anstalten macht, zum Fluss abzubiegen, quere ich weglos durch nasses Gelände nach Süden. Nah am Fluss steht sogar das Wasser in den Wiesen.



                                                                                              Die eingezeichnete Furtstelle, auch hier ist kein Pfad zu erkennen, sieht von Weitem harmlos aus, entpuppt sich aber bei der Stockprobe als recht tief für die starke Strömung. Zur Not würde ich es probieren.


                                                                                              Kiellajoki

                                                                                              Allerdings gibt es ein kurzes Stück flussaufwärts eine bessere Stelle:


                                                                                              hier gelingt die Furt

                                                                                              Was man nicht sieht: im Flussbett liegen große Steine unter Wasser, dazwischen tiefe Löcher. Gerade bei dem kräftigen Strömungsdruck kann man da schnell ins Straucheln geraten. Nee, an der schmalen Stelle wäre es wohl nicht gegangen. Kiellajoki hat eindeutig Hochwasser. Der von Süden einmündende Bach ist dagegen einfach zu furten. Direkt dahinter mache ich um 13:20 Mittagspause auf einem Hügel. Mit dem Pfadproblem kann ich mich später befassen, denn der einzige sichtbare führt entlang der Kjellajoki in die falsche Richtung.


                                                                                              Bach von Süden

                                                                                              Weiter geht es um 15:10 Uhr durch wirklich unübersichtliches Gelände. Ein Labyrinth aus Buckeln, kleinen Feuchtgebieten und Bächen. Rentierpfade laufen kreuz und quer, verzweigen sich und sind allesamt unzuverlässig. Nach einer Weile muss ich feststellen, dass es völlig sinnlos ist, den richtigen Pfad zu suchen und schlage mich stattdessen in die richtige Richtung durch. Hätte ich schon früher machen sollen.



                                                                                              Ab hier geht es einfach nur den Hang hoch bis zu dem Einschnitt Boaimmášávži (Piekanaäytsi) am Gálgoaivi. Jetzt zeigt sich auch, dass ich östlich vom Bach und dem eigentlichen Pfad gegangen bin.




                                                                                              Boaimmášávži



                                                                                              Der Berg im Hintergrund, Kuárvikozzâ, soll der beste Aussichtspunkt im Muotkatunturi-Gebiet sein. Es gab keinen Regen seit der Mittagspause, die Sonne lässt sich auch manchmal blicken, also wäre heute eigentlich die beste Gelegenheit, da rauf zu gehen. Mal sehen … wenn ich nicht zu weit von ihm entfernt einen Zeltplatz finde und das Wetter sich hält, mache ich das vielleicht. Erst mal ist es Zeit für eine kleine Pause.




                                                                                              genau jetzt müsste man da oben auf dem Berg sein

                                                                                              Hinter dem Einschnitt gibt es wieder einen Pfad und auch sonst keine Orientierungsprobleme. Der Bach Vuopmejohka lässt sich bequem über Steine queren.




                                                                                              direkt am Bach gibt es gute Zeltstellen

                                                                                              Jetzt komme ich in interessantes Gelände. Viele Rinnen sind hier in die Ebene eingeschnitten, das ergibt vom Kuárvikozzâ betrachtet bestimmt ein cooles Muster. Da es schon wieder zu nieseln beginnt, werde ich das aber wohl erst morgen sehen. Eine halbe Stunde gehe ich noch auf den Berg zu, bevor ich nach rechts abbiege und auf dem benachbarten Moränenrücken einen Zeltplatz suche.


                                                                                              Blick zurück zum Gálgoaivi mit dem Einschnitt


                                                                                              Blick zum Kuárvikozzâ

                                                                                              Jetzt sind die Berge zwar wolkenfrei, aber der Weg hin und zurück würde zu lange dauern. Vielleicht bin ich auch einfach nur zu faul und freue mich auf den Kaffee. Um 17:45 Uhr steht das Zelt: perfekt eben, mit schönem Blick, direkt am Bach. Super Stelle, dachten sich auch Andere (oder sie haben mein Zelt gesehen), denn als ich vom Waschen zurück komme, wie immer splitterfasernackt, treffe ich die ersten leibhaftigen Wanderer. Ungünstiger Zeitpunkt für einen Plausch … finden wohl alle Anwesenden, denn in den zwei Minuten, die ich brauche um meine Blöße zu bedecken, sind sie schon weiter gegangen.


                                                                                              links im Bild sieht man sie, mit zwei Hunden


                                                                                              Kommentar


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                                                                                                • 768
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                                                                                                #48
                                                                                                Sonntag, 03. September: Kuárvikozzâ bis kurz vor Peltoaivi

                                                                                                Es regnet in den ganz frühen Morgenstunden. Um 6 Uhr ist es trocken, aber schon um 7 kündigt sich der nächste Regen an. Der Wind weht ungemütlich aus Nordost, genau wie am Freitag. Das scheint hier die nasse Richtung zu sein, denn gestern Nachmittag bei Westwind war es ja besser. Ich frühstücke und knalle mich danach wieder auf die Matte. Kuárvikozzâ wird noch bis 11 von fetten Wolken belagert. Danach hellt sich der Himmel etwas auf, und ich beschließe, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist. Noch ein schneller Kaffee, packen, Aufbruch im 12.

                                                                                                Etwa einen Kilometer vor dem Gipfel lasse ich den Rucksack an einer Stelle stehen, die ich später auch wiederfinde …


                                                                                                nämlich am Bach in der letzten Rinne vor dem Anstieg


                                                                                                am Gálgoaivi reißen kurz die Wolken auf


                                                                                                von hier sieht man die Rinnen schon besser


                                                                                                Peltojärvi kommt ins Blickfeld


                                                                                                Blick nach SO vom Gipfel

                                                                                                Danach schieben sich leider wieder Regenwolken über den Kuárvikozzâ. Besonders gemütlich ist es hier oben nicht, aber ich will unbedingt noch die Wettervorhersage abrufen und verschicke ein paar Nachrichten. Heute bleibt es weitgehend trocken, morgen wieder Regen und ab dem Nachmittag bis auf Weiteres richtig schönes Wetter.


                                                                                                Gálgoaivi und der Einschnitt


                                                                                                Blick nach SW


                                                                                                Rinnen im Überblick, leider mit Nieseltropfen auf dem Objektiv

                                                                                                Der Aufstieg hat sich gelohnt, selbst bei mäßiger Sicht. Zurück am Rucksack sollte ich mich allmählich für eine der beiden Routen zum Peltoaivi entscheiden: 1. direkt nach Nordosten, da müsste ich Vuopmejohka weiter unten nach mehreren Zuflüssen furten, was mir nach dem Regen ungewiss erscheint. Zumal der Fluss dort laut Karte stark mäandriert, also tief sein dürfte. Oder 2. zurück nach Norden, weiter oben den Fluss queren und dann westlich des Soarvegielas nach NO. Das ist zwar ein Umweg, aber eine ziemlich sichere Sache. Genau so möchte ich gehen.



                                                                                                Ich laufe also zurück zum Pfad, auf dem ich gestern gekommen bin, halte mich aber dort nach Norden, wo er nach NW zum Gálgoaivi schwenkt.


                                                                                                Blick nach NO über das Tal der Vuopmejohka

                                                                                                Ganz links sieht man gerade noch den kleinen See, dahinter einen waldigen Hügel, rechts davon Soarvegielas. Das ist genau meine Route.




                                                                                                Vuopmejohka

                                                                                                Mittagspause ca. 14:45 bis 16:10 Uhr. Noch ein letzter Nieselregen, danach wird es mehr und mehr sonnig, und der Wind flaut etwas ab. Meine Route führt über den bewaldeten Hügel zum Soarvegielas.


                                                                                                zwischen Vuopmejohka und dem kleinen See findet man massenhaft perfekte Zeltstellen


                                                                                                Soarvegielas



                                                                                                Sanft ansteigend geht es über Torfhöcker zum Soarvegielas, das ist mal eine der seltenen unangenehmeren Strecken. Besser wird es hinter dem Sattel. Ab da laufe ich über die Hügel nach Nordosten.


                                                                                                Blick nach Osten hinter dem Soarvegielas






                                                                                                das Märchen vom Trollkönig, der in einen Frosch verwandelt wurde und den Sonnenaufgang zu spät bemerkte


                                                                                                Tal der Karhuoja

                                                                                                Gegen 17:45 Uhr brauche ich ein halbe Stunde Pause und gehe dann noch über den nächsten Sattel zum nächsten Hügelrücken. Am höchsten Punkt des Karhuoja-Tals quere ich dann nach Osten zum gegenüberliegenden Hang.


                                                                                                Heidelbeere


                                                                                                Preiselbeere


                                                                                                Krähenbeere


                                                                                                Moosbeere


                                                                                                Blick nach NW


                                                                                                hier quere ich das Tal nach Osten

                                                                                                Ich möchte noch weiter nach NO bis zu dem eingezeichneten Bach laufen, der hoffentlich Wasser führt. Hier am Hang ist es sehr trocken. Ansonsten müsste ich hinunter ins Tal oder weiter gehen.


                                                                                                Blick nach NNO zum See 314m


                                                                                                Rentiere gibt es hier natürlich auch

                                                                                                Der Bach ist zwar nur ein winziges Rinnsal, aber das reicht mir für heute. Schwieriger wird es, hier eine ebene Stelle zu finden. Nach einigem Suchen finde ich dann doch einen Platz. Kurz nach 19:00 Uhr steht das Zelt.




                                                                                                rechts Peltoaivi

                                                                                                Trotz milder 13°C und Sonne wird mir kalt beim Waschen, denn der Wind hat wieder aufgefrischt. Muss aber sein. Danach genieße ich sehr zufrieden mit einem späten Kaffee (muss auch sein) den herrlichen Blick in der Abendsonne.


                                                                                                Kommentar


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                                                                                                  Gerne im Forum
                                                                                                  • 11.10.2023
                                                                                                  • 55
                                                                                                  • Unternehmen


                                                                                                  #49
                                                                                                  Borgman
                                                                                                  vielen Dank für deinen Bericht. Toll dass du immer die Namen und die Himmelsrichtung einfügst!
                                                                                                  https://kynik.fi

                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                    • 768
                                                                                                    • Privat


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                                                                                                    Gerne! Ich finde, die Bilder sollen neben einem Eindruck der Landschaft auch einen praktischen Nutzen haben. Gut also, wenn man weiß was man darauf sieht. Deshalb nehme ich bei Bedarf einige weniger gelungene Fotos mit hinein.

                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                      Dauerbesucher
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                                                                                                      • 768
                                                                                                      • Privat


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                                                                                                      Montag, 04. September: Peltoaivi bis Peltojärvi

                                                                                                      Das klingt nach einer sehr kurzen Tagesetappe, Peltoaivi bis Peltojärvi, und das wird sie auch. Nicht mal so sehr wegen des Wetters, sondern weil ich schon ganz genau weiß, wo ich die nächste Nacht verbringen will. Was bei mir ja nur selten vorkommt. Auf die Strecke heute freue ich mich besonders. Aber bis es losgeht, muss ich mich noch etwas gedulden.

                                                                                                      Um 5:30 Uhr drehe ich erst mal das Zelt, weil kräftiger Wind genau aus Süden seitlich in den Eingang weht. Gerade noch rechtzeitig vor dem Regen steht es richtig. Ein Vorteil beim Akto ist ja, dass man mit dem Lüfter gleich ein überdachtes „Fenster“ zum rausgucken hat. Das nutze ich gerne, nur nicht, wenn der Wind drauf steht. Ich richte mich ein, frühstücke und schlafe noch ein paar Stunden. Langsam habe ich genug vom Im-Zelt-hocken, aber bei dem ungemütlichen Wetter will ich dann doch nicht draußen sein.

                                                                                                      Beim Mittagessen um 14:00 Uhr zieht noch ein ergiebiger Regenschauer durch, danach sieht es freundlich aus. Aufbruch 15:30 Uhr in einer sonnigen Phase.



                                                                                                      Auf der Strecke hoch zum südlichen Peltoaivi (586m) gibt es noch kurze Schauer und Sonne im Wechsel, aber der Wind hat schon auf West gedreht, also muss es ja besser werden.


                                                                                                      Peltoaivi – da geht es jetzt hoch



                                                                                                      Nach einer guten Dreiviertelstunde ist der Gipfel erreicht. Wow, nach dem Kuárvikozzâ schon der zweite Hügel, der sich anfühlt wie ein richtiger Berg. Hier bleibe ich ein Weilchen und genieße die super schöne Aussicht.


                                                                                                      da ganz rechts ist er, etwas ungünstig im Gegenlicht – Kuárvikozzâ


                                                                                                      Peltojärvi


                                                                                                      hier kommen jedenfalls wesentlich öfter Wanderer hoch


                                                                                                      zur Erinnerung an den Wanderer Erkki Malkamäen bedeutet das wohl


                                                                                                      Blick nach SO zum Suoppajärvi


                                                                                                      hoffentlich der letzte Regenschauer


                                                                                                      Blick nach NO in meine Wanderrichtung

                                                                                                      Gegen 17:00 Uhr mache ich mich über den steinigen Nordosthang an den Abstieg. Im Bild sieht man schon einen auffälligen Sandhügel, der hier sehr exotisch wirkt.




                                                                                                      ab jetzt gibt es auch einen Pfad


                                                                                                      fast wie eine Sanddüne




                                                                                                      von Nahem sieht man, dass er aus feinem Kies und Sand besteht






                                                                                                      Blick zurück zum Peltoaivi



                                                                                                      Natürlich ließe sich hier ein guter Zeltplatz finden, aber ich habe mich ja schon festgelegt, Wenn möglich will ich im Tal den Fluss furten und auf einer schmalen Landzunge am Peltojärvi zelten. Also folge ich weiter dem Pfad bis zum Bach aus dem See. Beim Abstieg zur Peltojoki treffe ich zwei Wanderer mit Hund und Tagesrucksack. Sie haben ihr Zelt in der Nähe der Hütte stehen und machen von dort kleinere Ausflüge. Auch schön, das ist bestimmt eine spannende Gegend für kürzere Touren.

                                                                                                      Weiter unten verlasse ich den Pfad und finde gleich eine Stelle, die als Furt taugen könnte. Mit den großen Steinen muss man etwas aufpassen, aber es klappt auf Anhieb.


                                                                                                      Furt Peltojoki gegen 18:15 Uhr



                                                                                                      Anschließend halte ich mich nach Süden bis ich auf den eingezeichneten Pfad stoße und folge ihm eine halbe Stunde. Der linke Abzweig kurz vor dem See führt zu ein paar Booten am Seeufer. Genau hier beginnt eine 200 Meter lange, schmale Landzunge.


                                                                                                      die Sonne ist schon hinter dem Peltoaivi untergegangen

                                                                                                      Am Ende dieser Landzunge (rechts im Bild) findet sich eine sandige, ziemlich ebene Stelle. Eigentlich zelte ich überhaupt nicht gerne auf Sand, weil man so vorsichtig sein muss, aber dieser Platz ist einfach toll. Noch bei mäßigem Wind bade ich kurz im See, dann frischt er wieder deutlich auf.


                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                        Dauerbesucher
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                                                                                                        • 768
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                                                                                                        Heute begrüßt mich zur Abwechslung mal nicht Nebel oder Regen, sondern blauer Himmel, als ich den Kopf aus dem Zelt strecke. Es weht ein frischer Wind bei 5°C. Bis Muotkan Ruoktu, wo morgen Vormittag der Bus fährt, ist es noch ein gemütlicher Tagesmarsch von geschätzt 16 Kilometern. Mit einem Schlenker am Ende vielleicht 5 Kilometer mehr. Ich kann also ohne Eile abwarten, bis die Sonne kurz vor 7 über dem Hügel aufgeht und das Zelt wärmt.

                                                                                                        Das schöne Wetter macht gleich gute Laune. Um 8 Uhr gehe ich am Ende der Landzunge nicht nach rechts zu den Booten, sondern nach links zu einer Reihe von Zeltplätzen mit Feuerstellen.






                                                                                                        die wenigen rot gefärbten Bäume am Peltoaivi-Hang sind Ebereschen




                                                                                                        das wäre eigentlich ein cooles Avatar


                                                                                                        am Abfluss des Peltojärvi

                                                                                                        Auf dem schon bekannten Pfad geht es jetzt zurück und dann weiter nach NO. Die Peltojoki quere ich nicht an der Stelle von gestern, sondern laufe noch ein Stück weiter auf der rechten Seite.


                                                                                                        Blick zum Sandhügel




                                                                                                        Peltoaivi




                                                                                                        Blick nach N

                                                                                                        Der Pfad verläuft immer mit mehr oder weniger Abstand zum Fluss, so dass man die guten Furtstellen kaum ausmachen kann. Es liegt also mehr an einer Ahnung, dass ich den Pfad verlasse und diese finde:


                                                                                                        da kommt man doch bestimmt auf die andere Seite



                                                                                                        Und was ist das für eine Konstruktion? Eine Zeltsauna! Voll funktionsfähig, die Plane liegt gefaltet daneben. Aber so viel Zeit habe ich dann doch nicht, und auch nicht unbedingt das Bedürfnis. So quere ich hier nur den Fluss …




                                                                                                        und suche auf der anderen Seite den Pfad.


                                                                                                        Blick zurück zum Peltoaivi

                                                                                                        Pause kurz danach von 9:30 bis 10:00 Uhr. Anschließend passiere ich die Hütte (sie ist wirklich winzig), treffe noch mal die Wanderer von gestern bei ihrem Zelt und folge weiter dem Pfad.


                                                                                                        ist die niedlich!



                                                                                                        Innen ist der Platz naturgemäß begrenzt, aber wenn man sein Zelt daneben aufbaut, bietet sie einen komfortablen, beheizbaren Aufenthaltsraum bei Regen. An der Stelle, wo der Fluss nach einem Knick nach Osten wieder nach Nordosten schwenkt, mache ich noch eine Pause, 11 bis 11:20 Uhr. Hier gibt es mehrere Pfadvarianten – ich halte mich immer nah am Fluss.

                                                                                                        Weil ich mich noch ziemlich fit fühle und es in dem Tempo nur noch 2 bis maximal 2½ Stunden bis Muotka Ruokta wären, beschließe ich, den Schlenker über den Jeageloaivi zu machen. Das wäre doch ein schöner Abschluss für die Tour. Kein Tag ohne Hügel. Eigentlich sollte nach dem größeren Moor ein Pfad dorthin abzweigen, aber den finde ich vorerst nicht. Muss auch nicht sein, denn die Richtung ist eindeutig. Nach Nordwesten das Moor umgehen und am nächsten bewaldeten Hügel Richtung Norden allmählich Höhe gewinnen. Im Wald treffe ich erst Rentiere …


                                                                                                        war ja klar …



                                                                                                        und später den Pfad, der sogar mit blauen Farbklecksen und blauen Schleifen vorbildlich markiert ist. Kurz bevor er über einen Sattel hinunter zu einem Windschutz oder Ähnlichem führt, mache ich eine verdiente Mittagspause, 12:30 bis 14:00 Uhr. Ich habe mich wohl etwas verkühlt, weil ich heute unbedingt im T-Shirt laufen wollte. Tatsächlich ist der Wind trotz Sonne immer noch sehr frisch. Jedenfalls fühle ich mich plötzlich matschig und die Nase läuft.


                                                                                                        Jeageloaivi

                                                                                                        Nach der Pause verlasse ich den Pfad und steige in direkter Linie hoch, also weiter genau Richtung Norden.


                                                                                                        Blick nach NW


                                                                                                        Blick nach W





                                                                                                        Auf der Ebene vor dem Jeageloaivi stoße ich wieder auf den Pfad und folge ihm bis zum See Vejaleáttu. Ganz schön windig hier. Am Hang vor dem See schwenkt der Pfad unerwartet nach links, wo er nach der Karte rechts herum laufen sollte. Da habe ich wohl einen Abzweig verpasst und muss noch mal ein Stück zurück.


                                                                                                        Blick zum Aksujärvi, links vom Mast ist Muotkan Ruoktu


                                                                                                        Vejaleáttu



                                                                                                        Am Ostufer gibt es sogar mehrere Lagerplätze mit Feuerstellen, aber der Wind pfeift von Westen direkt über den See. Nee, mir geht es nicht so gut, ich brauche heute was Geschütztes im Wald. Also weiter. Nach einem Kilometer erwartet mich eine besondere Attraktion:


                                                                                                        die erste Brücke der Tour

                                                                                                        Ausgerechnet an einem Bach, der mit einem einzigen Schritt überquert wäre. Hier hat man sich wirklich Mühe gegeben, den Wanderern das Leben leicht zu machen. Man merkt, dass die Zivilisation nah ist. Im Wald setze ich mich noch mal für 20 Minuten hin und gehe dann das letzte Stück zur Peltojoki.



                                                                                                        Sogar einen Wegweiser gibt es. Lahtinen ist die Hütte. Näher an der Straße will ich nicht zelten und suche deshalb ein Stück flussaufwärts nach einem Platz. Hier ist das Gelände eher steinig, aber mit etwas Geduld findet sich gegen 16:30 Uhr ein schöner Platz unter einer großen Kiefer. Nicht so fotogen wie gestern, dafür viel gemütlicher.


                                                                                                        Peltojoki



                                                                                                        Abgesehen von der laufenden Nase merke ich die Verkühlung als Schmerzen im unteren Rücken und Unterleib. Echt blöd. Jetzt wäre die Zeltsauna von heute Morgen genau das Richtige. Ohne Sauna kann ich nur versuchen, mich nach einem heißen Kaffee unter dem Quilt möglichst gut durchzuwärmen und auf Besserung hoffen.

                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                          Dauerbesucher
                                                                                                          • 22.05.2016
                                                                                                          • 768
                                                                                                          • Privat


                                                                                                          #53
                                                                                                          Mittwoch, 06. September: Muotkan Ruoktu

                                                                                                          Heute Früh ist der Rücken immer noch recht steif, aber zumindest nicht schlechter als gestern. Ich krabbele dann auch weniger geschmeidig als gewohnt aus dem Zelt, gehe etwas herum und dehne mich dabei – das immer ganz leicht nach vorne geneigte Sitzen im Akto ist jetzt nicht optimal – dann geht es eigentlich ganz gut. Draußen ist es frisch, nur 2°C, bei knallblauem Himmel. Zum Frühstück gegen 8 scheint die Sonne genau zwischen den Bäumen hindurch und wärmt. Aufbruch um 9 Uhr ist eigentlich zu früh für die wenigen Kilometer, aber ich will vor der Busfahrt noch das Zelt trocknen.




                                                                                                          sogar Bohlen sind hier ausgelegt


                                                                                                          letztes Stück bis zur Straße


                                                                                                          Abschied von der Peltojoki



                                                                                                          Muotkan Ruoktu – Ende der Tour. Hinter der Brücke rechts ist ein Parkplatz, links von der Straße beginnt der Wanderweg. Ich stelle das Zelt zum Trocknen auf und koche mir einen letzten Kaffee. Na ja, natürlich nicht den letzten im Urlaub. Ich fahre jetzt erst mal mit dem Bus nach Inari, kaufe leckere Sachen ein (auch ein paar Biere) und suche mir dort einen Platz im Wald. Auf jeden Fall will ich noch das Siida besuchen, samisches Museum und Naturzentrum, bevor ich weiter nach Ivalo fahre. Das wurde im Juni 2022 nach Umbau und Erweiterung mit einem neuen Ausstellungskonzept wieder eröffnet. Klingt sehr spannend.




                                                                                                          Inarisee

                                                                                                          Und damit schließt sich auch der Bogen zum Anfang des Berichts. Also, das Museum in Inari sollte man sich nicht entgehen lassen und wegen der Fülle an Informationen am besten genügend Zeit einplanen. Muss ich jetzt noch mal sagen. Ich war ganz begeistert und habe viel über sie Samen und die Natur gelernt, was mich heute noch beschäftigt. Es ist nicht nur für Touristen gedacht, sondern vor allem auch für Samen, die etwas über ihre eigene Kultur wissen wollen. Deshalb sind alle erklärenden Texte nicht nur auf Finnisch und Englisch, sondern auch in den drei in diesem Gebiet gesprochenen samischen Sprachen verfügbar: Nordsamisch, Inarisamisch und Skoltsamisch.

                                                                                                          Die Tour selber fand ich deutlich weniger herausfordernd als Øvre Anárjohka und landschaftlich abwechslungsreicher. Bei gutem Wetter, oder wenn man weniger zimperlich bei Regen ist als ich, schafft man die Strecke in 4-5 Tagen und erlebt dabei vielfältige Natur. Auch für Anfänger geeignet, sofern sie nicht unbedingt einen markierten Pfad brauchen und gerne ihre Fähigkeiten in Wegfindung, Bachquerung und im Gelände erweitern wollen, ohne gleich auf unzumutbare Schwierigkeiten zu stoßen.

                                                                                                          Das intensivere Wildniserlebnis, die Eindrücke, die haften bleiben, hatte ich ganz klar in Øvre Anárjohka. Abgesehen von den Uhrzeiten habe ich den Bericht komplett aus dem Gedächtnis geschrieben, weil die Erinnerung noch so lebhaft und detailreich ist. Für den Muotkatunturi-Teil musste ich viel öfter ins Tagebuch gucken und auf der Karte suchen, welches Foto wo aufgenommen ist. Was ja nichts Schlechtes ist, da konnte ich mich einfach öfter entspannt treiben lassen. Die Reihenfolge erst Anárjohka, dann Muotkatunturi war für meine Bedürfnisse jedenfalls genau richtig, passte besser zum Wetter, und am Ende war ich so gut erholt wie seit Jahren nicht mehr. Auch die Rückenschmerzen verschwanden am nächsten Tag, es war wirklich nur eine leichte Verkühlung. In Ivalo hatte ich zum Abschluss ein nettes Zimmer. Ja, was soll ich sagen? Ein rundum gelungener Urlaub.




                                                                                                          Ende

                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                            Fuchs
                                                                                                            • 22.08.2010
                                                                                                            • 1835
                                                                                                            • Privat


                                                                                                            #54
                                                                                                            Sehr schön mal wieder. 🤗
                                                                                                            Der Zeltplatz am Ende der Landzunge (den ich schon vorher gesehen hatte und du mir ja nach Senja geschickt hattest) ist wirklich ein ganz feines und herrlich exponiertes Plätzchen. Vielen Dank für den schönen Bericht und ich habe dein neues Avatar - Foto gesehen: Echt cool. 😎 Solltest du ernsthaft in Erwägung ziehen.
                                                                                                            My mission in life is not merely to survive, but to thrive; and to do so with some passion, some compassion, some humor and some style. Maya Angelou

                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                              Fuchs
                                                                                                              • 02.09.2016
                                                                                                              • 1511
                                                                                                              • Privat


                                                                                                              #55
                                                                                                              Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
                                                                                                              Danke für den Tipp, Fjellfex!
                                                                                                              Aber gerne doch!
                                                                                                              Eine eventuell hierdurch entstandene "Dankesschuld" betrachte ich durch diesen schönen Bericht mehr als getilgt.
                                                                                                              Und auch bei mir war Øvre Anárjohka verglichen mit der finnischen Seite das wesentlich intensivere Erlebnis. Wobei ich ja im Pöyrisjärvi-Wildnisgebiet hauptsächlich auf Pisten unterwegs war. Aber in Øvre Anárjohka gab es halt keine Pisten, die ich hätte entlang gehen können, und das tagelang...
                                                                                                              Und die Idee von evernorth mit dem Avatar könnte echt in Erwägung gezogen werden...

                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                Vorstand
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                                                                                                                • 18.06.2014
                                                                                                                • 1591
                                                                                                                • Privat


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                                                                                                                Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
                                                                                                                Ende
                                                                                                                Schade, ich wär' noch ne Weile mitspaziert! Hab' Dank für den schönen Bericht!

                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                  Dauerbesucher
                                                                                                                  • 22.05.2016
                                                                                                                  • 768
                                                                                                                  • Privat


                                                                                                                  #57
                                                                                                                  evernorth , Fjellfex , Blahake: Gern geschehen! Ja, Tom, es wird Zeit für ein neues Avatar. Den Schädel und die beiden Geweihteile hat jemand anders so neben einer Feuerstelle drapiert, könnte ein Kunstwerk sein, aber ich darf das bestimmt benutzen.

                                                                                                                  Gäbe es in ØA Pisten, Fjellfex, dann hätte es mich nicht wirklich gereizt. Seltsam fand ich, dass es fast keine Rentierpfade gab. Vermutlich ist es hauptsächlich Winterweidegebiet, und die Anzahl Rentiere pro Quadratkilometer dürfte auch geringer sein als auf finnischer Seite. Einen auffälligen Unterschied habe ich vergessen zu erwähnen: in Muotkatunturi war das Wasser überall klar, und auf der ganzen langen norwegischen Strecke hatte ich nur braunes Wasser (von abgestorbenen Torfmoosen so getrübt). War das bei dir auch so?

                                                                                                                  Eigentlich bin ich ganz froh, dass der Bericht jetzt fertig ist, Anne. Ich wollte ja gerne alle zwei Tage einen Teil abliefern, was unter der Woche manchmal schwierig unterzukriegen war. Jetzt freue ich mich auf alle anderen Berichte, die gerade entstehen und noch kommen

                                                                                                                  Das Album ist jetzt auch vollständig:
                                                                                                                  https://www.flickr.com/photos/144877...77720311539500

                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                    Erfahren
                                                                                                                    • 01.02.2022
                                                                                                                    • 160
                                                                                                                    • Privat


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                                                                                                                    Auch von mir herzlichen Dank für den schönen Bericht und die großartigen Bilder!

                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                      Fuchs
                                                                                                                      • 02.09.2016
                                                                                                                      • 1511
                                                                                                                      • Privat


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                                                                                                                      Zitat von Borgman Beitrag anzeigen
                                                                                                                      Gäbe es in ØA Pisten, Fjellfex, dann hätte es mich nicht wirklich gereizt. Seltsam fand ich, dass es fast keine Rentierpfade gab. Vermutlich ist es hauptsächlich Winterweidegebiet, und die Anzahl Rentiere pro Quadratkilometer dürfte auch geringer sein als auf finnischer Seite.
                                                                                                                      So lange so eine Gegend so einsam ist, hätten mich auch ein paar Pisten nicht gestört; mit zunehmendem Alter begrüßt man sowas vielleicht sogar... ... weshalb Nordfinnland immer mehr in meinen Fokus rückt.
                                                                                                                      Mit Blick auf die Rentierpfade hast du die Antwort selber geliefert: Es ist Winterweidegebiet, und da hinterlassen die Tiere keine Spuren, und es sind wohl auch viel weniger als auf der finnischen Seite. (Richtig krass empfand ich den Unterschied in Sachen Rentierflechten bei meinem Grenzübertritt: in Finnland fast nichts, in Norwegen ein einziger Teppich.)
                                                                                                                      Im Sommer sind die Rentiere an der Küste; vielleicht erinnerst du dich ja an die (schon etwas ältere) Episode aus Nordkalotten 365:
                                                                                                                      Et år på tur med Lars Monsen – 5. episode (Sesong 1) – NRK TV
                                                                                                                      (Die hatten ja den gleichen Startort wie du. )
                                                                                                                      Beim Wasser ist mir damals kein Unterschied aufgefallen.

                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                        Dauerbesucher
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                                                                                                                        • 768
                                                                                                                        • Privat


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                                                                                                                        Fjellfex: Danke, die Folge muss ich noch mal angucken, kann mich nicht mehr so recht erinnern. Und die wenigen Rentierflechten auf finnischer Seite sind dann sicherlich auch Resultat der unterschiedlichen Beweidung.

                                                                                                                        Pflaume09: Freut mich, dass er dir gefallen hat. Als zusätzlichen kleinen Eindruck gibt es jetzt am Anfang des Albums noch ein kurzes Video vom Wasserfall Gumpegorži (aufgenommen mit dem Telefon). Oder direkt hier:


                                                                                                                        https://www.flickr.com/photos/144877...7720311539500/

                                                                                                                        Funktioniert hoffentlich - bisher hatte ich noch kein Video bei flickr. Im Album ist es jedenfalls.

                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                          • 55
                                                                                                                          • Unternehmen


                                                                                                                          #61
                                                                                                                          Borgman
                                                                                                                          Die Braunfärbung im Wasser kommt durch Tanine die von Sümpfen in die Bäche gespült werden. In den Teilen in denen du in Muotkatunturi warst gibt es wenig Sümpfe, das Wasser ist grundsätzlich klarer.

                                                                                                                          Hinzu kommt, dass wir dieses Jahr extrem viel Niederschlag hatten. Dadurch wurden mehr Tanine in die Fließgewässer gespült was teilweise zu braunerem Wasser als üblich geführt hat.

                                                                                                                          Auf finnischer Seite gibt es deutlich mehr Rentiere, das stimmt. Dadurch sind die Flechten deutlich weniger. Wir haben ein paar Gebiete mit weniger Rentieren und die Flechten sind dort in einem deutlich besseren Zustand.
                                                                                                                          https://kynik.fi

                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                            • 734
                                                                                                                            • Privat


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                                                                                                                            Jetzt hier auch noch einmal ein dickes Dankeschön für den so schnell erschienenen Bericht. Schön dass es endlich geklappt hat und Du viele Deiner Vorstellungen umsetzen konntest. Mich hat es wieder darin bestätigt, dass der ganz hohe Norden nicht so meine bevorzugte Gegend ist - auch wenn wie schon erwähnt das Gefühl der Einsamkeit bestimmt etwas ganz besonderes ist. Vermutlich ist das Bewusstsein, dass mitten in der Steppe im Umkreis von x km sich kein menschliches Wesen befindet nochmal anders als auf einem von Fjord oder Gletscher umrundeten Hügel. Schöne eindrückliche Bilder - danke.

                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                              Dauerbesucher
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                                                                                                                              • 768
                                                                                                                              • Privat


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                                                                                                                              kynik: Tannine (Gerbstoffe) vielleicht auch, aber meist liest man, dass Huminsäuren bzw. allgemeiner Huminstoffe für die braune Färbung verantwortlich sind.
                                                                                                                              https://de.wikipedia.org/wiki/Humins%C3%A4uren

                                                                                                                              Hier ist auch ein darüber hinaus recht interessantes Dossier über Moore:
                                                                                                                              https://www.scinexx.de/dossierartikel/was-ist-torf/

                                                                                                                              Dein Satz „In den Teilen in denen du in Muotkatunturi warst“ hat einen super wichtigen Punkt in Erinnerung gerufen, den ich ganz am Anfang mal angerissen und später im Fazit vergessen hatte:


                                                                                                                              Gummistiefel!

                                                                                                                              Im südlichen, von mir aufgrund unpassenden Wetters und unpassenden Schuhwerks nicht besuchten Teil von Muotkatunturi gibt es wesentlich mehr Moor. Ich würde da gerne noch hin, vielleicht verbunden mit Lemmenjoki, aber nur in Gummistiefeln. Das gilt auch für den gesamten Anárjohka Nationalpark. Auf meiner Route in Muotkatunturi bin ich mit Bergstiefeln gut zurechtgekommen, abseits der Hügelketten kann ich aber nur davon abraten.

                                                                                                                              vobo: Gern geschehen! Schön, dass du trotzdem Spaß daran hattest. Ich mag tatsächlich ganz unterschiedliche Landschaften, es ist nicht nur die Einsamkeit. Ohne jetzt was zu versprechen: im „ganz hohen Norden“ hätte ich noch ein paar Projekte mit vollkommen anderer Topographie in der Schublade. Möglicherweise kommt da in den nächsten Jahren noch was.

                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                Gerne im Forum
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                                                                                                                                • 55
                                                                                                                                • Unternehmen


                                                                                                                                #64
                                                                                                                                Borgman
                                                                                                                                Hast du dazu weitere Informationen? Ich weis es nicht genau, aber die Untersuchungen zur Wasserfärbung die ich gelesen habe, haben sich meiner Erinnerung nach auf Tannine bezogen. Vielleicht bezieht das ja Huminsäuren mit ein. Auf die Schnelle konnte ich im Internet keine Klärung finden. Schreib gerne wenn du dazu noch irgendwelche Infos hast. Mich würde das sehr interessieren!

                                                                                                                                Mit Gummistiefeln wäre ich vorsichtig. Die meisten Leute können darin nicht gut laufen. Gummistiefel bieten wenig halt und der Fuß muss schon sehr gut zum Stiefel passen. Hinzu kommt, dass Feuchtigkeit schwer raus Transportiert wird und Gummistiefel schnell ein sehr schlechtes Fußklima bilden. Ich kenne keinen der damit wirklich länger wandern geht. Ich vermute auch, dass die Infektionsgefahr dann recht hoch wird.
                                                                                                                                https://kynik.fi

                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                  Dauerbesucher
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                                                                                                                                  • 977
                                                                                                                                  • Privat


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                                                                                                                                  Zitat von kynik Beitrag anzeigen

                                                                                                                                  Mit Gummistiefeln wäre ich vorsichtig. Die meisten Leute können darin nicht gut laufen. Gummistiefel bieten wenig halt und der Fuß muss schon sehr gut zum Stiefel passen. Hinzu kommt, dass Feuchtigkeit schwer raus Transportiert wird und Gummistiefel schnell ein sehr schlechtes Fußklima bilden. Ich kenne keinen der damit wirklich länger wandern geht. Ich vermute auch, dass die Infektionsgefahr dann recht hoch wird.
                                                                                                                                  Ich nehme an du hast eigene Erfahrungen im Wandern mit vernünftigen Gummistiefeln und passenden Socken, die dich zu dieser Aussage bewogen haben?

                                                                                                                                  Hier im Forum sind einige Leute die schon eine ganze Weile solche Touren machen, vielleicht sollte man denen nicht jegliche Erfahrung absprechen. Vor dreißig Jahren waren Gummmistiefel, zumindest in Schweden, eine gängige Schuhwahl für Trekkingtouren. Wir sind viele hunderte Kilometer damit gelaufen, auch in unwegsamen Gelände, über Blockfelder, oder im Schnee und hatten nie Probleme, weder mit irgendwelchen Infektionen noch Verstauchungen oder Erfrierungen. Mit ungewohnten Schuhen sollte man sowieso nie auf Tour gehen, egal welcher Schuh. Das heißt nicht, dass ich heute nicht lieber in GoreTex Stiefeln wandere, aber bei den von Bernd angesprochenen Bedingungen haben Gummistiefel absolut ihre Berechtigung.

                                                                                                                                  Borgman Vielen Dank für deinen wie immer wunderbaren Bericht mit den stimmungvollen Bildern, die die Landschaft so wunderbar wiedergeben. Mir würde sicher der zweite Teil mit etwas mehr "Bergen" mehr liegen.

                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                    Gerne im Forum
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                                                                                                                                    • 55
                                                                                                                                    • Unternehmen


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                                                                                                                                    Hier im Forum sind einige Leute die schon eine ganze Weile solche Touren machen, vielleicht sollte man denen nicht jegliche Erfahrung absprechen.
                                                                                                                                    andrea2 Das habe ich auch nicht gemacht.

                                                                                                                                    Zitat von Borgman
                                                                                                                                    kynik: Tannine (Gerbstoffe) vielleicht auch, aber meist liest man, dass Huminsäuren bzw. allgemeiner Huminstoffe für die braune Färbung verantwortlich sind.
                                                                                                                                    https://de.wikipedia.org/wiki/Humins%C3%A4uren
                                                                                                                                    Borgman Danke für deinen Input. Ohne ihn hätte ich mir das nicht noch mal genauer angeschaut.
                                                                                                                                    Wenn ich es jetzt richtig verstanden habe scheint man Gruppen namens Dissolved organic carbon und Dissolved organic matter zu haben die die Substanzen umfassen welche so klein sind, dass sie durch den Boden wandern können ohne filtriert zu werden. Diese Stoffe sorgen für die Färbung des Wassers in unbekanntem Ausmaß.

                                                                                                                                    Die Forschung was das alles sein kann ist gar nicht so weit. Anscheinend sind viele Stoffe noch immer nicht bekannt und können chemisch bis jetzt nicht isoliert werden. Die Gruppen umfassen aber die von dir genanten Humic Substances (Fulvic acid​, Humin acid, Humin, Non-Humin) und Tannine gehören auch dazu. Manche der Stoffe wie Humin sind größtenteils nicht löslich in Wasser und werden wahrscheinlich eher weniger im Boden weiter geschwemmt.

                                                                                                                                    In welcher Zusammensetzung sie im Wasser auftauchen scheint nicht einheitlich geklärt zu sein, was auch daran liegen kann, dass es stark vom PH Wert und der Zusammensetzung der Böden abhängt.

                                                                                                                                    Im Zusammenhang mit Trinkwasser finde ich die meisten Informationen nach wie vor über Tannine. Wenn ich nach Wasser und Humin* suche dann finde ich viel über Aquarien. Das mag aber vielleicht auch daran liegen, dass Tannine eher reaktive und wasserlösliche Stoffe sind und damit interessanter in dem Zusammenhang.

                                                                                                                                    Wenn ein Chemiker das hier liest fände ich es klasse wenn er sich das anschauen könnte.
                                                                                                                                    https://kynik.fi

                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                      • 1511
                                                                                                                                      • Privat


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                                                                                                                                      Zitat von andrea2 Beitrag anzeigen
                                                                                                                                      Hier im Forum sind einige Leute die schon eine ganze Weile solche Touren machen, vielleicht sollte man denen nicht jegliche Erfahrung absprechen. Vor dreißig Jahren waren Gummmistiefel, zumindest in Schweden, eine gängige Schuhwahl für Trekkingtouren. Wir sind viele hunderte Kilometer damit gelaufen, auch in unwegsamen Gelände, über Blockfelder, oder im Schnee und hatten nie Probleme, weder mit irgendwelchen Infektionen noch Verstauchungen oder Erfrierungen. Mit ungewohnten Schuhen sollte man sowieso nie auf Tour gehen, egal welcher Schuh. Das heißt nicht, dass ich heute nicht lieber in GoreTex Stiefeln wandere, aber bei den von Bernd angesprochenen Bedingungen haben Gummistiefel absolut ihre Berechtigung.
                                                                                                                                      Das sehe ich ebenso. Und mein Eindruck von finnischen Youtube-Videos ist, dass dort auch sehr viele in Gummistiefeln auf Tour gehen; nicht nur der recht berühmte Ali Leiniö.
                                                                                                                                      Ich war erst dieses Jahr mit Gummistiefeln in Jämtland und letztes Jahr in Hammastunturi: für mich persönlich die richtige Wahl. Infektionen hatte ich auch keine, aber trockene Füße.
                                                                                                                                      Für Touren in feuchte Regionen mit wenig Geröll/ Blockwerk finde ich Gummistiefel eine absolut legitime Wahl. Den nicht so guten Halt in den Gummistiefeln kann man durch Verwendung von Wanderstöcken kompensieren.

                                                                                                                                      Borgman Mir fällt ein, dass ich noch gar nicht meiner Bewunderung Ausdruck verliehen habe, dass du auf GPS verzichtet hast. Mache ich ja selber auch oft gerne... aber bei meiner Tour im weitläufigen Øvre Anárjohka war ich für die Technik dankbar, die mir bestimmt einige Umwege im mühseligen Gelände erspart hat.

                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                        • 768
                                                                                                                                        • Privat


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                                                                                                                                        Zitat von andrea2 Beitrag anzeigen
                                                                                                                                        Mit ungewohnten Schuhen sollte man sowieso nie auf Tour gehen, egal welcher Schuh.
                                                                                                                                        Das ist der Punkt. Ich wusste ja vorher, dass es nass werden würde, aber auch, dass Tage mit langen Strecken dabei sind, insgesamt rechnete ich um die 300 km. Die wollte ich dann doch lieber mit den bewährten Hanwags zurücklegen. Wenn ich jetzt hoffentlich Gummistiefel finde, die ähnlich gut passen, entscheide ich von Fall zu Fall nach dem erwarteten Gelände. Freut mich jedenfalls, dass dir der Bericht gefallen hat


                                                                                                                                        kynik: Man will ja doch ungefähr wissen was man da (meist ungefiltert) trinkt.
                                                                                                                                        Hier steht noch ein bisschen was speziell über Moorwasser:
                                                                                                                                        https://www.raisedbogs.ie/whats-in-the-bog-water/

                                                                                                                                        Und hier allgemein über Zersetzungsprozesse:
                                                                                                                                        https://www.bodenkunde-projekte.hu-b...sprozesse.html

                                                                                                                                        Hier spricht der knuffige Dr. Champion über die Frage, warum Moorwasser die Farbe von Whisky hat (aber nicht den Geschmack). „Your Whisky is brown, because it`s full of the same sort of acids as the bog.“ Questionable. Viele Whiskys werden einfach mit Zuckerkulör gefärbt
                                                                                                                                        https://www.youtube.com/watch?v=k-ofWetfaO8

                                                                                                                                        Fjellfex: Für Bewunderung sehe ich keinen Grund. Orientierung mit Karte und Kompass war hier allerdings eine kleine Herausforderung. Ja, ich musste auch feststellen, dass Umwege zwar manchmal, aber keineswegs immer lohnen. Würde es trotzdem wieder so machen. Es schärft die Sinne, denke ich, und die Wahrnehmung.

                                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                                          • 31757
                                                                                                                                          • Privat


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                                                                                                                                          Ja, ist wirklich ein schöner Bericht. Mir hat er auch gefallen. Ich hätte auch noch viele Bilder mehr anschauen können.

                                                                                                                                          Bei Dir wirkt alles so mühelos. Unglaublich. Respekt.

                                                                                                                                          Wenn Du mal Gummistiefel findest, die zu Hanwagfüßen passen, sag bitte Bescheid. Ich habe tolle Gummistiefel, die gut sitzen, kann damit aber nicht länger laufen. Ohne Hanwag geht bei mir nix.
                                                                                                                                          Oha.
                                                                                                                                          (Norddeutsche Panikattacke)

                                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                                            Dauerbesucher
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                                                                                                                                            • 768
                                                                                                                                            • Privat


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                                                                                                                                            Findest du, dass alles mühelos wirkt? Jaa … der zweite Teil war vom Gelände natürlich viel angenehmer, falls du das meinst … das stimmt schon.

                                                                                                                                            Zitat von Torres Beitrag anzeigen
                                                                                                                                            Wenn Du mal Gummistiefel findest, die zu Hanwagfüßen passen, sag bitte Bescheid. Ich habe tolle Gummistiefel, die gut sitzen, kann damit aber nicht länger laufen. Ohne Hanwag geht bei mir nix.
                                                                                                                                            Wusste nicht, dass es Hanwagfüße gibt – ich dachte immer, sie hätten ihren Alaska-Leisten zufällig exakt nach meiner Fußform gebaut . Ja, ich schaue mich mal um und sage Bescheid, rechne aber damit, dass man in Gummistiefeln vielleicht auch mit verschiedenen Sockenkombinationen experimentieren muss, ähnlich wie bei Lundhags.

                                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                                              Erfahren
                                                                                                                                              • 02.09.2013
                                                                                                                                              • 110
                                                                                                                                              • Privat


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                                                                                                                                              Das https://de.tretorn.com/473240060 wäre die aktuelle Fassung des "Klassikers" schwedischer Wander-Gummistiefel: "Der Stiefel bietet eine bequeme Passform und ist speziell für lange Wanderungen konzipiert".
                                                                                                                                              Ob die bequeme Passform auch für Hanwagfüße zutrifft, verschweigt der Hersteller leider.

                                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                                Freak

                                                                                                                                                Liebt das Forum
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                                                                                                                                                • 31757
                                                                                                                                                • Privat


                                                                                                                                                #72
                                                                                                                                                Das Thema war schon damals umstritten

                                                                                                                                                https://www.outdoorseiten.net/vb5/fo...-gummistiefeln

                                                                                                                                                Treton habe ich nicht probiert. Ich habe welche von Nokian - angeblich wandern Finnen darin (auch wenn ich keine kenne) - und sehr hohe von Aigle, angeblich auch für Wanderungen. Keine Chance auf längeren Strecken. Entweder zerreiben die Füße oder die Socken oder beides. Lundhags? No.

                                                                                                                                                Dann lieber eine Trockenhose mit Paddelsandalen oder so…

                                                                                                                                                @Borgmann
                                                                                                                                                Auch im ersten Teil des Reiseberichts fand ich Dich unglaublich souverän. Fehleinschätzungen passieren, die Frage ist, wie man damit umgeht. Ich kann ermessen, wie sich das anfühlt, aber bei Dir wirkt es so leicht. Ganz große Kunst!​
                                                                                                                                                Oha.
                                                                                                                                                (Norddeutsche Panikattacke)

                                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                                  Dauerbesucher
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                                                                                                                                                  • 977
                                                                                                                                                  • Privat


                                                                                                                                                  #73
                                                                                                                                                  1+ für Treton Sarek

                                                                                                                                                  Man muss genau wie bei den Lundhags etwas experimentieren mit Socken und evtl. anderen Sohlen und dann trainieren. Ich fand den Halt in den Stiefeln immer ausreichend. Wir haben damit auch viele Gipfeltouren gemacht z.b. auf den Pårte, erst kilometerlange Blockfelder und oben im Schnee. Ich hatte immer drei paar Socken an und wechsel öfter aus zum Trocknen. Manchmal hat man das Glück und es ist lange genug trocken dafür.
                                                                                                                                                  Für viele Furten, die nicht übers Knie gehen fällt das Umziehen weg und beim Rest, Socken aus, Sohle raus und mit den Stiefeln durch, dann ausschütten und weiter. Ist nicht viel nässer als vorher, da sich das Material im Gegensatz zu Lederstiefeln nicht vollsaugen kann.

                                                                                                                                                  Den alten Faden kannte ich noch gar nicht, der spiegelt aber ganz gut die Meinugsvielfalt wieder. Es ist einfach so, wer wo 30 Jahren im Fjäll unterwegss war, für den ist das Wandern mit Gummistiefenl völlig normal, jeder zweite Schwede war entweder mit Gummistiefeln oder mit Lundhags unterwegs. Heute haben wir viele, oft bessere Alternativen, aber eben nicht für jede Gegebenheit.

                                                                                                                                                  BTW Gummipflege ist wichtig für ein langes Leben und wenns mal undicht wird, was an den Knickstellen irgendwann passiert, so hat sich bei uns ein Setup aus Fahradflicken und Sekundenkleber hervorragend bewährt.

                                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                                    • 31757
                                                                                                                                                    • Privat


                                                                                                                                                    #74
                                                                                                                                                    Es gibt aber Leute, denen das nicht passt! Ich bin auch dem Forenratschlag gefolgt. Treton passte gar nicht, Nokian passte und ist super bei der täglichen Gartenarbeit, aber nicht beim Laufen. Meindl passte mir auch im Geschäft prima, nach 35 km musste ich die verschenken. Hanwag Fjäll Extreme habe ich vor meiner Tour ohne Probe und Einlaufen angezogen (s.o. Borgmann) und bin dann damit kilometerweit rumgelaufen.
                                                                                                                                                    Wer nicht die richtigen Füße dazu hat, bringt sich mit Gummistiefeln ernsthaft in Gefahr. Bei mir gehen bisher alle Schuhe außer Hanwag nur als Zweitschuhe, selbst bei 40 Grad trage ich Hanwag Wanderschuhe und keine Sandalen.
                                                                                                                                                    Oha.
                                                                                                                                                    (Norddeutsche Panikattacke)

                                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                                      Fuchs
                                                                                                                                                      • 02.09.2016
                                                                                                                                                      • 1511
                                                                                                                                                      • Privat


                                                                                                                                                      #75
                                                                                                                                                      Die robusten Gummistiefel, mit denen ich dieses und letztes Jahr auf Tour war, habe ich mir mal vor 20 Jahren billig im Baumarkt gekauft.
                                                                                                                                                      Halten immer noch einwandfrei.
                                                                                                                                                      Die Sohlen haben einen Grip der so gut ist wie derjenige der Vibramsohle meiner Bergstiefel.
                                                                                                                                                      Allerdings fand ich das Fußbett recht hart, was ich dann durch eine superweiche Einlage auszugleichen wusste.
                                                                                                                                                      Bin auch schon längere Etappen damit gegangen, ohne die Gummistiefel hierfür weniger geeignet zu finden als Bergstiefel.
                                                                                                                                                      Nach dem was ich hier so lese, sind die Schuhe wohl ein 6er im Lotto...
                                                                                                                                                      Schade Bernd, bei Arvasslihytta hättest du da mal reinsteigen und austesten können...

                                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                                        Dauerbesucher
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                                                                                                                                                        • 768
                                                                                                                                                        • Privat


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                                                                                                                                                        Danke für die vielen Tipps zum Thema Gummistiefel! Alles sehr hilfreich. Dann werde ich in den nächsten Monaten mal verschiedene Modelle vom Baumarkt bis zum Tretorn Sarek ausprobieren. In den alten Faden habe ich jetzt auch reingeguckt – die Argumente gegen Gummistiefel haben mich (noch) nicht abgeschreckt. Ich finde, es ist einen Versuch wert.

                                                                                                                                                        Zitat von Torres Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                        Auch im ersten Teil des Reiseberichts fand ich Dich unglaublich souverän. Fehleinschätzungen passieren, die Frage ist, wie man damit umgeht. Ich kann ermessen, wie sich das anfühlt, aber bei Dir wirkt es so leicht. Ganz große Kunst!​
                                                                                                                                                        Noch mal danke. Vielleicht liegt es daran, dass ich wirklich gerne improvisiere und die unvermeidlichen kleineren Schwierigkeiten eher als Herausforderung sehe und nicht als Zumutung. Meist gibt es ja doch mehrere Optionen, die man vielleicht besser sieht, wenn man sich nicht vorher schon auf eine Route festgelegt hat. Was ich gar nicht mag ist Zeitdruck.

                                                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                                                          Erfahren
                                                                                                                                                          • 04.10.2020
                                                                                                                                                          • 270
                                                                                                                                                          • Privat


                                                                                                                                                          #77
                                                                                                                                                          Hallo Borgmann,
                                                                                                                                                          herzlichen Dank für Deinen Bericht. Beeindruckend, dass du dich in so unbekannte Gegenden begibst und da durchschlägst, wow. Für mich persönlich wäre die Gegend zu monoton, bin wohl noch nicht so richtig im Wander-Nirvana angekommen und brauche immer wieder spektakuläre Aussichten und Bilder, um lange Trekkingtouren mit viel Gepäck zu genießen.
                                                                                                                                                          Deine Wat-Abenteuer haben mich mitschwitzen lassen -1000 Dank fürs mitnehmen und liebe Grüße
                                                                                                                                                          Highbeat

                                                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                                                            Dauerbesucher
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                                                                                                                                                            • 768
                                                                                                                                                            • Privat


                                                                                                                                                            #78
                                                                                                                                                            Als Austritt aus dem Samsara (was ja wörtlich als beständiges Wandern übersetzt wird) sehe ich die Tour eigentlich nicht , aber die meditative Landschaft und Abgeschiedenheit wäre sicherlich besonders geeignet, das Nirwana zu erreichen, da hast du recht. Starker Kontrast jedenfalls zu deinem Grönland-Bericht, da freut es mich umso mehr, dass du hier auch mitgekommen bist.

                                                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                                                              Dauerbesucher
                                                                                                                                                              • 22.07.2008
                                                                                                                                                              • 777
                                                                                                                                                              • Privat


                                                                                                                                                              #79
                                                                                                                                                              Super Bericht aus dieser doch eher unbekannten Gegend. Hat bei mir Heimweh geweckt, hatte ich doch gegenüber dem Øvre Anárjohka früher während vieler Jahre meine Hütte. Muotkatunturi und Lemmenjoki NP waren quasi mein "Hinterhof". Den Øvre Anárjohka habe ich allerdings nie besucht, den damals wurde die Grenze zwischen Finnland und Norwegen gemäss dem Vertrag mit der Sowjetunion noch bewacht und ein überqueren der Grenze war nur in Karigasniemi möglich. Heutzutage müsste ich nur aus der Hütte treten und könnte rüber nach Norwegen.
                                                                                                                                                              Ich musste auch im Winter immer schauen, dass ich mit dem Motorschlitten auf dem Inarijoki (Anárjohka) nicht über die Mitte hinausfuhr, ausser man musste offenen Stellen ausweichen.
                                                                                                                                                              Zu den Gummistiefeln kann ich nur sagen, dass ich die währen fast 50 Jahren in Lappland an den Füssen hatte.

                                                                                                                                                              Grenzfluss Anárjohka
                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: l-12.jpg Ansichten: 0 Größe: 54,4 KB ID: 3241068
                                                                                                                                                              Zuletzt geändert von Inarijoen Peter; 30.01.2024, 00:26.

                                                                                                                                                              Kommentar