• wandler

    Erfahren
    • 25.02.2017
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    [SE] von Gällivare nach Abisko

    Tourentyp Sonstige Tour
    Breitengrad 67.102522
    Längengrad 20.396566
    Tag 1


    Weckerpiepen reißt mich aus dem Schlaf, leise sammle ich meine Habseligkeiten zusammen und trete auf den Gang hinaus um sie dort schlaftrunken in den Packsack zu stopfen, während im Abteil das nette Pärchen aus Uppsala friedlich weiter vor sich hin schnorchelt.

    Es geht los! 2020 wurde coronabedingt doch wieder ein Alpensommer und mein kleines Bötchen konnte nur wochenends in Mecklen- und Brandenburg ausgeführt werden, aber jetzt liegen sie endlich vor mir: 6 Wochen Sumpf, Seen, Berge, Hitze, Schnee, Mücken, Gletscher, Himmel, Weite.
    Der Zug fährt schon ein, ich verzurre hastig den Packsack am Gestell, jetzt aber fix! Aufbuckeln, durch die Tür zwängen, schon steh ich, etwas benommen, auf dem Bahnsteig Gällivare.
    Ein wenig flau ist mir im Magen, ob das alles so hinhaut? Noch nie hab ich ein großes weitgehend wegloses Sumpf- und Waldgebiet durchquert, noch nie war der Rucksack so schwer, alles zur schlimmstmöglichen Mückenzeit, und plötzlich kommt es mir gar nicht mehr so sehr schlau vor, dass ich wie üblich keine Routenplanung gemacht habe und einfach ins Blaue hineinlaufe.
    Alles was ich weiß ist dass ich in 3 Wochen Abisko erreicht haben muss, dann muss mein gestern in Stockholm aufgegebenes Paket mit den Bergschuhen in der dortigen Fjällstation abgeholt werden, und da ich Knochengestell kein Gramm Fett zu verlieren habe wird das Essen nicht länger reichen.

    Vor 36 Stunden bin ich quasi direkt nach der Arbeit los, und natürlich habe ich in der Hektik was vergessen, Schmerzmittel und mein 50%-DEET-Nobite-Fläschchen. Macht nichts, denk ich mir, die werden sich hier ja auskennen mit Mücken, und frühstücke erstmal in Ruhe.

    Im Supermarkt wird mir Djungelolja empfohlen, ich kaufe zwei Fläschchen. Ein garstiges Zeug, das ich nach spätestens einer Woche nicht mehr riechen kann, zumal mit Öl sich einzuschmieren so ziemlich das letzte ist wonach es mich in der Hitze verlangt. So verlege ich mich zunehmend auf mechanischen Mückenschutz und versuche die Biester so weit möglich zu ignorieren.

    1 Kilo Butter wandert noch in den Sack, ein letztes Mal gibt es frisches Obst, ich koche mir ein paar Nudeln, kaufe eine Angelkarte am Bahnhof, trinke einen letzten Kaffee, und so ist es mittlerweile 12 Uhr mittags, als ich die Gleise nach Westen überquere.
    Kurz dahinter beginnt schon der Vassaraträsket, da kann ich ja gleich in See stechen! Boot aufpumpen, Weste aufpusten, tausend Sachen wollen von Reisen auf Wanderung umgepackt werden, es dauert. Eine alte Frau kommt vorbei, die sich offenbar köstlich amüsiert und munter anfängt zu schwatzen, ich lächle verlegen, zucke mit den Schultern und versuche ihr zu verstehen zu geben, dass ich gar nichts verstehe. Sie lässt sich davon überhaupt nicht stören und gickelt und gackert noch vor sich hin, als ich schon auf dem Wasser bin. Sie wird die letzte menschliche Stimme für die nächsten 11 Tage sein.

    Herrlich ist es auf dem See! Alles glitzert, alles steht in vollem Saft, ab und zu kann ich Fische im klaren Wasser sehen, in das ich immer mal wieder die nackten Füße tauche, denn es ist bulleheiß. Vor lauter Begeisterung fällt mir erst im Zufluss Torisjoki ein, dass ich ja auch mal ein Foto machen könnte:


    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild1.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,95 MB ID: 3095766

    Hier ist Schluss mit Paddelei, es geht durch lichten Wald mit ein paar moorigen Senken

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild2.jpg Ansichten: 0 Größe: 5,95 MB ID: 3095767


    den Torisjoki entlang


    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild3.jpg Ansichten: 0 Größe: 4,09 MB ID: 3095768


    bis ich auf den Rallarstigen treffe, einen 44km langen Wanderweg, der Gällivare mit Porjus verbindet. Ein – bis auf einen Abschnitt unter einer Stromleitung – wirklich schöner Pfad, dem ich etwa 10 km folge, bis ich den Njietsahkjávvre erreiche. Ich bin gar nicht böse darum den noch ungewohnten und sackschweren Rucksack wieder vom Rücken zu bekommen, mache ihn am Boot fest und paddele federleicht gen Westen.


    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild4.jpg Ansichten: 0 Größe: 4,69 MB ID: 3095769
    schiefe Brücke und korrespondierender Rucksack

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild5.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,77 MB ID: 3095770
    Einsatzstelle, im Hintergrund der Njiehtsagistjåhkkå, mein nächstes Ziel


    Hier auf der Ostseite stehen noch ein paar Ferienhäuser, das Westufer gehört schon zum Stubbá naturreservat. Heissahoppsa! Ich peile eine Insel an, weil ich da auf ein wenig Wind mit weniger Mücken hoffe. Tatsächlich hat sie noch ein paar vorgelagerte Miniinseln, von denen eine gerade genug Platz hat, dass ich drauf liegen kann. Und keine Mücken! Wunderbar! Nach einer Portion Nudeln lege ich mich auf das unglaublich dicke weiche Moospolster und dämmere schnell hinüber.


    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild6.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,70 MB ID: 3095771


    kein Platz für Freitag
    Zuletzt geändert von wandler; 28.11.2021, 23:47.

  • Fjellfex
    Fuchs
    • 02.09.2016
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    #2
    Boah ey, genial! Sjaunja steht ja schon länger auf meiner Liste, und mit so einem Boot sollten sich viele unangenehme Passagen umschiffen lassen. (Dürften aber immer noch genug übrig bleiben. ) Unterhaltsam geschrieben ist es auch... bin gespannt!

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    • wandler

      Erfahren
      • 25.02.2017
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      #3
      @ Fjellfex: Danke, freut mich sehr! Wie ich in deinem letzten Bericht gelesen habe hast du ja auch genau das richtige Boot dafür😉. Ich freue mich schon auf deinen Sjaunjabericht, dann muss ich vielleicht doch nicht nochmal hin🕶

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      • wandler

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        • 25.02.2017
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        #4

        Tag 2

        Ziemlich unruhig und häufig unterbrochen habe ich geschlafen, wie das oft so ist bei mir ist in der ersten Nacht, und die permanente Helligkeit machts nicht besser. Schnell Biwak-/Schlafsack und Matte verstaut, Porridge gefuttert, wieder aufs Wasser!
        An der Insel vorbei fahr ich erst geradewegs nach Westen, aber irgendwann wird mir doch ganz schön mulmig in meinem Nussschälchen auf diesem See, der plötzlich riesengroß scheint. Der jetzt sehr merkliche Wind bringt doch ordentlich Bewegung ins Wasser.

        Ich halte nach Süd, und bin froh als nach 2km Paddeln das Ufer erkennbar nah ist. In einer Bucht erspähe ich einen dunkelbraunen Streifen vor dem waldigen Hintergrund, das wird doch nicht… ich halte immer drauf zu, und tatsächlich, ein Sandstrand! Wie geil ist das denn!
        Schon 100m vor dem Strand könnte ich stehen, ganz sanft steigt der Grund an, über dem ich zu schweben scheine, so klar und unbewegt ist das Wasser. Plötzlich rührt sich etwas am Ufersaum, ein weißes Ren erscheint, starrt mich regungslos an und verschwindet nach ein paar Sekunden wieder im Nichts. Ich könnte heulen vor Glück, als das Boot mit leisem Knirschen aufläuft. Kein Theater der Welt kann so magisch sein!

        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild7.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,56 MB ID: 3095966

        [Lustig, wieviel prosaischer das Bild auf mich wirkt, wenn ich die zugehörige Erinnerung ausblende. Hätte ich kein Bild gemacht und jemand würde mir erzählen, ich hätte an einem schneeweißen Korallenstrand ein Einhorn gesehen, ich würde es fast glauben. Die Realität ist oft so anders als ein popeliges Smartphon einfangen kann]

        Ich zerre das Boot an den Strand, reiße mir die Kleider vom Leib und renne in den See. Klares, kaltes, köstliches Wasser! Aller Dreck und Gestank fällt von mir ab, und als ich triefend wieder am Ufer stehe, ist der Berliner Alltag unendlich weit weg, ich bin angekommen und einfach da. Ich rubble mich trocken, lege mich in den Sand, und nicke kurz weg.

        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild8.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,08 MB ID: 3095967
        Traumstrand in Lappland

        Glücklicherweise nur kurz, ich Depp hätte das Boot in den Schatten legen müssen, die Haut ist schon zum Zerreißen gespannt, und als ich panisch das Ventil losschraube knallt es wie ein Sektkorken und fliegt meterhoch in die Luft.
        Ich ermahne mich nicht zu oft so bescheuert zu sein, und außerdem endlich mal die kaputte Ventilsicherung auszutauschen.
        Ein paar Schritte laufe ich in die Vegetation hinein, und werde sofort von Dutzenden Mücken angefallen. Verrückt! Zwei Meter weiter kann ich unbehelligt nackt am Strand liegen. Bis zum Ende der Tour werde ich oft nicht recht schlau aus den Viechern.
        Dann lieber in den Schatten, ich mampfe meine tägliche Nussration mit Schokolade, und döse bald mit ein bisschen Lautengeklimper im Ohr ein, gehe wieder schwimmen, futtere, höre Musik. Leben wie Gott in Lappland!

        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild9.jpg Ansichten: 0 Größe: 5,25 MB ID: 3095968

        Eine Besucherin schreckt mich auf

        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild10.jpg Ansichten: 0 Größe: 4,59 MB ID: 3095969

        Gar nicht so klein, wenn man sie direkt vor der Nasenspitze hat. Jetzt ist mal genug der Gammelei, vielleicht möchte sich ja ein Fisch dazugesellen? Ich gehe ein wenig das Ufer entlang und suche einen geeigneten Spot, probiere mal an einer steinigen Stelle, und natürlich hängt der Köder beim ersten Versuch fest, viel zu seicht, kein Geruckel hilft. Grrr, so viele hab ich nicht. Also Boot holen, Paddel in die eine, Angel in die andere Hand, geht nicht, Angel zwischen die Schenkel klemmen, Angel unter die Achsel klemmen, einhändig irgendwie die Spule aufrollen, natürlich gibt es sofort einen grauenhaften Schnursalat. Fuck. Irgendwie kriege ich aber tatsächlich den Köder gelöst, zurück zum Ufer mit dem ganzen Mist, Messer raus, random irgendwas durchschneiden, wie ich diese Fummelei hasse.
        Nach geraumer Zeit ist die Angel wieder fit, ob ich wohl vom Boot aus angeln kann? Ich fahre ein bisschen raus, aber es geht überhaupt nicht, sobald ich das Paddel ablege fängt das Boot sofort zu kreiseln an, und was eigentlich passiert, wenn jetzt noch ein Fisch dran zieht und ständig unter mir durchschwimmt will ich lieber gar nicht wissen. Was eine Schnapsidee, also zurück zum Strand.
        Noch eine kurze letzte Runde schwimmen, und dann in den Sumpfwald um das ungewohnte Terrain mal ein wenig kennenzulernen.

        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild11.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,12 MB ID: 3095970
        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild12.jpg Ansichten: 0 Größe: 4,95 MB ID: 3095971

        Sieht etwas finster aus, geht aber besser als erwartet. Allerdings hab ich ja den Dicken auch nicht auf dem Rücken. Ich streife eine ganze Weile umher, es wirkt alles leicht surreal auf mich, und hat doch eine ganz eigene morbide Schönheit.

        Als ich zurück zum Strand komme ist der Abend schon weit fortgeschritten.Ein bisschen Strecke sollte ich schon noch machen heute, sonst wird das nichts mehr mit Abisko, und dunkel wirds ja nicht. Den Dicken auf dem Boot festgezurrt, und weiterpaddeln in den Rovasenlahti, der eigentlich nur eine Ausbuchtung des Njietsahkjávvre ist.

        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild13.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,00 MB ID: 3095972

        Hier ist die Uferböschung überall steil und überwuchert, es ist einigermaßen mühsam, den Kram aus dem See zu hieven und zu verpacken. Ich kämpfe mich durch das schlammige Gestrüpp und finde tatsächlich einen Pfad, sogar mit Wegweiser, „Rovanen“, laut Karte eine kleine Anhöhe, die in Richtung Njiehtsagistjåhkkå liegt, auf dem ich schlafen will. Ich nehme dankend an, und folge ihm eine Weile, bis er sich auf der Kuppe verliert. Zwischendurch gibt es sogar eine eigentlich sehr schöne Campwiese, aber bei der Mückendichte hier habe ich wenig Lust. Die sieht hier im Wald und den Niederungen meistens ungefähr so aus, sobald man stehenbleibt:

        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild14.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,76 MB ID: 3095973

        Den Rovanen wieder hinunter gilt es sich ein Stück durchzuschlagen bis der Anstieg zum Njiehtsagistjåhkkå beginnt. Auf meiner Karte sehe ich ein schönes waldiges Band das zwischen rot und blau (zeitweilig überfluteten) schraffierten Sümpfen bis zum Anstieg führt. Sieht doch sehr machbar aus!
        Leider gibt es in der Realität nirgendwo Waldboden, es ist ein unentwirrbares Labyrinth aus ziemlich scharf voneinander abgegrenzten Sumpfbiotopen mit ganz unterschiedlichen Pflanzengemeinschaften, es gibt Morast mit viel Farn, unendliche Moosvariationen, einen Meter hohe wacklige tussockartige Säulen mit knietiefem Wasser dazwischen, fahle Buckel, mit einer schillernden Sosse dazwischen, die aussieht als hätte hier eine Ölpest stattgefunden, roten Modder, bleichen Modder, tote Baumstümpfe, Orchideen, Verwesendes, Blühendes, Fauliges, Aufschiessendes, ein Botaniker hätte wohl seine helle Freude darangehabt. Leider ist es zu dämmrig um im Zwielicht ein brauchbares Foto zu machen, und das ist wirklich sehr schade, den später finde ich nicht ansatzweise mehr eine solch bizarre Vielfalt von Dingen, für die ich gar keine Worte habe.
        Manchmal denke ich, eigentlich müsste ich nur dafür nochmal zurück.

        Ein Gedanke, der mir in dem Moment vermutlich reichlich bescheuert vorgekommen wäre, ich hampel mit meinen 33 Kilo auf dem Rücken von Grasbüschel zu Moosturm, springe über tiefe wassergefüllte Gräben, die Stiefel saugen sich ständig im Boden fest, und da ich depperterweise den Njiehtsagistjåhkkå nicht angepeilt habe als er noch sichtbar war kann ich nur aus dem vermuteten Sonnenstand ungefähr abschätzen, wo ich eigentlich bin, denn ich sehe hier gar nichts was weiter als fünfzehn Meter entfernt ist. Da gehts nicht weiter, wieder zurück, hier auch nicht, der Graben ist zu breit, das muss ich wohl besser rechtsherum probieren, der Schweiß rinnt mir übers Gesicht, bloß nicht stehenbleiben, sonst fressen mich die verfluchten Scheißmücken, ich kann bald nicht mehr, und plötzlich gehts bergauf! Halleluja! Weiter, weiter, nur ein paar vereinzelte Bäume noch, es wird steinig, flechtig, und unversehens steh ich auf dem weiten Gipfelplateau, ein gigantischer Fernblick, eine sanfte Brise, nicht ein Fliegeviech mehr, es ist kurz vor 4.

        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild15.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,78 MB ID: 3095974

        Ich bin schrecklich hungrig, koche noch was, bau das Lager auf, und falle erschöpft in den tiefsten Schlaf der gesamten Tour

        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild16.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,79 MB ID: 3095975
        Zuletzt geändert von wandler; 30.11.2021, 03:18.

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        • Blahake

          Vorstand
          Fuchs
          • 18.06.2014
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          #5
          Geniale Route, geniale Bilder, genial geschrieben! Ich folge Dir auf Schritt und Paddelschlag!

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          • wandler

            Erfahren
            • 25.02.2017
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            #6
            oh... freut mich total!

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            • wandler

              Erfahren
              • 25.02.2017
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              #7
              Tag 3


              ...ist schon fast vorbei, als ich aufwache. Es ist kurz nach 21 Uhr, fast 16 Stunden hab ich quasi ununterbrochen geschlafen, vermutlich mein ewiger Tourrekord. Ich überlege kurz ob ich vielleicht was ausbrüte, allerdings hab ich auch ein ziemliches Schlafdefizit angehäuft, gestern sechs unruhige, im Nachtzug angenehme sieben und in der vorherigen Nacht im IC Hamburg-Kopenhagen bestenfalls drei grauenvolle Stunden. Und der Tag gestern hätte auch für zwei gereicht.


              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild17.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,95 MB ID: 3096239


              Ich kann kaum schlucken, so ausgedörrt bin ich. Nur ein winziger Tropfen ist noch in der Flasche, der hilft gar nichts. Und hier oben gibt es nicht mal ne Pfütze. Also wieder runter und den Hang absuchen, ich finde bald ein kleines Rinnsal – Labsal! Flaschen auffüllen, Porridge kochen, herumspazieren und in die Weite schauen, ich kann mich nicht satt sehen. Fern am Horizont im Westen leuchten die Skanden, nach Osten kommt vermutlich bis zum Ural nichts höheres mehr.
              Irgendwann überlege ich ob ich nicht mal langsam loslaufen soll, lege noch ein paar Kalorien nach, aber dann ist das Bett so warm, der Bauch so voll, der Wind so lau...und unten im Tal wohnen die Plagegeister… ich schlafe wieder ein.

              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild18(3).jpg Ansichten: 0 Größe: 1,77 MB ID: 3096240
              Zuletzt geändert von wandler; 01.12.2021, 02:20.

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              • Freedom33333
                Dauerbesucher
                • 09.09.2017
                • 900
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                #8
                Moin, von mir auch schonmal ein herzliches Dankeschön fürs Schreiben des Reiseberichts dem ich im Detail folgen werde.

                Dass du nach dem Power-Tag dann so lange geschlafen hast sei dir gegönnt, nach der Beschreibung des Tages davor dachte ich erst, du musst ja ein ziemlicher Fitness-Freak sein ;).

                Ich habe ja selbst auch das Nano, wäge immer ab, ob ich mich damit auf Tour in Schweden trauen würde und freue mich daher natürlich ganz besonders über deinen Bericht. Über ein paar Touren auf heimischen Seen mit ca. 10kg rucksack bin ich bisher nicht hinausgekommen.

                Um ein paar Ausrüstungsfragen komme ich daher leider auch nicht drumrum
                - Hat das mit dem Rucksack, ca. 30kg dann ja anfangs, vorne drauf problemlos geklappt?
                - Wie hast du ihn befestigt? Einfach mit einem Packriemen durch die 3 Schlaufen vorne und quer oder hochkant vorne reingestellt? Wie "Bequem" war das dann beim Paddeln?
                - Welcher Rucksack? Welches Paddel?
                - Was hast du außer Boot und Paddel noch an Boots-Ausrüstung dabeigehabt?

                Beste Grüße

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                • wandler

                  Erfahren
                  • 25.02.2017
                  • 100
                  • Privat


                  #9
                  Hey Freedom, sehr erfreut! Gern:
                  - Ich würde sagen, je schwerer vorn desto besser weil umso stabiler, solang mans noch gut heben kann ist alles problemlos.
                  - mit drei Reepschnüren links, rechts und am Boden befestigt. Immer hochkant, quer würde gar nicht gehen. Bequemlichkeit ist ja so ne Sache mit dem Nano, das liegt aber nicht am Sack. Wobei große Menschen mit sehr großen Rucksäcken vielleicht irgendwann Probleme bekommen, ich bin 1,78. Die Beine lege ich rechts und links auf die Schläuche, ich finds völlig ok.
                  - Rucksack ist ein 80er Jahre Alpenlite Aussengestellrucksack, Packsack ausgetauscht mit einem 109l-Ortlieb PD350 Drybag. Paddel ist ein Anfibio Fly. Hier im Forum wurde es ja eher kritisiert, ich bin völlig zufrieden, habe aber auch keinen Vergleich.
                  - Eine Anfibio Buoy Boy Weste, ohne würde ich mich nicht weit vom Ufer entfernen wollen. Völlig unnötigerweise auch ein Anfibio AirSail, das nie zum Einsatz kam, weil der Wind immer aus der falschen Richtung wehte. Ich habs dann in Abisko zurück nach Hause geschickt.

                  Außerdem Neoprenschuhe und knielange Sealskinz, das finde ich beim ein- und ausbooten super praktisch, weil ich enorm empfindlich gegenüber kaltem Wasser an den Beinen bin und Hektik dabei grundsätzlich nicht gut ist. Tatsächlich habe ich die ganze Tour, auch beim Laufen mit den Lundhags, nicht einmal ungewollt nasse Füße gehabt. Würde ich immer wieder so machen.

                  Ich würde immer das Boot auf Skandinavientour einpacken, wenn es irgendeine sinnvolle Verwendung dafür gibt. Es ist einfach schön zur Abwechslung, man muss mal ne Weile gar nichts tragen und kommt trotzdem mit Gepäck voran, hat mal eine ganz andere Perspektive, und man kommt an ganz andere Ecken und ist viel flexibler. Auch im zweiten Teil meiner Tour hätte ich z.b. bei Sulitelma einen Gipfel sonst nur mit tagelangem Umweg erreicht. Paddel und Boot sind knapp 1,4 kg, mit Weste +350g. Schuhe und Socken hab ich eh zum Furten dabei. Das wärs mir immer wert.

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                  • wandler

                    Erfahren
                    • 25.02.2017
                    • 100
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                    #10
                    Tag 4


                    Es geht bergab Richtung Nordwest durch schön zu laufenden Wald mit viel Gesang



                    Mir wird erst jetzt bewusst, wie still es bisher war. Bis auf diesen kurzen Abschnitt höre ich die gesamte Tour nur ganz selten mal einen Vogel, was ich bei laut Wiki 150 hier brütenden Vogelarten ganz anders erwartet hätte.
                    Den kleinen Buckel Guossagåbbå hoch und wieder hinunter geht es in die Sumpfniederungen, und ich treffe fast punktgenau den Haltepunkt Ödemarksvägen der Inlandbanan. Im Westen liegt eine riesige überflutete Sumpffläche, nach Norden schneidet sich eine schnurgerade Scooter/Quadpiste durch den Wald.
                    Eigentlich hasse ich Pistenlaufen, aber in Sjaunja ist manches anders, ganz von allein biegen meine Beine nach Nord ab, und ich sehe erstaunt zu, wie schnell plötzlich die Bäume an mir vorbeiziehen, und genieße es erst geradezu.

                    Nach einer Weile wird es dann doch langsam ätzend, die Piste immer hässlicher, aber die Wasserlöcher links und rechts sind auch nicht gerade einladender, und ich muss echt mal ein paar Kilometer fressen, sonst komme ich ja nie an.
                    Ich stecke mir Stöpsel ins Ohr, es gibt irre Orchesterglissandigeräusche aus dem vorletzten Donaueschinger Jahrgang, und setze stoisch einen Fuß vor den anderen, einen Fuß vor den anderen.
                    Irgendwann taucht der Bielloajvve auf, weiter schaffe ich heute nicht mehr, und ich brauche dringend Wasser. Also links abgebogen und durchschlagen zum Piellojärvi




                    und dann den Buckel hoch. Mir fehlt die Kraft dazu, also schon hier unten kochen. Wie üblich beteiligen sich siebentausend ungeladene Gäste an der Mahlzeit, die ich mechanisch mit der linken Hand totschlage, während ich mit der rechten schaufle. Ich bin ganz schön durch, aber es hilft nichts, nur weiter oben gibt es eine Chance auf ein bisschen Ruhe. Den unerwartet steilen Hang ziehe ich mich mehr an Birkenästen hoch als ich laufe, zwänge mich krabbelnd irgendwie durchs Dickicht.

                    Und oben weht ein strammer Wind!
                    Nur die Mücken haben es noch nicht gemerkt, es sind zwar nicht solche Heerscharen wie unten, aber schon Battailonsstärke. Immerhin, wenn ich schnell genug vom einen zum anderen Ende des kleinen Plateaus renne kann ich die durchaus sehr schönen Ausblicke kurz genießen.

                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild23.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,20 MB ID: 3096508
                    [vom nächsten Morgen, wie das folgende auch, ich hatte am Abend keines mehr gemacht]

                    Ich stelle das Tarp zur offenen Windseite

                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild21.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,38 MB ID: 3096509
                    das führt zumindestens dazu, dass sie sich an die Rückseite halten

                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild22(1).jpg Ansichten: 0 Größe: 2,25 MB ID: 3096510
                    und mich nicht allzusehr behelligen. Gute Nacht für heute!
                    Zuletzt geändert von wandler; 02.12.2021, 01:38.

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                    • wandler

                      Erfahren
                      • 25.02.2017
                      • 100
                      • Privat


                      #11
                      Tag 5

                      Am Nordende des Gipfels gibt es eine Feuerstelle und einen kleinen Pfad, der wie ich vermute zur nahegelegenen Samisiedlung Allávarre führt. Er verliert sich jedoch bald im Dickicht, das zwar viel weniger steil und undurchdringlich ist als auf der Aufstiegsseite, trotzdem bin ich hart genervt, dass ich ständig mit meinem Trumm hängenbleibe. Also schnalle ich den Packsack so tief wie möglich, das macht ihn schwerer zu tragen, aber so geht es viel besser. Ich quere eine Straße, die zur besagten Siedlung führt, und überquere den Hügel Utukkavaara, hier ist der Wald glücklicherweise angenehmer zu laufen.
                      Dahinter kommt ein Rentierzaun, drunterdurchkrabbeln geht nirgendwo, klettere ich drüber mach ich ihn kaputt. Also wieder nach Osten, da verläuft die Straße Gällivare-Harrå durch den Zaun.

                      Und kaum steh ich auf der Straße sind die Mücken weg! Nicht ganz so krass wie am Strand vom Njietsahkjávvre, ich würde mich jetzt nicht nackt ausziehen, aber für eine fast ungestörte Mahlzeit reicht es. Versteh einer diese Biester. Also breite ich meinen Kram auf der Straße aus und speise zu Mittag.

                      Es fällt mir zu schwer danach sofort wieder in den Mückenwald zu gehen, ich folge der Strasse noch ein paar hundert Meter, bis sie den Liinágiera überquert, da möchte ich wieder nach Westen abbiegen. Und schon vor der Brücke hör ichs von ferne rauschen, endlich mal bewegtes Wasser nach all diesen lauwarmen Löchern der letzten zwei Tage! Hier ergießt sich die lange Seenkette des Allájavvre schäumend ein paar Felsen hinunter zum Liinágiera, ich liege auf den Steinen, genieße das Rauschen und mach ein Mittagsschläfchen.

                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild24.jpg Ansichten: 0 Größe: 4,02 MB ID: 3096761


                      Jetzt mal den See erkunden, etwas weiter oberhalb schiebt sich ein Felsriegel quer in den See. Eine perfekte Angelstelle! Gleich beim ersten Wurf hängt was dran, ich vermute erst eine Wasserpflanze, nichts zuckt, aber tatsächlich ist es ein gar nicht kleiner Fisch. Er wehrt sich überhaupt nicht, ich kann ihn einfach an Land ziehen. Vielleicht eine Art Barsch? Rote Flossen und sehr ledrige Haut, ich muss richtig sägen um ihn auszunehmen. Na wenn das so einfach hier ist gleich nochmal, beim dritten Wurf hängt noch einer dran, genauso ein müder Kumpan.
                      Ich koche sie ein bisschen an um die zähe Haut lösen zu können, und brate sie danach in Öl. Hmm… ganz schön quabbelig, schmackhaft ist was anderes. Trotzdem freue ich mich natürlich über Proteine, die ich mal nicht tragen musste, den zweiten noch zu vertilgen fällt mir aber dann doch schwer.

                      Besser paddeln! Ich fahre ein bisschen durch die Gegend, und lass mich bald einfach treiben, denn wenn was bequem ist am Nano, dann drin zu lümmeln.
                      Die Sonne steht schon tief, ich muss mal wieder zurück. Die Abendstimmung ist zauberhaft, ich kann noch nicht schlafen und streife lange nochmal im Dämmerlicht das Ufer entlang.

                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild25.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,59 MB ID: 3096762

                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild26.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,92 MB ID: 3096763

                      Zurück am Felsriegel weht eine sanfte Brise. Der Fels hat einen Riss, da passt genau der Trekkingstock rein. Also Mückennetz dran gehängt und abgelegt.

                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild27.jpg Ansichten: 0 Größe: 4,00 MB ID: 3096764
                      [natürlich vom nächsten Morgen, war schon zu dämmrig]
                      Zuletzt geändert von wandler; 03.12.2021, 01:44.

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                      • wandler

                        Erfahren
                        • 25.02.2017
                        • 100
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                        #12
                        Tag 6


                        Tag 6, Scheiße, schon Tag 6. Ich messe auf der Karte nach: ich bin lächerliche 26km Luftlinie von Gällivare entfernt. Ein Viertel meiner Zeit ist um.

                        Abisko ist noch ewig weit weg. Da liegt mein Paket, ich habe draufgeschrieben, dass ich es in jetzt noch fünfzehn Tagen abhole. Und länger reicht das Essen keinesfalls, auch wenn ich Angelglück habe.

                        Ich bin einen Riesenbogen gelaufen, erstmal ein Stück nach Süden, dabei muss ich nach Nordwest. Dann verpenne ich einen gesamten Tag, und vertrödele den halben Tag gestern noch mit Rumstreiferei und Gammeln. So wird das nix.

                        Und jetzt? Wenn ich einfach auf der Straße nach Norden bis Harrå laufe? Dann hab ich immerhin 15 km fix hinter mir. Von da wieder nach Westen ins Gesumpfe, dann ist es nicht mehr weit zu einem Höhenzug, auf dem ich bestimmt schneller vorankomme. Vielleicht kann ich sogar per Anhalter abkürzen? Klingt doch nach nem Plan.

                        Also auf die Piste, Ohren zugestöpselt und Autopilot an, ich laufe so schnell der Dicke auf dem Rücken mich lässt. Natürlich kommt kein Auto.

                        [Rückblickend bereue ich diese Entscheidung zutiefst. Hätte ich gewusst, dass ich an der Kebnekaise-Fjällstation vorbeikommen werde und vor allem was das eigentlich ist und was für einen Riesenladen die haben (eine Minute Recherche 🙄) hätte ich mich da problemlos, wenn auch sauteuer, für x Tage mit Lebensmitteln eindecken können. Ich hätte zur Not auch problemlos einfach vom Kebnekaise den Kungsleden in zwei Tagen hochlatschen können.

                        Und es hätte auch niemand meine Bergschuhpaket in Abisko weggeschmissen wäre ich zwei Tage später angekommen.

                        Am Ende war ich eh früher da als gedacht. Wusste ich aber alles nicht.

                        Wahrscheinlich zwei, vielleicht auch drei Tage hätte ich länger gebraucht, wäre ich die zwei halben Tage Straße heute und Pistenabschnitt vorgestern stattdessen einfach durch Sumpf und Wald gelaufen. Diese blöden Unterbrechungen sind leider viel präsenter in meiner Erinnerung als mir lieb ist, und verschatten mir irgendwie die Tour. Schon deswegen muss ich eigentlich nochmal hin, um diesen „Makel“ auszubügeln für mich. Hilft wahrscheinlich auch nicht genug, wenn Fjellfex das für mich übernimmt ]



                        Mittags komme ich endlich an in Harrå. Wenig verwunderlich, dass ich nie ein Auto gesehen habe, hier endet die Straße, und Harrå besteht aus nur einer Handvoll Hüttchen. Dafür gibt es eine riesige Rentierschlachtanlage und ein unübersehbares Gewirr von Gattern und Zäunen, die hier zusammenlaufen. Auf der Karte sah das so einfach aus, da waren sogar Pfade drin, keine Ahnung wo die sein sollen. Ich verfranse mich ziemlich darin, und muss ständig wieder zurücklaufen, weil ich nie weiß ob ich nicht in einer Sackgasse lande. Oh Mann, ich hätte einfach weiter nach Norden laufen sollen.

                        Irgendwann bin endlich durch, dann stecke ich bald im brusthohen Gebüsch im morastigem Grund fest, die Sonne brennt erbarmungslos, zu allem Überfluss gesellen sich Bremsen zu den Mücken, ich fluche laut vor mich hin, um ein Flüßchen zu queren puste ich mein Boot auf, verpacke es wieder, kurze Zeit später wird das Dickicht auf dieser Seite undurchdringlich, also wieder auspacken, aufpusten, zurück zur anderen Seite, einpacken, es dauert ewig sich hier durchzuprügeln, für drei Scheißkilometer hab ich jetzt bestimmt schon fünf Stunden gebraucht, ich frage mich wirklich was ich hier eigentlich mache, und warum zur Hölle ich nicht einfach mit einem Cuba Libre am Strand sitzen kann in meinen Ferien.

                        Endlich wird das Gelände einfacher, und bald fräst sich eine Quadspur durch die Weite. Hurray! Schnell noch einen Kilometer gefressen, und dann hoch auf den Höhenzug, was ist es doch für eine Lust zu wandern!

                        Ich komme auf der Kuppe des Sálvvočohkka an, ein toller Blick, ein frischer Wind, Mückennetz brauch ich hier auch nicht, ich kann mich einfach neben die kleine Gipfelpyramide legen und unter den Quilt kriechen. Befriedigt stelle ich fest, dass ich über 20km Luftlinie von meinem letzten Schlafplatz geschafft habe und fast doppelt so weit von Gällivare entfernt bin wie heute morgen. Wird doch. Ein einziges Foto nur hab ich heute gemacht, das gehört dafür zu meinen Lieblingen, um 22:17:

                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

Name: bild27.jpg
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Größe: 2,20 MB
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                        • Leser
                          Erfahren
                          • 07.12.2013
                          • 226
                          • Privat


                          #13
                          Deine Gefühlswelt ist so herrlich beschrieben.

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                          • Fjellfex
                            Fuchs
                            • 02.09.2016
                            • 1511
                            • Privat


                            #14
                            Zitat von wandler Beitrag anzeigen
                            Hilft wahrscheinlich auch nicht genug, wenn Fjellfex das für mich übernimmt
                            Der Fjellfex ist ja ein faules Weichei: bis Harrå hätte der bestimmt (zu mückenfreier Zeit!) das 2x wöchentlich verkehrende Sammeltaxi benutzt.
                            (https://ltnbd.se/tidtabeller_print4w...614_220612.pdf)
                            Aber von Harrå Richtung NW den Höhenzug entlang ist eine interessante "logische Linie": aussichtsreicher/ leichter zu navigieren und wohl auch besser zu gehen als der etwas nördlich parallel verlaufende "Weg". Letzterer ist ja dieses Jahr von Robtrek ausgeforscht worden und war nicht der große Hit.
                            Veröffentliche ruhig alle Fotos aus der Ecke, die du hast: Bilder aus Sjaunja sind ein rares Gut und somit immer willkommen... selbst wenn es keine Kandidaten für den Fotowettbewerb sind.

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                            • wandler

                              Erfahren
                              • 25.02.2017
                              • 100
                              • Privat


                              #15
                              @Leser: 🙂. Das liegt auch daran, dass die Landschaft und die Umstände sehr viel innere Auseinandersetzung provozieren. Wirklich, geht alle nach Sjaunja, da kann man was erleben

                              Fjellfex: Ab dem Höhenzug ist es toll, aber die mindestens vier Kilometer Luftlinie bis dahin muss man halt irgendwie durch. Die Samen wissen natürlich wo, fragen würde aber wohl nicht viel helfen (wenn man überhaupt jemanden trifft, ich habe niemanden gesehen). Ich würde auch vermuten, dass sich in dieser Zaunlandschaft viel verändert über die Jahre.
                              Heute würde ich vermutlich probieren weiter nördlich daran vorbeizulaufen, aber um Sumpf und Dickicht kommt man nicht drumrum.
                              So eine richtig gute Idee hab ich nicht. Jedenfalls war das auf meiner Route ein richtig fieser Abschnitt, vielleicht findet man aber auch eine einfache, irgendwo gibts die bestimmt. Das Gelände ist jedenfalls zum Teil sehr unübersichtlich, auch mit tiefen Einschnitten, das löst meine 100:000 Karte gar nicht auf. Mit einem besseren Werkzeug mag man da mehr Chancen haben.

                              Fotos hab ich leider gar nicht so viele gemacht, am wenigsten an den schwierigen Stellen. Das ist auch immer ein Akt, Telefon hochfahren, warten, dann ist es oft zu kalt oder es spinnt aus sonst einem Grund. Jedenfalls hätte ich wirklich gern mal eine Kamera, das ist mein größter Wunsch für die nächste Tour.
                              Zuletzt geändert von wandler; 05.12.2021, 22:07.

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                              • wandler

                                Erfahren
                                • 25.02.2017
                                • 100
                                • Privat


                                #16
                                Tag 7

                                Ich habe lange tief und erholsam geschlafen, es ist kurz vor elf als ich dieses Bild mache

                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild29.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,09 MB ID: 3097402

                                Das Wetter könnte besser nicht sein, windig und sonnig und trotzdem bedeckt genug, dass man auch mal im Wolkenschatten laufen kann. Das Gelände so angenehm wie nie, und ein Panorama vom feinsten. Es wird ein grandioser Tag!

                                Ich halte erst nach Nord, dann hinunter in die kleine Schlucht Hávgargorsa.

                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild30.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,50 MB ID: 3097403

                                Kurz vor dem Wasserlauf bemerkt mich eine Elchkuh im unübersichtlichen Gelände erst als ich gute zehn Meter vor ihr stehe, wir sind beide gleichermaßen überrascht. Schnell und graziös läuft sie den gegenüberliegenden Hang hinauf, ich beobachte sie verzückt. Elche sind glaube ich wirklich meine Lieblingstiere, so will ich mich auch mal bewegen und hier zuhause sein können!

                                Ein bisschen suchen in Gestrüpp und Felsen, und ich finde tatsächlich eine richtige Quelle!

                                In meinem ganzen Leben hat mir noch nie ein Schluck so gut geschmeckt, und so wunderbar kalt, das erste frische Wasser seit...Berlin? Hängt davon ab wie frisch man das Leitungswasser da finden kann.

                                Leider bleibt das ein singuläres Ereignis bis zum Kebnekaisemassiv, ich trinke sonst gewungenermaßen weitgehend nur stehendes und lauwarmes Oberflächenwasser, ungewohnt für mich als Berggänger.

                                Dann geht es auf und ab den ganzen Tag, wieder hoch auf den Gussoaivi, hinunter in eine leicht sumpfige, aber völlig unproblematische Senke, den Rovvooaivi hinauf, hinunter zum Lagimgobba, durch die nächste (einfache) Sumpfsenke, den steinigen Duolbuk hinauf, immer wieder unterbrochen von kleinen angenehmen Pausen, denn die Mückenschleppe, die ich mir in Sumpfteilen einfange wird auch immer bald wieder weggepustet.

                                Es ist einfach wunderschön in dieser unendlichen Weite.

                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild31.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,70 MB ID: 3097404

                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild32.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,62 MB ID: 3097405
                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild33.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,57 MB ID: 3097406
                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild34.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,97 MB ID: 3097407

                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild35.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,00 MB ID: 3097408

                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild36.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,08 MB ID: 3097409

                                Spät ist es geworden, schon nach zwei. Ich leg mich mal hin.

                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild37.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,38 MB ID: 3097410
                                Zuletzt geändert von wandler; 05.12.2021, 22:32.

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                                • Fjellfex
                                  Fuchs
                                  • 02.09.2016
                                  • 1511
                                  • Privat


                                  #17
                                  Zitat von wandler Beitrag anzeigen
                                  Ab dem Höhenzug ist es toll, aber die mindestens vier Kilometer Luftlinie bis dahin muss man halt irgendwie durch.
                                  Habe mir auf der online-Karte von Lantmäteriet mal das "Flygbild" angeschaut: es scheint eine schöne Piste von Harrå zu geben, die am Nordufer des Čearrugiešjávri-Sees vorbei zum südöstlichen Ende des Höhenzuges führt.

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                                  • wandler

                                    Erfahren
                                    • 25.02.2017
                                    • 100
                                    • Privat


                                    #18
                                    Die Seite ist ja der Hit! Das sieht wirklich sehr gut aus. Wie ich bei Robtrek gelesen habe hätte ich sogar Empfang in Harrå gehabt. Hätt ich das gewusst. Ich gebe zu, eine Tour auch mal zu planen ist nicht immer das schlechteste. Das wäre wirklich eine Variante wenn ich da nochmal lande, danke!

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                                      • 25.02.2017
                                      • 100
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                                      #19
                                      Tag 8

                                      Eigentlich wollte ich erst weiter nach Westen zum großen Nuvjávri und schön paddeln und angeln, aber gestern hat mich den ganzen Tag der schöne Rücken des Áraoaivi so angelacht, da möchte ich doch am liebsten hin.
                                      Also gradewegs nach Nord, 4km den langen Hang des Duolbuk hinab. An seinem Fuß quere ich eine Quadspur, die offenbar zum Nuvjávri führt, es geht erst durch schönen Birkenwald

                                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild39.jpg Ansichten: 0 Größe: 5,28 MB ID: 3097755

                                      und wird dann doch etwas dickichtiger, aber nicht unangenehm. Auf meiner Karte läuft östlich vom Áraoaivi ein Pfad vorbei in Richtung Serrujärvi/Liedik, den ich vielleicht morgen benutzen könnte um durch das Sumpfland zu kommen, und da ich noch viel Zeit habe versuche ich ihn zu finden. Die Suche bleibt aber ergebnislos, und die Mücken nerven.

                                      Also zurück zum Áraoaivi, der ist hier auf seiner Südostseite am steilsten, aber das ist mir grade recht, ich habe schon sehnsuchtsvoll durchs Fernglas seine Felsen betrachtet. In schön gestuftem Gelände geht es im Zickzack hinauf, und oben gibt es sogar ein ganz kleines bisschen zu kraxeln. Wieder mal merke ich, wie glücklich mich Steine machen können.
                                      Oben weht eine steife Brise, keine Chance für Flieggetier. Perfekt. Schön kochen, dann such ich mir zwischen den Felsen ein ruhiges Plätzchen im Windschatten und mach ein Nickerchen.

                                      Es ist wieder mal spät geworden, ich lasse den Dicken stehen und laufe einmal auf dem Kamm entlang, am Mittelgipfel finde ich sogar kaltes Wasser, hier legt noch eine ganze Menge Schnee. Weiter bis zum Westende, Sicht und Licht sind einfach bezaubernd, nachts ist es fast immer wolkenlos.

                                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild40.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,55 MB ID: 3097756

                                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild41.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,95 MB ID: 3097757
                                      Da komm ich her

                                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild42.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,85 MB ID: 3097758
                                      Da will ich hin

                                      Die drei Kilometer bis zum Rucksack zurück werden mir aber doch ganz schön lang. Nur 5km Luftlinie bin ich von gestern entfernt. Was solls. Heute Nacht ist es das erste Mal so kalt, dass ich mit Isojacke schlafen muss.

                                      Zuletzt geändert von wandler; 07.12.2021, 02:23.

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                                      • JustMe79
                                        Erfahren
                                        • 28.05.2015
                                        • 199
                                        • Privat


                                        #20
                                        Habe deine Route begeistert verfolgt und dachte Mensch, so ein geniales Fleckchen Erde mit so gut wie unberührter Wildnis soweit das Auge blickt, da könnte ich doch eventuell auch irgendwann mal hinwollen - und bin dann mal wieder innerlich gestorben, als ich die Windräder gesehen habe. Es ist echt ein Jammer. Dachte, der Satihaure im Süden wäre der einzige große Schandfleck in der Ecke, schade.

                                        Aber landschaftlich natürlich trotzdem wunderschön diese Weite, wenn man solche Dinge ausblenden kann bzw. sie einem nix ausmachen. Wie auch immer - dein toller und unterhaltsamer Schreibstil macht jedenfalls große Lust auf's Weiterlesen! Ich darf die Bilder halt einfach nicht immer vergrößern - suspension of disbelief und so...

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                                        • Fjellfex
                                          Fuchs
                                          • 02.09.2016
                                          • 1511
                                          • Privat


                                          #21
                                          Zitat von wandler Beitrag anzeigen
                                          Wie ich bei Robtrek gelesen habe hätte ich sogar Empfang in Harrå gehabt. Hätt ich das gewusst.
                                          Wenn du schon vorher wissen willst, wo überall in Schweden du Netz hast, kannst du ja mal hier vorbei schauen:
                                          https://www.telia.se/privat/support/tackningskartor


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                                          • wandler

                                            Erfahren
                                            • 25.02.2017
                                            • 100
                                            • Privat


                                            #22
                                            @JustMe79: Danke dass du mir diesen Windpark in Erinnerung gerufen hast, den hatte ich gar nicht bemerkt auf dem Foto und offenbar schon erfolgreich verdrängt. Ich erinnere mich, dass ich ziemlich geschockt war, als ich ich den das erste Mal gesehen habe, dann habe ich versucht ihn auszublenden soweit es geht. Er ist auch nicht immer gleich sichtbar, je nach Licht. Ich hab mal nachgeschaut, er steht bei Sjisjka 30km südlich von Kiruna, und wurde 2012 mit seinen 130m hohen Windkraftanlagen trotz vieler Proteste einfach ins Kaitum fjällurskogs naturreservat gepflanzt. Traurig.
                                            Überhaupt ist mir wieder aufgefallen, dass man den Begriff „Wildnis“ schon sehr weit dehnen muss, um ihn auf Skandinavien anwenden zu können. Es ist eben eine Kulturlandschaft, Zäune, Quadpisten, Bergbau, Windkraftanlagen, Wasserkraftanlagen, Stromleitungen, Telefonleitungen… manchmal denk ich, ich muss doch mal nach Kanada.

                                            @Fjellfex: der Shit! Ich merke schon, dass sog. Internetz ist doch informativer als ein Stück gefaltetes Papier.

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                                            • wandler

                                              Erfahren
                                              • 25.02.2017
                                              • 100
                                              • Privat


                                              #23
                                              Tag 9

                                              In der Ebene angekommen versuche ich den Pfad ausfindig zu machen, wieder vergeblich.
                                              Die Orientierung ist aber auch nicht einfach, ich kann das Gelände dem Kartenbild nicht zuordnen, blauer Sumpf, roter Sumpf, Wasserflächen, Wald, real ist alles die gleiche Soße. Baumgruppen im Sumpf eben, und ab und an ein stehendes kleines Gewässer.
                                              Ich halte auf den See 545 zu, hier soll der Weg nördlich daran vorbeiführen, da muss ich doch darauf stoßen! Aber auch da suche ich vergebens.

                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild42.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,88 MB ID: 3098222

                                              Dann halt nicht, weiter Kurs NW. Bald tauchen tatsächlich eine Art Markierungen auf, zumindest halte ich sie im ersten Moment dafür. Metallstangen, die eigenartig verkabelt sind, Robtrek hat in seinem Bericht die Lösung, es ist wahrscheinlich eine Telefonleitung. Sie stehen jedenfalls völlig sinnlos im Sumpf für eine Route, weisen aber immerhin den Weg Richtung Serrujärvi.

                                              Aber ich habe jetzt irgendwie keinen Bock mehr auf die Richtung, die Karte kündigt Dickicht an, der Sumpf nervt, die Sonne nervt, die Viecher nerven, warum nicht einfach direkt nach Norden zum Kaitumälven abbiegen?
                                              Bisschen paddeln, angeln, und dahinter müsste ich schnell auf einen echten Wanderweg stoßen ,„well defined trail for summer use only“ wie meine Karte verheisst, das klingt ja geradezu wie Musik in meinen Ohren!

                                              Warum ich nicht einfach noch ein Stückchen weiter gelaufen bin um dann den Oallajohka hinabzufahren kann ich mir heute nicht mehr erklären. Ich war offenbar schon nicht mehr ganz beinander zu dem Zeitpunkt, und das sollte sich noch sehr verschärfen im Laufe des Tages.

                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild43.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,80 MB ID: 3098223


                                              Oallaápi heißt der Sumpf, den ich nun durchqueren muss. Der hat ein paar Neuigkeiten parat, Matschschwingboden der bei jedem Tritt eine Welle durchschickt, dass noch in fünfzehn Meter Umkreis die Gräser wackeln, es ist, als würde man auf einem riesigen Trampolin laufen.
                                              Und zum ersten Mal Stellen wo man wirklich tief versinken könnte, es dauert eine Weile bis ich mich durch eine besonders Große irgendwann durchgemogelt habe.

                                              Dann wieder Birken

                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild51.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,55 MB ID: 3098224

                                              und endlich taucht er auf

                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild44.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,50 MB ID: 3098225

                                              Als ich gerade mit meinem Boot hantiere fliegt ein Hubschrauber über mich, er dreht um und kommt zurück, wir begucken beidseitig diesen seltsamen Vogel. Ich signalisiere dass alles ok ist, er dreht ab. Eigenartiges Gefühl wieder einen Menschen zu sehen.

                                              Der Kaitumälven ist der Hammer! Glasklar, und nirgendwo mehr als brusthoch, man könnte hier durchlaufen wenn man wollte. Ich betrachte fasziniert die versunkene Welt unter mir, die Bilder geben nur einen sehr schwachen Abglanz davon:

                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild45.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,70 MB ID: 3098226
                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild46.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,61 MB ID: 3098227


                                              Ob ich ihn wohl hochfahren kann? Aber die Strömung ist zu stark für mein schwaches Paddel, ich komme kaum vom Fleck, das taugt nichts, schade.

                                              Angeln? Leider ist am Ufer die absolute Mückenpest, auf dem Wasser wars ok, noch mehr schade.

                                              Aber nicht so schlimm, der Weg ist ja nicht mehr weit! Ich laufe frohgemut ins Dickicht, finde schnell an einem Wasserlauf einen Durchschlupf durch den Rentierzaun, der den gesamten Kaitumälven säumt. Und laufe und laufe.

                                              Das kann doch gar nicht sein, der Weg ist nur einen Kilometer Luftlinie vom Kaitumälven entfernt, selbst wenn ich das ganze Geschlängel rausrechne hätte ich längst auf ihn stoßen müssen.
                                              Ich versuche mich mit dem InreachGPS auf der Karte zu verorten: ich bin definitiv viel zu weit nördlich.

                                              Ich überlege: eine etwas lichtere Stelle gab es die in Frage kommt, eine sandige Kuhle, definitiv kein Pfad, aber vielleicht habe ich ja doch eine Markierung übersehen? Also zurück. Diesmal passe ich auf wie ein Schießhund, und tatsächlich finde ich genau dieselbe Stelle wieder. Ein paar Schritte nach West, nichts. Dickicht. Fuck. Es bleibt mir nichts übrig als mich weiter nach Westen zu schlagen und auf eine offenere Stelle zu hoffen.

                                              Und der nächste Sumpf kommt bald. Nichts zu sehen. Ich laufe am Waldsaum entlang, erst hoch, nichts, wieder hinunter. Und dann finde ich tatsächlich was, zwei Gleise, wo das Gras fehlt. Ich probiere, es sind tatsächlich Bohlen, unter Wasser, aber sie hindern das Gras am Wachsen.
                                              Ich laufe ein Stück in den Wald, man kann sich irgendwie eine Spur denken, aber ein durchschnittlicher Wildwechsel ist ein Premiumwanderweg dagegen. Ich weiß im ersten Moment nicht ob ich lachen oder weinen soll. „Well defined trail“, ich lach mich doch besser tot.

                                              Aber hey, was man hat, das hat man, ich komme schneller voran. Bis zum nächsten Wald, da kann ich wieder nur ahnen. Und so weiter und so fort, bis zum nächsten Sumpf, den Waldsaum entlang suchen, irgendein Kraut finden, unter dem der Weg verborgen ist, die nächste Ratestunde im Wald, Sumpf, Wald, Sumpf, Wald… jetzt müsste langsam mal die Brücke über den Tertojokka kommen. Falls es die noch gibt.

                                              Plötzlich tauchen richtige Wege auf, Feuerstellen, ich höre es rauschen, und da ist er:

                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild48.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,56 MB ID: 3098228

                                              Sieht gar nicht mal so schlimm aus auf dem Bild, aber mit dem Boot will ich da echt nicht drüber. Lieber Gott, gib mir eine Brücke… und er gibt! Alt aber solide gebaut.

                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild49 Kopie.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,37 MB ID: 3098229
                                              Radio Gällivare sendet auf 97,7 mhz, wer‘s noch nicht wusste


                                              Diese Herrlichkeit ist schnell wieder vorbei, weiter gehts mit der nächsten Raterunde. Kaufen Sie ein S wie Sumpf? Oder ein W wie ...Waldweg? Reingefallen, W wie Wald ohne Weg!


                                              Ich will nicht stehenbleiben, es ist unangenehm warm, nirgendwo gibt es ein einladendes Plätzchen, und ich bin schon lange über meinen Müdigkeitspunkt hinaus. Ich fühl mich wie ein Zombie. Als ich um 5 Uhr eine annehmbare Stelle finde beschließe ich dass Schluß ist, sonst fall ich noch irgendwann tot und ausgesaugt um.

                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild50.jpg Ansichten: 0 Größe: 4,45 MB ID: 3098230

                                              Die Luft steht, kein Blättchen bewegt sich, kein Ton ist zu hören, nur dieses immerwährende gottverdammte Gesirre und hochfrequente Gejaule. Das ist das schlimmste an der gesamten Tour.

                                              Gleich danach kommt ohne Quilt zu schlafen. Dafür ist meine Konstruktion nicht gemacht, es gibt genau eine Position mit der ich nicht das Mückennetz berühre. Tue ich es doch hab ich sofort ein Dutzend Stiche. Wasser hab ich kaum noch, damit kann ich mich nicht waschen. Und aus diesen ganzen Jauchelöchern hier kann ich nicht trinken.

                                              Alles klebt an mir, mir ist viel zu heiß, ich will mich wälzen, aber ich kann nicht. Ich kann nur regungslos liegen und auf diese widerlichen kleinen Drecksbiester stieren, wie sie ein paar Zentimeter vor meinen Augen ihre widerlichen kleinen Rüssel unablässig gierig durch das Netz stoßen. Urlaub. Jucken. Lecker. Ich werd bald wahnsinnig. Irgendwann bin ich endlich weg.
                                              Zuletzt geändert von wandler; 09.12.2021, 01:38.

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                                                Erfahren
                                                • 25.02.2017
                                                • 100
                                                • Privat


                                                #24
                                                Tag 10

                                                Schlafen hat erstaunlich gut geholfen, als ich am späten Mittag frühstücke kann ich wieder mit Gleichmut die Plage ertragen.

                                                Auch das folgende Ratespiel frisst mich weniger an, nur hab ich langsam echt Durst, hier gibt es einfach kein sauberes Wasser. Zwar ist der Kaitumälven manchmal in Sichtweite, nur leider scheint der Übergang von Land zu Wasser sehr fließend und vor allem trennt mich der blöde Rentierzaun von seinen Fluten.

                                                Einen Kilometer vor dem Camp Liedik vereinigt sich mein Pfad mit einem von Norden kommenden Weg, der sowas von Premium ist, dass ich mich schon fast freue als er am Camp endet.
                                                Mir brennt dermaßen die Kehle, dass ich hier einfach einbiege um so schnell wie möglich ans Wasser zu kommen.
                                                Ich mache mich rufend bemerkbar falls jemand da ist, ein sichtlich irritiertes altes Samipaar kommt aus dem Haus, es dauert ein wenig bis sie verstehen dass ich nur mal kurz ans Wasser will. Sie sind nicht direkt unfreundlich, aber sehr reserviert, es ist mir ziemlich unangenehm sie zu stören.

                                                Anderthalb Liter verschwinden ohne Absetzen in meinem Hals, Mann tut das gut! Und Mann haben die‘s hier idyllisch! Eine wunderbare Stromschnelle vor der Tür, mehrere Boote, schnuckelige Häuschen, ein fast englischer Rasen zwischen blühenden Wiesen, und natürlich ein Saunahüttchen.
                                                Und kaum Mücken! Wie schaffen die das nur? Jetzt Angeln wäre richtig fett, aber so dreist kann ich nicht sein.

                                                Also hau ich schnell wieder ab, ein paar Dutzend Meter weiter sitze ich dann an einer schönen Bucht mit Wasserzugang in einer Wolke von Viechern und koche mein Mittagessen. Kein Wunder dass die so irritiert waren.

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ID: 3098695


                                                Ein Stück zurückgelaufen finde ich zurück zum „Pfad“, der seinerseits schnell wieder zu alten Qualitäten zurückfindet. Irgendwann habe ich die Schnauze gestrichen voll, und schlage mich an der sumpfigsten Stelle durch zum Höhenzug, der vor einer Weile rechter Hand aufgetaucht ist. Idiotisch, da hätte ich früher drauf kommen können.

                                                Und bald kann ich mich wieder gar nicht einkriegen vor lauter Begeisterung über dieses Schauspiel, das mir hier geboten wird.

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ID: 3098698

                                                Westlich vom Deavnáčohkka schlage ich mein Lager auf

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ID: 3098699

                                                und freue mich an der Welt

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ID: 3098700



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                                                • Goettergatte
                                                  Freak

                                                  Liebt das Forum
                                                  • 13.01.2009
                                                  • 27815
                                                  • Privat


                                                  #25
                                                  Zitat von wandler Beitrag anzeigen
                                                  kein Ton ist zu hören, nur dieses immerwährende gottverdammte Gesirre und hochfrequente Gejaule. Das ist das schlimmste an der gesamten Tour.
                                                  Das Krankheitsbild kenn ich unter dem Namen "Kamtschatka-Tinitus"
                                                  ich kann richtig mitfühlen,
                                                  aber vielleicht ist es dir im nachinein ein Trost, dir sagen zu können, daß es auch schlimmer geht
                                                  "Wärme wünscht/ der vom Wege kommt----------------------
                                                  Mit erkaltetem Knie;------------------------------
                                                  Mit Kost und Kleidern/ erquicke den Wandrer,-----------------
                                                  Der über Felsen fuhr."________havamal
                                                  --------

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                                                  • wandler

                                                    Erfahren
                                                    • 25.02.2017
                                                    • 100
                                                    • Privat


                                                    #26
                                                    Das ist ja ein schönes Wort!
                                                    Und natürlich hast du recht, wenn ich nur mal an meinen Hörsturz denke...da war Kamtschatka-Tinitus eine Symphonie dagegen.

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                                                      Erfahren
                                                      • 25.02.2017
                                                      • 100
                                                      • Privat


                                                      #27
                                                      Tag 11

                                                      ...war nicht groß erzählenswert. Ich war früh auf den Beinen, es war heiß, kein Wölkchen zeigte sich am Himmel. Einfachstes Gelände. Kaum Mücken. Ein Bild nur habe ich gemacht

                                                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

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ID: 3098933

                                                      Ein namenloser See, ohne Höhenangabe auf meiner Karte. Ich schwimme eine Runde, es ist herrlich frisch und kalt.

                                                      Noch ein Schläfchen am Ufer, danach komme ich nicht mehr weit. Die vorigen zwei Tage haben mich doch ganz schön geschlaucht. Lieber lümmeln, kochen und in die Weite schauen.

                                                      Nachts wach ich auf, weil die Sonne einfach zu arg brutzelt.
                                                      Der Regenschirm bringt Linderung.

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Name: bild58.jpg
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ID: 3098934



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                                                      • wandler

                                                        Erfahren
                                                        • 25.02.2017
                                                        • 100
                                                        • Privat


                                                        #28
                                                        Tag 12

                                                        Ich wäre wirklich dankbar für einen klitzekleinen Wolkenschatten, alles strahlt in ungetrübter Bläue. Dann muss eben wieder der Schirm herhalten, ich befestige ihn am Gestell. Viel besser.

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Name: bild59.jpg
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Größe: 2,96 MB
ID: 3098939


                                                        Ich quere beim Vuoktajohka einen Winterweg, der von Nikkaluokta nach Tjuonajakk läuft, hier gibt es eine kleine Windschutzhütte, die mir eine ungestörte Essenspause ermöglicht. Nördlich den Hang hoch, schnell bin ich am Skuolljavri, hier kann ich ein erfrischendes Bad nehmen.

                                                        Hinab ins Skuolliovddaldus, es ist schön sich wieder Gedanken über den Weg machen zu müssen. So angenehm das Laufen vorher war, so gedankenlos wird es auch nach einer Weile, und dehnt die Zeit nicht immer zum Vorteil.

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Name: bild62.jpg
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Größe: 1,86 MB
ID: 3098940


                                                        Hinauf ins Guodekvággi, die Berge werden höher, das Kebnekaisemassiv rückt immer näher, die Vorfreude auf echte Berge immer größer. Ich stolpere über eine Angelspule, noch benutzbar und leichter als meine! Sehr cool. Und ich sehe zum ersten Mal einen Wanderer, hoch auf dem Kamm des Guodekčohhka.

                                                        Am westlichen Fuß des Guodekvárri will ich lagern, lasse den Dicken stehen und laufe ihn ein Stück hinauf, bin aber doch zu müde und drehe vor dem Gipfel wieder um.

                                                        Der Blick ins Láddjuvággi ist ganz wunderbar, unten mäandert der Láddjujohka, über allem trohnt der Kebnekaise.

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Name: bild63.jpg
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Größe: 1,83 MB
ID: 3098941

                                                        Ich betrachte die Szenerie durchs Fernglas, anscheinend kein Weisswasser im Fluss. Tiptop! Das wird bestimmt eine feine Tour morgen. Und die Fjällstation ist ein Riesenklotz, da gibt es bestimmt ne kalte Cola, darauf hätt ich richtig Bock.

                                                        Erwartungsfroh geh ich zu Bett.

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Name: bild64.jpg
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Größe: 1,90 MB
ID: 3098942

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                                                        • Robtrek
                                                          Dauerbesucher
                                                          • 13.05.2014
                                                          • 780
                                                          • Privat


                                                          #29
                                                          Zitat von wandler Beitrag anzeigen
                                                          Aber ich habe jetzt irgendwie keinen Bock mehr auf die Richtung, die Karte kündigt Dickicht an, der Sumpf nervt, die Sonne nervt, die Viecher nerven, warum nicht einfach direkt nach Norden zum Kaitumälven abbiegen?
                                                          Weil entlang der Flussufer normalerweise Sumpf und Dickicht am schlimmsten sind?

                                                          Von deiner Position aus wäre es doch eigentlich logisch gewesen, dem eingezeichneten Trail nach Serrujavri und Liedik zu folgen. Klar, der Trail ist real nicht vorhanden, aber die topografsche Karte zeigt doch entlang dieser Route viel weniger Sumpf als auf der von dir gewählten Route zum Kaitumälven durch den Oallaahpi + danach am Kaitumälven entlang flussaufwärts. Und gerade nach dem Aufstieg westlich von Serrrujavri hoch auf die Hügel kommt wirklich wunderschöne Landschaft mit tollen Ausblicken. Na egal, geschafft ist geschafft! Haben wir uns da zur gleichen Zeit bewegt? Ich war am 29.8. auf diesem Trail und hatte schon ein paar Tage lang niemanden mehr gesehen.

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                                                          • wandler

                                                            Erfahren
                                                            • 25.02.2017
                                                            • 100
                                                            • Privat


                                                            #30
                                                            Hallo Robtrek! Sicherlich wäre das logischer gewesen, aber wie ich schrieb, wollte halt angeln, paddeln, einen Weg und nach Norden in die Berge. Ich wandere immer ziemlich impulsgesteuert und weiß meistens morgens nicht wo ich abends lande. Das mag ich, ist dann manchmal aber auch nicht die beste Lösung. Beim nächsten Mal würde ich es anders machen. Ich war zwei Monate vor dir da, an dieser Stelle am 1.7.

                                                            Kommentar


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                                                              Erfahren
                                                              • 25.02.2017
                                                              • 100
                                                              • Privat


                                                              #31
                                                              Tag 13

                                                              Die Savugorsa geht es durch wuchernd-schöne Vegetation hinunter zum Láddjujohka.

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Name: bild66.jpg
Ansichten: 784
Größe: 4,08 MB
ID: 3099205

                                                              Der hat ein ganz schönes Tempo, zum Glück finde ich eine kleine Bucht zum einbooten

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Name: bild67.jpg
Ansichten: 664
Größe: 4,32 MB
ID: 3099206

                                                              Es macht Megaspaß sich hier durchzuschlängeln! Ich muss nur durch die Kehrungen steuern, der Rest geht von allein. Das macht es auch ziemlich stressig ein Foto zu schiessen bevor ich gegen den nächsten Prallhang rausche, aber diesen Moment muss ich festhalten:

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ID: 3099208

                                                              Der Spaß ist leider auch bald vorbei, jetzt geht es nur noch geradeaus, die Böschung ist überall sehr steil. Allzuweit will ich hier nicht runter und nehme die erstbeste halbwegs passende Stelle, es ist ein ziemlicher Eiertanz den Kram aus dem schnellen Wasser zu bekommen und zu sichern.

                                                              Ich höre Stimmen, der Weg zur Fjällstation kann nicht weit sein. Kram einpacken, ein paar Meter durchs Dickicht, und ein tiefer wassergefüllter Graben trennt mich vom Sumpf, ich bin auf einer Art Insel. Toll. Ausziehen und durch, es geht bis zum Nabel, egal, die Sonne trocknet schnell. Das allerletzte Stückchen Sumpf für diese Tour, ich erreiche den Weg und stelle fest, dass ich keine 200m von einer Bootsanlegestelle entfernt war

                                                              [Jetzt kommt bis Abisko nichts mehr, was hier nicht schon oft beschrieben wurde. Ich schreib jetzt trotzdem weiter, damit ich's für mich beinander habe]

                                                              Ich bin nach der langen Einsamkeit ein bisschen überfordert von den Massen die hier langtrotten, hier wird manchmal noch nicht mal zurückgegrüsst. Aber wie krass schnell man hier vorankommt, selbst im Vergleich selbst zum ganz einfachen weglosen Gehen der vorigen Tage, ich fliege förmlich an vornehmlich älteren Frauen vorbei, die unter ihren Minirucksäcken ächzen. Nur gelegentlich bleibe ich stehen um Müll aufzulesen, den hab ich echt nicht vermisst. Können die ihre Scheiße nicht bei sich behalten, echt mal. Gemessen an der Betriebsrate hier könnte es aber wahrscheinlich auch viel schlimmer sein.

                                                              Am Darfálvággi überlege ich ob nicht besser schnell flüchten soll, aber der Ruf der kalten Cola ist einfach zu mächtig.

                                                              Und der nächste Kulturschock kommt um drei: eine Monsteranlage, ein gigantischer Mast, x Häuser, eine Zeltstadt mit die Ränder eingerechnet locker hundert Zelten, Leute in Massen, von denen auffällig viele humpeln und/oder bandagiert sind, es hat was von einem Versehrtenlager.

                                                              Schnell den Laden ausfindig machen, das ist ja ein halber Supermarkt, schau ich mir später an, yes, Kühlschrank mit Cola! Bezahlt, runtergestürzt, mir kribbelt es bis in die Fingerspitzen, geil!
                                                              Jetzt mal Hände und Gesicht waschen, ich gehe aufs Klo, seife mir die Hände ein, schaue hoch in den Spiegel und zucke erschrocken zurück.

                                                              Bin das echt ich? Die Wangen eingefallen, mein Haaransatz ist weiß geworden, meine Haut verbrannt, ich habe riesige Schatten unter den Augen, und meine ohnehin nicht weichen Gesichtszüge sehen noch dreimal so hart aus, ich sehe aus als käme ich aus einem Krisengebiet oder so.
                                                              Immerhin hab ich ein paar Muskeln an meine dünnen Oberärmchen bekommen.

                                                              Auf den Schock hole ich mir erstmal zwei Bier. Und es gibt Internet, da kann ich mal schauen, wie die Lage in Norwegen so ist: Grenzübertritte sind erlaubt, außer man kommt aus einem kleinen Fleckchen im Süden. Oder aus Norrbotten. Großartig. Fahre ich vielleicht doch besser über Schweden zurück.
                                                              Und es gibt keine Tickets Stockholm-Malmö mehr in einem Monat. Großartig. Das beste was ich machen kann ist Flixzug nach Göteborg, Flixbus nach Kopenhagen, IC nach Hamburg.
                                                              Es ist wahnsinnig hakelig das zusammenzustöpseln, weil ich oft erst am Ende der Buchung erfahre ob überhaupt ein Platz frei ist. Nach geraumer Zeit abgehakt, endlich.

                                                              Was jetzt? Hätt ich doch nur schon mein Paket, kraxeln mit Lundhags ist echt nicht so die Freude. Hier könnte ich mir auch Ausrüstung leihen, und für 1500 Kronen morgen den Klettersteig zum Kebnekaise hoch. Aber so lange will ich nicht bleiben.

                                                              Vielleicht doch Kebnekaise Normalweg hoch, der muss ja leicht zu gehen sein? Und die Sicht von da oben ist heute bestimmt grandios, wer weiß, ob ich nochmal soviel Wetterglück habe in den nächsten Wochen.
                                                              Aber besser nachts, wenn die Völkerwanderung abgeebbt ist. Also Zeit totschlagen, ich hole mir ein drittes Bier.

                                                              Das hätte ich besser nicht tun sollen, ich bin plötzlich ganz schön angeschickert. Und jetzt beginnt ein ständiger Heliverkehr, der laufend faule „Wanderer“ ausspuckt und Vorräte. Ich schäme mich ein wenig, dass ich mit meinen Kaltgetränken ja auch dazu beigetragen habe. Andererseits ist hier eh schon lange alles zu spät.
                                                              Ich laufe ein bisschen durch die Zeltstadt, es gibt im wesentlichen zwei Zelttypen, teuerste Hillebergtunnel und billigste Decathlonfestivalzelte, die, wie ich später höre, oft einfach zurückgelassen werden.
                                                              Ich sortiere Mails, lese Zeitung, sammle Müll, langweile mich und warte darauf dass ich nüchterner werde.

                                                              Um neun kann ich die Hufe nicht mehr stillhalten, lasse den Dicken im Gebüsch stehen, packe Essen und Übernachtungskram ein und laufe los.

                                                              Der Weg ist zunächst wirklich schön

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ID: 3099209

                                                              und keiner mehr unterwegs. Top! Hinter der Brücke über den Giebmejohka geht es über eine Steintreppe den Geröllhang hoch, sowas hab ich noch nie gesehen. Muss eine Heidenarbeit gewesen sein.

                                                              Dann wird der Weg unschön, eine breite Schneise durchs Geröll, mir kommen zwei Chinesinnen im Abstieg entgegen, die sich hier kein bisschen bewegen können, sie schlittern, rutschen auf ihrem Hosenboden und schütten mir Steine entgegen.
                                                              Überhaupt ist noch was los hier oben, werde ich wohl doch nicht allein sein können. Ich überhole ein finnisches Pärchen, die hier ernsthaft mit Boombox im Rucksack hochgehen. Ich bin versucht was zu sagen, aber sie sind ganz in ihrem Flow, und ich will jetzt keine potentiell bösen Worte. Bloß schnell weiter.
                                                              Kurz bevor ich oben bin springt mich so ein widerwärtiger kleiner Miniköter an und umkreist mich kläffend mit seiner Kackstimme. Ich muss den Impuls unterdrücken ihm einen kräftigen Tritt zu verpassen, dann wird er dankenswerterweise von einer Gruppe zurückgepfiffen, die sich hier in der alten Nothütte verbarrikadiert hat.

                                                              Irgendwie bin ich ganz schön angekotzt von der Menschheit als solcher.

                                                              Kurz vor Mitternacht erreiche ich die kleine Gipfelpyramide

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ID: 3099210

                                                              leider besetzt, ich muss warten und stehe fröstelnd in der Gegend. Die Ausblicke sind allerdings wirklich toll.

                                                              Dann hab ich den Gipfel für mich, und die Sicht hier setzt noch einen drauf. Dafür hat sich die ganze Unbill gelohnt

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ID: 3099211

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ID: 3099212

                                                              Nach zehn Minuten sind die nächsten im Anmarsch, ich mache Platz und steige wieder ab.
                                                              Doch noch was essen, ich bleibe eine Weile auf dem Plateau.

                                                              Ich komme ins Gespräch mit zwei lustigen Finnen, die nach mir auf dem Gipfel waren.
                                                              Richtige Buddies, sie sind mit dem Auto von Finnland hierher gefahren, nur um einmal auf dem Kebnekaise zu stehen und wollen morgen wieder zurück. Verrückt. Wir teilen uns den öden Weg nach unten, es ist wirklich nett.
                                                              Mir fällt jetzt erst auf, dass ich seit dem Nachtzug mit niemandem ein Gespräch geführt habe. Selbst mit der Dame, die den Köter hier hochgeschleppt hat halte ich noch ein nettes kleines Schwätzchen und bin wieder mit der Menschheit versöhnt.

                                                              Die Finnen brauchen mal ne Pause und wollen mich ziehen lassen, ich verabschiede mich, mache noch ein Foto von der ulkigen Treppe

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ID: 3099213

                                                              und schlage mein Lager in der Nähe der Brücke auf dem Schwemmfächer auf.

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ID: 3099214
                                                              Schlafzimmerblick vom feinsten
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                                                              • Mortias
                                                                Fuchs
                                                                • 10.06.2004
                                                                • 1232
                                                                • Privat


                                                                #32
                                                                Wow, was für ein genialer Bericht und was für eine coole Route. Habe bestmöglich versucht sie nachzuverfolgen und muss echt sagen Chapeau und Respekt. Es gehört sicherlich einiges an Durchhaltevermögen und Zähigkeit dazu sich so berharrlich durch die Sumpflandschaften des Sjaunja zu kämpfen. Ich glaube die meisten von uns hier sind schlichtweg viel zu faul für sowas (mich eingeschlossen).

                                                                Umso mehr freue ich mich dann aber Berichte aus der Gegend zu lesen. Vor allem mit diesen geilen Fernblicken, der unermesslichen Weite, dem wunderschönen Licht und im Hintergrund dann stets die Höhenzüge des Hochgebirges erkennbar, weckt es wirklich das Fernweh in mir so etwas vielleicht (aber wirklich nur ganz vielleicht) auch mal in Angriff zu nehmen. Wirklich traumhaft. Das einzige was ich mir noch gewünscht hätte wären mehr Bilder gewesen.

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                                                                  Erfahren
                                                                  • 25.02.2017
                                                                  • 100
                                                                  • Privat


                                                                  #33
                                                                  Hey Mortias, wie schön zu hören! Für jemanden der mit vier Bärentonnen durchs Dickicht in Alaska latscht sollte das kein Problem sein

                                                                  Und für die meisten anderen sicher auch nicht, ich kann es ganz ernsthaft empfehlen, Sumpflaufen ist oft gar nicht so schlimm und auch manchmal ganz spannend, wenn man sich erstmal darauf eingestellt hat. Und auf den Höhen läuft es sich leicht.

                                                                  Was ich mit Abstand am belastendsten fand waren die Mücken, wegen der Geräuschkulisse und weil man sie einfach ständig im Gesicht hat, das hat mich gelegentlich wirklich kirre gemacht nach vielen Stunden, vor allem während Pausen. Dazu kam die Hitze, das ist eine wirklich ungünstige Kombination. Auch erholsam schlafen war manchmal schwierig, weil die Sonne eben nicht lange tiefsteht.

                                                                  Lässt sich natürlich größtenteils umgehen wenn man spät im Jahr unterwegs ist, ich habe leider keinen Einfluss auf meine Ferienzeit und wäre wirklich gern mal wieder Ende August/Anfang September unterwegs.

                                                                  Andererseits finde ich das Nachtlicht auch einfach hammerschön, deswegen würde ich auch im Juni/Juli nochmal hin. Dann aber mit ein paar Anpassungen am Equipment, jetzt weiß ich besser was für mich funktioniert.

                                                                  Kommentar


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                                                                    Erfahren
                                                                    • 25.02.2017
                                                                    • 100
                                                                    • Privat


                                                                    #34
                                                                    Tag 14

                                                                    Als ich aufwache windet sich die Karawane schon den Berg hinter mir hoch, war spät gestern. Fix aufgebrochen, ich überhole eine humpelnde akkurat geschminkte junge Frau, die sich den Fuß verknackst hat und nicht weit gekommen ist, sie möchte aber weder meine Stöcke nehmen noch den Rucksack getragen haben.

                                                                    Im Vorraum der Fjällstation spricht mich jemand an, ich erzähle grade vom tollen Ausblick, da mischt sich eine Frau in teuren Bergschuhen ein und tut ausführlich kund, wie beschissen da alles ist, sie hat 16! Stunden gebraucht u.a. weil sie sich verlaufen!?! hat, niemals nie würde sie das wieder machen, und von Bergen hat sie für alle Zeiten genug.
                                                                    Alter Schwede, bei einigen Leuten hier frage ich mich wirklich, ob die schonmal über ihren Gartenzaun hinausgekommen sind.

                                                                    Eigentlich will ich nur aufs Klo, und sehe im Vorübergehen dass gerade Lunchtime ist, für 150 Kronen. Ich linse in den Speisesaal – All you can eat, YES!!
                                                                    Es gibt wahnsinnig leckere Kartoffeln mit Soße, wahnsinnig leckeren Salat und wahnsinnig leckeres Wasser. Nach dem dritten Nachholen kann ich mich gar nicht mehr richtig aufrichten, mein Bauch schmerzt und ist völlig verhärtet.
                                                                    Gekrümmt schleppe ich mich den Hang hinter der Station hinunter und verschlafe die nächsten zwei Stunden.

                                                                    Richtung Tarfala sieht gut aus, ich überlege jetzt noch Proviant zu kaufen, lese aber dass es in der Vistasstugan auch einen Laden gibt, dann geh ich halt da vorbei.
                                                                    Keine gute Entscheidung, wie sich später herausstellt.

                                                                    Ich habe richtig Bock zu laufen und das alles hier endlich hinter mir zu lassen, der Weg das Darfálvággi hoch ist schön an seinem rauschenden Fluss, und bald wird es hochgebirgig, ich jauchze richtig innerlich. An der Forschungsstation mit dieser interessanten Konstruktion vorbei

                                                                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild77.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,54 MB ID: 3100139

                                                                    zum See, was für ein Spektakel hier!

                                                                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild78.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,67 MB ID: 3100140

                                                                    Es juckt mich sehr die Gletschermoräne hoch zu gehen, aber diesen Schlafplatz kann ich einfach nicht auslassen

                                                                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild79.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,62 MB ID: 3100141

                                                                    und stromer noch am See entlang und die nordöstlichen Hänge hoch.
                                                                    Zuletzt geändert von wandler; 15.12.2021, 03:37.

                                                                    Kommentar


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                                                                      Fuchs
                                                                      • 10.06.2004
                                                                      • 1232
                                                                      • Privat


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                                                                      Zitat von wandler Beitrag anzeigen
                                                                      Hey Mortias, wie schön zu hören! Für jemanden der mit vier Bärentonnen durchs Dickicht in Alaska latscht sollte das kein Problem sein
                                                                      Fürs Protokoll: Das habe ich so ursprünglich nicht geplant gehabt und das hat mir auch wenig Spaß bereitet. Hätte ich gewusst was mich erwartet hätte ich umgeplant. Sich durch Sümpfe und Gebüsch zu kämpfen bereitet mir dann doch nur bedingt Freude.

                                                                      Zitat von wandler Beitrag anzeigen
                                                                      Was ich mit Abstand am belastendsten fand waren die Mücken, wegen der Geräuschkulisse und weil man sie einfach ständig im Gesicht hat, das hat mich gelegentlich wirklich kirre gemacht nach vielen Stunden, vor allem während Pausen. Dazu kam die Hitze, das ist eine wirklich ungünstige Kombination. Auch erholsam schlafen war manchmal schwierig, weil die Sonne eben nicht lange tiefsteht.
                                                                      Das mit den Mücken glaub ich gerne, da warst Du natürlich wirklich in der Hochsaison unterwegs. Aber hattest Du bei Deinem Tarp dann eigentlich ein Mückennetz dabei? Weil für mich war das immer eines der Hauptargumente gegen ein Tarp, dass ich dann nichtmal beim Schlafen eine mückenfreie Zone hätte. Und Dein Argument für die Jahreszeit im Sommer spricht ja auch durchaus für sich. Du schreibst das ja am Anfang ganz schön, wie die Natur einfach voll im Saft steht. Sowas gefällt mir auch immer sehr. Nur stören mich die vielen Mücken allein schon tagsüber einfach zu sehr, dass ich deshalb meist doch den August bevorzuge.


                                                                      Kommentar


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                                                                        Fuchs
                                                                        • 14.01.2010
                                                                        • 1648
                                                                        • Privat


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                                                                        Zitat von Mortias Beitrag anzeigen
                                                                        Das mit den Mücken glaub ich gerne, da warst Du natürlich wirklich in der Hochsaison unterwegs. Aber hattest Du bei Deinem Tarp dann eigentlich ein Mückennetz dabei?
                                                                        Unter anderem in den Bildern im Beitrag # 10 erkenne ich ein Mückennetz.
                                                                        Hallo wandler,
                                                                        wie bereits an anderer Stelle von mir erwähnt, ein sehr schöner Reisebericht von Dir, mit Humor geschrieben und nicht mit Bildern überfrachtet. Hin und wieder finden sich hier Perlen im Forum und Dein Text ist eine davon.
                                                                        Herzliche Grüße
                                                                        ​​​​​​​Z
                                                                        "The Best Laks, Is Relax."
                                                                        Atli K. (Lakselv)

                                                                        Kommentar


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                                                                          Erfahren
                                                                          • 04.10.2020
                                                                          • 270
                                                                          • Privat


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                                                                          Hallo wandler,
                                                                          ich bin deiner Reise von Gällivare bis Tarfala auch mit großer Freude gefolgt. Die Eisschollen auf dem Darfáljávri gefallen mir gut. Zwei Monate später gab es bei uns leider keine mehr. Da muss ich wohl mal früher hin. Auch deine nächtlichen Kebnekaise-Bilder sind wunderschön 😍 Erwarte mit Spannung deine Fortsetzung.
                                                                          Viele Grüße von Highbeat

                                                                          Kommentar


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                                                                            Erfahren
                                                                            • 25.02.2017
                                                                            • 100
                                                                            • Privat


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                                                                            Natürlich hatte ich ein Mückennetz, das erwähne ich doch oft, ohne wäre nah am Selbstmord. Und vielen Dank für die netten Kommentare! Highbeat, es ist immer wieder schön gerade Orte die man kennt zu anderer Zeit und in anderem Licht zu sehen. Danke fürs Schreiben deines Berichtes!

                                                                            Kommentar


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                                                                              Erfahren
                                                                              • 25.02.2017
                                                                              • 100
                                                                              • Privat


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                                                                              Tag 15

                                                                              Endlich am Gletscher hoch, hätt ich doch nur schon Schuhe und Eisen! Wie gerne würde ich ein bisschen in die Spalten gucken.

                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

Name: bild80 Kopie.jpg
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Größe: 3,35 MB
ID: 3101285

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                                                                              Erstaunlicherweise treffe ich mehrere einzelne Rentiere, die hätte ich hier nun am wenigsten erwartet, in den vierzehn Tagen davor habe ich ganze drei gesehen. Ein Schwede in der Vistasstugan meint später, dass sie vor den Mücken und der Hitze fliehen. Nie konnte ich jemanden besser verstehen!

                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

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ID: 3101286
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                                                                              Und endlich regnet es mal, Tourpremiere! Und schön windig ist es auch und geradezu kalt. Ab und zu ein Schauer, dann wieder Sonne, kurz schneit es sogar, Wolkendampf, herrlich! Ein kleiner Pass, dann biege ich NO ins Kaskasavagge ein

                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

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ID: 3101288
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                                                                              Aber hat auch was, vorbei am Wasserfall mit ein paar bizarren Schneeresten

                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

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                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

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ID: 3101290

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                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

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ID: 3101291

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                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

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Größe: 2,22 MB
ID: 3101292

                                                                              Kommentar


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                                                                                Erfahren
                                                                                • 25.02.2017
                                                                                • 100
                                                                                • Privat


                                                                                #40
                                                                                Tag 16

                                                                                Von Njunni geht es auf angenehmem Pfad hinunter ins Vistastal

                                                                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild90.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,20 MB ID: 3101439

                                                                                Im Wald treffe ich erstmals wieder Wanderer. Als ich die Stugan erreiche ist leider die Hüttenwartin unterwegs, ich muss zwei Stunden warten und sitze mückenfrei in der Hütte, mit einer netten Dänin und zwei schweigsamen Schweden. Einer zeigt mir ein Foto von einem kapitalen Elchbullen mit gewaltigem Hängebauch, der kurz bevor ich ankam am Hüttenfenster vorbeigelaufen ist, wie schade, knapp verpasst.

                                                                                Die Dänin kommt von Marma und warnt mich davor den Pass bei Nässe zu laufen, sie hat ihn erst gar nicht als solchen erkannt und ist kilometerlang südöstlich ins Leavášvággi hineingelaufen bevor sie ihren Irrtum bemerkt hat.

                                                                                Schließlich taucht die Stugvärdin auf, aber ach: shop is closed. Wär allerdings auch egal gewesen, ich dachte ich hätte noch Bargeld, finde aber nur noch zwanzig Kronen. Stimmt, in Gällivare hab ich ja bar gezahlt. Ich Depp. Immerhin verkauft sie mir noch eine abgelaufene Rolle Kekse die sie in den Resten findet für meine letzten Penunsen, besser als nichts.

                                                                                Trotzdem blöd, meine Vorräte reichen nur noch für gut zwei Tage, jetzt kann ich keine Umwege mehr machen, und ich will unbedingt die letzte Nacht vor Abisko bei Lapporten schlafen. Das ist ein irgendwie magischer Ort für mich, seitdem ich beim ersten Schwedenschnuppern vergangenen Oktober da zum Wintereinbruch viel Zeit verbracht habe.

                                                                                Wieder hoch in die Berge

                                                                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild91.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,92 MB ID: 3101440

                                                                                Am Vássaloamijávri versuche ich eine Stunde mein Angelglück, aber es zuppelt nie was dran. Und es kommen immer wieder kleine Schauer runter, ich bin unsicher ob ich weiter oben einen Schlafplatz vor dem Pass finde. Besser hier bleiben. Ich umrunde noch den See, genieße den Blick ins Vistastal von der Nordseite, und vergammle den Rest des Tages mit Musik.

                                                                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild92.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,74 MB ID: 3101441
                                                                                Zuletzt geändert von wandler; 21.12.2021, 02:24.

                                                                                Kommentar


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                                                                                  Erfahren
                                                                                  • 25.02.2017
                                                                                  • 100
                                                                                  • Privat


                                                                                  #41
                                                                                  Tag 17

                                                                                  Bei allerbestem Wanderwetter geht es den Vássanjunnji hoch, über den Vássajohka

                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild94.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,01 MB ID: 3101546

                                                                                  den Vássačohhka entlang zum Pass hoch. Hier gibt es schöne Blockhüpferei, mir macht das total Spaß. Eine absteigende ältere Schwedin hat eine völlig gegenteilige Meinung dazu und freut sich dass sie‘s bald geschafft hat, wir plaudern kurz ganz nett.

                                                                                  Oben muss ich den richtigen Abstieg finden und verrenne mich zunächst zwischen überspülten und steilen Granitplatten, etwas weiter östlich ist es dann problemlos. Wobei zumindest der Abstieg im Nassen schon unangenehm wäre, da muss ich der Dänin recht geben.

                                                                                  Der schöne Moarhmmábákti mit seinem Gletscher reizt mich sehr, aber ich will nicht in Hunger und Stress kommen, ein andermal

                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild95.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,51 MB ID: 3101547

                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild96.jpg Ansichten: 0 Größe: 4,18 MB ID: 3101548
                                                                                  Wenn schon kein rotes Hilleberg zum In-die-Landschaft-Stellen zumindest ein roter Ortliebsack

                                                                                  Ein netter Pfad am Vierrojohka entlang

                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild97.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,98 MB ID: 3101549

                                                                                  bringt mich hinab ins Tal, wo ich mich zwischen Šiellačohkka und Hoŋgá einreihe

                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild98.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,70 MB ID: 3101550

                                                                                  und versuche die hier wieder sehr garstigen Mücken zu verdrängen.
                                                                                  Zuletzt geändert von wandler; 20.12.2021, 19:23.

                                                                                  Kommentar


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                                                                                    Erfahren
                                                                                    • 25.02.2017
                                                                                    • 100
                                                                                    • Privat


                                                                                    #42
                                                                                    Tag 18

                                                                                    Nach der Aliseatnubrücke biege ich in den Pfad nach Osten ab, der bald ein Sjaunjawürdiges Level erreicht. Meistens ist er eher so eine Art matschiger Bach, der diese ⅎ₪₡₭-Krüppelweiden anderthalb Handspannen voneinander trennt, die mit ihren ₣†ﬤⱪ-Krüppelzweigen ständig nach meinen Knöcheln fingern. Dazu ein paar Kubikmeter Mücken und ein Eimer Bremsen, es ist zum Kotzen.

                                                                                    Als ich zum 17ten Mal mit dem Fuß hängenbleibe und mich stolpernd gerade noch auffange verliere ich die Fassung, ein Hagel Kraftausdrücke ergießt sich über den armen Strauch, dem ich wutentbrannt seine Wurzel zerhacke, auf ihm herumtrample und mich überhaupt aufführe wie ein Rumpelstilzchen.

                                                                                    Dann muss ich daran denken, was ich wohl denken würde, wenn ich beim Wandern auf so einen offensichtlich nicht zurechnungsfähigen Typ stoße, der gerade ein Gebüsch fertigmacht.
                                                                                    Oh Mann. Da hat sich was angestaut, ich wische mir ein paar Lachtränen aus dem Augenwinkel, jetzt geht es besser.

                                                                                    Nach einer Pause mit Blick auf den Ravttasjávri

                                                                                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild100.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,81 MB ID: 3101606

                                                                                    geht es weglos durch gutartige Krüppelweiden und ein bisschen Sumpfmatsch ins Lapportental

                                                                                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild101.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,15 MB ID: 3101607

                                                                                    und ich sehe von weitem eine Säule drin stehen. Oder echt ein Mensch? Wie soll das gehen, der kann doch nicht so reglos stehen.

                                                                                    Tatsächlich ist es ein Student der hier in der Abiskoforschungsstation arbeitet und einen Wochenendausflug mit Zelt macht. Wir unterhalten uns sehr nett, bis ich ihn frage woher es eigentlich kommt dass ich in meinem Bugshirt mir permanent Mücken aus dem Gesicht feudeln muss während er zwei Meter weiter in kurzen Hosen chillen kann: „that‘s right. Please go away!“
                                                                                    Die letzten 18 Tage sind sicher alles andere als geruchlos an mir vorübergegangen, aber wie ich später geduscht mit frischen Klamotten feststelle haben Mücken im Vergleich wirklich eine überdurchschnittliche Affinität zu mir.

                                                                                    Ungerecht ist die Welt, aber so schön, ich besuche meinen Lieblingsstein, sommers

                                                                                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild103.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,65 MB ID: 3101608

                                                                                    wie im Herbst

                                                                                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild103b.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,35 MB ID: 3101609

                                                                                    Im See springen die Fische wie verrückt, aber keinen interessiert meine Angel, ich vertreibe sie eher mit meinem lauten Köderplatschen. Fliegenfischen müsste man können.

                                                                                    Dann doch ins Bett, ich suche mir die Stelle vom Herbst, ein Rest meiner Zeltmauer steht noch da

                                                                                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild104.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,30 MB ID: 3101610

                                                                                    und vertilge meine letzten kochbaren Krümel.

                                                                                    [NB zum Essen: ich hatte 900g pro Tag kalkuliert und bin mit 18,3 kg Futter gestartet. Real habe ich deutlich über 1000 gegessen, kommt ja auch noch die Keksrolle, die Barsche und der Lunch in der Fjällstation dazu. Das sagt mir erstens, dass durch den Sumpf mit viel Gepäck latschen mehr verbraucht (später in den Bergen war ich genügsamer, 900 pro Tag haben da gepasst) und zweitens, dass eine Sibirientour im Robtrekstyle (von der ich manchmal geträumt habe) wohl nicht gut funktioniert. Ich bin wirklich neidisch auf Leute, die sich eine kleine Plauze mit auf Tour nehmen können]
                                                                                    Zuletzt geändert von wandler; 21.12.2021, 15:48.

                                                                                    Kommentar


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                                                                                      Dauerbesucher
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                                                                                      • 780
                                                                                      • Privat


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                                                                                      Zitat von wandler Beitrag anzeigen
                                                                                      Real habe ich deutlich über 1000 gegessen
                                                                                      Dabei ist doch unbeabsichtigt ein schöner Vergleich herausgekommen, denn zufällig bin ich ja deine Tour ab Mitte Juli in der Gegenrichtung von Abisko bis Sjaunja gelaufen. Klar, mit vielen Extraschleifen und Umwegen und viel mehr Zeit, aber im großen und ganzen stimmt die Streckenführung doch überein. Die Trekkingwelt verdankt unserem Forum also ​die Erkenntnis, dass man für diese Route zwischen 320 g und 1000 g Proviant pro Tag veranschlagen sollte. ​​​​​​​​​​​

                                                                                      Kommentar


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                                                                                        Erfahren
                                                                                        • 25.02.2017
                                                                                        • 100
                                                                                        • Privat


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                                                                                        für Kalkulierer: du warst 15kg leichter am Ende, ich etwas schwerer. => 1 Kilo Plauze ist soviel wert wie 2 Kilo auf dem Rücken

                                                                                        Kommentar


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                                                                                          Erfahren
                                                                                          • 25.02.2017
                                                                                          • 100
                                                                                          • Privat


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                                                                                          Tag 19

                                                                                          Yeah, Torneträsk in Sicht!

                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 20210711_101354.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,79 MB ID: 3101699

                                                                                          Egal dass ich nur noch eine Handvoll Nüsse als Wegzehrung habe, die Aussicht auf einen Supermarkt saugt mich geradezu nach unten.

                                                                                          In Abisko Östra buche ich mich schnell ins billigste Hostel ein, das kenne ich schon von der Herbsttour. Nicht wegen dem Bett und auch nicht wegen der lausig-lauen Sauna, sonder wegen der geilen Küche
                                                                                          Fix zum Supermarkt, ich kaufe u.a. ein Huhn, Salat, Mehl, Eier und Bier, und verbringe den Rest des Tages in der Küche, futtere Pancakes und warte darauf dass die Hühnersuppe zum Dinner fertig wird.

                                                                                          [Edit: es kommt noch ein kleiner Nachklapp, weil ich ein paar Tage später unfreiwillig wieder in Abisko lande und der Threadtitel somit nicht gelogen ist. Die nächsten Wochen aber nicht mehr, aus Gründen. Aber ich will nicht vorgreifen]
                                                                                          Zuletzt geändert von wandler; 21.12.2021, 16:09.

                                                                                          Kommentar


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                                                                                            Erfahren
                                                                                            • 25.02.2017
                                                                                            • 100
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                                                                                            Tag 20

                                                                                            vergeht im wesentlichen mit Essen. Ich hole noch mein Paket ab, es lagert in der Fjällstation in einem großen Raum neben vielen anderen, das hätte da auch noch eine Weile bleiben können. Juhu, frische Socken und richtig bequeme Schuhe!
                                                                                            Im Hostel gibt es eine Waschmaschine, ich kann meinen miefigen Mist fein bekommen und bleibe den Tag in Schlafklamotten.
                                                                                            Abends ist meine Hose trocken genug dass ich mich blicken lassen kann und laufe noch ein bisschen in den Nationalpark. Am Kriegsmuseum hängt dieser schöne Beitrag zur Schuhdiskussion, besonders der letzte Satz gefällt mir:



                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

Name: 20210712_231752.jpg
Ansichten: 677
Größe: 1,73 MB
ID: 3101765

                                                                                            Kommentar


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                                                                                              Erfahren
                                                                                              • 25.02.2017
                                                                                              • 100
                                                                                              • Privat


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                                                                                              Tag 21


                                                                                              Ich packe einen Karton mit Lundhags, alten Socken, Segel, Karten und leider auch allen Regenklamotten (Hut, Jacke, Hose, Überziehhandschuhe) und gebe ihn im Supermarkt nach Berlin auf (das kostet etwa genausoviel wie Stockholm – Abisko, ~20€. Berlin – Abisko dagegen hätte um die 50 gekostet).
                                                                                              Regenkleidung benutze ich eigentlich nur zum Paddeln und Radfahren, ich bin seit Jahren überzeugter Schirmgänger. Nur Dickicht geht nicht mit Schirm, deswegen hatte ich das Zeug ausnahmsweise für Sjaunja mitgenommen. Und kein einziges Mal benutzt, aber das konnte ich ja nicht wissen.


                                                                                              Ich will wieder auf 18kg Lebensmittel aufstocken, leider ist dieser beschissene Supermarkt hier nicht auf meinen Bedarf ausgelegt. Es gibt keinerlei Nüsse, keine Trockenfrüchte, auch keine halbwegs schnellkochenden Nudeln, auch keinen Ölfisch in tagestauglicher Packungsgröße. Stattdessen sackteuren Tütenfraß und Unmengen Zuckerkram.
                                                                                              Immerhin Ren/Elchwürstchen, Haferflocken und Couscous, besser als nichts. Aber das reicht nicht, ich brauche auf jeden Fall noch einen anderen Supermarkt. Mist, hätte ich mir doch auch noch ein Vorratspaket geschickt.
                                                                                              In Riksgränsen ist der nächstgelegene, dann muss ich da wohl vorbei und auf das Beste hoffen.

                                                                                              Irgendwie dauert alles wahnsinnig lang, es ist schon sechs Uhr abends als ich an der Fjällstation in den Kungsleden einbiege.
                                                                                              Ich mache ein Startselfie:

                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild120.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,97 MB ID: 3101908

                                                                                              Sieht albern aus, ist ja aber auch keine Schönheitskonkurrenz. Der Sack ist leider nicht immer so kurz und damit so hoch tragbar, es fehlen noch Lebensmittel, 24,5kg zeigt die Hakenwaage. Gewichtsverteilungsmäßig ist es perfekt, ich kann rennen damit.

                                                                                              Im Laufschritt geht es zur Abiskojaurestugorna, eine kleine Pause am sehr hübschen Sandstrand, dann den Waldpfad nach Westen hoch, hier geht vermutlich sehr selten jemand.

                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild120c.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,88 MB ID: 3101909

                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild120a.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,48 MB ID: 3101910

                                                                                              Am Kamm des Njunesgeahči gibt es viele schöne Lagerstellen, es ist recht nass, ich lege mich ab. Als mich um 6 die Sonne weckt und die Wolken vertreibt lauf ich noch ein bisschen herum und mache Bilder

                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild122.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,05 MB ID: 3101911
                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild120d.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,07 MB ID: 3101912

                                                                                              und leg mich doch wieder hin.

                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild122b.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,02 MB ID: 3101913
                                                                                              Zuletzt geändert von wandler; 22.12.2021, 17:32.

                                                                                              Kommentar


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                                                                                                Fuchs
                                                                                                • 03.01.2014
                                                                                                • 1067
                                                                                                • Privat


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                                                                                                In Abisko einkaufen ist ein nicht ganz unbekanntes Problem. Den meisten typischen Outdoorkram gibts zu entsprechenden Preisen beim STF, im Supermarkt nur Grundversorgung. Der ICA in Riksgränsen hat alles, aber der ist auch mehr auf Skitouristen und auf norwegische Einkaufstouristen eingerichtet. Taffi

                                                                                                Kommentar


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                                                                                                  Erfahren
                                                                                                  • 25.02.2017
                                                                                                  • 100
                                                                                                  • Privat


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                                                                                                  Beim STF hatte ich natürlich geschaut, mit 18kg Einkauf hätte ich den Laden leergeräumt und wäre dafür ein halbes Monatsgehalt losgeworden. Riksgränsen war dann echt so ne Art Wonderland, dabei hat der vielleicht ein Viertel der Fläche vom Abiskoladen. Ich begreife das nicht, in wahrscheinlich 2000km Umkreis gibt es keinen Ort wo mehr Leute vorbeikommen die Wanderproviant brauchen, und dann gibt es das schlechteste Sortiment von ganz Schweden, da ist ja ein Bahnhofskiosk besser. Vielleicht müsste man mal ne Petition starten?

                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                    Erfahren
                                                                                                    • 25.02.2017
                                                                                                    • 100
                                                                                                    • Privat


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                                                                                                    Tag 22

                                                                                                    Bei jetzt strahlend blauem Himmel

                                                                                                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

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                                                                                                    laufe ich irgendwo am Boazočohkka weiter nach Westen. Es ist heiß genug dafür dass ich mich traue in diesen namenlosen See zu springen

                                                                                                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

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                                                                                                    ansonsten passiert nicht viel, sanfte Hügel, Schnee, Steine.
                                                                                                    Mir gefällts, aber irgendwie bin ich heute nicht so für laufen und mache früh Schluss.
                                                                                                    Ein schöner Abendblick zum Torneträsk

                                                                                                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

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                                                                                                    dann ein zeitiges Bett

                                                                                                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

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                                                                                                      Erfahren
                                                                                                      • 25.02.2017
                                                                                                      • 100
                                                                                                      • Privat


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                                                                                                      Tag 23

                                                                                                      Ein wunderbarer Wandertag! Alle möglichen Wetter finden gleichzeitig statt, ich habe oft einen schönen Blick ins Kársavagge

                                                                                                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

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ID: 3102175

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                                                                                                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

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                                                                                                      Die Felsen ändern sich, man sieht geradezu wie die Grenze näher kommt

                                                                                                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

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                                                                                                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht

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                                                                                                        Alter Hase
                                                                                                        • 07.03.2014
                                                                                                        • 3154
                                                                                                        • Privat


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                                                                                                        Zitat von wandler Beitrag anzeigen
                                                                                                        Ich begreife das nicht, in wahrscheinlich 2000km Umkreis gibt es keinen Ort wo mehr Leute vorbeikommen die Wanderproviant brauchen, und dann gibt es das schlechteste Sortiment von ganz Schweden, da ist ja ein Bahnhofskiosk besser. Vielleicht müsste man mal ne Petition starten?
                                                                                                        OT:
                                                                                                        Naja, soweit ich weiß ist das in Abisko in erster Linie ein Süßkram-Fachgeschäft und nur nebenbei ein Supermarkt...

                                                                                                        Und dann kommen dort zwar wahrscheinlich die meisten Wanderer im Umkreis von 2000km vorbei, aber erstens sind das immer noch wenige, verglichen mit den Norwegern, die in Riksgränsen einfallen, zweitens bringen die meisten ihren Proviant von zu Hause mit, drittens ist das auf wenige Wochen Saison beschränkt und schließlich leisten nicht wenige sich halt einfach die Preise beim STF. Es gab ja durchaus immer mal wieder Supermärkte in Abisko, aber halten konnten sie sich nie...


                                                                                                        Vielen Dank für die vielen schönen Fotos

                                                                                                        MfG, Heiko

                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                          Erfahren
                                                                                                          • 25.02.2017
                                                                                                          • 100
                                                                                                          • Privat


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                                                                                                          Tag 24

                                                                                                          Ich muss mal pinkeln, es windet kräftig und der Regen klatscht an die Stoffwand. Ich will den Regenschirm im beengten Platz unterm Tarp ausklappen, irgendwas klemmt, im Tran versuche ichs mit Gewalt. Irgendwas kracht. Eine der Streben kommt mir entgegen, ausgebrochen. ScheißeIchVollpfosten. Jetzt bin ich wach. Ich fummel mit der Angelschnur notdürftig was zurecht, es sieht hübsch aus, aber ob das hält? Schlafen kann ich eh nicht mehr.

                                                                                                          Während der Packaktion und der ersten paar hundert Meter geht es, der Wind kommt mir genau ins Gesicht, ich versuche den Schirm so gut es geht zu stützen. Das Gelände ist aber nicht einfach im Nassen, es geht kreuz und quer, irgendwann faucht eine Böenserie von der Seite mir die Angelschnur und sofort die nächsten zwei Streben kaputt. Schöne Scheiße. Meine Jacke ist sofort durchnässt. Jetzt darf ich nicht kalt werden, also durchheizen bis Riksgränsen.

                                                                                                          Und dann? Wo kriege ich einen Regenschutz her? Narvik schonmal nicht, Grenze ist zu, Zug fährt nicht. Ich erinnere mich dunkel, in der Fjällstation gab es Klamotten zu kaufen. Ich könnte mir sowas von in den Arsch beißen dass mein Regenzeug gerade auf dem Weg nach Berlin ist. Egal. Schnell treffe ich einen Wanderweg, landschaftlich ist es schön, ganz anders als vorher

                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild134.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,47 MB ID: 3102467

                                                                                                          aber wirklich frisch so nass. Trotzdem macht der Weg mir Spaß, hier würde ich gerne nochmal laufen. Nur die letzten Kilometer gehen mit ätzender Straße durch ein hässliches Skigebiet hart auf die Nerven, und Riksgränsen ist sogar noch hässlicher, Schlammpisten zwischen Skibungalows.

                                                                                                          Der Supermarkt dafür eine Offenbarung! Alles was das Herz begehrt, sogar 3minSpaghettini, da hab ich meine Couscouskilo ganz umsonst durch die Gegend getragen. Ich stopfe mir den Sack mit Nüssen und den Magen mit Bananen und Avocados voll, und laufe hoch zur Bahnstation.

                                                                                                          Der Zug nach Abisko kommt erst in ein paar Stunden, ich begucke die hübsch abgeranzte Katterjakk Turiststation, ein angenehmer Kontrast zu den sonstigen poshen Fjällstationen hier. Leider ist sie wegen Corona verrammelt. Dafür ist das Wartehüttchen offen und 24h beheizt, ich kann mich trocknen und warten.

                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: bild135.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,51 MB ID: 3102468
                                                                                                          letztes Bild

                                                                                                          Im Zug wird es rucklig, mein Telefon fällt aus Sitzhöhe auf den Boden. In Abisko angekommen gehe ich in den Fjällstation und erstehe für 170€ die teuerste Jacke meines Lebens. Ich will was nachschauen und ziehe mein Telefon aus der Tasche: Drei Viertel des Displays sind schwarz, im oberen Viertel wabern dunkle Schlieren immer höher, bis es kurz darauf endgültig tot ist.

                                                                                                          Ich könnte heulen. Ich habe keine Ahnung von Handytechnik, wenn ich jetzt nie mehr an den Speicher komme? Backup hab ich keines, das ist schon beschissen genug, aber wenn jetzt alle Bilder weg sind? Die Blicke bei denen ich mich so darauf gefreut habe, sie später mal in Ruhe genießen zu können, ohne von Mücken gefressen zu werden?

                                                                                                          Und alle Tickets sind damit auch weg. An der Fjällstation kann oder will man mir nichts ausdrucken, ich laufe wieder nach Östra zum Hostel in der Hoffnung auf Rettung, und tatsächlich könnte ich morgen vormittag ins Büro, da kann ich kurz an den Rechner und meine Tickets ausdrucken. Puh! Also noch eine Nacht hier, nach dem Tag freut mich sogar die laue Sauna.
                                                                                                          Zuletzt geändert von wandler; 26.12.2021, 01:11.

                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                            Erfahren
                                                                                                            • 25.02.2017
                                                                                                            • 100
                                                                                                            • Privat


                                                                                                            #54
                                                                                                            Rest

                                                                                                            Ich weiß erst nicht recht wohin, gleich nochmal nach Westen will ich nicht, ich beschließe nach Süden zu gehen und mal zu schauen, vielleicht Sarek? In 19 Tagen muss ich jedenfalls wieder an der Bahnlinie sein.
                                                                                                            Erstmal vorankommen, ich laufe einfachheitshalber bald wieder auf dem Kungsleden.

                                                                                                            Am Alisjávri gibt es nochmal schöne Paddelei, dann verschlechtert sich das Wetter, am Tjäktjapass schneit es, und ein nicht endenwollender heftiger Westwind beginnt. Meistens regnet es, es ist unmöglich draußen trocken zu bleiben oder zu werden. Ich bleibe auf dem Kungsleden, damit ich mich ab und zu mal aufwärmen kann. Die Hütten sind überfüllt, obwohl wohl sehr viele Leute abbrechen oder gar nicht erst starten.


                                                                                                            Mein geliebtes Tarp wird undicht, abgesehen vom Kopf ist das nicht so schlimm, weil ich ja den Biwaksack habe, ich kann aber quasi nichts trocken verstauen außer im Packsack, das nervt gelegentlich. Ich habe noch ein alte Tube Silnet, die ist aber gut eingetrocknet und bröckelig, dicht kriege ichs damit nicht. Man sollte wirklich nicht einfach das immergleiche alte Reparaturpäckchen ohne Test in den Rucksack schmeißen.
                                                                                                            Ich teile mir den Weg öfter mit vier sehr netten und fitten Israelis, die Nikkaluokta – Vakkotavare als Hüttentour laufen und nie was anderes als Wolken und Matsch und nasses Gestrüpp zu sehen bekommen. Sie tun mir ein bisschen leid, aber sie lassen sich ihren Spass nicht vermiesen.
                                                                                                            Unnötigerweise geht währenddessen auch mein mp3Player kaputt, das macht das Laufen im Regen echt nicht spannender.
                                                                                                            Ich hoffe auf ein bisschen Paddelei im Teusajaure nach Südost, aber keine Chance, die Wellen sind meterhoch im See, ich habe Glück, dass ich als letzter Passagier mit einem der Israelis noch übergesetzt werde, der Hüttenwart will danach nicht mehr, er hat Angst dass ihm das Boot zerschellt.
                                                                                                            Am Vakkotavare laden mich die Israelis zum Essen in die Hütte ein, und schenken mir noch ihre Gewürze und vier Snickers, ich bin ganz gerührt.

                                                                                                            Ich nehme den Bus nach Ritsem und das Boot nach Änonjálmme, weiter den Padjelanta, ganz langsam bessert sich das Wetter, Berge sehe ich aber immer noch keine. Jetzt geht auch noch meine Isomatte kaputt, sie verliert ganz langsam Luft, ich kann nicht ausfindig machen wo. Nachts muss ich alle paar Stunden pusten.
                                                                                                            Und irgendwann nach sieben Tagen kommt wieder die Sonne! Im ersten Teil der Tour wäre ich sie ja wirklich gerne mal losgeworden, aber mittlerweile kann ich mir nichts schöneres vorstellen als einen trockenen Schlaf und eine Wärme, für die man nichts tun muss und die einem einfach geschenkt wird.

                                                                                                            Auch der Weg und die Gegend sind eigentlich wirklich schön, aber der Heliverkehr hier geht mir extrem auf den Sack, schlimmer als in Zermatt. Helis über den Áhkájávre, Helis in den Sarek, und Helis vor allem nach Stáloluokta. Ich verstehs einfach nicht, da kommt man in so eine schönes Fleckchen Erde mit so schönen Wegen um zu wandern! und kann dann nichts mitbringen als Lärm und Gestank und Hässlichkeit, für ein bisschen egoistische Bequemlichkeit. Traurig. Leider wohl folgerichtig wenn der Heliflug über den Áhkájávre ganze 5€ teurer ist als die Schiffspassage. Gestörte Welt. Hier will ich jedenfalls nicht nochmal landen.

                                                                                                            Das einzig wirklich schöne in dieser ganzen Zeit war ein Gipfelbiwak auf dem Máhttoajvve mit Vollmond überm Sarek.

                                                                                                            Aber dann folgt das Highlight der ganzen sechs Wochen: Sulitjelma! So schön wie der Name. Ich schlafe sogar mal in einer Hütte, der Sårjåsjaurestugan, einfach weil sie so wahnsinnig klein und nett und gemütlich ist. Hier treffe ich Oscar, mit dem mich über vier Stunden lang so gut und lustig und tiefsinnig unterhalte wie selten in meinem Leben.

                                                                                                            Ganz toll ist der Berg, der offenbar außer Rr 240 a keinen Namen hat, und vor allem der Sulitelma selbst. Ich habe einen gigantischen Blick vom Suliskongen, was für ein Panorama mit all den norwegischen und schwedischen Herrlichkeiten ringsum, in denen ich noch zig Leben verbringen könnte. Der Gletschersee an der Südspitze des Massivs ist auch definitiv einen Besuch wert.

                                                                                                            Leider muss ich dann auch bald mal ans Zurückkommen denken, ich bin ein bisschen gierig auf was leckeres zu Essen und schaue noch in Sulitelma-Ort im Supermarkt vorbei.

                                                                                                            Dann geht es im wesentlichen den Nordkalottleden lang, auf dem Staika stehe ich leider nur in den Wolken, trotzdem eine schöne Bergtour. Hier friert plötzlich der Bildschirm meines (älteren) InReach ein, ich muss warten bis der Akku leer ist, zum Glück hatte er nur noch 15%. Danach funktioniert es wieder, angenehm finde ich das aber nicht.

                                                                                                            Nochmal Paddeln auf dem Tarraure, dann bin ich wieder auf dem Padjelantaleden Richtung Kvikkjokk, hier fängt auf den letzten Kilometern der linke Riemen meines Rucksacks durch die Schnalle an zu rutschen, ich muss ihn alle 10 Sekunden festziehen. Zum Glück kam das so spät. Nächstes Mal Schleifpapier in das Reparatursäckchen.
                                                                                                            Paddeln nach Kvikkjokk, ich schlafe am Rastplatz der Bushaltestelle. Einen Tag zu früh, am nächsten Tag gibt es ein letztes schönes Paddeln durchs Kvikkjokkdelta und einen Ausflug zur alten Mühle. Eine letzte Nacht im Freien, dann mit dem Bus zur Bahn.

                                                                                                            Es folgt die Rückreise des Grauens, es ist unmöglich ohne Smartphon in Stockholm einen Covidtest zu bekommen, auch Drucker sind hier offenbar gänzlich unbekannt. Überhaupt gehört man hier ohne Smartphone nicht mehr wirklich zur Menschheit.
                                                                                                            In Göteborg ist dann alles kein Problem, ich kriege meinen Test in 10min gebucht, ausgeführt und schriftlich in die Hand gedrückt. Für den sich natürlich später niemand die Bohne interessiert.
                                                                                                            In Kopenhagen sehe ich dann das erste Mal seit sechs Wochen wieder: nichts. Dunkelheit. Ein echtes Ereignis.
                                                                                                            In Berlin kann ich mich lange Zeit überhaupt nicht wieder eingewöhnen, meine Wohnung kommt mir ganz fremd vor. Was soll das ganze hier?
                                                                                                            Zuletzt geändert von wandler; 26.12.2021, 03:37.

                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                              Erfahren
                                                                                                              • 25.02.2017
                                                                                                              • 100
                                                                                                              • Privat


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                                                                                                              Ein Fazit

                                                                                                              Im großen und ganzen wars eine tolle Tour, ich habe viel erlebt, manches hätte ich mir auch gern erspart. Mir ist bisher nie wirklich was kaputtgegangen auf Tour, diesmal kann ichs kaum zählen. In Kombination mit dem Wetter und der Grenzsituation hat das den zweiten Teil der Tour schon unnötig und unschön beeinflusst, ich wäre gern viel freier unterwegs gewesen. Für ein paar schöne Gipfel hat es gereicht.
                                                                                                              Beim nächsten Mal. Vielleicht Porjus - Sjaunja – Sarek – Blåmannsisen – Bodø?
                                                                                                              Am liebsten würde ich jetzt los.

                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                Alter Hase
                                                                                                                • 28.08.2017
                                                                                                                • 3014
                                                                                                                • Privat


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                                                                                                                Zitat von wandler Beitrag anzeigen
                                                                                                                Ich begreife das nicht, in wahrscheinlich 2000km Umkreis gibt es keinen Ort wo mehr Leute vorbeikommen die Wanderproviant brauchen, und dann gibt es das schlechteste Sortiment von ganz Schweden, da ist ja ein Bahnhofskiosk besser. Vielleicht müsste man mal ne Petition starten?
                                                                                                                Problem vermutlich die kurze Saison, so richtig los ist da im Sommer vllt. 2 Monate etwas, im Winter kaum mehr.

                                                                                                                Und auch in/um Nikkaluokta, Saltoluokta bis Ritsem, Kvikkjokk usw. sieht es ja nicht besser aus: da muss man in allen Fällen schon auf dem Weg einkaufen, wenn man wirklich *viel* braucht (Kiruna, Gällivare, Jokkmokk...)

                                                                                                                Vielen Dank für den Bericht natürlich, sehr schön!

                                                                                                                Zitat von wandler Beitrag anzeigen
                                                                                                                ... Sulitjelma! ... Sårjåsjaurestugan ...
                                                                                                                Ja, nicht? Eine der besten Gegenden & Hütte(n)...

                                                                                                                Zitat von wandler Beitrag anzeigen
                                                                                                                Überhaupt gehört man hier ohne Smartphone nicht mehr wirklich zur Menschheit.
                                                                                                                Hm, ist nun einmal so... Würde ich mir nicht antun, Smartphone macht halt vieles im Alltag *viel* einfacher (merkt man erst, wenn man eines hat), auch das, wofür man es (noch) nicht *unbedingt* braucht. Smartphone-Nervkram (für manche: "Social" Media...) braucht man ja nicht mitmachen, wenn man nicht will. Naja, muss jeder selber wissen/erfahren PS Durchgestrichen, weil allgemeine Überlegung, die mit wandler gar nichts zu tun hat, siehe weiter oben und unten ... da habe ich einen falschen Schluss gezogen - gerade auch "outdoor" habe ich relativ oft Leute getroffen, die diesbzgl. etwas "special" waren.
                                                                                                                Zuletzt geändert von Ljungdalen; 26.12.2021, 17:45. Grund: Richtigstellung

                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                  Erfahren
                                                                                                                  • 25.02.2017
                                                                                                                  • 100
                                                                                                                  • Privat


                                                                                                                  #57
                                                                                                                  Danke! Aber schreibe ich eigentlich so unverständlich?
                                                                                                                  Zitat von Ljungdalen Beitrag anzeigen
                                                                                                                  Naja, muss jeder selber wissen/erfahren
                                                                                                                  Smartphon war kaputt, deswegen nochmal Hostel, keine Bilder vom zweiten Teil, und eine Alptraumreise zurück. Das hätte ich gerne nicht erfahren

                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                    Alter Hase
                                                                                                                    • 28.08.2017
                                                                                                                    • 3014
                                                                                                                    • Privat


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                                                                                                                    OT:
                                                                                                                    Zitat von wandler Beitrag anzeigen
                                                                                                                    Smartphon war kaputt
                                                                                                                    Ach so, DAS hatte ich irgendwie überlesen (#53 irgendwie übersprungen, und dass in 54 keine Bilder waren, brachte ich damit dann nicht in Zusammenhang... hätte ja davor Fotoapparat sein können , sorry...

                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                      Vorstand
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                                                                                                                      • 18.06.2014
                                                                                                                      • 1591
                                                                                                                      • Privat


                                                                                                                      #59
                                                                                                                      Jetzt hab' ich doch viel zu spät erst das Ende dieses Berichtes entdeckt und mich noch gar nicht bedankt! Dass Dir das Smartphone kaputt gegangen ist, der Schirm, der MP3-Player, das InReach... krass, das will man nicht auf einer Tour erleben. Zu unserem Glück hat das Smartphone ja aber gezielt in den Gegenden funktioniert, von denen hier noch nicht so viele Bilder existieren. Nicht, dass ich Deine Bilder von Padjelanta- und Nordkalottleden nicht auch gerne gesehen hätte. Aber so habe ich doch wenigstens auf Deinen Bildern zum Beispiel den Blick vom Guodekvárri zum Kebnekaise sehen können, der mir damals durch Wolken verwehrt war. Und dass ich auf meinem Weg ins Hoiganvággi doch etwas weiter auf den Höhen hätte gehen können. Und Sjaunja, was ich noch gar nicht kenne. Wenn ich mir allerdings in Erinnerung rufe, dass ich auch meist dreimalsoviele Mückenstiche habe, wie Menschen neben mir, weiß ich nicht, ob ich da hin will!

                                                                                                                      Aber vor allem sag' ich Dir ganz dicken Dank für diesen wundervollen, informativen und herzerfrischend geschriebenen Bericht. Ich freue mich schon sehr darauf, Porjus - Sjaunja – Sarek – Blåmannsisen – Bodø lesen zu dürfen!

                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                        Erfahren
                                                                                                                        • 04.08.2005
                                                                                                                        • 374


                                                                                                                        #60
                                                                                                                        Auch von mir einen späten Dank für den tollen Bericht! Mich packt gerade das Packraft-Fieber, und deswegen hab ich deine Tour jetzt verschlungen...

                                                                                                                        Zitat von wandler Beitrag anzeigen
                                                                                                                        Auch im zweiten Teil meiner Tour hätte ich z.b. bei Sulitelma einen Gipfel sonst nur mit tagelangem Umweg erreicht.
                                                                                                                        Kannst du noch was zu deiner Route in der Gegend sagen? Bis zur (wirklich extrem urigen) Sarjasjaure-Hütte konnte ich dir folgen, aber dann...

                                                                                                                        Vielen Dank!!
                                                                                                                        Jens



                                                                                                                        Kommentar