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    [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

    Tourentyp Kanutour
    Breitengrad -17.8638024
    Längengrad -57.4325326
    whitespace
    Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019 -

    Paddling on the beaten path

    Vorgeplänkel

    Es war im April 2016, als ich zufällig auf einen Reisebericht über eine Kanutour durchs Pantanal stieß. Zwei Kanadier, die im Falt-Canadier bevorzugt "Paddling off the beaten path" unterwegs sind, hatten 2013 das Pantanal von Rondonópolis bis Corumbá befahren (Link). Es ging ihnen überwiegend gut dabei, sie zelteten auf ausgedehnten Sandbänken und sahen viele wilde Tiere.

    Dieser Bericht hat mich sofort gepackt. Sollte ja easy sein, das nachzupaddeln, "auf ausgetretenem Pfade".

    Ich träume nämlich seit Jahren schon von tropischen Flüssen, die ich befahren könnte, und die mich der prallen Tierwelt dort näherbringen. Ich dachte dabei immer an Afrika, schaute nach Flüssen in Botswana, Sambia und Kamerun, das Okawango-Delta zB oder den Sambesi. Aber letztlich konnte ich mich auf keinen der Flüsse dort festlegen. Bootsverleiher hatten in Sambia aufgegeben, weil die Hippos ihnen die Alu-Canadier kaputt gemacht haben. Viele der Touren in den Nationalparken waren nur mit Guide möglich - für mich keine Option. Ich mag es einfach nicht, wie blöde hinter jemandem herzuteckeln, der alles für mich organisiert. Insgesamt halte ich die Sicherheitslage in diesen Ländern für zu gefährlich, um da mit hoher Wahrscheinlichkeit alleine heil durchzukommen. Hippos, Nil-Krokodile und bösartige Parasiten im Wasser, Löwen, Leoparden, Hyänen, Warzenschweine, Schlangen, Elefanten und wieder die Hippos an Land, die nachts die besten Zeltplätze überrennen, dazu eine allgemein hohe Spontan-Kriminalität, darauf wollte ich mich nicht einlassen.

    Angetestet hatte ich individuelles Reisen in Afrika mal 3 Wochen lang im Jahre 1991, Nairobi, Amboseli, Lake Manyara, Ngorongoro, Kilimandscharo, Mombasa und Tauchen am Diani Beach. War interessant, aber die ständigen Anmachen und Auseinandersetzungen mit den Möchtegern-Dienstleistern, das ständige Feilschen müssen, die mehrfachen Betrugsversuche, oder der aufgeschnittene Rucksack im Bus nervten. Die Kamera hat der Dieb zum Glück nicht rausbekommen. Ich konnte es erst gar nicht fassen, wie dreist, denn er agierte direkt vor meinen Augen, hat dabei die Jeansjacke über den Händen gehabt zur Tarnung. Nachdem ich endlich verstand, ihn mein Blick erfasst hatte und ich wütend aufsprang, bekamen auch die anderen Fahrgäste mit, was da vorging und verjagten ihn lautstark aus dem Bus.
    Kam ein Bus noch im Dunkeln an sein Ziel, verließ ihn ein großer Teil der Fahrgäste nicht, aus Angst vor Räubern. Erst mit Tagesanbruch trauten sie sich raus.


    Südamerika hatte ich in diese Überlegungen bezüglich Paddelgewässern nie mit einbezogen, ich weiß auch nicht warum. Wahrscheinlich, weil ich im Amazonas-Dschungel nicht so mit der prallen Tierwelt rechne. Und gefährlich ist es auch da. Mehrfach sind Paddler beraubt und ermordet worden (zB 2004, 2011, und 2017, 3 Tage zuvor schrieb sie’s schon auf Twitter).

    Vom Pantanal hatte ich vorher schon gewisse Vorstellungen. Es sei ein riesiges Sumpfgebiet irgendwo in Südamerika, großflächig überschwemmt, wegelos, örtlich sehr klares Wasser, fischreich, bissige Piranhas, 9m-Anakondas, Millionen Kaimane, Riesenotter, Jaguare und viele Wasserschweine. Cowboys reiten auf Pferden durchs Wasser. Im Rahmen von aufwendigen Expeditionen wird dort geforscht oder es werden prächtige Naturfilme gedreht. Für Otto-Normalbürger auf eigene Faust aber letztlich unzugänglich. Kann sein, dass ich meine letzte Pantanal-Dokumentation bereits in den 70er Jahren gesehen habe.

    Aber der neu entdeckte Bericht klang anders, das schien für mich einfach machbar. Ich habe mich also gleich hingesetzt, das Pantanal auf der Landkarte gefunden, den Bericht in allen Details studiert, die wahrscheinliche Fahrtstrecke ermittelt und deren Länge ausgemessen. Rund 900km mussten die beiden gepaddelt sein. Puhhh, eine ganze Menge, und das in 25 Tagen, also durchschnittlich 36km täglich. Das bei der Hitze und den kurzen Tagen dort in den Tropen. Auf meinen Touren komme ich normalerweise auf 15 bis 25km am Tag, aber wir lassen uns besonders morgens regelmäßig viel Zeit. Ich empfand die 36km erst mal als Hetze, da wollte ich gleich mehr Zeit einplanen.

    Das Pantanal liegt im Herzen Südamerikas und gilt als das größte kontinentale Sumpfgebiet der Welt. Der größte Teil der Fläche gehört zu Brasilien, kleinere Teile zu Bolivien und Paraguay. Um ein Gefühl für die Größenverhältnisse zu bekommen, habe ich mal die Staatsfläche der BRD auf das Pantanal gepackt. Berlin liegt etwa da, wo Rondonópolis eingezeichnet ist, Frankfurt/Main etwa da, wo Corumbá eingezeichnet ist (klick auf die Vorschau zum Original in Vollgröße):

    TheTrueSize.com

    Die Gesamtfläche des Pantanals entspricht nach manchen Angaben in etwa der Gesamtfläche der BRD vor 1990. Ich halte das für übertrieben. Es sind wahrscheinlich so um die 170000km², also etwa 2/3 der Gesamtfläche der BRD vor 1990 oder etwa die Hälfte der BRD heute. Die regelmäßig überflutete Fläche beträgt 122677km².

    Hier jetzt mal eine Überblickskarte, die bereits den Streckenverlauf grob erkennen lässt. Es geht los im Nordosten in Rondonópolis, folgt dem hier nicht bezeichneten Rio Vermelho, weiter über den Rio São Lourenço und den Rio Cuiabá auf den Rio Paraguai bis zum Ziel Corumbá:

    https://www.pantanalescapes.com/loca...antanalmap.png

    ↑ Ungefähre Grenzen des Pantanals in einer schematischen Karte. Grün die regelmäßig überschwemmten Niederungsflächen.

    Genauere Karte mit den Überschwemmungsgebieten (diesmal in blau) und der Grenze und dem Relief des Einzugsgebietes auf brasilianischer Seite: ↓

    riosvivos.org.br

    Erstaunlich finde ich, wie klein das übrige, höhergelegene Einzugsgebiet im Verhältnis zum Überschwemmungsgebiet ist.

    Und die folgende Karte zeigt, dass die Natur auf großen Flächen des Überschwemmungsgebietes noch weitgehend erhalten ist. Die übrigen, höhergelegenen Teile des Einzugsgebietes sind jedoch überwiegend intensiv landwirtschaftlich genutzt:

    oeco.org.br

    Die roten Flächen zeigen, wo im Zeitraum 2002 bis 2008 Veränderungen der Landnutzung eingetreten sind, also Umwandlung von Natur in landwirtschaftliche Nutzfläche. 86.6% des Überschwemmungsgebietes bewahrten bis 2008 noch natürliche Vegetation, 11.1% sind Viehweiden, 0.3% Ackerland.

    "Die Flüsse des Pantanal entspringen in den Plateaus im Norden und Osten und münden in den nach Süden fließenden Rio Paraguay. Im Gefälleübergang Plateau - Ebene verändert sich ihre Fließgeschwindigkeit so stark, daß ihre Sedimente fächerförmig, in Form großer Schwemmkegel abgelagert werden. Das Pantanal wird aus 9 solcher alluvialer Fächer gebildet, die nach den Namen ihrer sie dominierenden Flüsse benannt sind. Von besonderer Bedeutung ist der 55.000 km² große Mega - Schwemmkegel des Taquari - Flusses, der zu den größten alluvialen Fächern der Welt zählt" (Quelle, Karte).



    Gleich zu Beginn meiner Recherchen habe ich wie schon zu anderen geplanten Paddelgewässern eine Pantanal-Seite im Faltboot-Wiki eingerichtet und viele für mich wichtige Informationen dort zusammengetragen. Gernot hat dann noch sehr viele meteorologische und historische Informationen dazugepackt.

    Dann habe ich mir einen Job gesucht, mit viel Bewegung, um meine Fitness zu erhöhen, etwas Zusatzknete für die zu erwartenden Sonderausgaben zu haben und den Rechtfertigungsdruck diesbezüglich zu mindern. Seitdem schwitze ich jeden Abend und kann mich 2 bis 4 Stunden lang schön auspowern. Kein schlechter Rhythmus, ich habe ja sonst nicht groß was zu tun.

    Außerdem hatte ich mir vorgenommen, etwas in die Sprache reinzuschnuppern. So ganz ohne Sprachkenntnisse, das ist doch auch nicht so schön, und mit meinem Rest-Rumänisch (ein paar Worte von Ende der 70er Jahre) würde ich wohl kaum was anfangen können. Wenigstens die Zahlen wollte ich lernen, damit ich beim Feilschen mithalten kann.
    Dazu habe ich einige Smartphone-Lernapps und digital herunterladbare Lehrbücher und CDs ausprobiert. Dazu ein paar nette Youtube-Filmchen, zB hier. Ein bisschen Zeit habe ich dann mit Bravolol und Duolingo verbracht. Aber was soll ich sagen? Ich war nicht besonders motiviert. Zeit genug hatte ich eigentlich dafür, bin aber meist mitten in der Lektion eingeschlafen. So hielt sich der Lernerfolg in sehr sehr engen Grenzen.

    Bezüglich des Materials habe ich ziemlich aufgerüstet, aber auch etliche Anläufe in bestimmte Richtungen im Laufe der Zeit wieder fallengelassen. Zum Beispiel habe ich einen neuen Ally gekauft, einen kleinen, leichten, schlanken Kahn, den Ally Scout (Pathfinder) 15.5’, der für Solotouren mit viel Gepäck und für Flugreisen zu zweit mit wenig Gepäck gut geeignet ist.
    Zeitweise dachte ich, ich könnte die Strecke alleine nur bewältigen, wenn ich mir ein Sonnendach aus Solarzellen auf diesen Ally baue und mich mit Elektromotor vorwärtstreiben lasse. Eine gute Idee, habe sie aber nicht weiter verfolgt, seitdem ich wusste, ich bekomme einen schlagkräftigen Mitpaddler. Auch den schlanken Ally habe ich zugunsten von mehr Zuladung wieder zurückgestellt und stattdessen meinen alten Ally Tour 16.5’ für das Pantanal ausgewählt.

    Eine richtig fette Sonderausgabe war auch meine neue Kamera, von der ich seit 10 Jahren träume. Eine Kamera mit richtig viel Zoom, guter Optik, größerem Chip als in den gewöhnlichen Superzoomknipsen, dennoch relativ kompakt. Dieses Ideal ist seit der Sony RX10M3 tatsächlich zu haben. The Minivan of Cameras! (DPReview). Ich habe mir für den Erwerb viel Zeit gelassen, denn ich wollte nicht unbedingt viel eher kaufen, als bis ich solch eine Reise tatsächlich machen würde in so tierreiche Gegenden wie das Pantanal (oder das Donaudelta). Das war auch gut so, denn zwischenzeitlich kam die in einigen Punkten erheblich verbesserte Version RX10M4 heraus, die gerade für Sport- und Tierfotografie Vorteile bietet. Bessere Scharfeinstellung, erheblich höheres Tempo, aber leider auch unverschämte 1999€ UVP. Als dann der Preis der Kamera bei Amazon für einen einzigen Tag mal von 1800€ auf 1500€ fiel, habe ich am 21. September 2018 zugeschlagen. Dem Idealo-Preiswecker sei dank.

    Andere große Ausgaben waren der Wasserfilter, ein MSR Guardian, das Leichtzelt für tropische Nächte, ein MSR CarbonReflex 2, und ein großes Smartphone für die Navigation, ein Xiaomi MiMax2, dass ich bei der Rückfahrt vom Snow in Kiew gekauft habe. In Deutschland war es zu der Zeit noch nicht erhältlich. Es gefällt mir als Navi wegen dem großen Bildschirm und der langen Akku-Laufzeit. Die Garantieabwicklung wäre hier ähnlich aufwändig geworden wie beim Direktkauf in China, aber der Fall ist zum Glück nicht eingetreten.
    Was noch? Einen superleichten Daunenschlafsack Mountain Hardwear Phantom 45, es gibt ja im Pantanal im Winter auch ab und zu Nächte knapp über Null Grad, echt ein Schnäppchen für ~100€; sowie als Ersatz für den schweren Künzi einen MSP Core Stove, Titan natürlich; ein 15W-Solarlader, und ein zweites teilbares Stechpaddel für meinen Mitpaddler.

    Ganz zum Schluss kam noch eine Hängematte dazu, eine Warbonnet Ridgerunner - Double Layer mit Moskitonetz. Eine Schnapsidee, getrieben von dem Gedanken, mich von Schlangen, die unbemerkt unters Zelt kriechen, fernhalten zu wollen. Dazu ein leichtes Tarp aus China, dass ich nach dem Kauf wegen ein paar Zentimetern Untermaßigkeit auf 23€ reduzieren konnte.

    Überhaupt habe ich alles, was nicht von ausgesuchter Qualität sein musste, versucht, direkt in China zu kaufen. Überwiegend elektronische und andere Kleinteile, einen 1.8L-Titan-Kochtopf, -Löffel, -Windschutz, -Spirituskocher, eine ausdauernde Kopflampe, und und und.

    Mein schönstes China-Teil ist jedoch dieser preiswerte Schirmhut - eine geniale Erfindung, die sich aber bisher bei uns im Gegensatz zu China nicht durchsetzen konnte. Ich versprach mir im Vergleich zu einem brasilianischen Strohhut vor allem eine bessere Unterlüftung. Zudem ist er erheblich leichter und hat ein entschieden geringeres Packmaß. Bereits 1880 wurde der Umbrella hat von Robert W. Patten erfunden.
    Patten "was seen as eccentric because of his lifestyle and outrageous claims. He lived on a houseboat, walked around town with an umbrella on his head and spent most of his time outdoors." Also einer von uns.
    Ein erster Test in Deutschland ergab eine erstaunliche Wirkung auf Beobachter jeden Alters. Die Reaktionen gingen von sprachlosen Blicken über heimliches Tuscheln bis zu offener Bekundung von Freude und Zustimmung. Einigen unbeherrschten Beobachtern musste ich jedoch prophylaktisch das Lachen verbieten, insbesondere in Anwesenheit von Kindern.
    Gut, das Teil war so billig, dass es nach dem ersten Test-Wochenende in Deutschland bereits drohte auseinanderzufallen. Also musste ich mich mal ein Stündchen auf die Terasse setzen und die Befestigungen des Kopfbandes mit Hand nachnähen. Seitdem hält es problemlos.

    Ihr merkt schon, da verging einige Zeit, bis ich die Tour dann tatsächlich in Angriff nahm. Immer wieder kam was dazwischen, was mich am Pantanal hinderte. 2 Jahre sind wir dann noch den Sommer in die NO-Ukraine gefahren (2016, 2017), und 2018 auf den Bargusin und den Baikal in Sibirien. Das war mein finaler Test Flugzeugreise mit Faltboot-Gepäck. Danach hatte ich so viel Vertrauen in meine Flugtauglichkeit gewonnen, dass der großen Tour nichts mehr im Wege stand.
    Zuletzt geändert von Spartaner; 23.03.2023, 08:02.

  • qwertzui
    Alter Hase
    • 17.07.2013
    • 3048
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    #2
    AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

    es geht los

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    • Pfiffie
      Fuchs
      • 10.10.2017
      • 2024
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      #3
      AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

      Das sind wie bei Inti so Sache "Würde ich nie machen, aber lesen gerne"
      "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

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      • qwertzui
        Alter Hase
        • 17.07.2013
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        #4
        AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

        Zitat von Pfiffie Beitrag anzeigen
        Das sind wie bei Inti so Sache "Würde ich nie machen, aber lesen gerne"
        ganz genau, 900 km durch tropische Sümpfe paddeln, da würde ich ja noch eher Nita durchs Pamir begleiten, da besteht wenigstens die Hoffnung auf einen schnellen Tod durch Steinschlag.
        Sehr löblich, was mache Foristen hier für Strapazen auf sich nehmen um uns mit Berichten zu beglücken. Danke schon mal!
        Zuletzt geändert von qwertzui; 08.11.2019, 16:13.

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        • Intihuitana
          Fuchs
          • 19.06.2014
          • 2101
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          #5
          AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

          Ah sehr interessant. Bin schon gespannt.

          Ich wäre beinahe auch noch spontan ins bolivianische Pantanal gefahren. Ein Boot hatte ich ja, aber mir war das alles zu kurzfristig, ich hatte keinerlei Plan und die Distanzen sind ja auch sehr groß.

          Dann kann ich mir ja anhand deines Berichts ausmalen ob ich das nächste mal dann dort auch ne Spritztour machen möchte, oder lieber in den Kaa-Iya de Gran Chaco möchte.
          Russian Roulette is not the same without a gun. - Lady Gaga

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          • berniehh
            Alter Hase
            • 31.01.2011
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            #6
            AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

            klingt schonmal sehr interessant.
            Bin gespannt wie es weitergeht und vor allem auf die Fotos
            www.trekking.magix.net

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            • AlfBerlin
              Lebt im Forum
              • 16.09.2013
              • 5073
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              #7
              AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

              Ich warte auf die Fotos, vor allem mit Schirmhut. Das wäre vielleicht auch was für die Befahrung von Brandenburger Flüssen.

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              • Spartaner
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                • 24.01.2011
                • 5056
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                #8
                AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                Diesen dringenden Wunsch erfülle ich doch sofort:



                Wenn ich das recht überblicke, dann gibt es wahrscheinlich nur dieses eine einzige Handy-Foto von mir mit dem China-Hut auf der Tour. Das war gleich nach der Ankunft am Ziel in Corumbá.

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                • AlfBerlin
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                  • 16.09.2013
                  • 5073
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                  #9
                  AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                  Zitat von Spartaner Beitrag anzeigen
                  ... Wenn ich das recht überblicke, dann gibt es wahrscheinlich nur dieses eine einzige Handy-Foto von mir mit dem China-Hut auf der Tour. Das war gleich nach der Ankunft am Ziel in Corumbá.
                  Wie? Hat er sich etwa nicht bewährt?

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                  • Spartaner
                    Lebt im Forum
                    • 24.01.2011
                    • 5056
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                    #10
                    AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                    Doch, natürlich hat er sich gut bewährt. Du siehst ja, dass ich ihn auch am Ende der Tour noch trage.
                    Tatsächlich habe ich ihn auf dem Fluss tagsüber fast immer auf dem Kopf gehabt. Erst anschließend, in der Zivilisation, habe ich wieder das Basecap aufgesetzt. Du weißt, Brasilianer sind sehr entgegenkommend und wenig kontaktscheu, und hätten mich wahrscheinlich am laufenden Band auf dieses tolle Produkt angesprochen.

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                    • Spartaner
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                      • 24.01.2011
                      • 5056
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                      #11
                      Noch ein paar Themen Vorbereitung:

                      Mitfahrer?
                      Ende 2018 wurde es ernst. Ich habe mich entschlossen, nächsten Sommer soll die Tour starten.
                      Lange habe ich hin und her überlegt, fahre ich alleine, oder suche ich mir doch einen Tourenpartner.

                      Andrea kam für diese Paddeltour nicht in Frage. Rein zeitlich hätten die Sommerferien als Lehrer gerade so ausgereicht, aber sie ist leider überhaupt nicht tropentauglich. Sie kommt mit der Hitze nicht klar. Niemals hätten wir längere Zeit täglich in praller Sonne paddeln können, siehe unsere Euphrat-Tour. Damals schafften wir in 9 Tagen gerade einmal 113 km, und das bei flotter Strömung. Auf diese Art, mit täglich mehrstündiger Siesta, hätten wir niemals 900 km bewältigen können.

                      Für das Alleine-Fahren spricht vor allem das viel intensivere Naturerlebnis, daneben die vollkommene Unabhängigkeit, die völlig freie Zeiteinteilung, der fehlende Zwang zu Kompromissen.
                      Die wenigen mehrtägigen Solotouren der letzten Jahre auf Spree, Oder und Obra haben mir allesamt sehr gut gefallen.

                      Gegen das Alleine-Fahren sprachen allerdings auch etliche gewichtige Gründe. Zunächst war ich mir überhaupt nicht sicher, ob ich diese lange Strecke tatsächlich alleine im Canadier schaffen würde. Gibt es auf diesen Flüssen eine signifikante Strömung? Bei dem geringen Gefälle, welches zu den großflächigen Überschwemmungen im Pantanal führt, hatte ich daran meine Zweifel. Darum die Experimente mit einem neuen schlanken Ally, den Solarzellen und dem Bootsmotor.
                      Wobei ich sogar noch eine Boots-Alternative in der Hinterhand hatte! Ein Forist, mit dem ich einmal Telefonkontakt hatte, bot mir ein RZ85 an, welches in Campinas bereits seit Jahren in Brasilien lagerte. Das lange, schnittige Kajak ließe sich sicherlich viel flotter paddeln als der Ally. Es hätte eine neue Haut und ich könnte es für 450 € übernehmen. Das war eine bedenkenswerte Option. Der Transport des Allys hin und zurück als Sportgepäck mit Übermaß würde mich 300€ kosten. Aber was soll ich am Ende mit dem RZ 85 machen? Zu Hause habe ich bereits einen rumliegen, und ihn nach Ende der Tour vor Ort verkaufen oder einlagern war doch sehr unsicher.

                      Was spricht noch gegen das Alleine-Fahren? Will ich überhaupt eine derartig lange Zeit alleine unterwegs sein? Ich weiß es nicht. Meine letzte lange Reise alleine ging in den 80er Jahren nach Bulgarien und Rumänien. Hin mit der Bahn, zurück nach Berlin, langsam, nach und nach trampend. Dazwischen Bergwanderungen, Städte und Kirchenburgen besuchen etc. Ich glaube mich zu erinnern, dass ich am Ende der Sommerferien wieder ganz froh war, zu Hause angekommen zu sein.

                      Nun bin ich aber bereits erheblich älter und sonderbarer geworden, also vielleicht geht das heute? Aber probiere ich das jetzt aus, bei dieser außergewöhnlichen Tour? Naja, wenn ich keinen Reisepartner gefunden hätte, dann wäre ich auch alleine gefahren, so viel ist klar.

                      Und was spricht noch gegen das Alleine-Fahren? Na, all die praktischen Dinge, die zu zweit besser gehen. Am großen Bootsgepäck mit anfassen, das Boot in der Spur halten, wenn ich zum Fotoapparat greife, Blutegel vom Rücken zupfen, auf das Gepäck aufpassen, solange der andere Fahrkarten holt oder im Supermarkt einkauft, im Notfall noch handeln zu können. Die Sicherheit gewinnt enorm, wenn man zu zweit ist. Ich bin mir sicher, der Jaguar schreckt vor zweien eher zurück als vor einem einzelnen, genauso der Gelegenheits-Räuber. Also in der Summe, weil ich mir doch recht unsicher war, was die Verhältnisse dort angeht, tendierte ich eher zum Zu-Zweit-Fahren.

                      Zwei Leute sprach ich direkt an, die Tropenerfahrung hatten, in den Tropen gepaddelt sind oder auch schon in Brasilien unterwegs waren. Aber die hatten jeweils schon eigene Pläne, zu wenig Zeit oder zu viel Angst. Dann annoncierte ich im Dezember 2018 hier auf ODS, auf falboot.org und im Canadierforum.de.

                      Kurz darauf meldete sich B. Er ist schon öfter in den Tropen gepaddelt, auch längere Touren. Wir haben ein paar mal geskyped und waren uns im Prinzip schon einig, zusammen zu fahren. Er wollte allerdings tatsächlich nur die Hälfte der Strecke mitkommen, und sich dann in Porto Joffre verabschieden.

                      Ich konnte mich noch ganz gut an einen von ihm verfassten Reisebericht über eine Paddeltour in den Tropen erinnern, bei dem ich an einigen Stellen stutzen musste und manche Dinge seltsam fand, damals auch mehr oder weniger zusammen mit einer kurzfristigen Internet-Bekanntschaft. Und ganz dunkel konnte ich mich erinnern, dass er schon mal zusammen mit einer Truppe Sachsen eine Tour unternommen hat, mit denen ich auch schon mehrfach unterwegs war. Am Silvester-Lagerfeuer am Schwielochsee traf ich einen dieser Sachsen und fragte ihn natürlich, wie das damals war zusammen mit B., wie der so drauf ist.
                      Die Antwort gebe ich hier nicht in den Details wieder, jedenfalls riet er mir explizit ab, mit B. auf Tour zu gehen. Ich tat das erst mal ab, schließlich wollte ich jetzt die Flugtickets kaufen, bevor die Preise anfangen zu steigen.
                      Ich wollte eigentlich an dem Wochentag buchen, zu dem die Preise am niedrigsten sind, aber B. bestand auf Samstag, dem 31.8., seinem Urlaubsbeginn. Ich buchte dann also Ende Januar meine Flüge, dazu im nächsten Abschnitt mehr.
                      Doch die Zweifel an B. bewegten mich natürlich weiter. Nun wollte ich es doch genauer wissen, und rief Thomas an. Thomas kannte ich auch bereits von Touren zB 2013 in Lappland, von der Mulde, der Elbe und anderen Gelegenheiten. Mein potentieller Mitfahrer B. fuhr die besagte Tour vorne bei Thomas im 2er-Kajak mit.
                      Thomas drückte sich zwar sehr zurückhaltend aus, bestätigte aber im Prinzip die andere Einschätzung. Da war ich natürlich arg im Zweifel, ob B. denn nun der richtige Reisepartner für mich sein könnte.
                      Ich dachte schon wir sind am Ende des Telefonates, da fragt mich Thomas, ob nicht er selber mitfahren könnte. Ich erläuterte ihm die Tour in den Details und freundete mich rasch mit dieser überraschenden Wendung an. Am Ende des Telefonates waren wir uns einig und ich sagte B. ab, bevor er noch selber seine Flüge bucht.

                      Thomas ist ebenfalls recht speziell, aber auf eine ganz andere Art als ich. Er hat mehrere Jahrzehnte fast alle Touren mitgemacht, die Roland (und andere) organisiert haben. Nur 2019 klappte das nicht. Roland hat seinen gut bezahlten Job stark zurückgefahren, um noch viel viel mehr Zeit zum Paddeln zu bekommen. Nun paddelt er und paddelt und paddelt, aber nicht mehr zu klaren, bereits am Jahresanfang feststehenden Terminen, sondern immerzu, meist kurzfristig geplant.
                      Thomas sein Chef besteht dagegen auf langfristiger Urlaubsplanung, um immer wenigstens einen Mann für seine Maschine zu haben. Für dieses Jahr hatte Thomas nun noch gar keine Tour, an die er sich anschließen könnte, und diese Möglichkeit kam ihm sehr entgegen. Problem könnte höchstens die lange Urlaubsdauer sein, 50 Tage am Stück. Aber mit entsprechend vielen Überstunden vorgearbeitet wollte er das hinkriegen.

                      Wieso 50 Tage am Stück? So lange hätte ich für die Paddeltour wohl auch nicht benötigt, wobei ein gutes Zeitpolster am Ende auch beruhigend ist. Der Grund war, es hat sich noch ein weiterer Mitfahrer gemeldet. Andrea wollte am Ende der Paddeltour doch noch zu uns stoßen. Dieses Jahr hat sie besonders lange Herbstferien, nämlich ausnahmsweise 3 Wochen am Stück. 2 Wochen reguläre Berliner Herbstferien plus eine Woche dank der vorangehenden jüdischen Feiertage dieses Jahr. Da lohnt sich dann schon die Fernreise.
                      Für uns Paddler heißt das aber auch, dass es kein Zeitpolster mehr gibt. Wir müssen die 900km in 27 Tagen schaffen, wollen wir Andrea nicht alleine in Corumbá warten lassen.
                      Oh je, wie will sie das überleben in den Tropen? Der einzige Weg, der mir einfiel, war, im Anschluss an unsere Paddeltour eine Mietwagentour zu organisieren. Wir fahren klimatisiert durch Südbrasilien, besuchen einige schöne Sehenswürdigkeiten wie Bonito mit seinen kristallklaren Flüssen, Itaipú, das lange Zeit leistungsstärkste Wasserkraftwerk der Welt, die Wasserfälle von Iguaçu, machen eine Bahnfahrt mit dem Serra Verde Express auf historischen Gleisen durch den atlantischen Regenwald unterhalb von Curitiba, besuchen das Oktoberfest in Blumenau, und baden an den Stränden von Florianopolis im Atlantik. Übernachten könnten wir in unseren Zelten irgendwo auf dem Lande, wild an Flussufern, so wie wir es auch in Osteuropa immer machen. Dann rentiert sich vielleicht auch der teure Mietwagen. So mein Plan, zusammengefasst auf einer Google-Map.

                      Mein Chef hat den Urlaub anstandslos genehmigt. Ich habe zwar nur insgesamt 20 Urlaubstage im Jahr, aber den Rest bekomme ich unbezahlten Urlaub. Letztes Jahr musste ich noch kündigen, um die Reise nach Sibirien anzutreten, diesmal hat er den einfacheren Weg gewählt.

                      Thomas hatte nach ein paar Tagen ebenfalls das Ok von seinem Chef.


                      Flugbuchung?
                      Die Frage der Flüge hat mich dieses mal auch sehr lange beschäftigt. Wegen dem großen Bootsgepäck reicht es ja nicht, die Flug-Suche-Portale zu bemühen. Bezüglich Übergepäck helfen die einem nicht weiter. Da habe ich mich Ende 2017 mal an ein auf Südamerika-Reisen spezialisiertes Reisebüro gewandt, um mir bei der Flugbuchung helfen zu lassen.
                      Leider war ich nicht in der Lage, die genauen Maße meines Gepäcks anzugeben. Damals ging ich noch neben dem Ally von Mitnahme der Solarzellen und des E-Motors aus, Teile, die ich noch gar nicht hatte. Daraufhin hat das Reisebüro die Zusammenarbeit beendet, unter Hinweis auf einen ähnlichen Fall 2 Jahre zuvor, wo der Kunde dann am Flughafen mit seinem zu großen Gepäck, ebenfalls einem Faltboot, den gebuchten Flug nicht antreten durfte.

                      Für uns kam dann erst mal Sibirien dazwischen.

                      Die Sibirien-Flüge eigenständig zu klären, war recht einfach. Nach dieser positiven Erfahrung sagte ich mir, Ok, dann versuche ich das für nächstes Jahr auch ins Pantanal selber hinzubekommen. Erst dachte ich, direkt nach Rondonópolis zu fliegen. Ein gutes Angebot der Google-Flugsuche sah idR so aus:



                      847€ ohne Gepäck, minimum. Aber der Wechsel der Fluggesellschaften beim Umsteigen machte es mir unmöglich, Gepäck-Preise zu erfahren, also wie das Gepäck dann preistechnisch gehandhabt wird. Das schaffen dann wohl doch nur die Reisebüros. Der Expedia-Mitarbeiter am Telefon konnte mit übermaßigem Gepäck aber auch nichts anfangen. Auch der Versuch, mit der brasilianischen Fluggesellschaft Azul direkt zu kommunizieren, blieb erfolglos. Das Englisch der Gegenseite war einfach zu rudimentär entwickelt und die Dame legte dann recht schnell immer wieder auf.

                      Dazu sieht es so aus, als wenn die Anreise doch ziemlich stressig ist. Ankunft 00:50 Uhr im "Wilden Westen" Brasiliens. Und vor allem ist es teuer! Flöge ich zB nur nach São Paulo, dann würde ich zum selben Beispieltermin nur 264€ berappen müssen. Von São Paulo aus würde man dann mit dem Fernbus für 73€ nach Rondonópolis weiterfahren können (Σ337€). Allerdings dauert die Busfahrt 23 Stunden für über 1300km! Ankunft 19:05 Uhr. Ich bin bisher ohne jede Erfahrung im Fernbus-Reisen und dachte auch hier, noch mal einen ganzen Tag sitzen zu müssen, das würde wohl viel zu stressig.

                      Anders sieht die Sache aus, wenn man in die Hauptstadt Brasília fliegt. Zwar ist der Flugpreis mit 413€ höher als nach São Paulo, aber die Flugzeit ist wegen dem kürzerem Zwischenstopp in Lissabon und der insgesamt kürzeren Flugzeit geringer. Die anschließende Busfahrt ist ebenfalls erheblich kürzer, "nur" 15:15h Fahrzeit mit Ankunft Mittags, 45€ für 915km (Σ458€). Das sind viel bessere Zeiten und preislich ein guter Kompromiss! Man kommt 11h später an, als wenn man nur geflogen wäre, aber spart sich neben dem mehr als 3x höheren Flugpreis auch eine Nacht im Hotel und das Taxi vom abgelegenen Flughafen mitten in der Nacht.

                      Dadurch, dass man es bis Brasilien nur noch mit einer einzigen Fluggesellschaft zu tun hat, vereinfacht sich das Ganze sehr. Die TAP ist zudem europäisch, da sollte man doch gewisse Mindeststandards auch bei Auseinandersetzungen erwarten können.
                      Mit der TAP konnte ich dann alle Fragen das Gepäck betreffend schon beim ersten Anruf klären. Das Boot würde als Sportgepäck akzeptiert werden, darf nicht mehr als 32kg wiegen und wurde von mir mit den Maßen 120x50x50cm angegeben. Das kostet für den Hinflug 150€ und wird nach dem Online-Kauf der eigentlichen Flugtickets übers Telefon dazugebucht. Das waren doch endlich einmal klare Aussagen. Ich war sehr erleichtert, als ich an diesem Punkt endlich weiterkam.

                      Hier sind übrigens die Gepäckbestimmungen bei TAP Portugal (und nebenan von vielen weiteren Fluggesellschaften) recht übersichtlich aufgeführt. Das Bootsgepäckstück fällt zB unter die Kategorie "Sportausrüstung", "Typ 3: anderes Sportgepäck", "interkontinental".

                      Ich kaufte dann also Ende Januar online meine Tickets TXL-BSB und zurück inkl. 2x23kg a 158cm für 939.36€, und buchte für 300€ das Faltboot telefonisch hinterher. Auf meine Bitte hin hat sie extra "Faltboot" für die Mitarbeiter in Tegel und "Barca dobravel" für die in Brasília mit draufgeschrieben.
                      Ein paar Tage später, als sich das mit Thomas geklärt hatte, buchte ich auch seine Tickets.

                      Andrea kümmerte sich erst ein paar Wochen später darum. Ich hatte ihr ein Reisebüro empfohlen, welches Extra-Rabatte nur für Lehrer versprach. Ihr Flug war dann auch tatsächlich sehr günstig. Sie flog ebenfalls mit der TAP, aber erst nach São Paulo, dann von einem 114 km entfernten Flughafen mit Azul weiter bis Corumbá, zurück dann wie wir von Brasília nach Berlin, und das ganze für gerade mal 800€. In der TAP galten für sie auch 2x23kg Gepäck, in der Azul aber gar nichts. Da wurde wohl was übersehen. Beim Einchecken in Viracopos waren sie dann aber sehr kulant und haben keinen Aufpreis für ihr aufgegebenes Gepäck berechnet (ein nicht so praller Rucksack).

                      Während Andreas Flugbuchung im STA-Travel-Reisebüro stellte sich heraus, dass es den Rückflug BSB-TXL am 17.10., den ich selber 3 Wochen zuvor gebucht hatte, angeblich nicht gibt. Er war im System nicht auffindbar. Ich konnte es gar nicht glauben.
                      Zu Hause probierte ich es selber, aber auch ohne Erfolg. Ich logge mich also im TAP-Kundenbereich ein und tatsächlich, die haben den gebuchten Flug gestrichen und mich einfach einen Tag vorverlegt, ohne mich zu informieren. Das geht natürlich gar nicht. Mit einem Anruf konnte ich den Abflug dann vom Mittwoch auf den eigentlich teureren Freitag verschieben. Das war in Ordnung so, so haben wir einen Tag länger in Brasilien, und das ohne Aufpreis.
                      1½ Monate später kam dann die Mail, die auf die Verschiebung aufmerksam machen sollte. Bissl spät, denke ich: "TAP Air Portugal - O45X3P - Schedule Change" ha, ha ….


                      Versicherung?
                      Das Thema Versicherung hat mich auch eine ganze Weile beschäftigt. Unter anderem war die Frage, ob es sich bei dieser Reise um eine "expeditionsähnliche Reise" im Sinne einiger Versicherungen handeln könnte. Wenn ja, wäre Versicherungsschutz ausgeschlossen. Natürlich wollte ich eigentlich eine Rundum-Sorglos-Reiseversicherung, die alle Risiken abdeckt, denen man ausgesetzt sein könnte. Allein der Neuwert des Bootes und der mitgeführten Ausrüstung lagen zusammen bei ~10900€ (Zeitwertkalkulation habe ich nicht gemacht, vieles davon war ja gerade neu).
                      Auslands-Krankenversicherung, Reiserücktritt, Reise-Abbruch, Reisegepäck, Reisehaftpflicht, Reise-Unfall, Suche und Bergung, Krankenrücktransport, etc. Die Risiken sind in Brasilien ja um einiges höher als beim gewöhnlichen Massentourismus-Pauschalurlauber, der wohl die Basis für die Versicherungskalkulation darstellt. So gesehen hätte solch eine Versicherung für meine Zwecke recht preiswert ausfallen müssen.

                      Aber je mehr ich mich damit beschäftigt hatte, desto mehr wuchs die Abneigung diesem ganzen Thema gegenüber. Das Lesen des Kleingedruckten der jeweiligen Versicherungen mit ihren vielfältigen Ausschlusskriterien sowie die nach den öffentlich ersichtlichen Bewertungen im Netz häufigen Streitfälle, wenn es halt doch mal zu einem Versicherungsfall kommt, haben bei mir ein derartig schlechtes Gefühl hinterlassen, dass ich außer der einfachen Auslands-Krankenversicherung keinen weiteren Versicherungsschutz eingekauft habe. Abgehakt!

                      Die Auslands-Krankenversicherung wurde die ReiseMed Tarif RD Einzel bei der DKV für 9.90€. Sie schneidet bei verschiedenen Tests gut ab. Suche und Bergung sind bis zu 10000€ abgesichert, das könnte vielleicht im Pantanal schon reichen.



                      Reisemedizin
                      Die empfohlenen Impfungen habe ich mir mit Andrea bereits Ende 2017 geholt, als ich noch an 2018 als Reisejahr glaubte. Das kostete ein paar Vormittage im Tropeninstitut. Es gab Gelbfieber, Tollwut und Hepatitis A und B. Auf Cholera haben wir verzichtet. Typhus und Meningokokken habe ich mir kurz vor der Reise noch geholt. Die Typhus-Impfung hält nicht lange an, deshalb erst kurz vor der Reise.

                      Außerdem habe ich in Anlehnung an diese Medikamenten-Liste Arzneimittel zusammengestellt, diese mit meiner Ärztin durchgesprochen und Rezepte bekommen. So sah am Ende meine eigene Liste aus. Läppert sich auch ganz schön, auf 651€.

                      Für Bandagen, Verbandmaterial etc habe ich einfach ins Auto gegriffen und das Erste-Hilfe-Set so wie es war mitgenommen. Dazu eine Zeckenzange und ein elektronisches Fieberthermometer. Ich wüsste nicht, ob ich eine beginnende Malaria sonst erkennen könnte. Wann hatte ich das letzte Mal Fieber gehabt? Jahrzehnte? Wie fühlt sich das an?
                      Gegen die Malaria hatte ich Malarone mitgenommen, habe es aber nicht prophylaktisch genommen. Ich hätte es nur im Verdachtsfall eingesetzt, also sobald ich der Meinung gewesen wäre, mir eine Malaria eingefangen zu haben.

                      Mückenmittel kam von DM, Sonnenschutz 50+ von Aldi.


                      Satellitentelefon?
                      900km abgelegene tropische Wildnis ohne Mobilfunknetz, aber mit vielen gefährlichen Tieren, da habe ich überlegt, wie wir im Notfall Hilfe herbeiholen könnten. Satellitentelefon ist mir zu teuer und unnötig schwer, aber der Garmin InReach Mini, der hat mir gefallen. Zwei-Wege-Text-Kommunikation, klein, leicht (100g), bequemes Text-Tippen, wenn man es mit dem sowieso mitgeführten Smartphone koppelt, USB-Akku-Laden, kostenlose Übermittlung des Standortes, so oft man will.

                      Solch ein Gerät selber kaufen kostet leider nicht nur den Kaufpreis von ~290€, sondern auch Jahresgebühr ~30€ und für die Phasen der Aktivierung Monatsgebühren ab 20€. Dazu kommen je nach Vertrag und bei Bedarf die Leistungen, die zusätzlich bezahlt werden müssen (selbstgeschriebene SMS, Tracking, Wetterbericht). Das lohnt sich nur, wenn man häufig in abgelegenen Gebieten unterwegs ist, oder wenn man das Gerät in den Nutzungspausen weitervermietet.

                      Also Leihen. Es gibt kommerzielle Verleiher dieser Geräte, die zB für meine 2 Monate Mietdauer 149€ verlangen.

                      Ich habe dann einen Privatmann gefunden, der mir das Gerät 2 Monate für 90€ verliehen hat. Dazu kam noch 1 Monat Aktivierung für 20€. Für die ersten ~7 Tage lief noch die vorhergehende Aktivierung. So war der gesamte Zeitraum auf dem Fluss aktiviert. Für die letzten 3 Wochen, in denen wir bereits wieder in der Zivilisation unterwegs waren, musste ich nicht noch einen zweiten Monat aktivieren. Sehr schön war, dass ich das Gerät ein paar Monate vorab schon mal für ein paar Tage aktiviert zum Testen bekommen konnte. So konnte ich mich in die Bedienung einfinden und schauen, ob mein Smartphone mit dem InReach zusammenarbeitet.

                      Wenn man auf dem InReach den Notfall-Knopf drückt, dann wird eine Zentrale benachrichtigt, die dann Kontakt aufnimmt und die Rettung koordiniert. Also zB den örtlich zuständigen Rettungsdienst alarmiert. Im Falle des Pantanals ist das nach meinen Recherchen wahrscheinlich:

                      Search and Rescue Ladário (Corumbá)
                      https://www.marinha.mil.br/salvamarb...ontent/contato

                      SALVAMAR OESTE (RCC Ladário) 185, Brazil
                      Tel (67) 3234-1030, (67) 3234-1032, (67) 3234-1031, Fax (67) 3234-1069
                      rccladario@marinha.mil.br

                      Für den Fall des Falles habe ich ein "Search and Rescue"-Dokument zusammengestellt, das unsere persönliche Daten zusammenfasst, Kontaktpersonen zu Hause benennt, unsere geplante Reiseroute darstellt, und Fotos von uns und Teilen der Ausrüstung zeigt. Also alles Angaben, die bei der Suche behilflich sein können. Das Ganze in Englisch und Portugiesisch. Den Link zu den Dokumenten habe ich dann im Garmin-Portal hinterlegt.

                      Normalerweise würde ich täglich am Rastplatz eine vorformulierte Nachricht schicken, in der die aktuelle Position (des Lagerplatzes) enthalten ist. Am Ende der Tour sah das im Garmin-Portal so aus:

                      Übersichtskarte mit täglichen InReach-Positionen
                      Der Link zu der Karte war den Angehörigen bekannt. So waren sie immer über unsere Fortschritte informiert, was daheim für Beruhigung sorgte.



                      Landkarten?
                      Richtig detaillierte Landkarten vom Pantanal habe ich überhaupt nicht gefunden, aber auch nicht richtig gesucht. Häufig gibt es Übersichtskarten zu bestimmten Themen. Eine Auswahl von diesen habe ich bereits oben verlinkt.
                      Aber ich bin ohnehin nicht mehr besonders scharf auf Papierkarten, seitdem die Navigation mit GPS auf dem Smartphone so gut funktioniert. Darum lag mein Fokus bei der OpenStreetMap und bei Google Maps Satellitenbildern.

                      Der OpenStreetMap habe ich mich schon lange Zeit vor der Abfahrt gewidmet. Das Pantanal war vor 2016 nur relativ grob und mit wenigen Details kartiert. Ich habe mich vor allem den Fließgewässern und den Zeichen von Besiedlung entlang meiner Paddelstrecke gewidmet, Häuser, Fahrwege und Flugstreifen. Insgesamt habe ich 56852 Änderungen in 307 Changesets hinterlassen. Immer schön von den hinterlegten Bing-Luftbildern abgezeichnet.


                      OSM-Heatmap

                      Neben Wasserläufen, die im Satellitenbild klar befahrbar aussahen, habe ich auch mögliche Fließrinnen kartiert, die wohl nur im Hochwasserfall genügend Wasser führen bzw dann nicht zugewachsen sind. Diese sind auf der Karte gestrichelt dargestellt.

                      Zwei, drei Monate nach den letzten Änderungen kann man dann bei Openandromaps.org die entsprechend aufbereiteten Karten für die Verwendung mit Locus pro auf dem Smartphone herunterladen.
                      Brasilien ist bei Openandromaps auf zwei Regionen aufgeteilt, "Brasil_amazonas" und "Brasil_coast". Leider lag der Blattschnitt ausgerechnet mitten im Pantanal, so dass ich beide Teilkarten hätte mitführen müssen. Das wurde aber auf meine Bitte hin sehr schnell korrigiert.

                      Dann habe ich noch das Kartenthema "Elements" so modifiziert, das Gewässer dunkelblau mit hohem Kontrast und Einzelgebäude sehr deutlich als großer roter Fleck dargestellt werden und damit im grellen Sonnenlicht besser erkennbar sind. Das hat unterwegs alles in allem hervorragend funktioniert.

                      Auf Basis der OSM-Fließgewässerlinien habe ich anschließend für die gesamte Paddelstrecke eine genaue Kilometrierung erzeugt und die Kilometermarken als GPX in Locus pro importiert. Für den Rio Paraguai fand ich außerdem noch die Standorte und Bezeichnungen der amtlichen Seezeichen, die ich ebenfalls in die OSM übertragen habe sowie lokal als GPX importiert. Damit sind Kilometerpunkte und Seezeichen auch auf den Luftbildern sichtbar.

                      Beispiel Kartenausschnitt:


                      Wie man leicht sieht, taugt die OSM in ihrem jetzigen Zustand dennoch nur für die grobe Orientierung. Ich habe zB all die Seen im Gebiet nicht eingezeichnet. Auch das dichte Mosaik von verschiedensten Vegetationsformen habe ich nicht in die Karte gezeichnet. Dafür eignen sich Satellitenbilder viel besser. Diese wurden in einem relativ aufwendigen Verfahren entlang des geplanten Streckenverlaufes alle einzeln per Hand heruntergeladen, die JPGs kontrastverstärkt und aufgehellt, und für die Verwendung in Locus pro konvertiert.

                      Beispiel Satellitenansicht mit Kilometermarken:


                      Kartenschnitt der heruntergeladenen Google-Satellitenbilder:
                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: KartenschnittPantanalNeu2019beschriftet.png Ansichten: 0 Größe: 657,1 KB ID: 3012738

                      Damit stand alles für mich relevante Kartenmaterial offline auf dem Smartphone zur Verfügung. Durch die langwierige Beschäftigung mit den Karten und Luftbildern wurde mir das Gebiet bereits sehr vertraut.
                      So fielen mir dann auch Veränderungen auf, die im Laufe der Zeit auftraten. An einer Stelle gab es zB auf den Satellitenbildern von Anfang 2018 eine dramatische Veränderung. Ein Teilarm des Rio São Lourenço, den ich befahren wollte, hatte sich im Verzweigungsgebiet einen neuen Lauf durch die Landschaft gesucht. Der bisherige Lauf verlandete. Auch an etlichen anderen Stellen des Flusses veränderte sich das Flussbett sichtbar im Laufe der Zeit. Da wurden Flussschleifen abgeschnitten, Altarme verlandeten, an den Außenkurven sah man die Erosion voranschreiten, der Flusslauf verlagerte sich. Sehr interessant und alles vollkommen naturbelassen. Und zeigt auch, wie schnell gedruckte Landkarten in diesem Gebiet veralten würden.

                      So, das war es erst mal mit den Vorbereitungen. Sollte mir noch was einfallen, trage ich das hier nach.
                      Zuletzt geändert von Spartaner; 03.02.2021, 08:02.

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                      • travelkai
                        Erfahren
                        • 24.05.2004
                        • 277
                        • Privat


                        #12
                        AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                        Eine faszinierende Region in der Du sicherlich viel spannendes erlebt hast.
                        Ich freue mich auf die Fortsetzung...
                        Die Natur braucht sich nicht anzustrengen, bedeutend zu sein. Sie ist es. Robert Walser (1878-1956) www.travelkai.de

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                        • Spartaner
                          Lebt im Forum
                          • 24.01.2011
                          • 5056
                          • Privat


                          #13
                          10000km-Anreise
                          Bereits am Vorabend ist Thomas mit seinem Auto aus Döbeln zu Andrea gekommen, und nachdem auch ich kurz nach 20 Uhr Feierabend machen konnte, packen wir das Gepäck soweit um, dass alle drei 23kg-Gepäckstücke in etwa gleiche Ausmaße haben (Stopp, das war nur der Plan, tatsächlich wiegen nur meine beiden aufzugebenden Gepäckstücke knapp unter 23 kg, Thomas sein Ortlieb Extremer XXL ist höchstens zur Hälfte gefüllt).


                          Samstag, 31.8.2019, Hinflug
                          Aufstehen 2:30 Uhr, Duschen, Pfefferminztee trinken, Andrea schmiert uns Stullen, Abfahrt kurz nach drei, das Gepäck geht gerade so in Thomas sein Auto rein. Andrea fährt seinen Nissan Qashqai zum Flughafen Tegel, zu den Halteplätzen innen im Terminal A. Nach dem Abschied bringt sie das 1½t schwere Gefährt wieder nach Karlshorst und parkt genau vor meinem. Wir haben die Autos extra am Rande eines ruhigen Wohngebietes auf der anderen Seite der Bahn abgestellt, wo die Wahrscheinlichkeit für die Einrichtung eines temporären Parkverbots, zB wegen Bauarbeiten oder Baumschnitt oder ähnlichem, sehr gering ist. Die Autos sollen ja 7 Wochen unbehelligt auf öffentlichem Straßenland stehen bleiben.

                          Wir wuchten das Gepäck auf zwei Rollis und suchen unser Gate. Erst dachte ich, dass A01 oder A03 unsere Gates nach Lissabon sind, so jedenfalls meine Rechercheergebnisse vor 2 Wochen, als Andrea zur Kursfahrt nach Wien abgeflogen ist. Aber es ist heute Gate A08 und wir müssen noch ein ganzes Stück Wegs mit unseren 2 vollgepackten Rollies durch die Abflughalle zuckeln. Schon von weitem sehen wir eine lange Schlange vor dem Check-In warten. 04:05 Uhr stehen wir am Ende der Schlange. Kurz danach beginnt der Check-In. Nachdem die ersten zwei Leute abgefertigt wurden, hat der aber auch schon ein Ende. Das Förderband funktioniert nicht, und die Mitarbeiter telefonieren, dass jemand kommt, der sich darum kümmert.



                          Mehr als eine Stunde tut sich jetzt erst einmal gar nichts. Niemand wird abgefertigt. Ich werde schon leicht unruhig, sehe meinen ganzen schönen Anreiseplan sich in Luft auflösen, der ohne Netz und doppelten Boden gestrickt ist. Denn wenn wir jetzt nicht pünktlich abheben, verpassen wir in Lissabon unseren Anschlussflug nach Brasília, der bereits eineinhalb Stunden nach unserer geplanten Ankunft in Lissabon abheben soll, damit auch den bereits gebuchten Bus in Brasília, und das Hotel in Rondonópolis wäre dann auch umsonst gebucht. Und selbst wenn wir persönlich es schaffen sollten, den Anschlussflug zu erreichen, bedeutet das noch nicht, dass das aufgegebene Gepäck es ebenfalls schaffen wird.
                          Die Schlange hat sich derweil auch hinter uns weitere 100m verlängert.
                          Mir reicht es jetzt. Ich gehe vor zum Schalter und frage die Damen am Check-In, ob ich wenigstens das Boot als Sperrgepäck einchecken kann. Mit dem muss ich ja noch zum Sperrgepäckschalter einen Stock tiefer gehen.

                          Sie scheinen richtiggehend froh zu sein, mir helfen zu können. Schnell checken sie mich ein, und gehen mit mir zu unserem Platz in der Schlange, um dort die Banderolen am Gepäck zu befestigen. Und zwar nicht nur am Sperrgepäck, sondern auch an den übrigen drei großen aufzugebenden Gepäckstücken. Thomas wird anschließend auch gleich eingecheckt.
                          Danach fällt ihnen ein, dass sie ja auch bereits die Leute, die nur mit Handgepäck unterwegs sind, abfertigen könnten.

                          Ich kann problemlos das Sperrgepäck aufgeben, die beim Buchen des Tickets angegebenen Maße von 120x50x50cm sowie die 32kg wurden nicht überschritten. Als ich zurück bin in unserer Schlange, erscheint der erste Techniker, der sich um das kaputte Band kümmert. Irgendwann funktioniert das dann auch wieder, und der Check-In beginnt. Als wir an der Reihe sind, muss das aufzugebende Gepäck nur noch gewogen werden. Alles liegt im grünen Bereich. Ich liege mit beiden normal aufgegebenen Gepäckstücken knapp unter den erlaubten 23 kg, und Thomas hat noch viel weniger dabei. Das Handgepäck wurde überhaupt nicht weiter gecheckt.

                          Insgesamt scheinen sich die Mitarbeiter jetzt richtig zu beeilen. Auch der Sicherheitscheck geht zügig vonstatten. Nur ich werde wieder einmal heraus gefischt. Ich muss im Handgepäck die Kisten mit der ganzen versammelten Technik aufmachen und vorzeigen. Im Röntgenbild war das Ganze doch viel zu unübersichtlich mit seinen vielen Ladekabeln, Foto-Akkus, Powerbank, Solarpanels, Ladegeräten, Kopflampe, Messinstrumenten, Satellitenmessenger, Smartphones usw. Der kontrollierende Sicherheitsbeamte fragt noch nach woher, wohin, und sorgt sich um unsere Sicherheit, weil er meint, in Brasilien stehe jetzt alles in Flammen. Aber ich kann ihn beruhigen, es handelt sich dabei überwiegend um eine Pressekampagne gegen Präsident Bolsonaro. Im benachbarten Bolivien brennt es dieses Jahr genauso häufig, aber der dortige Präsident Evo Morales wird von der Presse geschont. Dass es dieses Jahr viel häufiger brennt, liegt vor allem an der ausgeprägten Dürre der letzten Monate in Südamerika.

                          Eine halbe Stunde nach der geplanten Abflugzeit sitzen wir nun tatsächlich in unserem Airbus A320. Ich kann sogar beobachten, wie unser Boot verladen wird, und wie es dabei von einem kräftigen Hünen rücksichtslos über den Riffelboden des Transporthängers geschliffen wird.
                          Eine ½h später als geplant geht es dann endlich los, wir heben ab. Nachdem wir den Chaos-Flughafen Tegel verlassen haben, geht endlich alles seinen normalen Gang. Zwar ist das Flugzeug voll besetzt, der Sitzabstand eng, aber dafür gibt es ein Sandwich zum Frühstück, dazu ein Stück Kuchen und 2x 2 Getränke nach Wahl. Nicht nur Wasser, Kaffee, Tee, verschiedene Säfte, sondern auch Bier und Wein.

                          Wir fliegen über Belgien, Nordfrankreich, die Biskaya, und Nordspanien nach Portugal.

                          Nach 3½h Flug landen wir 08:52 in Lissabon, also zeitlich alles noch im grünen Bereich. Eine Stunde bleibt uns bis zum Abflug nach Brasília, und da wir nicht mehr in Berlin sind, sollte alles nach Plan laufen. Hier müssen wir zwar noch einmal durch eine Passkontrolle, aber das Handgepäck wird nicht noch einmal kontrolliert. Der Anschlussflieger ist schnell gefunden, er steht bereits am Gate.



                          Kurz darauf können wir einsteigen. Thomas nimmt im vorderen Bereich der Economy-Klasse Platz, dort wo die Sitze rot markiert sind. Ich hatte auch so einen roten Platz zugewiesen bekommen, habe den aber beim Check-In vor 2 Tagen extra gegen einen Platz am Fenster ausgetauscht, im grünen Bereich. Nun muss ich mit Erschrecken feststellen, dass ich mich selbst in eine schlechtere Klasse manövriert habe. Der rot markierte Bereich 'Economy Plus' hat deutlich größeren Sitzabstand und ich glaube auch breitere Sitze. Außerdem ist hier nicht alles voll belegt. Ich dagegen sitze jetzt im grün markierten Bereich, wo sich die Leute drängeln. Im hinteren Bereich wurden anscheinend auch alle Familien mit kleinen Kindern untergebracht. Naja, das war halt die einzige Möglichkeit, am Fenster zu sitzen. Und den Fensterplatz mag ich, um was zu sehen und meine Strecke mit GPS tracken zu können. So weiß ich immer wo ich bin. Ich denke aber, beim Rückflug würde ich nicht mehr freiwillig aus dem roten Bereich herauswechseln. Wer schon vorher ganz genau wissen will, welche Qualitäten die einzelnen Sitzplätze aufweisen, kann hier nachlesen.

                          Ich fliege das erste Mal mit dem A330. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht den Anschein hat, ist der Langstrecken-A330 doch erheblich größer als das Mittelstreckenflugzeug A320. Anstatt einem Mittelgang haben wir hier zwei Gänge. Man muss auch nur maximal eine Person bitten, aufzustehen, wenn man raus will. Unser A330-202 "Joao Gonçalves Zarco" ist Baujahr 2007 und wurde im 1. Halbjahr 2017 innen komplett saniert. Auf den 25 Sitzen der Executive-Class kann man jetzt liegen, die 244 Economy-Sitze haben auch etwas mehr Beinfreiheit bekommen.

                          Das Startgewicht beträgt maximal ~238 Tonnen, und irgendwie merkt man das auch im Vergleich zu den 78t des A320. Es ist ruhiger als in den Mittelstreckenmaschinen. Wir drehen noch eine Runde über Lissabon, und verschwinden dann auf den Atlantik. Zuerst geht es westlich der afrikanischen Küste über die Inselgruppen der Kanaren (1400km nach Lissabon) und der Kapverden (3000km nach Lissabon), bevor der große Sprung über den Atlantik ansetzt. Möglicherweise hat diese Routenführung tatsächlich Sicherheitsgründe. Solange man noch in der Nähe der Küste oder der Inselgruppen fliegt, ist eine Notlandepiste nicht weit entfernt. Man erinnert sich ja noch gut an den Air-France-Flug 447 im Jahre 2009, übrigens mit dem selben Flugzeugtyp, in dem wir hier gerade sitzen.



                          Nun fliegen wir stundenlang über offenes Wasser, 2600km über offenes Meer ohne Inseln. Im Flugzeug ist alles ruhig, alle haben die Fensterläden geschlossen und versuchen zu schlafen. Thomas vorne hat genügend Platz, weil seine Nachbarplätze links und rechts frei bleiben, und kann sich zeitweise hinlegen.
                          In der Startphase setzt er sich sogar ans Fenster, neben Felipe, der ihm den Platz zur Verfügung stellt. So kann er auch einmal aus dem Fenster schauen.

                          Zweimal weicht das Flugzeug größeren Turbulenzgebieten aus. Nach 6½h Flug erreichen wir bei Touros das südamerikanische Festland. Mein erster Blick auf die Neue Welt, auf Brasilien. Hinter einem ausgedehnten Sandstrand mit (Wander-) Dünenfeldern beginnt eine trockene Steppen- oder Savannenlandschaft. Aber das ist alles keine unberührte Natur mehr, überall sieht man Fahrspuren, Spuren der Landwirtschaft, Felder, Siedlungen. Das Land ist hier flächendeckend zersiedelt. Flüsse und Bäche sind vielerorts angestaut. Vereinzelt gibt es kreisrunde bewässerte Felder. Das sind auch die einzigen grünen Punkte in der Landschaft, ansonsten dominiert das Gelb, Braun und Grau der abgeernteten Felder, sowie in steileren Hanglagen Reste der Caatinga-Trockensavanne.





                          Nur wenige Gebiete sehen auf größeren Flächen wie naturbelassene Caatinga aus.
                          Der schönste Anblick ist der große Fluss São Francisco mit seinem türkisblauen Wasser. Mit ~3200km Länge ist er einer der 20 längsten Flüsse der Welt.

                          Nach ~7400km in der Luft nähern wir uns ½4 Brasília. 5 Stunden beträgt die Zeitverschiebung seit Berliner MESZ. Im Landeanflug kann man die Stadt sehr schön überblicken. Nahezu senkrecht unter uns erkenne ich die berühmte, sehr spezielle Architektur des ursprünglichen Stadtzentrums von Brasília (Weltkulturerbe, nicht im Bild).



                          Wir landen nahezu pünktlich. Auf dem Flughafen Brasília ist nicht sehr viel Betrieb, fast wie ein kleiner Provinzflughafen, mit ungefähr 5 täglichen Starts internationaler Flüge. Inlandsflüge starten einige mehr.



                          So geht der Ausstieg recht flott, alle streben dem Gepäckband zu, wo ausschließlich Gepäck unseres Transatlantikfluges aus Lissabon kreist.
                          Als erstes entdecke ich das Boot, das bereits neben dem Band liegt. Wir besorgen uns zwei Rollies, und warten weiter. Erst ganz zum Schluss gelangen meine beiden großen aufgegebenen Gepäckstücke auf das Band.

                          Auf Thomas sein Gepäckstück warten wir allerdings umsonst. Nachdem nichts mehr passiert und das Band gestoppt hat, melden wir uns bei einer Dame, die uns schnell weiterhilft. Es gibt einen extra Schalter für verloren gegangenes Gepäck. Nicht nur Thomas hat es getroffen, auch sein netter Sitznachbar Felipe vermisst ein Gepäckstück. Thomas sein Teil wurde bereits gefunden. Wir wissen leider nicht wo. Ich denke noch, es wurde in Lissabon nicht rechtzeitig umgeladen. Ein Irrtum, später klärt sich das.

                          Wir füllen eine Vermisstenmeldung aus, und bekommen das Versprechen, dass das Gepäck nach Rondonópolis nachgeschickt wird. Allerdings wird es nicht bis ins Hotel gebracht, sondern muss am Flughafen von uns abgeholt werden. Soweit klingt das alles recht gut. Nur Thomas bleibt über die nächsten 24 Stunden skeptisch.

                          Wir werden jedenfalls weiter unserem Plan folgen und jetzt zum Busbahnhof fahren. Kaum verlassen wir den inneren Bereich des Flughafens, nähert sich bereits eine dunkle Gestalt und zischelt uns zu: Taxi, Taxi. Wir lehnen erstmal dankend ab. Mein Plan ist, hier einen Uber aufzutreiben und uns für 4€ die 10km zum Interstate Busbahnhof fahren zu lassen, Rodoviária Interestadual. Diese Idee kann leider nicht umgesetzt werden, da wir hier auf dem Flughafen keine Netzverbindung bekommen. Es wird zwar Free Wifi angeboten, aber wir Scheitern an einem Login. Bei anderen erscheint bei der Anmeldung ein Pop-Up-Fenster, auf dem man die Anmeldung vollziehen kann. Bei mir nicht. Nun schauen wir uns um, ob man denn hier bereits eine SIM-Karte erwerben kann. Aber auch hier, negativ.

                          So entschließen wir uns, doch ein ganz normales Taxi zu benutzen. Anstatt 4€ kostet das jetzt 10€. Ob alles mit rechten Dingen zuging, kann ich nicht sicher entscheiden. Es scheint aber im allgemeinen so zu sein, dass hier der Uber-Preis etwa 50% unter dem normalen Taxipreis liegt. Beim Taxi bleibt natürlich immer die Möglichkeit, dass man übers Ohr gehauen wird. Beim Uber entfällt das, man muss nicht mühsam erklären, wo man hin will, und Fahrtziel, Fahrstrecke und Fahrpreis sind bereits zu Beginn klar vereinbart.

                          Die normalen Taxis scheinen für unseren Gepäckberg zu klein zu sein. So wird uns ein Großraumtaxi gerufen. Zumindest das ist gegenüber dem Uber vorteilhaft. Von UberBAG weiß ich zu dem Zeitpunkt noch nichts.
                          In wenigen Minuten sind wir am Rodoviária Interestadual de Brasília. Der Busbahnhof wurde 2010 eröffnet und ist, typisch für diese Stadt, in futuristischer Architektur gehalten. Unter einem riesigen schattenspendenden Dach herrscht reger Betrieb in modernem Ambiente. Zunächst scheitern wir daran, einen Rolli aufzutreiben. So bleibt Thomas beim Gepäck, und ich suche die große Halle ab nach dem Schalter unserer Busgesellschaft Expresso São Luiz. Der ist unter 39 hier vertretenen Busgesellschaften rasch gefunden. Ich habe unsere Bustickets zwar bereits Zuhause vor 2 Tagen für 2 x 50.50€ über das Internet gekauft, aber hier am Schalter gibt es noch einmal einen richtigen Check-In mit Vorlage des Passes. Alles iO, ich bekomme mein Ticket. Anschließend schicke ich Thomas mit seinem Pass zum Schalter. Während ich auf das Gepäck aufpasse, wird direkt vor mir ein Rolli frei. Das Gepäck ist schnell aufgeladen, und ich rollere zu Thomas an den Schalter. Hier kann ich nun auch unseren Gepäckberg dem Angestellten des Busunternehmens zeigen und fragen, ob das so in Ordnung geht. Ich bekomme einen Daumen nach oben.

                          Nun heißt es warten, wir haben ein paar Stunden Zeit bis zur planmäßigen Abfahrt des Busses um 21:55 Uhr. Thomas setzt sich mit dem Gepäckberg in den Wartesaal, und ich nutze die Zeit, eine SIM-Karte für das Handy zu besorgen. Das erweist sich als schwieriger als gedacht. Glücklicherweise finden sich in der Umgebung des Busbahnhofs mehrere große Einkaufszentren. Zunächst steuere ich den nächstgelegenen Extra an. Aber ich habe kein Glück, hier gibt es keine SIM Karten. Man verweist mich auf das gegenüberliegende Shoppingcenter. In diesem riesigen Einkaufstempel "ParkShopping" finden sich Läden aller vier großen Telefongesellschaften: Vivo, TIM, Claro und Oi. Überall ist viel Betrieb. In manchen dieser Läden muss ich Wartekarten ziehen. Aber ich bleibe in allen Läden erfolglos. Keiner verkauft mir eine Prepaid-SIM-Karte, ohne dass ich eine brasilianische Steuernummer, eine CPF, vorlegen kann. Dabei hatte ich im Vorfeld gelesen, dass anlässlich der Fußballweltmeisterschaft 2014 diese strengen Bestimmungen gegenüber Ausländern abgeschafft wurden.
                          Am Ende verweist man mich auf zwei Ladenketten, die angeblich auch an Ausländer Prepaidkarten verkaufen. Und tatsächlich, im Fujioka werde ich fündig. Aber nicht etwa so, wie man sich das vorstellt, einfach so verkauft gegen Vorlage des Passes, nein das war dann doch nur ein rein persönliches Entgegenkommen einer netten Verkäuferin. Sie ist die einzige, die hier im Laden Englisch spricht. Nachdem ich ihr meine Odyssee durch all die Telefonläden geschildert habe, hat sie ein Erbarmen, und meldet meine SIM-Karte mit ihrer persönlichen CPF an. 25R$ ~5.70€ Prepaid ("Pré-Pago") zahle ich für 1 Monat und 4GB schnelles Internet LTE bei der Telefongesellschaft Oi. Das ist okay, wenn auch mehr als in Russland. Die Angestellten übernehmen auch die Anmeldung meiner Karte bei der Telefongesellschaft, so dass beim Verlassen des Ladens auch alles funktioniert. Hoi hoi hoi, was für ein Aufwand! Aber irgendwie auch ein interessantes kleines Mikroabenteuer.

                          Zurück auf dem Busbahnhof, entdecke ich noch den VIP-Wartesaal unseres Busunternehmens Expresso São Luiz. Hier sitzt man klimatisiert, hat Free Wifi, mehrere Ladesäulen zwischen den Stühlen ermöglichen das Laden aller möglichen USB-Geräte, und eine Angestellte kümmert sich mit Snacks und Getränken um das Wohl der Passagiere. Alles tip top!







                          Kurz vor Abfahrt finde ich mein Busticket nicht mehr. Kurze Aufregung, die Angestellten wollten schon ein Ersatzticket besorgen, da fällt mir ein, dass ich es in der Fototasche verstaut hatte. Okay alles gut. Das Busticket ist unbedingt notwendig, um überhaupt durch den bewachten Checkpoint auf die Bus-Terminals zu gelangen.

                          Unser Bus steht bereits abfahrbereit da. Er wurde nicht in Brasilia neu eingesetzt, sondern hat bereits eine ~2000km lange Fahrt von Recife ganz im Nordosten des Landes hinter sich. Auch das Ziel ist nicht Rondonópolis, sondern der Bus fährt 1100km weiter über Cuiaba bis in die Stadt Alto Floresta.
                          Wir werden allerdings am Einsteigen in den Bus gehindert. Ganz habe ich es nicht verstanden, aber es scheint mir so, als fährt der Bus noch mal kurz zum Flughafen, um weitere Passagiere einzuladen. Nach einer halben Stunde ist er wieder zurück.

                          Wir steuern also für diese halbe Stunde die nächstgelegene Sitzbank hier im Außenbereich der Terminals an. Dort sitzt bereits eine hübsche Dame in den 40ern, vom Äußeren her eher obere Mittelschicht, die uns sogleich in eine für deutsche Verhältnisse eigenartige Unterhaltung verstrickt. Alles läuft über den Google Übersetzer. Brasilianerinnen sind offenbar sehr offen, was die Anbahnung von Kontakten betrifft. Sie freut sich, dass sie nicht alleine hier auf der Bank sitzen muss, und jetzt etwas Schutz vor ungewollten Belästigungen hat. Wir sitzen wohlgemerkt bereits im besonderen Einlass-kontrollierten Abfahrtbereich. Wir schäkern ein bisschen, unterhalten uns über das woher und wohin, und am Ende tauschen wir noch Telefonnummern aus.

                          Nachdem der Bus wieder im Terminal steht, öffnen sich für uns die riesigen Gepäckluken. Sie haben fast Stehhöhe. Meine Sorge, das Gepäck könnte zu groß sein, war vollständig unbegründet. Trotzdem auch andere Reisende viel großes Gepäck verladen haben, ist immer noch Platz ohne Ende. Der Bus selbst ist ein großer hoher Reisebus mit Luxusausstattung. Es gibt insgesamt nur wenige Sitzplätze, und die Lehnen lassen sich alle sehr weit nach hinten legen. Jeder Sitz hat zwei USB-Ladebuchsen, und angeblich gibt es auch free WiFi. Habe ich aber nicht getestet.
                          Der Bus ist eiskalt klimatisiert. Die Fahrgäste wissen das und haben vorsorglich warme Decken mitgebracht. Ich habe zum Glück auch Zugriff auf meine Fleecejacke. Nur Thomas muss frieren. Er kann sich nur noch ein zweites kurzes T-Shirt überstreifen.

                          Um 22:10 Uhr fährt der Bus ab. Der Fahrer fährt sehr ruppig, man wird ordentlich durchgeschüttelt, und die Benutzung der recht dreckigen Bustoilette im Stehen verlangt höchste Konzentration und physische Anspannung. Unten im Gepäckraum höre ich immer wieder, wie Metall auf Metall knarzt. Es hört sich so an, als sei der Bootssack bereits aufgerieben und das Alu-Gestänge schabt innen an der Tür.
                          In Goiânia ist allerdings Schluss mit diesem Teufelsritt. Wir halten neben einem anderen Bus der Linie São Luiz und wechseln mitsamt dem Gepäck in den Nachbarbus. Dabei zeigt sich auch, dass unserem Gepäck bisher überhaupt nichts passiert ist. Alles tip top.
                          Der neue Fahrer fährt ruhiger. Längst liegen alle Sitze flach und jeder versucht zu schlafen. Das gelingt auch ganz gut, die Sitze sind wirklich ziemlich bequem.


                          Sonntag, 01.09.2019, Ankunft in Rondonópolis
                          Es wird mit 932 km die längste Busfahrt meines Lebens. Insgesamt stoppt der Bus 9 mal an den Busbahnhöfen auf der Strecke. An einer Station steigt ein Kontrolleur ein und checkt die Fahrkarten aller Passagiere. Das ganze System scheint wasserdicht. Extrageschäfte des Busfahrers sind ausgeschlossen.



                          Um 6:11 Uhr halten wir für eine ½h Pause in der Kleinstadt Jataí. Einige Leute verschwinden mit Zahnputzzeug im Sanitärbereich der Rodoviária. Der glatte Steinfußboden der Rodoviária ist so sauber, dass man davon essen könnte. An den Säulen im Außenbereich hängen große ungeschützte Flachbildschirme, welche bei uns in Deutschland wahrscheinlich in kürzester Zeit Opfer von Vandalen geworden wären.
                          Innerhalb dieser halben Stunde Pause wechseln wir von der Nacht in den Tag, die bekanntlich sehr kurze Dämmerung in den Tropen. Jetzt haben wir noch sechs Stunden Busfahrt im Hellen, mit Aussicht in die Landschaft.



                          Wie bereits vom Flugzeug aus gesehen, ist das gesamte Land kultiviert, großflächige Intensivlandwirtschaft dominiert. Stellenweise erinnert die Landschaft an die Ukraine. Angebaut wird hier anscheinend vor allem Mais und Zuckerrohr, Baumwolle und ich muss noch mal nachforschen andere Feldfrüchte. Neben den riesigen Ackerflächen finden sich nur kleine Reste von Trockenwald, Cerrado. Ab und zu stehen leuchtend gelb, rot oder violett blühende Bäume als Farbtupfer in der Landschaft. Manche dieser Bäume tragen zur Zeit keine Blätter, sondern nur ihre Blütenpracht. Es ist Trockenzeit.





                          Anstelle unserer Kiefernschonungen werden hier Eukalyptusplantagen bewirtschaftet, im Bild oben zB links am Straßenrand. Überall stehen riesige Silos und andere großzügig dimensionierte landwirtschaftliche Anlagen. Es scheint gerade Erntesaison zu sein, große Laster mit Anhänger bringen den Mais, die Baumwolle und andere Feldfrüchte von den Fazendas zu den Sammelsystemen. Auf den Straßen sind viel mehr dieser 9-achsigen Riesenlaster unterwegs als PKW. Überhaupt scheint mir das Land überraschend gut entwickelt, effizient organisiert, wenn auch mit etlichem Aufwand, um Ordnung und Sicherheit zu gewährleisten. Mir kommt es bereits nach diesen ersten Stunden weiter entwickelt vor als Russland, ebenfalls ein BRICS-Staat und meine Lieblings-Referenz.



                          Ein Tukan sitzt neben der Straße auf einem Baum.

                          Gegen Mittag erreichen wir Rondonópolis und sehen hier zum ersten Mal unseren Paddelfluss.



                          Wenige Minuten später stehen wir in der Rodoviária. Mit einem Riesenrolli schaffen wir das viele Gepäck bis zum Taxistand.



                          Einige Taxen warten auf Kunden. Mit dem Luxus eines Großraumtaxis werden wir hier nicht verwöhnt. Der Fahrer sieht aber kein Problem. Diagonal und mit etwas stauchen (aua!) passt das 1.2m lange Bootsgepäckstück gerade so in den Kofferraum des Kompaktwagens. Die anderen großen Teile werden auf der Rückbank verstaut. So kommen wir in 8 Minuten bis zum Hotel Nacional, welches ich bereits von Berlin aus für 2 Nächte gebucht hatte.

                          Das Hotel ist eines von der schlichtesten Sorte. Ok, kostet auch nur Σ47€ für 2 Mann & 2 Nächte inklusive Frühstück. Entgegen der Abmachung mit booking.com bekommen wir einen fensterlosen Raum. 2 Betten, Klimaanlage, Kühlschrank, Fernseher, ein Laken zum Zudecken, und ein Bad mit Dusche, ein Stück Seife und Klopapier, Handtücher, das ist alles. Wir bekommen sogar jeder einen Schlüssel. Das Zimmer ist sauber und die Technik bis auf die schief sitzende Klobrille weitgehend intakt. Ich überlege schon, den fensterlosen Raum zu reklamieren, aber wir bekommen schnell mit, das der Straßenlärm in den Zimmern mit Fenster viel lauter zu hören ist.







                          Nach den insgesamt 39½h Anfahrt zum Startort der Paddeltour gönnen wir uns erstmal eine Dusche. Wir fühlen uns erstaunlich fit, die lange Anreise hat uns nicht sehr zugesetzt. Vor allem die bequeme Busfahrt mit Schlafmöglichkeit hat uns wieder auf die Beine geholfen.

                          Danach erkunden wir in der größten Nachmittagshitze die Stadt. Viel ist nicht los heute am Sonntag. In einer Online-Kirche sitzen 3 Gläubige im großen Saal und lauschen der Predigt auf den Bildschirmen.





                          Wir erkunden die Einsatzstelle kurz oberhalb der alten Brücke:


                          Hier erkennt man auch gleich, warum der Fluss Rio Vermelho heißt, der Rote Fluss. Offenbar Trübstoffe, die aus dem Lateritboden im Einzugsgebiet eingetragen werden. Die Sichttiefe im Wasser beträgt vielleicht 10 - 20 cm.



                          2013 sah die Einsatzstelle noch ganz anders aus. Die Treppe war neu und noch nicht verschlammt:


                          (Foto Diana Svelnis, mit freundlicher Genehmigung)

                          Der hintere Teil der Treppe ist heute völlig überwachsen. Am Fundament nagt die Erosion.

                          Ein paar Meter stromauf schauen wir uns auch den Park östlich davon an, wo ein kleiner Bach mündet und die Leute baden gehen.



                          Das ist der Bach 'Córrego Araréu' oder 'Rio Arareau':


                          Ich hatte im Vorfeld überlegt, ob man nicht auch im Bach einsetzen könnte, aber vor Ort sieht das nicht danach aus.

                          Dann gehen wir weiter zum Supermarkt "Big Master":


                          Welche Überraschung, der hat heute am Sonntag sogar geöffnet! Täglich 07:30 - 21:00 Uhr. So können wir bereits erkunden, welche Nahrungsmittel von meiner vorbereiteten Lebensmittelliste hier verfügbar wären. Bis auf Erdnussbutter und Tomatenmark in Tuben ist alles zu haben. Es ist ein recht großer Supermarkt, größer als bei uns üblich, und auch die gewöhnlichen Verpackungseinheiten sind hier zT sehr viel größer als bei uns. Die Leute kommen vielleicht einmal im Monat oder im Halbjahr mit dem Auto zum Einkaufen, oft von weit her aus dem Umland der Stadt, und packen sich Berge von Lebensmitteln in die riesigen Einkaufswagen. Und während wir mühsam einzelne Waren in den Regalen suchen und zusammenstellen, haben sie die Möglichkeit, auf ¼m³-große Tüten mit bereits fertig zusammengestellter gewöhnlicher Küchenmischung des Grundbedarfs zuzugreifen:



                          Diese enthält etwa zur Hälfte Reis, dazu Bohnen, Öl, Maniokmehl, Zucker, Salz und etliche andere Sachen, die ich nicht erkannt habe.

                          Wir dagegen bleiben heute bescheiden und schnappen uns nur ein Doppel-Sixpack Bier.
                          Im Hotel empfängt uns ein gut gekühltes Zimmer. Das Bier wandert in das Eisfach des Kühlschranks und ist nach kurzer Zeit genießbar. Feierabend für heute.
                          Zuletzt geändert von Spartaner; 03.02.2021, 08:09.

                          Kommentar


                          • EbsEls
                            Erfahren
                            • 23.07.2011
                            • 436
                            • Privat


                            #14
                            AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                            Sage ich doch immer: Auch die Anreise zum eigentlichen Abenteuer gehört zum Abenteuer.

                            Danke für den Bericht: Schon drauf gewartet und werde ihn aufmerksam verfolgen.
                            Viele Grüße aus Thüringen (oder von Sonstwo)
                            Eberhard Elsner

                            Kommentar


                            • Spartaner
                              Lebt im Forum
                              • 24.01.2011
                              • 5056
                              • Privat


                              #15
                              Montag, 2.9.2019, Shoppen gehen
                              Ich bin schon ab 3 Uhr wieder wach und gehe runter in die Hotel-Lobby, um die ersten 2 Tage ins Reisetagebuch zu diktieren. Ein starker Kaffee steht zur Selbstbedienung bereit.

                              Ab um 6 Uhr gibt es Frühstück. Kaffee, warmes Wasser für Tee, verschiedene Beuteltees, heiße Milch und 2 verschiedene kalte Säfte zum Trinken, dazu Vollkorntoastbrot, normales Toastbrot, Brötchen, Butter, Käse, Schinkenwurst, 2 Kuchen, 11 verschiedene Müslizutaten zum Selbermischen, Honigmelone und eine andere Frucht, sowie eine warme Wurstsuppe, alles essbar.



                              Neben einer Schale voller Eier steht ein Schälchen für die Eierschalen. Ich schnappe mir also ein Ei und beginne es zu pellen. Leider stellt sich heraus, es ist noch vollkommen roh. Ich hatte schon so ein Gefühl in diese Richtung, als ich das kalte Ei vorher geschüttelt hatte. Die schwarze Mamsell entschuldigt sich und nimmt die Eier wieder zurück in die Küche. Kurze Zeit später tischt sie Rühreier auf.

                              Nach einem weiteren starken Kaffee und etlichen Glas gut gekühltem Orangensaft rufe ich uns kurz vor 7 meinen ersten Uber. Klappt alles wie am Schnürchen. Nach 5 Minuten steht Mauricio, ein seriös wirkender weißhaariger Mann portugiesischer Abstammung in unserem Alter, mit seinem kleinen, neuen Chevrolet Onix vor dem Hotel. Für 35.11R$=7.74€ geht es zum Flughafen, ca 20km außerhalb der Stadt. Mit normalem Taxi wären ~60R$ fällig gewesen.
                              Gestern Abend gegen 22 Uhr kam noch eine Mail von TAP Portugal, dass das fehlende Gepäckstück mit dem Flug Azul AD5342 arriving at 23:55 pm geliefert wird. Das wollen wir jetzt abholen.

                              Auf dem Flughafen Rondonópolis starten und landen wohl am höchstfrequentierten Wochentag Montag nur 3 Flugzeuge und so befürchte ich schon, dass der Flughafen die meiste Zeit des Tages verwaist ist. Und darum sind wir auch bereits so früh unterwegs. 6:45 Uhr landet eine kleine Asta-Linienmaschine und startet wieder um 7:15 Uhr.
                              7:30 Uhr sind auch wir am Flughafen. Tatsächlich kann uns die Putzfrau einen Mann auftreiben, der uns nach etlichem hin und hergehen und einem längeren Telefonat unser vermisstes Gepäckstück herausgibt. Pff, geschafft, die Ausrüstung ist vollständig.





                              Mauricio, unser Uber-Fahrer, ist uns die ganze Zeit nicht von den Fersen gewichen. Er freut sich, dass er uns auch wieder zurück in die Stadt fahren kann. Diese Fahrt kann ich nicht über Uber bestellen (und abrechnen), weil ich mit meiner Oi-Telefonkarte hier draußen kein Netz habe. Aber natürlich ist es kein Problem und für beide Seiten günstiger, außerhalb von Uber abzurechnen. Sergio muss uns nur versprechen, uns am Ende eine Quittung auszustellen, die wir bei der Fluggesellschaft einreichen können.
                              Er umfährt den Stau, der uns schon bei der Hinfahrt am zügigen Vorankommen gehindert hat, und um 8:15 Uhr sind wir wieder am Hotel. Die Quittung kann er nicht auf dem Quittungsblock des Hotels aufschreiben, aber in einer Autowerkstatt schräg gegenüber klappt das. Die Quittung benötigen wir, falls wir am Ende der Tour die Fahrtkosten von der TAP zurückerstattet bekommen wollen.

                              Bei der Inspektion seines Gepäcks findet Thomas einen Zettel mit dem Hinweis, dass bei der deutschen Sicherheitskontrolle eine Powerbank sowie mehrere einfache Gasfeuerzeuge seinem aufgegebenen Gepäckstück entnommen und vernichtet wurden. Die Vorschriften sind in diesem Punkt eindeutig. Thomas nimmt das mit den Sicherheitsvorschriften recht locker, "ist ihm noch nie passiert, ging letztes Jahr nach Sibirien auch gut", naja, und deshalb schaffte es sein Packsack bereits in Berlin nicht mehr pünktlich in den Flieger nach Lissabon. Aber wenigsten ist jetzt alles beisammen und wir müssen nicht noch eine Camping-Grundausrüstung hier in Rondonópolis erstehen.

                              Nach einer kurzen Pause auf dem Hotelzimmer gehen wir shoppen, Verpflegung für die nächsten 4 - 5 Wochen einkaufen. Auf der gesamten 900km langen Paddelstrecke gibt es wahrscheinlich nichts nachzukaufen. Einzig der Hotelstandort Porto Jofre nach 500km könnte ein Ort sein, wo man Verpflegung zukaufen könnte. Zumindest gehe ich davon aus, dass wir dort kühles Bier bekommen. Aber ich möchte natürlich auch nicht unbedingt zu Hotelpreisen nachkaufen. Das Boot ist groß genug, und kann auch die Verpflegung für die Gesamtstrecke bunkern.

                              Ich hatte mir natürlich bereits im Vorfeld zur Verpflegung Gedanken gemacht. Wegen dem geringen Gewicht und der langen Haltbarkeit sollte es vor allem Trockennahrung sein. Vom Kochen habe ich ansonsten keine Ahnung, ich werde meistens verpflegt.

                              Schon die benötigte Menge stellt mich vor Probleme. Wie hoch ist eigentlich der Tagesbedarf? Im Netz finde ich Angaben von 500 bis 700g täglich, das geht aber auch hoch bis ein Kilogramm. Berniehh nimmt auf seinen anstrengenden Treckingtouren zB 800g täglich zu sich. So viel werden wir nicht benötigen, Paddeln ist nicht so anstrengend, das ist schon mal klar. Also einige ich mich auf etwa 600g pro Tag. Das also zur Menge.

                              Nun zu dem Was. Zu Hause hatte ich mir bereits eine Lebensmittelliste vorbereitet, auf der eine Reihe Artikel Trockennahrung und ihre in Brasilien übliche Übersetzung ins Portugiesische aufgelistet sind. Natürlich besteht die Unsicherheit, dass ich nicht weiß, welche dieser Produkte dann vor Ort im Supermarkt tatsächlich zu bekommen sind. Ich wollte die Lebensmittel alle erst in Rondonópolis kaufen, und keinesfalls von zu Hause oder aus Brasília mitschleppen. Und das, obwohl ich sogar explizit gewarnt worden war. Ich hatte nämlich zwei Jahre zuvor bereits Mail-Kontakt mit den beiden Kanadiern gehabt, die die Pantanal-Tour 2013 gemacht hatten.
                              Brian Svelnis schrieb mir damals, "The supermarkets in Rondonopolis are like any that your familiar with though with different labels. We found the quality inferior to what is available in North America (think Eastern Europe). The aisles are full of packaged and canned goods as well as fresh foods. We recommend bringing as much dried food as you can transport and use the local supermarkets for perishables. The costs are relatively high for dry goods, especially when considering the poor quality."

                              Nun ja, ich wollte es dennoch nicht von Zuhause aus mitschleppen. Man denke nur an all das Handling an den Flughäfen und zum Bus. Denn ein kurzer Überschlag ergibt doch eine ziemlich hohe Gesamtmasse an Verpflegung. 600g * 2 Personen * 27 Tage sind bereits 32.4kg, wenn ich noch ein paar Tage Sicherheit einrechne, komme ich schnell auf ~40kg Netto-Gewicht alleine fürs Essen. Also Einkaufen erst in Rondonópolis.

                              Das Einzige, das ich von Zuhause mitbringe, sind ein paar Packungen Multivitamin- und Magnesium-Brausetabletten sowie mehrere Erbswürste. Die Erbswürste gibt es nun dort garantiert nicht zu kaufen. Übrigens auch schon in Deutschland nicht mehr. Dieses Traditionsprodukt, Outdoor-Komprimat der ersten Stunde, von mir leider auch erst vor wenigen Jahren entdeckt, wird seit Ende 2018 nicht mehr produziert.

                              Diese Lebensmittelliste schickte ich dann an Thomas mit der Bitte, sich das alles anzuschauen, ob er denn damit was anfangen könnte, und zu sagen, was evtl. noch essentiell fehlt. Aber die Liste war aus seiner Sicht ok.

                              Im Big Master ist heute am Montag mehr los als gestern. Diesmal füllen auch wir einen großen Einkaufswagen. Aber erst mal lauert ein Schock auf mich. Thomas erklärt mir, er kann nicht kochen, er kocht sich nie etwas.

                              Eigentlich habe ich fest damit gerechnet, dass Thomas den Smutje spielt. Ich selber kann es nämlich auch nicht, wie Andrea bestätigen würde.

                              Wie bereits vorgerechnet, peile ich ~40kg Trockennahrung an. Langsam füllt sich der Korb. Natürlich jetzt nur noch mit Sachen, von denen ich glaube, was draus machen zu können. Die Erbswurst reichere ich mit viel Haferflocken an. Tatsächlich finden wir feine Haferflocken, und 6kg wandern in den Einkaufswagen. Damit ist das Thema Erbswurst durch, deren "einfache Zubereitung auch von kochunkundigen Männern gewährleistet werden" kann.
                              An anderen Abenden wird es Spaghetti geben (9.5kg Trockenmasse), angereichert mit 2kg Tomatenmark, 4.6kg Zwiebeln, 1.1kg Knoblauch, 1.8L Sojaöl, 1kg Salz und 5 kg Fischkonserven.

                              Über den Tag wird es nichts zu essen geben.

                              Morgens bescheiden wir uns mit Müsli (3.65kg), welches ich mit 2.4kg Trockenmilch und einem Teil der Haferflocken anreichern will. Dazu werde ich mir einen kalten Kaffee anrühreren, löslicher Kaffee mit Trockenmilch und 2kg Zucker. Das sind erst einmal die Hauptbestandteile unsere Tourenkost. Dazu kommen noch ein paar Kleinigkeiten, ein paar zusätzliche Rosinen fürs Müsli, ein paar Kekse und Waffeln, Erdnüsse und 3 Büchsen SPAM (auch ein Produkt, das sich im harten Outdoor-Einsatz bewährt hat: „Ohne Spam hätten wir unsere Armee nicht ernähren können", schreibt Nikita Chruschtschow in seinen Memoiren."). Und eine Flasche Wodka als Ersatz für Bier.
                              Äußerlich sehen all diese Sachen nicht schlecht aus, von "osteuropäischer Qualität" merke ich bisher nichts.

                              Wir rechnen so grob zusammen, müsste stimmen, damit müssten wir in etwa über die Runden kommen. Wenn ich jetzt während des Berichtschreibens nachrechne, hatten wir in der Summe sogar mehr als 48kg Lebensmittel am Start. Ja, soweit kann ich es vorwegnehmen, wir hatten genug zu essen.

                              Gekostet hat die Verpflegung heute hier im Big Master 775.78R$, also 170.91€.

                              Die Verpflegung kommt in meine graugrüne Aldi-Tasche, den großen schwarzen Lidl-Packsack, und in 2 Transportsäcke von Thomas.
                              Für den Heimweg ins Hotel buchen wir wieder einen Uber. Diesmal fährt uns Igor Edgar, ein junger Caboclo, wieder mit einem Kleinwagen, einem VW. Für 8R$ geht es vollbepackt zurück ins Hotel.

                              Damit wären die wesentlichen Vorbereitungen abgeschlossen. Nach einem kühlen Bierchen im klimatisierten Zimmer kümmern wir uns noch um Kleinigkeiten wie Nachfüllgas für das noch unbefüllte nagelneue Jetflame-Feuerzeug, große Büroklammern zum Verschließen der angebrochenen Lebensmittelpackungen, und Angelzeug.

                              Jeder einzelne der 3 Artikel wieder ein kleines Mikroabenteuer, was natürlich zuerst den fehlenden Sprachkenntnissen zuzuschreiben ist. Für das Nachfüllgas fragen wir zuerst in der Apotheke nahe dem Hotel. Ohne Erfolg. Die zweite Apotheke ein paar Meter weiter, nicht größer als unsere Standardapotheken, hat ca. 20 Mitarbeiter. Die Hälfte der Belegschaft steht zusammen und hat nichts zu tun. Sie können uns weiterhelfen. Einer von ihnen kann Bruchstücke Englisch und verweist uns auf den Tabakladen schräg gegenüber. Treffer! Wir bekommen 300ml Butangas für 18R$.
                              Wieder ein paar Meter weiter erkenne ich ein Schreibwarengeschäft. Hier bekommen wir eine Packung großer Büroklammern, 5R$.

                              Danach gelangen wir in den zweiten großen Supermarkt von Rondonópolis, den Atacadão. Dieser ist noch eine Spur größer, viel besser besucht, idR billiger und hat eine leicht größere Auswahl. Alle Kassen sind geöffnet, an jeder lange Schlangen. Trotzdem nehmen wir hier noch ein Doppel-Sixpack Bier mit.

                              Anschließend fragen wir in einem Kleintierhandel nach einem Angelgeschäft. Es dauert eine ganze Weile, bis der Chef herausgefunden hat, was wir eigentlich wollen. Er dachte erst, dass wir nach einer Angelmöglichkeit fragen und empfahl uns so einen künstlichen Angelpark, wie es sie bei uns auch gibt (zB Forellenanlage Klein-Wall an der Löcknitz). Dann erkannte er, dass wir im Fluss angeln wollen, im Rio. Er blättert in seinem großen Stapel Visitenkarten und telefoniert bereits mit einer Pousada im Pantanal, als ich den Fehler erkenne.
                              Dann endlich begreift er, dass es uns nur um das Angelzeug geht, nimmt uns bei der Hand und führt uns ein paar Straßenzüge weiter zu einem Angelladen. Leider geschlossen, und so führt er uns noch zu einem zweiten, Casa do Pescador. Großartig, diese Hilfsbereitschaft.
                              Hier nun finden wir eine große Palette von Haken, Schnüren, Ruten, Rollen etc. Wir begnügen uns mit zwei recht großen Angelhaken (für den Paku), fertig konfektioniert mit Stahlvorfach, einem Stück Blei sowie einer passend starken Schnur. Das ganze für 16R$, =3.52€. Ich bin sehr skeptisch, ob wir denn damit etwas (an-)fangen werden.

                              Den Abend widmen wir dem Umpacken des Gepäcks, was mir erst mal etwas Stress bereitet. Aber letztlich kommt es gar nicht so sehr auf Perfektion an. Das Boot ist groß genug und wird das alles schlucken.
                              Der letzte Abend in klimatisierter Umgebung mit kühlem Bier.



                              Damit sollten wir nun restlos abfahrbereit sein. Alle Vorbereitungen sind abgeschlossen. Bisher liegen wir gut im Plan.
                              Zuletzt geändert von Spartaner; 19.01.2022, 08:12.

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                              • StevePeacewalker
                                Erfahren
                                • 26.06.2011
                                • 247
                                • Privat


                                #16
                                AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                Bin gespannt auf den Bericht!

                                Wenn du mit B. gefahren währst fände ich ihn noch spannender!

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                                • bratgitarre
                                  Gerne im Forum
                                  • 28.10.2009
                                  • 61
                                  • Privat


                                  #17
                                  AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                  Hallo Spartaner,

                                  schön das es doch noch mit einem Trip Buddy geklappt hat und ihr ein gute Tour hattet. Danke für die ausführlichen Berichte und ich hoffe auf mehr. Eine Frage vorab wie es mit den Mücken war?

                                  vG Guido
                                  (•¿•)› *«:::G:::» «:::U:::» «:::I:::» «:::D:::» «:::O:::» * ‹(•¿•) aka Bratgitarre
                                  - www.faltbootreise.de -
                                  [

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                                  • Spartaner
                                    Lebt im Forum
                                    • 24.01.2011
                                    • 5056
                                    • Privat


                                    #18
                                    AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                    Moin Guido, Mücken gab es wahrscheinlich wegen der ausgeprägten Trockenheit sehr wenige. Tagsüber gar keine, Abends und Nachts waren sie an den meisten Abenden störend. Genau zur Dämmerung haben sie begonnen aktiv zu werden. Wir sind dann immer schnell ins Zelt. Die mitgebrachten Mückenmittel haben wir kaum verbraucht. Das ebenfalls mitgebrachte Mückennetz für den Kopf kam nicht zum Einsatz.

                                    Gruß Michael
                                    Zuletzt geändert von Spartaner; 18.11.2019, 10:34.

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                                    • Spartaner
                                      Lebt im Forum
                                      • 24.01.2011
                                      • 5056
                                      • Privat


                                      #19
                                      Dienstag, 3.9.2019, Erster Tag auf dem Wasser, 20km
                                      Wieder sitze ich ab um 4 in der Hotellobby und tippe Tagebuch. Diesmal bin ich nicht alleine. Die Nachtwache sitzt mit auf der Couch und sieht fern.

                                      Pünktlich um 6 wieder Frühstück, kurz vor ½8 rufen wir uns einen Uber. Da wir uns sicher sind, dass auch der wieder zu klein und/oder keine teilbare Rückbank haben wird, schicke ich Thomas schon mal zu Fuß vor zur vorgestern ausgeguckten Einsatzstelle.

                                      Diesmal ist es Osvaldelei mit seinem Chevrolet Onix, der mich mit unserem Gepäck für 6.75R$=1.49€ 1.5km bis unter die alte Stadtbrücke fährt, wo ich das Boot im Schatten der Brücke aufbauen möchte. Nach 9 Minuten sind wir da, wuchten das Gepäck aus dem Auto, und ich versuche, den Bootssack zu öffnen. Natürlich ist das Messer tief verpackt, und so bleibt mir nur die große Machete, um den Kabelbinder durchzuschneiden, den ich zur Sicherung des Verschlusses während des Fluges montiert hatte.





                                      Kurze Zeit später trudelt auch Thomas ein. Der Bootsaufbau gleicht einem Puzzle, seit die Mehrzahl der Verbindungsfedern, die die Gestängeelemente zusammenhielten, kaputt sind. Aber ich bin das mittlerweile gewohnt, der Aufbau geht immer noch flott, und wenn das Boot erst mal fertig aufgebaut ist, stören die fehlenden Verbindungsfedern in keiner Weise. Nach 40 Minuten bin ich fertig.



                                      Trotz Brückenschatten komme ich schon ziemlich ins Schwitzen.
                                      Anschließend tragen wir das Boot 60m aus dem Schatten der Brücke zu der Treppe mit den hohen Treppenstufen runter ins Wasser.



                                      Beim Beladen des Bootes passiert es dann: Thomas verhebt sich und kann sich fortan nur noch unter starken Schmerzen bewegen. Er kann sich weder bücken, noch kann er schweres Gepäck bewegen. Paddeln geht auch nur noch unter Schmerzen. Er hätte das schon öfter gehabt und es soll normalerweise nach einer Woche wieder gut sein. Die ganze Wahrheit offenbart er mir in diesem Moment noch nicht, zB dass er damit schon mal 3 Wochen lang in Skandinavien flach lag, darunter eine Woche im Krankenhaus.
                                      Immerhin soll es kein Bandscheibenvorfall sein, sondern 'nur' Muskelschmerzen. Einen Abbruch des Tourstarts scheint er nicht in Betracht zu ziehen.

                                      So öffnen wir denn unsere letzten beiden kühlen Biere, die Thomas die ganze Nacht im Eisfach gefrostet hatte, und stoßen an auf die bevorstehende Tour.



                                      Nachdem er sich unter Qualen ins Boot gesetzt hat, legen wir 9:05 Uhr ab. Endlich auf dem Wasser, die weite und anstrengende Anreise ist Geschichte. Vor uns liegt das Pantanal, vielleicht noch 50 bis 200km voraus, so genau kann ich die Grenze des Sumpfgebietes auf den Karten und Luftbildern nicht erkennen.





                                      Der Fluss ist flach, führt nur wenig Wasser und wir müssen sehr genau schauen, wo wir eine fahrbare Rinne finden (Foto von Sonntag). Der im Moment bezüglich Wasserführung kleine Fluss mäandriert sozusagen unter der Wasseroberfläche innerhalb seines sandigen Bettes noch einmal. Wir versuchen, der Fließrinne zu folgen. Durch das trübe Wasser sieht man nichts. Einzig leichte Kräuselungen der Wasseroberfläche verraten uns, wo es gut fließt und wo es zu flach wird. Achtet man nicht drauf, bleibt man schnell mal auf dem flachen Sand sitzen.
                                      Unser Track mäandriert im September 2019 natürlich etwas anders als die hier ersichtlichen Sandbänke aus einer Zeit mehrere Monate zuvor:







                                      Wir sind hier auf dem Höhepunkt der Trockenzeit, also bei den im Jahresverlauf geringsten Wasserständen unterwegs. Das hat den Vorteil, dass sich all die stark vom Wasser abhängige Tierwelt an den Ufern der Flüsse versammelt.

                                      Hinter den Ufern ist es allerorten besiedelt, in und auch noch einige Kilometer unterhalb der Stadt. Nach 10 Minuten unterqueren wir die große Brücke der Fernstraße, über die wir mit dem Bus aus Brasília gekommen sind.



                                      Thomas hat noch so einige Schwierigkeiten, den Kahn alleine in der Spur zu halten. Einfaches zartes Paddeln funktioniert aber ganz gut in seinem Zustand. Zusammen mit der Strömung des Flusses erreichen wir eine Paddelgeschwindigkeit von 6 - 8km/h.

                                      Nach weiteren 10 Minuten passieren wir die städtische Kläranlage von Rondonópolis. Im Luftbild von Mai 2019 sieht sie wie eine gut funktionierende Anlage aus.



                                      Frühere Luftbilder lassen eine erhebliche Entwicklung erkennen. Google Earth zeigt die Bau- und Betriebsfortschritte von Mai 2004 bis Mai 2019.

                                      Entsprechend riechen wir nichts, als wir an der Kläranlage vorbeikommen. 2013 war das noch anders. Brian schrieb: "About an hour after our start we passed the outlet for the city sewage treatment plant. The smell followed us for a few kilometers. The clouds of biting insects continued for the remainder of the day. At this point it became obvious to us why the locals were all dressing in long pants and shirts! We pulled out our long-sleeved shirts, Diana changed into her long pants and I regretted my decision to not bring a pair of long pants. The afternoon was torturous as the insects were relentless and I admitted that if this continued, we would not. As we put into shore for our first camp, Diana suggested to cut the legs off my old pair of calf-lengthed shorts and sewing them onto the bottom of my other paddling shorts. She did so right away and this brilliant idea solved the long pants issue."

                                      Trotzdem wir uns noch im Stadtgebiet bewegen, sind bereits viele interessante Vögel zu sehen. Vegetation und Tierwelt, alles ist neu für mich. An diesem Tag lege ich den Fotoapparat kaum aus der Hand.

                                      Nur diese beiden hier, die kenne ich bereits von Zuhause:

                                      Silberreiher (Ardea alba), die selbe Art wie bei uns:




                                      In Rondonópolis selbst flatterte auch schon ein alter Bekannter herum, Passer domesticus:


                                      Im Gegensatz zum Silberreiher wurde der Haussperling in Südamerika eingeschleppt.

                                      Der Kormoran hier, die Olivenscharbe (Phalacrocorax brasilianus, früher P. olivaceus), erinnert stark an unseren Kormoran. In Englisch wird die Sache klar, er ist einfach der Counterpart unseres Kormorans: Neotropic Cormorant.



                                      Die stark gezoomten Bilder des ersten Tages sind noch oft verwackelt, später habe ich dafür meist die Sport-Einstellung verwendet (Serienaufnahme, 1000stel Sek Belichtungszeit).

                                      Die meisten anderen Vögel waren dagegen echte Exoten

                                      Wie zB dieses Glattschnabelani-♂ (Crotophaga ani):




                                      Eine Art, die wir überall im Pantanal gesehen haben, ist der Bronzekiebitz (Vanellus chilensis):






                                      Auf den Flugbildern ist der Flügelsporn gut zu sehen, seine Angriffswaffe. In Brasilien heißt der Bronzekiebitz quero-quero, was so viel heißt wie "Ich will, ich will", quem-quem, tetéu oder xexéu. Auffällig sind die beiden Sporne im Brustbereich. Alarmrufe. Viele brasilianische Tiernamen sind nicht portugiesischen Ursprungs, sondern aus Indianersprachen übernommen oder abgeleitet, vor allem aus Guaraní.

                                      Der Hornwehrvogel (Anhima cornuta) ist schon eine sehr exotische Art:


                                      Diese großen Vögel saßen abschnittsweise auf jeder zweiten Sandbank, zumeist paarweise. Der Hornwehrvogel, brasil. Anhuma, ist ein großer, bis 3.5 kg schwerer Vogel mit einer Länge von 84 bis 95 cm und einem kleinen hühnerähnlichen Schnabel. Aus der Krone ragt eine lange stachelige Struktur hervor. Diese Struktur ist unter Vögeln einzigartig und stammt nicht aus einer Feder, sondern ist eine verhornte Struktur, die lose am Schädel haftet und kontinuierlich wächst, während sie häufig an der Spitze bricht. Öfter lassen sie ihre lauten Rufe hören.

                                      Der Vogel im Vordergrund rechts ist ein Rotstirn-Blatthühnchen (Jacana jacana). Es lebt eigentlich auf den Wasser- und Schwimmblattpflanzen auf den Sümpfen und Seen des Pantanal. Diese Vögel habe die neuzeitliche Genderlehre verinnerlicht und handeln entsprechend. Das Rotstirn-Blatthühnchen legt vier schwarz markierte braune Eier in ein schwimmendes Nest. Dann übernimmt das Männchen das Brutgeschäft, klemmt sich jeweils 2 Eier unter einen Flügel und hält sie dort auf Temperatur. Die Weibchen sind polyandrig und helfen, die Nester von bis zu vier Vätern zu verteidigen. Also alles genau andersherum als normal.

                                      Hier zwei Hornwehrvögel mit einem Rabengeier (Coragyps atratus) in der Mitte:


                                      Rabengeier gehören zu den 7 Arten Neuweltgeiern und haben verwandschaftlich wenig mit unseren Altweltgeiern zu tun. Gemeinschaftlich ist ihnen nur, dass sich ihre Ästhetik oft erst auf den zweiten Blick erschließt, um das mal gaaanz ganz vorsichtig auszudrücken.

                                      Auf einer Sandbank sitzen ~70 Witwenpfeifgänse (Dendrocygna viduata). Sie werden 40 bis 45 cm groß und leben im tropischen Südamerika, Afrika und Madagaskar. Manchmal werden Ansammlungen von Tausenden Gänsen beobachtet. Charakteristische Rufe.



                                      Unterhalb der Stadt lagern stellenweise viele Angler an den Ufern. Weiter unten sitzen sie oft auf soliden Schwimmstegen.





                                      Der Fluss schlängelt sich durch eine jetzt am Ende der Trockenzeit ziemlich ausgedörrte Landschaft. Einige Bäume werfen in der Trockenzeit ihr Laub ab.





                                      Andere Bereiche sind aber auch prall grün und es gibt viele blühende Bäume:


                                      An manchen Stellen wächst öfter mal hoher Bambus. Welche Art, weiß ich noch nicht, erinnert aber an Guadia-Bambus. Das Äffchen mit seinem Kind habe ich leider nicht scharf geschossen bekommen (Azara-Kapuzineraffe, Sapajus cay):



                                      Am Ufer und manchmal mitten im Fluss ragen Felsen hervor.





                                      Das Flusstal ist landschaftlich interessant, die Hügel ragen 200 bis 400m über den Talgrund. Die Hänge der Hügel scheinen alle noch natürlich bewachsen zu sein (Cerrado).













                                      Schon am ersten Paddeltag, also kurz hinter Rondonópolis, sehe ich, bereits hinter uns, wie sich mehrfach 2 große Köpfe jeweils kurz aus dem Wasser erheben. Sehen ähnlich aus wie Robben, können hier aber nur die Riesenotter sein. So kurz nach der Stadt schon die Riesenotter, das hätte ich nicht gedacht! Wahnsinn! Vielleicht 2 Brüder, die neue Reviere erkunden? Fotos gibt es von ihnen hier nicht.

                                      Tagesziel ist heute nach nur 3½h und 19km Paddeln auf dem Rio Vermelho ein von Süden her einmündender Nebenfluss, der Rio Ponte de Pedra bzw Ribeirăo Ponte da Pedra. Der Fluss liegt im Parque Estadual Dom Osório Stoffel, hat an seiner Mündung relativ sauberes Wasser, wird aber ~19km oberhalb der Mündung durch ein Wasserkraftwerk unterbrochen. Der Park schützt das Biom Cerrado.

                                      Das klare Wasser konnte ich bereits vor der Reise im Luftbild erkennen. Hier wirklich mal raufklicken, das Schrägluftbild zeigt gut, in was für eine phantastische Landschaft man auf diesem kleinen Fluss vordringt.

                                      Diesen Fluss paddeln wir stromauf. Gegen die Strömung halten wir mit kräftigen Schlägen ein Tempo von 3.7km/h. Hier entfernen wir uns von den oft belebten Ufern des Rio Vermelho und tauchen ein in die unberührte Dschungelwelt. Die Berge ringsum sehen aus wie im australischen Outback, rote Felsen, Trockenwald. Vogel- und Insekten-Konzert.



                                      Nach 600m taucht die große Sandbank auf, die ich bereits nach Satellitenbild zur Übernachtung auserkoren habe. Wir hätten sie fast nicht erkannt, weil sie mittlerweile stark zugewachsen ist. Aber am Ufer findet sich noch genügend Platz für 2 Zelte. Wir beenden den heutigen Paddeltag bereits kurz nach ½1. Damit haben wir genügend Zeit, hier draußen erste Eindrücke zu sammeln.





                                      Nachdem ich das Gepäck an Land gewuchtet haben, ist Thomas seine erste Handlung am gerade erreichten Rastplatz immer der Zeltaufbau, während ich mein Zelt gewöhnlich erst in der Dämmerung aufbaue. Ohne sich bücken zu können, ist Zelt aufbauen schon ein Problem. Heute beim ersten Mal darf ich noch helfen.

                                      Zum Abendbrot koche ich uns Spaghetti. Thomas mimt den Hilfskoch, schneidet Knoblauch und Zwiebeln und öffnet die Fischbüchse.





                                      Die Felsen oben in der Teleansicht, Abendsonne:






                                      Zwischendurch geht es zur Abkühlung immer mal ins Wasser. Hier im relativ klaren Wasser des Flusses Rio Ponte de Pedra können wir direkt sehen, ob sich bissige Piranhas oder Kaimane nähern.

                                      Über den Piranha informiert uns Philip Street 1971 in seinem Werk 'Die Waffen der Tiere': "Der Menschenhai und der Barracuda sind furchterregende Geschöpfe, aber an rasender Wildheit und Gefährlichkeit für den Menschen kommt nichts, was im Meer schwimmt, einem kleinen, in den Flüssen Südamerikas lebenden Fisch gleich. Das ist der Piranha. Er steht mit Recht im Ruf eines Menschenfressers, obgleich seine Länge selten 17,5 cm übersteigt und 25 cm bilden einen Rekord. Der Tod durch den Hai oder den Barracuda ist meist rasch und, verglichen mit dem Piranha, geradezu gnädig zu nennen. Jeder Mensch und jedes Tier, denen das Unglück widerfährt, an einer von diesem blutdürstigen Fisch heimgesuchten Stelle in den Fluss zu fallen, wird buchstäblich bei lebendigem Leibe aufgefressen, Hunderte erscheinen aus dem Nichts, und das Fleisch des Opfers wird in Zehntausenden kleiner Bisse abgefressen, bis nichts übrigbleibt als das nackte Skelett. Das grausige Werk ist kurz. Bei einer neueren Untersuchung wurde der Kadaver eines Schweines von 400 Pfund in einen Fluss herabgelassen, von dem man wußte, dass er von Piranhas wimmelte. Nach 10 Minuten waren nur noch die Knochen übrig. So klein er ist, besitzt der Piranha ein unglaublich scharfes Gebiß, mit dem er einen Finger samt Knochen auf einmal glatt durchbeißen kann. Gewöhnlich ist der Piranha ein geruhsamer Fisch, doch das Erscheinen des Opfers scheint ihn in eine Art von Raserei zu versetzen, und es ist nicht der Hunger allein, der ihn treibt. Lange nachdem sie sich sattgefressen haben, fahren sie mit ihren wütenden Angriffen fort, bis auch nicht das geringste bißchen Fleisch mehr übrig ist; die Abfälle häufen sich am Boden des Flusses, bis die Strömung sie wegschwemmt. Kein Lebewesen entgeht ihrer Aufmerksamkeit, auch keines der eigenen Gattung, und es ist unmöglich, mehr als einen von ihnen in einem Aquarium zu halten."

                                      Dementsprechend vorsichtig bewegen wir uns im Wasser.
                                      Aber außer ein paar kleineren Fischen sehen wir nichts. Ganz kleine Fischchen knabbern mich an. Wahrscheinlich ähnlich wie die Kangalfische aus dem Euphrat, die man auch zur Wundpflege einsetzt.





                                      Tierleben am Strand mit Leptotes cassius:


                                      Makroaufnahme von Leptotes cassius

                                      Spuren sehr aktiver Würmer:




                                      Bei dem Trittsiegel oben bin ich mir nicht mehr sicher, was ich da fotografiert habe. Entweder war es ein Wasserschwein oder ein Tapir. Auf jeden Fall haben wir dort am Strand Tapirspuren entdeckt, gleich hier am Beginn der Tour. Die drei Zehen in Verbindung mit der Größe sind ja eindeutig. Wasserschweinknödel und Tapirspuren haben wir im Verlaufe der Fahrt fast jeden Tag, auf fast jeder Sandbank gesehen. Diese beiden Arten sind also überall präsent.

                                      Abends zieht im Süden ein örtlich begrenztes Gewitter auf. Es blitzt und donnert ordentlich, aber das Gewitter erreicht uns nicht wirklich. Die Mücken sind aber hier im Dschungel abends sehr aktiv. So verziehen wir uns schnell ins Zelt.



                                      Bis nach Mitternacht ist es zu heiß, um sich zuzudecken. Bis auf 2 Nächte, in denen es regnet, zelte ich im Pantanal immer "oben ohne". Der Sound des Dschungels kommt absolut ungefiltert bis zu mir, und sehen kann ich auch genug.
                                      Die Zeltstelle gefällt mir ausnehmend gut, hier abseits des große Flusses, wo auch bis spät abends in der Ferne noch Motorboote zu hören sind.

                                      Aber ich habe mich getäuscht, auch hier bleiben wir nicht alleine. Nachts um 22 Uhr kommt ein Boot von Unterstrom gepaddelt, leuchtet auf Thomas sein Zelt, es fallen ein paar Worte und sie kehren wieder um. Also entweder wollten sie gezielt nach uns schauen, oder sie wollten auf unsere Sandbank und fanden sie besetzt vor.
                                      Zuletzt geändert von Spartaner; 03.02.2021, 08:32.

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                                      • bratgitarre
                                        Gerne im Forum
                                        • 28.10.2009
                                        • 61
                                        • Privat


                                        #20
                                        AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                        Wow, jetzt wird es interessant.
                                        Das Thema mit dem Rücken hatte ich auch mal auf meiner Ticino/Po Tour. Ich bin wirklich nur aus dem Boot gekrochen. Unangenehme Sache. Hoffentlich wird noch alles gut.

                                        vG Guido
                                        (•¿•)› *«:::G:::» «:::U:::» «:::I:::» «:::D:::» «:::O:::» * ‹(•¿•) aka Bratgitarre
                                        - www.faltbootreise.de -
                                        [

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                                        • Spartaner
                                          Lebt im Forum
                                          • 24.01.2011
                                          • 5056
                                          • Privat


                                          #21
                                          Mittwoch, 4.9.2019, Rio São Lourenço, 43km
                                          Zum Sonnenaufgang schwillt das Vogelkonzert an. Zeitweise dominiert ein Trupp Brüllaffen die Akustikkulisse. Phantastisch hier, genau so wie ich mir solch eine Tropentour vorgestellt habe.

                                          Morgens löffeln wir unser am Vorabend kalt angerührtes Müsli, eine Mischung von körnigem Fertigmüsli, feinen Haferflocken, Milchpulver und filtriertem Flusswasser. Über Nacht konnten die Körner quellen. Zum Schutz vor wilden Tieren (Ameisen, Ratten, Pekaris) hängen wir den Topf hoch an einen Ast.

                                          Sobald die Sonne über die umgebenden Berge steigt, wird es wieder heiß. Für heute und die folgenden Tage sind 40°C und mehr angekündigt:



                                          Unerwartet fährt am Morgen doch noch ein Motorboot den Fluss hinauf. ¾8 sitzen auch wir bereits wieder im Boot. Langsam treiben wir den Ribeirăo Ponte da Pedra runter.



                                          Der Grünibis oder auch Cayenneibis (Mesembrinibis cayennensis) mag uns nicht und läuft weg:

                                          Eine ¼h später sind wir wieder auf dem Rio Vermelho, dem trüben Roten Fluss. Heute ist das Ziel die Mündung des Rio São Lourenço, ~30km weiter. Auch der hat nach Luftbild klares Wasser.

                                          Die Landschaft ist wieder großartig, Cerrado-bewachsene Hügel, Felsen, üppige Ufervegetation, Sandbänke, Vögel.














                                          Aber auch wieder den ganzen Tag ab und zu Angler an den Ufern oder auf dem Wasser:





                                          Hübsche Hügellandschaft. Ich weiß, das wird sich in Richtung Pantanal noch ändern, die Hügel werden wir bald hinter uns lassen, also genießen wir deren Anblick noch so lange es geht.







                                          Vereinzelt sieht man grell rosa oder gelb blühende Bäume (bras. Ipê, span. Lapacho). Hier ein Handroanthus impetiginosus, Ipê-roxo, Pau d’arco:


                                          Ein anderer auffällig blühender Baum an den Ufern des Rio Vermelho:


                                          Triplaris americana, bras. Novateiro, ist im gesamten Pantanal ein häufig an den höheren Flussufern blühender Baum. Vor dem sollte man sich in Acht nehmen. Der deutsche Botaniker Schomburgk schrieb 1838: "Wer das Land nicht kennt, sollte glauben, der Baum sey mit weißen, etwas rothgefärbten Blüthen bedeckt, unter denen die dunkelgrünen Blätter nur hie und da vorsehen. Der unvorsichtige Botaniker, welcher, durch den täuschenden Anblick gelockt, dem Baume sich nähern wollte, um die Blüthen zu pflücken, würde den Versuch schwer bereuen. Der Stamm und die Zweige des Baumes sind hohl, und mit Abtheilungen versehen, die der Stellung der Blätter an der Außenseite entsprechen. Diese Höhlungen sind von einer hellbraunen, etwa zwei bis drei Zehntels Zoll langen Ameise bewohnt, deren Biß höchst schmerzlich ist. Ihre Fühlhörner stehen nahe an der Mitte des Vorderkopfes, die Freßzange ist dreieckig u.s.w. Sie fallen mit der größten Heftigkeit über ihre Beute her, und setzen, sobald sie mit einem weichen Stoff in Berührung kommen, ihre Freßzangen ein, wobei sie einen weißlichen Saft ausfließen lassen; ihr Biß verursacht mehrere Tage lang Geschwulst und Jucken."

                                          In Brasilien heißt der Baum Novateiro, weil nur unbedarfte Neulinge ihn berühren, "und die Colonisten [nennen ihn] wegen seiner Gestalt den 'langen John'" Quelle: Moritz Richard Schomburgk in einer Mittheilung an die Londoner botanische Gesellschaft, verlesen am 6. April 1838. Zitat aus "Das Ausland. Ein Tagblatt für Kunde des geistigen und sittlichen Lebens der Völker, mit besonderer Rücksicht auf verwandte Erscheinungen in Deutschland" Nr. 123, 11. Jg. 1838, S.491

                                          Die giftigen Ameisen, die den Baum beschützen, heißen Pseudomyrmex triplarinus. Die Arbeiterinnen greifen leicht an, stechen Eindringlinge und beräumen die Vegetation von der Basis des Wirtsbaums. Die Bisse sind äußerst schmerzhaft, vergleichbar mit Bienenstichen. Beißen sie in die Finger, kann sogar der Arm anschwellen.

                                          Natürlich gab es auch wieder etliche interessante Vögel zu sehen, u.a. diese bereits bekannten Bronzekiebitze:












                                          Eine neue Art heute und Schwesterart des Hornwehrvogels ist der Halsband-Wehrvogel, Tachã (Chauna torquata):





                                          Der Halsband-Wehrvogel ist die mit bis zu 5kg schwerste der 3 Wehrvogel-Arten. Ihre lauten Schreie sind auch noch in 3km Entfernung zu hören.

                                          Jetzt ein Jabiru, Jaburú, Tuiuiú (Jabiru mycteria), nach dem Andenkondor und dem fast ausgestorbenen Kalifornischen Kondor die drittgrößte fliegende Vogelart Amerikas:

                                          Den Jabiru haben wir auch immer wieder mal im gesamten Pantanal gesehen, aber nicht jeden Tag.

                                          Weiter geht es mit einer neuen Ibis-Art, dem Weißhalsibis (Theristicus caudatus):





                                          Ein häufiger Vogel, der auf den Sandbänken brütet und im Wasser seine Beute sucht, ist der Schwarzmantel-Scherenschnabel oder Amerikanischer Scherenschnabel, Talha-mar, black skimmer (Rynchops niger):



                                          Die 40 - 50cm großen Scherenschnäbel sind eigenartige Tiere, sie haben für mich etwas Urwelt-artiges. Der Unterschnabel ist länger als der Oberschnabel, und er hat eine katzenartige Pupille (Sehschlitz), einzigartig unter Vögeln. Er fliegt dicht über der Wasseroberfläche, den unteren Teil des Schnabels halbgeöffnet ins Wasser getaucht – und wenn kleine Fische oder sonstige Wassertiere mit dem Schnabel in Berührung kommen, bremst der Vogel plötzlich ab, indem er den Schwanz zu voller Breite öffnet. Diese Art des Beute machens ist einzigartig unter den Vögeln. Im Verhalten finde ich sie ansonsten etwas zurückgeblieben, nicht so clever und mutig wie unsere Möwen und Seeschwalben.

                                          Der letzte neue Vogel heute ist der Amerikanische Schlangenhalsvogel, Biguátinga ♀️ (Anhinga anhinga):

                                          Der Schlangenhalsvogel, verwandt mit den Kormoranen, ist ein häufig zu beobachtender Vogel, aber mit hoher Fluchtdistanz und selten gut zu fotografieren. Er sitzt oft auf den Uferbäumen, um sein Gefieder zu trocknen. Bei Annäherung lässt er sich meist ins Wasser plumpsen, seltener fliegt er davon. Das Gefieder des Schlangenhalsvogels ist nicht wasserfest durch Öle wie etwa bei den Enten. Es kann so nass werden, dass er dann kaum noch schwimmfähig ist und Probleme hat, sich in die Luft zu erheben. Häufig schwimmt er so, dass nur der Hals und der Kopf über dem Wasser sichtbar sind.

                                          Genug mit Vögeln heute. Badepause. Thomas kann sich kaum bewegen und verharrt auf Land.





                                          Eines der seltenen, mühsam gestellten Fotos mit mir. Man beachte das noch relativ frische Blau des Decathlon-Merino-Shirts und vegleiche es hiermit:



                                          Typische Hochufer gegenüber dem Pausenplatz:



                                          Später nicht aufgepasst bzw Durchfahrt falsch eingeschätzt, festgefahren:



                                          Thomas stützt sich auf sein Paddel und kann sich gerade so aus dem Boot erheben und gehen. Er hat auch heute sehr starke Rückenschmerzen. Ich habe dann versucht herauszufinden, was er denn bei den früheren Episoden für Medikamente genommen hat. Von selbst sagt er ja nüscht.
                                          Und siehe da, in meiner umfangreichen "Expeditionsapotheke" findet sich das Mittel, dass ihm früher in solchen Phasen geholfen hat (Ibuprofen). Die Tabletten helfen ihm heute und in den Folgetagen recht gut. Nach und nach wird es besser, und nach ~3 Wochen waren die Schmerzen fast weg. Hat schon ziemlich lange gedauert, was wohl auch daran lag, dass er sich nie richtig geschont hat.

                                          Hohe Sandbänke:



                                          Diese erodierte Sandbank befindet sich in einem Gebiet, wo der Fluss erst kürzlich eine Flussschleife durchbrochen hat (Map).

                                          Nach 32km heute erreichen wir ¼2 die Mündung des Rio São Lourenço. Er fließt rasch und wir haben Mühe, stromauf zu paddeln.



                                          Eigentlich wollte ich hier wieder ein Stück den Fluss hochfahren und dann das Lager aufschlagen. Aber da die Ufer nicht einladend aussehen und auch die Wasserqualität nicht an die des Lagerplatzes von heute früh heranreicht, lassen wir das. Das Wasser ist algig grün, wahrscheinlich Blaualgen, die in einem großen Stausee mit Wasserkraftwerk oberhalb wachsen konnten.

                                          Wir fahren noch ein Stück weiter auf dem Rio Vermelho, der ab jetzt Rio São Lourenço heißt. Meiner Meinung nach eine falsche Benennung, denn der Rio Vermelho ist der größere der beiden Flüsse und prägt auch die Wasserqualität entscheidend. Das Wasser ist weiterhin sehr trübe und rot, vom klareren Wasser des Rio São Lourenço ist nichts zu spüren.

                                          Mündungsgebiet des Rio São Lourenço:

                                          Kurz darauf machen wir eine kurze Pause an einer Altarm-Einfahrt und suchen ein paar Minuten den Schatten der Vegetation im Hochufer.



                                          Es ist wirklich barbarisch heiß. Die Vorhersage sagte ja bereits 40°C im Schatten voraus. Im Schatten ja, mag sein. Aber hier bewegen wir uns in der knalligen Sonne.

                                          Am Ende des Altarms liegt eine Fazenda, von da kommt uns ein Motorboot entgegen:

                                          Es ist eines von der besseren Sorte mit modernem Außenborder.

                                          Der wichtigste Grund, das Pantanal zu besiedeln, bestand in der Rinderzucht. Sehr interessiert, diese Viecher, die sehen auch nicht jedes Jahr Paddler:



                                          Die Strömung hilft uns hier ganz gut beim Paddeln. Wir erreichen im Durchschnitt mehr als 8km/h.

                                          Das Lager schlagen wir nach knapp 43km Tagespaddelstrecke um 3 Uhr am Rande einer sehr großen Sandbank auf (Map):




                                          Auf dem Sand finden sich Spuren verschiedenster Tiere. Hier zB die Spuren eines Leguans:


                                          Und die eines Tapirs:

                                          Wir bauen die Zelte am Rande der Sandbank im Schatten der niedrigen Weiden auf. Hier führen Tierpfade ins Dickicht.



                                          Zum Abendbrot kredenze ich diesmal eine Erbswurst-Suppe mit Haferflocken und Knoblauch angereichert. Also am Ende eher ein Brei:




                                          Thomas hat sein verschwitztes T-Shirt über einen Ast gelegt. Kurze Zeit später ist es von Ameisen okkupiert:


                                          Das gegenüberliegende Ufer in der Abendsonne:


                                          Wieder viele blühende Ameisenbäume:


                                          Schräg gegenüber, 300m entfernt, ist ein Fischercamp. Abends geht öfters der Stromgenerator, Strom für Fischkühlung und Licht im Lager. Es sind Berufsfischer, die hier in mittlerem Maßstab mit ~6 Motorbooten "industriellen" Fischfang betreiben. Die Fische werden in Styroporkisten kühl gelagert und in Richtung Rondonópolis abtransportiert.



                                          Eines der Boote mit den zum Feierabend heimfahrenden Fischern stoppt auf unserer Höhe und sie warnen uns vor dem Jaguar, der Unze, die hier ihr Revier hätte. Sie haben sie hier öfter gesehen. Aber was können wir machen? Jetzt noch das Lager verlassen? Rüber zu den Fischern möchte ich nicht unbedingt. Da will ich es eher hier drauf ankommen lassen.

                                          Unruhige Nacht, natürlich lausche ich auf alles, was da draußen vor sich geht. 2008 wurde bereits Mal ein Angler im Zelt vom Jaguar erwischt.

                                          Ich hätte tatsächlich nicht gedacht, dass es so nah an der Stadt und von Fazendas umgeben noch (oder schon wieder?) Jaguare gibt. Wir sind Luftlinie 20km von Rondonópolis entfernt. Allerdings denke ich auch, dass hier, mit den Fazendas rundum und fern dem Jaguar-Schutzgebiet bei Porto Jofre, noch keine große Gefahr besteht. Der eventuell immer noch vorhandene (illegale) Jagddruck von Seiten der Rinderzüchter könnte die Tiere scheu halten. Brian und Diana haben 2013 einen toten Jaguar im Fluss liegen sehen.
                                          Zuletzt geändert von Spartaner; 03.02.2021, 08:15.

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                                          • JulianD
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                                            • 26.10.2017
                                            • 86
                                            • Privat


                                            #22
                                            AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                            Spannend, interessant und super Bilder.
                                            Im Großkatzen-Thread wurde ja schon über die Verbindung zwischen Großkatzen und stadtnahen Beutetieren diskutiert; verhält es sich beim Jaguar möglicherweise ähnlich wie beim Leopard in Indien, der selbst Großstädte dort nicht meidet, um Streuner und Haushunde zu schlagen?
                                            Bin als Angler schon gespannt auf deine Erfahrungen mit dem Angeln und /oder den Fischen des Gebiets.

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                                            • Pfiffie
                                              Fuchs
                                              • 10.10.2017
                                              • 2024
                                              • Privat


                                              #23
                                              AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                              Aufgefressen wurde wohl keiner in der Nacht, der Bericht belegt das, weil er geschrieben werden kann

                                              "Freiheit bedeutet, dass man nicht alles so machen muss wie andere"

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                                              • Spartaner
                                                Lebt im Forum
                                                • 24.01.2011
                                                • 5056
                                                • Privat


                                                #24
                                                Zitat von JulianD Beitrag anzeigen
                                                Im Großkatzen-Thread wurde ja schon über die Verbindung zwischen Großkatzen und stadtnahen Beutetieren diskutiert; verhält es sich beim Jaguar möglicherweise ähnlich wie beim Leopard in Indien, der selbst Großstädte dort nicht meidet, um Streuner und Haushunde zu schlagen?
                                                Also auf die Fazendas "verirrt" er sich öfter mal, und greift sich den ein oder anderen Hund, Huhn oder anderes Getier, Beispiel. So etwas haben wir öfter gehört. Aber dass der Jaguar sich in richtige Ortschaften verirrt, das habe ich noch nicht gehört oder gelesen (und dieses Tier hier war ein Puma).

                                                Hier dringt ein Jaguar auf ein Schulgelände vor (ein paar Sekunden ab Minute 0:44). Aber das war ein abgemagertes Tier, das sich kaum noch auf den Beinen halten konnte (39kg anstatt ~70kg Normalgewicht in seinem Alter). Wurde gerettet.



                                                -----------------------------------------------------
                                                Edit: die Rettung liest sich ganz interessant, Zitat: "Der Jaguar ist jünger als zwei Jahre und sollte 70 Pfund wiegen, kam aber mit dem halben Gewicht zu CRAS (Centro de Reabilitação de Animais Silvestres). Der Jaguar, der von einem Team der Veterinärmedizinischen und Tierwissenschaftlichen Fakultät der UFMS (Bundesuniversität Mato Grosso do Sul) gerettet wurde, tauchte auf dem Schulhof auf und taumelte, sehr dünn und keuchend. Schulbeamte kontaktierten die Universität, die ein technisches Team zur Rettung überwies.

                                                Das Jungtier wurde zum UFMS Veterinary Hospital in Campo Grande gebracht, wo er sich einer Reihe von Tests unterzog und Erste Hilfe erhielt. Er wurde eine Woche ins Krankenhaus eingeliefert und erholt sich jetzt in einem CRAS-Gehäuse, das von anderen Tieren isoliert ist. Es wird zweimal täglich gefüttert: Huhn, Rindfleisch und Fisch sowie Kinder, Vitamine und Antibiotika" (Übersetzung Google Translate).

                                                Kinder? Kinder! Darum hat er sich ja auch das Schulgelände ausgesucht
                                                Zuletzt geändert von Spartaner; 02.02.2021, 13:42.

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                                                • Meer Berge
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                                                  • 10.07.2008
                                                  • 2381
                                                  • Privat


                                                  #25
                                                  AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                  Ich lese sehr interessiert mit.
                                                  In diese Gegend werde ich voraussichtlich nie kommen - so sehr mich der Urwald reizt, das Klima schreckt mich zu sehr ab.
                                                  Schön, sie durch solche Berichte dennoch ein klein wenig kennen zu lernen.

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                                                    • 19.06.2014
                                                    • 2101
                                                    • Privat


                                                    #26
                                                    AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                    Ach das ist Wetter wie ich es liebe.
                                                    Die Landschaft erinnert etwas an die senegalesischen Trockenwälder, die ich dieses Jahr besucht habe. Es ist ja auch in etwa der selbe Breitengrad.

                                                    Gab es neben der Hitze, noch einen Grund warum ihr keine offenen Feuer entfacht habt?
                                                    Das Holz sollte ja sehr trocken gewesen sein.
                                                    Russian Roulette is not the same without a gun. - Lady Gaga

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                                                      • 24.01.2011
                                                      • 5056
                                                      • Privat


                                                      #27
                                                      AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                      Zitat von Intihuitana Beitrag anzeigen
                                                      Die Landschaft erinnert etwas an die senegalesischen Trockenwälder, die ich dieses Jahr besucht habe. Es ist ja auch in etwa der selbe Breitengrad.
                                                      Hmm, ich habe gerade mal nachgeschaut, meine mindestens 16 Breitengrade finde ich in Senegal erst am Nordrand des Landes, und da ist Wüste (Beispiel).

                                                      Deine Tour in den Niokolo Koba Nationapark war schon deutlich näher am Äquator, 12°N. Rein gefühlsmäßig scheint es mir bei dir noch trockener zu sein als meine Pantanal-Hügel.


                                                      Zitat von Intihuitana Beitrag anzeigen
                                                      Gab es neben der Hitze, noch einen Grund warum ihr keine offenen Feuer entfacht habt?
                                                      Das Holz sollte ja sehr trocken gewesen sein.
                                                      Neben der Hitze war es meine Faulheit bezüglich Holz sammeln. Aber nein, der Hauptgrund war die Hitze. Ich sehe einfach keinen Sinn darin, dann noch etwas heißer in einiger Entfernung zum Feuer zu sitzen. Wir hatten es 2015 am Euphrat an einem Abend mal probiert, an dem wir viel gutes Feuerholz herumliegen hatten, aber es hat wirklich nichts gebracht, außer dem romantischen Anblick. Und der war auch nur bei kleinster Flamme aus einer Entfernung von ~5m zu ertragen (Filmsekunden).

                                                      Wahrscheinlich spielst du bezüglich des Feuers auf den Schutz vor wilden Tieren an, wie ihr es am Gambia-Fluss praktiziert habt. Wie ich aber von Humboldt lernen konnte, lässt sich der Jaguar von Feuer nicht schrecken: "Der Jaguar scheut das Lagerfeuer keineswegs. »Wir bemerkten zu unserer Überraschung«, sagt Humboldt, »daß die Jaguare hier unsere Feuer nicht scheuten. Sie schwammen über den Flußarm, der uns vom Lande trennte, und am Morgen hörten wir sie ganz in unserer Nähe brüllen.« An einer andern Stelle seines Reisewerkes berichtet er, daß ein Jaguar den treuen Hund der Gesellschaft sozusagen zwischen den Lagerfeuern herausholte und wegschleppte. Der Hund hatte abends, als er die Unze brüllen hörte, unter der Hängematte seines Gebieters Schutz gesucht und war am nächsten Morgen doch verschwunden." (Brehms Tierleben, Band 1, S. 498)

                                                      Ok, vielleicht lässt sich der Jaguar deswegen nicht von Feuer schrecken, weil er zumindest im Amazonas-Regenwald nie mit Feuer in Berührung kam? Im Pantanal ist das schon wieder anders, da brennt es auch natürlicherweise manchmal. Da hätte ein Feuer vielleicht doch einen gewissen Nutzen.

                                                      Naja, und dann bestand natürlich außerhalb der Sandbänke eine extreme Brandgefahr. Da war mir an manchen Rastplätzen schon beim Künzeln nicht ganz wohl. Was weiß ich, wie sich das Holz dort im Feuer verhält, ob es "explodiert", und die Glut meterweit schleudert?

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                                                        • 24.01.2011
                                                        • 5056
                                                        • Privat


                                                        #28
                                                        AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                        Zitat von Intihuitana Beitrag anzeigen
                                                        Ach das ist Wetter wie ich es liebe.
                                                        Dazu möchte ich festhalten, dass du wohl nicht ganz normal bist

                                                        Wir hatten wirklich außergewöhnlich heiße Tage dort im Pantanal. Am besten wird das von dieser Grafik veranschaulicht, die vom USDA herausgegeben wurde:



                                                        Die Fläche des Pantanal ist die einzige Gegend in ganz Brasilien gewesen, die im Reisezeitraum in Pinkfarben gehalten ist, also zwischen 9 und 16 Tagen im September 2019 Temperaturen von >38°C ertragen musste (Quelle).

                                                        Die WMO behauptet sogar, dass es über 20 Tage mit Temperaturen >38°C waren.
                                                        Bloß ich bevorzuge die Abbildung oben, weil es da so klar das Pantanal ist, welches im Reisezeitraum der Hitzepol von ganz Brasilien war.

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                                                          • 13.06.2006
                                                          • 383
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                                                          #29
                                                          AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                          Wundervoll detailiert! Man sitzt fast bei euch im Boot und auf den Sandbänken...und schwitzt mit
                                                          Fazit: Brasilien zu bepaddeln ist auch zuhause auf der Couch möglich Danke!

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                                                            • 24.01.2011
                                                            • 5056
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                                                            #30
                                                            Donnerstag, 5.9.2019, Terra Indígena Tereza Cristina, 50 km
                                                            Wie bereits geschrieben, schlafen wir diese Nacht zum ersten Mal in dem Bewusstsein, uns hier im Jaguar-Revier aufzuhalten. Die Fischer hielten es gestern Abend für nötig, uns zu warnen.

                                                            Ich halte die Gefahr aus rein statistischen Erwägungen noch für relativ gering. Anders wird das erst, wenn wir in die Gegend um Porto Jofre kommen. Da weiß ich noch nicht, wie wir da heil durchkommen sollen. Dort sind die Jaguare extrem häufig und sie sind an Menschen gewöhnt. Sie flüchten nicht mehr instinktiv, wenn sich Menschen nähern. Und dass dort so wenig Unfälle passieren liegt wohl nur daran, dass sich niemand dort der Gefahr richtig exponiert, also zB dort am Ufer zeltet. Die Touris sitzen alle in mehr oder weniger großen Schnellbooten (oder woanders auch in Safariautos). Oft belagern mehrere Boote einen Jaguar. Eine Jaguar-Dokumentation von 2012 ist hier zu sehen (47min). Und hier eine, in der versucht wird, Jaguare an Safari-Autos zu gewöhnen.

                                                            So liege ich in meinem luftigen Zelt, gehe diesen Gedanken nach und lausche in die Nacht.

                                                            01:30 Uhr kommt einer der Fischer mit dem Motorboot zu unserem Ufer. Will er nachsehen, ob noch alles gut ist?
                                                            Ok, ich kann es jetzt verraten, wir überleben die erste Nacht im Jaguar-Gebiet.
                                                            Und ich bin auch immer wieder eingeschlafen und stehe jetzt nicht übermüdet auf. Dennoch bin ich auch ein bisschen froh, als die Nacht vorüber ist.

                                                            "Ab um 5 Uhr sieht man erste Anzeichen der Dämmerung": Das ist das, was ich unterwegs vermerkt habe. Aber ich will es natürlich noch nachträglich ganz genau wissen. Hier zB kann man die geografischen Koordinaten, das Datum und die Zeitzone eingeben, und bekommt folgende Zeiten für die verschiedenen Dämmerungsphasen:

                                                            04:30 Beginn astronomische Dämmerung
                                                            04:55 Beginn nautische Dämmerung
                                                            05:20 Beginn bürgerliche Dämmerung
                                                            05:42 Sonnenaufgang

                                                            17:35 Sonnenuntergang
                                                            17:56 Ende bürgerliche Dämmerung
                                                            18:22 Ende nautische Dämmerung
                                                            18:47 Ende astronomische Dämmerung

                                                            Man sieht, wir bewegen uns hier am östlichen Rand unserer natürliche Zeitzone, und die Taglänge liegt noch unter 12h. Das wird sich im Verlaufe des Septembers noch ändern.

                                                            Sonnenaufgang:


                                                            Die kurzen Tage wollen wir natürlich optimal nutzen. Das frühe Aufstehen ist überhaupt kein Problem. Wir kommen ja ganze 6 Stunden aus dem Osten und wären Zuhause auch bereits längst aufgestanden. Früh morgens sind auch die angenehmsten Temperaturen, diese Zeit muss man genießen.

                                                            So löffeln wir wieder unser am Vorabend angesetztes Müsli und ich rühre mir einen großen Pott kalten Kaffees an. Frühs nicht zu kochen spart eine Unmenge an Zeit und Aufwand. Stattdessen sitze ich faul im Luftsessel, rühre meinen Kaffee, schaue über den Fluss und lausche den Geräuschen des Dschungels.







                                                            Um 8 sind wir auf dem Wasser und passieren 300m weiter das Camp der Berufsfischer:


                                                            Auf der gesamten weiteren Strecke haben wir nicht mehr solch ein großes Camp von Berufsfischern gesehen. Ich habe den Eindruck, dass sich die Fischerei hier oben noch gelohnt hat, während es weiter unten im Pantanal bereits mehr oder weniger überfischt war.
                                                            2013 waren noch mehr solcher Berufsfischer anzutreffen, auch weiter unten im Pantanal (Bild 1, 2, 3). Selbst die im Pantanal immer noch häufig anzutreffenden Angeltouristen sind oft unzufrieden mit ihrer Ausbeute. Wie drastisch sich die Zahl der Angeltouristen im Pantanal verringert hat, zeigt hier die Abbildung 5-1.

                                                            Detaillierte Infos zum Leben der Fischer im Pantanal siehe Rafael M. Chiaravalloti (2017): Local communities and conservation in the Pantanal wetland, Brazil. Department of Anthropology, University College London, December 2016 (Link).

                                                            An einem Uferbaum hängt hoch oben ein großes Wespennest:






                                                            Die Wespen umschwirren das Nest, aber welche Art es genau ist, lässt sich aus der Entfernung nicht entscheiden. In Brasilien leben mindestens 111 staatenbildende Wespenarten. Zum Vergleich, in Deutschland gibt es 17 soziale Wespenarten.

                                                            Später ein anderes Wespennest, von Polybia ruficeps, Polybia sericea? (Fremdfoto, Quelle, Foto der Rotköpfigen Polybia-Wespe):


                                                            Keine Ahnung, was das ist, "Wollgras"


                                                            Wahrscheinlich leben auch da Larven irgendwelcher Insekten drin. Oder es sind aufgesprungene Samenkapseln.

                                                            Weiter geht es den herrlichen Fluss entlang:


                                                            Hier kommen wir an eine Art Abkürzung, die ich bei frei mäandrierenden Flüssen schon öfters bemerkt habe:


                                                            So etwas hatten wir am Bargusin auch letztes Jahr.

                                                            An der Inselspitze sammelt sich bei Hochwasser das Treibholz:


                                                            Jetzt wieder ein paar Vögel, auch wenn es sich teilweise zu wiederholen beginnt:
                                                            Scherenschnabel:






                                                            Schwarzer Greifvogel, Rabengeier?, Truthahngeier?


                                                            Der Waldstorch (Mycteria americana) ist ein Schreitvogel aus der Gattung der Nimmersatte:








                                                            Der obere Waldstorch hier im letzten Bild schaut schräg zu mir herunter.

                                                            Im Hintergrund ein Cayennekiebitz, Pied Lapwing (Vanellus cayanus), zusammen mit 2 unscharf gehaltenen Bronzekiebitzen im Vordergrund:


                                                            Immer wieder Mitleid erregend, der Schlangenhalsvogel:


                                                            Er kann sich nass immer nur schwer entscheiden, ob er sich wegen uns ins Wasser stürzen und seinen ganzen Trocknungserfolg in Frage stellen soll, oder ob er es bereits schafft, davonzufliegen.



                                                            Ein weiteres Fischercamp:


                                                            Schön bewachsenes Ufer, aber größtenteils auch unpassierbar:


                                                            Die Berghöhen treten in den Hintergrund und sind ab heute seltener zu sehen.

                                                            Jetzt zum zweiten Mal mehrere Riesenotter gesichtet, diesmal an einer Mündung eines Nebenflüsschens. Heute sehe ich den ersten an Land über eine Sandbank huschen. Von den anderen tauchen wie am ersten Tag auf dem Wasser nur immer wieder die Köpfe auf (Map).

                                                            Und wir sehen heute zum ersten Mal ein Wasserschwein. Es sitzt am Ufer und stürzt ins Wasser, als wir uns nähern. Zu schnell für ein Foto.

                                                            Badepause:


                                                            Thomas hält sich immer noch das Kreuz, während ich baden gehe. Das schöne an diesen niedriggelegenen, feuchten Sandbänken ist, dass sie spürbar kühler sind im Vergleich zum trockenen Sand, durch die Verdunstungskälte.

                                                            Tapirspuren:


                                                            Eigenartiges Wurmloch:


                                                            Wurmloch mit Wasserschwein-Knödeln zum Größenvergleich:


                                                            Kann mir jemand sagen, um was für ein Tier es sich hier handelt?

                                                            Ab und zu sieht man im Pantanal massenhaft Schmetterlinge auf einer Sandbank versammelt. Hier geht es um Mineralienaufnahme. Die Frage ist, wo kommen die Mineralien an dieser Stelle her? Der Sand sieht genauso aus wie an anderen Stellen auch.
                                                            Die häufigsten Schmetterlinge sind dabei weiße, gelbe und leicht hellgrüne Arten:







                                                            Ascia monuste ?








                                                            Phoebis sennae ?




                                                            Statira sulphur Aphrissa statira ?


                                                            Ab und zu zeigen sich auch seltenere Exemplare, darunter zB ein
                                                            Südlicher Monarchfalter (Danaus erippus). Der ist eng verwandt mit dem gewöhnlichen Monarchfalter (Danaus plexippus) und wurde bis 2007 noch zur selben Art gezählt, ist aber, wie man heute weiß, genetisch verschieden. Der einzige offensichtliche Unterschied zu D. plexippus ist der orange statt schwarze hintere Vorderflügelrand. Dieses Männchen hat an der zweiten Ader der Hinterflügel schwarze, mit Duftschuppen gefüllte Taschen. Flügelspannweite ~10cm.



                                                            Oder dieser Königs-Schwalbenschwanz, King Swallowtail (Papilio thoas), Flügelspannweite 12 - 14cm


                                                            Und so sieht es aus, wenn ein Profi-Tierfotograph Schmetterlinge im Pantanal aufnimmt.

                                                            Während der Badepause landet gegenüber ein Hornwehrvogel auf einem Baumwipfel:




                                                            Dass die so schön auf den dünne Zweigen da oben balancieren können, hätte ich den schweren Vögeln kaum zugetraut.

                                                            Hornwehrvögel, majestätisch schreitend:








                                                            Weißhalsibis und im Vordergrund Großschnabel-Seeschwalbe, Large-billed tern (Phaetusa simplex)


                                                            Truthahngeier


                                                            Weiter geht es durch Traum-Landschaft


                                                            Ab hier kann man sagen, wir haben das Pantanal erreicht. Auch wenn man es vom Fluss aus nicht wahrnimmt, hinter dem linken Ufer, also südlich von hier, erstrecken sich erste große zusammenhängende Flächen, die bei größeren Hochwässern zeitweise überschwemmt werden. Ich erkenne es deutlich an der Strukturierung der Vegetation im Satellitenbild.



                                                            Ein wilder Gewässerdurchbruch kürzt uns ~3km ab. Tolle Steilufer, zT rasche Strömung. Dieser Durchbruch war auf dem Google-Satellitenbild nur ein schmaler Kanal. Auf dem Bing-Satellitenbild war der Durchbruch dagegen schon voll ausgebildet zu sehen und ich hatte ihn bereits vor der Fahrt in der OSM eingezeichnet.









                                                            Noch vor dem Gewässerdurchbruch überqueren wir ohne es zu wissen die Grenze zum Indianerreservat Terra Indígena Tereza Cristina. Ich wusste natürlich, dass wir uns hier irgendwo dem ersten Indianerreservat nähern, aber mein gewähltes Openandromaps-Kartenthema "Elements" zeigt die Grenzen des Schutzgebietes nicht an, was ich bis dahin nicht wusste. Naturschutzgebiete werden auf der Karte markiert, Indianerschutzgebiete nicht.

                                                            Hier wohnen Angehörige der Bororo (Wikipedia). Noch vor 80 Jahren war die ursprüngliche Bororo-Kultur noch weitgehend intakt (Film 16min). Der umfangreichste zusammenfassende Text, den ich gefunden habe, ist dieser hier. Mehr zu den Ureinwohnern des Pantanal ganz in der Nähe.

                                                            Natürlich erwarten wir an der Grenze des Reservates von einem Hagel von Pfeilen begrüßt zu werden und legen unsere Winchester bereit.

                                                            Oder wir erwarten wenigstens, von so einem schicken Typ im Federschmuck begrüßt zu werden:

                                                            Foto Valter Campanato/ABr (CC BY 3.0 BR)

                                                            Aber nichts dergleichen passiert. Der erste Indianer, den wir hier zu sehen bekommen, steht am Ufer, angelt und fixiert uns regungslos aus den Augenwinkeln. Der einzige Unterschied zu anderen Brasilianern der uns auffällt ist, dass er unseren Gruß nicht erwidert. Ab hier vermute ich, dass wir uns bereits in Indianergebiet bewegen.



                                                            Aber im Ernst, natürlich haben wir erwartet, dass die Indianer hier so zivilisationsnah sich kaum unterscheiden vom Rest der Bevölkerung. Das einzige Indianerdorf in diesem Reservat liegt 17 Fluss-km weiter stromab, hat Fahrwege in die Zivilisation und benachbarte Farmen. Schon im Satellitenbild sieht man auf einigen größeren Bauten Ziegeldächer und mehrere Aluminiumboote am Strand.

                                                            Ich weiß heute noch nicht, ob man dieses Reservat ohne spezielle Erlaubnis einfach so durchqueren darf (Erlaubnis vom örtlichen Chef und/oder der Indianerbehörde Funai). Wir haben jedenfalls nicht gesehen, dass andere Brasilianer von oberstrom hier runtergefahren sind. Aufgefallen ist mir auch, dass die Landschaft oberhalb des Indianerreservates sehr gering besiedelt war. Es gab oberhalb des Indianerreservates keine Anglerplätze mehr am Ufer, dort war zumindest der Galeriewald schon recht 'abgelegene' Wildnis.
                                                            Die Reservate von weniger "integrierten" Indianervölkern dürfen jedenfalls absolut nicht von Fremden betreten werden. Auf den Seiten der Funai habe ich aber nur Informationen gefunden, auf denen das bürokratische Prozedere für Wissenschaftler beschrieben ist, die auf Indianerland forschen möchten.

                                                            2 Flussschleifen weiter schauen wir wieder zurück auf die Hügel des Hochlandes.



                                                            An dieser Stelle ist es ½4 und wir sind heute bereits 50km gepaddelt. Zeit für die Lagersuche. Wir landen links an einer riesigen, von der Sonne aufgeheizten Sandbank an und bauen die Zelte wieder im Schatten niedriger Weiden auf. Bis dahin müssen wir das Gepäck 80m schleppen. Das Boot lassen wir am Strand liegen.





                                                            Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, nicht unbedingt im Indianderreservat zu zelten. Über weite Strecken liegt das Reservat nur auf der rechten Seite des Flusses.
                                                            Wir landen also auf der nächstbesten linksufrigen Sandbank in dem Glauben, außerhalb zu übernachten. Auf der Google-Map liegt unser Schlafplatz zwar angeblich auf dem rechten Ufer, tatsächlich aber ist die Erosion so schnell vorangeschritten. Im Bing-Luftbild wird es wieder bereits richtig angezeigt.

                                                            Später am Lagerplatz habe ich dann mal auf das Kartenthema "desertV4" umgeschaltet, und da wird die Grenze des Indianerschutzgebietes angezeigt. Es zeigt sich, wir lagern nun also doch mittendrin.

                                                            Tatsächlich sehen wir hier nur Indianer an und auf dem Fluss.





                                                            Wie schon gesagt, kann ich mir gut vorstellen, dass es für andere Brasilianer schlicht verboten ist, hier zu fischen oder zu campieren. Naja, auf uns bezogen, werden sie schon erkennen, dass wir hier nicht zur dauerhaften Landnahme angelandet sind. Hoffe ich zumindest.

                                                            Und dass die Indianer noch einen tiefsitzenden Argwohn gegenüber Fremden haben, ist vielleicht verständlich, wenn man in ihre jüngere Geschichte blickt. Der General, Ingenieur und Abenteurer Marechal Cândido Rondon gründete 1910 in bester Absicht den "Serviço de Proteção ao Índio" (SPI), deutsch den "Dienst zum Schutz der Indios", um "der Sache der Indianer und der Menschlichkeit zu dienen". Nach ihm ist die Stadt Rondonópolis benannt, von der wir unsere Paddeltour gestartet haben. Marechal Rondons stolze Devise, die Brasilianer schon in der Schule lernen, war: "Sterben, wenn es sein muß - aber töten nie!"
                                                            Später wandelte sich diese Organisation unter korrupter Führung zum genauen Gegenteil dessen, wofür sie von Marechal Rondon gegründet wurde. "Wie die Konquistadoren Cortez und Pizarro rotteten die vom Staat geheuerten Helfer ganze Indianerstämme aus, um deren Besitz - Holz und fruchtbaren Ackerboden - zu Geld zu machen. Goldsucher und Pistoleiros beteiligten sich an den Verbrechen. Großgrundbesitzer Zentralbrasiliens, Fazendeiros, erwiesen sich als zahlkräftige Abnehmer des Landes, das laut Verfassung unverkäuflich und auf ewig Eigentum der Indios ist", so der Spiegel in einem Artikel 1968. Es lohnt sich, diesen Artikel unter der Überschrift "Arsen und Zuckerstückchen" weiter zu lesen. Es ist schon unglaublich, was noch bis in die 60er Jahre dort ablief. Absoluter Wilder Westen.

                                                            Das hat sich ab 1968 zur Zeit der Militärdiktatur grundlegend verändert. Damals wurde die Behörde quasi neu gegründet, heißt seitdem Funai - Fundação Nacional do Índio, und ist wieder für die Indianer tätig. Während sie in den ersten 20 Jahren eine Politik der Integration und Assimilation indigener Völker betrieb, änderte sich später ihre Politik und sie versuchen die Identität der Indios zu wahren. Bisher unkontaktierte Stämme werden seither isoliert und soweit möglich rigoros vor Kontakt mit Siedlern bewahrt. Jeder Kontakt hatte bei den Indianern eine hohe Mortalität wegen Infektionen verursacht. In Brasilien soll es noch etwa 100 unkontaktierte Stämme geben. Nur wenn sich 2 Indianerstämme durch ständige Kriege selbst in die Ausrottung treiben, greift die Behörde ausnahmsweise als Friedensstifter ein.

                                                            Nach dem Baden sind heute wieder Nudeln dran:


                                                            Die Zwiebeln und der Knoblauch kochen ein Stück mit.

                                                            Dieser leckere Fisch wird am Ende untergerührt


                                                            Dazu natürlich noch viel Tomatenmark. Der Rhythmus bleibt jetzt immer 2 Abende Nudeln, 1 Abend Erbswurst. Wegen abwechslungsreicher Ernährung, ihr versteht schon.

                                                            Nachts 01:05 Uhr kommt ein laut knatterndes 'Patrouillenboot' langsam den Fluss herunter und sucht die Ufer im Licht einer zappligen Taschenlampe ab. Es stoppt kurz nördlich unseres Lagerplatzes, Motor aus. 01:24 Uhr wird der Motor wieder angeschmissen. Das Boot ist ~1km motorlos getrieben. Ich schaue wenig später nach unserem Boot, es liegt noch am Strand.

                                                            01:44 jemand, Mensch oder Tier, schwimmt über den Fluss, ich höre es noch länger.
                                                            Zuletzt geändert von Spartaner; 03.02.2021, 08:20.

                                                            Kommentar


                                                            • Spartaner
                                                              Lebt im Forum
                                                              • 24.01.2011
                                                              • 5056
                                                              • Privat


                                                              #31
                                                              Freitag, 6.9.2019, Feuer, 44km
                                                              Schöner kühler Morgen. Gegenüber brüllt kurz ein großes Tier. Ein Jaguar? Auf unserer riesigen Sandbank hoppeln 2 Wasserschweine davon.

                                                              Kurz nach Sonnenaufgang hält man es in den Zelten nicht mehr aus. Wir liegen jetzt in der prallen Sonne.





                                                              Spuren im Sand:


                                                              Darunter Jabiru, die großen Vogeltapsen im Vordergrund, Reiher, Bronzekiebitz, Fuchs und Leguan.

                                                              Früh kurz vor Abfahrt ziehe ich zum ersten Mal die dunkle Hose und das blaue Merino-Shirt durchs Flusswasser, den Schweiß der ersten Tage rausspülen.

                                                              Während des Paddelns kühle ich mich ab heute, indem ich ständig mein Merinoshirt und die Hose richtig einnässe. Unter den China-Schirmhut lege ich mir noch einen nassen Lappen auf den Schädel. Die Verdunstungskälte ist sehr angenehm.
                                                              Allerdings trocknet das ganze sehr schnell wieder aus. Alle halbe Stunde muss man neu wässern.

                                                              Ausnahmsweise, wenn es schneller und gründlicher gehen soll, lege ich mich mit den Klamotten ganz ins Wasser. Aber dann tropft es eine ganze Weile recht stark, und da ich das ganze Wasser nicht im Boot haben will, wähle ich diese Variante nur selten.

                                                              Nur Thomas braucht das alles nicht. Ihm reicht es, ab und zu seinen Hut zu wässern. Er paddelt die ganze Zeit in seiner dünnen langärmligen Fleecejacke und langer Hose. Erstaunlich! Na ok, ansonsten wäre er sofort rettungslos verbrannt. Bei seinem empfindlichen Hauttyp kommt er mit 50+ Sonnencreme nicht weit und sein schmalkrempiger Hut ist auch nicht der Bringer. Entsprechend dunkelrot sind sein Gesicht und der Hals. Ein Schuß Bräune mischt sich erst nach Wochen darunter.

                                                              Wieder die tägliche Portion Vögel, heute mal mehrere Truthahngeier (Cathartes aura):






                                                              In Brasilien heißt er Urubu-de-cabeça-vermelha, Rotkopfgeier.

                                                              Im Gegensatz zu den Neuweltgeiern ist dieser Geselle hier ein richtig schöner Greifvogel, der Schwalbenweih, Swallow-tailed Kite (Elanoides forficatus):




                                                              Hier eine alternative Darstellung von John James Audoborn. Theoretisch kann es sein, dass auch mein Exemplar schon mal in Florida war.

                                                              Und natürlich wieder meine Lieblinge, die Anhumas:




                                                              Nach einer ½h Paddeln passieren wir den Fischerhafen der Indianer:




                                                              Die Kühlboxen bedeuten wohl, dass sie ihre Fische auch in die Stadt verkaufen.



                                                              Kurz nach der Indianersiedlung hinter dem rechten Ufer verlassen wir das Indianerreservat.

                                                              Landschaft, ausgedehnte Sandbänke, Steilufer:
















                                                              Nach 20km machen wir eine Badepause:


                                                              Da hängen diese Früchte am Baum. Weiß jemand, was ist das?


                                                              Azara-Kapuzineraffe (Sapajus cay, Syn.: Cebus apella cay)?:




                                                              Unterhalb des Indianerreservates nahm die Besiedlung der Ufer wieder zu:






                                                              Hier in der Nähe hat Google Maps zwei Unterkünfte für Angeltouristen verzeichnet, mit 111km Anfahrt aus Rondonópolis auf größtenteils unbefestigten Wegen. Auf internationale Touristen scheinen diese Unternehmen aber nicht zu zielen. Während der Tour wussten wir nichts von diesen Unterkunftsmöglichkeiten.

                                                              Schwimmende Basis von Berufsfischern:


                                                              Wie gesagt, hier oben scheint sich die Fischerei noch zu lohnen.



                                                              Nach weiteren 11km machen wir ein Päuschen auf dem Steilufer im Schatten eines großen Baumes. Sonst ist ja das Steilufer idR extrem abweisend. Aber dieser Platz hier wurde von Anglern freigemacht, ist mit PKW erreichbar und mit einem Schwimmsteg und Treppe ausgestattet.





                                                              Ein mächtiger Baum spendet Schatten:


                                                              Links Würgefeige, mitte Termitengänge:




                                                              Weiter gehts, schöne Steilufer:




                                                              Höhlen von Tieren, welche weiß ich nicht. Es können Vögel sein wie unsere Uferschwalben oder Bienenfresser, oder angeschnittene Mäusegänge im Boden. Manche Eingänge zeigen Benutzungsspuren, werden also auf jeden Fall von Vögeln als Bruthöhle benutzt.



                                                              Gegen 2 Uhr liegt rechts ein Baumstamm auf der Sandbank. Wirklich ein Baumstamm? Als wir näher kommen, bewegt er sich. Unser erster Kaiman liegt auf einer Sandbank in der Sonne, ein großer. Als wir uns noch weiter nähern, verschwindet er ins Wasser. Klasse!



                                                              Ok, im Gegensatz zum Pantanal-Pauschaltouristen bekommen wir nicht alles an einem Tag vorgesetzt. Aber ich finde, unsere Bilanz kann sich schon sehen lassen:

                                                              3.9. erste Riesen-Otter gleich nach Rondonópolis
                                                              4.9. erste Nacht im Jaguar-Revier, Fischer warnen uns vor dieser Stelle
                                                              5.9. erstes Wasserschwein
                                                              6.9. erster Kaiman

                                                              Ganz im Stile von Freedom33333, "das erste mal zwischen gigantischen Steinen umherklettern", "das erste mal wegelos einen kleinen Hügel ohne Gepäck besteigen", "zum ersten mal einen Kaffee kochen", "der erste echte Test", "das erste mal das Gefühl, etwas verloren zu haben", "erstes mal Schweden als Erwachsener", "den ersten Bach zu überqueren", "die erste Nacht im Zelt", "das erste mal eine ganze Tour nur im Zelt übernachten", "das erste mal komplett wegelos", "den ersten Pass bezwungen", "den ersten Schritt auf einem Gletscher", "erster Heli-Flug", usw.

                                                              Ich werde meine eigene Zum-ersten-Mal-Liste später noch ergänzen.

                                                              Ab hier wissen wir also, es gibt Kaimane im Wasser, hier kann jederzeit einer auftauchen. Sie sind scheu und versuchen Menschen zu meiden. Aber dennoch möchte ich gleich von meinen schönen Badepausen Abstand nehmen und nur noch am Ufer duschen. Das werde ich zwar in den Folgetagen nicht länger durchhalten, ich gehe dann doch wieder Baden, aber irgendwie ist immer ein kribbeliges Gefühl da im Wasser. Was weiß ich denn, ob so ein Vieh schlau genug ist, einen einzelnen Fuß nicht zu packen. Das Wasser ist sehr trübe, und so ein Kaiman kann sich ja auch mal irren. Wie Baden mit Kaimanen in klarem Wasser aussieht, kann man hier sehen. Und dieses nette Filmchen mit Baden als Mutprobe habe ich auch erst nach der Reise entdeckt.

                                                              Das Pantanal ist übrigens eine der ganz wenigen Gegenden auf der Welt, wo man zusammen mit Krokodilen relativ gefahrlos baden kann. Alle anderen Krokodile sind größer und dann auch gleich richtig gefährlich. Schon im Amazonasgebiet gibt es zB auch den bis zu 6m langen Mohrenkaiman (Melanosuchus niger), eine gefährliche Art.

                                                              Im Pantanal kommt der Brillenkaiman (Caiman yacare, Syn.: Caiman crocodilus yacara) vor. Er wird nur 2 - 3m lang. Ob auch der Breitschnauzenkaiman (Caiman latirostris) hier vorkommt, habe ich noch nicht herausgefunden.

                                                              Ergänzung: Ab und zu passieren doch mal Unfälle mit den Kaimanen. Für den Brillenkaiman listet die Datenbank CrocBITE im Zeitraum der Jahre von 2000 bis 2021 17 Vorfälle, für den Breitschnauzenkaiman 6 Vorfälle auf. Der Brillenkaiman war einmal tödlich. Sogar der Zwergkaiman (Cuvier's Dwarf Caiman) hat mal jemanden verletzt. Andere Krokodile sind aber natürlich viel gefährlicher. Alligatoren haben in dieser Zeit mindestens 194 Tote und Verletzte gefordert, Nilkrokodile 1168, und Salzwasserkrokodile 1714 Opfer. Bei den Nilkrokodilen wird dazu noch eine hohe Dunkelziffer vermutet, da viele Vorfälle in Afrika nur lokal bekannt wurden.

                                                              Die Kaimane im Pantanal wurden viele Jahrzehnte massiv bejagt, vor allem ihrer Haut wegen. In den 60er Jahren kam der größte Teil des weltweit gehandelten Krokodilleders aus dem Pantanal. 1967 wurde die Jagd im Pantanal verboten, aber sie ging ungebrochen weiter, jetzt halt illegal. Jaguar und Riesenotter wurden in den 70er Jahren so selten, dass sich die Wilderei auf diese Arten nicht mehr lohnte ("approached commercial extinction in the 1970s"). Der Staat unternahm zwar bedeutende Anstrengungen, die Wilderei einzudämmen, aber trotz kriegsähnlicher Aktionen und erheblicher Polizeibrutalität blieb der Erfolg bescheiden.

                                                              Noch in den 80er Jahren wurden jährlich ~1 Mio. Kaimane geschossen, die Häute mit Kleinflugzeugen über die Grenze geschmuggelt und in Bolivien und Paraguay auf den Markt gebracht, wo Jagd und Handel von Kaiman noch erlaubt waren. Eine Kaiman-Haut brachte ~5 US$. Erst als die USA in den 90er Jahren den Kaiman auf eine Liste gefährdeter Tierarten setzte und die Einfuhr verbot, kam die Wilderei zum Erliegen. Seitdem erholt sich der Kaiman in schnellem Tempo. Heute leben ~35 Mio. Tiere im Pantanal, 10x mehr als in den 70er Jahren.



                                                              20 Minuten später verdunkeln Rauchwolken den Himmel vor uns. Da sind sie, die Feuer, die Brasilien seit Wochen in Atem halten. Unsere Presse ist voll davon. Auf einer Fazenda nördlich des Flusses werden Pflanzenreste verbrannt. Wahrscheinlich wurde wieder ein neues Stück Urwald gerodet und soll zu Viehweide umgestaltet werden. Auf den Fazendas nördlich des Flusses wird seit Jahren immer mehr Land kultiviert (Global Forest Watch 2001 - 2018, sehr schöne interaktive Karte, auf der man die Entwicklung in dieser Zeit nachvollziehen kann).

                                                              Und hier habe ich daraus mal für die Jahre 2001-2018 eine animierte Grafik zusammengestellt, welche die Entwaldung auf einem größeren Gebiet Südamerikas zeigt. Das Pantanal liegt in der Mitte, etwas rechts. Im Pantanal selbst war nicht viel los bezüglich Entwaldung. Aber in Bolivien, Paraguy und in Brasilien im Süden Amazoniens wurde sehr viel Wald systematisch zerstört, hier alles noch vor Bolsonaro. Die hellen Flächen links sind die Anden und Wüste, da gab es nie Wald. Die hellen Flächen rechts sind die Gebiete, in denen schon vor 2001 der Urwald bzw. der Cerrrado vernichtet wurde. Diese Fläche ist heute fast durchgängig landwirtschaftlich genutzt. Dort gibt es auch ein paar blau markierte Aufforstungsflächen. Aber das sind nur Nutzholzplantagen, Eukalyptus, ökologisch wertlos.









                                                              Tatsächlich ist es in diesem Jahr in großen Teilen Brasiliens außergewöhnlich heiß und trocken. Das Pantanal gehört dazu und war zumindest im September 2019, unserem Reisemonat, der absolute Hitzepol des Landes. In der Folge ist es erst mal normal, dass es häufiger brennt als in den Vorjahren. Hier wurde das bereits so vorhergesagt. Die Meeresoberflächentemperaturen (SSTs) im tropischen Pazifik und Nordatlantik lagen in der ersten Hälfte des Jahres 2019 höher als die Mittelwerte im Zeitraum 2001-2015 der Satelliten-Brandbeobachtungen. Durch die Kombination der SSTs in beiden Ozeanen prognostizierten sie ein hohes Brandrisiko für fast alle Regionen (außer Santa Cruz) im Amazonas während der Trockenzeit 2019.

                                                              Anders als sonst ist nur, dass Brasilien einen von der Mehrheit der brasilianischen Wähler neu gewählten Präsidenten hat, und der gefällt "unserer Presse" nicht. Und da packt man die Gelegenheit beim Schopf und macht eine ordentliche Pressekampagne gegen Bolsonaro daraus. "Die Erde brennt!".

                                                              Tatsächlich hat Bolsonaro keinen einzigen Waldbrand gezündet.

                                                              Aber leider ist es tatsächlich so, der Schutz des Regenwaldes genießt bei ihm keinerlei Priorität und korrupt ist er genauso wie die Vorgängerregierungen. Er möchte den Agrarindustriellen am liebsten freie Hand lassen bei der Erschließung neuer Flächen und ermuntert Siedler und Goldwäscher, wieder verstärkt und aggressiv in den Urwald vorzudringen und neue Flächen niederzumachen. Er bestraft sogar Angehörige der Umweltpolizei, die konsequent gegen illegale Abholzung vorgehen. Die beteiligten IBAMA-Beamten wurden entlassen. Seine Umweltminister Ricardo Salles möchte die Ablenkung durch die Corona-Krise dazu nutzen, die Umweltvorschriften massiv aufzuweichen.

                                                              Eine im Gegensatz zu den hierzulande gewohnten Pressekampagnen ungewöhnlich sachliche und umfassend informative Beschreibung der derzeitigen Situation in Brasilien findet man beim "Auslandsbüro in Brasilien" der Konrad-Adenauer-Stiftung: "Der Regenwald in Gefahr" vom 11.Mai 2020.

                                                              Das Geschäft mit dem Urwald funktioniert und expandiert natürlich nur, weil China und der Westen den Großteil der Produkte von diesen Flächen aufkauft, zB Rindfleisch und Soja für Tofu und Viehfutter, Kaffee, Mais und Rohrzucker.
                                                              Allein 2019 hat Brasilien Rindfleisch im Wert von 560 Millionen US-Dollar in europäische Länder exportiert sowie Soja im Wert von über sechs Milliarden US-Dollar. Der Großteil stammt von legalisierten Flächen, ein Teil aber eben auch von Flächen, auf denen vor wenigen Jahren noch Regenwald stand.
                                                              Auch illegal geschlagenes Holz erreicht die europäischen Märkte.

                                                              Seit den 50er und durch Förderprogramme stark beschleunigt seit den 70er Jahren des 20. Jhds. wurden bereits riesige Regenwaldflächen abgeholzt, ~20% des Gesamtbestandes.

                                                              Alleine für das brasilianische Amazonasgebiet sind die abgeholzten Flächen gigantisch:

                                                              INPE

                                                              Die Abbildung zeigt die historische PRODES-Reihe für die Abholzung des brasilianischen Amazonasgebietes in km², konsolidierte Daten bis 2019. Das Pantanal steckt da also nicht mit drin (oder teilweise doch? Gelten die Grenzen der Bundesstaaten, hier Mato Grosso?).

                                                              Zudem hat Brasilien schon vor Jahrzehnten den Irrweg des sogenannten "Biosprits" eingeschlagen, eine Katastrophe ohnegleichen für die Urwälder. Ein großer Teil des Rohrzuckers wird zu Alkohol vergoren und in Automotoren verbrannt. Aber während fossile Brennstoffe am Ende nur ihr CO2 in der Luft lassen, sind die riesigen Anbauflächen für den "Biosprit" für die Natur komplett verloren. 4.5 Mio. Hektar der Zuckerrohranbaufläche alleine für Ethanol! Dazu kommen 100000ha für Palmöl-Produktion (in Kolumbien und Equador sind es bereits >1 Mio. ha) und xxxxxxxha für "Biodiesel"-Produktion. VW und Bosch haben übrigens mit ihren technischen Innovationen in der Motorsteuerung einen erheblichen Anteil am Siegeszug des Äthanols in brasilianischen Autotanks.

                                                              Immerhin reagierte Bolsonaro auf nationalen und internationalen Druck hin und kümmerte sich um die Brände. Während der Operation "Grünes Brasilien" (Operação Verde Brasil) wurden zwischen 24. August und 24. Oktober 1835 Brände gelöscht. 37 Flugzeuge, 159 Boote, 467 Kraftfahrzeuge und 10000 Soldaten, Feuerwehrleute und Helfer waren im Einsatz.
                                                              Zusätzlich zu den Löschaktionen wurden Kontrollen durchgeführt. Die haben zu 127 Festnahmen geführt. 26000 Liter Treibstoffe wie Benzin und 178 Boote und Fähren wurden beschlagnahmt. Zerstört wurden zudem 45 behelfsmäßige Unterkunftsplätze oder Campings, die von illegalen Goldschürfern und Holzfällern errichtet worden waren. 1453 Fahrzeuge und 1961 Boote und Schiffe wurden durchsucht sowie Geldbußen in Höhe von über 140 Mio. R$ verhängt (~31 Mio. €, Quelle).

                                                              Die Kontrollen haben zu einer starken Abnahme neuer Brandherde geführt. Im Oktober sind diese laut dem brasilianischen Raumforschungsinstitut INPE auf 7855 Brandherde gesunken. Bisher war die geringste Zahl von Bränden im Monat Oktober 1998 mit 8777 Brandstellen registriert worden.

                                                              Im Pantanal dagegen registrierte INPE die schlimmsten Brände seit Jahren. Allein im Oktober, dem Höhepunkt der Trockenheit, gab es demnach 2430 Brände - mehr als 20x so viele wie im Vorjahresmonat, als nur 120 Feuer gezählt wurden. Schlimmer war die Lage nur im Oktober 2002, als 2761 Feuer registriert wurden. Rund 50000 Hektar Land sind von den derzeitigen Bränden betroffen.

                                                              Satellitenbilder vom Weltrauminstitut INPE zeigten, dass es zwischen Januar und Oktober dieses Jahres fast 8500 Brände im Pantanalgebiet gab. Gegen Ende der Trockenzeit im September und Oktober 2019 gab es noch einmal besonders viele Brände.

                                                              Nach unserer Reise habe ich übrigens mal nachgeschaut, ob denn dieses Feuer, welches wir hier gerade sehen, auch aus dem All detektiert wurde.

                                                              Ja, wurde es:

                                                              (Quelle: eosdis.nasa.gov, unser Feuer in Bildmitte)

                                                              Ein paar Monate später kann man dann auf derselben NASA-Seite eine Karte der monatlich abgebrannten Gesamtflächen ansehen:

                                                              (Quelle: eosdis.nasa.gov, rechts im Menue ≡ auf 'burned area' klicken, dann 'select all')

                                                              Jeder Monat ist in einer anderen Farbe gehalten. Während von Januar bis Mai relativ geringe Flächen abbrennen, werden es im Verlaufe der Trockenzeit immer mehr. Den Höhepunkt der Brandsaison bilden die Monate August (blau), September (violett) und Oktober (pink). Im Pantanal selbst, auch entlang unserer Paddelstrecke, wurden 2019 trotz einer Rekordzahl von Bränden verglichen mit dem Umland relativ geringe Flächen abgebrannt. Viel mehr ist es drumherum, vor allem auch in Bolivien. Da war es der linke Evo Morales, der die Leute zur Brandrodung animierte. "Im Juli etwa verkündete er vor jubelnden Bauern ein Dekret, das kontrollierte Brandrodung des Urwalds erlaubt. ... Allerdings blieben die gelegten Feuer nicht unter Kontrolle. In der Provinz Santa Cruz und anderswo brannten insgesamt vier Millionen Hektar Wald und Savanne nieder" (ntv.de, Wildfires in Bolivia have killed an estimated 2 Million Animals so far this Year).

                                                              Wenig später machen wir Feierabend. Wir landen an der Spitze einer Insel, die 2 Teilarme des Rio São Lourenço teilt (Map). Hier liegt eine kleine Sandbank bereits im Schatten von Steilufer und Wald.
                                                              Die Sandbank ist ein kleines Refugium. Von hier aus kann man nicht in den Wald hoch, es ist einfach zu steil und zu dicht und dornig zugewachsen. Aber es besteht auch kein Anlass, die Machete zu zücken. So undurchdringlich, wie es jetzt ist, kann vielleicht nicht einmal der Jaguar zu Besuch kommen. Und Künziholz gibt es hier unten noch genug.





                                                              Blick stromauf:


                                                              Blick aufs gegenüberliegende Ufer, mit Bronzekiebitzen:


                                                              Am Strand finden wir Spuren von Kaimanen, die offensichtlich auch unter den umgestürzten Bäumen durchkriechen. Dort platziere ich ein paar Gepäckstücke, um dem Kaiman den Weg zu unseren zarten Zelten abzuschneiden.



                                                              Ein paar Meter weiter wohnt ein Fischer mit sine Fru auf der Insel. Er kommt 2x mit dem Motorboot. Wir kochen unsere Nudeln und genießen den Abend.



                                                              Vom Feuer riechen wir nichts. Im Osten ist im letzten Sonnenlicht des Abends noch eine Rauchschicht erkennbar, darüber blauer Himmel:


                                                              22:22 Uhr fährt ein Boot mit Licht und Motor von oben in den Altarm ein und schwappt mit seinen Wellen die Kaimanspuren vom Ufersand.

                                                              Die ganze Nacht höre ich Bewegungsgeräusche und Grunzlaute von den Kaimanen im Wasser. Irgendwann gibt es in der Nacht auch mal einen Jaguar?-Brüller ganz nah.
                                                              Zuletzt geändert von Spartaner; 06.02.2022, 22:21.

                                                              Kommentar


                                                              • Spartaner
                                                                Lebt im Forum
                                                                • 24.01.2011
                                                                • 5056
                                                                • Privat


                                                                #32
                                                                Samstag 7.9.2019, Casa Pantaneira, 48km
                                                                Um ¼ nach 5 fängt das Morgenkonzert an rund um unsere kleine Halbinsel, tolle Soundkulisse: Tonaufnahme 46sec.

                                                                Eine andere Aufnahme (1:56min) lässt hinter dem schönen Duett der Cayenneralle (Aramides cajaneus, andere Tonaufnahmen 1, 2, 3, 4) im Vordergrund auch die Brüller der Kaimane hören. Zu dem Zeitpunkt war ich mir aber noch nicht ganz sicher, ob es Brüller der Kaimane oder der Jaguare waren. Nur die mechanisch immer gleiche Art der Grunzer ließen mich mehr auf Kaiman tippen. Sehr schön erkennbar sind die Kaiman-Brüller mit ihren tiefen Frequenzen im Sonogramm:



                                                                Theoretisch könnte man bei einer so klaren Trennung der Fequenzbereiche die Kaimanbrüller auch richtig freistellen. Muss ich mal probieren, wenn ich mal wieder ein Programm installiert habe, in dem man beliebige Bereiche aus dem Sonogramm löschen kann.

                                                                Heute ist die Luft relativ trübe, roter Sonnenaufgang:




                                                                Als ich wie jeden Morgen die Spuren an unserem Strand untersuche, entdecke ich eine frische Jaguar-Spur. Gestern war sie jedenfalls noch nicht da, ich hatte ja auch da Spuren gesucht.


                                                                Er muss uns diese Nacht besucht haben. Ich glaube ich habe ihn im Halbschlaf auch brüllen gehört, da war mal ein anderer Brüller als der der Kaimane, ganz nah. Das muss nach 22:22 Uhr gewesen sein, da zu diesem Zeitpunkt die Kaiman-Spuren von den Bootswellen weggewischt worden sind, die gestern Abend noch da waren. Die Jaguar-Spuren sind neu, nur 4m vom Zelt entfernt.

                                                                Auffällig ist auch die enorme Aktivität der im Sand lebenden Würmer. Das von den Bootswellen glatt gespülte Sandufer ist jetzt am Morgen flächendeckend krümelig bedeckt, auch die Jaguar-Spur ist bekrümelt.







                                                                Heute sehen wir 2 neue Schmetterlinge, Melanis aegates (Hewitson, 1874), und den besonders schönen Schwalbenschwanz Protesilaus sp., zb P. glaucolaus oder P. molops. Er hat zum Teil durchscheinende Flügel, sieht sehr edel aus.







                                                                Weiter geht es auf dem Fluss:






















                                                                Vögel:






                                                                Zum Baden legen wir eine kleine Pause ein. Im Hintergrund viele Bronzekiebitze:




                                                                Im Hintergrund ein kleiner Kaiman:





















                                                                Uferschwalbe? Im September? Außerdem sieht es aus, als brüten die hier:

                                                                Vielleicht auch Braunbrustschwalbe, Brown-chested Martin (Progne tapera) möglich?













                                                                Der Jabiru da zum Schluss steht wieder nicht allzu fotogen da. Na warte, ich krieg dich noch.

                                                                Tagsüber beobachten wir heute mehrfach Wasserschweine, auch schöne Familiengruppen. Die ersten Sichtungen von Wasserschweinen in den letzten beiden Tagen waren ja jeweils so kurz, dass ich nicht einmal zur Kamera greifen konnte. Alle verhielten sich sehr scheu. Das ist seit heute anders, ab heute gibt es Wasserschwein-Fotos. Je tiefer wir ins Pantanal kommen, desto mehr verringert sich die Scheu erst mal. Das hängt sicherlich von dem Jagddruck ab, dem sie ausgesetzt sind.









                                                                Später weiter Wasserschweine:




















                                                                Das Wasserschwein oder bras. Capivara (Hydrochoerus hydrochaeris) gehört zur Familie der Meerschweinchen, ist das weltweit größte heute lebende Nagetier und in weiten Teilen Südamerikas heimisch. Mich beeindruckt vor allem der riesige Schädel. Die Weibchen können 60, 70, 80kg schwer werden. Wasserschweine sind gute Schwimmer und Taucher und können bis zu 5 Minuten unter Wasser bleiben.
                                                                Sie können eine Lebensdauer von 8-10 Jahren haben, leben aber in freier Wildbahn im Mittel weniger als vier Jahre, da sie ein Lieblingsessen von Jaguar, Puma, Ozelot, Adler und Kaiman sind. Das Wasserschwein ist auch die bevorzugte Beute der Anakonda. Warum bellt das Wasserschwein?

                                                                Später hören wir mal wieder 2 Riesen-Otter direkt hinter uns, sie haben laut gerufen, wir sie nicht gleich gesehen. Ein alter Mann am Ufer gegenüber weist uns auf die Tiere hin.



                                                                Die Otter sind aber wieder zu schnell weg in der Ufervegetation, von wegen Foto.

                                                                Heute auch mehrfach wieder Kaimane gesehen, auch schwimmend, auch kleine. Alle sehr scheu. 3 kleine zusammensitzend.
                                                                Aber so viele Kaimane auf einer Sandbank versammelt wie zB die beiden Kanadier 2013 oder hier ein Filmchen aus der Nähe der Casa Pantaneira, so viele haben wir nie auf einmal gesehen.


                                                                (Foto Diana & Brian Svelnis, mit freundlicher Genehmigung)

                                                                Immer wieder sind die Ufer besiedelt, auch da wo ich keine Besiedlung mehr vermutet habe bzw wo auf den Luftbildern noch keine zu sehen war. Die Anglerplätze sind auch in einfachsten Kleinwagen erreichbar, nicht nur mit Geländewagen. Bis Rondonópolis sind es von hier ~130km Fahrstrecke.







                                                                Kurz fahren wir in einen Altarm hinein (Map). Die Ufer sind verschlammt und mit Sumpfpflanzen bewachsen, und das Wasser ist hier viel klarer:








                                                                Auffällig ist, dass das Wasser nicht aus dem Altarm hinausströmt, sondern vom Fluss hinein.

                                                                Nachmittags passieren wir wieder rechtsufrig besiedeltes Gebiet. auf einer großen Sandbank steht eine Halbhütte, die aus der Ferne aussieht wie ein Kiosk, in dem kaltes Bier angeboten werden könnte, davor Angler.



                                                                Derart auf den Geschmack gebracht, stoppen wir ein paar Meter weiter an einer Sandbank, die zum Steilufer hochführt. Ich tippe darauf, dass sich hier eine kommerzielle Einrichtung für Freizeit-Angler breitgemacht hat. Eine Tafel am Ufer verrät nicht die Preise, die hier zu zahlen sind, sondern die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestmaße der Fische, die hier geangelt werden dürfen.





                                                                Hier schauen wir uns mal um. Und tatsächlich, die 3 ersten Angel-Touristen, die wir treffen, laden uns auf je 2 kleine, aber eiskalte Büchsen Bier ein. Was für eine unerwartete Wohltat!
                                                                Wir sind jetzt knapp 150 Straßen-km und 204 Fluss-km von Rondonópolis entfernt. Luftlinie beträgt die Entfernung 100km. Und dann eiskaltes Bier hier draußen, damit haben wir nun wirklich nicht gerechnet.





                                                                Mit Eiskühlung kennen sie sich aus, die Brasilianer. Trotzdem wundere ich mich. Wo haben sie das her hier in der “Wildnis”? Sie sind mit ihrem kleinen Fiat-PKW angefahren, zelten in zwei kleinen Iglu-Zelten und wohnen in Cuiabá.

                                                                Nach dem Bier-Päuschen gehen sie angeln und sind auch wenig später erfolgreich:




                                                                Er hat einen Spatelwels gefangen, bras. Jurupensém (Sorubim lima).

                                                                Die freundlichen Brasilianer meinen, hier kann man frei zelten. So bleiben wir für heute Nacht hier. Die Zelte bauen wir ganz am Ende des Fahrwegs auf, schon ein bisschen weg vom Ufer, aber auf einer freigemachten Fläche, auf der sonst manchmal geparkt wird.

                                                                Gegen Sonnenuntergang, wir haben gerade Erbswurst gekocht und die Haferflocken quellen, möchte ich mal sehen, wo der Chef des Ganzen wohnt. Uns wurde gesagt, dass man dort weiteres Bier nachkaufen könnte.

                                                                Blick vom Steilufer stromab:


                                                                Nach wenigen hundert Metern zu Fuß werde ich von einem Pickup aufgepickt und kann auf der Ladefläche 2km zur Pousada Casa Pantaneira mitfahren. Genauer gesagt, sie haben mich extra dorthin gefahren, und warten nun, dass ich Einkaufe und sie mich wieder zurückbringen können. Das habe ich allerdings nicht gleich mitbekommen. Ich unterhalte mich derweil mit dem Chef der Pousada, Geschäftsführer Hermes, bis die netten Pickup-Fahrer unruhig werden und Hermes verspricht, mich selber zurückzufahren. Dann verlassen sie den Hof, wollten ja eigentlich längst zu Hause sein.

                                                                Der Chef führt mich über das Gelände, alles ist ganz neu, teil noch im Aufbau. Auf dem Google-Satellitenbild sieht man noch nichts von alldem, auf dem Bing-Luftbild aber schon.
                                                                Am meisten imponiert mir der eigene Telefonmast mit terrestrischer Richtantenne, das Satelliten-Internet und free WiFi hier mitten im Busch. Damit gibt es neben den bisherigen allabendlichen vorgefertigten InReach-Meldungen heute von mir auch ein paar Whatsapp-Grüße nach Hause.











                                                                Natürlich gibt es hier auch eine Einkaufsmöglichkeit mit den wichtigsten Camping-geeigneten Grundnahrungsmitteln. Kekse, Nudeln, Bohnen, Reis, Tomatenmark, Speiseöl, Kaffee, Salz, Zucker, Mehl, Maismehl, Konservenbüchsen, Getränke, Klopapier und Küchentücher, andere Sachen siehe Fotos. Und natürlich gibt es Bier.







                                                                Die Unterkünfte sind ganz neu. Im Moment gibt es 22 Betten in 2er, 3er und 4er Zimmern, alle klimatisiert:

                                                                (Fotos Hermes, Casa Pantaneira, mit freundlicher Genehmigung)

                                                                Er lädt uns ein, eine Nacht auf seine Kosten hier zu verbringen, inkl. Frühstück. Ich danke herzlich, lehne aber freundlich ab, da wir am Ufer schon alles aufgebaut haben und das Abendessen fertig ist. Thomas wartet. Am Ende kaufe ich 4 Bier a 0.27L 18R$, natürlich eiskalt, und er fährt mich mit seinem indonesischen 2005er Chevrolet Blazer Montera 2.2 zurück zu den Zelten. Sehr nett hier.



                                                                Heute schlafen wir zum ersten Mal direkt im Wald, im Dschungel. Während auf den Sandbänken alles sauber ist, muss man hier auf Schritt und Tritt aufpassen, dass man nicht auf Schlangen, Skorpione und Tausendfüßer latscht.

                                                                Dafür sind wir hier den Vögeln des Waldes ganz nah, Äffchen klettern herum, und die Temperaturen sind gegenüber den freien trockenen Sandbänken hier unter den Bäumen gedämpfter.
                                                                Gegen hungrige Ameisen hängen wir den Topf mit den Resten der Erbswurst und einen weiteren mit dem bereits angerührten Müsli wieder hoch in die Bäume.
                                                                Zuletzt geändert von Spartaner; 03.02.2021, 08:35.

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                                                                  Gerne im Forum
                                                                  • 02.01.2019
                                                                  • 57
                                                                  • Privat


                                                                  #33
                                                                  AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                                  Hallo Spartaner,
                                                                  das ist wieder meine Lektüre zur dunkelsten aber auch heimeligsten Zeit des Jahres. Danke dafür. Ich kann ahnen wie viel Zeit du im aufarbeiten damit hast. Meine auch nicht wenigen Kajakfahrten im Jahr sind dagegen Sonntagsspaziergänge. Mit dem bearbeiten, speichern und immer wieder lesen oder anschauen erlebt man es immer wieder.
                                                                  Ich bleibe dran und wünsche dir eine schöne Advents, und Weihnachtszeit.
                                                                  Gruß Eckhard
                                                                  Gemeinsam macht Spaß, aber allein lassen sich die Momente der Natur am intensivsten genießen.

                                                                  Kommentar


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                                                                    Lebt im Forum
                                                                    • 24.01.2011
                                                                    • 5056
                                                                    • Privat


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                                                                    AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                                    Danke! Die Bildauswahl ist tatsächlich anstrengend diesmal. Wir haben von den 7 Wochen in Brasilien ~9000 Bilder mitgebracht. Sehr viele davon sind Serienaufnahmen "Sportmodus", um die Tiere bei vollem Zoom "600mm" möglichst scharf auch in Bewegung abzubilden. Die Einzelbilder unterscheiden sich dabei oft nur wenig. Trotzdem variiert manchmal die Schärfe, auch die Flügelstellung oder ähnliche Kleinigkeiten differieren. Da muss ich oft mehrfach zwischen den verschiedenen Varianten hin- und herspringen, bis ich das beste gefunden habe. Wirklich aufwändig.

                                                                    Kommentar


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                                                                      Alter Hase
                                                                      • 30.05.2007
                                                                      • 3996
                                                                      • Privat


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                                                                      AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                                      Und wieder eine Reihe genialer Fotos. Vielen Dank!!!!
                                                                      So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                                                      A. v. Humboldt.

                                                                      Kommentar


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                                                                        Lebt im Forum
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                                                                        • 8843
                                                                        • Privat


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                                                                        AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                                        Hallo Spartaner,
                                                                        wirklich eine bemerkenswerte Fahrt die ihr da macht und ein aufwändig geschriebener Bericht.
                                                                        Über Weihnachten hast du bestimmt Zeit um weiter zu schreiben.
                                                                        Ich habe nämlich Zeit zum lesen.
                                                                        Du kannst reisen so weit du willst, dich selber nimmst du immer mit.

                                                                        Kommentar


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                                                                          Lebt im Forum
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                                                                          • 5056
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                                                                          AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                                          Zitat von blauloke Beitrag anzeigen
                                                                          Über Weihnachten hast du bestimmt Zeit um weiter zu schreiben.
                                                                          Leider nein, ich bin grad bei was anderem. Aber wenn es beruhigt, sicherlich geht es im Januar 2020 wieder weiter.

                                                                          Übrigens, mein ausführlicher Shchugor-Bericht von der Fahrt 2014 wurde genau 4 Jahre und 4 Monate später vollständig fertiggestellt.
                                                                          Gerade rechtzeitig, um das eine Russland-Kapitel definitiv abzuschließen, bevor ein neues begonnen wurde.

                                                                          Kommentar


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                                                                            Erfahren
                                                                            • 15.12.2012
                                                                            • 109
                                                                            • Privat


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                                                                            AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                                            Bin gespannt was Ihr noch auf eurer Tour in diesem Tierparadies zu sehen bekommt

                                                                            Danke fürs zeigen der sehr unbekannten Gegend

                                                                            Kommentar


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                                                                              Lebt im Forum
                                                                              • 24.01.2011
                                                                              • 5056
                                                                              • Privat


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                                                                              Sonntag, 8.9.2019, Tamanduá, 43km
                                                                              Der Tag beginnt 5:30 Uhr mit einem mächtigen Brüllaffenkonzert hier im Dschungel, garniert mit Rufen von Vögeln und Zikaden (Tonaufnahme). Nicht so nahe wie im Zoo, aber in dieser Mischung einzigartig und absolut authentisch. So gefällt mir das.




                                                                              Kurz nach Sonnenaufgang 06:08 Uhr.

                                                                              Hier unter den Bäumen knallt die Sonne nicht gleich am frühen Morgen aufs Zelt. Dennoch trödeln wir nicht lange bis zum Frühstück.
                                                                              Am Vorabend hatte ich die beiden Töpfe, der eine mit den Resten der Erbswurst vom Abendbrot, der andere mit dem zum Quellen angesetzten Müsli, an eine Palme gehangen hatte. Trotzdem haben einige der sehr kleinen Ameisen den Weg ins Müsli gefunden.

                                                                              An unserer Einsatzstelle ist schon den ganzen Morgen Betrieb. Schwere Pickups kommen mit Bootsführern und Angeltouristen, und tragen Motoren und kistenweise Ausrüstung runter in die Boote am Strand. Dann düsen sie davon, ihr Anglerglück versuchen. Die meisten werden nicht ohne Fang zurückkehren. Auf der Facebook-Seite der Casa Pantaneira präsentieren sich die erfolgreichsten mit ihrer Beute.

                                                                              Beispielbilder fetter Fänge:

                                                                              (Fotos Hermes, Casa Pantaneira, mit freundlicher Genehmigung)

                                                                              Neben den mir zugesandten Fotos gibt es noch etliche weitere Fotos auf der Facebookseite der Casa Pantanaeira: Foto1, Foto2, Foto3, Foto4, Foto5, Foto6, Foto7

                                                                              Am Ufer stehen 2 riesige 2m³-Kunststoffbehälter, in denen Mais gärt. Riecht unangenehm säuerlich, aber ergibt einen für Fische leckeren Angelköder (Gären lassen …, bis man den Gestank nicht mehr aushält!).

                                                                              Sozusagen als Beifang gelangt den Anglern hier auch ab und zu mal ein Jaguar auf die Speicherkarte:
                                                                              → Video 13s
                                                                              (Fotos Hermes, Casa Pantaneira, mit freundlicher Genehmigung)

                                                                              Weitere Jaguare: Video 15s, Video 35s, Video 16s, Video 33s.

                                                                              Dazu Massen von Kaimanen:

                                                                              (Foto Hermes, Casa Pantaneira, mit freundlicher Genehmigung)

                                                                              Video 13s, und fliegende Fische (Video 29s).

                                                                              Das alles hier auf dem mittleren Rio São Lourenço in der näheren Umgebung der Casa Pantaneira.

                                                                              Jetzt noch ein paar Worte zu unseren eigenen Angel-Ambitionen. Eigentlich möchte ich ja gerne angeln, vor allem solche schönen großen Fische wie auf den Erfolgsbildern auf der Facebook-Seite der Casa Pantaneira. Abschrecken tut mich nur das Warten darauf, dass einer beißt. Immerhin haben wir in Rondonópolis noch zwei Haken mit Stahlvorfach gekauft, in einer Größe, die für den Pacu geeignet ist. Der Pacu ist ein häufiger und gefährlicher Fisch, der weitgehend dezimiert werden sollte, schon zu unserem eigenen Arterhalt (“Vorsicht! Fisch mit Menschenzähnen beißt Schwimmern die Hoden ab”, Spiegel: “Beißattacken auf Hoden von Schwimmern sind dokumentiert”, “Pacus beißen nacktbadenden Männern die Hoden ab”). Mehr Informationen zu diesem Fisch hier.

                                                                              Am Ende waren wir aber zu faul, in diesem Sinne unseren Beitrag zum Arterhalt zu leisten, trotzdem wir als notorische Nacktbader immer hochgradig gefährdet waren. Der Angelhaken blieb verpackt. Wenn ich solch eine Tour dort noch einmal machen würde, evtl. alleine, dann würde ich es bestimmt doch mal probieren. Im Nachhinein wurmt es mich wieder ein bisschen, es nicht versucht zu haben.

                                                                              Um 8 Uhr sind wir abfahrbereit:


                                                                              Die Ufer sind hier wieder stellenweise dicht besiedelt:






                                                                              Feste Betonbrücke, gebaut ~2010, darunter Angel-Camper im Schatten des Brückenpfeilers:




                                                                              Ein erstaunliches Bauwerk, hier in der Pampa. Von hier gibt es nur unbefestigte Straßen in den Busch und die nahegelegenen Fazendas. Und natürlich geht es von hier auch irgendwie nach Rondonópolis.

                                                                              Auf dem geraden und breiten, etwas langsamer fließenden Abschnitt hinter der Brücke, erreichen wir ~7km/h Paddelgeschwindigkeit, ansonsten bisher durchgehend ~8km/h.











                                                                              Wieder mal Badepause:


                                                                              Geradeaus geht es in den ehemaligen Abzweig, jetzt Hauptlauf nach Tamanduá:


                                                                              Hier ist es übrigens auch wieder so, dass ein ehemals dünner Nebenarm zum Hauptarm mutierte. In Google Maps ist noch der alte Zustand zu sehen. Der dortige heute ehemalige Hauptarm ist zwischenzeitlich vollständig verlandet. Bing-Maps ist auch nicht auf dem neuesten Stand, aber zeigt die beginnende Verlandung.

                                                                              Der Hauptlauf führt heute an der Fazenda und Pousada Tamanduá entlang, einer Angeltouristen-Herberge, die mit diesem Text wirbt: "Die Pousada liegt völlig isoliert am Rio São Lourenço. Pflege und Erhaltung ist in diesem Abschnitt des Pantanals ein vorrangiges Anliegen seines Besitzer Frederico Garcia. Gastfreundschaft, das Gefühl, zu Hause zu sein trotz der großen Entfernung von der Hauptstadt das Bundesstaates Mato-Grosso, machen diese Pousada zu einem wunderbaren Fleckchen inmitten der Natur! Kaimane und sogar Jaguare sind nicht selten zu sehen! Der Jaú und der Dourado sind die Stars dieses wunderbaren Flusses!".

                                                                              Wie versprochen lassen sich hier manchmal richtig schöne Fische angeln. Und man kann Jaguare am Ufer beobachten.







                                                                              Wurzelufer:


                                                                              Weitere Badepause:


                                                                              Jetzt zu den selber beobachteten Tieren des heutigen Tages.

                                                                              Relativ häufig überall im Pantanal ist der Grüne Leguan, Great Green Iguana, Sinimbu (Iguana iguana):






                                                                              Das letzte Bild zeigt eine Wohnhöhle des Grünen Leguans, wie man sie an den Sandstränden oder in lockeren Steilufern öfter finden kann.

                                                                              Ab heute sehen wir auch viele Kaimane, darunter etliche kleine:











                                                                              Vögel stehen übrigens auch auf der Speisekarte der Kaimane.

                                                                              Vögel:






                                                                              Scherenschnäbel und viele Großschnabel-Seeschwalben:


                                                                              Geierfalken, hier der häufige Schopfkarakara (Caracara plancus):




                                                                              Ein naher Verwandter des Schopfkarakaras, der Guadalupe-Karakara, unterlag dem wahrscheinlich intensivsten und kürzesten Ausrottungsfeldzug der Geschichte.

                                                                              Cayennekiebitz:


                                                                              Rosalöffler (Platalea ajaja):


                                                                              Die Federn dieses schönen Tieres wurden von Modeschöpfern für ihre Kreationen verwendet und mit dem Dreifachen des Goldwertes bezahlt.

                                                                              Heute habe ich den Jabiru (Jabiru mycteria) auch endlich mal in fotogenen Posen erwischt:










                                                                              Der Jabiru ist der größte Vertreter der Störche hier im Pantanal und auch der grösste Vogel Brasiliens. Er misst 1.5 Meter in der Höhe, hat eine Flügelspannweite von 2.60 Metern und wiegt ~8kg.

                                                                              Der Kuhreiher (Bubulcus ibis) ist eine neue Art heute:




                                                                              Daneben sind auf dem ersten Bild auch Scherenschnabel-Eltern mit ihrem schon ziemlich großen Nachwuchs zu sehen.

                                                                              Der Kuhreiher war ursprünglich ein Bewohner der Alten Welt und kam erst vor ~130 Jahren nach Amerika. Um das Jahr 1877 waren erste Kuhreiher in Südamerika zu sehen, ab 1930 besiedelte die Art von Britisch-Guayana ausgehend Nord- und Südamerika. Und wenn ich diese Karte richtig interpretiere, dann hat er das Pantanal erst nach 1970 besiedelt.
                                                                              Farmer schätzen gewöhnlich die Ansiedlung von Kuhreihern, da sie Weideschädlinge fressen. Eine hohe Dichte an Kuhreihern trägt dazu bei, die Zahl der Schildzecken zu reduzieren, die an Rindern saugen (Wikipedia).

                                                                              Noch eine neue Art heute, der Mohrenibis (Phimosus infuscatus):


                                                                              Wasserschweine und anderes:






                                                                              Diese Gespinste sind genau die, durch die sich Indiana Jones durchschlagen musste.

                                                                              Nachmittags passiert uns ein sehr voll beladenes Langboot, viele Vorräte. Das sieht aus, als kommen wir jetzt endlich in Gegenden, die nicht mehr so einfach mit dem Auto erreichbar sind.



                                                                              Andere haben wohl nur ihre erbeuteten Fische zum Verkauf gefahren:


                                                                              Sie legen kurz bei uns an, mustern uns wortlos und fahren weiter. Seltsame Situation:


                                                                              Das Lager schlagen wir abends auf einer großen Sandbank auf:


                                                                              Auf der Sandbank finde ich viele Kaiman- und Tapir-Spuren, auch wenige Jaguar-Spuren.


                                                                              Beim abendlichen Wasserfiltern am Flussufer taucht eine Armlänge neben uns ein neugieriger Kaiman auf. Er ist ebenso überrascht wie wir und taucht geräuschvoll wieder ab. Man sieht also, sie machen tatsächlich auch mal Fehler.

                                                                              Ich zelte wieder auf großer offener Fläche, um dem Jaguar das Überrascht werden zu nehmen:


                                                                              Heute Abend Windstille, es wird einfach nicht kühler. Erst nach Sonnenuntergang nackig im Zelt, ohne jegliche Bewegung, kühle ich langsam ab.




                                                                              Zuletzt geändert von Spartaner; 03.02.2021, 08:36.

                                                                              Kommentar


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                                                                                Montag, 9.9.2019, 43km
                                                                                Mehrfach höre ich im dunklen Teil der Nacht Geräusche großer Tiere. Wenn sie vom Wasser kommen, sind es wohl die Kaimane. Zweimal kommt es auch von Land, so ein tiefes Grummeln, später dann kurze tiefe Rufe, ich bin dann schnell beim Jaguar, mache Licht an, klapper mit der Tasse und rufe etwas. Klingt wirklich wie im Raubtierzoo, Brehm-Haus.
                                                                                Mich stört, dass er so lange in der Nähe bleibt.

                                                                                05:10 Uhr, erste Zeichen der anbrechenden Dämmerung.







                                                                                06:00, Wir frühstücken zusammen mit 2 Kaimanen auf unserem Ufer. Gerade als Thomas davon Fotos macht, erschallt genau vom gegenüberliegenden Ufer laut der Ruf des Jaguars. Kurz darauf 200m stromab ein weiterer Jaguar. Revierkampf, Balz? Der Ruf genau wie im Raubtierhaus, Ho Ho Ho tiefer werdend. Der erste, laute Ruf direkt gegenüber klang auch ziemlich wütend, so, als ob er eigentlich gerne zu uns rüberkommen würde, um zu frühstücken, sich das aber gerade so verkneifen kann.
                                                                                Ich freue mich, dass sie ganz klar am anderen Ufer sind.

                                                                                An der Spitze der Sandbank findet Thomas 5 Kaimane auf Land vor. Leider verschwinden die auch wieder ins Wasser, bevor ich dazukomme:








                                                                                Noch während des Frühstücks fährt ein Boot stromauf, macht 500m später den Motor aus, und lässt sich wieder stromab treiben. Dabei werden ~2 Dutzend Plastikflaschen mit Angelhaken dran ausgeworfen und treiben mit dem Boot stromab. Dabei ist der Bootsführer bestrebt, ständig eine Flasche nach der anderen rauszunehmen und auf Fang zu kontrollieren.

                                                                                So passieren sie wieder unseren Frühstücksplatz:






                                                                                Um die nächste Flussschleife herum steht das Lager der Fischer:




                                                                                Der Fluss wird etwas ruhiger, Sandbänke werden seltener und kleiner. Die Paddelgeschwindigkeit beträgt heute öfter 7km/h, seltener 8.











                                                                                Heute nur noch wenig Besiedlung, nur noch ~6 Häuser den ganzen Tag.



                                                                                Wenn die Häuser sich wie hier unter einem Blätterdach verstecken, konnte ich sie auf den Satellitenbildern nicht erkennen und nicht in die OSM einzeichnen.

                                                                                Die Flussufer unterscheiden sich nicht großartig von den Vortagen, alles pralle Natur:






                                                                                Auffällig ist diese Art mit den großen senkrecht stehenden Blättern:




                                                                                Was das ist, weiß ich noch nicht. Die Blätter erinnern an Banane (Musa sp.). Während es relativ einfach ist, die Vögel anhand der Fotos nachträglich zu bestimmen, gelingt mir das bei den meisten Pflanzenarten nicht, auch nicht bei dieser sehr auffälligen Art. Vielleicht hat ja jemand Links zu dafür geeigneten Seiten im Netz?



                                                                                Dafür werden die Tiere zutraulicher. Viele Kaimane, etliche Wasserschweine, einmal wieder 2 Riesenotter, die sich, so lange sie sich unentdeckt wähnen, auf uns zustürzen. Wendet man sich ihnen zu, gewinnen sie wieder Abstand. Diesmal gelingen mir erste Fotos vom Riesenotter, leider einige verwackelt:













                                                                                Weitere Tiere des Tages

                                                                                Noch am Übernachtungsplatz versuche ich die Scherenschnäbel im Flug zu erwischen;




                                                                                Mohrenibis und Cayennekiebitz:


                                                                                Rotbrustfischer ♀️ (Megaceryle torquata):


                                                                                Der Rotbrustfischer ist der größte Eisvogel ganz Amerikas, ein wahrer Riese im Vergleich zu unserem heimischen Eisvogel, und erreicht eine Größe von 42cm. Die meist recht großen Beutetiere (Fische, Reptilien, Amphibien und Insekten bis 20cm) werden von relativ hoch liegenden Ansitzen (5 - 10m hoch) erjagt. Brasilianisch heißt er Martim-pescador-grande.

                                                                                Rabengeier:


                                                                                Truthahngeier:








                                                                                Der größte Reiher Südamerikas, der Cocoireiher, Cocoi heron, garça-moura ou socó-grande (Ardea cocoi):


                                                                                Der Cocoireiher kommt fast überall in Südamerika vor und ist eng verwandt mit unserem Graureiher und dem nord- und mittelamerikanischen Kanadareiher.

                                                                                Überbelichtet und unscharf, aber einen neue Art, der Wegebussard, Roadside hawk, Gavião-carijó (Rupornis magnirostris):


                                                                                2 Jabiru, Truthahn- und Rabengeier:


                                                                                Weitere Badepause, 2 weitere Jabiru auf einer Sandbank:










                                                                                Der Fisch wurde wohl von einem Reiher gekillt, ein Wels? Art? Es gibt hier im Pantanal 10 Familien, sehr artenreich.




                                                                                Wieder eine Badepause:








                                                                                Plastikmüll:


                                                                                Das mit dem Müll war im Pantanal auf der gesamten Reise kein großes Problem. Dafür bewegen sich insgesamt einfach zu wenige Menschen in dem Gebiet. Inwieweit eine Sensibilität gegen solche Art Umweltverschmutzung ausgeprägt ist, konnte ich nicht feststellen. Jedenfalls haben wir keine Leute bei solch verwerflichem Tun beobachten können, ganz im Gegensatz zu Ost-Europa, wo zB in Bosnien die Leute ganz ungeniert mit ihren vollen Mülltüten zur Drina kommen und den Müll hineinwerfen (“entsorgen”), oder in der Ukraine, wo zB an der oberen Theiß die Dörfer 2010 noch ganz regulär ihren Müll in die Theiß verkippten. Selbst so gesehen (S. 6ff.)! 2019 scheint sich immer noch nichts gebessert zu haben!

                                                                                Abends schlagen wir unser Nachtlager im Wald auf. Der Platz ist bereits von Anglern etwas freigemacht, aber immerhin nicht mit Auto erreichbar. Unsere Haus-Kaimane lassen sich durch uns nicht stören. Hier ist das Ufer lehmig, nicht so schön sauber sandig wie bisher. Wir befestigen es an der Anlegestelle provisorisch mit der Bohle einer zerfallenen Sitzbank.
                                                                                Ein Boot kommt von der nahegelegenen Fazenda stromauf an uns vorbei, und eine halbe Stunde später wieder zurück. Wir grüßen.









                                                                                Wir kochen in bequemer Höhe auf einem verrosteten Kühlschrank, wie sie überall an den Lagerplätzen herumliegen. Nach den üblichen Spaghetti mit Fisch, Öl und Tomatenmark rühren wir noch das Müsli für morgen früh an, ich trinke die Nudelbrühe aus, die Thomas nicht anrührt. Mir tut sie gut, meinen Salzbedarf zu decken. Geht ja enorm viel verloren mit dem Schweiß und dem vielen Baden.
                                                                                Dann ist die Sonne untergegangen und wir gehen ins Bett.

                                                                                In der ganzen Nacht hört man das extreme Geplantsche der Kaimane vor unserem Schlafplatz. Ein Tier ruft am Wasser, Tonaufnahme des Plantschens der Kaimane, so wie es im Zelt zu hören war, und Tonaufnahme des Plantschens und andere Tiere. War das zu Beginn ein rufendes Wasserschwein? Auf dem Baum über mir ist zeitweilig auch was los, vielleicht ein Faultier? Gibt es so etwas hier? In der Dunkelheit habe ich durch die Zeltgaze leider nichts gesehen.
                                                                                Zuletzt geändert von Spartaner; 03.02.2021, 08:37.

                                                                                Kommentar


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                                                                                  AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                                                  Bei den tierischen Nachbarn hätte ich kein Auge zugemacht. Du pennst da einfach die Nächte durch?
                                                                                  Zuletzt geändert von Werner Hohn; 17.01.2020, 07:49. Grund: Damit keine Missverständnisse entstehen.
                                                                                  .

                                                                                  Kommentar


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                                                                                    #42
                                                                                    AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                                                    Ach, das ist gar nicht so schwer. Wir sind den ganzen Tag an der frischen Luft und haben genug Bewegung, Voraussetzung für einen guten Nachtschlaf

                                                                                    Außerdem kann man ja sowieso nicht viel machen gegen die bösen Tiere, also mit genügend Fatalismus lässt es sich gut schlafen.

                                                                                    Was ich auf keinen Fall wollte, war, die ganze Nacht ein Feuer zu hüten, um eventuell einen Jaguar auf Distanz zu halten. Da ging mir der Schlaf eindeutig vor. Außerdem hatte ich ja gelesen, dass das nichts bringen soll: "Der Jaguar scheut das Lagerfeuer keineswegs. »Wir bemerkten zu unserer Überraschung«, sagt Humboldt, »daß die Jaguare hier unsere Feuer nicht scheuten. Sie schwammen über den Flußarm, der uns vom Lande trennte, und am Morgen hörten wir sie ganz in unserer Nähe brüllen.« An einer andern Stelle seines Reisewerkes berichtet er, daß ein Jaguar den treuen Hund der Gesellschaft sozusagen zwischen den Lagerfeuern herausholte und wegschleppte. Der Hund hatte abends, als er die Unze brüllen hörte, unter der Hängematte seines Gebieters Schutz gesucht und war am nächsten Morgen doch verschwunden." (Brehms Tierleben, Band 1, S. 498)

                                                                                    Außerdem waren wir ja noch nicht in dem Gebiet mit der höchsten Jaguar-Dichte, wo die Tiere den Menschen gewöhnt sind. Jetzt nachträglich fällt mir auf, dass die Jaguarsichtungen hier im Mittellauf des Rio São Lourenço immer kurz sind und damit enden, dass das Tier im Dickicht verschwindet (Video 13s, Video 15s, Video 35s, Video 16s, Video 33s.). Das ist in dem Gebiet mit der höchsten Jaguar-Dichte nicht so. Die Frage, die sich mir dabei immer wieder stellte, war, wo beginnt dieses Gebiet?

                                                                                    Soll also heißen, hier oben haben sie noch eine gewisse Scheu vor dem Menschen und Angriffe sind wirklich selten.

                                                                                    Kommentar


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                                                                                      Dienstag, 10.9.2019, SESC RPPN, 37km
                                                                                      Mit Sonnenaufgang kommen die Kaimane zur Ruhe. Die unvorsichtigen könnten wir am Schwanz packen.
                                                                                      Zwei von ihnen geben sich noch ein Brüll-Duell, ein wirklich mächtiges lautes Brüllen. Das traut man den kleinen Tieren gar nicht zu. Dabei krümmen sie sich, Kopf und Schwanz in die Höhe gestreckt. Der Bauch unter Wasser vibriert im Infraschallbereich. Gut zu sehen auf diesem Fremd-Video und noch besser hier. Und hier wird das Ganze am Beispiel von Alligatoren erklärt.

                                                                                      Der Fluss an unserem Nachtplatz:


                                                                                      Heute fotografiere ich nicht mehr so viele Tiere. Mein Gefühl ist, das meiste hatte ich alles schon mal, so dass ich seltener zur Kamera greife. Kurz nach der Abfahrt sehen wir 2 Riesenotter und im Laufe des Tages öfter mal ein oder mehrere Wasserschweine. Und stellenweise viele Kaimane:



                                                                                      Uferlandschaften:




                                                                                      Lianen-behangene Uferbäume, ein häufiger Anblick:


                                                                                      Nach 5km legen wir an einer auf dem Luftbild gut erkennbaren, einzeln gelegenen Fazenda an:


                                                                                      Ich möchte mal schauen, wie es da oben aussieht. Aber ich komme nicht weit. Die ehemaligen Pfade sind mit dornigen Pflanzen zugewachsen. Die Fazenda scheint ausgestorben zu sein. Dabei war das mal ein gutes Anwesen mit Flugpiste (Google Map).

                                                                                      In den Büschen findet sich in Augenhöhe dieses interessante Nest:

                                                                                      Der Baumeister heißt Rosttöpfer (Furnarius rufus), auch Töpfervogel oder Lehmhans. Engl. Rufous hornero, bras. João-de-barro. Später habe ich den Vogel auch mal gesehen.

                                                                                      Seit heute bekomme ich meine Powerbank nicht mehr solar geladen. Ich möchte an Netzstrom testen, was da defekt ist. Also weiter gepaddelt. Nach 8km stehen wieder Häuser am Ufer (Google Map).

                                                                                      Ich gehe an Land, Thomas bleibt im Boot:


                                                                                      Dort finde ich tatsächlich bewohnte Häuser, zT sehr gut aussehend, mit Strom, Fernsehantenne, Funkverbindung nach draußen. 2 kleine ruppige Pferdchen weiden davor. Aber es ist niemand zu Hause. Schade.







                                                                                      Blick auf die Rinderweiden, wie sie normalerweise hinter dem Galeriewald zu finden sind:


                                                                                      Eigentlich hatte ich von früher noch die Warnungen im Ohr, man könne nicht einfach so durch das Pantanal reisen. Das Land ist überall in Privatbesitz und es sei gefährlich, das Land zu betreten ohne Erlaubnis der Besitzer. Zitat aus einer Privatnachricht im Faltbootforum: "Wo das Land bewohnbar ist, ist es in Privatbesitz, und man ist dort nicht zimperlich... Lass uns mal drüber reden". Er war in den 90er Jahren mit Faltboot in Brasilien gewesen.

                                                                                      Tatsächlich war das vor einigen Jahrzehnten noch richtig gefährlich. Alle waren bewaffnet. Und die Landbesitzer haben sehr bestimmt darauf geachtet, dass nichts auf ihrem Land geschah ohne ihre Erlaubnis. Tat man das als Besitzer nicht, war man das Land oder Teile davon evtl. ganz schnell wieder los. Dann zog sich flugs mal ein neuer Zaun durchs Gelände und bewaffnete Auseinandersetzungen mit den Besetzern folgten. Ich muss noch mal schauen, in meinem Lehrbuch "Walking the Jungle" von John Coninghan hatte ich solch eine Geschichte gelesen.

                                                                                      Nach all den bisherigen netten Begegnungen auf unserer Tour in Brasilien habe ich dagegen heute keine Bedenken mehr, bei den Leuten anzuklopfen. Irgendwie scheint Brasilien in den letzten Jahrzehnten gewaltige Fortschritte im Zivilisationsniveau gemacht zu haben.

                                                                                      Wieder 3km weiter stoßen wir erneut auf Häuser am rechten Ufer. Das Gelände hier ist etwas großflächiger entwaldet als die letzte Ansiedlung und heißt auf Google Maps "Colônia Santa Isabel".



                                                                                      Zwar sieht das Haus bereits etwas zerfallen aus, aber ich werde trotzdem fündig. Eine Gruppe von 7 Mineiros, Bergarbeitern aus dem 1600km entfernten Minas Gerais sitzen hinter dem Haus unter der schattigen Veranda und machen hier zZ 18 Tage Ferien, Angelurlaub. Gerade gibt es Mittagessen, pures gegrilltes Rindfleisch. Ich werde zunächst zu einem Schnaps eingeladen, dann zu Fleisch und einer weißen Stange. Thomas hole ich auch dazu. Wir haben es nicht sicher identifizieren können. Thomas meint, das sei Käse, ich denke eher an Speck.
                                                                                      Zum Schluss gibt es noch ein eiskaltes Bier für jeden von uns, soooo lecker!!!



                                                                                      Die Leute freuen sich immer sehr über etwas Abwechslung hier im abgelegenen Busch, wenn mal ein Gast vorbeischaut.

                                                                                      Ebenfalls lecker, der Angelköder:




                                                                                      Ich konnte Thomas gerade noch so zurückhalten, den Fischen den Wurm streitig zu machen und selber zuzuschnappen.
                                                                                      Um welche der 305 brasilianischen Regenwurmarten es sich hier handelt, kann ich nicht feststellen. Die größte im Land gefundene Art war >2m lang. Ok, unser Exemplar hier ist nur ~1m lang.

                                                                                      Meine Anker-15Ah-Powerbank wird auch hier am Netzstrom nicht aufgeladen, auch nicht mit einem anderem Netzteil und einem anderem USB-Kabel. Also wird sie wohl kaputt sein. Damit hätte ich ein Problem, meine Kamera-Akkus aufzuladen. Direkt am Solarpanel funktioniert das chinesische Ladegerät Nitecore USN1 nämlich nicht. Offenbar benötigt es höhere Stromstärken, um überhaupt mit dem Laden anzufangen, als das Panel auch bei optimaler Sonneneinstrahlung liefert. Im Gegensatz zu meinem Smartphone, welches mit beliebig geringen Ladeströmen klarkommt, wird der Kamera-Akku nur geladen, wenn ich die Powerbank dazwischenschalte.

                                                                                      Zum Glück bin ich ein kleines bisschen redundant ausgerüstet. Ich habe dann probiert, ob das Laden auch klappt mit dem Miller-ML-102 Charger für eine 18650-LiIon-Akkuzelle dazwischengeschaltet. Hat zum Glück gut funktioniert.

                                                                                      Nach dem Mittagessen treibt es unsere Angler wieder zu den Fischen. Wir machen noch ein Abschiedsfoto und paddeln weiter.





                                                                                      Ziegen und Schafe im Pantanal, immer noch an der Colônia Santa Isabel:



                                                                                      Eigentlich ein ideales Jaguar-Futter.

                                                                                      In einer flachen Flusskurve schrammen wir an einem Kaiman entlang, der nicht weichen wollte.

                                                                                      Vögel am Ufer, Rabengeier:


                                                                                      Rabengeier, Kuhreiher, Cayennekiebitz:


                                                                                      Rotstirn-Blatthühnchen, Jaçanã (Jacana jacana):

                                                                                      Die Anakonda erbeutet es mit Vorliebe.

                                                                                      Palmen am Flussufer:


                                                                                      9km weiter, 25km ab Start heute morgen, ist wieder eine Fazenda mit Flugstreifen erkennbar. Diese Siedlungsstelle mag zwar als Fazenda begründet worden sein, ist aber heute verlassen und zu einem Umweltposten umgewidmet worden.

                                                                                      Unterwegs weisen uns Schilder darauf hin, dass hier im Naturschutzgebiet SESC RPPN Anlanden und Campieren verboten sind:


                                                                                      Schon von weitem ist ein hoher Beobachtungsturm erkennbar:








                                                                                      Die zugehörige Flugpiste sieht recht wellig aus. Außerdem stehen weiß gestrichene Ölfässer in der Mitte der Rollbahn. Ist die so benutzbar? Naja, natürlich nicht. Aber ich habe auch den Eindruck, als wird heutzutage kaum noch mit Kleinflugzeugen herumgedüst. Selten sieht man mal eine Cessna oder so am Himmel.







                                                                                      Ich bin gespannt, was uns hier erwartet. Darf man hier überhaupt durchpaddeln? Benötigen wir eine Erlaubnis? Werden sie uns an der Weiterfahrt in die Kernbereiche des Pantanal hindern?

                                                                                      Der Posto de Proteção Ambiental Santa Maria ist von 2 gelangweilten und uninteressierten Indianern besetzt. Einer schaut Richtung Fluss, der andere sieht fern. Der große Wach- oder Aussichtsturm ist unbesetzt.
                                                                                      Die Kommunikation ist trotz Googleübersetzung schwierig. Es scheint möglich zu sein, durchs Pantanal zu paddeln. Von den vor ihm liegenden Formularen gilt keines uns.

                                                                                      Am liebsten wäre ich auch mal auf den großen Beobachtungsturm geklettert, um einen weiteren Blick von oben auf die Landschaft zu werfen. Aber die Belegschaft ist so lustlos, dass ich mir die Frage verkneife.

                                                                                      Im Vorfeld hatte ich mir schon überlegt, ob es überhaupt sinnvoll ist, sich hier sehen zu lassen. Es hätte ja auch verboten sein können, einfach so durchzupaddeln (ich wusste bis dahin noch nicht, dass sich das Schutzgebiet nur am rechten Ufer befindet, es ist in der Openstreetmap nicht eingezeichnet), oder man hätte bestimmte Auflagen erfüllen müssen, oder Permits kaufen müssen oder sonst etwas. Die beiden Kanadier hatten in ihrem Bericht 2013 den Posto Ambietal nicht erwähnt.

                                                                                      Im Nachhinein ist klar, dass es solche Beschränkungen für den Fluss nicht gibt. Das Naturschutzgebiet hier ist ein privates. Die großen Fazendas sind angehalten, Teile ihres Landes als Naturschutzgebiet zu deklarieren. Viele Besitzer machen das auch aus Überzeugung, weisen auch sehr große Teile ihres Landes als Naturschutzgebiet aus. Oft haben die weißen Besitzer ihre Fazendas schon seit einigen Jahren verlassen, genießen heute den Komfort der Städte und überlassen ihr Land wieder der Natur und speziell dem Artenschutz.

                                                                                      Das private Naturerbe-Reservats des SESC Pantanal (Pantanal Private Natural Heritage Reserve, RPPN) wurde 1996 gegründet. Dazu wurden einige Fazendas im Pantanal erworben.
                                                                                      Bevor diese für die extensive Viehzucht genutzt wurden, wurden einige dieser Betriebe so lange geteilt, bis sie sich als wirtschaftlich unrentabel erwiesen. Ein Teil von ihnen war bereits in den 1980er Jahren von Züchtern aufgekauft worden, die an der Einrichtung einer halbextensiven Viehzucht interessiert waren. Eine Krise führte am Ende der 80er Jahre zu einem starken Rückgang der Viehzucht im Pantanal.

                                                                                      In der ersten Phase des Reservats 1996 wurden 365km² aufgekauft. Die restlichen Flächen wurden zwischen 1997 und 2001 erworben. Die Gesamtfläche beträgt jetzt 1080km² zwischen den Flüssen Rio Cuiabá und Rio São Lourenço. Eine Übersichtskarte findet sich zB hier.

                                                                                      Am rechten Ufer des Flusses Cuiabá wurde das Hotel SESC Porto Cercado (HSPC) am Ende des ersten Gründungszyklus des Reservats erworben, das renoviert und zu einem Zentrum für Sozialtourismus mit Schwerpunkt auf dem ökologischen Tourismus ausgebaut wurde. Das Hotel empfängt auch Touristen von außerhalb des SESC-Systems, die diese Region des Pantanal besuchen. In allen Fällen steht das RPPN im Mittelpunkt des Ökotourismus.

                                                                                      Das Hauptziel ist die Erhaltung der biologischen Vielfalt, wobei nur Forschungsaktivitäten erlaubt sind, Umweltbildung und nachhaltiger Tourismus (Quelle). Etliche wichtige Vögel und Säugetiere des Schutzgebietes werden hier mit Fotos aus Wildkameras vorgestellt: "Tierwelt des RPPN Sesc".


                                                                                      Eigenartigerweise ist das Schutzgebiet nicht auf der Karte Protected Planet verzeichnet. Dafür sind die Indianerreservate eingezeichnet, und auch das ähnlich große private Jaguar-Schutzgebiet nordöstlich von Porto Jofre. Insgesamt stehen aber doch relativ kleine Flächen im Pantanal unter Naturschutz. In den Bereichen um das Pantanal herum, auch im Chaco von Bolivien und Paraguay, sind viel größere Flächen geschützt.

                                                                                      Karte der Schutzgebiete im Pantanal und drum herum, man schaue hier auf den Bereich unserer Paddeltour zwischen Rondonópolis und Corumbá:

                                                                                      UNEP-WCMC and IUCN 2020, Protected Planet: The World Database on Protected Areas (WDPA), downloaded Jan 2020, Cambridge, UK. Available at: www.protectedplanet.net.

                                                                                      Das rechte Ufer ist unterhalb der Colônia Santa Isabel für 31km durchweg Naturschutzgebiet, also entlang der Flusskilometer 314 - 345 meiner privaten Kilometrierung mit Kilometer 0 in Rondonópolis. Ins Land rein reicht es von hier ~45km bis zum Rio Cuiaba in Richtung West bis Nordwest.

                                                                                      Am Ende des Naturschutzgebietes schließt sich in Fließrichtung des Rio São Lourenço, wieder am rechten Ufer, ein weiteres Schutzgebiet an, das zweite Indianerreservat entlang des Rio São Lourenço namens 'Perigara' (Map). Dort ist das rechte Ufer für weitere 36km geschütztes Gebiet. Aber soweit kommen wir heute noch nicht.

                                                                                      Wir paddeln nach dem Posto Ambiental noch weitere 12km auf dem Fluss:


                                                                                      Manchmal ist der Wald in der Trockenzeit fast unbelaubt:


                                                                                      Zivilisationsreste:


                                                                                      An der Stelle, wo diese Reste einer Pumpstation zu sehen sind, scheint das gesamte Hinterland wieder großflächig renaturiert zu sein. Das Satellitenbild zeigt keinerlei Reste von Bewässerungsanlagen, Besiedlung oder ähnlichem. Nur auf dieser Karte scheint die Stelle exakt übereinzustimmen mit dem Canal da Locomóvel, der früher vom Rio São Lourenço nach Westen abzweigte. Ok, wenn man ganz genau hinschaut, erkennt man auf dem Bing-Luftbild noch eine linienartige Struktur in West-Ost Richtung.

                                                                                      Abends rasten wir auf einer für Pantanal-Verhältnisse maximal zivilisationsfernen, großen flachen Sandbank, viel größer als im Google-Satellitenbild zu sehen. Auch das Bing-Luftbild zeigt nicht viel mehr, weil die Aufnahme bei Hochwasser entstand.

                                                                                      Das Zelt bauen wir wieder auf der Spitze der Sandbank auf, mit möglichst freier Sicht zu allen Seiten.





                                                                                      Dort vorne stehen die Zelte:


                                                                                      Die Sonne scheint nur noch gedämpft, es liegt offenbar Rauch aus weiter Entfernung in der Luft. Zu riechen ist nichts, aber es rieselt ständig etwas Asche vom Himmel:


                                                                                      Die Sonne scheint fahl, später tieferstehend blutrot.

                                                                                      Filmchen:

                                                                                      Im Film sieht man auch ab und zu die Asche rieseln.

                                                                                      Boote kommen heute nicht mehr vorbei. Unser Haus-Kaiman schaut uns die ganze Zeit zu, lässt sich auch mit ein paar Unfreundlichkeiten nicht vertreiben (Thomas beschmeißt ihn mal mit Sand).

                                                                                      Ich wasche meine Wäsche mit Andreas Seife, nun duftet sie wieder nach Blümchen (das Rei in der Tube war schon alle). Derweil rieselt Asche aufs Zelt. Sie scheint von weit her angeweht zu sein. Aktuelle Anzeichen von Bränden in der Nähe sehen wir keine.

                                                                                      Als die Sonne untergeht, versammeln sich 3 Truthahngeier in unserer Nähe auf der ansonsten kahlen Sandbank. Sie kennen sich hier aus, wissen, dass der Jaguar immer auch was übrig lässt.

                                                                                      Nachts wieder mächtig laute Raubtierrufe. Jaguar im Naturschutzgebiet am Ufer gegenüber?

                                                                                      Unser kleiner Haus-Kaiman übt sich 19:30 Uhr ebenfalls im gräuslich brüllen, hat aber gegen die großen keine Chance.
                                                                                      Zuletzt geändert von Spartaner; 03.02.2021, 08:42.

                                                                                      Kommentar


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                                                                                        • 5726
                                                                                        • Unternehmen


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                                                                                        AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                                                        Danke erst einmal für meine Möglichkeit der virtuellen Teilnahme. Sieht ja mitunter sehr trocken aus.

                                                                                        1.Gab es die ganze Zeit nur die Pampe aus den Läden zu Essen oder ab und zu auch mal Schlange, Kaimanei, Palmkäferlarven, Ente, Nutria oder gegrilltes Meerschwein um die Darmflora etwas in Bewegung zu halten?
                                                                                        2.Gibt es in den Tropenwäldern Nadelbäume nordischer Arten+Vorstellung ?

                                                                                        Kommentar


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                                                                                          Lebt im Forum
                                                                                          • 26.04.2010
                                                                                          • 5726
                                                                                          • Unternehmen


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                                                                                          AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                                                          Ach ja, untalentierte Köche. Hab es gelesen.

                                                                                          Das zweite ist eine allgemeine Frage, ob sich in unserem Klima in den letzten sechstausend Jahren zwischen Winter-und Sommeraktivität die Nadelbäume entwickelt haben könnten, zu dem was sie heut so an Eigenheiten haben und eingehen..
                                                                                          Schöne Schmettis, du darfst (wegen mir) beim nächsten mal näher rangehen. danke
                                                                                          Also ich bin gespannt, wie es weitergeht und kann warten.
                                                                                          Gruß Abt

                                                                                          Kommentar


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                                                                                            • Privat


                                                                                            #46
                                                                                            AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                                                            Zitat von Abt Beitrag anzeigen
                                                                                            1.Gab es die ganze Zeit nur die Pampe aus den Läden zu Essen oder ab und zu auch mal Schlange, Kaimanei, Palmkäferlarven, Ente, Nutria oder gegrilltes Meerschwein um die Darmflora etwas in Bewegung zu halten?
                                                                                            Nun rede mal meine 'Pampe' nicht schlecht!

                                                                                            Bei ausreichend Hunger schmeckt das alles. Wir haben ja nur früh das Müsli und abends die Nudeln oder die Erbswurst gegessen. Dazwischen lagen ~8h Paddeln mit Badepausen, aber ohne Mittagessen. Also mir hat es eigentlich immer geschmeckt. Um unsere Darmflora brauchst du dir keine Sorgen machen, diesbezüglich war und ist alles pikobello.

                                                                                            Schlangen haben wir alle am Leben gelassen, für Kaimaneier war gerade nicht die richtige Jahreszeit (die brüten etwa im Februar), Palmkäferlarven haben wir nicht gesucht und auch nicht angeboten bekommen, Entenvögel haben die Indianer zwar gejagt, wir haben aber davon nichts abbekommen, Nutria und Meerschwein lief uns auch nicht über den Weg, und die süßen Wasserschweinbabies hätten wir nicht übers Herz gebracht umzubringen.

                                                                                            Zitat von Abt Beitrag anzeigen
                                                                                            2.Gibt es in den Tropenwäldern Nadelbäume nordischer Arten+Vorstellung ?
                                                                                            Nadelbäume wie bei uns gibt es nicht. Pieksig ist es trotzdem im Cerrado-Buschwald, etliche Pflanzen haben viele und zT lange Dornen. Unangenehm waren besonders die langstacheligen Palmen, die auch öfter an den Flussufern wuchsen.

                                                                                            Außerhalb des Pantanal findet man in Südbrasilien häufig die Brasilianische Araukarie oder Brasilkiefer (Araucaria angustifolia). Das ist die einzige Pflanze, die Ähnlichkeit mit unseren Nadelbäumen hat.

                                                                                            Kommentar


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                                                                                              • 5056
                                                                                              • Privat


                                                                                              #47
                                                                                              Mittwoch, 11.9.2019, Terra Indígena Perigara, 42km
                                                                                              5:40 Uhr, der Platz ist doch noch nicht so einsam, wie ich mir Wildnis vorstelle. Ich höre, wie sich ein Motorboot nähert.
                                                                                              Es sind Fischer, mit derselben Methode wie vor 2 Tagen beobachtet: es werden zwei Dutzend Plastikflaschen mit Angelhaken ausgeworfen, und dann hektisch jedem einzelnen Exemplar hinterher gehechtet. Die Fischer sind die beiden indianischen Wachposten vom Posto de Proteção Ambiental Santa Maria, den wir gestern kurz besucht hatten.

                                                                                              Der Tag beginnt mit sehr angenehmen Temperaturen, der Himmel ist weitgehend mit dünnen Wolken bedeckt.

                                                                                              Unser Lager auf der Spitze der Sandbank:




                                                                                              Unsere Sandbank, Blick nach Norden den Fluss aufwärts:


                                                                                              Unser Hauskaiman lässt uns auch heute nicht aus den Augen:






                                                                                              Spuren im Sand:




                                                                                              Welcher Hirsch das hier war, kann ich nicht bestimmen. In Frage kommen zB der Sumpfhirsch (Blastocerus dichotomus), der Pampashirsch (Ozotoceros bezoarticus), der Großmazama oder Rote Spießhirsch (Mazama americana), oder der Graue Spießhirsch (Mazama gouazoubira). Rein von der Habitapräferenz ausgehend ist es am ehesten der Graue Spießhirsch. Er bewohnt eher Trockenwälder, während die anderen Arten offene Sumpf- und/oder Graslandschaften bevorzugen. Der Graue Spießhirsch ist nur etwa so groß wie unsere Rehe.

                                                                                              Diese Spuren könnten wieder von dicken, sehr aktiven Würmern stammen:


                                                                                              Und hier versammeln sich Killerbienen in der Nähe unserer Zelte:




                                                                                              Sie haben sich genau da in Massen niedergelassen, wo wir vorher mal hingepieselt haben.

                                                                                              Der Unterschied der "Killerbienen" gegenüber anderen Bienenrassen besteht darin, dass bei einer Bedrohung fast alle Bienen des Volkes angreifen, statt wie üblich nur eine kleine Anzahl von Tieren. Auch verfolgen die "Killerbienen" ihre Opfer hartnäckig bis zu 500m. Jede dieser Killer sticht mehrmals zu, wodurch sehr leicht die Schwelle von etwa 500 Stichen erreicht wird, bei der bereits ein Kind getötet werden kann, bei Erwachsenen wird es ab ca. 1.000 Stichen kritisch. Brasilien verzeichnet jährlich ~200 Todesfälle durch Killerbienen.

                                                                                              Auch in "Walking the Jungle" nimmt die Killerbiene breiten Raum ein. Sie ist eine der häufigsten Todesursachen im Busch. Coninghan empfiehlt zB im Falle eines Angriffs, sich ins Wasser zu flüchten, das Kanu umzudrehen und sich unter dem Kanu wegtreiben zu lassen.

                                                                                              In der Nähe von Killerbienen soll man sich möglichst still und langsam bewegen, kein Rascheln, keine knackenden Zweige, sich ruhig stechen lassen, aber keinesfalls wild fuchtelnd die Tiere versuchen abzuwehren, etc.

                                                                                              Einen wichtigen Tipp hat er für uns, Killerbienen zu überleben: "Schlagen Sie unter keinen Umständen auf spähende Killerbienen ein oder schlagen Sie nicht um sich herum, selbst wenn sie sich auf Sie stürzen sollten: Der Geruch einer zerquetschten Biene kann das ganze Volk auf Sie ziehen. Und wenn das passiert, haben Sie ernsthafte Probleme ... Sie können ihnen nicht entkommen, und wenn Sie in das nächste Gewässer springen, wobei Sie hektisch plantschen, laden Sie die Piranhas ein, sich der Party anzuschließen, wie es bereits gelegentlich passiert ist".

                                                                                              Und noch einen schönen Tipp hat er: "A piece of important advice, though: Halten Sie Ihren Körper und Ihre Kleidung sauber! Viele Nordeuropäer, vor allem junge Menschen, sind es nicht gewohnt, jeden Tag zu baden und ihre Kleidung zu waschen. Sie laufen für die Dauer ihrer Reise in stinkenden, verschwitzten T-Shirts, Jeans und Socken herum. In kalten Wintern in den gemäßigten Regionen kommen Sie vielleicht mit laxer Hygiene davon, aber hier in den Tropen, wo warme Temperaturen das Schwitzen und den Geruch verstärken, müssen Sie Ihre Kleidung jeden Tag waschen und, wenn Sie im Dschungel spazieren gehen, zweimal täglich baden: in der Mittagspause und am Ende des Tagesausflugs. Wenn es um Bienen geht, wird ein stark riechender Körper an sich schon zu einem Gesundheitsrisiko."

                                                                                              Wir waren zum Glück gut gewaschen, unser Haus-Kaiman kann es bezeugen, und so greifen uns diese gefährlichen Biester heute nicht an. Ach ja, die Kleidung hatte ich am Vortag zufällig auch gewaschen gehabt.

                                                                                              Dennoch fand ich den Tipp, jeden Tag die Klamotten zu waschen, etwas übertrieben, dazu bin ich wohl zu sehr Nordeuropäer. Alle paar Tage, ok, das habe ich gemacht. Er meint das aber ganz ernst und hat das in seiner aktiven Zeit auch immer so gemacht. Wäschewaschen gehörte einfach zu seiner Tagesroutine im Busch.

                                                                                              ½9 sind wir heute startbereit. Solange uns die dünne Wolkendecke von der Sonne abschirmt, paddeln wir bis Mittags halbnackt in der vergleichsweise kühlen Luft.









                                                                                              Am Kilometer 342 behauptet ein Schild, hier befinde sich ein Hafen, Porto Bodoque.


                                                                                              Tatsächlich finde ich den Porto Bodoque auch in etlichen Karten eingezeichnet (Beispiel). Nur vor Ort hier finden sich im Vorbeifahren kaum Spuren einer Infrastruktur. Nur ein kleiner Trampelpfad führt an Land.

                                                                                              Weiter gehts:














                                                                                              Bei Kilometer 345 erreichen wir wieder ein Indianerschutzgebiet, das Terra Indígena Perigara. 36 Fluss-km lang und diesmal ausschließlich am rechten Ufer.

                                                                                              Mittags klart es wieder auf und es wird drückend heiß. Kaum einmal weht ein laues Lüftchen. Ich halte es wieder nur mit ständigem Einnässen aus.

                                                                                              Gegen 12 Uhr machen wir wieder eine Badepause:




                                                                                              Am gegenüberliegenden Ufer, Indianerland, sitzt ein Silberreiher auf dem Baum:




                                                                                              Und 50m nebenan stehen diese 2 Jabirus im Wasser, Großschnabel-Seeschwalben und Cayennekiebitz:


                                                                                              Hier direkt vor dem Ufer lümmeln Kaimane:






                                                                                              Einen schubsen wir vom Badeplatz:


                                                                                              Spuren der Kaimane im Uferschlamm:


                                                                                              Nun zu den weiteren Tieren des Tages:
                                                                                              Nachmittags haben wir kurz zwei Riesenotter gesichtet.

                                                                                              Cayennekiebitz:




                                                                                              Eine neue Art, die Sonnenralle (Eurypyga helias)




                                                                                              Die Sonnenralle ist ein edler Vogel, auch wenn sie auf den ersten Blick unscheinbar aussieht. Sie bewegt sich sehr graziös, zeigt oft anmutig wiegende Bewegungen. Ihre wahre Schönheit zeigt sie, wenn sie die Flügel ausbreitet. Bei voll ausgebreiteten Flügeln werden große helle "Augenflecken" in Rostbraun, Gelb und Schwarz sichtbar. Diese werden anderen Sonnenrallen bei Balz- und Bedrohung gezeigt oder zur Abschreckung potenzieller Raubtiere verwendet.


                                                                                              Photograph taken by Stavenn, CC BY-SA 3.0

                                                                                              Ein 45sec-Video vom Pantanal BirdClub zeigt die Sonnenralle, wie sie ihre Flügel präsentiert. Und ein außergewöhnlich schöner Film in Profiqualität portraitiert das Leben der Sonnenralle in 19min (in spanisch).

                                                                                              Auch neu auf dem Foto erwische ich die Cayenneralle (Aramides cajaneus):


                                                                                              Warum hier so viele Tiere Cayenne-... heißen, ist mir noch etwas rätselhaft (zB auch Cayenneibis, Cayennekiebitz). Möglicherweise wohnte in Cayenne in Französisch-Guayana der erste südamerikanische Ornithologe, und der benannte die Tiere alle nach seinem Wohnort. Das könnte sogar Humboldt gewesen sein, der dort zeitweise residierte.
                                                                                              Auf englisch heißt sie Grey-necked wood rail, also 'Grauhalsige Waldralle', was ich sehr einleuchtend finde und mir eigentlich leichter merken kann.
                                                                                              Das ist genau die Vogelart, von der ich am Morgen des 7. Septembers diese schönen Tonaufnahmen aufgezeichnet habe. Da müssen 2 von ihnen ganz nah am Zelt gewesen sein.

                                                                                              Noch eine neue Art, die Südliche Herbstpfeifgans (Dendrocygna autumnalis fulgens):


                                                                                              Sie ist ganz nah verwandt mit der Witwenpfeifgans, die wir bereits am ersten Tag auf dem Fluss gesehen haben.
                                                                                              Außerdem fliegt auch eine juvenile Amazonasseeschwalben auf (Sternula superciliaris).

                                                                                              Hier bleiben sie sitzen:


                                                                                              Ein besonderes Highlight heute ist dieser Königsgeier (Sarcoramphus papa), wirklich ein edles Tier:








                                                                                              Den Namen erhielt er, da er am Aas gegenüber anderen Geiern dominiert. Er erreicht eine Größe von 80cm, eine Flügelspannweite von 180cm und ein Gewicht von 3kg. Er ist der größte und stärkste Geier Brasiliens und ernährt sich in erster Linie von den Kadavern großer Säugetiere, denn er ist in der Lage, ihre dicke Haut mit seinem kräftigen Schnabel zu durchdringen. Dadurch ermöglicht er auch anderen Arten den Zugang zu diesen Kadavern.

                                                                                              Und dann das zweite Highlight des Tages: direkt vor uns schwimmen 2 Tapire:




                                                                                              Wir beschleunigen etwas, um näher an die Tiere zu gelangen. Das bringt sie dazu, ihr Heil auf Land zu suchen:








                                                                                              Dabei bewegen sie sich nicht besonders hektisch. Es sind eine Mutter und ihr halbwüchsiges Kalb. Tapir-Spuren, auch sehr große, haben wir schon auf jeder Sandbank entdeckt, nun endlich auch die dazugehörigen Tiere. Und das mitten am Tage, gewöhnlich sieht man sie wohl bevorzugt während nächtlicher Safaris.
                                                                                              Der südamerikanische Flachlandtapir (Tapirus terrestris) ist das größte Landsäugetier des Subkontinents. Es erreicht eine Körpermasse bis 250 kg. Man findet etwa 0.6 Tapire pro km².
                                                                                              Evolutionär scheinen sie im Tertiär stecken geblieben zu sein. Verglichen mit unseren hellen Säugetieren sind sie relativ langsam und doof.

                                                                                              Weiter geht es. Zeitweise lassen wir uns treiben, lauschen der Soundkulisse aus dem Dschungel:


                                                                                              Ein Kenner der Vogelwelt dort schrieb mir bezüglich der in diesem Ausschnitt zu hörenden Vögel: Die 'mystischen Rufe' sind zwei verschiedene Vögel. Der lange, eintönige, traurige Pfiff (der erste nur vor 0:01min) ist eine Sonnenralle. Der 3-Noten-Pfeifruf (der erste um 0:03min) ist ein Undulated Tinamou (Crypturellus undulatus). Die kratzigen Rufe mit intermittierendem Pfeifen im Hintergrund sind, da bin ich mir ziemlich sicher, sind Gelbbürzelkassiken (Cacicus cela), Ruf). Dann ruft eine Weißstirntaube (Leptotila verreauxi, hu-huu), und zwar gegen 0:07min und 0:20 im Hintergrund. Und der wiederholte Ruf im Hintergrund von 0:20 bis 0:26, da bin ich mir zu 95% sicher, ist eine Zaunkönigart, ein buff-breasted wren (Cantorchilus leucotis, Ruf). Die beiden harten nasalen Rufe am Beginn der Aufnahme, da bin ich mir ziemlich sicher, ist ein Rotstirn-Blatthühnchen (Jacana jacana) (Vielen Dank an Bobby Wilcox für die Bestimmung der Vogelstimmen).

                                                                                              Diese Stangen am Ufer wurden von den Indianern gesteckt:

                                                                                              Daran werden zeitweilig Fangkörbe montiert.

                                                                                              Am Flusskilometer 372 passieren wir eine Stelle, wo der Flussgrund aus recht festem Material besteht. Es strömt hier schneller als sonst, Fischer hoffen hier auf Beute.











                                                                                              Um 15 Uhr landen wir an einer verlassenen Fazenda an. Es war einmal ein wohlhabendes Anwesen, mit Flugstreifen, Nebengelassen, etc. Der Platz ist sehr idyllisch gelegen, unter mehreren sehr großen Schatten spendenden Bäumen.

                                                                                              Schon am Ufer steht ein großer Baum mit imposantem Wurzelwerk:






                                                                                              Die Fazenda steht leider schon seit einigen Jahren leer.
                                                                                              Thomas richtet sich unter dem Vordach des Haupthause ein. Mir ist das zu warm, ich bleibe am Strand, auch wenn es hier etwas schräg ist. Thomas meint, der Temperaturunterschied beträgt 5 Grad.

                                                                                              Mein Lager am Flussufer:


                                                                                              Thomas sieht auf dem Fazenda-Gelände die ersten drei Hyazinth-Aras. Ich komme zu spät dazu. Dafür sehe ich unten am Wasser die erste Schlange hier auf der Tour, noch dazu eine schöne große. Sie ist >2m lang, schlank und sehr hübsch gefärbt. Das Vorderteil ist hellgrau und schwarz meliert, nach hinten ändert sich die Farbe zu golden gelb und schwarz meliert. Sie klettert gerade die riesigen Wurzeln des großen Baumes neben dem Boot hoch und verkriecht sich dann im oberen Teil der Wurzeln. Es handelt sich um eine sehr große Natter, die Indigonatter (Drymarchon corais, Fremdfilmchen).

                                                                                              Vom 0.7km entfernten Fischerlager lärmt seit Anbruch der Dunkelheit sehr laut ein altertümlicher Stromgenerator noch bis tief in die Nacht. Später verstummt er, aber ich glaube, laute Bum Bum Musik zu hören. Ein Glück, dass wir nicht weitergefahren sind!

                                                                                              Vom Fischerlager kommen auch mehrmals Motorboote angefahren, zum Fischen oberstrom, auch noch nachts.
                                                                                              Zuletzt geändert von Spartaner; 09.07.2024, 21:07.

                                                                                              Kommentar


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                                                                                                Alter Hase
                                                                                                • 31.01.2011
                                                                                                • 2501
                                                                                                • Privat


                                                                                                #48
                                                                                                AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                                                                echt schöne Flusslandschaft
                                                                                                www.trekking.magix.net

                                                                                                Kommentar


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                                                                                                  Lebt im Forum
                                                                                                  • 24.01.2011
                                                                                                  • 5056
                                                                                                  • Privat


                                                                                                  #49
                                                                                                  Donnerstag, 12.9.2019, Águas do Pantanal, 40km
                                                                                                  Habe gut geschlafen, trotz der Schräglage. Wieder bedeckter Himmel, diesmal etwas dickere Wolken. Sollte uns doch bald die Regenzeit erreichen?
                                                                                                  Ich gehe gerade die Böschung hoch, da fällt oder springt die Schlange von gestern Abend aus dem Baum dicht vor mir.
                                                                                                  Ist aber auch ganz schnell wieder weg und das Foto ist unscharf:


                                                                                                  Sie ist als Indigonatter ziemlich klar zu erkennen.

                                                                                                  Den ganzen Morgen herrscht extremer Motorbootverkehr von der Fazenda Bororeo, mehrere Boote fahren immer hin und her. Von oberstrom, wo sie fischen, ständige Fahrgeräusche.

                                                                                                  Kaffeetrinken am Flussufer mit Blick aufs Indianerland:






                                                                                                  Einmal landet ein gutaussehender alter weißer Mann bei uns an, erkundigt sich nach woher und wohin. Er könnte der Besitzer der Fazenda Bororeo sein.

                                                                                                  Um ¼9 sind wir auf dem Wasser. Hier befinden sich noch einmal solche festen Uferbänke, ähnlich wie am Vortag einige hundert Meter stromauf:


                                                                                                  1.3km nach Abfahrt glauben wir, an der Fazenda Bororeo angekommen zu sein und wir legen an zur Besichtigung. Es stellt sich aber heraus, dass es sich nur um ein Camp von Fischern handelt. ~50 Freizeit-Fischer gehen hier ihrem Hobby nach. Sie zelten in kleinen Iglu-Zelten unter einem großen Dach, machen gemeinsame Küche. 6 dieser alten, Brasilien-typischen Riesen-Jeeps stehen herum, alles Oldtimer. Man kommt also auch hier mit dem Auto hin.







                                                                                                  Ansonsten sind die Gebäude alle im Zerfall befindlich. Ziemlich unterster Standard das Ganze, außer die Bootsmotoren, die sind modern.

                                                                                                  Am Ufer finden wir diesen Fisch:

                                                                                                  Das könnte ein Piranha sein.

                                                                                                  2km weiter sind wir dann tatsächlich an der Fazenda Bororeo:


                                                                                                  Gerade werden zwei LKWs mit einem Fährponton auf die andere Seite zum Indianerreserat gefahren:






                                                                                                  Bei der Fazenda Bororeo handelt es sich offenbar nur um einen Landwirtschaftsbetrieb, keine Touristenunterkunft. Große Landmaschienen stehen bereit. Der Besitzer ist nicht zu Hause.







                                                                                                  Der Flugstreifen hier scheint ausnahmsweise mal benutzbar zu sein. Er ist als Aerodromo Fazenda Bororeo mit dem Flughafencode SIVV verzeichnet:


                                                                                                  Auf dem Fazenda-Gelände betreibt der Serviço Geológico do Brasil - CPRM und die Agência Nacional de Águas - ANA eine Regen- sowie eine Pegelmessstation:




                                                                                                  Die Station heißt amtlich 'São José do Borireu'.

                                                                                                  Hier die Pegelstation:






                                                                                                  Unser Wasserstand beträgt zZ 89cm. Ohne Vergleichsdaten bringt diese Angabe natürlich nicht viel.

                                                                                                  Etwa 3x im Jahr wird hier mit Hand auch der Durchfluss gemessen. Die Messergebnisse kann man hier herunterladen. Leider gelange ich an dieser Messstation nicht an die Daten der kontinuierlichen Pegelmessung. Eventuell existieren die auch gar nicht. Andere, wichtigere Stationen zeigen auch oft große Ausfallzeiten (SACE-Boletin). Da bin ich natürlich etwas enttäuscht, denn anfangs war ich begeistert, dass hier in Brasilien die Daten alle frei und übersichtlich zur Verfügung gestellt werden, zumindest theoretisch.

                                                                                                  Ich konnte mir im Vorfeld große Datenreihen herunterladen und aufbereiten, zB hierfür. Das ganze System wurde landesweit auf hohem Niveau installiert, weit besser zB als das, was ich von Russland heute kenne (heute im Gegensatz zur Sowjetzeit, als es ebenfalls landesweit ein dichtes, jahrzehntelang gut funktionierendes hydologisches Messnetz gab, welches aber in den 90er Jahren stark ausgedünnt wurde).

                                                                                                  Aber wie so oft scheint es hier in Brasilien danach kaum noch richtig am Leben erhalten zu werden. Was nützen die vereinzelten Durchflussmessungen, wenn man keine kontinuierlichen oder wenigsten täglichen Pegeldaten hat, um den Durchfluss für alle Tage eines Jahres über eine Q-P-Beziehung (Abflusskurve) berechnen zu können?

                                                                                                  Ein paar Bedienstete sind auf dem Gelände der Fazenda Bororeo beim Reparieren von Landmaschinen. Die Kommunikation ist schleppend. Ich erkundige mich auch nach dem Indianerreservat gegenüber. Wir erfahren, dass man zum Besuch des Indianerdorfes eine Erlaubnis benötigt.

                                                                                                  So paddeln wir dran vorbei. Neben festen Ziegelhäusern sehen wir vom Indianerdorf Perigara Unterstände aus Lehmwänden und Palmwedel-gedeckten Dächern. Strom, Beleuchtungsmasten und Telekommunikation haben sie offensichtlich auch.







                                                                                                  Die ~11000ha Terra Indígena Perigara werden zur Zeit von >100 Indianern vom Stamme der Bororo bewohnt. Sie sind also vom selben Stamm wie die Bewohner des Terra Indígena Tereza Cristina, das wir vor einer Woche passiert hatten. Es scheint ihnen ganz gut zu gehen, ihre Bevölkerungszahl nimmt schnell zu (1997:79, 2010:104). Sie genießen ein vergleichbare medizinische Versorgung wie die übrige Bevölkerung.

                                                                                                  Dazu gehört auch, dass ein 3 Monate altes Baby hier aus dem Dorf wegen einer Bronchitis und hohem Fieber mit einem Hubschrauber nach Cuiabá ins Krankenhaus geflogen wurde.
                                                                                                  Diese Meldung zeigt nebenbei auch, dass im Pantanal prinzipiell eine Flugrettung existiert und man im Notfall schnell geholt werden kann. Das war mir nämlich vorher nicht klar.

                                                                                                  1983 ging es den Indianern wohl noch nicht so gut. Ungefähr 30 Bororo aus dem Perigara-Reservat marschierten in einem Protestzug in die örtliche Funai-Vertretung, 5. Regionalpolizei in Cuiabá ein und nahmen den Chef als Geisel. Sie forderten die Ablösung des derzeitigen Vertreters, die endgültige Abgrenzung ihres Landes, Ressourcen für den Gesundheits- und Bildungssektor und die Unterstützung der landwirtschaftlichen Produktion in den Dörfern.

                                                                                                  Am Ende des Indianergebietes steht ein Schild, 2 Arbeiter und ein LKW sind zu sehen:


                                                                                                  Die dem Indianerreservat westlich benachbarte Fazenda São Francisco do Perigara bittet die "Senhores Bootsführer, bevor Sie ablegen, sammeln Sie bitte den gesamten während Ihres Aufenthalts angesammelten Müll ein und geben Sie ihn in die Müllabfuhr." Sehr löblich, dieser Hinweis, aber wohl auch notwendig.

                                                                                                  Heute geht es sehr zögerlich los mit den Tierbeobachtungen. ~15 Geier kreisen in der Luft über dem Indianerdorf Perigara:


                                                                                                  Kaimane bleiben den ganzen Tag selten, Wasserschweine werden langsam wieder häufiger. 2x dicht hintereinander begegnen uns Riesenotter.

                                                                                                  Am Ufer sehen wir einen Riesentukan (Ramphastos toco) auf einem Baum sitzen:


                                                                                                  Tukane haben wir im Verlaufe der Tour schon ab und zu mal gesehen, aber nie reichte es für ein Foto. Der Riesentukan erreicht eine Körperlänge von 56 bis 62 Zentimetern, sein Schnabel bis 20cm.

                                                                                                  Der Bootsverkehr wird jetzt auch wieder mehr, die entlegensten Abschnitte des Flusses haben wir wohl hinter uns gelassen.





                                                                                                  Heute ständig heftiger Gegenwind, aber schöne kühle Luft.

                                                                                                  2x nehmen wir eine schmale Nebenstrecke. Ich liebe diese Abschnitte, weil sie eine Abwechslung bieten zum breiten Hauptstrom. Oft kommt man näher an die Tiere am Ufer und/oder hat beide Ufer gleichzeitig im Blick.

                                                                                                  Einfahrt in die 1. Nebenstrecke:


                                                                                                  Die erste schmalere Nebenstrecke ist nur 1.1km lang (Bing-Map).

                                                                                                  Nach 10 Tagen und 386km auf einem durchgehenden, einfach mäandrierenden Fluss mit weitgehend ähnlichem Charakter bezüglich Uferbeschaffenheit, Flussbett, Sedimenten, Sandbänken, Ufervegetation, Galeriewald etc., gelangen wir heute an den Beginn des Verzweigungsgebietes (Bing-Map). Hier beginnt das aktuell aktive Binnendelta, ab hier verzweigt sich der Fluss mehrfach und fächert sich dabei auf. Diese vielen kleinen Flussläufe verändern sich relativ rasch, wie diese Grafik zeigt:



                                                                                                  Die Flussläufe wurden aus alten Satellitenbildern abgezeichnet. Grau ist der aktuell aktive Sedimentfächer, nur hier wurde die Dynamik der Flussläufe betrachtet.

                                                                                                  Wegen der hohen zeitlichen und örtlichen Veränderlichkeit der schmalen Fließe mit resultierend unklarer Befahrbarkeit habe ich mir bereits im Vorfeld genau überlegt, wo wir entlangfahren werden. Die südlichen Arme hätten den Vorteil geboten, dass man länger auf schmalen Armen unter Vermeidung des großen Rio Cuiabá paddeln könnte. Doch sie sahen mir im Luftbild zu unsicher aus.

                                                                                                  Immer wieder stieß ich auf Abschnitte, die zeitweise mit Wasserhyazinthen zugesetzt waren, oder bereits richtig in Verlandung begriffen. Gerade jetzt gegen Ende der Trockenzeit ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass einzelne schmale Fließe zugewachsen oder einfach zugesetzt sind. Unter der Pflanzendecke kann es immer noch fließen, aber oben wäre kein Durchkommen möglich. Ich wollte nicht dutzende Kilometer solche Abschnitte befahren, um dann steckenzubleiben und dieselbe Strecke wieder gegen den Strom aufwärts fahren zu müssen.

                                                                                                  Ein weiteres Problem auf diesem Abschnitt ist die Uferbeschaffenheit, die es über lange Strecken schwierig macht, anzulanden. Da, wo die Wasserhyazinthen breitere Bestände entlang der Ufer bilden, muss man sich durch diese durchschlagen und gelangt dann in hochgewachsene Ufervegetation. Wenn es Bäume gibt, dann bleiben sie oft klein und buschig und bieten darunter keinen Zeltplatz. Sandbänke gibt es auf lange Strecken nicht mehr. Alles ungünstig zum Zelten.

                                                                                                  Und zu guter Letzt war es wahrscheinlich, dass wir über die südlichen Teilarme in den Kern des Jaguar-Schutzgebietes vordringen würden, da, wo ich nicht unbedingt mehr als nötig übernachten wollte.

                                                                                                  Da bin ich dann lieber auf Nummer sicher gegangen und habe die nördliche Strecke gewählt. Sie sah in den Luft- und Satellitenbildern einfacher befahrbar aus. Desweiteren sprachen die zT in dichten Abständen an den Ufern gebauten Fazendas und Touristenunterkünfte für eine durchgehend gute Befahrbarkeit sowie Übernachtungsmöglichkeiten.

                                                                                                  Unsere Vorpaddler von 2013 haben uns übrigens hier fürs Verzweigungsgebiet leider keinen "Pfad ausgetreten". Das wäre zwar für mich interessant, wo genau sie entlanggefahren sind, aber 6 Jahre nach ihrer Befahrung für uns jetzt auch nicht besonders hilfreich gewesen.

                                                                                                  So sah der Plan schließlich aus:


                                                                                                  Die drei weißen Zahlen sind meine Stromkilometer ab Rondonópolis, die Pfeile geben die geplante Fahrtroute an.
                                                                                                  Das Dreieck zeigt unseren kommenden Übernachtungsplatz, den einzigen hier im Verzweigungsgebiet. Der war aber nicht vorausgeplant (der einzige vorausgeplante Übernachtungsplatz war der am ersten Tag auf dem Wasser, wo wir in den Nebenfluss Ribeirăo Ponte da Pedra eingefahren sind, alle folgenden haben sich einfach so ergeben).

                                                                                                  Gegen Mittag erreichen wir die erste große Verzweigung:


                                                                                                  Im Verzweigungsgebiet haben wir große Strecken ohne hohe Galeriewälder. Die wachsen erst, wenn die Uferwälle mit der Zeit höher werden. Das ist hier noch nicht der Fall, die Gerinne sind zu jung.

                                                                                                  Oft steht so etwas ähnliches wie Rohrglanzgras am Ufer. Ob das hier dieselbe Art ist wie bei uns, weiß ich nicht:


                                                                                                  Kurze Zeit später taucht eine schöne Sandbank auf, mit der ich nicht gerechnet hatte. Die nutzen wir gleich zu einer Badepause:




                                                                                                  Anfangs gibt es selten noch weitere Sandbänke, jetzt sind sie mir ein Foto wert:


                                                                                                  Die 2. Nebenstrecke heute (Bing-Map) glänzt durch 3 Wasserschweine, die in Sekundenabstand rechts vor uns von der Böschung ihre Köpper ins Wasser machen.

                                                                                                  Während der Passage dieses Seitenarms fällt zeitweise das GPS aus:


                                                                                                  Erst zeigt das GPS 11 Minuten lang immer stärkere Abweichungen vom wahren Standort (wir sind natürlich immer auf dem Wasser geblieben und haben uns halbwegs kontinuierlich vorwärtsbewegt), wobei am Ende eine Abweichung von 990m erreicht wurde. Dann war es 14s ganz weg und sprang am Ende der Ausfallzeit wieder auf den wahren Standort zurück.



                                                                                                  10km nach Beginn des Verzweigungsbereiches nimmt die Besiedlung zu. Oft sind es kleine neue Anwesen einfacher Leute.

                                                                                                  Schuppen:


                                                                                                  Hier zB wohnt eine Fischerfamilie, denen es schon recht gut geht:


                                                                                                  Das sind wahrscheinlich solche Fangkörbe, die an die waagerechten Stangen montiert werden, die wir öfter schon mal gesehen haben:


                                                                                                  Andere Fischerhütten:


                                                                                                  Hier eine schon wieder verlassene Fischerhütte:


                                                                                                  Und dann gelangen wir an die erste große Fazenda hier im Verzweigungsgebiet:




                                                                                                  Das Anwesen hier heißt "Pouco da Garcia" oder so ähnlich, wahrscheinlich falsch geschrieben (ich habe mir das ein paar Kilometer weiter diktieren lassen). Die weißen Besitzer, der Don mit seiner Familie, hat die Fazenda offenbar schon lange verlassen, die Gebäude im Außenbereich sind bereits stark zerfallen, die Flugpiste nicht mehr zu gebrauchen.
                                                                                                  Hinter dem hohen Zaun sieht es noch intakter aus, aber Leben sehen wir nicht. Von der Anlage her scheint es sich nicht um eine Farm, eher um eine Touristenunterkunft zu handeln.

                                                                                                  Nur die zwei kleinen Hütten an der Südwest-Ecke des Anwesens sind bewohnt. Zu denen gehört wahrscheinlich auch das Fischerboot, dass am Ufer liegt.

                                                                                                  Zwischendurch liegt mal ein einsamer Kaiman am Ufer:




                                                                                                  5km hinter "Pouco da Garcia" liegt, wieder am linken Ufer, die Fazenda Liberdade. Auch sie macht beim Blick aufs Luftbild einen guten Eindruck. Auf den ersten Blick sieht sie bewohnt aus und so schauen wir sie uns genauer an.





                                                                                                  Tatsächlich wohnt heute aber nur noch eine einzelne schwarze Familie hier, Vater, Mutter, Kind 5 Jahre. Der Vater ist Fischer und ist noch unterwegs. Die freundliche, aufgeschlossene junge Mutter zeigt uns das Anwesen und lädt uns anschließend zum Kaffee ein. In der Architektur und in den übriggebliebenen Einrichtungsgegenständen ist die alte Pracht noch erkennbar.

















                                                                                                  Die Familie nutzt neben einem kleineren Haus eine große Wohnhalle mit ganz wenigen Resten der alten Einrichtung:




                                                                                                  Früher war das sicher mal das Restaurant.

                                                                                                  Die meisten Gebäude der Fazenda sind wie schon bei der "Pouco da Garcia" als Touristenherberge gebaut worden. Die frühere Besitzerin und Betreiberin der Fazenda hat vor neun Jahren aufgegeben und ist nach Cuiabá gezogen, wo es sich bequemer leben lässt. Seitdem kein Flugbetrieb mehr, alles verfällt.

                                                                                                  Ich bin sicher, dass hier vor 9 Jahren anstatt einer sicherlich 10 Familien ihren Lebensunterhalt fanden. Ich bin schon ein bisschen enttäuscht, dass hier vieles so im Verfall begriffen ist. Das war auf den Luftbildern nicht unbedingt zu erkennen, höchstens an den verbuschten Landebahnen. Vor wenigen Jahrzehnten war hier überall noch Reichtum zu Hause, den Leuten ging es gut. Und das gilt für Rinderfarmen genauso wie für Touristenherbergen. Hätte ich so drastisch nicht erwartet.

                                                                                                  Als wir gehen, kommt ihr Mann vom Wasser. Wir hatten ihn vorher schon mal im Boot bei der Arbeit gesehen.

                                                                                                  Noch ein neuer Fischerhof am Flussufer:


                                                                                                  4km weiter kommen wir wieder an eine bedeutende Stromteilung. Unerwarteterweise fließt viel mehr Wasser nach links als nach rechts (Map). Trotzdem bleibe ich bei meinem Plan und fahre rechts weiter. Der linke, südliche Teilarm scheint sich nach Luftbild später vielfach zu verlaufen, ein Durchkommen ist bei Niedrigwasser ungewiss. Bei den höheren Wasserständen, bei denen das Satellitenbild entstand, kommt man aber sicherlich durch.

                                                                                                  Noch einmal 4km weiter stoßen wir auf die Hotel Fazenda Arara Azul. Sie wird anscheinend noch als Hotel betrieben, ein halbes Dutzend große Aluboote mit fetten Bootsmotoren für Angeltouristen liegen am Ufer:




                                                                                                  Allerdings scheint es zZ keine Gäste zu geben und so richtig intakt scheinen die Anlagen auch nicht mehr zu sein. Es sieht teilweise etwas heruntergekommen aus. Das Wasser im Pool ist trübe und das Gelände ist nicht aufgeräumt. Aber der Rasen ist gepflegt. 2013 war der Flugstreifen jedenfalls noch intakt und in Benutzung.







                                                                                                  Ein paar indianisch-schwarze Frauen verschiedenen Alters, aber allesamt ein bisschen trübe Tassen, bevölkern das Areal. Vielleicht ist es auch nur ein Reinigungstrupp, keine Ahnung. Auch mit meiner Google-Übersetzungsapp komme ich bei ihnen nicht weiter. Ich komme mir fast vor wie im falschen Film. Natürlich hätte ich ebenfalls gerne etwas mehr zur Geschichte der Fazenda erfahren, aber das funktioniert hier nicht.

                                                                                                  Es ist bereits ¾5, in einer ¾h geht die Sonne unter. Wir verlassen das Areal schnell wieder, müssen uns jetzt sputen, einen passenden Platz zum Übernachten zu finden. Einfach wild an den Ufern dieses dichtbesiedelten Bereiches zu zelten ist mir unangenehm, abgesehen davon, dass außerhalb der Fazendas keine trockenen Flecken ohne hohe Vegetation zu finden sind.

                                                                                                  Aber unerwarteterweise gelingt es uns ganz fix, eine Übernachtung zu finden. Einen ½km weiter liegt die Eco Pousada und Hotel Águas do Pantanal. Sie war in meiner Openstreetmap nicht eingezeichnet (jetzt natürlich schon ). Wieder liegen etliche große Touristenboote am Strand, 19-, 21- und 26 Fuß-Schnellboote (Lanchas) mit 115-, 175- und 250-PS-Motoren, außerdem schmalere Barcos 19-Fuß mit 40-PS-Motoren. Der bauliche Zustand der Gebäude ist bisher der beste. Die Anlage ist erst ~4 Jahre alt, wenn ich das richtig verstanden habe (Video 2min, Fotos).

                                                                                                  Greta-gerecht hat man bisher auf einen Flugstreifen verzichtet. Erreichbar ist die Pousada nur über das Wasser. Ein Abholservice wird geboten. Aber natürlich kann man auch auf den dicht benachbarten Pisten landen.





                                                                                                  Hier sehen wir uns ebenfalls erst mal um und erfahren, dass es auch hier zZ keine Gäste gibt. Gestern waren 10 Gringos da zum Vögel- und Jaguar-Beobachten, und morgen kommt eine Gruppe aus São Paulo.

                                                                                                  Schnell ist die Chefin ausgemacht, eine attraktive, aktive, geistig helle Frau irgendwo zwischen 45 und 50. Sie hat den Laden hier gut im Griff. Für die eine Nacht wo keine Gäste da sind, sind wir eingeladen und können auf dem Hotelareal kostenlos zelten.







                                                                                                  Aber nicht nur das, wir bekommen gleich etwas zu mampfen angeboten: Süßes Kuchenbrot, Margarine, Saft, Eiswürfel, Kaffee und Milch. Eine Abwechslung in unserer sehr einseitigen Fahrtendiät. Nebenan ist der Speisesaal für die Touristen.



                                                                                                  Wir sitzen direkt in der Großküche:


                                                                                                  Der Blick aus dem Küchenfenster fällt auf die Vogelfütterung:


                                                                                                  Hier versammeln sich viele Gelbschnabeltangare = Yellow-billed Cardinal (Paroaria capitata), vereinzelte Haussperlinge, eine Taube und eine Gelbbürzelkassike oder Gelbrücken-Stirnvogel = Yellow-rumped cacique, bras. Xexéu (Cacicus cela):



                                                                                                  Das könnten ihre Nester sein, die hängenden Beutelnester meine ich:


                                                                                                  Auf unserem Ortlieb Extremer sitzt dieser Frosch:


                                                                                                  Danach bauen wir unsere Zelte auf dem gepflegten Kurzrasen auf, duschen und ziehen saubere Klamotten an. Eine vollkommene Unterbrechung unserer Paddeltour.

                                                                                                  Es gäbe auch Mobiltelefonempfang und mobiles Internet, aber nur mit Vivo, kein WLAN. Ich habe aber Oi. Naja, kann man vorher nicht wissen. Ist Vivo ein quasi-Standard im Pantanal?

                                                                                                  Mobiltelefonmast, Verbindung zur Außenwelt über Richtantenne:


                                                                                                  Unter dem Mast versammeln sich die jungen Angestellten mit ihren Mobiltelefonen.

                                                                                                  Der Hotelpool, Whirlpool:




                                                                                                  Die Pools habe ich im Pantanal mehrfach so erhöht angelegt gesehen. Ob das was mit den Hochwässern zu tun hat? Vielleicht werden die hochgelegenen Pools nicht vom Hochwasser überschwemmt und verschlammt?

                                                                                                  Am landseitigen Ende des Areals befindet sich eine Kläranlage:


                                                                                                  Auf der Informationstafel wird die Funktion der Anlage in portugiesisch und in englisch erläutert.





                                                                                                  Mit anbrechender Dunkelheit wird der Stromgenerator gestartet. Obwohl er am anderen Ende des Grundstücks steht, ist er dennoch ziemlich laut. Ich bin nicht ganz sicher, ob sie das vielleicht wegen uns machen, die Außenbeleuchtung scheint hell bis zum Zelt, oder ob das ganz normal ist um diese Zeit.

                                                                                                  Nachdem der Generator schon 2 Stunden läuft, gehe ich noch mal zur Chefin, um ihr zu versichern, dass wegen uns das Licht nicht anbleiben muss. Wir haben Kopflampen. Im Nachhinein weiß ich, das ist hier der ganz normale Rythmus auf den meisten Fazendas. Meist läuft der Generator für ein paar Stunden am Abend, manchmal auch am Morgen.

                                                                                                  Sie bietet mir bei der Gelegenheit gleich noch ein richtiges Abendbrot an. Es gibt Hühnchen mit Reis und weiteren Beilagen, die ich nicht kenne. Dazu wieder Saft und Eiswürfel. Davon kriegt Thomas nichts mit, er schnarcht schon lange und laut.

                                                                                                  Nach dem Essen wird auch der Generator ausgeschaltet. Ruhe kehrt ein, fast zumindest. Von der benachbarten Fazenda 400m weiter erschallt ein weiterer Generator. Und die Chefin telefoniert noch mehr als 2h mit ihrem Mann.

                                                                                                  Gegen 21 Uhr, ich liege bereits im Zelt, wird mir auf einmal schlecht. Liegt es am Essen eine halbe Stunde vorher? Erstmals in Brasilien habe ich mich an Eiswürfel und Rohkost gewagt. Oder war es dieser eigenartige Schnaps aus Rondonópolis, von dem ich heute ein ganzes Schnapsglas genippt habe? Es drückt etwas auf der Brust, ich kann nicht mehr liegen und bekomme Schweißausbrüche. Aufrichten, Hinknien und Durchatmen hilft. Zum Glück ist diese Unpässlichkeit nach 20 Minuten Geschichte. Denke ich zumindest zu diesem Zeitpunkt.

                                                                                                  Heute ist es übrigens den ganzen Tag nicht richtig heiß geworden. Sehr angenehm. Liegt das daran, dass sich die feuchten Sumpfflächen nicht so weit aufheizen wie das trockene Land? Jetzt am Abend wird es richtiggehend kühl, ich liege mit Hose, Socken, T-Shirt und Fleecejacke im geschlossenen Schlafsack, ohne zu schwitzen.
                                                                                                  Zuletzt geändert von Spartaner; 03.02.2021, 08:46.

                                                                                                  Kommentar


                                                                                                  • Spartaner
                                                                                                    Lebt im Forum
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                                                                                                    • 5056
                                                                                                    • Privat


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                                                                                                    2:30 Uhr, die Hähne krähen mitten in der Nacht. Hat wohl hier nichts mit dem anbrechenden Morgen zu tun. Nein, es war nur ein Irrtum.
                                                                                                    Um 5:15, mit anbrechender Dämmerung, legen die Hähne wieder los. Zeitgleich rasen die ersten Schnellboote auf unserem Flussarm herum. Na das kann ja heiter werden heute auf diesem meistbefahrenen Kanal. Eine Alternative wäre mir lieber gewesen, aber nirgendwo anders war ein klares Durchkommen erkennbar.
                                                                                                    Rückblickend kann ich allerdings Entwarnung geben, tagsüber war nicht allzuviel los auf dem Wasser.

                                                                                                    Als wir aufstehen, zeigt mein Thermometer kühle 18°C, so wenig wie noch nie auf dieser Reise in die Tropen. Wieder ist der Morgen locker bewölkt.

                                                                                                    Wir hatten abends noch Müsli angerührt und mampfen das jetzt zusammen mit dem üblichen kalt angerührten Kaffee kurz nach Sonnenaufgang. Die Chefin und der Rest der Belegschaft schlafen noch.
                                                                                                    Weitere Arbeiter werden mit dem Motorboot herangefahren. Kaum sind sie hier, setzen sie sich unter den Wasserturm und daddeln auf dem Smartphone.

                                                                                                    Als die Chefin erscheint, gibt es für uns beide nochmal Frühstück, genau wie gestern Nachmittag. Dann packen wir die restlichen Sachen zusammen und verabschieden uns von der Chefin. Es war wirklich sehr nett hier.
                                                                                                    Sie kommt zusammen mit ihrem Vorarbeiter noch vor zum Steg, um zuzusehen, wie wir Boot und Gepäck händeln.

                                                                                                    Weiter geht es auf dem schmalen Flussarm durch das Verzweigungsgebiet des Rio São Lourenço. Nächster Anlaufpunkt ist die 1 Strom-km abwärts liegende Pousada Pesqueiro da Amper (Treze). Sie war wohl ebenfalls zerfallen und wird gerade wieder für Touristen hergerichtet.

                                                                                                    Wir landen am überdachten Steg an:


                                                                                                    Die Häuser werden renoviert. Neu hergerichtete Unterkünfte:


                                                                                                    Ein junger schwarzer Arbeiter ist dabei, die bis zu 20cm hohen grasbewachsenen Sedimente der letzten Hochwässer vom Betonweg zu entfernen:


                                                                                                    Ich frage den Arbeiter nach dem Namen dieser Pousada, natürlich via Google-Übersetzer. Nach einem kurzen Blick aufs Display wendet er sich ab und verweist mich an einen älteren Mann "com óculos", "mit Brille", der könnte meine Frage lesen. An der Lesbarkeit kann es nicht gelegen haben, die Buchstaben werden 9 - 12mm hoch auf dem kontraststarken Display dargestellt. Ich glaube, das war bisher der einzige Analphabet, dem wir begegnet sind.
                                                                                                    Der Mann mit Brille ist ebenfalls Bauarbeiter, älter, und renoviert gerade den Küchentrakt. Mit ihm ist die Kommunikation problemlos.

                                                                                                    Auffällig bei allen Fazendas: die Häuser stehen nur selten auf niedrigen Stelzen, saufen also bei Hochwasser ab. Die Pools sind dagegen immer 1 - 1½ m erhöht angelegt, um nicht zu verschlammen (und im leeren Zustand nicht aufgetrieben zu werden).

                                                                                                    Weiter gehts. Flache Ufer, flaches Umland, niedrige Vegetation, aber keine Sandbänke mehr:




                                                                                                    Rohrglanzgras?:






                                                                                                    Wieder 1½km weiter gelangen wir an die letzte der hier dicht zusammenliegenden Fazendas, die Fazenda Pirigara (Map):


                                                                                                    Sie ist reiner Landwirtschaftsbetrieb, nicht auf Touristen eingestellt und hat ebenfalls einen Flugstreifen. Es sieht so aus, als ob der ehemalige Besitzer hier genau wie bereits auf der Fazenda Liberdade die Segel gestrichen hat. Heute lebt auch hier nur noch eine schwarze Familie in den Ruinen und wirtschaftet auf Subsistenz-Niveau.

                                                                                                    Auf dem Gelände der Fazenda war dieses Gebäude einmal der Gesundheitsposten, der "Posto de Saúde Tito Apoitia":


                                                                                                    Es kann sein, dass dieser 2km weiter vor kurzem neu errichtet wurde:




                                                                                                    Manchmal dient der Posto de Saúde Tito Apoitia auch als Wahllokal für die Gegend, mit gewissen Schwierigkeiten durch mangelnde Netzanbindung. Wir sind jetzt nicht bei allen Ansiedlungen an Land gegangen um nachzufragen.

                                                                                                    Saugbagger?:








                                                                                                    2½km nach dem Gesundheitsposten passieren wir noch ein letztes Gehöft:


                                                                                                    Eine einzelne schwarze Familie lebt hier recht einsam im Sumpf in bescheidenen Verhältnissen, aber immerhin mit Funkverbindung, Fernseher und Solarstrom.

                                                                                                    Die Honigsammler, die wir anschließend im Sumpf angetroffen haben, könnten von hier gestartet sein.

                                                                                                    Auf den nächsten 12 - 15km bekommt die Natur wieder Oberhand. 12km begleitet ein relativ junger, niedriger Galeriewald unseren Flussarm:




                                                                                                    Die häufigen, rötlich blühenden Bäume sind wieder die Triplaris americana, bras. Novateiro. Ihr wisst schon, die mit den bissigen Ameisen in ihrem Inneren. Trifft ab und zu auch mal Pantanal-Touristen, sind ja ebenfalls meist Neulinge hier. Das Gute ist, nach ~8 Stunden lässt der Schmerz nach.

                                                                                                    Immer wieder sehen wir Wasserschweine und Kaimane am Ufer und ins Wasser springen. Die coolsten Wasserschweine und die größten Kaimane trauen sich sogar, liegen zu bleiben. Sie sehen schon recht eindrucksvoll aus, wie sie so bräsig daliegen mit offenem Maul und ihre Zähne zeigen.

                                                                                                    Meist sind wir aber zu schnell vorbeigerauscht für ein Foto. Der hier begibt sich gerade ins Wasser:


                                                                                                    Weitere Tiere im Verzweigungsgebiet des Rio São Lourenço:



                                                                                                    Carcará? Das Bild zeigte im Original nur eine schwarze Silhouette, die Zeichnung wurde erst mit kräftiger Nachbearbeitung sichtbar, könnte aber irgendwie verfälscht sein.

                                                                                                    Truthahngeier:


                                                                                                    Ein häufiger Reiher mit braunem Hals ist der Marmorreiher, Rufescent tiger heron, Socó-boi (Tigrisoma lineatum):






                                                                                                    Chaco-Tschatschalaka, Chaco Chachalaca, Aracuã-do-pantanal (Ortalis canicollis) und Grüner Leguan:

                                                                                                    So unscheinbar wie er aussieht ahnt man nicht, dass man diesen Vogel hier im Pantanal immer wieder sehr laut und charakteristisch rufen hört. Und das besonders gerne im Duett! Ich dachte übrigens erst, dass es sich bei den Rufern um Papageien handelt. Verbreitungskarte.



                                                                                                    Trotzdem der Fluss jetzt nur noch ⅓ seiner bisherigen Breite hat, strömt er wie bisher mit 3 - 4 km/h, so dass wir mit 7 - 8 km/h vorwärts kommen. Das Wasser ist auch noch genauso trübe wie am Anfang der Reise. Während der langen Fließzeit gab es keinerlei spürbaren Selbstreinigungseffekt bezogen auf die Trübung.

                                                                                                    Nach den offenen Weidegründen bei den Fazendas begleitet uns jetzt wieder schöner dichter Galeriewald. 2x Brüllaffen-Konzerte dicht hintereinander:


                                                                                                    Schwarzer Brüllaffe, Black howler, Bugio-preto (Alouatta caraya). Der Geschlechts-Dimorphismus ist sehr ausgeprägt – die vollkommen schwarzen Männchen wiegen in der Regel durchschnittlich 6 - 7kg, während die hellbraun gefärbten Weibchen nur durchschnittlich 4½kg auf die Waage bringen.

                                                                                                    In einer Kurve liegt ein abgesoffener Flussdampfer oder eher ein ehemaliges Wohnboot, zweistöckig:




                                                                                                    Einmal steige ich aus zu einem Landausflug in den Dschungel. Viel sehe ich nicht. Das trockene Laub raschelt laut unter meinen Füßen:








                                                                                                    Auffällig finde ich die Lehmüberzüge an manchen Baumstämmen, Termitenbauten:


                                                                                                    Die letzten Kilometer im Galeriewald (Map):


                                                                                                    3km vor der Fazenda Ilha Camargo tritt unser Flussarm in ein erst seit kurzem durchströmtes Gebiet ein (Map). Der vom Fluss im Laufe der Zeit aufgeschüttete Uferdamm wurde durchbrochen. Diese Abbildung zeigt schematisch, wie das abläuft.
                                                                                                    Der bisherige, nach Südwesten gerichtete Hauptlauf ist bereits vollständig verlandet und wird maximal bei Hochwasser durchflossen.

                                                                                                    Das neue, ~2km lange Gerinne ist noch etwas schmaler, es gibt fast Stromschnellen und heftige Verschneidungen:






                                                                                                    Sehr interessant, diese frische Laufveränderung. Hier gibt es noch keine Uferbänke und keinen Galeriewald. Wir paddeln durch offene Landschaft, Weiden und Sumpfflächen. Der Wasserspiegel liegt nur wenige Zentimeter unter dem Auenniveau, beste Sicht nach allen Seiten:











                                                                                                    Vereinzelt stehen riesige Nelore-Rinder mit Zebu-Buckel in der Landschaft herum. Am schönsten sind hier die ziemlich zutraulichen Wasserschwein-Großfamilien anzuschauen:












                                                                                                    Rotstirn-Blatthühnchen, dieses Exemplar hat mal wieder ein Bad nötig:


                                                                                                    Und auf einem niedrigen Busch sitzt ein Halsband-Wehrvogel:


                                                                                                    Das neue Gerinne verengt sich wieder:


                                                                                                    Der letzte Kilometer vor dem Rio Cuiabá verläuft wieder in einem älteren Gerinne mit hohen Ufern:


                                                                                                    Kurz vor der Mündung des Rio São Lourenço in den Rio Cuiabá erreichen wir um 1 Uhr die Fazenda Ilha Camargo und machen das Boot am Schwimmsteg fest:


                                                                                                    Hier erwartet uns wieder die mittlerweile gewohnte Enttäuschung. Das große, eigentlich imposant bebaute Gelände steht weitgehend leer. 3 Bedienstete putzen Zimmer, das ist alles. Kein Flugbetrieb trotz ausnahmsweise geteerter und besonders langer Landebahn (1½km), kein Restaurant, kein kühles Bier.

                                                                                                    Die meines Wissens einzige asphaltierte Landebahn mitten im Pantanal, Flughafencode SWYK:




                                                                                                    Auch dieser Platz hat schon bessere Zeiten gesehen. An bedeutende Persönlichkeiten, die hier zu Gast waren, erinnern bronzene Gedenktafeln:


                                                                                                    Der schöne Baum mit dem Fächer-artigen Wuchs ist der 'Baum der Reisenden' (Ravenala madagascariensis) aus der Familie der Strelitziengewächse. Er hat diesen schönen Namen erhalten, weil die Hüllen der Stämme Regenwasser speichern können, das angeblich durch Anstechen des Blattgrundes im Notfall als Trinkwasser für bedürftige Reisende verwendet werden könnte. Das Wasser im Inneren der Pflanze ist jedoch trüb, schwarz und stinkend und sollte nicht ohne Reinigung konsumiert werden. Ein weiterer plausibler Grund für den Namen ist, dass der Fächer ungefähr in Ost-West-Ausrichtung wächst und so einen groben Kompass bildet.



                                                                                                    Die erste und zentrale Bronzetafel ist Don Alfredo Stroessner gewidmet, der am 9. und 10. März 1975 mit einer größeren Entourage hier weilte. Das waren wirklich noch andere Zeiten. "Willkommen edler, erhabener Führer, Herrscher über das Herz von Amerika" (Der Spiegel Nr. 2, 1985).

                                                                                                    Während 1975 Verbrecher noch gefeiert wurden, wurden sie 2016 bereits gejagt. Eine Polizeieinheit kam mit Hubschraubern zur Ilha Camargo und stellte 4 wohlhabende Angeltouristen, 2 Geschäftsleute, 1 Anwalt, 1 pensionierten Richter, die als Raubfischer die erlaubten Mengen Fisch mit 195kg großzügig überschritten. Erlaubt sind 5kg/Person. Außerdem hatten sie verbotene Fische wie den Dourado gefangen und sogar 12kg Kaimanfleisch dabei. Ihr Flugzeug konnte wegen Überladung nicht auf einer der benachbarten Graspisten bei ihrer Unterkunft starten. Sie kamen einfach nicht auf genügend Tempo. Also brachten sie die Fische mit Booten zur Ilha Camargo, wo sie hofften, auf der geteerten Startbahn abheben zu können. Dort wurden sie dann von der Polizei gestellt und mussten sich wegen Umweltverbrechen verantworten (Link zum Bericht). Sie mussten 135000R$ Strafe (~30000€) bezahlen und das Flugzeug wurde konfisziert.

                                                                                                    Das Gelände ist auch anderswo schön bepflanzt, welche Art?:






                                                                                                    In einer riesigen dichotom gewachsenen Palme (Hyphaene compressa H. Wendl., Bot. Zeitung (Berlin) 36: 116 (1878) aus Ostafrika?) nisten Papageien und machen einen Höllenlärm. Es handelt sich um Mönchssittiche, monk parakeets, Caturrita (Myiopsitta monachus):




                                                                                                    Hier im Südwesten Brasiliens ist er heimisch, bei uns in Deutschland und anderen europäischen Ländern, Israel und den USA eingeschleppt worden. Sein typisches Nest besteht aus verflochtenem Reisig. Wenn mehrere Nester auf dem gleichen Baum von einer Gruppe dieser Art angelegt werden, sind sie meist wie ein riesiger Reisighaufen zusammengeschlossen - allerdings mit je einem Eingang für jedes Paar der Kolonie. Solche Kolonien finden sich oft auch unterhalb der Riesen-Nester des Jaburú-Storchs, der die kleinen Mitbewohner gerne auf seinem Baum duldet, denn sie warnen ihn mit ihrem Geschrei vor jeder sich nähernden Gefahr für seine Brut.

                                                                                                    Lehmhans (Furnarius rufus)?:


                                                                                                    400m weiter erreichen wir den Rio Cuiabá. Der große Fluss begrüßt uns erst einmal mit einer hohen goldenen Sandbank, einem idealen Badeplatz:


                                                                                                    Viele Scherenschnäbel streichen ab, als wir anlegen, wir denken uns nichts dabei:






                                                                                                    Jedoch finden wir ihre Nestkuhlen mit Eiern auf dem blanken Sand:




                                                                                                    So verlassen wir die Sandbank schnell wieder, um die Vögel nicht allzu lange vom Brutgeschäft abzuhalten.

                                                                                                    Der Rio Cuiabá hat ebenso trübes Wasser wie der Rio São Lourenço, aber die Farbe ist im Gegensatz zum rötlichen Wasser des Rio Vermelho bzw. Rio São Lourenço ein helles Lehm-Gelb und es schmeckt gefiltert etwas weniger bitter, angenehmer. Allerdings ist es auch stärker mit Quecksilber belastet, denn oberhalb des Pantanal befinden sich bei Poconé Gold-Schürfgebiete, die ihre giftige Suppe letztendlich in den Rio Cuiabá leiten. Hier im Gebiet, in dem wir uns jetzt befinden, sind die Jaguare als Spitze der Nahrungspyramide darum stark mit Quecksilber belastet.

                                                                                                    Der mittlere Hg-Gehalt in Jaguarenfellen von der Fazenda São Bento 118km unterhalb von Poconé und 58km stromab von hier (673,0 ± 916,8 µg/g) unterscheidet sich signifikant von Jaguaren vom unbelasteten Refúgio Ecológico Caiman (29,7 ± 23,3 µg/g), p = 0,03. Der maximale gemessene Gehalt an Hg betrug 2.010,4 ± 150,5 µg/g, der höchste jemals bei einem Wildtier aufgezeichnete Wert (Quelle).

                                                                                                    Tja, nicht schön, aber das Quecksilber begleitet uns jetzt in erhöhter Konzentration wenigstens bis zur Mündung des Rio Cuiabá in den Rio Paraguai. Auf den letzten 217km auf dem Rio Paraguai ist es dann etwa zur Hälfte verdünnt.
                                                                                                    Immerhin essen wir keinen Fisch, in dem das Quecksilber im Vergleich zum Flusswasser schon erheblich angereichert wäre. Und unser Trinkwasser filtern wir, was das an Partikel gebundene Quecksilber draußen hält (Ausnahme ist das Wasser, welches wir fürs Kochen verwenden, für Nudeln und Erbswurst).

                                                                                                    Auf einer festsitzenden Baumleiche im Wasser sitzen Kormorane:










                                                                                                    Die Ufer sehen hier in diesem Abschnitt nicht so schön aus wie die des Rio Vermelho. Alles ist irgendwie ruppig zerhauen. Die Steilufer an den Prallhängen sind ebenso hoch. Oben sieht man Rinderweiden und wenn man oben steht, blickt man runter in die Sumpfgewässer im Hinterland.





                                                                                                    Die Gleitufer sind fast immer großflächig mit, ich vermute, Polygonum ferrugineum bewachsen. Sandbänke sind rar, und wo es sie doch gibt, klein und oft hoch und steil. Hier checken: Aquatic plant community composition and distribution along an inundation gradient at two ecologically-distinct sites in the Pantanal region of Brazil.

                                                                                                    15 Uhr, nach 6km auf dem Rio Cuiabá, machen wir für heute relativ zeitig Schluss, als uns eine hübsche Sandbank anlächelt mit allem, was das Herz begehrt: flache Stellen für 2 Zelte, trockenes Feuerholz, fließend Wasser. Hinter der Sandbank liegt dicht bewachsener Sumpf mit stehendem Wasser, genau das Revier der Anakonda, das ich mir vorstelle.

                                                                                                    Streckenmäßig haben wir etwa die Halbzeit unserer Tour erreicht. Darauf gibt es einen Schnaps. Sogar Thomas, der hier während der Paddeltour den Abstinenzler mimt, greift zu.

                                                                                                    Über 439 getrackte Kilometer haben wir in 11 Paddeltagen bzw. 64 Stunden auf dem Wasser bis hierher zurückgelegt, 442.4km gemäß meiner Planung.





                                                                                                    Höhle eines Grünen Leguans:


                                                                                                    Unser Feuerholz und Wäschetrockner in einem:


                                                                                                    Ja, später haben wir wieder mal Wäsche gewaschen.

                                                                                                    Unser Lager:


                                                                                                    Wasserschwein-Knödel:


                                                                                                    Den Abend hatte ich noch genügend Zeit, nach Vögeln Ausschau zu halten.

                                                                                                    Gelbschnabeltangare:


                                                                                                    Rabengeier:


                                                                                                    Waldstorch:


                                                                                                    Großschnabel-Seeschwalbe:








                                                                                                    Wegebussard (Rupornis magnirostris), gar nicht scheu:






                                                                                                    Nachts wieder ganz hell blinkende Glühwürmchen wie am Vortag und wie in Montenegro an der Tara. Sie blinken kürzer als an der Tara, sehr helles kaltes LED-Licht aller ¾ Sekunden. Schneller Flug.

                                                                                                    5½ Stunden vor Vollmond:


                                                                                                    Zuletzt geändert von Spartaner; 03.02.2021, 08:47.

                                                                                                    Kommentar


                                                                                                    • Spartaner
                                                                                                      Lebt im Forum
                                                                                                      • 24.01.2011
                                                                                                      • 5056
                                                                                                      • Privat


                                                                                                      #51
                                                                                                      Samstag, 14.09.2019, Panthera's Fazenda Jofre Velho, 45+11km
                                                                                                      Mein Haus-Kaiman, der im hellen Mondlicht 1m neben mir im flachen Wasser liegt, bekommt es mit der Angst zu tun, als ich in der Nacht die ihm zugewandte Zelttür für einen Toilettengang öffne. Mit einem fetten Platscher flüchtet er in die Tiefe und spritzt dabei mich und mein Zelt so richtig nass:


                                                                                                      Volltreffer! Hoffentlich trocknet der Schlafsack noch in den nächsten Stunden.

                                                                                                      Ansonsten brüllen mehrfach die Kaimane in der Nacht. Oder sind es hier wieder die Jaguare? Wir kommen ja jetzt in das Gebiet mit der höchsten Jaguar-Dichte rund um Porto Jofre. Hier auf unserer Sandbank sind wir nur noch 35km Luftlinie von Porto Jofre entfernt.
                                                                                                      Wie groß ist dieses Jaguar-Gebiet? Ich hatte im Vorfeld nicht herausfinden können, wo genau die Jaguar-Boots-Safaris stattfinden, wo genau ich also mit den an Menschen gewöhnten Großkatzen in hoher Zahl rechnen muss.

                                                                                                      Auf der Openstreetmap war kein spezielles Jaguar-Schutzgebiet verzeichnet. Dass es sich dabei nicht um die Seenlandschaft des "Parque Nacional do Pantanal Matogrossense" 100km südwestlich von hier handeln konnte, da war ich mir relativ sicher. Aber wo finden die Bootssafaris dann statt? Keine Ahnung. Aber wir werden es im Verlaufe des heutigen Tages herausfinden.

                                                                                                      Der Morgen ist wie gestern kühl und bewölkt. Sehr angenehm. Kaffeetrinken:


                                                                                                      Über den großen Sumpfflächen westlich vom Lager sehen wir hoch oben in der Luft einen großen Insektenschwarm:


                                                                                                      Wie eine Rauchwolke steht der Schwarm in der Luft und wabert etwas hin und her. Natürlich kann ich auf die Entfernung nicht erkennen, um welche Art es sich hier handelt. Zuckmücken? Aus Afrika sind ähnliche Phänomene bekannt, und selbst an der Spree habe ich solche großen tanzenden Insektenschwärme bereits gesehen.

                                                                                                      Kurz nach ½9 sind wir wieder auf dem Wasser, auf dem Rio Cuiabá:


                                                                                                      Hier zeigen die Wasserschweine eine recht hohe Fluchtdistanz:






                                                                                                      Für mich ist das Paddeln auf so einem großen Strom erst einmal nicht besonders prickelnd. Wenn man etwas von der Tierwelt an Land sehen möchte, muss man sich immer für ein Ufer entscheiden, und hält auch von diesem meist etwas mehr Abstand. Und seit gestern, seitdem wir das Verzweigungsgebiet des Rio São Lourenço verlassen hatten, seitdem liegt eigentlich nur noch Paddeln auf großen Strömen vor uns.

                                                                                                      Spätestens seit gestern ist auch klar, wir haben genügend Zeit. Wir haben die Hälfte der Strecke in 11 Tagen geschafft, 16 Tage haben wir noch zum Paddeln, bis Andrea nach Corumbá kommt. Das heißt, wir können uns ab jetzt viel Zeit lassen. Im Prinzip gibt es kein Risiko mehr, dass wir uns im Verzweigungsgebiet festfahren, umkehren und längere Strecken gegen die Strömung zurück fahren müssten. Ok, wir könnten auch von heftigem Gegenwind auf dem Rio Paraguai festgehalten werden, so wie es zwei mal auch unseren Vorpaddlern passiert ist.

                                                                                                      Aber bisher schaut alles gut aus, also suche ich spätestens seit heute verstärkt danach, den Hauptstrom zu verlassen und kleinere Nebenkanäle zu befahren.

                                                                                                      So biegen wir bereits nach 4½km rechts ab in einen schmalen, ~12½km langen Seitenarm. Ihn habe ich vor der Tour westlich des Hauptstromes des Rio Cuiaba als zeitweise befahrbares Gewässer in die OSM eingezeichnet:


                                                                                                      Wir wagen es trotzdem. Volltreffer! Trotz Bedenken, er könne irgendwo zugewachsen sein, geht es fast glatt durch.



                                                                                                      Das Fließ ist normalerweise zwischen 5 und 20m breit, aber die wuchernden Wasserhyazinthen lassen uns oft nur eine schmale Fließrinne:




                                                                                                      Manchmal wird es doch eng:


                                                                                                      An zwei Stellen mussten wir uns wenige Meter durch die Pflanzen durchkämpfen, Stellen, die wenige Tage später wahrscheinlich schon hoffnungslos zugestopft sind, weil von oben immer neue Wasserhyazinthen angetrieben kommen ("Wasserhyazinthe verstopft Flüsse des Pantanals").

                                                                                                      Auf dem Bing-Satellitenbild sind solche zugesetzten Abschnitte erkennbar. Zum Aufnahmezeitpunkt sind sie nur kurz, aber sobald das Fließ in solch einem zugesetzten Abschnitt eine Kurve macht, kann man schon nicht mehr erkennen, wie lange die zugesetzte Strecke ist und ob es die Anstrengung lohnt, sich da durchzukämpfen, oder besser gleich umzukehren.









                                                                                                      Pausenplatz mit frischer Jaguar-Spuren:






                                                                                                      Dieses Fließ erweist sich als wahres Tierparadies. Überall springende Fische, am laufenden Band Wasserschweine ganz nah am Ufer, von denen auch nur wenige Reißaus nehmen, allerdings etwas weniger Kaimane als weiter oben auf dem Rio São Lourenço, viele Kaimane verstecken sich zwischen den Wasserhyazinthen, und viele verschiedene Vögel, alles zum Greifen nah. Ich bin begeistert.

                                                                                                      Rabengeier, Kormorane, Caracaras:








                                                                                                      Mohrenibis (Phimosus infuscatus)


                                                                                                      Mohrenkaiman, hätte ich nach dem Mohrenibis fast gesagt, aber nein, natürlich ist es der ganz gewöhnliche Brillenkaiman, der sich hier neugierig nähert:


                                                                                                      Junge Kaimane am Ufer:


                                                                                                      Rotbrustfischer (Megaceryle torquata), wieder ein Weibchen:










                                                                                                      Cocoireiher (Ardea cocoi):


                                                                                                      Irgendein junger Greifvogel?, Plain-breasted Hawk (Accipiter ventralis)?:


                                                                                                      Rohrspotter oder Rohrspottdrossel, Black-capped donacobius, Japacanim (Donacobius atricapilla):




                                                                                                      Die Wasserschweine zeigen entlang dieses Fließes eine sehr geringe Scheu:






                                                                                                      Hier zeigt es sich auch, warum diese größten Nagetiere der Welt zu den Schweinen gezählt werden: sie suhlen sich gerne im Schlamm:










                                                                                                      Azurblaue Wasserhyazinthe (Eichhornia azurea (Swartz) Kunth):




                                                                                                      Es gibt zwei Arten von Wasserhyazinthen im Pantanal, die Azurblaue Wasserhyazinthe (Eichhornia azurea) und die Dickstielige Wasserhyazinthe (Eichhornia crassipes). Die letztgenannte Art wurde seit mehr als 100 Jahren weltweit verbreitet und wuchert seither viele tropische Wasserflächen zu. Ohne Fressfeinde vermehrt sich die Schwimmpflanze massenhaft und wuchert sämtliche Binnengewässer in Afrika zu: Eine Wasserhyazinthen-Decke verdoppelt ihre Fläche in nur zwei Wochen. Die dicken Schwimmpflanzenteppiche behindern Schifffahrt und Fischerei. Krokodile finden in den Pflanzen Schutz und werden zu einer Gefahr für Menschen. In vielen Gebieten werden zur Eindämmung der Massenvermehrung Herbizide verwendet, die auch sämtliche andere Pflanzen vernichteten und einen noch größeren Schaden anrichten. Im Sudan wurden erstmals Rüsselkäfer (Neochetina eichhorniae und N. bruchi) ausgesetzt, die ausschließlich Wasserhyazinthen fressen. Das funktioniert und mögliche negative Nebeneffekte der Käfer sind zurzeit nicht bekannt.

                                                                                                      Nach 2½h auf diesem phantastischen Abschnitt gelangen wir wieder auf den Rio Cuiabá. Mittlerweile ist es wieder richtig heiß geworden, 35°C "im Schatten".

                                                                                                      An einer schönen Sandbank legen wir eine Badepause ein:




                                                                                                      Ein paar Meter weiter sitzt ein Kormoran und trocknet sein Gefieder:




                                                                                                      Auf einem Baum hinter der Sandbank warten ein paar Rabengeier, schauen uns beim Baden zu, oder kreisen auffällig über uns:






                                                                                                      Lauern sie darauf, dass von uns Reste übrig bleiben, vielleicht, nachdem sich Kaimane oder Piranhas an uns gütlich getan haben?

                                                                                                      Als wir unversehrt wieder aus dem Wasser steigen, ahne ich ihre Enttäuschung. Und als wir dann nach 12min endlich weiterpaddeln, stürzen sie alle ans Flussufer und besaufen sich aus Frust:




                                                                                                      Wir folgen dem großen Strom für 3km und fahren dann in einen weiteren, diesmal linken Seitenarm ein (Map). Er ist mit 10 - 20m etwas breiter als der gerade befahrene und mündet nach 6½km noch nicht wieder in den Rio Cuiabá, sondern in einen der südlichen Teilarme des gestern eigentlich bereits verlassenen Rio São Lourenço (Map).









                                                                                                      Wohnhöhlen, die Welse bei Hochwasser in den weichen Lehm gegraben haben:


                                                                                                      Aber was für ein Kontrastprogramm zu dem vorherigen Abstecher heute Vormittag! Hier findet sich fast kein Tier! Kaum mal ein Wasserschwein, selten ein Kaiman. Eigentlich unglaublich!

                                                                                                      Zwei mögliche Erklärungen gehen mir durch den Kopf. Hier fahren ab und zu Schnellboote mit Touristen und vergrämen die Tiere. Oder die vielen Jaguare haben der restlichen Tierwelt so extrem zugesetzt, sie müssen ja was fressen. Wasserschweine und Kaimane stehen ganz oben auf der Speisekarte der Jaguare hier im Pantanal.

                                                                                                      Die Ernährungslage der Jaguare ist im Pantanal eigentlich sehr gut, darum erreichen sie hier die doppelte Größe im Vergleich zu anderen Jaguar-Populationen, zB in Amazonien.
                                                                                                      Es ist schon eindrucksvoll zu sehen, wenn sich ein Jaguar einen vermutlich gleich schweren Kaiman schnappt und auf Land trägt. Natürlich haben wir das nicht selber gesehen, aber es gibt einige gute Youtube-Filmchen hier aus der Gegend, die ich am Ende des Berichts noch verlinken werde. Hier nur ein Beispiel, Ausschnitt aus einer Dokumentation:

                                                                                                      Jetzt paddeln wir also wieder auf dem Rio São Lourenço, einem der südlichen Teilarme:






                                                                                                      Der Fluss ist hier zwischen 30 und 70m breit. Auch hier sehen wir fast keine Tiere, kein Wasserschwein, keinen Kaiman. Nur diese 2 Jungreiher erwische ich, wie sie davonhasten:




                                                                                                      Wahrscheinlich handelt es sich um junge Marmorreiher.

                                                                                                      Auf der zweiten Hälfte des 15½km langen Abschnitt des Rio São Lourenço kommen uns am späten Nachmittag am laufenden Band Schnellboote entgegen, in der Summe ~30 Boote:






                                                                                                      Erheblicher Wellenschlag. Wenige verlangsamen ihre Fahrt, wenn sie uns sehen. Offensichtlich bewegen wir uns jetzt genau in dem Gebiet, in das die Touristen gekarrt werden, um Jaguare zu beobachten.

                                                                                                      Alle rasen zu einem Ort, wo wahrscheinlich ein Jaguar gesichtet wurde. Keiner von diesen Touristen hört einen Vogel rufen oder ein Brüllaffen-Konzert. Keiner hört einen Kaiman brüllen oder auch nur das Platschen der Wasserschweine, wenn sie sich ins Wasser stürzen. Unglaublich. Und dafür bezahlen sie viel Geld. Na gut, sie bekommen natürlich auch Jaguare vorgesetzt.

                                                                                                      Wie das aus Sicht der Safari-Touristen abläuft, kann man zB in diesem schönen Reisebericht mit vielen sehr schönen Tierfotos nachlesen. Nach deren Schilderung scheinen die Jaguare an heißen Tagen seltener gesichtet zu werden, da auch sie mit der Hitze zu kämpfen haben und dann eher im schattigen Wald oder in Höhlen abwarten, bis es wieder kühler wird.

                                                                                                      Da wir heute ebenfalls einen heißen Tage haben, ist das ein bisschen Pech für uns, wir sehen hier nachmittags keinen. Das Ziel der Schnellboote liegt weiter stromauf, da wird wohl zur Zeit einer zu sehen sein.

                                                                                                      Gegen ½4 gelangen wir an die ehemalige Mündung des Rio São Lourenço in den Rio Cuiabá. Vor wenigen Jahren hat der Rio Cuiabá eine Flussschleife von 2½km Länge abgeschnitten. Ein halber Kilometer des ehemaligen Rio Cuiabá-Hauptlaufes verlandet jetzt, der Rest führt weiter das Wasser des Rio São Lourenço. Zum Vergleich siehe die Satellitenbilder hier alt und da neu.

                                                                                                      Auf den ausgedehnten Sandbänken des Altarms schlagen wir unser Lager auf und kochen Erbswurst zum Abendessen:






                                                                                                      Auch hier finde ich Jaguar-Spuren:


                                                                                                      Die Spuren sind ganz frisch, der Wellenschlag der Schnellboote hat kurz vorher noch den Sand glattgewischt.

                                                                                                      Zunächst sind wir hier während des Zeltaufbaus und der Essenzubereitung ungestört. Doch dann wieder reger Schnellboot-Verkehr. Ein Teil von ihnen fährt auch kurz in den relativ kurzen Totarm, der von Osten an derselben Stelle wie der Rio São Lourenço mit in den ehemaligen Rio Cuiabá mündet (Map).

                                                                                                      Später kommen die Schnellboote zurück. Ein paar von ihnen landen bei uns am Strand an, zum einen, um ihren Touristen diese seltene Attraktion zu zeigen, Paddler werden hier nur alle paar Jahre mal gesichtet, zum anderen aber, um uns vor den Jaguaren zu warnen:


                                                                                                      Zwei Jaguare sollen genau hier leben. Je später der Nachmittag, desto mehr Boote kommen, um zu warnen, und um so eindringlicher werden die Warnungen. Einer erzählt uns, vor 3 Wochen wäre ein Jaguar wütend angerannt gekommen, als genau hier Touristen das Boot verließen und an Land gingen. Touristen im Boot sind sie gewöhnt, Touristen an Land leben gefährlich. Er fragt auch, ob wir schnarchen, das lockt sie an.

                                                                                                      Ich argumentiere mit der relativ geringen Wahrscheinlichkeit, gefressen zu werden, und verweise auf den einzigen Fall 2008, als es einen Angler im Zelt erwischte. Die Diskutanten halten dagegen, dass nur deshalb so wenig passiere, weil man eben hier nicht zeltet.
                                                                                                      Mir ist natürlich auch klar, dass seit 2008 eine Menge Zeit vergangen ist, die Jaguare jetzt und besonders hier viel häufiger sind, und dazu eben an ständige Besuche von Menschen gewöhnt.

                                                                                                      Zu guter Letzt legt ein Boot an, dessen Führer uns erklärt, dass all das Land hier zur Fazenda São Bento gehört, als Jaguar-Schutzgebiet ausgewiesen ist, und dass zelten hier verboten wäre. Er funkt noch zur São Bento und organisiert ein Boot, das uns hier abholen soll. Wir sollen zur Fazenda gebracht werden und dort übernachten.

                                                                                                      Das hat mich nun auch "überzeugt". Verbot ist Verbot, da bin ich einfach zu deutsch, um dass jetzt auch noch zu ignorieren.

                                                                                                      Ich erkläre ihm aber, das Boot bräuchten wir nicht, wir lieben es, auch nachts im Mondlicht zu paddeln, und kämen auch alleine bis São Bento, es sind ja nur ~10km.

                                                                                                      So bauen wir die Zelte wieder ab, stellen den rußigen Topf mit der fertigen Erbswurst ins Heck, packen unsere Sachen und paddeln um 17 Uhr weiter. Eines der uns überholenden Boote bremst ab, legt bei und spendiert uns eiskaltes Trinkwasser. Natürlich ging es auch ihnen darum, diese seltsamen Gestalten im Paddelboot kennenzulernen.

                                                                                                      2km weiter, da, wo wir auf den Durchbruch des Rio Cuiabá stoßen (Map), geraten wir plötzlich in eine Ansammlung von Motorbooten. Mir ist natürlich sofort klar, was hier los ist, bekomme Thomas aber nur mit Mühe zum Stoppen. Er will eigentlich mit Höchstgeschwindigkeit zur Fazenda São Bento weiterpaddeln.

                                                                                                      Wir legen an das Boot an, welches am nächsten zum Ufer liegt:




                                                                                                      Und richtig, hier liegt ein Jaguar in einer Höhle unter einem Baum. Unser erster Jaguar. Leider unter Umständen, wie sie jeder Tourist hier erlebt, Motorenlärm, Stimmengewirr, Gewusel der Boote. Irgendwie etwas unwürdig.

                                                                                                      Trotzdem das hier eine ganz normale Begegnung mit einem freilebenden Jaguar in der Wildnis ist, will sich in mir kein großartiges Gefühl einstellen, so wie es sicher wäre, wenn ich diesem Tier alleine begegnet wäre. Für mich fühlt es sich eher an wie im Zoo. Ihr könnt ja mal vergleichen mit dieser Jaguar-Begegnung. Ist doch was ganz anderes! Da bekomme ich schon Gänsehaut, wenn ich es nur lese.

                                                                                                      Das Tier hier liegt ganz relaxt in seiner schattigen Höhle, halb von den Wurzeln über dem Eingang verdeckt. Ohne die Bootsansammlung hätte ich den garantiert übersehen (meine Blicke gingen den ganzen Tag schon auf die Oberkante der Steilufer, wo die Jaguare auch oft liegen).

                                                                                                      Damit ich einen festeren Stand bekomme, kann ich auf das Boot vor mir klettern und dort fotografieren. Das Boot mit Bootsführer haben zwei Brasilianer mit Vollprofi-Filmausstattung gemietet. Sie haben heute bereits 5 Jaguare im Kasten.

                                                                                                      Auch meine Freihand-Fotos scheinen trotz des schwachen Restlichtes zu gelingen:


                                                                                                      Nachdem sich in der Höhle nichts weiter regt, paddeln wir eine knappe ½h später weiter:




                                                                                                      Kurz darauf ist die Sonne untergegangen, es wird dunkel. Nach weiteren 2 Kilometern kommt uns das angekündigte Boot entgegen. Der Bootsführer möchte uns samt Boot an Bord nehmen, aber das lehne ich ab. Ich sehe keinen geeigneten Platz für das Boot an Bord. Ein Fehler, wie sich bald herausstellt.

                                                                                                      So halten wir uns seitlich fest und lassen uns mit 10 - 12 km/h stromab schleppen:


                                                                                                      Eine junge Mitarbeiterin der Naturschutzorganisation (Suelen Leite) erklärt uns auf Englisch während der Fahrt, dass wir nicht auf São Bento übernachten können, das geht dort nicht, auch nicht im Zelt. Wir schippern weiter zur Fazenda Jofre Velho. Wie weit das ist, kann sie nicht sagen, sie rechnet prinzipiell in Schnellboot-Fahrminuten, und die sagen mir wiederum nichts. Während wir uns am Boot festhalten, kann ich auch schlecht auf meine Karte schauen.

                                                                                                      Am Ende sind es ~11km, die wir so auf dem Wasser zurücklegen. Der Mond ist längst aufgegangen, als wir im Hafen der Fazenda anlegen. Hierher wurde per Funk so ein fetter brasilianischer Monster-Jeep mit riesiger Ladefläche bestellt. Das wichtigste Gepäck ist schnell umgeladen, das Boot mit dem Restgepäck ungeschützt an Land abgelegt. Wir klettern auf die Ladefläche und werden zur Unterkunft gefahren.

                                                                                                      Dort angekommen, bekommen wir ein klimatisiertes Zimmer mit 2 Betten und Bad mit Dusche. Alle Gebäude wurden erst vor 6 Monaten fertiggestellt und sind gut in Schuss.

                                                                                                      Unser klimatisiertes Zimmer:


                                                                                                      Nach dem Duschen sind wir zum Abendessen in die Küche der Bediensteten eingeladen. Es gibt Rindergulasch, Reis und Bohnen, dazu frisch gepressten Saft. Alles sehr lecker. Zusammen mit uns essen 2 weitere Gäste des Hauses, zwei junge Freizeitfischer aus Cuiabá. Im Restaurant eine Tür weiter sitzen die Touristen beim Abendessen.

                                                                                                      Danach führt uns Suelen Leite durch das Haupthaus der Fazenda. Die Fazenda Jofre Velho ist ~200 Jahre alt und umfasst 101km² zu 99% naturbelassenes Land.

                                                                                                      Fazenda Jofre Velho:


                                                                                                      Links das Haupthaus, in der Mitte die Schule und rechts das Gästehaus. Weiter links außerhalb des Bildes wäre noch der Küchentrakt mit dem Restaurant zu finden.

                                                                                                      Sie war wahrscheinlich wie so viele andere Fazendas von ihren ursprünglichen Besitzern schon verlassen worden, wurde wie zuvor schon die Fazenda São Bento 2014 von der Umweltschutzorganisation "Panthera" unter Dr. Alan Rabinowitz – 'The Indiana Jones of Wildlife Protection', und Rafael Hoogesteijn aufgekauft und zur Basis der Organisation hier im Pantanal ausgebaut. "Panthera" ist eine NGO, die sich exklusiv dem Schutz aller 40 wilden Katzenarten weltweit widmet.

                                                                                                      In Jofre Velho findet Umweltbildung statt, 'Panthera' organisiert und finanziert eine Grundschule für die Kinder der Umgebung (Panthera's Escola Jofre Velho), und Touristen können hier übernachten und zu Jaguar-Exkursionen gefahren werden.
                                                                                                      Auf der Fazenda São Bento auf der anderen Seite des Flusses befindet sich, wenn ich das richtig verstanden habe, die Rettungs- und Aufzuchtstation für verletzte Jaguare und aufgefundene Jungtiere.

                                                                                                      Hauptzweck von Jofre Velho ist aber der Betrieb einer Musterfarm, die zeigen soll, wie Viehzucht und Jaguar-Schutz unter einen Hut zu bekommen sind. Panthera hat einen ganzen Werkzeugkasten von Möglichkeiten entwickelt und getestet, von simplen Kuhglocken bis zu Wasserbüffeln, die, wenn sie zusammen mit den Rindern weiden, der Herde einen gewissen Schutz vor Jaguar-Angriffen bieten. Sie kümmern sich auch darum, dass die Farmer teilhaben am Jaguar-Tourismus. Der Tourismus bringt in Pantheras Beispielrechnung einen Gewinn von 84.30$/ha, verglichen mit 28.10$ aus der Viehzucht.

                                                                                                      Dokumentation Brazil's Disappearing Wild Jaguars (360°).

                                                                                                      Im großen Hauptraum des Hauses hängen Poster an den Wänden, es sind Schädel verschiedener Wildtiere des Pantanal sowie Gipsabgüsse von Jaguar-Spuren ausgestellt.

                                                                                                      Die Poster zeigen zB das heutige und das ehemalige Verbreitungsgebiet des Jaguars:


                                                                                                      Auf 40% der ehemaligen Siedlungsfläche ist der Jaguar bereits ausgerottet.



                                                                                                      Ein wichtiges Anliegen von Panthera ist es, den heute oft isolierten Jaguar-Populationen Wanderwege zur Verfügung zu stellen, um die Möglichkeit genetischen Austausches zwischen den Teilpopulationen wiederherzustellen:


                                                                                                      Dieses Poster zeigt die derzeitig im Pantanal etablierten Schutzgebiete und rot die Fläche der Fazenda Jofre Velho, auf deren Gebiet der Jaguar ebenso geschützt wird:


                                                                                                      Dieser Ausschnitt zeigt das nähere Umfeld der Fazenda Jofre Velho (rot):


                                                                                                      Das grüne Gebiet, dass sich nördlich und östlich von Jofre Velho auf beiden Seiten des Rio Cuiabá anschließt, ist das eigentliche Jaguar-Schutzgebiet, der "Parque Estadual Encontro das Águas" mit einer Größe von 1081km².

                                                                                                      Ich habe die genauen offiziellen Grenzen des Jaguar-Schutzgebietes mal auf Google-Maps eingezeichnet, dazu unsere heutige Paddelroute durch das Gebiet:


                                                                                                      Über den Original-Link kann man in alle Details hineinzoomen. Jetzt sehen wir zB, dass wir bereits die letzte Nacht im Jaguar-Schutzgebiet gezeltet haben. Und auch der phantastische Nebenarm, den wir heute Vormittag befahren haben, liegt voll im Schutzgebiet.
                                                                                                      Ebenso natürlich die tierarmen, aber viel von Touristen frequentierten Fließe von heute Nachmittag.

                                                                                                      Das sind also die groben Grenzen des Gebietes mit der höchsten Jaguardichte der Welt, nach denen ich so lange gesucht habe. Hier leben 8 bis 11 Jaguare auf 100km². Wobei ich glaube, dass sich die Jaguare auf dem Land nicht gleichmäßig verteilen, sondern sich an den Flussufern und den angrenzenden Galeriewäldern konzentrieren. Sonst wären die 5 bis 11 Sichtungen verschiedener Jaguare an einem einzigen Tag, von denen wir morgen von Touristenführern erzählt bekommen, unmöglich.
                                                                                                      Vielleicht bezieht sich die Zahl 8 bis 11 Jaguare auf 100km² auch auf das gesamte Pantanal. Für das Jaguar-Schutzgebiet erscheint sie mir zu niedrig angesetzt.

                                                                                                      Ja, im Groben weiß ich nun Bescheid. Aber wo genau die Touristen für ihre Jaguar-Sichtungen hingefahren werden, das weiß ich immer noch nicht. Genau diese Flussarme wären es ja, die man bei künftigen Befahrungen möglichst aufsuchen oder vermeiden möchte, je nachdem, ob man gerade auf Sichtungen aus ist, oder zelten möchte.

                                                                                                      Und genau diese Frage konnte ich nach der Tour tatsächlich klären. Es gibt ja seit wenigen Jahren Smart-Watches und Fitness-Tracker, und eine Website, die Milliarden gesammelter GPS-Trackingdaten dieser Geräte auf einer Weltkarte, der Strava-Heatmap, darstellt. Die GPS-Trackingdaten eignen sich nicht nur dazu, geheime US-Militärbasen im Niger zu finden, sondern auch, die Wege der Jaguar-Touristen im Pantanal zu verfolgen. Was für ein Datenschatz!

                                                                                                      Jetzt endlich habe ich die ultimative Karte vor mir, die genau zeigt, wie häufig welche Fließe von den Touristenbooten befahren werden:


                                                                                                      Man muss sich natürlich ein bisschen einsehen, bis man die Details der Karte versteht. Weiße Trackspuren heißt, dass hier mehrere bis viele Tracks übereinanderliegen. Ein violetter Track ist eine einzelne Trackspur, und die gelben und roten Linien zeigen mäßig bis seltener befahrene Strecken an.

                                                                                                      Die weiße Linie, die von N bzw NW auf einen Punkt am Rio Cuiabá zusteuert, ist die Transpantaneira, die einzige Straße, über die man tief ins Pantanal gelangt. Auf ihr fahren fast alle Touristen, die über den Landweg von Poconé aus die Hotelanlagen in Porto Jofre ansteuern.

                                                                                                      Von Porto Joffre aus führen dann alle Tracks auf dem Rio Cuiabá nach Nordwesten, also stromauf, bis zu dem Punkt, wo wir heute den Jaguar gesehen haben (nur wenige biegen vorher nach Osten in den Rio Piquirí ein). Und dann fahren die meisten genau die Strecke, die wir heute Nachmittag genommen hatten, den südlichen Arm des Rio São Lourenço aufwärts.

                                                                                                      Und dieser Abschnitt ist genau der, auf dem die Jaguar-Sichtungen stattfinden. Heureka!

                                                                                                      Auf dem großen Rio Cuiabá dagegen ist oberhalb der Verzweigung nicht viel los.

                                                                                                      Wir sind also zufällig genau die richtigen Abschnitte gepaddelt, hatten aber leider etwas Pech mit den Sichtungen.

                                                                                                      Naja, ich bin es zufrieden, und es steht mir ja jederzeit frei, noch einmal dahin zu fahren.

                                                                                                      Suelen Leite überlässt uns noch 2 Broschüren, die die Arbeit der Organisation für den Schutz des Jaguars erläutern. Sie stammt aus Poconé, hat 2012 die UNIC - Universidade de Cuiabá abgeschlossen, lebt seit 6 Jahren hier und ist als Grundschullehrer für die derzeit 18 Schüler an Panthera’s Escola Jofre Velho tätig, der einzigen Schule im Umkreis von 70km (Why Panthera’s School Is Working in the Pantanal). Wenn sie nicht gerade auf Dienstreise ist.

                                                                                                      Im Zimmer kann ich alle Akkus aufladen. Nur die Powerbank funktioniert nicht, sie lädt nicht mehr, offenbar endgültig kaputt. Sogar WLAN funktioniert gut in allen Häusern.

                                                                                                      Kurz nach 21 Uhr wird der Strom im Haus abgestellt. Licht, Steckdosen und vor allem die Klimaanlage sind aus. Es wird schnell wärmer im Zimmer. Die Außenbeleuchtung funktioniert aber weiterhin.

                                                                                                      Tja, das war schon ein wirklich besonderer Tag. Im Rückblick wohl der Höhepunkt der Tour. Aber keine Sorge, es gibt auch in den Folgetagen noch ein paar interessante Erlebnisse.


                                                                                                      --------------------------------------------

                                                                                                      Ein paar Links zu Jaguaren im Pantanal:

                                                                                                      Zwei Deutsche mehrere Tage zu Besuch bei Panthera auf Jofre Velho, 2022:
                                                                                                      PANTANAL, BRASILIEN – Jaguar Paradies in Gefahr
                                                                                                      Zuletzt geändert von Spartaner; 28.02.2024, 22:56.

                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                        Erfahren
                                                                                                        • 24.05.2004
                                                                                                        • 277
                                                                                                        • Privat


                                                                                                        #52
                                                                                                        AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                                                                        Was für ein beeindruckender Reichtum an verschiedenen Tierarten so hautnah im Pantanal, großartig! Das wird in deinem detailreichen Bericht sehr schön deutlich! Über eine Tour im Pantanal denke ich auch schon seit vielen Jahren nach, leider standen mir in den letzten Jahren aus privaten Gründen keine ausreichend langen Zeitfenster dafür zur Verfügung, aber das wird kommen.
                                                                                                        Die Natur braucht sich nicht anzustrengen, bedeutend zu sein. Sie ist es. Robert Walser (1878-1956) www.travelkai.de

                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                          Lebt im Forum
                                                                                                          • 24.01.2011
                                                                                                          • 5056
                                                                                                          • Privat


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                                                                                                          AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                                                                          Zitat von travelkai Beitrag anzeigen
                                                                                                          Über eine Tour im Pantanal denke ich auch schon seit vielen Jahren nach, leider standen mir in den letzten Jahren aus privaten Gründen keine ausreichend langen Zeitfenster dafür zur Verfügung
                                                                                                          In 3 Wochen ließe sich auch schon eine gute Tour machen, inklusive Hin- und Rückflug. Man würde dann zB bis Rondonópolis fliegen, dort einsetzen, in Porto Jofre die Paddeltour beenden, und mit einer Mitfahrgelegenheit bis Poconé und von da mit Bus nach Cuiabá fahren. Von Cuiabá kann man dann zurückfliegen.

                                                                                                          Zitat von travelkai Beitrag anzeigen
                                                                                                          ... aber das wird kommen.

                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                            Erfahren
                                                                                                            • 24.05.2004
                                                                                                            • 277
                                                                                                            • Privat


                                                                                                            #54
                                                                                                            AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                                                                            Zitat von Spartaner Beitrag anzeigen
                                                                                                            Man würde dann zB bis Rondonópolis fliegen, dort einsetzen. Von Cuiabá kann man dann zurückfliegen.
                                                                                                            Danke für den Tipp. Eine Südamerikapaddeltour plane ich in den kommenden Jahren fest ein.
                                                                                                            Die Natur braucht sich nicht anzustrengen, bedeutend zu sein. Sie ist es. Robert Walser (1878-1956) www.travelkai.de

                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                              Lebt im Forum
                                                                                                              • 24.01.2011
                                                                                                              • 5056
                                                                                                              • Privat


                                                                                                              #55
                                                                                                              Sonntag, 15.09.2019, Porto Jofre, Ilha do Caracará, 37km
                                                                                                              Gegen 1 Uhr in der Nacht wird mir plötzlich wieder schlecht, genau so wie vor 3 Tagen auf der Fazenda Aguas do Pantanal. Ich kann nicht mehr liegen und der leichte Druck auf der Brust geht nur weg, wenn ich im Sitzen oder Stehen hyperventiliere. Und genau wie damals ist es nach einer halben Stunde wieder vorbei. Ich möchte bloß wissen, was das ist. Genau wie damals kann ich wieder nicht entscheiden, ob es nun am brasilianischen Essen lag oder am brasilianischen Schnaps.

                                                                                                              Der Ausfall der Klimaanlage nach der Abschaltung des Stromes lässt die Temperatur im Zimmer immer weiter steigen. Mir ist so heiß im Zimmer, und die Übelkeit geht hier drin nicht weg, dass ich die Gelegenheit gleich nutze und nach draußen unters Vordach umziehe. Dieses ist vollständig mit Fliegengittern geschützt. Verirrt sich doch mal eine Mücke hierher, wird sie von den periodisch anschwellenden elektrischen Insektenkillern ins Jenseits befördert. Jedenfalls fast alle. Hier draußen ist es jetzt tatsächlich ganz angenehm, und ich kann weiterschlafen.

                                                                                                              Morgens inspiziere ich das Gelände, welches wir gestern ja nur im Dunklen gesehen haben:

                                                                                                              Unser Monstertruck vor dem Gästehaus, ein Ford F-350 Super Duty:






                                                                                                              Links die Schule, rechts das Gästehaus:


                                                                                                              Vorne das Hauptgebäude und links hinten Küche und Restaurant:




                                                                                                              Frühstück gibt es ab 6:30 Uhr, Brötchen, Schinkenwurst, Käse, Margarine, Kuchen, Rührei, verschiedene tropische Früchte, Kaffee und Milch, also alles genau so wie im Hotel in Rondonopolis. Nur das Müsli fehlt.
                                                                                                              Wir sitzen wieder in der Küche der Angestellten:


                                                                                                              Eine ältere britische (?) Touristin erkennt uns wieder und erkundigt sich, wie wir gestern hier her gekommen sind. Sie saß gestern in einem der Boote, die an unserem Strandlager im Jaguar-Schutzgebiet anlegten, um zu warnen. Dann eilt sie davon, ihren Führer zu suchen, mit dem sie jetzt auf Tour starten möchte.

                                                                                                              Die schwarze Küchen-Mamsell hat ungemein Sorge, dass wir verhungern könnten, und packt uns noch ein riesen Lebensmittelpaket zusammen. Unsere Abwehrgesten deutet sie höchstens symbolisch, aber eigentlich sollen sie heißen, "bitte nicht so viel, das schaffen wir doch gar nicht". Brötchen, Kuchen und Gebäck stecken drin. Die große Tüte mit gebratenem Rindfleisch und Fisch entdecken wir erst im Laufe des Tages, als wir den Inhalt der schwarzen Plastiktüte genauer inspizieren.

                                                                                                              Suelen Leite, die junge Lehrerin, die bereits 6 Jahre für Panthera arbeitet (Professora da Escola Pantaneira se emociona), möchte uns ebenfalls noch was zustecken. Wir können sie aber am Ende doch überzeugen, dass wir genügend Sonnenschutz- und Mückenschutzmittel dabei haben.

                                                                                                              Um ½8 geht's mit dem Monster-Truck wieder die 300m zum Hafen der Fazenda:




                                                                                                              Unser Ally liegt noch unversehrt am Ufer:


                                                                                                              Wir verabschieden uns von unseren Gastgebern und danken für die großzügige Unterbringung:






                                                                                                              Suelen Leite unternimmt mit den anderen beiden Gästen des Hauses, den Anglern aus Cuiabá, einen Sonntags-Angelausflug mit dem Boot:


                                                                                                              Rechts liegt übrigens das Boot, welches uns gestern aufgefischt hat. Wo hätte man da den Ally ablegen können?

                                                                                                              Der Rio Cuiabá ist noch einmal bedeutend angewachsen und ist jetzt ein großer Strom. Die Zuflüsse der Rios São Lourenço und Piquirí machen sich deutlich bemerkbar. Der Durchfluss hat sich sicherlich mehr als verdoppelt, die Flussbreite wuchs von 120 auf 320m an den breitesten Stellen.

                                                                                                              Kurz nach Abfahrt sehen wir einen Riesenotter. Nach einer halben Stunde sind wir in Porto Jofre, dem bedeutendsten Touristenort im Pantanal. Hier endet die Transpantaneira, die einzige Straße, die das Pantanal zur Hälfte durchquert.

                                                                                                              In den 1970er Jahren, als Megaprojekte in ganz Brasilien in Mode waren, war geplant, eine Straße zu bauen, die das Pantanal von Poconé nach Corumbá vollständig durchqueren sollte. Glücklicherweise waren die Erbauer diesem aquatischen Ökosystem nicht gewachsen - das Projekt wurde nach 145km in Porto Jofre, einem ehemaligen Fischerdorf am rechten Ufer des Rio Cuiabá, abgebrochen. 126 Holzbrücken wurden damals gebaut. In den letzten 3 Jahren wurden allerdings bereits über 30 der alten Holzbrücken durch Beton- und Stahlbauten ersetzt.

                                                                                                              Die Transpantaneira ist auch heute noch die einzige Straße, die tatsächlich tief ins Pantanal führt. Die Erdmassen, die für den Bau der Straße entnommen wurden, haben neben der Straße Löcher hinterlassen, die zu Teichen, Kanälen und Lagunen geworden sind. Diese Wasserlöcher ziehen eine Fülle von Wildtieren an, was die Fahrt entlang der Transpantaneira zu einer fantastischen Safari macht (obwohl sie nur in der Trockenzeit unternommen werden kann).


                                                                                                              Hier wäre auch der einzige Ort auf unserer Paddelroute, an dem man 502km nach dem Start in Rondonópolis die Tour abbrechen und mit einem Auto in die Zivilisation zurückfahren könnte, nach Poconé. Ob das allerdings wirklich funktionieren würde, ob man eine halbwegs bezahlbare Mitfahrgelegenheit finden würde, das habe ich nicht weiter erforscht.

                                                                                                              Wir haben uns nur den Campingplatz und das Hotel Porto Jofre angeschaut. Es gibt allerdings noch ein paar mehr Herbergsbetriebe hier.

                                                                                                              Uferbefestigung aus Altreifen auf Höhe des Campingplatzes:








                                                                                                              Porto Jofre, Pousada e Camping:


                                                                                                              Google Maps zeigt 8 Beherbergungsunternehmen hier. Allgemein ist Porto Jofre ein teures Pflaster. Die beiden großen Hotels werden bei Booking.com zB mit 245 und 248€/Nacht im Einzelzimmer angegeben, im Santa Rosa Pantanal Hotel darf man für 2 Personen dann 496€/Nacht löhnen. Am Ufer liegen Schiffshotels, die etwas billiger angegeben sind, zB 75€/Nacht. Zelten ist mit 26€ angegeben.
                                                                                                              Direkt gebucht ist es wohl etwas billiger. Das Santa Rosa Pantanal Hotel zeigt zB auf der eigenen Buchungsseite Preise von 800, 1000, 2170 und 3060R$/Nacht für verschieden luxuriöse Zimmer an (178, 222, 482 und 680€).

                                                                                                              Beim Campingplatz haben wir selber mal interessehalber nach den Preisen gefragt. "Hotel e Camping Porto Jofre" verlangt 40R$~9€ pro Person und Nacht im mitgebrachten Zelt, 1 kleine Büchse Bier 0.2L kostet 6R$~1.33€, eine Flasche 0.5L 25R$~5.55€. Die Google-Rezensionen klingen oft nicht begeistert: "Die Häuser 6 und 7 haben kein Trinkwasser, es liegt an einer verkehrsreichen und staubigen Straße, kein Grill, Strom nur einen Teil des Tages. Alles ist teuer und kostenpflichtig. Fragen Sie nach allem und fragen Sie immer nach dem Preis" oder "Schlechter Service, Resort-Preis für ein Gasthaus ohne Struktur. Es klingt wie ein Witz, wenn man es Ihnen erzählt, aber ich glaube, wenn Sie die Werte zu sehr in Frage stellen, kommen Sie nicht mehr lebendig heraus. Dogville, meine Lieben". Und ältere Frauen haben auch nicht immer einen leichten Stand.
                                                                                                              Wir selber finden auf den ersten Blick nichts Schlechtes an dem Campingplatz. Auf Google Maps ist sie unter "Pousada do Neco" zu finden.

                                                                                                              Campingplatz:


                                                                                                              Man zeltet hier nicht etwa auf einer kurzgeschnittenen Wiese, sondern auf überdachten Betonflächen mit Waschbecken und Regal:


                                                                                                              Für die Regenzeit sicherlich eine sinnvolle Lösung.

                                                                                                              Caracaras auf dem Campingplatz:




                                                                                                              Die Vögel mit dem gelben Schnabelansatz sind Jungvögel, die mit dem roten sind die Alten.

                                                                                                              Wir unterhalten uns eine Weile mit den beiden Angestellten, die vor der Rezeption auf einer Bank sitzen. Einer von ihnen ist Bootsführer und hat vor ein paar Tagen den Touristen an einem einzigen Tag 11 Jaguare zeigen können!
                                                                                                              Auf die Frage, wie oft hier Paddler vorbeikommen, meint er, er kenne 2 Paddler, die 2010 von Cáceres bis Corumbá gepaddelt sind. Deutsche oder Briten. Von anderen Paddlern haben sie noch nicht gehört.

                                                                                                              Sie holen uns Palmfrüchte zum probieren vom Baum:




                                                                                                              Für mich ist das nix, sind wohl nur als Notration zu gebrauchen.

                                                                                                              Eine halbe Stunde später geht es weiter. Ein paar Meter stromab liegen Barco Hotels, Schiffshotels am Ufer. Barco Hotel "Santa Cruz":


                                                                                                              Barco Hotel "Pantanal 5 Estrelas":


                                                                                                              Die Schiffe sind zT mit riesigen Funkmasten ausgestattet, die wohl genau wie die auf den Fazendas an Land die Richtfunkverbindung zum Mobilfunknetz halten.

                                                                                                              Einen Kilometer weiter legen wir am Hotel Porto Jofre Pantanal Norte an:




                                                                                                              Es ist schon älter, sieht aber gut geführt aus. Aber auch hier nicht gerade das pralle Leben, Touristen sind keine zu sehen. Einer von 3 großen Stegen ist ohne Boote, die beiden anderen voller Touristenschnellboote.

                                                                                                              Wir schauen uns etwas um:




                                                                                                              Ein Baum, überwuchert von Würgefeigen:


                                                                                                              An der Rezeption des Hotels haben wir das Bier für 5R$ bekommen, aber das war wohl ein Kauf von privat. Es geht immer um die kleinen Büchsen. Einen richtigen Lebensmittelladen scheint es in Porto Jofre nicht zu geben, nur einen Souvenierladen. Das wäre ja auch geschäftsschädigend.

                                                                                                              Auf dem Hotelareal lassen uns die Vögel besonders nahe herankommen:

                                                                                                              Uferschwalben?

                                                                                                              Lehmhans:




                                                                                                              Muss ganz schön ranklotzen, der kleine Vogel, bis er seine mächtige Lehmburg fertiggebaut hat.

                                                                                                              Hyazintharas (Anodorhynchus hyacinthinus):






                                                                                                              Der Hyazinthara wird ~1m groß und ist damit der größte Ara und die größte fliegende Papageienart der Welt. Sie haben einen enorm starken Schnabel, mit dem sie auch die härtesten Nüsse knacken. Nur die Acuri-Nuss ist so hart, dass die Papageien sich erst dann davon ernähren können, wenn sie den Verdauungstrakt des Rindes durchlaufen hat. Im Pantanal ernähren sich die Hyazintharas fast ausschließlich von den Nüssen von Macauba-Palmen Acrocomia aculeata und Acuri-Palmen Attalea phalerata. Sie nisten Juli-Dezember in großen Baumhöhlen, und zwar zu 90% in alten Manduvi-Bäumen (Sterculia apetala), von denen ein großer Ast abgebrochen und die Asthöhle ausgefault ist. Die Samen der Manduvi-Bäume werden von Tukanen verbreitet, die aber gleichzeitig rund die Hälfte aller Hyazinthara-Eier fressen. Besonders in den 80er Jahren dezimierte der illegale Handel die Hyazinth-Ara-Population um >10000 Individuen. Seit den 90er Jahren greifen internationale Schutzabkommen und der illegale Handel brach weitgehend zusammen. 1990 gab es nur noch 1500 Hyazinth-Aras im Pantanal, dank intensiver Schutzbemühungen sind es heute wieder >5000. In letzter Zeit gibt es allerdings auch ein rätselhaftes Sterben der Hyazintharas.

                                                                                                              ½10 paddeln wir weiter. Jetzt queren wir immer wieder den großen Strom, um den Weg ein wenig abzukürzen. Um die nächste Kurve befindet sich links eine funktionierende Rinderfarm, Santa Helena.

                                                                                                              Im Laufe des Tages begegnen uns noch 2 Gruppen Riesenotter in Ufernähe. Aber ansonsten haben wir den ganzen Tag extrem wenig von der Tierwelt gesehen. 3 Wasserschweine, Kaimane auch nicht mehr. An den Ufern gibt es keine Tapir-Spuren mehr.

                                                                                                              Hier versuchen wir einen schmalen Seitenarm, der für 17km schönes Naturerlebnis abseits des großen Stromes verspricht. Es fließt nur sehr wenig Wasser hinein, und hinter der ersten Kurve erkennen wir, dass es hier nur mit Mühe durchgehen würde.

                                                                                                              Es ist alles verholzt:




                                                                                                              Auf dem überschaubaren Teilstück liegen bereits mehrere auch starke Bäume quer über das Fließ, an denen wir mit der Säge scheitern würden. Die lehmigen Schlammufer betreten zum Umtragen würde in einer Schlammschlacht ausarten, durch die dichte, verfilzte Vegetation an den Uferböschungen müsste man sich mit der Machete durchhauen. Darauf haben wir keine Lust, also kehren wir um. Schade!

                                                                                                              Weiter geht es den großen Strom:










                                                                                                              Auf der Spitze einer Insel machen wir eine Badepause auf einer schönen Sandbank. Hier stehen die Vögel paarweise, fast so als warteten sie auf die Arche Noah:


                                                                                                              Jabiru, Kuhreiher, Rosalöffler und Rabengeier. Die weißen Beine der Jabiru zeigen, dass sie am heute sehr heißen Tag einer Portion Extrakühlung bedürfen.

                                                                                                              Küken der Großschnabel-Seeschwalben liegen in ihren Sandnestern, eins versucht wegzulaufen:








                                                                                                              Gegenüber der Sandbank steht ein Haus, welches von der Ferne an einen Strandkiosk erinnert:




                                                                                                              Wir werden herangewunken. 3 Männer suchen Unterhaltung und bieten uns eiskalte Getränke an. Da sagen wir nicht nein.


                                                                                                              Es handelt sich offensichtlich um eine reine Männerwirtschaft, wie die kreativ umgewidmeten Motoradhelme anzeigen.

                                                                                                              Zur Begrüßung gibt es eine Büchse dieses brasilianischen Spezialgetränks, Guaraná. Schmeckt sehr gut, ist isotonisch, mit leichtem Koffeingehalt, und eisgekühlt eine Wohltat an diesem Tag mit angekündigten 41°C im Schatten. Später geht es mit Bier weiter.

                                                                                                              Einer von ihnen arbeitet ebenfalls als Jaguar-Führer. Er weiß, dass hier in dem Bereich des Flusses unterhalb von Porto Jofre 10 Jaguare leben. Wie immer ohne Sprachkenntnis läuft die Unterhaltung etwas schleppend, vor allem über den Google-Übersetzer, der aber auf meinem Gerät den Nachteil hat, dass er in der Richtung Portugiesisch zu Deutsch nicht gut funktioniert. Nach dem 2. Bier verabschieden wir uns.

                                                                                                              Sie lassen uns aber nicht gehen, ohne uns noch auf die Vogelwelt über unseren Köpfen hinzuweisen (Weißhalsibis, Hyazintharas):






                                                                                                              Eine Stunde waren wir zu Gast. Weiter geht's den großen Strom, bei wenig Wind und großer Hitze. Nach 3km passieren wir eine Hotel-Fazenda für Angeltouristen am rechten Ufer. Sie sieht vom Wasser aus zZ unbelebt aus, wir schauen sie uns jedenfalls nicht an. Das Refúgio Ilha do Caracará hat 20 Zimmer, die man für 1680R$/Zimmer und Nacht mieten kann (373€), 4-Sterne-Anlage.

                                                                                                              Lange Zeit sehen wir jetzt keine Sandbänke mehr. Die Ufer sind oft dicht bewachsen, Lianen und Würgefeigen hängen von den Bäumen, verhängen sie regelrecht.

                                                                                                              Auf der ersten, auch auf dem Satellitenbild erkennbaren Sandbank schlagen wir gegen 4 unser Lager auf. Ein paar Scherenschnäbel und Großschnabelseeschwalben zetern am Rande unserer Sandbank, wir suchen nach Nestern, finden aber keine Eier oder Junge.
                                                                                                              Erst lange nachdem die Zelte aufgebaut sind, entdecken wir doch noch 2 Scherenschnäbel-Küken zusammensitzend in einem Nest genau zwischen unseren Zelten. Unglaublich, wie konnten wir das übersehen? Später finden wir noch ein einzelnes Kleines ebenfalls ganz nah an den Zelten. So ein Pech! Aber umziehen werden wir jetzt nicht mehr, wohin auch. Ich denke, sie werden es überleben.

                                                                                                              Im Laufe des Tages und auch jetzt auf der Sandbank esse ich nur noch Rindfleischstücke aus dem riesigen Verpflegungspaket der netten Küchenmamsell:


                                                                                                              Thomas nascht auch ein paar wenige, so richtig will er nicht ran, und so schaffen wir sie nicht alle aufzuessen. Morgen wird das Fleisch bei der Hitze schon schlecht geworden sein. Die Tüte mit dem lecker riechenden Inhalt soll hier auf der Sandbank auch nicht den Jaguar anlocken. Wie gesagt, 10 Jaguare sollen hier im Gebiet leben. Einer sei auch mal um ihr Haus herum am Ufer entlangspaziert, wie die 3 Männer erzählten. Also übernimmt Thomas die Aufgabe, die Reste den Kaimanen zu kredenzen.
                                                                                                              Zuletzt geändert von Spartaner; 03.02.2021, 08:48.

                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                • 30.07.2011
                                                                                                                • 334
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                                                                                                                Ich habe zwar erst angefangen zu lesen, lasse aber gleich mal ein Dankeschön für den bereits vor dem eigentlichen Tourbeginn mit zahlreichen Info's gespickten Reisebericht hier.
                                                                                                                Schicker Hut.

                                                                                                                Gruss, Kajakte

                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                  Lebt im Forum
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                                                                                                                  • 5056
                                                                                                                  • Privat


                                                                                                                  #57
                                                                                                                  Montag, 16.09.2019, Porto Brilhante, 48km
                                                                                                                  Die ganze Nacht höre ich das Brüllen der Kaimane und das Zetern der Scherenschnäbel. Zeitweise sind sie ganz nah und es hört sich so an, als trauen sie sich zu ihren Küken.
                                                                                                                  Am Morgen schauen wir nach: Die Nestkuhlen sind leer. Sind sie weggefressen worden?
                                                                                                                  Nein, überraschenderweise liegen die Küken wohlauf weit weg von uns an den entgegengesetzten Enden der Sandbank in neuen Sandkuhlen. Die zwei Geschwister stromauf ein paar Meter hinter meinem Zelt, und das einzelne Kleine am stromab gelegenen Ende der Sandbank, bei den 5 Kaimanen. Ein Wunder. Ich finde keine Kriechspuren.

                                                                                                                  Können sie von den Eltern ins neue Nest getragen worden sein?






                                                                                                                  Intimer Blick in mein Schlafzimmer :


                                                                                                                  Morgens möchten wir die Erbswurst essen, die wir bereits vorgestern Abend noch auf der Sandbank im Jaguar-Schutzgebiet gekocht hatten. Thomas hat gestern Abend schon einen Teil davon gegessen. Aber heute verdirbt uns der Anblick den Appetit. Große, verschieden strukturierte und gefärbte Schimmelflecken zieren die Oberfläche:


                                                                                                                  Damit füttern wir nur noch die Fische, die den angebotenen Brei begierig annehmen. Ich nehme an, die Keime sind tatsächlich erst gestern Abend auf die Oberfläche gelangt und haben sich unter den idealen Brutschrankbedingungen der tropischen Nacht so schnell entwickeln können. Genauso schnell hätte es wohl auch unser Fleisch gestern erwischt.

                                                                                                                  So futtern wir jetzt noch große Teile des Gebäcks auf, welches wir gestern früh auf der Fazenda Jofre Velho mitbekommen haben.

                                                                                                                  Schön haben wir es hier auf der Sandbank:




                                                                                                                  Heute geht es weite Strecken entlang des großen Stromes:


                                                                                                                  Thomas ↑ hat von den 3 Männern gestern noch einen alten Strohhut aufgesetzt bekommen, der mit seiner breiteren Krempe sein geliebtes Stoffhütchen etwas überragt und dem Nacken besseren Schatten bietet. Trotzdem er immer reichlich Sonnenschutzmittel aufträgt, sieht er am Hals und im Gesicht ziemlich rot verbrannt aus.

                                                                                                                  Rio Cuiabá:


                                                                                                                  Lager von Fischern im Wald:


                                                                                                                  Waldstörche:


                                                                                                                  Auch heute sehen wir kaum Tiere. 2 Wasserschweine insgesamt, ein paar wenige abtauchende Kaimane, ein mal Riesenotter:


                                                                                                                  Nach 12km gibt es eine kleine Abwechslung. Wir paddeln links eine schmale Nebenstrecke (Map). Während der Hauptstrom 130 - 250m breit ist, ist die Nebenstrecke nur 30 - 80m breit. An der Abzweigung machen wir zunächst erstmal 20min Pause.

                                                                                                                  Blick den Hauptstrom stomauf:


                                                                                                                  Blick den Hauptstrom stromab:










                                                                                                                  Blick in den Abzweig:


                                                                                                                  Gestern schon hatten uns die 3 Männer gesagt, da gehe es nicht durch, da liegen zu viele umgestürzte Bäume drin. Das habe ich schon gestern nicht geglaubt, dafür ist dieser Teilstrom zu breit. Sie haben ihn sicherlich verwechselt mit dem kleinen schmalen Kanal weiter stromauf, den wir bereits gestern fahren wollten.
                                                                                                                  Thomas zweifelt noch, wer da recht hat, aber die Sache geht klar zu meinen Gunsten aus.

                                                                                                                  Absolut freie Fahrt:










                                                                                                                  Jedoch gibt es auch hier kaum Tiere zu sehen. Ganz wenige Spuren von Wasserschweinen, und die wenigen Kaimane verstecken sich fast alle zwischen den Wasserhyazinthen. Auf einer Sandbank wohnt ein Grüner Leguan:




                                                                                                                  Cocoireiher:








                                                                                                                  Rabengeier:


                                                                                                                  Wenige große Kaimane tauchen mit mächtigem Wellenschlag vor uns ab. Ein Jabiru. Das Highlight dieses Abschnitts ist der klare Geruch eines Jaguars in der Luft, etwa in der Mitte der Strecke. Irgendwo hier versteckt er sich:



                                                                                                                  Sollte es wirklich der Jaguar sein, der die Tierwelt hier so dezimiert? Es passt alles ins Bild. Die Wasserschweine sind aufgefressen, die Kaimane lassen sich nicht sehen, alles Beute des Jaguars.
                                                                                                                  Dennoch ist die ganze Strecke sehr schön zu fahren, ein angenehmes Landschaftsbild hier auf dem Wasser durch den Dschungel.







                                                                                                                  Hier gibt es wieder einige für ein Lager geeignete Sandbänke:


                                                                                                                  Das Ende der Nebenstrecke erkennt man an einem Haus am rechten Ufer und einem Verladegatter für Rinder am linken Ufer:


                                                                                                                  A lazy black man liegt in der Hängematte hinterm Haus im Schatten. Heute wollen wir nicht wieder längere Pausen einlegen, und so grüßen wir nur und ignorieren seine einladenden Handbewegungen.

                                                                                                                  Nach 9½km endet der schmale Nebenarm und wir fahren nun weiter den großen Strom. Nach 2km links eine gut arbeitende Fazenda, wieder mit Rinderverladegatter:






                                                                                                                  Danach wird es einsam. Keine Fazendas mehr am Ufer, uns umgibt die reine Natur:


                                                                                                                  Großer Strom, hohe Galeriewälder:




                                                                                                                  Wieder gibt es ein paar Riesenotter zu sehen:


                                                                                                                  Daneben gibt es immer wieder mal einen Greifvogel hoch am Himmel, ein paar andere Vögel natürlich auch, aber ansonsten wenig Tierwelt. Tatsächlich wird das auch bis ans Ende der Tour so bleiben. Die vielen Tierbeobachtungen, die wir entlang des Rio São Lourenço hatten, die gibt es seit dem Moment nicht mehr, seitdem wir vor 2 Tagen nachmittags durch das Jaguar-Schutzgebiet gepaddelt sind.

                                                                                                                  Ab diesem Moment ist es eher wie bei uns, ab und zu sieht man ein paar Tiere, aber halt nicht mehr in der Fülle, mit der wir davor verwöhnt wurden. Mich wundert das sehr, ich hätte genau das Gegenteil erwartet. Denn jetzt erst kommen wir in die sumpfigsten Bereiche des Pantanal, die, die am wenigsten verändert und genutzt wurden.

                                                                                                                  Nach 9km machen wir eine Duschpause auf einer der hier wieder seltenen Sandbänke:


                                                                                                                  Das gibts natürlich nur in Daumennagel-Größe

                                                                                                                  Unter Wasser wird hier aus dem Sand schnell Schlamm und so bleibe ich lieber beim Duschen.

                                                                                                                  Hier finden wir eine prächtige, tief eingedrückte Jaguarspur:


                                                                                                                  Der als Maßstab dazugelegte Holux-M241 ist genau 68mm lang (ohne die Halterung für die Trageschlaufe).
                                                                                                                  Das ist heute nun schon der zweite von den 10 Jaguaren, die hier im Gebiet leben sollen.

                                                                                                                  Weiter geht's:




                                                                                                                  Wieder ein paar Riesenotter. Ein Schnellboot mit Touristen überholt uns. Es ist wahrscheinlich dasselbe, welches uns heute Vormittag leer entgegen kam.

                                                                                                                  Um den Flusskilometer 577 herum gibt es noch einmal etwas Besiedlung:


                                                                                                                  Es sind arme Leute, die die Gegend wahrscheinlich erst in den letzten Jahren besiedelt haben. Viehzucht ist nicht zu erkennen, also werden sie wohl als Fischer leben, und/oder von der Jagd.
                                                                                                                  Oder sie helfen zeitweise auf der Fazenda am gegenüberliegenden Ufer:


                                                                                                                  Nach 15:30 Uhr versuchen wir, einen Lagerplatz zu finden. Aber damit sieht es hier sehr mau aus. In der Wildnis findet sich kein einladendes Uferstück. Sandbänke finden sich keine mehr, und die dichte Ufervegetation lässt kaum Lücken. Das hochgewachsene Ufergras auf einer ebenen Stelle einfach niederwalzen, das möchte Thomas nicht.

                                                                                                                  Erst am Kilometer 588 liegt rechts eine kleine Farm. Heute sind wir echt froh darüber. Die Ufer sind mit kurzem Gras bestanden, und der Hausherr erlaubt uns zu zelten:








                                                                                                                  Streichelzoo:


                                                                                                                  Als unsere Zelte stehen, und die Erbstwurst köchelt, lädt uns Edegar zu einem Kaffee ein:








                                                                                                                  Zwei seiner Kinder baden gerade in einem halbiert aufgeschnitten Kunststofffass und freuen sich über die von uns mitgebrachten Schokowaffeln, die sie ratz-fatz verputzen. Zum Kaffee gibt es Milch und Gebäck.

                                                                                                                  Später reicht er uns eisgekühltes Wasser in Gläsern. Es schmeckt genau wie unser gefiltertes Flusswasser. Ich frage, ob es aus einem Brunnen kommt. Aber nein, es wird aus dem Fluss gepumpt, hoch in den Behälter oben im Baum, und gelangt dann in ein 200L-Fass neben dem Haus, wo die Schwebstoffe sedimentieren:


                                                                                                                  Ich kann einen Blick hineinwerfen. Das Wasser im Fass ist klar, und auf dem Boden des Fasses liegen die abgesetzten Trübstoffe des Flusswassers:


                                                                                                                  Puh, ich bin gespannt, ob das gutgeht. Und kann auch gleich die Antwort verraten: ja, es ging gut. Wir haben keine Probleme gehabt mit dem so gereinigten Wasser. Wahrscheinlich funktioniert das im Pantanal überall ähnlich mit der Wasseraufbereitung, auch auf den Pousadas und Hotels, nur dass man dort nicht wie hier mal einen Blick hineinwerfen kann.

                                                                                                                  Die Familie, Edegar und seine Frau, ihre 3 Kinder, und die Großeltern, lebt seit 5 Jahren hier. Ich denke, dass sie die Farm wieder nachnutzen, nachdem sie der alte Besitzer verlassen hatte. In der Mitte des Grundstücks sind die Reste eines Hausfundaments zu erkennen. Allerdings sind alle derzeit genutzten Gebäude von ihm neu errichtet worden.

                                                                                                                  Die Farm ist relativ klein, sie reicht nur 1½km ins Hinterland, bis sie an den ersten der großen Seen stößt, an die Lagoa do Aguapé. Hier beginnt das Kerngebiet des Pantanal, die amphibische Wasserlandschaft, die für den Parque Nacional do Pantanal Matogrossense so typisch ist. Mit dem Auto ist die Fazenda nicht erreichbar, bewegen tut er sich hier zu Lande nach Cowboyart auf Pferden.

                                                                                                                  Wenn er einkaufen fährt, dann geht es mit dem Boot 280 Flusskilometer nach Corumbá. Dort verkauft er auch die Waren, die er für den Markt produziert: Käse und Doce de leite, Milchkaramellcreme, von seinen 40 Kühen.

                                                                                                                  Der Käse reift in einem fliegendichten Gazekasten an einem Baum hängend:






                                                                                                                  Strom kommt vom Generator, der von 19 bis 22 Uhr läuft. Der Fernseher lief aber schon vorher auf Batterie mit Konverter. Ab 19 Uhr hat er sogar Wifi versprochen, ich kann es kaum glauben, hier in dieser abgelegenen Einsamkeit. Geht das über die Satellitenschüssel?

                                                                                                                  Danach führt uns Edegar noch zu seinen Rindern, die Abends und Nachts in einem Gatter eingepfercht sind:




                                                                                                                  Im Gatter brennt ein qualmendes Feuer, dass er mit zusammengekehrtem Laub und Rinderdung am Leben und vor allem am Qualmen hält. Feuer und Zaun dienen beide dem Schutz vor dem Jaguar.

                                                                                                                  Das Hochbeet für die Zwiebeln:


                                                                                                                  Das Abendessen koche ich mit Thomas am Flussufer. Heute gibt es wieder Erbswurst, weil die letzte ja verschimmelt war. Als ich mich mit dem fertigen Essen wegen den vielen Mücken ins Zelt verziehe, nehme ich einen Schwung von ~50 dieser Biester mit rein. Es dauert bestimmt 10 Minuten, bis ich sie alle mit dem Handtuch erledigt habe. Kurz danach ist es dunkel, und ich diktiere noch etwas Tagebuch.

                                                                                                                  20:30 Uhr, ich stelle gerade fest, dass ich mir den ersten Parasiten eingefangen habe.

                                                                                                                  Unter dem Ansatz des rechten großen Zehs sitzt so ein Vieh, das man, so weit ich mich erinnere, mit einer scharfen Kanüle oder einem Holzspan herausoperieren kann. Ich ertaste eine Erhebung, und meine mich sogar zu erinnern, wie ich ein, zwei Tage vorher gespürt hätte, dass da gerade was eindringt.

                                                                                                                  So ungefähr wird meine Erhebung unterm Zeh gerade aussehen, ich kann das schlecht sehen und schon gar nicht fotografisch dokumentieren, darum dieser Link zu einem Bild in dem Stadium, in dem ich es bei mir entdeckt habe, aus dem Netz. So ganz sicher bin ich mir natürlich nicht, um welchen Parasiten es sich hier handelt.

                                                                                                                  Nun überlege ich, wie weiter vorzugehen ist. Warte ich, bis wir in Corumbá ankommen? Aber verschenke ich da nicht unnötig Zeit, in der sich der Parasit entwickeln oder gar vermehren könnte? Oder lasse ich das Vieh besser gleich herausnehmen? Thomas traue ich nicht so recht zu, dass er als Chirurg willig und fähig ist. Ich will ihm das jetzt nicht zumuten. So nehme ich Smartphone und Stirnlampe und versuche mein Glück bei unserem Gastgeber. Solange der Generator läuft, sind sie sicherlich noch wach.

                                                                                                                  Ich klopfe an der Tür, Edegar öffnet mir, und ich möchte ihm die Stelle zeigen. Im Haus ist Licht, und so dränge ich zur Tür. Er möchte aber nicht, dass ich hereinkomme, wobei ich das nicht gleich merke und verstehe. Erst als er sich bei seinen Frauen rückversichert hat, werde ich hineingelassen.

                                                                                                                  Die Familie sitzt im Hauptraum des Hauses, nebenan ist noch das Schlafzimmer. Quer durch den Raum hängt eine Hängematte, in der die Oma liegt. Der Fernseher läuft. Neben ein paar Campingstühlen und der großen Kühltruhe fällt mir keine weitere Möblierung auf.

                                                                                                                  Ich frage Edegar über den Goole-Translator: "Kennen Sie diesen Parasiten?", er nickt, "sim". "Wissen Sie, was zu tun ist?", "sim". Er bejaht, setzt mich auf einen Gartenstuhl und holt sein großes Schlachtermesser von draußen. Im Vorbeigehen hält er das Mordwerkzeug hoch und lacht dabei. Ich verstehe: Nein, keine Angst, damit werde ich dich nicht operieren.

                                                                                                                  Er geht hinter ins Schlafzimmer, kommt kurz darauf mit einem kleinen Holzspan zurück, den er gerade geschnitzt hat, und setzt sich mir gegenüber auf einen Campingstuhl. Ich setze ihm noch meine Kopflampe auf, damit er ordentliches Operationslicht hat. Allerdings sitzt sie bei ihm deutlich zu locker und fester bekomme ich sie nicht mehr, weil das chinesische Stirnband ausgeleiert ist.

                                                                                                                  Dann packt er meinen Fuß auf sein Knie, und legt los:


                                                                                                                  Alles sieht sehr gekonnt aus, er hat das sicher nicht zum ersten Mal gemacht. Und es tut überhaupt nicht weh. Mit dem Span wird die Hornhaut um den Parasiten geweitet und das Vieh möglichst vollständig herausgeholt. Später nimmt er noch eine Nagelzange zu Hilfe, um die Ränder des Loches zu glätten. Nach 10 Minuten ist alles vorbei. Am Ende bleibt ein 3 - 4mm großes Loch in der Haut.
                                                                                                                  Ich habe dann im Zelt nachts noch etwas Desinfektionsmittel draufgesprüht, am Morgen noch einmal, und das war es dann.

                                                                                                                  Am nächsten Tag nachmittags sah es so aus:


                                                                                                                  Pflaster habe ich nicht draufgemacht, und bin in den Folgetagen nur etwas seltener barfuß herumgelaufen. Am Ende ist das Loch komplikationslos und narbenfrei verheilt.

                                                                                                                  Zurück in den Operationssaal. Nach dem Eingriff teste ich doch noch das Internet. Es funktioniert einwandfrei, über Satellit. Das kostet ihn ~200R$ im Monat. Fast 50€, eine ganze Menge für solch einen sicherlich nicht reichen Haushalt. Ich selber finde gerade kein Angebot unter 230R$.
                                                                                                                  Aber vielleicht täusche ich mich auch bezüglich seiner finanziellen Verhältnisse. Er lebt hier zwar extrem bescheiden in einer Hütte mit minimalem Inventar, aber vielleicht werfen die 40 Kühe dennoch genug ab für ein sorgenfreies Leben und ab und zu etwas Luxus.

                                                                                                                  Google übersetzt mir dann auch gleich den Namen des Parasiten, den er mir nennt: Bicho-de-pé ist Tunga penetrans, der Sandfloh.

                                                                                                                  Anschließend bekommen wir WhatsApp dazu, gegenseitig Kontakt aufzunehmen, und so kann ich ihm das Foto schicken, das ich während der Operation vom Operateur in Aktion geschossen habe. Einmal Weltall und zurück, und das hier mitten im Busch.

                                                                                                                  Der Ort hier heißt Porto Brilhante, Rio Cuiabá, Mato Grosso, Brasilien. Er schreibt übrigens Rio São Lourenço und lenkt erst nach meiner Intervention ein. Aber das ist, wie mir jetzt auffällt, gar nicht so eindeutig. Den Rio Cuiabá finde ich zB auch als Rio São Lourenço auf Google-Maps und Bing-Maps, und selbst das brasilianische Hydroweb führt den Fluss auf seiner alten Hintergrundkarte als Rio São Lourenço. Auf der Pegelbeschreibung des brasilianischen Hydrowebs für den Pegel POUSADA TAIAMÃ (Ex-Porto Jofre) heißt es aber dagegen Rio Cuiabá, genauso wie auf der OSM und auch auf dieser Karte. Hmmm, so eine einfache Frage muss sich doch klären lassen.

                                                                                                                  Später dann liege ich nachts alleine wieder im Zelt am Flussufer, die Kühe sind unruhig. Nachdem der Generator wieder ausgeschaltet ist, die Kühe im Gatter sich beruhigt haben, höre ich in der Ferne eine Gruppe Brüllaffen und nahe am Steg einen größeren Kaiman brüllen.

                                                                                                                  Ich bekomme kurz einen heftigen Muskelkrampf im linken Oberschenkel, und kurz darauf wieder einen Anflug dieses Schlechtwerdens, welches ich nun schon 2 mal hatte. Diesmal war es viel schwächer ausgeprägt und ging schneller vorbei. Aber was ist das nur? Manchmal denke ich an irgendeinen stummen Herzinfarkt oder so etwas in der Art.

                                                                                                                  ---------------------------------------------------------------------------

                                                                                                                  Noch ein bisschen was zum Sandfloh:
                                                                                                                  Vor der Tour hatte ich mich bereits ein klein wenig informiert, wie man bei einigen der häufigsten Parasiten vorzugehen hat. Da gibt es ein paar schöne Youtube-Filmchen, ua zu Dasselfliegenlarven und Sandflöhen.

                                                                                                                  Nach diesem Erlebnis galt mein Interesse noch einmal dem Sandfloh. Der gerade verlinkte Sandfloh-Film ist noch der harmloseste, den ich finden konnte, und wahrscheinlich ganz nah an meinem Fall. Im Netz findet ihr noch dutzende weitere Filmchen, aber ich rate nur Leuten mit einer gewissen Ekel-Resistenz, hier raufzuklicken: "Jigger Removal" (das ist nur die Google-Suche). Sandflöhe sind besonders in Afrika ein riesiges, offenbar massiv unterschätztes Problem ("Das grosse Leiden an einem Floh").

                                                                                                                  In Südamerika wird seit alters her der Sandfloh einfach rausgepuhlt, bevor er größere Schäden anrichtet. Eine frühzeitige Diagnose und korrekte Behandlung sind wichtig, da das Risiko einer bakteriellen Superinfektion groß ist. Eine Illustration von Édouard Riou, gezeichnet 1880, zeigt, wie es geht (Tour du Monde). Leider finde ich das Original nicht in der angegebenen Quelle. So alt, wie das Bild ist, hätte ich es frei hier zeigen können.

                                                                                                                  Warum man das in Afrika nicht genauso macht, darüber kann ich nur spekulieren. Warum kommt es dort zu den total zerstörten Füssen?
                                                                                                                  Zuletzt geändert von Spartaner; 03.02.2021, 08:52.

                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                    Lebt im Forum
                                                                                                                    • 24.01.2011
                                                                                                                    • 5056
                                                                                                                    • Privat


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                                                                                                                    Nachts im Zelt liegend, 00:30 Uhr, ein zweistöckiger Flussdampfer kommt langsam stromauf geschippert. Laute brasilianische Musik erklingt, ein Disko-Licht flackert, Positionslichter, ansonsten ist das Schiff unbeleuchtet, also wohl ohne Passagiere.

                                                                                                                    Wir sind früh aufgestanden, haben die restliche Erbswurst gefrühstückt und Kaffee getrunken. Der Hausherr melkt die Kühe. Zum Abschied lädt er uns noch auf einen Kaffee mit Milch ein, wir bedanken uns und machen Fotos mit den Jungs:


                                                                                                                    Danke, Edegar, für Zeltplatz, die Sandfloh-Operation und die sehr interessanten Einblicke in den Betrieb eurer Fazenda!

                                                                                                                    Heute starten wir 7:30 Uhr bei km 588 meiner Tour-Kilometrierung. Ich habe vergessen, den Track zu starten. Ich habe ihn dann erstmal linear mit dem Startpunkt verbunden, dadurch fehlen 3.13km Flussschleifen auf 13½km Luftlinie und ein paar Fotos bekommen keine Geokoordinaten in die EXIFs geschrieben.

                                                                                                                    Wieder haben wir den ganzen Tag extrem wenig Tiere gesehen. Unterwegs 2 - 3 Wasserschweine, 1 großen Kaiman an Land, wenige im Wasser. Die Vogelwelt ist in Ordnung, aber vor allem die Reiher und Kormorane haben ab heute extrem hohe Fluchtdistanzen. Die Reiher sind heute viele weiße mit schwarzen Beinen und auffällig gelben Füßen, ähnlich unseren Seidenreihern. Das sind Schmuckreiher (Egretta thula).

                                                                                                                    Rastbaum mit Kormoranen:




                                                                                                                    In der nächsten Flussschleife, Fazenda, Nistbaum des Jabiru:


                                                                                                                    Schmuckreiher (Ausschnittsvergrößerung):


                                                                                                                    Weil Tierbilder jetzt seltener werden, nehme ich auch mal solch ein unscharfes Bild mit rein. Mir gefallen diese Halsband-Wehrvögel:


                                                                                                                    Cooles Wasserschwein, bleibt liegen:


                                                                                                                    Schlangenhalsvögel:




                                                                                                                    Rabengeier auf Kaiman-Kadaver:


                                                                                                                    Großer oder Kleiner Gelbkopfgeier (Cathartes melambrotus oder C. burrovianus):


                                                                                                                    Wahrscheinlich ist es eher der Kleine Gelbkopfgeier, der kleinste Angehörige der Neuweltgeier. Aber immerhin bereits die vierte von insgesamt fünf Neuweltgeier-Arten, die hier leben.

                                                                                                                    Insgesamt also ein ähnlicher Eindruck wie gestern: Großer Strom, kaum Tiere, ungastliche Ufer, so dass man selten mal eine Rast einlegen kann. Ja, diese Details fehlen im Wohlfühl-Bericht der Kanadier.

                                                                                                                    Wieder kommt ein Schiff den Fluss hinaufgefahren, das mit lauter, beschwingter brasilianischer Musik unterwegs ist:


                                                                                                                    "Santa Fe II", ist das der mobile Landhandel, der sich so ankündigt? Jedenfalls sehe ich kleine Boote von Land ablegen und seitlich andocken.

                                                                                                                    Nach 4km finden wir den Eingang eines schmalen, 80km langen Seitenkanals durch Sumpflandschaft, auf dem man theoretisch ganze 99km Hauptstrom Rio Cuiabá und Rio Paraguai vermeiden könnte (Map):


                                                                                                                    Meine Karte sowie die verfügbaren Luftbilder lassen allerdings keine durchgehende Strecke erkennen. Auf langen Strecken sieht dieser Lauf zugewachsen aus, obwohl der Beginn hier ganz verheißungsvoll ausschaut. So würde ich nicht dort reinfahren.

                                                                                                                    Aus diesem Arm kommt ein Touristenboot mit Anglern und hält gleich nebenan. Wir fragen hier nach der Durchgängigkeit der Strecke und bekommen vom Bootsführer eine klare Absage. Ist auch besser so, ich wollte ja auch mal einen Blick auf die Serra do Amolar werfen, die schönen Bergen dort, wo der Rio Cuiabá in den Rio Paraguai mündet.

                                                                                                                    Indianersiedlung?:






                                                                                                                    Die handgeschnitzten Paddelblätter sehen schon sehr traditionell aus.

                                                                                                                    Die hier lebenden Indianer unterscheiden sich wohl von denen in anderen Gegenden Südamerikas, so dass es Captain Augusto Leverger 1846 wert war, sie in "Travels on the Rio Paraguay" ausführlicher zu beschreiben.

                                                                                                                    Der Schulbus ist hier als Boot unterwegs, gelb, Hinfahrt leer:


                                                                                                                    Später am Vormittag kommt er mit ein paar Kindern zurück, alle mit roten Schwimmwesten gesichert.

                                                                                                                    Nach 23km gelangen wir an eine erst kürzlich abgeschnittene Flussschleife (Map). Der Hauptstrom wurde hier um 2½km verkürzt. Und weitere 7km stromab, am km 627, kommt eine zweite, ganz ähnliche Stelle (Map). Hier wurde der Hauptstrom um 3½km verkürzt, der alte Lauf liegt weitgehend trocken:


                                                                                                                    Engstelle des Durchbruchs:


                                                                                                                    Das geschah erst in allerletzter Zeit, und so überraschen uns in der Durchbruchsstelle eine hohe Fließgeschwindigkeit, heftige Wirbel, Rückströmungen und harte Verschneidungslinien. Wir müssen tatsächlich aufpassen, nicht zu kentern:




                                                                                                                    Rückblick zum Durchbruch, dort auch mal wieder eine seltene große Sandbank:


                                                                                                                    Im Durchbruch bzw. kurz dahinter liegen 3 Angel-Touristenboote im Wasser und hoffen auf prächtige Fänge.
                                                                                                                    Beide Hauptstrom-Kürzungen zusammen ließen auch eine schöne Nebenstrecke trockenfallen, die einmal einen 15km schmalen Seitenkanal geboten hatte (Map Eingang des ehemaligen Seitenkanals).

                                                                                                                    An beiden Durchbrüchen gibt es große Sandbänke. Ansonsten gibt es kaum noch Sandbänke, die Ufer sind durchweg steil und/oder dicht bewachsen:


                                                                                                                    Darum hoffen wir auch heute wieder, auf einer Fazenda unterzukommen.

                                                                                                                    Die Angel-Touristenboote gehören zu zwei Hotelschiffen, die ein paar Kilometer weiter am Ufer festgemacht haben:








                                                                                                                    Sie führen jeweils bis zu einem Dutzend Angelboote mit.

                                                                                                                    Am km 638 machen wir einen kurzen Abstecher in die Wasserwelt des Pantanal-Nationalparks, die riesige Wasserfläche der Baía do Burro (Map):


                                                                                                                    Bis zum Horizont sind es 8 bis 12km:


                                                                                                                    Schmuckreiher:




                                                                                                                    Rio Cuiabá und Rio Paraguai haben mit ihren wachsenden Uferbänken als Dämme nördlich der Flussläufe eine mehr als ~4500km² große Seenlandschaft entstehen lassen, die heute teilweise im 1356km² großen Pantanal-Nationalpark geschützt wird (Parque Nacional do Pantanal Matogrossense). Der Eintritt ist kostenlos, für den Besuch ist jedoch eine vorherige Genehmigung erforderlich.
                                                                                                                    Mit einem Kajak unter Segeln könnte man die großen Seen gut erkunden. Nur Plätze zum Übernachten dürften rar sein. Für Angler wäre das sicherlich ein Paradies, aber hier ist Angeln verboten.

                                                                                                                    Über Wasser sehen wir ein paar Reiher, Kormorane und Greifvögel. Dazu wenige Kaimane, die bei Annäherung schnell verschwinden.

                                                                                                                    Junger Nachtreiher (Nycticorax nycticorax)?:


                                                                                                                    Wir kehren wieder um und fahren noch 1km weiter bis zum Nationalpark-Zentrum. Auf dem Weg dahin erblicken wir in der dunstigen Ferne die Serra do Amolar, einen fast 1000m hohen Gebirgszug:


                                                                                                                    Der Hügel im Vordergrund ist der Morro do Caracará, eine 288m hohe Erhebung, die 188m aus der umgebenden Sumpffläche emporragt:


                                                                                                                    Mir ist dieser Hügel bereits während der Vorbereitung aufgefallen und ich habe mir vorgenommen, da mal hinaufzusteigen. Der Vorteil dieses Hügels ist, dass er direkt bis an den Rio Cuiabá heranreicht, und dass man von oben einen guten Blick auf die Serra do Amolar haben wird. Aber so weit kommen wir heute noch nicht.

                                                                                                                    Nach 49km Tagespaddelstrecke erreichen wir um 3 Uhr die Nationalpark-Basis:










                                                                                                                    Die Gästehäuser im Hintergrund sind zZ unbelegt.



                                                                                                                    Betrieben wird die Station vom halbstaatlichen ICMBio, dem Chico Mendes Institut für den Erhalt der biologischen Vielfalt (Instituto Chico Mendes de Conservação da Biodiversidade).


                                                                                                                    Das Gelände hat seine besten Zeiten wohl auch schon hinter sich. Vor Jahren war es mal top ausgestattet und modern. Wenn ich das richtig verstanden habe, dann ist das hier nicht die Nationalparkverwaltung, sondern eher ein Stützpunkt, von der aus Forscher ins Pantanal aufbrechen, und Anlaufpunkt für Nationalpark-Touristen. Von hier aus operieren die Nationalpark-Ranger.

                                                                                                                    Im Moment sind 6 einfache Angestellte dabei, das fast 2ha große Gelände in Schuss zu halten. Wir machen uns bekannt und fragen, ob wir hier am Ufer zelten können. Sie verweisen auf den Jaguar, der hier täglich vorbei käme, und bieten uns stattdessen Platz im Haus an. Das Haus ist gut durchlüftet, und heute ist es sowieso nicht so heiß, da willigen wir gerne ein:


                                                                                                                    Vor allen Fenstern Mückengaze.

                                                                                                                    Für den Transport des Gepäcks vom Boot hierher ins Haus fragen wir nach einer Transportkarre und bekommen ein vierrädrigen Wagen aus einem Schuppen nebenan. Dann helfen sie uns noch beim Beladen und Schieben. So können wir mit einer Fuhre alles ins Haus holen.

                                                                                                                    Die Küche, in der die Angestellten ihre Mahlzeiten bereiten, können wir mitnutzen und kochen zum Abendbrot unsere Spaghetti auf dem (gewöhnungsbedürftigen) Gasherd:




                                                                                                                    Unser Tomatenmark, Sojaöl und Milchpulver:


                                                                                                                    Das Tomatenmark war nun nicht gerade in einer Reise-freundlichen Packung, abgesehen vom geringen Verpackungsgewicht. Es ließ sich vor allem nicht ordentlich wiederverschließen. Wir haben dann nur eine kleine Ecke der Großpackung abgeschnitten, gerade so, dass man genügend Tomatenmark herauspressen kann. Nach dem Herauspressen haben wir keinerlei Luft in die Packung gelassen, sondern nur die Ecke mehrfach umgeschlagen und mit großen Büroklammern gesichert. Das hat tatsächlich sehr gut funktioniert. Auch nach 6 Wochen in der tropischen Wärme=Brutschrankbedingungen ist das Tomatenmark nicht schlecht geworden, einfach weil kein Keim hineingelangt ist.

                                                                                                                    Sehr schade finde ich, dass keiner der Chefs anwesend ist. Ich hatte mir hier mehr Informationen zur Umgebung erhofft.

                                                                                                                    Auf dem Gelände fühlt sich nicht nur der Jaguar wohl, sondern auch Wasserschweine, Rabengeier und Weißhalsibis. Sie haben hier deutlich geringere Fluchtdistanzen als draußen:






                                                                                                                    Verschiedene Papageienarten bevölkern die Bäume auf dem Grundstück und lärmen. Hier zB eine Blaustirnamazone (Amazona aestiva):


                                                                                                                    Die Blaustirnamazone gehört neben dem Graupapagei zu den am häufigsten in Gefangenschaft gehaltenen Papageienarten. Ähnlich wie der Graupapagei ist sie in der Lage, die menschliche Sprache nachzuahmen, was zu ihrer Beliebtheit als Ziervogel wesentlich beigetragen hat.

                                                                                                                    Abenddämmerung:


                                                                                                                    Die Sonne steht zwar noch relativ hoch, aber leuchtet schon rötlich:


                                                                                                                    Es ist offenbar wieder viel Rauch in der Luft, fein verteilt und auch in großer Höhe. Wenige Minuten später war die Sonne nicht mehr zu sehen.

                                                                                                                    Das WLAN funktioniert heute leider nicht. Ich rege an, den Router neu zu starten, aber keiner der Anwesenden kennt sich aus und weiß, wo das Ding zu finden ist. Da müsse man auf den Chef warten, und der käme frühestens morgen.
                                                                                                                    Nach Einbruch der Dunkelheit, nachdem der Generator angeworfen wurde, bekommen wir noch eine Birne in die Lichtfassung an der Decke gedreht. Wir sind aber rechtschaffen müde, und so fallen wir schnell in tiefen Schlaf.
                                                                                                                    Zuletzt geändert von Spartaner; 03.02.2021, 08:53.

                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                      Lebt im Forum
                                                                                                                      • 24.01.2011
                                                                                                                      • 5056
                                                                                                                      • Privat


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                                                                                                                      Erst 6:20 Uhr wache ich auf nach 12 Stunden Tiefschlaf. Wir essen wie gewohnt unser am Vorabend angesetztes Müsli, und ich trinke meinen ¾L kalt angerührten Kaffee. Zusätzlich wollen uns die Angestellten zu Toastbrot mit Margarine und ihrem starkem brasilianischen Kaffee einladen und kosten auch mal von unserem Müsli. Eine richtige Unterhaltung kommt leider nicht in Gang. Schade, ich hätte gern mehr über diese Einrichtung erfahren, Zahlen, Karten etc. Die Chefs, mit denen man diese Unterhaltung führen könnte, sind leider nicht da.

                                                                                                                      Das Gepäck können wir wieder mit dem großen Handkarren zum Wasser fahren. Es ist mit tätiger Mithilfe von 3 Angestellten schnell verladen, sie verabschieden uns am Ufer und so sind wir bereits um 8 Uhr auf dem Wasser. Auch hier auf der Nationalpark-Station war es sehr freundlich.

                                                                                                                      Wieder treiben wir den breiten Strom hinunter:


                                                                                                                      Wir sehen vereinzelt ein paar Tiere. Vögel, ein einziges Wasserschwein, ein einzelner Kaiman.

                                                                                                                      Herbstpfeifgänse (Dendrocygna autumnalis):


                                                                                                                      Einige Großschnabel-Seeschwalben (Phaetusa simplex), die vielen kleinen Seeschwalben sind Amazonasseeschwalben (Sternula superciliaris):


                                                                                                                      In der Ferne ist die Bergkette Serra do Amolar in der dunstigen Luft noch gerade so zu erkennen. Wir wollen aber erst mal nur 5km bis zum Morro do Caracará paddeln, dem ersten Hügel, der mit steilen Flanken aus der riesigen flachen Schwemmebene herausragt:


                                                                                                                      Abzweig eines Teilarmes, der Wasser des Rio Cuiabá nach NW in die Wasserlandschaft der Baía Três Bocas e da Barra führt (Map):


                                                                                                                      Wir fahren ein paar Meter in den Nebenarm hinein, stellen aber schnell fest, dass hier auch nicht mehr Tiere zu finden sind und kehren wieder um. Da will ich doch lieber auf den Morro do Caracará steigen, und der Zugang liegt am Fuße des Hügels direkt am Ufer des Rio Cuiabá-Hauptstromes.

                                                                                                                      Am Fuße des Hügels liegt die Fazenda Boa Esperança:




                                                                                                                      Das ist eigentlich ein sehr hübsch gelegenes Haus, scheint aber vom Erbauer und früheren Eigentümer wieder mal lange verlassen zu sein. Vom Haupthaus hat man einen großartigen Blick in Richtung Osten aufs Wasser und die Sumpfebene.
                                                                                                                      Heute wohnen hier ein paar einfache Männer, wohl Fischer, ob auch im Haupthaus oder nur in der kleinen Hütte weiter hinten, habe ich nicht ausgeforscht. Zur Zeit ist niemand zu Hause.





                                                                                                                      Ich bewaffne mich mit Kamera, Wasser und Machete und suche einen Weg nach oben. Thomas wartet hier am Fluss im Schatten der großen Uferbäume:


                                                                                                                      Ganz unten, rund um die zwei Häuser der Fazenda, und ein kleines Stück den Berg hoch ist das Gelände vom Unterwuchs freigeschlagen. Das kleine Haus, das ehemals die Wohnung der Bediensteten war, liegt etwas abseits vom Haupthaus, und ist auf jeden Fall bewohnt. Der Minigarten ist frisch bewässert:




                                                                                                                      Nach kurzer Zeit finde ich direkt auf dem Kamm des Hügels die Andeutung eines Weges, der aber schon vielfach wieder ein bisschen zugewachsen ist:


                                                                                                                      Auf dem arbeite ich mich unter Einsatz der Machete voran. Das geht eigentlich ganz flott, ich muss ja nicht viel freihacken. Viele Schlingpflanzen.



                                                                                                                      Vereinzelt stehen blühende und bereits verblühte Rittersterne (Hippeastrum sp.) auf dem Weg:






                                                                                                                      Alle Pflanzenteile sind giftig, aber die Zwiebel enthält am meisten, so dass bereits 2 - 3g Zwiebel tödlich sein können. Früher wurden Extrakte der Pflanze als Pfeilgift verwendet.

                                                                                                                      Häufiger sind kleine blühende Kakteen:






                                                                                                                      Ab und zu stehen große Kakteen im Wald, Mandacaru (Cereus peruvianus oder vielleicht Cereus jamacaru?):










                                                                                                                      Im Gebiet gibt es wohl Cereus bicolor, Cereus hildmannianus, Cereus lanosus, Cereus stenogonus, evtl. Cereus lamprospermus.

                                                                                                                      Epiphyt (Tillandsia sp.?):


                                                                                                                      Termitenbau:


                                                                                                                      Der Weg ist steil und damit ziemlich anstrengend. Windstille, ich schwitze wie Sau. Vor einem Jahr war es übrigens ganz ähnlich. Zwar war die Lufttemperatur bei der Wanderung in der sibirischen Bergwildnis 2, 3 Grad geringer, aber dafür war ich im Mückenvollschutz unterwegs, also Moskitonetz übers Gesicht und die lange Regenjacke an. Heute trage ich dagegen nur die lange Hose und ein langärmliges Merino-Shirt. Insekten bedrängen mich hier nicht. Selbst Spinnennetze sind rar. Weghauen muss ich meist nur die Büsche und Schlingpflanzen der letzten Regenzeit, und die Umwege um frisch gefallene Bäume.

                                                                                                                      Kurz vor dem Gipfel ist rechts eine Freifläche, ein Stück felsiger Hang ohne viele Bäume, von der aus man prima nach Norden, Osten und Süden in die Wasserwelt des Pantanals schauen kann. 12 Rabengeier kreisen auf meiner Höhe, 180 Höhenmeter über der Sumpfebene:












                                                                                                                      Leider ist die Sichtweite wegen der trüben Luft doch ziemlich begrenzt.

                                                                                                                      Oben auf dem Gipfel steht eine Funkantenne:


                                                                                                                      Dann gehe ich noch die paar Meter rüber zur Antenne:


                                                                                                                      Sie ist genauso eine aus dünnem Baustahl zusammengeschweißte Konstruktion, wie sie uns schon auf allen anderen Fazendas begegnet ist. Erst dachte ich ja noch, dass das hier auf diesem Hügel ein richtiges Telekommunikationsunternehmen errichtet hat.
                                                                                                                      Die Ständer für die Solarpanel sind verwaist, die Panel fehlen. Also wird auch dieser Mast zur verfallenden Fazenda Boa Esperança gehören.




                                                                                                                      Durch eine Baumlücke hindurch kann ich auch mal nach Westen schauen, auf die Seenlandschaft und die Serra do Amolar:


                                                                                                                      Eine schöne Aussicht, bei klarer Luft sicher noch eindrucksvoller (Aerial of Amolar Range).

                                                                                                                      Rückweg, ich nähere mich wieder dem Rio Cuiabá. Auf dem Fluss treiben Wasserhyazinthen:


                                                                                                                      Gegenüber unserer Fazenda Boa Esperança wohnen ebenfalls Leute:


                                                                                                                      Wieder in der Nähe der Fazenda begegne ich diesem hübschen Nacktgesichthokko ♂, Bare-faced curassow, Mutum-de-penacho (Crax fasciolata):






                                                                                                                      Er ist gar nicht mal besonders scheu.

                                                                                                                      Leider habe ich erst nach der Tour erfahren, dass es irgendwo hier am Morro do Caracará uralte Felsritzzeichnungen gibt: Jahrtausende alte Felszeichnungen im Pantanal als neue Touristenattraktion, Fernsehdokumentation.

                                                                                                                      Der Rückweg geht fix. Nach insgesamt 2h und 4km Wanderung bin ich wieder am Ufer:


                                                                                                                      Thomas hat es sich gemütlich gemacht und schnarcht:




                                                                                                                      Blühender Uferbaum:


                                                                                                                      Ich dagegen bin vollkommen verschwitzt und muss erst mal duschen. Außerdem nutze ich die Gelegenheit und spüle das schweißnasse Merinoshirt und die Unterhose durch.

                                                                                                                      So erfrischt geht's um ½12 Uhr weiter. Die Bewohner der Fazenda Boa Esperança kommen uns kurz darauf entgegen und sind auf dem Weg nach Hause. Wir erkennen sie an der Bootsbeschriftung.

                                                                                                                      Ufer des Rio Cuiabá:




                                                                                                                      Rio Cuiabá, Blick auf die Serra do Amolar in 7km Entfernung:


                                                                                                                      1km trennt uns noch von der Mündung des Rio Cuiabá in den Rio Paraguai. Aber wir wollen noch nicht so schnell auf den größten der von uns befahrenen Ströme.

                                                                                                                      Nach 5½km Fahrt auf dem Rio Cuiabá biegen wir links in einen schmalen Kanal ein, der im Satellitenbild gut befahrbar aussieht (Map):








                                                                                                                      Schöne Landschaft, schönes Uferbild, aber wieder kaum Tiere. 2 Wasserschweine, vielleicht 2 wegtauchende Kaimane, ein paar Vögel, das ist alles.









                                                                                                                      Chaco-Tschatschalaka (Ortalis canicollis):


                                                                                                                      Wieso hat meiner hier einen schwarzen Schnabel? Alle Bilder, die ich finde, zeigen ihn mit hellem Schnabel.

                                                                                                                      Eine schöne neue Art, der Schneckenweih ♂, Snail kite, Gaviimageo-caramujeiro oder Gavião-de-aruá (Rostrhamus sociabilis):


                                                                                                                      Der dünne Hakenschnabel ist unverwechselbar und ein perfekt angepasstes Werkzeug zum Öffnen von Schneckenhäusern. Der spitz zulaufende, schmale Oberschnabel krümmt sich sichelförmig über den Unterschnabel. Mit diesem Instrument zieht er die Schnecke aus ihrem Gehäuse. Er ernährt sich aber auch gelegentlich von anderer Beute, wie zum Beispiel von Krebsen, Schildkröten und kleine Nagern. Er fliegt langsam mit dem Kopf nach unten auf der Suche nach seinem Hauptfutter, den großen Apfelschnecken, den Aruás (Pomacea lineata), die man in den Sümpfen des Pantanal häufig findet. Im Süd-Pantanal existieren Gruppen von über 30.000 dieser Vögel. An den Plätzen, wo diese Vögel ihre Beute zu machen pflegen, findet man Hunderte von Schneckenhäusern, deren Bewohner in der letzten Trockenperiode von den Greifvögeln erbeutet wurden (pantanalportal).

                                                                                                                      Nach 5km auf diesem Seitenarm liegt linkerhand eine Fazenda mit Flugstreifen. Sie ist ebenfalls bereits aufgegeben und wird heute von einfachen Leuten nachgenutzt.

                                                                                                                      Nach 6½km mündet dieser Kanal in den Rio Paraguai, der hier bereits die Wasser des Rio Cuiabá aufgenommen hat.

                                                                                                                      Der Rio Paraguai ist mit fast 400m hier noch mal mehr als doppelt so breit wie der Rio Cuiabá. Das Wasser des Rio Paraguai ist endlich etwas klarer als das ganz stark vom trüben Rio Vermelho, dann Rio São Lourenço beeinflussten Wassers des Rio Cuiabá.

                                                                                                                      Genau gegenüber zeigt mir das Satellitenbild einen weiteren kleinen Seitenkanal, diesmal rechts vom Rio Paraguai, der eventuell wieder befahrbar ist. Mein Satellitenbild zeigt ihn zwar zugewachsen, aber wir wollen mal nachschauen (Google-Map, Bing-Map).

                                                                                                                      Ich bin noch nicht mal sicher, ob wir überhaupt quer den ½km über den Strom kommen. Beträgt die Strömungsgeschwindigkeit 8 oder mehr km/h, würden wir es nicht schaffen (Beispiel Yukon). Aber der Rio Paraguai fließt hier langsamer und wir kommen gut rüber.
                                                                                                                      Der Kanal sieht verheißungsvoll aus, es strömt gut hinein und er ist hier zu Beginn noch nicht zugewachsen. Also wagen wir es.

                                                                                                                      Der Kanal verlässt den Rio Paraguai bei meinem Tour-Kilometer 657 und fließt in ihn zurück bei km 671, kurz oberhalb der Fazenda do Amolar. Wir sparen 14km Hauptstrom, paddeln hier aber wohl ein paar Kilometer mehr (nachgemessen 21.7km). Wenn's denn überhaupt durchgängig befahrbar ist.

                                                                                                                      Der Kanal paddelt sich gut. Gute Strömung, schmaler Kanal, schöne Aussichten auf die Serra do Amolar, keine Motorboote:




                                                                                                                      Weg vom Hauptstrom geht es immer tiefer in die einsame Sumpfwildnis des Pantanal.

                                                                                                                      Nach ~4km ohne jegliche Anlandemöglichkeit finden wir einen halbwegs offenen Platz. Obwohl es erst 14:30 Uhr ist, bleiben wir hier. Einen besseren Platz werden wir die nächsten Stunden wohl nicht finden (das bestätigt sich auch am folgenden Tag):




                                                                                                                      Das Ufer ist steil und lehmig:


                                                                                                                      Oben findet sich eine halbwegs vegetationsfreie, ebene Stelle. Ich bin erst nicht ganz sicher, ob der Platz nun von Tieren oder auch von Menschen freigemacht wurde. Für die Tiere spricht, dass es keinerlei Hack- oder Sägespuren sowie keinen Müll gibt. Die Fläche ist voll von Wasserschwein-Kötteln.

                                                                                                                      Am Rand ist eine Höhle in einen Busch eingeformt, die auch einem Jaguar Platz bieten würde:


                                                                                                                      Jaguar-Spuren finde ich aber nicht, es riecht auch nicht nach Raubtier.

                                                                                                                      Hier bietet es sich an, die Hängematte einzusetzen. Es wäre zwar auch gerade so Platz für die zwei Zelte, aber mit Hängematte bleibt mehr Raum für Bewegung.

                                                                                                                      Mit Sägen und Machete wird der Platz nun "zivilisiert". Den Lehmboden kehren wir mit einem überdimensionierten Reisigbesen aus abgeschlagenen Ästen frei von Laub, Kötteln und allerlei Tierchen.

                                                                                                                      Unser Lager:




                                                                                                                      Duschen ist hier ein echtes Problem. Zwar finde ich noch einen stabilen Stand am Lehm-Ufer, der weicht aber während des Duschens schnell durch und wird glitschig. Ich bin gerade so noch wieder die Böschung hoch gekommen.

                                                                                                                      Jeden Abend (und jeden Morgen) Wasser filtern:


                                                                                                                      Der MSR Guardian ist eine meiner besten Neuanschaffungen für diese Tour. Mit ihm pumpen wir rasch unsere 3 - 4 Liter Trinkwasser am Tag in die Kunsstoffflaschen. Nur das Wasser, dass wir für Erbswurst- und Nudelkochen verwenden, wird nicht gefiltert. Alles andere ist gefiltertes Trinkwasser und kann sofort (ohne Abkühlen lassen) in großen Mengen getrunken werden. Das auch das Filtrat auf dem Bild oben so trübe aussieht, liegt nur an der Multivitamin- und Mineralientablette, die ich in eine von 3 Flaschen dazugebe. Ansonsten kommt das Wasser kristallklar aus dem Filter. Einzeller aller Art, Wurmeier, Bakterien etc, sogar die freisuspendierten Viren, werden laut Beschreibung des Herstellers von dem Filter zuverlässig zurückgehalten.

                                                                                                                      Kurze Aufregung, während die Nudeln kochen. Ich kann das Inreach Mini nicht finden. Eigentlich wollte ich die tägliche Positionsmeldung nach Hause schicken. Alles durchgesucht, nichts. :-(
                                                                                                                      Oh je, was wird das für eine Aufregung zu Hause geben. Ich kann nur hoffen, dass sie nicht gleich panisch werden und eine Rettung auslösen. Natürlich sind sie so instruiert, nicht gleich tätig zu werden, aber man weiß ja nie.

                                                                                                                      Erst später kommt mir der Gedanke, mal in der Kameratasche nachzusehen. Ok, alles gut, da steckt es. Tatsächlich hatte ich das InReach Mini gestern während eines Fotospaziergangs auf dem Gelände der Nationalpark-Station dort weggesteckt. Hier 16:49 Uhr Ortszeit abgeschickt kommt die tägliche "Alles OK, uns geht's gut"-Meldung sofort aber 6 Zeitzonen versetzt um 22:49 MESZ zu Hause an:


                                                                                                                      Heute kochen wir wieder Nudeln:


                                                                                                                      Die Hölzchen sind die hohlen Zweige des Novateiro, des Ameisenbaums. Wir haben Glück, wir werden nicht von den bissigen Ameisen überfallen, weil unsere Künzi-Äste bereits tot sind.

                                                                                                                      Abendbrot:


                                                                                                                      Schöne Aussicht in Richtung Serra do Amolar:




                                                                                                                      Pünktlich zum Sonnenuntergang erscheinen die Mücken in großer Zahl. Ein paar von denen schleppe ich mit unters Moskitonetz der Hängematte. Hier ist es deutlich schwieriger, die eingedrungenen Mücken zu erschlagen als im Zelt.

                                                                                                                      Es soll meine erste Nacht in der Hängematte werden:


                                                                                                                      Ich merke schnell, dass die Hängematte nicht optimal hängt. Die Beine hängen zu tief. Kann mich aber erst ein paar Stunden später, als mich wieder so ein oller Hitzekoller befällt, dazu durchringen, sie besser zu hängen.

                                                                                                                      Insgesamt ist es in der Hängematte viel enger als im Zelt. Man hat viel weniger Bewegungsfreiheit. Und man muss zum Pullern raus zu den Mücken. Insgesamt ein deutliches Plus für das Zelt. Im Nachhinein hätte ich im Pantanal gut und gerne auf die teure Hängematte ganz verzichten können. Verkaufen werde ich sie aber nicht, denn wer weiß, in welchen ausgedehnten Wasserlandschaften ich noch mal unterwegs sein werde, wo man vielleicht nur mit dem Boot hinkommt, und nur Bäume über die Wasseroberfläche ragen.

                                                                                                                      Nachts höre ich wenige Meter hinter dem Lagerplatz ein größeres Tier durch den Dschungel streifen. Und anschließend höre ich viele Stunden lang ganz nah das Brüllen eines großen Säugetiers in der Nähe. Richtig laut, wild und mit tiefer Stimme, am Ende mit einem tiefen sonoren Kollern ausklingend. Etwa jede Viertel- bis Halbestunde kommt solch ein Brüller, zu selten, als dass es mir gelingt, die Töne mit dem Diktiergerät festzuhalten (im Nachhinein ärgere ich mich, dass ich da nicht ausdauernder war).
                                                                                                                      In Frage kommt nur der Jaguar. Oder ist es ein einsamer, verirrter Stier, der in einem Wasserloch festhängt? Ich bin mir nicht sicher. Mehrfach leuchte ich mit der Kopflampe in den Dschungel, ob vielleicht irgendwelche Augen sichtbar werden.

                                                                                                                      2 Tage später erzählt mir der fähige Führer Carlos Adriano auf der Fazenda Dourados, dass das ganz sicher ein Jaguar war. Er hat mir das Brüllen vorgemacht und ich habe es sofort wiedererkannt. Es bedeutet, bitte verlasse mein Territorium.
                                                                                                                      Ich hatte mir schon irgendwie gedacht, dass der Platz, auf dem wir hier nächtigen, ein perfekter Ansitz für den Jaguar wäre.

                                                                                                                      Netzfunde Brüllen des Jaguars:
                                                                                                                      The roar of the jaguar leider brüllt er nicht nach dem klaren, oft wiederholten Schema, wie ich es gehört habe. Aber die gewaltige tiefe Stimme ist schön zu hören.

                                                                                                                      Beautiful Jaguar Roar brüllt fast nach meinem gehörten Schema, vom Beginn bis zur Sekunde 10. Nur klang meiner tiefer, gewaltiger.

                                                                                                                      A jaguar's roar sounds like a deep, chesty cough. Ähnlich wie von mir gehört, aber nicht ganz so gewaltige Stimme und nicht so schön tief auslaufend.

                                                                                                                      Sound of a Jaguar - Call of the Wild schwacher Abglanz des Sounds in der Wildnis



                                                                                                                      Beim Versuch, das nächtliche Brüllen des Jaguars aufzunehmen, gelang mir diese schöne Tonaufnahme der Rufe einer in der Nähe sitzenden Nachtschwalbe, einer Pauraque (Nyctidromus albicollis):
                                                                                                                      Zuletzt geändert von Spartaner; 03.02.2021, 08:54.

                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                        Lebt im Forum
                                                                                                                        • 24.01.2011
                                                                                                                        • 5056
                                                                                                                        • Privat


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                                                                                                                        Der Jaguar hier im Sumpf hat sich im Laufe der Nacht ein wenig von uns entfernt. Die Brüller wurden leiser und seltener, aber dauerten doch die ganze Nacht an. Im Morgengrauen verstummt er.

                                                                                                                        Ansonsten war die Nacht in der tiefsten Wildnis des Pantanals recht ruhig. Selten lässt sich ein Vogel hier in der Nähe hören. Dafür sehe ich Unmengen dieser hell blinkenden Glühwürmchen hier im Wald und über den Sumpfflächen rumfliegen.
                                                                                                                        Mir gefällt das hier, das ist wieder die einsame Wildnis, die ich mir gewünscht habe.

                                                                                                                        Kurz nach 6 Uhr Aufstehen. Keine Mücken!

                                                                                                                        Beim Frühstück haben wir einen tollen Blick auf die Berge der Serra do Amolar. Heute ist es ein wenig klarer als gestern:


                                                                                                                        Und heute wird sich zeigen, ob unser Lauf tatsächlich durchgängig befahrbar ist. Um ¼9 paddeln wir los:




                                                                                                                        Auffällig ist schon, dass die ganze Zeit kein anderes Boot an unserem Lager vorbeigekommen ist und auch sonst keine menschlichen Spuren entlang dieses gesamten Nebenlaufs zu finden sind.

                                                                                                                        Tiere am Wegesrand bzw. im Boot:
                                                                                                                        Laubfrosch:


                                                                                                                        Ich glaube diese Art ist sehr häufig, wir haben sie wohl mehrfach auf dieser Tour gesehen. Oder gibt es mehrere sehr ähnliche Arten?

                                                                                                                        Rotachseltaube (Leptotila rufaxilla) oder Weißstirntaube (Leptotila verreauxi)?:


                                                                                                                        Ich tippe eher auf die Weißstirntaube (im Vergleichsfoto links), obwohl der Lebensraum eher für die Rotachseltaube sprechen würde. Am 24.9. werde ich noch ein viel besseres Bild solch einer Taube zeigen. Beides sind in Südamerika weitverbreitete Arten.

                                                                                                                        Der große Rotbrustfischer (Megaceryle torquata), heute mal ein Männchen:


                                                                                                                        Welcher Bussard?


                                                                                                                        Im Originalbild war er nur als schwarze Silhouette erkennbar. Dann habe ich die Tiefen hochgezogen, vielleicht zu hoch?

                                                                                                                        Um ¾9 sind wir am Zusammenfluss mit einem größeren Teilarm von rechts (Map). Eigenartigerweise bringt der kein zusätzliches Wasser mit. Während der bisher befahrene schmale Kanal eine Breite von 4 - 12m hatte, beträgt die Breite nach dem Zusammenfluss 10 - 50m:


                                                                                                                        Ab jetzt fühlen wir uns sicher, von hier an und weiter stromab kann es eigentlich nicht mehr zugewachsen sein.

                                                                                                                        Wir nähern uns der Serra do Amolar:




                                                                                                                        An einer Stelle blicken wir nach Westen in den Mündungsbereich eines Baches (Map), der aus dem Herzen der Serra do Amolar kommt und dort hinten am Rande des Sumpfes mit einem relativ großen Delta mündet:


                                                                                                                        Das interessiert mich. Ich habe noch so wage im Hinterkopf, dass es am Rande der Serra do Amolar kristallklare Gewässer geben soll, die aus Quellen aus den Bergen gespeist werden und ähnlich schön sind wie die Gewässer um Bonito. Ich weiß allerdings nichts genaues, und so kann ich nur Vermutungen anstellen, wo es solche Gewässer geben könnte.

                                                                                                                        Eine dieser Stellen könnte das Mündungsgebiet dieses Baches sein. Das würde ich mir gerne genauer ansehen.

                                                                                                                        7km nach dem heutigen Start kommen wir um ½10 an eine Stelle, wo die Serra do Amolar direkt ans Wasser stößt:


                                                                                                                        Blick nach Norden:


                                                                                                                        Von hier aus möchte ich den Bach erkunden, der die Serra nordwestlich von hier entwässert.
                                                                                                                        Ich bewaffne mich wie am Vortag zum Morro do Caracará mit 1½L Trinkwasser, Kamera und Machete, und mache mich auf den Weg.

                                                                                                                        Thomas bleibt hier beim Boot:


                                                                                                                        Eigentlich möchte ich am Rand der Aue unten bleibend die 2½ km zurücklegen. Ganz unten geht das aber nicht. Der Busch ist hier in Ufernähe viel zu dicht, man müsste sich den ganzen Weg freihauen. Darum möchte ich jetzt etwas höher am Hang entlang laufen, der hier recht locker mit schütterer Trockensavanne, Cerrado, bewachsen ist.

                                                                                                                        Schon auf den ersten Metern, noch beim Durchhacken durch die dichte Ufervegetation, werde ich von irgendwelchen Stechviechern am Kopf und Hals angegriffen. Ich tippe auf wilde Bienen. Tut tierisch weh, fast schon panischer Teilrückzug:


                                                                                                                        Ich blute auch an Kopf und Hals, und schwitze bereits wie ein Schwein. Das war ja ein schöner Einstand.
                                                                                                                        Beim nächsten Versuch verzichte ich auf die hektischen Hackbewegungen und komme diesmal ungeschoren davon.

                                                                                                                        Cerrado, Termitenbau:


                                                                                                                        Einfach so am steilen Hang entlangmarschieren erweist sich ebenfalls als schwieriger als gedacht. Immer wieder unterbrechen kleine aber doch recht tiefe und steilhangige Erosionsrinnen meinen Weg. Darum bekommt meine Marschrichtung immer mehr Drall in die Höhe:




                                                                                                                        Anfangs achte ich noch sehr darauf, wo ich hintrete. Ich möchte auf jeden Fall vermeiden, von einer Giftschlange gebissen zu werden. Unter jeder kleinen Wurzelhöhle könnte eine stecken. Aber mit der Zeit gewöhne ich mich an die “allgegenwärtige Gefahr” und werde nachlässiger. Ich bekomme das Gefühl, dass an diesem trockenen heißen Hang außer ein paar Vögeln kein tierisches Leben existiert.

                                                                                                                        Blick zurück zum 400m entfernten Startpunkt der Wanderung:


                                                                                                                        Und Blick voraus ins Zielgebiet meiner Tour, dem Bachdelta am Fuße der Berge:


                                                                                                                        Das Bachdelta erkennt man an dem grünen Dschungel, der auf der Deltafläche wächst.

                                                                                                                        Am Hang kreist ein hübscher Greif über mir:


                                                                                                                        Ist das ein Rotrückenbussard (Geranoaetus polyosoma, Syn.: Buteo polyosoma)? In englisch ist es ein “Variable hawk”, sehr treffend. Oder ein Weißschwanzbussard (Geranoaetus albicaudatus, Syn.: Buteo albicaudatus)? Ich tippe eher auf den “Variable hawk”. Der Bussard ist übrigens gleich ein Hinweis darauf, dass hier am Hang doch irgendwelche jagdbaren Kleintiere existieren müssen.

                                                                                                                        Ein paar hundert Meter höher ertönen laute Rufe etwas oberhalb von mir, typisch für Papageien. Kurz darauf fliegen 2 Aras etwa auf meine Höhe ab und gleiten tiefer ins Tal. Ein phantastischer Anblick, die von der Sonne direkt angestrahlte saftig rot, grün und blau gezeichnete Oberseite der großen Vögel im Kontrast zu der ausgedörrten, beige-grauen Umgebung zu sehen.
                                                                                                                        Wahrscheinlich handelt es sich um Grünflügelaras (Ara chloroptera). Zu einem Foto komme ich diesmal nicht, und meine Erinnerung ist nicht scharf genug, als dass ich die Art im Nachhinein noch sicher bestimmen könnte. Aber so etwa sah das aus: Video 18sec, die lauten Rufe sind hier gut zu hören.

                                                                                                                        Auf halbem Weg entschließe ich mich, direkt auf dem Grat des Hügels entlangzulaufen. Das ist an sich der beste Weg, wenn da nur die Höhenmeter nicht wären. Die Sumpfebene des Pantanal liegt hier etwas unter 100müNN und bis auf 412m muss ich mich in der Hitze den direkt von der Sonne beschienenen Hang hocharbeiten.

                                                                                                                        Auf dem Grat ist es nicht mehr so steil und die Vegetation ist schütterer:


                                                                                                                        Vielerorts erkennt man, dass es hier auf dem Berg vor wenigen Jahren gebrannt hat:


                                                                                                                        Im Jahr 2008 gab es einen großen Brand entlang des Gebirgszuges der Serra do Amolar, angeblich viele hundert Kilometer lang. Die Feuerwalze brannte 22 Tage lang. Das Feuer entstand durch Blitzschlag. Millionen Tiere sind die Hauptopfer (Quelle: Dokumentation Das Pantanal (3/3) - Naturschützer im Paradies, 2010).
                                                                                                                        Es kann aber auch gut sein, dass die Brandspuren, die ich hier sehe, jüngeren Datums sind. Nach meiner Vorstellung verrottet Holz hier während der warmen feuchten Regenzeit recht schnell und sollte nicht 11 Jahre liegen bleiben. Oder täusche ich mich da?

                                                                                                                        Links oben der Gipfel:




                                                                                                                        Um ½12 erreiche ich den Gipfel, 2½km nach dem Start und nach >300 Höhenmetern. Ab jetzt ist das Ziel recht gut zu erkennen, der Dschungel-bestandene Schwemmfächer des Bachdeltas am Fuße des Gebirgszuges.

                                                                                                                        Der Aufstieg wegelos auf den steilen Hängen zog sich ganz schön. Ohne eine richtige Pause gemacht zu haben betrug mein Gehtempo vom Bootsliegeplatz bis auf den Gipfel nur 1.6km/h. Ich bin ziemlich geschafft und mache erst mal ein paar Minuten Pause.

                                                                                                                        Den Gipfel habe ich übrigens nicht erstbestiegen, alter Müll (der rostige Boden einer großen Blechbüchse?) kündet von Vorgängern:


                                                                                                                        Ab jetzt geht es wieder bergab, das gehen fällt mir hier leichter.

                                                                                                                        Der weitere Weg:


                                                                                                                        Ab hier halte ich mich unnötigerweise zu weit westlich bzw. drifte nach Südwesten ab, weil diese Seite einladender zu Laufen aussieht und ich offenbar nicht mehr ganz klar im Koppe bin, jedenfalls was die Orientierung angeht. Nach 130m erkenne ich meinen Fehler und korrigiere etwas, jetzt nach NW.

                                                                                                                        Blick nach Süden:


                                                                                                                        Aussicht nach Osten von einem weiteren Zwischengipfel:


                                                                                                                        Von derselben Stelle, Blick zu meinem 1½km Luftlinie entfernten Startpunkt am Flussufer, da wo der Berghang bis ans Ufer tritt:


                                                                                                                        Ich bin schon wieder bis auf 263m Meter abgestiegen, mein Bachbett ist schon in Sicht und nur noch 600m entfernt, da wird mir klar, dass ich den ganzen Weg runter und dann wieder zurück hoch über den Hügel in der Gluthitze wohl nicht mehr schaffen werde. Ich bin jetzt schon am Ende und lasse mich ermattet nieder.
                                                                                                                        Hier noch einmal 160 Höhenmeter runter, durch den dichter werdenden Busch schlagen, dann _eventuell_ einen schönen Bach vorfinden, eventuell aber auch nicht, er könnte ja ausgetrocknet sein, und am Ende dieselben Höhenmeter wieder bis hier hoch, das schaffe ich einfach nicht mehr. Schon jetzt muss ich zurück wieder 150 Höhenmeter bis auf den Gipfel mit 412m aufsteigen, ehe es nur noch bergab geht.

                                                                                                                        Track meiner Wanderung mit Höhenlinien:

                                                                                                                        OpenTopoMap, Topographische Karten aus OpenStreetMap (CC BY-SA 3.0)

                                                                                                                        Nur mit mehreren längeren Pausen im "Schatten" dürrer Bäume bringe ich meinen Körper dazu, sich wieder ein paar Meter am Stück zu bewegen. Hier habe ich mal die Pausenzeiten eingetragen:


                                                                                                                        Link zur Google Map

                                                                                                                        Letzter Blick auf die Berge im Nordwesten:


                                                                                                                        Die längeren Pausen wirken aber. Wasser habe ich auch noch genug. So schleppe ich mich den Hügel wieder hinauf.

                                                                                                                        Im vollen Heldenornat, mit schickem Chinahut


                                                                                                                        Mehrfach spüre ich, dass sich Krämpfe in den Oberschenkeln ankündigen. Dann lege ich wieder eine Pause ein und trinke etwas. Der restliche Weg den Kamm entlang und auch den Hang hinunter zum Boot geht relativ einfach. Nachmittags lässt mit zunehmendem Wind sogar die Gluthitze etwas nach. Allerdings reißt es mir auch mehrfach den Hut vom Kopf. Auf dem Wasser habe ich immer meine Paddelsicherung zum Sichern des Hutes verwendet, hier für die Wanderung hatte ich darauf verzichtet.

                                                                                                                        ¼ nach 3 bin ich wieder bei Thomas unten am Boot, froh, den Ausflug geschafft zu haben. Auch wenn ich das Ziel nicht erreicht habe, mir ist klar, dass mehr nicht drin war, und damit bin ich es zufrieden. Die kristallklaren Wasser des Pantanal bleiben vorerst ein Traum.

                                                                                                                        Früher konnte ich nach Art der Bergziege die Berge hochrennen, kein Problem. Aber irgendwie scheint bei mir seit einiger Zeit eine Bremse eingebaut zu sein, die es früher nicht gab. Als ich nach dem Urlaub gleich den Arzt aufsuchte, um meine während der Tour mehrfache (und häufiger werdende) nächtliche Übelkeit abzuklären, kamen wir auf Angina Pectoris (ja, Dr. Google gab mir schon vorher den richtigen Tipp, und meine Ärztin macht sich da nichts draus ). Die Woche darauf ging es ins Krankenhaus, wo sie in einem größeren Herzkranzgefäß eine angeblich 95%ige Verengung gefunden und auch gleich mit einem Stent repariert haben. Seitdem ist die Bremse gelöst, ich komme nicht mehr so schnell an den Anschlag. Perfekt. Aber wenn ich dran denke, dass ich quasi jederzeit auf dieser Wanderung mit einem Herzinfarkt auf der Strecke hätte bleiben können, na ja ….

                                                                                                                        Die Ärzte unter euch können ja mal schauen, ob es wirklich so eng war:

                                                                                                                        Die erwähnten 95% sind aus dem Arztbrief zitiert.

                                                                                                                        Nach meiner Rückkehr dusche ich zur Abkühlung erst mal am Flussufer und spüle die schweißnassen Sachen aus (Shirt und Unterhose).

                                                                                                                        ½4 sind wir wieder auf dem Wasser. Nun gilt es, schnellstmöglich vor Sonnenuntergang einen Übernachtungsplatz zu finden. Hier im Sumpf stehen die Chancen schlecht. So ein Glück wie am Vortag hat man nicht alle Tage.

                                                                                                                        Blick nach Nordwesten in Richtung Serra do Amolar:


                                                                                                                        An einer Stelle noch tief im Sumpf künden Terrassenstufen am Ufer von einem verlassenen Haus. Aber das Ufer ist zugewachsen.
                                                                                                                        Mehrfach strömen weitere Teilarme vom Rio Paraguai zu unserem Teilstrom dazu.
                                                                                                                        Immerhin findet sich später noch eine Sandbank (Map), die zur Übernachtung geeignet wäre. Eine absolute Seltenheit hier am Rio Paraguai. Aber Thomas ist sie zu klein und zu flach, also zu feucht. Er möchte weiter zur Fazenda do Amolar.

                                                                                                                        Die erreichen wir gegen 17 Uhr. Hier liegen mehrere Grundstücke nebeneinander am Ufer. Die Fazenda wurde wohl mehrfach geteilt. Das erste ist eine größere Farm, wahrscheinlich der Kern der ursprünglichen Fazenda do Amolar. Auf dem Grundstück weiden Schafe und ein paar Rinder. Scharfe Hunde am Ufer lassen uns hier vobeiziehen.

                                                                                                                        Am nächsten Grundstück sieht es besser aus (Map). Die Hunde sind friedlich. Also fragen wir oben am Haus, ob wir hier am Ufer übernachten dürfen. Kein Problem, das geht. Die junge Indio-Frau möchte uns am liebsten im Haus einquartieren, bietet sogar Internetzugang an. Eigentlich ist sie motiviert, Englisch zu lernen, holt auch gleich ihr Lehrbuch und weitere Unterlagen, kann aber bisher kein Wort sprechen. So bleibt uns wieder nur die Google-Übersetzungs-App.

                                                                                                                        Wir bleiben beim Strandlager. Als wir die Zelte aufbauen, kommt ihr Mann mit dem Boot nach Hause. Er ist ebenfalls Indio, so stellt er sich vor. Heute Abend hat er einen großen Entenvogel und ein Wasserschwein geschossen. Auch er möchte uns überreden, doch wenigstens direkt auf dem Grundstück unter den hohen Mango-Bäumen zu zelten. Wir bleiben dennoch am Strand unter freiem Himmel, dass ist uns angenehmer.

                                                                                                                        Jagdbeute Moschusente (Cairina moschata):


                                                                                                                        Trächtiges Wasserschwein:


                                                                                                                        Im letzten Dämmerlicht zerlegen die beiden ihre Beute am Ufer:


                                                                                                                        Die Eingeweide landen im Fluss bei den Kaimanen, die ungeborenen Babies der Wasserschwein-Dame bekommen die Hunde. Mir ist es etwas unangenehm, gleich 50m unterhalb zu Duschen. Er warnt uns außerdem, im Flachwasser nicht auf einen Süßwasser-Stechrochen (Potamotrygon motoro , P. amandae, P. pantanensis) zu treten. An diese Gefahr hatte ich bisher tatsächlich nicht gedacht. Sie haben am Schwanz einen Giftstachel, dessen Gift sehr gefährlich ist; selbst Kratzer sind schmerzhaft. Tritt man auf einen im Sand vergrabenen Rochen, schlägt er mit dem Schwanz um sich. Dadurch kommt es in Südamerika jährlich zu tausenden Unfällen, die für kleine Kinder tödlich verlaufen können. Aus diesem Grund sind sie in der Bevölkerung mehr gefürchtet als die Piranhas.

                                                                                                                        Nun ist mir auch klarer, warum es seit Tagen nur noch so wenige Tiere zu sehen gibt. Sie werden nicht nur vom Jaguar, sondern auch von den Eingeborenen aktiv bejagt.
                                                                                                                        Eigentlich ist die Jagd auf Wildtiere im Pantanal und ganz Brasilien seit 50 Jahren prinzipiell verboten. Nur Indianern ist es erlaubt, für die Selbstversorgung zu jagen. Im Moment gibt es allerdings Bestrebungen, diese strengen Beschränkungen, die zur weitgehenden Erholung der Tierbestände im Pantanal geführt haben, aufzuweichen.

                                                                                                                        Auf Abendbrot verzichten wir heute. Nach Anbruch der Dunkelheit liegen wir schnell in unseren Zelten. Große Schiffe fahren den Strom hinab und leuchten mit großen Richtscheinwerfern die Ufer ab zur Orientierung. Hinter dem gegenüberliegenden Ufer des Rio Paraguai brennt ein riesiges Feuer bis über die Baumwipfel, ist aber nach kurzer Zeit niedergebrannt. Die Kaimane plantschen an unserem Ufer, seltene Brüller, gegenüber ein Froschkonzert. Die Hunde schleichen durch unser Strandlager.

                                                                                                                        Obwohl ich total geschafft bin, gerade mal einen Löffel Erdnüsse zum Abend gegessen habe, kann ich bis Mitternacht nicht einschlafen. Es kühlt auch nicht richtig ab, ich liege immer noch nackt auf dem Schlafsack.
                                                                                                                        Zuletzt geändert von Spartaner; 03.02.2021, 08:55.

                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                          Erfahren
                                                                                                                          • 24.11.2010
                                                                                                                          • 224
                                                                                                                          • Privat


                                                                                                                          #61
                                                                                                                          AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                                                                                          Bin gespannt wann es hier weiter geht

                                                                                                                          Ich mag die Art wie du von eurer Reise berichtest mit vielen Details und zusaetzlichen Informationen! Sehr informativ und spannend.
                                                                                                                          Vor drei Jahren war ich auch im Pantanal, wenn auch etwas touristischer.

                                                                                                                          Danke fuer den Bericht bisher und hoffentlich gehts bald weiter!

                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                            Lebt im Forum
                                                                                                                            • 24.01.2011
                                                                                                                            • 5056
                                                                                                                            • Privat


                                                                                                                            #62
                                                                                                                            Freitag, 20.09.2019, Fazenda Dourados, 9km
                                                                                                                            3:40 Uhr, der Wind frischt auf. Die Luft hat sich immer noch nicht weiter abgekühlt! Mein Thermometer zeigt über 30°C! Und das direkt am Ufer und bei Windböen! Ich habe mich die ganze Nacht nicht zugedeckt. Wir haben eine wirklich heiße Zeit hier, außergewöhnlich! Auch kurz vor Sonnenaufgang werden die 30°C nicht unterschritten:


                                                                                                                            Unser Gastgeber meinte später übrigens, dass es weiter oben auf seinem Land kühler gewesen wäre als direkt am Wasser. Aber ob das stimmt?

                                                                                                                            Ich wache dann erst wieder auf, als die Sonne schon etwas höher am Himmel steht:


                                                                                                                            Unser Lager am Strand:




                                                                                                                            Unsere Gastgeber laden uns zum Kaffee ein. Der Tisch steht unter den riesigen Mango-Bäumen im Schatten. Zeitgleich gesellen sich noch 2 Nachbarn dazu. Die Unterhaltung ist, wie bereits gewohnt, ziemlich einseitig. Die Google-Übersetzung von deutsch in portugiesisch funktioniert zufriedenstellend, umgekehrt geht gar nichts. Mir unerklärlich. Bei mir funktioniert sogar die Spracheingabe gut, portugiesisch funktioniert nicht einmal mit tippen. Selbst als ich auch noch die Tastatur auf portugiesisch umstelle, erkenne ich keine Verbesserung.

                                                                                                                            Die Frau fertigt Korbwaren noch indianischer Sitte und breitet ihre Produkte vor uns aus:


                                                                                                                            Zum Glück ist das nicht allein für uns gedacht, ich stehe nicht unbedingt auf diese Art Souvenirs. Diese Flechtwaren sind halt nur speziell für Touristen gefertigt worden, mehr oder weniger nur in Anlehnung an die jahrtausendelang genutzten Originale. Meine Schwester hat in den 90er Jahren im Manú-Nationalpark wirklich original genutzte Flechtgefäße im Urwald gefunden, die von Leuten gemacht wurden, die einen Touristen nicht mal aus der Ferne gesehen hatten (unkontaktierte nomadische Urwaldstämme). Diese Teile habe ich wirklich mit einer großen Ehrfurcht und Faszination in den Händen gehalten. Original Steinzeit bzw. kurz davor.

                                                                                                                            Der Hausherr macht einen hellen Eindruck. Er jobbt für die Naturschutz-NGOs hier und ist zeitweise auch als Touristenführer unterwegs. Von ihm erhoffe ich mir herauszufinden, wo genau sich die Quellen und Bäche mit dem kristallklaren Wasser befinden. Dass es sie tatsächlich gibt, sieht man auf einer Webseite von Pantanal-Tours, wo es bezogen auf die Pousada Amolar (Acurizal) heißt: “Boat excursions are offered to cover a wider area and to visit one of the unique crystal clear water streams that can only be found in this region.”

                                                                                                                            Ich zeige ihm beide Karten, die OSM und die Satellitenbilder, und bitte ihn, das rote Mittelkreuz auf die Quelle zu setzen. Er versucht es, will damit aber bis auf die Rückseite des Gebirgsstockes der Serra do Amolar, also weit nach Westen. 3 Stunden soll der Marsch dauern, nachdem man mit dem Boot mehrere Kilometer in die Nähe gefahren ist. Leider reicht mein Luftbild nicht so weit, und die groben Höhenlinien der OpenAndroMap helfen ihm auch nicht sicher weiter. So wird das nichts, das bleibt zu wage. Ich werde nicht wieder einen Marsch über ein Gebirge angehen, der 3 Stunden dauern soll, und von dem ich nicht weiß, ob er zum Ziel führt.

                                                                                                                            Aber er kennt noch einen weiteren Ort mit kristallklarem Wasser. Er soll sich auf der linken, der sumpfigen Seite des Rio Paraguai befinden. Das wundert mich, aber kann ja sein. Er nennt den Flusslauf “Mata Cachorro”, “Toter Hund” oder so, 23km stromab. Oberhalb der Fazenda Porto São Pedro, an meinem Tour-Kilometer 694, soll es links reingehen. Auch hier bemerke ich eine gewisse Unsicherheit, wo genau im Luftbild sich diese Lagune befindet.

                                                                                                                            Ein weiterer Nachbar kommt zu Besuch, unterhält sich ein Weilchen und hackt sich dann die Hälfte des gehäuteten Wasserschweins ab, das vor dem Haus am Baum hängt.

                                                                                                                            Ein Thema, dass ich immer mal anspreche, ist die Frage nach der Zahl der Paddler, die die verschiedenen Gastgeber auf dem Fluss gesehen haben. Ich möchte ein Bild davon bekommen, wie populär das Paddeln hier im Pantanal ist. Die Frau erzählt, sie hätten dieses Jahr im Mai, Juni bereits einmal 2 Paddler gesehen, die den Rio Paraguai befuhren und in Cáceres gestartet sind. Das sei aber auch die einzige Begegnung mit Paddlern gewesen in ihrem Leben. Auch sonst hat sie noch nicht von weiteren Befahrungen gehört.

                                                                                                                            Und dann berichten sie und der Nachbar noch von Thomas, einem Deutschen, der hier seit 6 Jahren leben soll, gar nicht weit weg, nur über den Flugstreifen der Fazenda do Amolar rüber. So habe ich es jedenfalls verstanden.

                                                                                                                            Thomas möchte ich kennenlernen, er weiß sicherlich genauer, wo die Sehenswürdigkeiten der Gegend zu finden sind. Also Kamera geschnappt, 1L Wasser, und los geht's. Mein Thomas bleibt wieder hier.

                                                                                                                            Zunächst muss ich quer über mehrere Grundstücke. Zum Glück ist von den scharfen Hunden vom Vorabend zZ nichts zu sehen.
                                                                                                                            Auf einem Grundstück nebenan steht ein offizieller trigonometrischer Vermessungspunkt für Brasilien:




                                                                                                                            Nach der Querung dreier jeweils abgezäunter Nachbargrundstücke überquere ich längs den Flugstreifen der Fazenda do Amolar (Map). Ich glaube zwar nicht, dass auf der huckligen Piste heute noch jemand landen würde, aber sie ist ganz interessant angelegt. Die zwei Hälften der Start- und Landebahn haben ein deutliches Gefälle mit der höchsten Stelle in der Mitte des 660m langen Flugstreifens.

                                                                                                                            Ich irre etwas herum, vermute auch mal nordöstlich vom Flugstreifen eine Farm, dann mal wieder am Seeufer, und wundere mich immer mehr. Hier soll ein Deutscher wohnen? Am anderen Ende führt etwas, was einmal ein Weg war, weiter, jetzt wieder parallel zum Seeufer. Nach 2km stehe ich auf einem seit längerem verlassenen und weitgehend verfallenen Hausgrundstück:


                                                                                                                            Der Weg führt auch noch mehrere hundert Meter weiter, aber dann kehre ich um. Niemand wird hier freiwillig im Hinterland wohnen, wenn er genauso gut am Seeufer wohnen kann und dort sein Boot liegt.

                                                                                                                            Ich bin bereits auf dem Rückweg, da kommen mir 3 Männer entgegen, die ebenfalls das verlassene Grundstück besichtigen wollen. Sie können alle gut Englisch und sehen kompetent aus. Einer von ihnen ist der Chef der Organisation Instituto Homem Pantaneiro (IHP), Ângelo Rabelo:


                                                                                                                            Ângelo Paccelli Cipriano Rabelo, ist Gründungspräsident des Instituto Homem Pantaneiro und Reserveoffizier der Polícia Militar Ambiental, der staatlichen Umweltpolizei, im Range eines Oberstleutnants. Er war seit 1986 15 Jahre direkt als Angehöriger und davon 5 Jahre als Kommandant der Policia Militar Florestal an der Bekämpfung der illegalen Jagd und des Handels mit Wildtieren im Pantanal beteiligt.


                                                                                                                            Wir machen uns bekannt und unterhalten uns kurz. Auch ihnen gegenüber äußere ich meinen Wunsch, die genauen Orte der kristallklaren Gewässer kennenzulernen. Jetzt wollen sie sich aber erst mal die verlassene Fazenda ansehen, von der ich gerade komme, und die wahrscheinlich ebenfalls aufgekauft werden soll. Sie wollen zu meinem Gastgeber zurückkommen und mir dann mehr erzählen.

                                                                                                                            Auch sie kennen den Deutschen Thomas Rosen, meinen aber, dass er bereits vor einiger Zeit nach São Paulo gezogen sei. Er war Betriebsleiter für die hier befindliche Außenstelle “Serra Negra” und leitete bei der Ecotrópica ein Projekt zum Schutz und zur Wiederansiedlung der Hyazinth-Aras im nördlichen Pantanal. Die Hyazinth-Aras kamen 2010 nur im südlichen Pantanal noch in größeren Populationen vor, im nördlichen Teil waren sie seltener. In einem ersten Schritt haben sie Ara-Vorkommen im RPPN Acurizal e Penha, einem von Ecotrópica betreuten privaten Schutzgebiet an der Grenze zu Bolivien und im benachbarten Parque Nacional do Pantanal Mato-Grossense erfasst. In ihre Untersuchungen flossen die Beobachtungen von Fischern, Landbesitzern und indigenen Stämmen ein (DUH Welt 4/2010).
                                                                                                                            Das Projekt war offenbar erfolgreich, wir haben ja auf unserer Tour durch das nördliche Pantanal bereits mehrfach Hyazinth-Aras gesehen.

                                                                                                                            Ok, dann konnte das mit dem Besuch ja nichts werden. Wahrscheinlich wohnte Thomas Rosen in Acurizal, 24km Luftlinie von hier entfernt, aber wenigstens in der angegebenen Richtung. Oder doch hier auf Amolar, in einer IHP-Außenstelle “Serra Negra”?
                                                                                                                            Immerhin habe ich Thomas Rosen nach der Tour noch kennengelernt. Nicht direkt, nein, aber in einer Pantanal-Dokumentation, die seine Arbeit für die Hyazinth-Aras dort zeigte (Dokumentation Das Pantanal (1/3) - Aras im Paradies, 2010). Ich konnte mir die 3 Teile der von mir teuer mitfinanzierten Dokumentation glücklicherweise noch herunterladen, bevor sie aus den von mir teuer mitfinanzierten Mediatheken verschwand.

                                                                                                                            Um ½10 bin ich wieder zurück bei unserem Lager am Fluss. Mein Thomas hat längst gepackt, und ich mache mich jetzt in der Gluthitze auf dem schattenfreien Strand auch daran.

                                                                                                                            Als die drei Herren zu unserem Gastgeber zurückkommen, nimmt mich einer von ihnen zur Seite und ich dachte, jetzt bekomme ich die genauen Infos zu den gesuchten Gewässern. Aber stattdessen rät er mir, nur mit einem Führer in die Sümpfe abseits des Rio Paraguai einzufahren. Die Führer wissen, wo sich die gesuchten Gewässer befinden, sie seien auf keiner Karte verzeichnet. Sie wissen auch, wie genau man hinkommt und vor allem wieder zurück. Es seien schon einige Leute aus den unendlichen Sümpfen nicht wieder zurückgekehrt.

                                                                                                                            Naja, nicht sehr hilfreich, diese Tipps. Ich merke deutlich, dass sie uns keine konkrete Auskunft geben wollen. Wir können wohl kaum noch einen Führer in unser Boot laden, und alternativ mit Motorboot wie ein x-beliebiger Tourist habe ich auch keine Lust, Stationen abzuklappern. Aber immerhin zeigt er auf Carlos Adriano, einen der beiden Bootsführer, die die Herren von Corumbá hierher gebracht haben. Ihn könnten wir auf der Fazenda Dourados antreffen und eventuell auch anheuern. Meine Hoffnung ist, dass ich den jungen Mann in der grünen Weste des Naturschutznetzwerkes “Rede de Proteção e Conservação da Serra do Amolar (RPCSA)“ auf der Fazenda Dourados wenigstens ausgiebig interviewen kann.

                                                                                                                            Die Fazenda Dourados ist unser Ziel vielleicht für den Abend. Sie soll eine Station der Organisation “Instituto Homem Pantaneiro (IHP)” sein, die einen Teil der privaten Schutzgebiete rund um die Serra do Amolar betreuen.

                                                                                                                            So paddeln wir ¾11 los. Zunächst wollen wir uns erst einmal die Lagoa Taquaral ansehen. Die Lagoa Taquaral ist ein 2km² großer See 2km südwestlich der Fazenda do Amolar, die mit dem Rio Paraguai in Verbindung steht, und von der aus man an den Zugang zu den kristallklaren Quellgewässern in der Serra do Amolar kommen kann, wenn ich unseren Gastgeber richtig verstanden habe. Das Satellitenbild zeigt 2 mögliche Zugänge zur Lagoa. Aber beide sehen so aus, als wenn sie nicht richtig durchgängig sind. OK, aber vielleicht geht da unter den Bäumen doch was durch.

                                                                                                                            Der erste Zugang scheint schon durch einen Uferwall abgeschnitten zu sein. Der zweite ist schmal, aber fahrbar. Jedenfalls so weit, wie es im Satellitenbild zu erkennen ist. Dann verzweigt es sich, und alle Seitenzweige sind mit Holz und Schwimmpflanzen verblockt und zu flach. Das Satellitenbild hatte 100% recht, die Verbindung ist in der Trockenzeit unfahrbar:




                                                                                                                            Also paddeln wir zurück auf den Hauptstrom des Rio Paraguai:




                                                                                                                            1½km weiter lächelt uns an der Einfahrt zu einem größeren, stark durchströmten Kanal eine sehr schöne Sandbank an:


                                                                                                                            Perfekt für eine längere Badepause. Ich bin irgendwie immer noch geschafft von den gestrigen Strapazen und der heißen Nacht, und bleibe diesmal so lange im Wasser, bis ich anfange zu frieren. Die Fingerkuppen werden auch schon ganz faltig. Was für eine Wohltat, diese Kühle!











                                                                                                                            Dazu wimmelt es von Schmetterlingen, die zu Hunderten auf einem feuchten Fleck am Strand sitzen:


                                                                                                                            In Bewegung kommt das natürlich viel besser rüber:


                                                                                                                            Dem gefährlichen Fisch, der piken soll statt beißen, begegnen wir nicht. Von dem hat unser Gastgeber von heute Morgen erzählt. Sicherlich meint er einen Stachelrochen.

                                                                                                                            Kleinflugzeug fliegt in niedriger Höhe. Es ist erst das 2. oder 3. der gesamten Reise, weniger, als ich zuvor annahm.

                                                                                                                            Wir überlegen schon, für heute hier zu bleiben. Hinter der Sandbank hat jemand das Gelände vom Busch beräumt, groß genug für ein Nachtlager:


                                                                                                                            Bis uns auffällt, dass die Fläche auch noch bepflanzt ist:






                                                                                                                            Natürlich wollen wir die Mandioca-Pflanzung nicht zerstören und fahren weiter.

                                                                                                                            Wir fahren jetzt auch hier den Nebenweg, weg vom Hauptstrom des Rio Paraguai. Der Kanal mäandriert zunächst 2km schön durch den Sumpf, im Hintergrund die Berge der Serra do Amolar:






                                                                                                                            Dann geht es durch eine ausgedehnte Flachwasserzone auf eine Lagoa, die am Ende wieder breit in den Rio Paraguai mündet:








                                                                                                                            Blick zurück nach Norden:


                                                                                                                            Über den See und den folgenden Hauptstrom haben wir perfekten Rückenwind, gerade so noch nicht zu stark, um keine zu großen Wellen aufzubauen:




                                                                                                                            So gelangen wir rasch bis zur Fazenda Dourados, die man schon von weitem am hohen Antennenmast auf halber Höhe des ufernahen Hangs erkennt:


                                                                                                                            Nach nur 9km Tagespaddelstrecke heute landen wir bereits um 13 Uhr an:


                                                                                                                            Der junge Mann mit der grünen Weste, Carlos Adriano Ximenes, ist ein paar Minuten vor uns angekommen, war ja, wie wir gesehen haben, vorher mit seinem Chef weiter oberstrom unterwegs. Irgendwas treibt ihn, und unser bisheriger indianische Gastgeber fährt ihn mit seinem Boot nach Süden:




                                                                                                                            5h später kommen sie zurück.

                                                                                                                            Das Boot der Fazenda Dourados wird derweil von 2 weiteren Mitarbeitern der Fazenda Dourados nach Corumbá gefahren. Jetzt ist Freitag Nachmittag, es geht ins Wochenende.



                                                                                                                            Das Haupthaus der Fazenda liegt 80m den Berg hoch:




                                                                                                                            In dem ufernahen Gebäude (Sala do Gerador) steht der Stromgenerator:


                                                                                                                            Wir dürfen auch hier auf dem Gelände wieder problemlos zelten, obwohl das große Schild auf dem Hügel verkündet, não acampar, kein Feuer etc.




                                                                                                                            Die ehemalige Fazenda Dourados ist heute eine Basisstation für das private Naturreservat “Reserva Particular do Patrimônio Natural Engenheiro Eliezer Batista” (RPPN, Video 4min). Das Schutzgebiet hat eine Fläche von >126km².

                                                                                                                            Das Naturreservat Engenheiro Eliezer Batista gehört(e?) dem Bergbauunternehmen MMX Mineração e Metálicos S.A. und wurde am 21. Juli 2006 durch den Kauf zweier angrenzender ländlicher Grundstücke im Pantanal von Mato Grosso, am Ufer des Paraguay-Flusses, erworben. MMX hat als vorrangiges Nutzungsziel die Umweltforschung und Naturschutzmaßnahmen definiert, die mit lokalen sozioökonomischen Aspekten verbunden werden sollten.
                                                                                                                            Das RPPN Eliezer Batista wurde durch die Verordnung Nr. 51 ICMBio vom 24. Juli 2008 gegründet. Um diese Ziele zu erreichen, wurde eine Partnerschaft mit dem Instituto Homem Pantaneiro gegründet. Im Bereich Umwelt übernahm das Institut die Verantwortung für die Verwaltung des gesamten Gebietes, um seine Schutz- und Forschungsziele zu erreichen.
                                                                                                                            Das in einer sehr abgelegenen und noch wenig bekannten Region gelegene RPPN zeichnet sich durch die enge Verflechtung der Überschwemmungsebene und der Hügel der Serra do Amolar aus, was zu einer großen Vielfalt an Umweltbedingungen und einer Landschaft von seltener Schönheit führt.


                                                                                                                            Blick vom Haupthaus in Richtung Südost den Rio Paraguai stromab:


                                                                                                                            Haupthaus:


                                                                                                                            Hinter dem Haus steht eine Solaranlage mit Bleibatterie-Speicher und der Wasserturm mit Wasseraufbereitung:






                                                                                                                            Im Haupthaus befindet sich neben einer Küche der Speisesaal, der aber auch für alle anderen Zusammenkünfte auf der Fazenda genutzt wird:


                                                                                                                            Poster im Speisesaal:


                                                                                                                            Weitere Zimmer sind 3 Dormitórios (Schlafzimmer), 1 Laboratório, 2 Banheiros (Bäder), 1 Lavanderia (Wäscherei), und und und … (Lageplan).

                                                                                                                            Vor dem ständig bewohnten Haus des Caseiro tummeln sich seine Hühner:




                                                                                                                            Unser heutiges Lager:




                                                                                                                            Während ich die Erbswurst koche, die wir übrigens erstmals auf dieser Reise mit Büchsenfleisch aufpeppen (SPAM, Rinderhack, sehr gehaltvoll und schmeckt in dieser Mischung!), schaut sich Thomas am Wasser um und entdeckt eine große Schlange am Ufer.

                                                                                                                            Ich bin natürlich sofort hingeflitzt, das Essen muss warten:




                                                                                                                            Es ist eine Gelbe Anakonda, eine Sucuri-amarela (Eunectes notaeus). Sie wird nicht ganz so groß wie die ebenfalls hier vorkommende Grüne Anakonda (Eunectes murinus). Während die Gelbe fast 6m lang und bis 70kg schwer wird, erreicht die Grüne Anakonda von der Wissenschaft bestätigte 9m und gerüchteweise bis zu 16m Länge! Riesige Monster! Im Pantanal ist die Grüne Anakonda selten, während die von uns gesehene Gelbe Anakonda häufiger anzutreffen ist.

                                                                                                                            Ja, die Begegnung war kurz, und ich habe mich auch nicht getraut, sie zu verlängern, indem ich sie zB am Schwanz gepackt und herausgezogen hätte. Ich wusste ja in dem Moment noch gar nicht genau, um welche Art Schlange es sich handelt und ob es nicht zB auch eine gefährliche Giftschlange sein könnte. Nun gut, jetzt weiß ich bescheid (was aber nicht heißen soll, dass ich sie jetzt unbedingt am Schwanz packen würde ).

                                                                                                                            Am Nachmittag quellen die Wolken, sie werden dichter und dichter, dann ertönt ein erster ferner Donner aus Bolivien. Das Zelt bekommt heute erstmalig sein Überzelt übergeworfen, das Boot seine Spritzdecke, alles andere wird halbwegs regengeschützt untergebracht:




                                                                                                                            Um 4 Uhr nachmittags rum geht's dann auch bei uns los. Naja, ein richtiger fetter Tropenguss ist das noch nicht, die Regenzeit hat ja auch noch nicht begonnen:

                                                                                                                            (das rote Ei markiert den eigenen Standort, die Fazenda Dourados)

                                                                                                                            Nach einer Stunde ist alles vorbei. Wir verbringen diese Zeit oben im Haupthaus in der Hängematte, die diagonal im Flur hängt.

                                                                                                                            Die Luft ist nicht abgekühlt, nur feuchter geworden. Diesmal sind wir pünktlich ein paar Minuten vor Erwachen der Mückenplage in den Zelten. Kurz darauf hören wir sie in der feuchten Luft summen, so laut wie noch nie auf dieser Reise.

                                                                                                                            Nachts immer wieder Windböen, die sehr unangenehm am Überzelt rütteln. Ich bin mir nicht sicher, ob es in der Nacht wieder regnen wird. Darum lasse ich das knatternde Überzelt die ganze Nacht drauf. Wenigstens kühlt es gegen Ende der Nacht etwas ab. Es regnet nicht noch einmal.

                                                                                                                            Angenehm fällt mir auf, dass der Generator, nur 40m von meinem Zeltplatz entfernt, abends und nachts nicht anspringt (und auch sonst nicht, während wir hier zu Gast sind). Offenbar reicht die solare Stromversorgung zusammen mit den Speicherbatterien aus, den Strombedarf des Caseiros und seiner Familie zu decken.

                                                                                                                            ---------------------------------------
                                                                                                                            Einige Youtube-Links zu Anakonda:
                                                                                                                            Sucuri na Pousada Porto Jofre. Anaconda in Pantanal
                                                                                                                            Sucurí Gigante Capturada
                                                                                                                            Capture Anaconda 5.2m lang
                                                                                                                            ATAQUES DE ANACONDAS EM HUMANOS
                                                                                                                            12 COBRAS GIGANTES CAPTURADAS NO BRASIL
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                                                                                                                            Zuletzt geändert von Spartaner; 02.02.2021, 10:37.

                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                              • 61
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                                                                                                                              Ein echtes Abenteuer das zum Glück vor dem grossen Corona Shutdown wieder in D seine Ende gefunden hat.

                                                                                                                              Ich verfolge die Tour einer Motoradfahrerin, die 2 Wo in Peru im Lockdown steckte und dann mit Sondererlaubnis über Lima mit einem Sonderflug nach Hause gekommen ist.

                                                                                                                              Guido
                                                                                                                              (•¿•)› *«:::G:::» «:::U:::» «:::I:::» «:::D:::» «:::O:::» * ‹(•¿•) aka Bratgitarre
                                                                                                                              - www.faltbootreise.de -
                                                                                                                              [

                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                Lebt im Forum
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                                                                                                                                Ja, da bin ich auch sehr froh, dass mir noch kein Corona einen Strich durch die Rechnung machen konnte. Es waren ja immerhin ein paar Jahre, die ich mit der Idee schwanger ging. Nur ein Jahr später, und ich hätte alles abblasen müssen. Und es weiß ja auch noch niemand, wie es in den Folgejahren wieder losgeht mit dem internationalen Tourismus.
                                                                                                                                Ich kann mir zB gut vorstellen, dass Fliegen generell ein paar Jahre _viel_ teurer sein wird als vor der Corona-Krise. Ganz ohne Zutun von FFF, nur aus rein betriebswirtschaftlichen Gründen. Dieses riesige, komplexe, extrem effiziente System "Flugverkehr" ist ja erst mal vollkommen am Boden und muss neu in die Gänge kommen.

                                                                                                                                Zum Bericht: Ich habe mein Reisetagebuch unterwegs jeden Tag in ein Google Docs-Dokument diktiert (Spracherkennung, die auch offline sehr gut funktioniert, ich mag kein Tippen auf dem Smartphone), und habe natürlich den ganzen Paddeltag und während der Wanderungen den GPS-Track aufgezeichnet. Nachträglich hätte ich mich kaum noch an all die Details erinnern können, oft unterscheiden sich die Tage ja nicht so grundlegend. Und jedesmal, wenn ich WLAN hatte, also viel häufiger, als ich vor der Reise geglaubt hatte, wurden die Google Docs ins Google Drive hochgeladen. Dort konnte Andrea in Berlin dann auch während der gesamten Paddeltour mitlesen, bevor sie selbst zu uns stieß.

                                                                                                                                Für die Tier-Bestimmungen hatte ich ein Buch dabei, das einzige papierne Buch auf der Paddeltour. Es handelt sich um "Pantanal Wildlife. A Visitor's Guide to Brazil's Great Wetland", 217x135x11mm, 324g.
                                                                                                                                Das Buch führt erst mal ganz gut ein in die Tierwelt des Pantanal. Allerdings hatte ich eigentlich damit gerechnet, dass man sich dann vor Ort hunderten, wenn nicht tausenden Arten gegenübersieht. Also ich hatte ein Gefühl der Ohnmacht, ich könne diese Diversität nie durchdringen. Bis auf ein paar Ausnahmen habe ich unterwegs dann nicht allzuviele Anstrengungen unternommen, die verschiedenen Arten zu bestimmen. Ich habe sie lieber auf Foto gebannt, und hoffte, sie später bestimmen zu können.

                                                                                                                                In Wirklichkeit aber ist alles viel einfacher. Die meisten Arten, denen man tatsächlich öfter begegnet, sind in dem Buch beschrieben. Und das ist dann gar nicht mehr so viel, vielleicht doppelt oder drei mal so viel wie bei uns in vergleichbaren Landschaften. Diese Erkenntnis beruhigt mich und gibt Mut, das alles kennen lernen zu können.

                                                                                                                                Jetzt während des Schreibens des Berichts bemühe ich mich, alle Arten genau zu bestimmen. Bei den Vögeln und Fischen ist das relativ leicht, da gibt es viel im Netz zu finden. Toll ist auch, dass man im Netz Experten findet, die die Vogelstimmen in den Tonaufnahmen identifizieren können. Bei den Schmetterlingen ist es schon schwieriger, allerdings bin ich auch noch nicht in speziellen Schmetterlings-Foren vorstellig geworden.

                                                                                                                                Besondere Schwierigkeiten habe ich mit den Pflanzen. Zu denen gibt es die wenigsten frei erreichbaren Quellen im Netz. Selbst sehr häufige, dominante Arten kann ich nur mit großer Unsicherheit eingrenzen. Aber wenn ich später noch was herausfinde, werde ich das nachtragen.

                                                                                                                                Ich habe jedenfalls ein gutes Gefühl jetzt, die Mehrzahl der beobachteten Tierarten sicher ansprechen zu können. Beim nächsten Mal sieht das dann auch vor Ort viel besser aus ....

                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                  Am 29.9., also in 8 Tagen, wird Andrea in Corumbá ankommen. Von hier, der Fazenda Dourados bis Corumbá sind es noch 188km auf dem direkten Weg, auf dem Rio Paraguai. Das würden wir, strikt durchpaddelnd, in 4 - 5 Tagen schaffen.

                                                                                                                                  Falls der Wind auffrischt und uns zu kräftig entgegen bläst, könnten wir allerdings auch ein oder mehrere Tage beim Abwettern gefangen werden, so wie es den Kanadiern 2x ergangen ist. Die Wellen auf dem Rio Paraguai können eine beträchtliche Höhe erreichen und uns an der Weiterfahrt hindern. Wir wurden bereits mehrfach vor dem Rio Paraguai gewarnt diesbezüglich.
                                                                                                                                  Im Moment haben wir aber auf jeden Fall noch genügend Zeitreserve.

                                                                                                                                  Also haben wir noch prinzipiell 3 - 4 Tage für kleine Abstecher übrig. Und da ich sowieso kein großer Fan von Großem-Strom-Paddeln bin, versuche ich in den kommenden Tagen alles, auf kleineren Seitenkanälen dem großen Strom zu entrinnen und der Tier- und Pflanzenwelt an den Ufern näher zu sein.

                                                                                                                                  Vormittags nach dem Frühstück treffe ich mich mit Carlos Adriano Ximenes im Speisesaal des Haupthauses. Wir haben hier wieder Internet und die Verständigung klappt mit Google Translate in beide Richtungen ziemlich gut. Er benutzt ebenfalls die Spracheingabe und übersetzt mit seinem Smartphone von Portugiesisch nach Deutsch, ich mit meinem von Deutsch nach Portugiesisch. Es sieht zwar irgendwie befremdlich aus, wie jeder in sein Gerät spricht und dann dem Gegenüber den Bildschirm vorhält, aber es funktioniert. Auch kompliziertere Sachverhalte lassen sich so rüberbringen.
                                                                                                                                  Carlos Adriano ist übrigens der erste meiner Gesprächspartner, der das mit Google Translate absolut richtig macht. Er spricht in vollen Sätzen langsam, laut und akzentuiert in das Gerät, lässt ihm Zeit für die Übersetzung, und entsprechend gut sind die Ergebnisse. Es funktioniert ausgezeichnet.

                                                                                                                                  Er arbeitet für die Organisation Instituto Homem Pantaneiro (IHP), der die Fazenda Dourados gehört oder die sie zumindest verwaltet, und die sich für den Schutz der Natur im Pantanal einsetzt. Von hier aus betreut IHP das private Naturreservat “Reserva Particular do Patrimônio Natural Engenheiro Eliezer Batista”. Vor einigen Jahren wurden ein paar kurze Wanderwege in der Serra do Amolar angelegt und markiert, die hier von der Fazenda Dourados aus starten. Nebenbei erwähnt er, dass das IHP auch ab und zu Touristen betreut, hochkarätige Führungen anbietet und Unterkunft vermietet für 1000 - 1500$ die Nacht.

                                                                                                                                  Lage der Wanderwege im RPPN Eliezer Batista:


                                                                                                                                  (Trilha Amolar, Trilha Morrinhos und Trilha Mandioré)

                                                                                                                                  Carlos Adriano wohnt hier mit seiner Familie, ist Caseiro (Hausmeister? bzw Mädchen für alles), führt für das IHP Touristen ins Pantanal und hilft bei Geländearbeiten. Der Umgang mit Landkarten und Satellitenbildern ist ihm offenbar auch vertraut. Ohne zu zögern zeigt er mir den Zugang zur Mata Cachorro mit dem kristallklaren Wasser links des Hauptstromes auf dem Satellitenbild, und zwar ein paar Kilometer weiter den Rio Paraguai stromab von der Stelle, die mir der Indianer gestern früh zeigte. Ja, das sieht sehr sicher aus, ich denke er weiß bescheid und kann sich auf dem Luftbild gut orientieren. Ein wirklich fähiger junger Mann, und ich hoffe, seine Chefs sehen sein Potenzial ebenso und sind bereit, es zu heben und zu nutzen.

                                                                                                                                  Carlos Adriano weist mich allerdings auch darauf hin, man könne an der Mata Cachorro nicht übernachten, es gebe wenig festes Land und viele Jaguare. Dennoch gehe ich mit einem guten Gefühl aus diesem Gespräch, diesmal dürfte das klare Wasser zu finden sein, wenngleich ich mir nicht so recht vorstellen kann, dass es da linksufrig des Rio Paraguais in der Sumpfebene ähnliche Quelltöpfe gibt wie am Fuße der Berge.

                                                                                                                                  Er berichtet außerdem, dass vor einem Jahr drei Paddler mit drei Kajaks von Argentinien kommend den gesamten Rio Paraguai stromauf gepaddelt sind bis Cáceres. Sind das am Ende dieselben, von der mir die Frau des Indianers gestern früh erzählt hat? Nur dass ich die Geschichte gestern vielleicht nicht richtig verstanden habe?
                                                                                                                                  Wir dagegen seien die ersten Paddler dieses Jahr.

                                                                                                                                  Von der von ihm erwähnten Tour finde ich bisher keine Spuren im Netz. Eine ähnliche Tour aus dem Jahr 2011 ist dagegen dokumentiert. Vier Argentinier versuchten mit Seekajaks den Rio Paraguai 4000km von seiner Quelle bis nach Buenos Aires zu befahren (Bericht 1, 2, Foto). Die Expedition "A La Tierra Sin Mal" begann Mitte Mai und endete im September. "Hermann, Ezequiel, Lucas und Juan paddeln zwischen 40 und 60 Kilometer pro Tag, die Summe hängt stark von den Wetterbedingungen ab. In Kajaks trägt jeder von ihnen - abgesehen vom Körpergewicht - durchschnittlich 100kg Nahrungsmittel, Kleidung, Ausrüstung und Zubehör."

                                                                                                                                  Unser Gastgeber von gestern, der Indio, ist später übrigens auch wieder zugegen.
                                                                                                                                  Als Carlos mit seinem Sohn fischen gehen will, packen wir zusammen, ich dusche nochmals auf dem schönen sauberen Schwimmsteg, und zum Schluss filtern wir noch mal Wasser in unsere Trinkflaschen. Dabei löst sich offenbar die Achse des Pumphebels und fällt ins Wasser. Das Sicherungsteil von der Gegenseite fällt danach auch herunter, kann aber von Carlos noch auf dem Steg gerettet werden. Schnell reagiert, Carlos, danke! Und eine schwache Leistung vom Hersteller MSR, so ein Teil darf sich doch nicht einfach so während des Gebrauchs lösen!

                                                                                                                                  Wir ersetzen die Achse durch ein Stück Ast, das durch die Öffnung passt, und ich wickle noch eine Lage Klebeband herum, um den Abrieb am Kunststoff gering zu halten und die neue Holzachse gegen Herausfallen zu sichern:


                                                                                                                                  Nach der Tour hat die Garantieabwicklung über Sportgigant.at, wo ich den Filter im März 2017 relativ günstig gekauft hatte, völlig problemlos und schnell funktioniert. Mit dem zugeschickten Ersatzteil konnte ich die Reparatur selber durchführen. Einziges Problem war, die Klebstoffreste vom Klebeband wieder sauber zu entfernen, ohne den Kunststoff mit aggressiven Lösungsmitteln anzugreifen.

                                                                                                                                  10 vor 10 legen wir ab. Auf dem großen Strom haben wir mäßigem Gegenwind. Zum Teil können wir uns im Windschatten der Ufervegetation halten. Erst später am Tag frischt der Wind auf und es zeigen sich vereinzelte Schaumkämme auf den Wellen. Da habe ich dann nicht mehr zur Kamera gegriffen, da bin ich gepaddelt.



                                                                                                                                  Die Flussinsel (Map) umfahren wir links:


                                                                                                                                  Auf der flachen Sandbank vor der Insel rasten Vögel:


                                                                                                                                  Es sind ~60 Scherenschnäbel, 2 Großschnabel-Seeschwalben, 4 Amazonasseeschwalben, 4 Herbstpfeifgänse und 2 Witwenpfeifgänse:


                                                                                                                                  Ausschnitt aus dem vorletzten Bild, welchen ich ausnahmsweise in Originalauflösung belassen habe:


                                                                                                                                  Die größte Ansammlung von Wasservögeln hier am Rio Paraguai!

                                                                                                                                  Blick zurück nach Nordwesten auf die Berge der Serra do Amolar:




                                                                                                                                  Zum Abschied von diesem schönen Gebirge gibt es hier noch verlinkt ein schönes Schrägluftbild aus Süden auf die Sierra do Amolar (Quelle). Zur Orientierung: ganz links die Laguna Mandioré, im Bildzentrum die Sierra do Amolar, und rechts der Rio Pagaguai und das brasilianische Pantanal, offenbar bei Hochwasser.

                                                                                                                                  Wir versuchen wegen dem Wind im Windschatten der Ufervegetation zu bleiben:




                                                                                                                                  Zeitweise lässt der Wind auch nach:




                                                                                                                                  ¼1 erreichen wir die Fazenda und Porto São Pedro (Map):






                                                                                                                                  Eigentlich wieder eine vielversprechende Fazenda, mit Flugstreifen und schickem Schnellboot/Bayliner am Ufer. Wir legen an, könnten wir doch hier vielleicht noch zusätzliche Informationen zur Mata Cachorro erhalten.



                                                                                                                                  Aber wieder ist das Anwesen zerfallen. Zwei Schwarze wohnen zZ hier. Der jüngere der beiden lebt in dem einen großen Raum des Haupthauses. Die Hälfte des Raumes ist mit Bauschutt angefüllt. Im Rest steht ein Tisch, ein paar Sitzgelegenheiten, ein großer alter Kühlschrank, und es läuft ein Fernseher. Er will das Haus offenbar nach und nach wieder herrichten.

                                                                                                                                  Neue Infos zur Mata Cachorro bekommen wir nicht. Immerhin kennt er die Örtlichkeit in seiner unmittelbaren Nachbarschaft. Theoretisch könnten wir hier 200m über Land umtragen und könnten dann in die großen flachen Lagunen einsetzen, die ebenfalls nach ~8 bzw 11km zur Mata Cachorro führen. Aber den Aufwand sparen wir uns.
                                                                                                                                  Dann fragen wir noch, ob wir hier kaltes Bier kaufen können und was das kostet. Ich verstehe erst 2R$ , aber er wollte uns mitteilen, dass er nur alkoholfreies Bier hier habe. Kein Problem, nehmen wir.
                                                                                                                                  Wir bekommen jeder eine kleine Flasche alkoholfreies. Eine Wonne, wie dieses edle Getränk an solch heißen Tagen die Kehle hinunterrinnt.

                                                                                                                                  Noch im Stehen merke ich, wie etwas an meinen Aldi-Latschen herumhackt. Ein vorwitziger kleiner Papagei, ein Mönchssittich (Myiopsitta monachus), macht sich an mir zu schaffen. Wir sitzen im dunklen Raum, wohlgemerkt.
                                                                                                                                  Er hört auch nicht auf, als wir uns mit den Bieren setzen. Der Sittich erklimmt meine Hose, die Hosenfalten bieten ihm Halt, bis er auf meinem Knie sitzt:


                                                                                                                                  Dann steigt er auf meinen angebotenen Zeigefinger und lässt sich auf meiner Schulter absetzen. Grad so, als wenn wir uns schon jahrelang kennen würden. Er flüstert mir auch etliche interessante Sachen ins Ohr, die ich aber mangels entsprechender Sprachkenntnisse nicht interpretieren kann. Meine Ohrläppchen lässt er heile.



                                                                                                                                  Thomas nimmt ihn auch mal und wir machen ein paar Fotos:






                                                                                                                                  Wirklich lustig, das Tierchen, und macht einen hochintelligenten Eindruck. Der wusste genau, was er tut und wie er uns zu nehmen hat.
                                                                                                                                  Nach einer halben Stunde zahlen wir 10R$ für unser Bier und verabschieden uns.

                                                                                                                                  Wieder auf dem riesigen Rio Paraguai:


                                                                                                                                  Der Strom ist hier etwa 400m breit.

                                                                                                                                  6km weiter finden wir die Einfahrt zur Mata Cachorro. Sofort fällt das klare Wasser auf, dunkelbraun wegen schlammigem Grund, aber ein wahnsinns Kontrast zu den schwebstoffreichen trüben Brühen der Rios Vermelho, São Lourenço, Cuiabá und Paraguai:


                                                                                                                                  Auch im Satellitenbild ist der Unterschied der beiden Wassermassen sehr gut erkennbar:

                                                                                                                                  Link zum Google-Satellitenbild

                                                                                                                                  Der Kanal ist im Satellitenbild 15 - 20m breit, aber jetzt von beiden Ufern stark zugewachsen mit großgewachsenen Exemplaren der Dickstieligen Wasserhyazinthe (Eichhornia crassipes). Die verbleibende Fließrinne ist vielleicht 5m breit und strömt uns mäßig entgegen.

                                                                                                                                  Nach 250m kommt von Norden ein weiterer breiter Kanal dazu (Map), seitdem strömt es mit uns.

                                                                                                                                  Lagune im Norden, die von hier in 2 Richtungen entwässert:


                                                                                                                                  Weiterer Verlauf unserer Paddelstrecke, weitgehend zugewachsen, jetzt mit uns strömend:


                                                                                                                                  Der Kanal schlängelt sich sehr schön durch die sumpfige Landschaft. Baumreihen zeigen höheres Land an, vielleicht alte Uferwälle:




                                                                                                                                  Der Wind lässt hier im Schutz der Bäume schnell nach und man hört wieder mehr von der Tierwelt. Zweimal flüchten große Kaimane, die wir zwar vorher nicht gesehen haben, die sich aber durch mächtiges Welle-Schlagen verraten. Wenigstens spritzen sie uns heute nicht das Boot voll.

                                                                                                                                  Nach 2km geht es 800m nordöstlich über einen See:




                                                                                                                                  Am Nordende des Sees verfahren wir uns etwas in den Schwimmpflanzen-Beständen:


                                                                                                                                  Man wäre auch über freies Wasser durchgekommen.

                                                                                                                                  Danach geht es gegen eine erhebliche Strömung das Sumpfland hoch. Das Wasser wird jetzt noch einmal bedeutend klarer:


                                                                                                                                  Das muss es sein, ich denke hier haben wir die eigentliche Mata Cachorro gefunden. Das Wasser ist einige Meter tief, wechselnd vielleicht 2 - 4m. Der Grund ist jetzt stellenweise auch hell sandig, so dass man ihn sehen kann und nicht nur in schwarze unergründliche Tiefen blickt.

                                                                                                                                  Es ist jetzt 15 Uhr. Wenn wir hier tief drin in der Wildnis keinen geeigneten Zeltplatz finden, dann müssten wir wieder rausfahren zum Rio Paraguai. Das widerstrebt mir sehr, möchte ich morgen doch noch viel weiter hier reinfahren.

                                                                                                                                  Die Ränder des Freiwassers sind fast immer von den Wasserhyazinthen eingenommen. Dann folgen schwimmende Seggenwiesen, die auch voll im Wasser stehen bzw auf ihm schwimmen. Dann gibt es Flächen, die von dem Knöterich bestanden sind, der die Sandbänke am Fluss überwuchert. Hier probiere ich aus, ob das Land darunter fest und trocken genug ist, um darauf zu zelten. Grenzwertig, der Untergrund gibt immer noch ziemlich nach. Ich hätte es im Notfall vielleicht gemacht, aber Thomas ist gegen Feuchtigkeit am Lagerplatz allergisch.

                                                                                                                                  200m weiter stromauf sehe ich aber schon Bäume bis ans Wasser ragen:




                                                                                                                                  Das sieht verheißungsvoll aus. Wenn es da keine Möglichkeit gibt, dann kehren wir halt um.

                                                                                                                                  Das Wasser wird flacher, der Grund ist trittfest:


                                                                                                                                  Wir zwängen uns zwischen ein paar Ästen hindurch und kommen an Land:






                                                                                                                                  Wir haben großes Glück, das Land ist hier gut erreichbar und trocken und der Platz ist ziemlich einladend. Zwar müssen wir ein paar stachlige Palmen und Schlingpflanzen wegsägen und weghauen, aber danach haben wir ausreichend Freifläche. Wasserschwein-Losung.

                                                                                                                                  Über unserem Landeplatz die Nester der Stahlkassike, Solitary Black Cacique, Iraúna-de-bico-branco ((Pro)Cacicus solitarius):


                                                                                                                                  Die Vögel selbst schwirren auch hier herum, bereichern den Sound des Dschungels, aber es gelingt mir kein Foto von ihnen. Darum hier eins aus dem Netz:

                                                                                                                                  Foto Francesco Veronesi, CC BY-SA 2.0

                                                                                                                                  Eigentlich will ich ja nicht noch einmal das Glück herausfordern und noch einmal so tief und einsam im Jaguarland zelten, wo es schon wieder heißt, hier leben besonders viele Jaguare, wie Adriano extra gewarnt hat. Aber rein vom Zeitablauf wäre es nun mal heute Abend sehr unpraktisch, noch mal aus diesem schönen Gebiet herauszufahren. Am Ufer des großen Stromes wäre es übrigens auch nicht unbedingt sicherer als hier. Vor allem hätten wir auch dort wieder ein ganzes Weilchen nach einem Schlafplatz suchen müssen.

                                                                                                                                  Mein Zelt kommt auf einen eigenartigen Platz, der frei von Falllaub ist. Der gäbe einen schönen Jaguar-Ruheplatz ab:


                                                                                                                                  Schnell stehen die Zelte, ich dusche im klaren Wasser, wir füllen unsere Wasserflaschen auf. Feierabend.





                                                                                                                                  Das Kochen sparen wir heute und knabbern ein paar süße Kekse. Die Hitze ist einfach noch zu groß, selbst hier im Schatten des Blätterdaches.

                                                                                                                                  Hier sind wir wirklich an einem einzigartigen Platz im Pantanal, tief abgelegen in der Wildnis. Ein schöner Sonnenuntergang, viele Tierstimmen am Abend, Vogelkonzert, Brüllaffen-Chor, mehrfach bewegte Unterwasserjagd vor unserem Rastplatz. Für mich ist so etwas wie hier der perfekte Ort, das Pantanal zu erleben.









                                                                                                                                  Es gibt kaum lästige Insekten. Selbst nach Sonnenuntergang hält sich die Mückenplage in Grenzen. Ich hoffe, dass uns der Jaguar diese Nacht ferner bleibt als vor 3 Tagen. Die Grenzen unseres Reviers hier haben wir jedenfalls zu allen Seiten hin markiert.
                                                                                                                                  Zuletzt geändert von Spartaner; 02.02.2021, 12:06.

                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                    Lebt im Forum
                                                                                                                                    • 24.01.2011
                                                                                                                                    • 5056
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                                                                                                                                    Es ist sehr still hier in der Nacht, einige Insekten und Laubfrösche sind zu hören, aber kaum Vögel. In der Ferne hört man bei der Stille gerade so noch die vereinzelten Schiffe auf dem 3km Luftlinie entfernten Rio Paraguai.

                                                                                                                                    Im Morgengrauen erwacht die Natur wieder. Ich liege im Zelt und schnappe ich mir das Tonaufnahmegerät:


                                                                                                                                    Um 6 Uhr rum hört sich das so an:


                                                                                                                                    Das ist eine reine Tonaufnahme. Dominant im Vordergrund ist ein Ockerbauch-Schattenkolibri, Buff-bellied Hermit, Rabo-branco-de-barriga-fulva (Phaethornis subochraceus Todd, 1915) zu hören. In der Ferne brüllen ein paar Brüllaffen, und 3 mal hört man das tiefe Brüllen der Kaimane in der Nähe.

                                                                                                                                    Ich habe meine Tonaufnahme im Video zusätzlich illustriert mit einem Foto des Ockerbauch-Schattenkolibris, welches mir Gerald, unser ODS-Wildniswanderer, zur Verfügung gestellt hat. Er hat es 2016 im Noel Kempff Mercado Nationalpark aufgenommen, und zwar oben auf dem Huanchaca-Plateau, einem der entlegensten Orte in Südamerika, ~550km nordöstlich von meinem Standort hier im Sumpf an der Mata Cachorro.

                                                                                                                                    Die Huanchaca-Hochebene ist eine sehr abgelegene, riesige Sandstein-Meseta, die sich 500m über den umgebenden Regenwald zu einer Hochebene aus Grasland und trockenen Cerradowäldern erhebt, von wo aus spektakuläre Wasserfälle die steile Böschung hinunter in die Flüsse des Parks stürzen. Diese abgelegene Hochebene erstreckt sich über 7000km², knapp die Hälfte des Nationalparks, und inspirierte Sir Arthur Conan Doyle zu seinem Roman ‘Die vergessene Welt’ - zumindest laut Colonel Percy Harrison Faucett, dem legendären britischen Entdecker, der die Hochebene als erster Europäer sah, als er 1910 hierher kam, um die Grenzen Boliviens zu vermessen, und der die Landschaft später Conan Doyle in London beschrieb.

                                                                                                                                    Das Brüllaffen-Bild ist aus https://youtu.be/_NHBKei0gPE
                                                                                                                                    Der Kaiman-Ausschnitt ist stumm und beschnitten aus https://youtu.be/dzX9q-9Rj4g, wobei der Ton aber mein Originalton ist.


                                                                                                                                    Später sitze ich beim Frühstück mit Blick auf das Wasser und dem Kaffee in der Hand, da taucht direkt vor mir groß ein Riesenotter auf, schaut mir in die Augen und taucht wieder ab. Wieder gibt es eine wilde Unterwasserjagd vor unserem Lagerplatz.





                                                                                                                                    Das ist der Blick aufs Wasser, den Augenblick selbst habe ich natürlich nicht festhalten können, das ging alles zu schnell.

                                                                                                                                    Die Cacique, schwarze Vögel in Amsel-Größe, füttern wieder ihre Kleinen an den Hängenestern überm Boot.

                                                                                                                                    Heute machen wir einen Sonntagsausflug die Mata Cachorro aufwärts. Mal sehen, wie weit wir kommen.

                                                                                                                                    Kurz vor 9 sind wir bereits auf dem Wasser. Wir paddeln die Mata Cachorro weiter aufwärts gegen den Strom:








                                                                                                                                    Wieder schlängelt sich eine schmale offene Fließrinne durch ein breites Flussbett, welches von Unterwasser- und Schwimmblattpflanzen eingeengt wird, welches fast das gesamte Flussbett einnimmt, hauptsächlich die Azurblaue Wasserhyazinthe (Eichhornia azurea):






                                                                                                                                    Kann es sein, dass der Nährstoffgehalt des Wassers hier schon so gering ist, dass die Wasserhyazinthen kaum noch groß wachsen?

                                                                                                                                    Blüte einer Unterwasserart:


                                                                                                                                    Sehr schön, dieser Bach oder besser Fluss. Die Breite des offenen Gerinnes beträgt zwar nur 1 - 5, maximal 10m, aber der Durchfluss gleicht etwa dem der Müggelspree oder auch mehr. Viel fließt auch noch unter der Eichhornia-Pflanzendecke ab, die das offene Gerinne einengt. Wieviel das ist, lässt sich nur schwer einschätzen.

                                                                                                                                    Man sieht das ganz gut hier in diesem Ausschnitt aus der Google-Satellitenkarte:

                                                                                                                                    Link zur Google-Satellitenkarte mit meinen Tracks von heute

                                                                                                                                    Die grünen Bereiche sind Seggenwiesen und Wald- bzw. Buschgruppen. Der breite dunkle Bereich ist das eigentliche Gewässer, also ein Fluss von ~100m Breite, der hier von Ost nach West strömt. Der größte Teil der Fläche ist aber von Schwimmpflanzen, zB der Azurblauen Wasserhyazinthe (Eichhornia azurea) bewachsen. Die freie Fließrinne ist auch hier im Bild nur ~5 - 10m breit, manchmal gibt es auch breitere offene Ausweitungen. Es wird im weiteren Verlaufe der Trockenzeit aber sicher auch Phasen geben, wo die gesamte Oberfläche des Flusses mit Schwimmblattpflanzen zugewachsen ist.
                                                                                                                                    Wir müssen ganz schön paddeln und kommen nur langsam gegen die flotte Strömung und den teilweise heftigen Gegenwind voran (3.2 - 3.3km/h).

                                                                                                                                    Die Landschaft drumherum ist geprägt von großflächigen Seggenwiesen und Büschen und niedrigen Bäumen, die teilweise voll im Wasser stehen:


                                                                                                                                    Und ganz in der Ferne sieht man noch die Berge der Serra do Amolar über die Sumpfebene des Pantanal ragen.







                                                                                                                                    Teilweise sind ehemals hohe Wälder abgestorben, es ragen nur noch kahle Stämme empor:




                                                                                                                                    Ganz selten ist es auch mal über die gesamte Breite zugewachsen, so dass wir uns durch die Wasserhyazinthen kämpfen müssen, und ganz selten verzweigt es sich, wobei wir auch da mal in zugewachsene Enden geraten.

                                                                                                                                    Oft sind die Ufer unzugänglich:


                                                                                                                                    Selten gibt es seenartige Erweiterungen, und selten auch hohe Bäume auf kleinen Landflecken:






                                                                                                                                    Das Wasser ist für einen Sumpf im Flachland extrem klar:






                                                                                                                                    Der Grund ist von Wasserpflanzen bestanden, dunkel schlammig oder torfig oder sandig hell. Manchmal vertieft sich das Gerinne mehrere Meter, dann scheint der Grund aus Lehm oder Torf zu bestehen. Wobei ich jetzt gar nicht sicher bin, ob in diesen tropischen Sümpfen überhaupt Torf akkumuliert.

                                                                                                                                    An den Büschen und Bäumen erkennt man vielerorts eine scharf abgegrenzte Wasserlinie, die den höchsten Wasserstand der letzten Monate anzeigt, mehrere Meter hoch, vielleicht 2 - 3m über dem jetzigen Stand:








                                                                                                                                    Zu Hochwasserzeiten steht hier also alles flächendeckend unter Wasser, auch die zZ trockenen Landflächen, auf denen die Baumgruppen stehen.

                                                                                                                                    Tiere sind nicht sehr häufig zu sehen. Aber manchmal haben wir Glück. Selten flüchtet ein zwischen den Schwimmblattpflanzen liegender Kaiman mit lautem Platschen, öfter noch sehen wir Wasserschweine. Auch hier mehrfach panische Flucht ins Wasser mit ihren typischen Köppern.

                                                                                                                                    Wasserschwein


                                                                                                                                    Eine neue Art, der Fischbussard, Black-collared hawk, Gavião-belo (Busarellus nigricollis):






                                                                                                                                    Schwarzbussard, Great black hawk, Gavião-preto (Buteogallus urubitinga):


                                                                                                                                    Riesenotter:






                                                                                                                                    Cocoireiher:


                                                                                                                                    Fische sehen wir während der Bergfahrt wenige, zurück viel mehr. Die einzigen Fische, die ich wiedererkenne, sind von einer Art mit 3 großen dunklen Flecken Richtung Schwanz, dem Dreipunkt-Engmaulsalmler, Piau-Três-Pintas (Leporinus friderici):

                                                                                                                                    Foto: Citron CC BY-SA 3.0

                                                                                                                                    Er kann eine Länge von ~40cm und ein Gewicht von ca. 1½kg erreichen und ist ein beliebter Speisefisch.

                                                                                                                                    Um 10, nach 4.3km stromaufpaddeln, verlassen wir den Bereich des Satellitenbildes, dass ich vor der Tour heruntergeladen hatte. Ab jetzt fahren wir völlig ohne Karte durch dieses reich strukturierte Sumpfgebiet. Ich fühle mich dennoch recht sicher, denn allzu viel kann ja nicht schiefgehen. Zurück müssen wir ja nur dem strömendem Wasser folgen. Außerdem haben wir den GPS-Track auf dem Smartphone.

                                                                                                                                    Um 11, nach knapp 7km stromaufpaddeln, erreichen wir den Abfluss eines Sees, markiert durch einen Motorradhelm, der auf einem Baum aufgepflanzt wurde. Oh menno, waren wir wieder nicht die ersten hier



                                                                                                                                    “So erhält mein Gefühl in der Wildnis zu sein, leider erst einmal einen Knacks…” ©

                                                                                                                                    Extrem flach führt ein Kanal nach Süden in Richtung See bzw. Sumpf:






                                                                                                                                    Das Wasser fließt aus dem See heraus. Das spricht wohl für ablaufendes Hochwasser, denn von Süden nach Norden sollte hier ansonsten nicht viel fließen, oder?.

                                                                                                                                    Auf den See/Sumpf fahren wir nicht weiter raus. Der Wind bläst uns entgegen, wir kehren um und machen auf einer sehr flachen, nassen Sandbank ½h Steh- und Duschpause:


                                                                                                                                    Gehäuse der Apfelschnecke:


                                                                                                                                    Apfelschnecken, die Aruás (Pomacea lineata) findet man häufig in den Sümpfen des Pantanals.





                                                                                                                                    Nach der erfrischenden Pause paddeln wir die Mata Cachorro weiter stromauf. Der Fluss wird flacher, Baumreste und kleinere lebende Bäume stehen direkt im Flussbett. Die Strömung zieht ganz schön, aber der Grund ist flach und fest genug um zu stehen. Hier könnte ich mal schnorcheln gehen. Bisher habe ich mich nicht getraut, aus dem Boot zu steigen, weil ich ohne Stand nur mit großer Anstrengung und alles nass machen wieder hereingekommen wäre. Aber hier kann ich mal versuchen, mich unter Wasser umzusehen. Ein Stachelrochen oder eine Anakonda sind gerade nicht zu sehen.

                                                                                                                                    Wir binden den Kahn an einem Baum fest:


                                                                                                                                    Blick von oben aufs Wasser:




                                                                                                                                    Selbe Stelle, Blick stromab:


                                                                                                                                    Man erkennt ganz gut, wie schnell es hier strömt. Besser erkennt man das noch in dem Video hier:


                                                                                                                                    Ich gehe mit Tauchmaske rein, aber ohne Schnorchel und Flossen, die waren mir zu sperrig zum Mitnehmen. Die Maske habe ich schon seit 1992, mit starken optischen Gläsern aus dieser Zeit. Die Gläser sind nicht mehr ganz die richtigen, ich hatte so um die -6 Dioptrien und das hat sich seit den 90ern noch um 1 - 2 Dioptrien verstärkt und auch die Zylinderwerte verändert. Trotzdem ist die Sicht mit diesen Gläsern um Welten besser als ganz ohne Optik. Der Maskenkörper war nach 27 Jahren unter der Nase bereits verhärtet, und so habe ich das selbe Modell(!) vor der Tour nachgekauft und die uralten Gläser in den neuen Maskenkörper eingesetzt. Funktioniert bestens!

                                                                                                                                    Das Wasser ist absolut klar und ich schätze 6 - 8m Sichtweite unter Wasser, deutlich mehr als eine Bootslänge:


                                                                                                                                    45s Video unter Wasser von der selben Stelle in Zeitlupe mit ½ Originalgeschwindigkeit:


                                                                                                                                    Der Huminstoffgehalt ist gering. Mir ist ein Rätsel, wo all dieses Wasser herkommt. Ist das noch das ablaufendes Hochwasser? Wir sind ja hier schon im unteren Bereich des Pantanal, wo das Wasser später abläuft. Oder wird dieser Abfluss von einem Fluss gespeist? Ich vermute ersteres. Es sammelt sich halt von einer sehr großen Fläche.

                                                                                                                                    Lange bleibe ich nicht drin. Es ist auf Dauer auch gar nicht so warm. Eine ¼h später paddeln wir weiter stromauf. Die offene Fließrinne wird noch enger, so um 1m breit. Nach 400m endet der offene Kanal des Hauptlaufes. Er ist jetzt vollständig zugewachsen, aber im Satellitenbild noch über mindestens 12km klar zu erkennen (Fazenda Marilândia):

                                                                                                                                    GoogleMaps-Link

                                                                                                                                    Stattdessen kommt ein offenes Gerinne von Norden dazu:


                                                                                                                                    Dem folgen wir noch für ~200m und befinden uns jetzt am Auslauf eines weitläufigen Sumpfgebietes. Vor uns liegt eine ~13km² große offene Sumpffläche. Erst 2 bis 3km quer über den Sumpf sind wieder Baumbestände zu erkennen:


                                                                                                                                    Der größte Teil der Fläche ist mit Wasserhyazinthen und anderen Sumpfpflanzen bewachsen, es sind aber auch immer mal offene Wasserflächen eingestreut (Map).


                                                                                                                                    Hier beenden wir unseren heutigen Vorstoß in die Sumpfwildnis des Pantanal. Ich sende mit dem InReach Mini eine "Alles OK"-Meldung außer der Reihe vom tiefsten Inneren des Pantanals, welches wir erreicht haben. Wir sind ~9km Luftlinie vom Rio Paraguai entfernt. Hier ist weit und breit keine Siedlung möglich.

                                                                                                                                    (Fortsetzung folgt. Der Tag wurde geteilt, weil mehr als 3 Videos in einem Post nicht zugelassen sind )
                                                                                                                                    Zuletzt geändert von Spartaner; 02.02.2021, 12:25.

                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                      Anfänger im Forum
                                                                                                                                      • 10.02.2013
                                                                                                                                      • 27
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                                                                                                                                      einfach mal ganz großer Dank für diesen intensiven Bericht,

                                                                                                                                      das Lernen und Staunen hält an

                                                                                                                                      Knuttchen

                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                        • 5056
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                                                                                                                                        (Fortsetzung 22.9.2020, Mata Cachorro)

                                                                                                                                        Auch hier strömt es uns gut entgegen. Eine wirkliche Fließrinne ist voraus aber nicht mehr klar zu erkennen. Es ist tiefer als an der vorherigen Stelle und so verzichte ich darauf, selbst ins Wasser zu gehen. Wahrscheinlich wimmelt es hier von Piranhas, Kaimanen und Anakondas

                                                                                                                                        Aber die Kamera halte ich unter Wasser und kann so auch erstmals ein paar Fische “einfangen”:


                                                                                                                                        Neben den bereits bekannten Dreipunkt-Engmaulsalmlern sieht man einige xxx.
                                                                                                                                        Sieht von der Zeichnung her sehr ähnlich aus wie ein Augenflecksalmler, Aphyocharax paraguayensis, aber der ist nur bis 4.5cm lang. Meiner scheint mir deutlich größer zu sein, vielleicht 10 oder 20cm lang, und die helle “Seitenlinie” ist viel klarer gezeichnet.

                                                                                                                                        Diese Art ist also noch unbestimmt:


                                                                                                                                        Das Pantanal beherbergt wesentlich mehr Fischarten als bisher angenommen. Allein in den vergangenen vier Jahren haben Forscher der Liste der Fischarten des Pantanals weitere 104 Fischarten hinzugefügt. Mit ihrer Arbeit ist die Gesamtzahl um 40 Prozent gestiegen. Bisher zählte die Liste der im Pantanal vorkommenden Fischarten etwa 260 verschiedene Arten, darunter viele endemische Arten (1, 2).

                                                                                                                                        Wir könnten jetzt die große Sumpffläche noch weiter vorwärts kommen. Aber das erscheint mir nicht mehr richtig spannend. Nach einer ¼h kehren wir um und verlassen diesen zivilisationsfernsten Ort, den wir im Pantanal aufgesucht haben.

                                                                                                                                        Beginn des Rückwegs:


                                                                                                                                        Mit der Strömung paddelt es sich federleicht:














                                                                                                                                        Auf dem Rückweg versuchen wir weitere Filmaufnahmen. Über Wasser mit der Sony RX10M4, Unterwasser mit der neuen Olympus TG-6.

                                                                                                                                        Überwasser:


                                                                                                                                        Unterwasser sieht es auch gut aus:


                                                                                                                                        An Fischen sind 3 Arten zu sehen, zuerst ein paar Dreipunkt-Engmaulsalmler, dann einige Piraputanga (Brycon hilarii, der mit der roten Schwanzflosse), und eine große Schule einer dritten Art, die ich nicht sicher erkennen kann. Sehr wahrscheinlich handelt es sich um den Barbensalmler (Prochilodus lineatus).

                                                                                                                                        Die letztgenannte Art ist die am häufigsten vorkommende Fischart im gesamten Flusssystem des Río de la Plata, wozu auch der Rio Paraguai und das Pantanal gehören. Rund 60% der gesamten Fischbiomasse stellt alleine diese eine Art!
                                                                                                                                        Sie fressen Detritus, also abgestorbene Pflanzenteile, und bilden die wichtigste Nahrungsgrundlage vieler größerer Raubfische, wie zB dem Dourado und den Pseudoplatystoma-Welsen.
                                                                                                                                        Richtig ausgewachsen ist der Barbensalmler um 45cm lang, die größten Exemplare erreichen 80cm Länge und eine Masse von 9kg. Er wird auch in industriellem Maßstab befischt, Fischmehl und Fischöl daraus exportiert, was seine Bestände in Argentinien bereits örtlich bedroht.

                                                                                                                                        Fremdbild, auf dem man die Fische besser erkennt:

                                                                                                                                        Eine Schule Barbensalmler, Prochilodus lineatus (und ein einzelner Piraputanga, Brycon hilarii, oben links)
                                                                                                                                        Foto Jonas Techy Potrich, CC BY-SA 3.0

                                                                                                                                        Meine Unterwasseraufnahmen scheinen recht dunkel zu werden. Ich hatte das Gerät so eingestellt, dass sich die Belichtung während des Filmens nicht ständig automatisch anpasst. Und da die Kamera die Belichtung über der Wasseroberfläche fixiert hat, wurde es darunter zu dunkel. Die zu dunklen Aufnahmen ließen sich aber in der Nachbearbeitung aufhellen.
                                                                                                                                        Um das Ergebnis kontrollieren zu können kopiere ich die Filme aufs Smartphone. Allerdings ist es auch damit in der prallen Sonne nahezu unmöglich, die Aufnahmen ausreichend einzuschätzen.
                                                                                                                                        Teilweise sind die Filmchen was geworden. Ich musste nur erkennen, dass die Clips mit den derzeitigen Voreinstellungen nach 1min19sec automatisch enden (Aufnahme 120 Bilder pro Sekunde, FullHD, Wiedergbe mit 30fps, kein Ton).

                                                                                                                                        Andere haben das Gebiet übrigens auch bereits als außergewöhnlichen Tauchplatz entdeckt: “Mata Cachorro River, by Luciano Candisani”, und ich bin sicher, auch diese schönen Filmchen sind hier in der Nähe entstanden: Swimming with Brazil's Caimans, und “Croc”.

                                                                                                                                        Für die Nacht wollen wir einfach unseren letzten Übernachtungsplatz wieder ansteuern. Andere Möglichkeiten sehen wir unterwegs nicht.

                                                                                                                                        Kurz vor dem Ziel beobachten wir ein Wasserschwein, dass cool zwischen den Uferpflanzen sitzen bleibt, und sich weder von uns noch von der Jaçanã (Rotstirn-Blatthühnchen) stören lässt:




                                                                                                                                        Wir beobachten noch das Wasserschwein, da kommt doch am späten Nachmittag tatsächlich noch ein Schnellboot mit 3 Männern angerast, 2 Angeltouristen und ihr indianischer Bootsführer:


                                                                                                                                        Das Boot heißt “Celebridade” = Ruhm, Berühmtheit:


                                                                                                                                        Der Name des Bootes verrät uns, woher es kommt. Die Touristen wohnen auf dem Barco Hotel "Celebridade", einem Schiffshotel mittlerer Größe, welches Corumbá als Heimathafen hat und regelmäßig Angeltouristen auf dem Rio Paraguai spazieren fährt (Werbefilmchen Barco Hotel Celebridade - Expedição Pantanal 2017). Auf deren Facebook-Seite sieht man, dass auch hier noch regelmäßig prächtige, große Fische aus dem Wasser gezogen werden.

                                                                                                                                        Kurz darauf kommt ein zweites Boot, später noch ein drittes. Das dritte kehrt nach wenigen hundert Metern um, die anderen beiden rasen erst wieder nach Sonnenuntergang an unserem Schlafplatz vorbei. Keiner scheint unser Lager erkannt zu haben, vermuten wir. Wir habe auch extra das Boot an Land gezogen, ich möchte hier nicht unbedingt wahrgenommen werden.





                                                                                                                                        17½km sind wir heute unterwegs gewesen. Abends habe ich noch einmal eine "Alles OK"-Meldung abgesetzt. Heute ging sie, im Gegensatz zu gestern, ohne Probleme mit dem GPS-Empfang raus, wenn auch erst nach langer Wartezeit. Ich finde es aber schon bemerkenswert, dass mein Billig-Smartphone problemlos ein genaues GPS-Signal bekommt, der Spezialist Garmin beim InReach Mini aber Schwierigkeiten mit dem GPS-Empfang unterm Blätterdach hat.

                                                                                                                                        Die Strava-Heatmap, die mir schon die Wege der Jaguar-Touristen anschaulich machte, zeigt mir hier einen einzigen Track, der in die Mata Cachorro führt:


                                                                                                                                        Dieser führt bis zu dem Abzweig in den See, der mit dem Motorradhelm markiert war, und dann einen See, der von da aus weiter im Westen liegt. Ganz sicher wieder ein Angelrevier. Das rote Kreuz, dass ich weiter östlich eingezeichnet habe, ist der Punkt, an dem wir heute letztlich umgekehrt sind.




                                                                                                                                        Die Katastrophe am Rio Taquari

                                                                                                                                        Von der ‘Katastrophe am Rio Taquari’ habe ich erst 3 Tage später das erste mal etwas gehört. Aber inhaltlich passt es hier.

                                                                                                                                        Der Rio Taquari, in dessen nassem Delta wir uns gerade aufhalten, ist ein 842km langer linker Nebenfluss des Rio Paraguai. Er war früher schiffbar und eine wichtige Lebensader des Pantanal. Sein riesiger Schwemmfächer von 55509km² nimmt 36% der Gesamtfläche des saisonal überschwemmten Pantanals ein (Taquari megafan):

                                                                                                                                        Bild Embrapa, Open Access Embrapa Technological Information Repository, verändert

                                                                                                                                        Damit ist der Schwemmfächer des Rio Taquari fast 10x größer als das Donaudelta und mehr als doppelt so groß wie das Nildelta!

                                                                                                                                        Das folgende Bild zeigt einen Bereich des Deltas des Rio Taquari zu 2 verschiedenen Zeitpunkten, Dez 1984 und Dez 2016:


                                                                                                                                        2016 sind die dunklen Bereiche im Bild deutlich größer als 32 Jahre zuvor. Im Vergleich lässt sich das schön nachvollziehen. Das animierte Vollbild mit den beiden Abbildungen im Wechsel sieht man nur, wenn man auf das angezeigte Bild klickt.

                                                                                                                                        Hier ein ähnlicher Vergleich Sep 1989 zu Aug 2014, also garantiert ohne jeden Einfluss der Regenzeit.

                                                                                                                                        Diese dunklen Bereiche sind Sumpfländer, dauerhaft überschwemmtes Gebiet, genau solche Wasserflächen, wie wir sie an unserem zivilisationsfernsten Punkt im Pantanal überschaut haben (Bild). Tatsächlich haben sich diese Flächen hier stark ausgebreitet, viele Farmen auf ehemals trockenem Land sind im Laufe von 2 - 4 Jahrzehnten abgesoffen. Was ist da passiert?

                                                                                                                                        Der Grund für die ‘Katastrophe’ ist die verstärkte Erosion im hochgelegenen Einzugsgebiet (EZG) des Rio Taquari, also oberhalb der Stadt Coxim. Zwar gab es hier schon natürlicherweise eine hohe Erosion (ohne deren Sedimente wäre der Sedimentfächer des Rio Taquari nicht zu seiner enormen Größe angewachsen), aber die drastisch verstärkte Erosion im EZG hat in den letzten 40 Jahren zu massiven Veränderungen am Fluss Taquari geführt.

                                                                                                                                        Erosion im EZG des Rio Taquari:

                                                                                                                                        Bild Embrapa, Open Access Embrapa Technological Information Repository

                                                                                                                                        In den 70er Jahren gab es Regierungsprogramme, die finanzielle Anreize gaben, um die damals wenig erschlossenen Weiten des Westens Brasiliens zu kultivieren. Hervorzuheben ist POLOCENTRO, ein Bundesprogramm von großer Bedeutung, das zwischen 1975 und 1984 in der Cerrado-Region umgesetzt wurde.
                                                                                                                                        Im Jahr 1977 nahmen Äcker und Weiden nur 3.4% des Alto-Taquari-Beckens ein, der Rest war noch Natur, überwiegend Cerrado-Waldsavanne. Damals wurde nach der Abholzung 2 oder 3 Jahre lang Reis angebaut, später wandelten sich diese Gebiete zu Weideflächen für Rinder.

                                                                                                                                        Um das Jahr 2000 maßen die von Landwirtschaft und Viehzucht genutzten Flächen 61.9% des EZG, d.h. in nur 26 Jahren nahmen die von Landwirtschaft und Viehzucht genutzten Flächen mehr als 18-fach zu.

                                                                                                                                        Diese Zunahme der Landnutzung mit der damit verbundenen Entwaldung und Zerstörung des Oberbodens bewirkte die massive Erosion der Landflächen. Die Sedimente wurden vom Rio Taquari in sein Delta transportiert und lagerten sich in den langsamfließenden Abschnitten ab. Zunächst erhöhen sich dabei die Uferbänke und der Flussgrund wächst mit. Später werden die Uferbänke während Hochwasser an manchen Stellen durchbrochen und der Fluss ergießt sich in das tieferliegende Umland, sucht sich einen neuen Lauf, verzweigt sich, etc. So wird nach und nach das gesamte tiefliegende Land erhöht. Die ursprünglich auf höhergelegenen Stellen errichteten Fazendas werden vom wachsenden Sumpf verschlungen. Das ist in diesem Gebiet tatsächlich dutzende Male passiert. Heute existiert entlang des früheren Flusslaufes des Rio Taquari kaum noch eine intakte Fazenda. Im Film “Ruivaldo, o Homem que Salvou a Terra” (“Rivualdo, der Mann, der das Land gerettet hat”) zeigen die ersten Aufnahmen die überschwemmten Gebiete des Schwemmfächers des Rio Taquari, am Ende die Reste seiner Farm.

                                                                                                                                        Seit mindestens 20 Jahren wird die Katastrophe wissenschaftlich untersucht und im EZG werden Maßnahmen umgesetzt, um die Erosion einzudämmen, Aufforstung etc.

                                                                                                                                        Die im Luftbild oben schwarz erkennbaren ständig unter Wasser stehenden Sumpfflächen sind relativ gut vom Wasser des Rio Taquari durchströmt. Dabei bleiben mineralische Schwebstoffe und Algen nach und nach zwischen den Wurzeln der Wasserhyazinthen hängen und lagern sich am Grund ab. Das Wasser wird wegen der enormen Ausdehnung dieser Gebiete kristallklar. Es wird bereits überlegt, dieses neue Biom 'Payaguás do Xarayés' als Touristenattraktion zu vermarkten, ähnlich wie in Bonito.

                                                                                                                                        Naja, bisher ist es wohl eher ein Geheimtipp, so wie wir das Gebiet kennengelernt haben. Anders als in Bonito trifft eine touristische Erschließung auch auf bedeutende Hindernisse. Allein die Entfernungen zwischen diesen neuen Flächen und der ersten erreichbaren Unterkunft auf trockenem Land sind viel zu groß. Das wird so schnell nichts werden.

                                                                                                                                        Wie finanziell lohnender Tourismus und Naturschutz organisiert werden kann, haben sich die im Pantanal tätigen Chefs der Organisationen “Instituto Homem Pantaneiro” Ângelo Rabelo und “PantheraRafael Hoogesteijn und einige ausgewählte Mitarbeiter auf einer Dienstreise in das Okawango-Delta 2019 angesehen, dokumentiert in diesem schönen Filmchen. Natürlich ist das nicht die Art von Tourismus, die ich selber betreiben würde, aber durchaus lohnend für die Natur und ihre Anwohner.

                                                                                                                                        Filmchen mit Luftaufnahmen Payaguás dos Xarayés (1:13) vom Instituto AGWA Soluções Sustentáveis (mit englischen Untertiteln). Langfassung 10min: Instituto AGWA - Taquary, seu desastre e transformação no Payaguás dos Xarayes. Unterwasserschnipsel.
                                                                                                                                        Zuletzt geändert von Spartaner; 23.02.2021, 14:29.

                                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                                          Lebt im Forum
                                                                                                                                          • 24.01.2011
                                                                                                                                          • 5056
                                                                                                                                          • Privat


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                                                                                                                                          Montag, 23.09.2019, Porto de São Francisco, 31km
                                                                                                                                          Die Nacht war wieder sehr leise hier im abgelegenen Dschungel. Erst als es dämmert, beginnt ein Vogelkonzert. Auch die Brüllaffen tragen wieder ihr Scherflein bei. Dazu ein paar wenige große Kaimane mit ihren mächtigen Brüllern. Ein Jaguar in der Ferne.

                                                                                                                                          Eine kleine Hörprobe:


                                                                                                                                          Dominant sind hier die Rufe des Schwefelmaskentyrann, Great Kiskadee, Bem-te-vi (Pitangus sulphuratus) im Vordergrund (siehe Foto ↓). Im Hintergrund die Brüllaffen.


                                                                                                                                          Foto Mike & Chris, CC-BY-SA-2.0

                                                                                                                                          Der Vogel ist ein wirklicher Tyrann, nicht nur wenn er morgens schläfrige Paddler weckt, auch sonst, wenn er sich zB auf Greifvögel stürzt, um ihnen auf die Nerven zu gehen. Ähnlich wie unsere Rabenvögel, die auch gerne Adler und Bussarde ärgern.

                                                                                                                                          Übrigens gibt es auch auffällig wenige Lästlinge hier, tagsüber keine Mücken, auch nur wenige der besonders gerne an den Knöcheln beißenden, ständig aufdringlichen Fliegen.

                                                                                                                                          Das Zelt im Dschungel, etwas Morgensonne:


                                                                                                                                          Das morgendliche Wasserfiltern macht besonders Spaß, wenn schon das Rohwasser so extrem klar ist:


                                                                                                                                          Aber auch die trüben Wässer zu filtrieren hat mir bisher immer wieder Freude bereitet. Zu Beginn jeder Filteraktion sieht man schön, wie der Selbstreinigungsmechanismus des MSR Guardian funktioniert. Dann wird eine extrem trübe Brühe (mit Partikeln vom Vortag, die sich wohl wieder gelöst haben) aus dem zweiten Schlauch nach draußen befördert. Das lässt nach ein paar Pumpenhüben schnell nach, zumindest sieht man es dann nicht mehr so deutlich. Dieser Wasserfilter war eine der besten Anschaffungen für solch eine Tour!

                                                                                                                                          Das schöne Flusswasser hier direkt ohne Behandlung zu trinken riskieren wir nicht.

                                                                                                                                          Noch während wir frühstücken rast um 08:00 Uhr das erste Angeltouristenboot an uns vorbei die Mata Cachorro stromauf, ohne uns zu bemerken.

                                                                                                                                          Wir machen uns kurz vor 9 Uhr auf zur Rückfahrt die Mata Cachorro stromab:




                                                                                                                                          Auf dem See ein Boot mit 3 Anglern (nicht im Foto):


                                                                                                                                          Am Horizont sehen wir die Berge südlich der Laguna Mandioré, 8 bis 14km entfernt und bis zu 640m hoch:


                                                                                                                                          Wir versuchen einen alternativen Ausgang aus dem System, der uns bei km 708 wieder auf den Hauptstrom gebracht hätte. Über diesen Altarm des Rio Paraguai fließt offenbar eine ganze Menge des klaren Wasser aus dem nassen Delta des Rio Taquari ab und mündet nach 5½km in den Rio Paraguai. Das Satellitenbild zeigt nur ein einziges Hindernis 600m vom Südausgang des Sees, ein Verblockung durch Pflanzenmassen.

                                                                                                                                          Vielleicht wurde diese Verblockung während vergangener Hochwässer weggespült? Wir schauen nach, ob sich eine Lücke findet.

                                                                                                                                          Dem ist aber leider nicht so. Hoch türmen sich die Pflanzenmassen. Wieder hauptsächlich die beiden dominanten Arten, Wasserhyazinthen und der Knöterich, der die Sandbänke überwuchert. Es ist wohl doch ein permanentes Hindernis. Ich bin aber sicher, dass es darunter durchfließt.
                                                                                                                                          Ich schaue noch kurz nach, ob man das Hindernis auf Land umgehen könnte, bleibe aber nach ~30m im dornigen Dschungel stecken.

                                                                                                                                          Also Umkehren:


                                                                                                                                          Wir paddeln jetzt genau den selben Weg zurück, den wir vorgestern hineingefahren sind.

                                                                                                                                          Wieder auf dem See, Blick nach Norden auf die letzten, südlichen Ausläufer der Serra do Amolar:


                                                                                                                                          Kanalstrecke mit Galeriewald:






                                                                                                                                          Groß gewachsene Wasserhyazinthen, Mastexemplare:




                                                                                                                                          Um ½11 sind wir wieder auf dem Hauptstrom des Rio Paraguai. Insgesamt haben wir hier >29km auf den klaren Wassern des Rio Taquari-Deltas zurückgelegt (ein paar Kilometer kommen morgen noch dazu).

                                                                                                                                          Der Rio Paraguai ist in dieser Gegend bis zu 360m breit:


                                                                                                                                          Nach kurzer Zeit begegnet uns ein Riesenotter.

                                                                                                                                          Leichte Erhebung mit hochgewachsener Waldsavanne, Cerrado:




                                                                                                                                          Die Berge im Hintergrund machen ebenfalls noch den Eindruck absolut unberührter Natur.

                                                                                                                                          Nach 5km auf dem Rio Paraguai verlassen wir den Hauptstrom und machen einen Umweg auf schmaleren Kanälen. Zunächst biegen wir nach Westen ein auf den 40 - 50m breiten und 2km langen Zubringer zum Canal Mandioré:


                                                                                                                                          Ansiedlung von Fischern:




                                                                                                                                          Halsband-Wehrvogel auf wackliger Warte:






                                                                                                                                          Hier erreichen wir den Canal Mandioré:


                                                                                                                                          Auf dem Canal Mandioré, Blick nach Westen:


                                                                                                                                          Von hier aus sind es noch ~4km Luftlinie bis zur bolivianischen Grenze, oder 11km Wasserweg auf großen Schleifen auf dem Kanal.

                                                                                                                                          Der insgesamt 28km lange Canal Mandioré ist der Ausstrom aus der Laguna Mandioré, einem 152km² großen Pantanal-See auf der Grenze zwischen Bolivien und Brasilien mit stellenweise weißen Stränden, bisher noch nicht touristisch erschlossen.


                                                                                                                                          NASA 2008, public domain

                                                                                                                                          Der Canal Mandioré ist fast halb so breit wie der Rio Paraguai, hier zwischen 80 und 200m. Das linke Ufer ist eine relativ junge Aufschüttung des Rio Paraguai, das rechte Ufer dagegen ist altes Land, höher und streckenweise mit hohen Palmen und anderen Bäumen bewachsen.

                                                                                                                                          Das Wasser strömt aber nur minimal aus dem großen See. Die Wasserqualität unterscheidet sich offensichtlich auch nicht vom Rio Paraguai. Fließt der schon irgendwo weiter oben dazu? In die Laguna? So weit ich erkennen kann, nein. Oder strömt so wenig Wasser aus dem See, dass wir hier nur das Wasser des Rio Paraguai haben, welches gerade über unseren schmaleren Zubringer-Arm eingeströmt ist? Oder stammt die Trübung etwa nicht von Tonpartikeln, sondern von planktischen Mikroalgen?

                                                                                                                                          Schöne Hügellandschaft südlich/südwestlich des Canal Mandioré:




                                                                                                                                          Cerrado-Vegetation, etliche Bäume haben in der Trockenzeit das Laub abgeworfen:


                                                                                                                                          Cocoireiher:


                                                                                                                                          ¾12 machen wir eine kurze Schattenpause am Ufer des Canal Mandioré:




                                                                                                                                          Ein paar Meter weiter machen wir noch ¼h Steh- und Duschpause:


                                                                                                                                          Besonders gemütlich ist es hier nicht, die steilen Ufer sind schlammig, so dass wir uns bald wieder auf den Weg machen.

                                                                                                                                          Eine ½h später sind wir wieder auf dem großen Rio Paraguai. 400m entfernt tuckert eines der Barco Hotels mit Angeltouristen talwärts:




                                                                                                                                          Wir folgen dem Strom aber jetzt nicht weiter, sondern queren ihn nur und fahren gegenüber in einen weiteren, 2½km langen Seitenkanal (Map). Dieser ist schmaler als der Canal Mandioré, nur 50 - 60m breit.

                                                                                                                                          Blick vom Eingangsbereich des Seitenkanals nach Norden über eine seenartige Verbreiterung, im Hintergrund die Serra do Amolar in 18 - 40km Entfernung:


                                                                                                                                          Schlangenhalsvogel:


                                                                                                                                          Wasserschweine am Ufer, es waren 2 Halbwüchsige:


                                                                                                                                          Hier erwische ich mal eines der Kleinen beim Hechtsprung ins Wasser:

                                                                                                                                          Mit Klick aufs Bild gibt es eine Animation

                                                                                                                                          Wir haben die Wasserschweine (und sogar Kaimane) ja schon öfter so schwungvoll ins Wasser hechten sehen, aber meist haben wir sie vorher gar nicht gesehen. So waren wir immer überrascht und kein Foto möglich.

                                                                                                                                          Um 2 sind wir wieder auf dem Hauptstrom, Blick nach Norden:




                                                                                                                                          Wir brauchen wieder eine Pause, aber an Land findet sich kein einladendes Plätzchen. So machen wir diesmal Pause auf dem Wasser, legen die Beine hoch und lassen uns mit 1.86km/h treiben:




                                                                                                                                          Da es zur Zeit fast windstill ist, kann man die 1.9km/h hier mit der genauen Fließgeschwindigkeit des großen Rio Paraguai gleichsetzen. Am Track kann ich sogar sehen, dass die Fließgeschwindigkeit zum Ufer hin abnimmt. Im Hauptstrom treiben wir mit 2.1km/h, in Ufernähe nur noch mit 1.6km/h. Zum Vergleich: mit Paddeln bewegen wir uns hier mit 6 - 7km/h.

                                                                                                                                          Um ½3 testen wir dann doch noch etwas, was aussieht wie eine Pausen-Sandbank. Man will sich ja schließlich mal die Beine vertreten und evtl. wieder duschen. Aber wir versinken schnell bis über die Knöchel im lockeren Sand/Schlamm und paddeln weiter.

                                                                                                                                          700m weiter fahren wir kurz in einen Kanal, der wieder klares Wasser bringt:




                                                                                                                                          Hier ist es ähnlich schön wie auf der Mata Cachorro heute früh, aber wir finden hier wie auch auf dem Satellitenbild so auf die Schnelle keine Zeltmöglichkeit:




                                                                                                                                          Wieder ein Halsband-Wehrvogel:


                                                                                                                                          1km weiter fahren wir eine 2km lange, fast geradlinige Abkürzung einer großen Stromschleife durch einen 30m breiten, fast geraden Kanal.

                                                                                                                                          Auf der Inselspitze ein Gehöft einer Fischerfamilie:


                                                                                                                                          Entlang des Kanals finden sich wieder keinerlei freie Zeltmöglichkeiten. Es ist einfach zu dicht bewachsen:






                                                                                                                                          So fahren wir 1km weiter über den großen Strom zur nächstgelegenen Bebauung. Der offene Uferstreifen würde einen guten Zeltplatz bieten:


                                                                                                                                          Wir fragen, ob wir am Ufer zelten dürfen. Ok, das ist kein Problem. Es ist ½4, als wir unser Lager aufschlagen. Nachdem Thomas seinem ersten Grundbedürfnis, dem Zeltaufbau, nachgekommen ist, kochen wir Nudeln mit Fisch zum Abendbrot:


                                                                                                                                          Ich baue das Zelt erst später auf, wenn die Sonne untergeht. Vorher sitze ich im Luftsofa und versuche, ein bisschen von der Vogelwelt einzufangen.

                                                                                                                                          Lehmhans - Rosttöpfer - Töpfervogel:








                                                                                                                                          Rotrückentaube, Pomba-galega (Patagioenas cayennensis), Mönchssittiche:



                                                                                                                                          Abenddämmerung, Sonnenuntergang:








                                                                                                                                          Die dominanten Vögel im Video sind Mönchssittiche (Myiopsitta monachus). Daneben hört man noch Haushühner von der Fazenda in meinem Rücken, und Dante Buzzetti hört daneben auch den Chacoguan (Ortalis canicollis) und den Weißbrust-Ameisenwürger (Taraba major).

                                                                                                                                          Wir sind an einem richtigen Cowboy-Hof angelandet, einer Fazenda nahe Porto São Francisco. 3 Vaqueiros wohnen hier, ein junger, auffällig blonder, ein normaler Caboclo, und ein ziemlich alter Mann, der sich wie wir am Fluss wäscht und die Pflanzen auf dem Beet mit mehreren Eimern Wasser aus dem Fluss gießt. Er kommt immer wieder wie ein kleines Rumpelstilzchen rüber, wie er kindisch keifend, fuchtelnd und rennend das gefräßige Vieh von seinen Gemüsepflanzungen vertreiben will.

                                                                                                                                          Mehrere Pferde laufen frei auf dem Gelände umher, dazu etliche der hellen Nelore-Rinder. Später kommt noch eine kleine Herde Wasserbüffel dazu. Sie schnuppern kurz an Thomas seinem Zelt, bleiben aber auf Abstand zu uns. Diese Wasserbüffel werden von den Naturschutzorganisationen wie dem Instituto Homem Pantaneiro (IHP) und Panthera hier im Pantanal den Bauern empfohlen als zusätzlicher Schutz der Nelore-Rinder vor dem Jaguar. Im Gegensatz zu den Rindern gehen die Wasserbüffel aktiv gegen den Jaguar vor, sollte eine Herde vom Jaguar angegriffen werden.
                                                                                                                                          So ganz ungefährlich sind die Büffel demnach wohl nicht.

                                                                                                                                          Mehrfach merken wir, wie unser Lager unter den Tieren Unruhe stiftet. Die Pferde quetschen sich erst angstvoll an uns vorbei, später dann nehmen sie lieber den Umweg rund um das ganze Gehöft, als noch einmal an uns vorbei zu laufen.

                                                                                                                                          Später, kurz nach Sonnenuntergang, wollen die Wasserbüffel baden gehen. Sie kommen vom hohen Ufer auf dem Weg zwischen zwei Gattern fast zu uns herunter. Nun stehen aber unsere beiden Zelte im Weg. Da stehen sie und stieren uns an. Was tun? Sie überlegen eine Weile, bis der Leitstier, offenbar auch der schlaueste unter ihnen, auf die Idee kommt, seitlich an den Zelten vorbei zu gehen. Tolle Idee. Zögerlich folgen die anderen.

                                                                                                                                          Sie baden eine ¼h genüsslich, tauchen auch längere Zeit mit dem Kopf unter Wasser, um den Insekten zu entkommen:


                                                                                                                                          Dann verlassen sie das Wasser 50m entfernt am Anlegeponton. Meine Aufnahme ging durch die Zeltgaze hindurch, deshalb ist sie nicht ganz scharf. Ich hatte keine Lust, mich den Myriaden von Mücken draußen auszusetzen.

                                                                                                                                          Der Stromgenerator auf der Fazenda läuft von 18 bis 21:30 Uhr.

                                                                                                                                          22 Uhr, ein Hotelschiff auf Talfahrt, voll beleuchtet, laut! Ich höre es noch 45 Minuten, nachdem es Porto São Francisco passiert hat. Dass man es so lange hören kann, liegt auch an der Windstille dieser Nacht. Es wird wohl morgen früh in Corumbá sein, 144km stromab.

                                                                                                                                          Eine ¼h vor Mitternacht sind die Wasserbüffel wieder hier, grasen um die Zelte herum und gehen dann wieder ihre ¼h baden. Auch die Pferde kommen noch mal im Galopp angetrappelt. Mit so viel Betrieb hatte ich hier nicht gerechnet. Hoffentlich geht das gut im Verlaufe der Nacht.
                                                                                                                                          Zuletzt geändert von Spartaner; 02.02.2021, 13:04.

                                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                                            Erfahren
                                                                                                                                            • 23.07.2011
                                                                                                                                            • 436
                                                                                                                                            • Privat


                                                                                                                                            #70
                                                                                                                                            AW: [BRA] Es ist Zeit Danke zu sagen ...

                                                                                                                                            Es ist Zeit "Danke" zu sagen!
                                                                                                                                            Diese Reportage ist großartig. Ich lese praktisch schon seit den ersten Ankündigungen dieses Projekts mit.
                                                                                                                                            Zuletzt geändert von EbsEls; 30.06.2020, 06:26. Grund: Link eingefügt
                                                                                                                                            Viele Grüße aus Thüringen (oder von Sonstwo)
                                                                                                                                            Eberhard Elsner

                                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                                              Lebt im Forum
                                                                                                                                              • 24.01.2011
                                                                                                                                              • 5056
                                                                                                                                              • Privat


                                                                                                                                              #71
                                                                                                                                              Dienstag, 24.09.2019, Fazenda Ilha Verde, 34km
                                                                                                                                              Kurz nach 5 Uhr kommen die Wasserbüffel der Fazenda São Francisco erneut zum Baden an den Zelten vorbei. Ich denke, die folgen einem festen Schema, haben einen sehr geregelten und dabei selbstbestimmten Tagesablauf. Diesmal bleiben sie bis um 6 Uhr im Wasser und begutachten und beschlabbern danach lange Zeit das Boot. Sehr interessierte Tiere.





                                                                                                                                              Frühstücksblick über den Rio Paraguai, das gegenüberliegende Ufer in der Morgensonne:


                                                                                                                                              Die Bewohner der Fazenda kommen vom morgendlichen Fischen (?) zurück:


                                                                                                                                              Das Wohnboot ist die Basis eines Trupps Bauarbeiter, die am Haus der Fazenda arbeiten:


                                                                                                                                              Eine Taube am Ufer:


                                                                                                                                              Es handelt sich um eine Weißstirntaube, White-tipped Dove, Juriti-pupu (Leptotila verreauxi). Sie ist überall im Pantanal verbreitet.

                                                                                                                                              Als das Boot fertig gepackt im Wasser liegt, verabschiede ich mich von den Bewohnern (oder sind es die Arbeiter von außerhalb, die das Haus sanieren?). Es ist übrigens das erste mal auf der Pantanal-Tour, dass wir mit unseren Gastgebern nicht ansatzweise ins Gespräch kommen.

                                                                                                                                              Blick über das Gartentor:


                                                                                                                                              Schon ab 8 Uhr paddeln wir wieder auf dem Hauptstrom Rio Paraguai. Aber nicht lange, denn heute bietet sich uns noch ein letztes Mal die Gelegenheit, auf schmale Seitenkanäle auszuweichen.

                                                                                                                                              So biegen wir bereits nach 1.7km links in den Beginn des Rio Paraguai Pirim ein:


                                                                                                                                              Auf der Ecke zeigt mir die OSM einen Campingplatz an, was mich etwas verwundert. Das will ich mir näher anschauen und wir legen an. Ein freundlicher schwarzer Mann wohnt hier in einer kleinen Hütte und hätte auch nichts dagegen, wenn wir hier zelten würden. Aber ich glaube, von einem Campingplatz wusste er nichts.

                                                                                                                                              Der Rio Paraguai Pirim ist 50 - 70m breit und schlängelt sich leicht dahin:


                                                                                                                                              Dieser Nebenstrom verspricht mindestens 12km Fahrt abseits des Hauptstromes, theoretisch sogar noch viel mehr.

                                                                                                                                              Schöne Ufervegetation:


                                                                                                                                              Nach 2½km mündet von links ein bedeutender Zustrom mit klarem Wasser:


                                                                                                                                              An der Mündung sitzen Angeltouristen im Boot.

                                                                                                                                              Dieser 20 - 25m breite und vielleicht 3 - 6m tiefe Wasserlauf ist ebenfalls Teil des nassen Deltas des Rio Taquari, genau wie die Tags zuvor verlassenen Mata Cachorro. Das lockt mich natürlich wieder, die klaren Wasserläufe zu erkunden. Hier paddeln wir 2.2km stromauf, bis zum Beginn eines großen offenen Gewässersystems.

                                                                                                                                              Ausgedehntes Sumpfland allerorten:




                                                                                                                                              Kurz nach uns kommen noch 5 Schnellboote hier hoch und überholen uns. Alle bremsen für uns ab und grüßen freundlich. Einige geben uns dazu noch einen Daumen nach oben. Das sind ausnahmsweise mal nicht die langen schmalen Standard-Blechboote von den Barco-Hotels, sondern moderne, breite, hochmotorisierte Daycruiser wohl reicherer Leute.

                                                                                                                                              Endpunkt unseres Paddelausflugs (Map), Blick auf die weiten Wasserflächen, auf die wir dann nicht noch gepaddelt sind:




                                                                                                                                              Das Wasser ist mit ~5m Sichtweite nicht ganz so klar wie in der Mata Cachorro. Trotzdem versuche ich hier noch einmal zu schnorcheln, diesmal ohne Kamera. Ich finde einen Zugang zum Land, von dem aus der Ein- und Ausstieg aus dem Boot bzw ins Wasser relativ problemlos ist. Das Wasser ist mehrere Meter tief, die Strömung spürbar.
                                                                                                                                              Schöne Fischwelt, ich glaube auch 2 Piranhas zu erkennen. Anakonda oder wenigstens mal einen Kaiman - leider Fehlanzeige. Trotzdem ist es irgendwie ein unheimliches Gefühl, sich hier so schwerelos und nackt im sumpfigen Nirgendwo zu bewegen. Nach einer ¼h habe ich genug gesehen.

                                                                                                                                              Nur ein Foto habe ich hier. Die Bestände der Wasserhyazinthen bieten Jungfischen eine relativ gut geschützte Kinderstube:


                                                                                                                                              Um ¼11 sind wir wieder zurück auf dem Rio Paraguai Pirim:


                                                                                                                                              2 Angeltouristen, im Heck der Bootsführer vom Barco-Hotel:


                                                                                                                                              Kormorane:


                                                                                                                                              Schlangenhalsvogel:


                                                                                                                                              Rio Paraguai Pirim:








                                                                                                                                              Den nächsten, ganz ähnlichen Abstecher gibt es 3½km weiter. Hier ist das Wasser noch etwas trüber, Sichtweite vielleicht 3m, aber der Wasserlauf ist schmaler und schön von hohen Bäumen begleitet:






                                                                                                                                              Auch hier geht es nach 1km in eine große amphibische Wasserlandschaft:


                                                                                                                                              Wieder ausgesprochen großgewachsene Bestände der Wasserhyazinthe:




                                                                                                                                              Bei diesem und mehr noch beim letzten Zustrom staune ich wieder über die große Wassermenge, die hier aus den Sumpfflächen abströmt. Die Gerinne sind mehrere Meter tief, fließen rasch und haben einen viel höheren Abflussquerschnitt als beim ersten Blick von oben erkennbar.
                                                                                                                                              Aber wie ich jetzt weiß und auch schon ober erläutert habe, ist das nicht einfach ablaufendes Hochwasser, sondern der wasserreiche Fluss Rio Taquari, der sich erst in seinem riesigen Delta verteilt und dann an diesen Stellen in den Rio Paraguai mündet.

                                                                                                                                              Wieder auf dem Rio Paraguai Pirim:




                                                                                                                                              Riesenotter beobachten uns:


                                                                                                                                              Einmal noch schauen wir in einen ganz schmalen Kanal rein, der kein fließendes Wasser führt, müssen aber nach wenigen Metern wieder umkehren. Alles zugewachsen:


                                                                                                                                              Thomas ist erlöst. Ihn nerven die “sinnlosen” Umwege, ohne dass man vorwärts kommt.

                                                                                                                                              Nach 10½km erreichen wir auf dem Rio Paraguai Pirim einen Abzweig nach Osten, der uns 1.3km später wieder zum Hauptstrom zurückbringt. Theoretisch könnte man auf dem schmalen Rio Paraguai Pirim 128km durch den Sumpf weiterpaddeln und erst da wieder auf den Hauptstrom des Rio Paraguai stoßen, 25km unterhalb von Corumbá. Aber das Satellitenbild verrät, dass dieser schmale Flussarm an mehreren Stellen von Wasserpflanzenmassen zugesetzt ist. Deshalb versuchen wir das gar nicht erst, sondern streben jetzt wieder rechterhand dem Hauptstrom zu. Bei Hochwasser ist der Rio Paraguai Pirim wahrscheinlich auf seiner gesamten Länge passierbar.

                                                                                                                                              Vor kurzem haben sich hier entlang der Ufer Fischer angesiedelt:


                                                                                                                                              Mit Brandrodung versuchen sie sich in der Trockenzeit Land freizumachen:


                                                                                                                                              Die ganze Gegend hier ist erst in den letzten Jahren frisch zersiedelt worden. Alles kleine Höfe für je eine Familie, die hier in einfachsten Verhältnissen lebt. Einige der Häuser stehen auf Stelzen. Manche davon aber immer noch zu niedrig, wie die hellgrauen Hochwassermarken auf dunklem Holz zeigen (nicht im Bild).



                                                                                                                                              Ich weiß nicht so recht, inwieweit diese Landnahmen legal sind. So ganz ohne Risiko ist es jedenfalls nicht. Solange die Häuser nur den Fischern als Basis dienen, ist es wohl erlaubt. Wenn man aber dauerhaft hier wohnen möchte, ist es illegal und die Umweltpolizei geht gegen illegale Zersiedlung vor (Polícia Militar Ambiental de Corumbá interdita construção de rancho ilegalguai no Pantanal).

                                                                                                                                              Um ½1 sind wir wieder auf dem Rio Paraguai. Das war jetzt der letzte Abstecher in kleine Seitenkanäle auf der gesamten Paddeltour. Ab jetzt fahren wir weitere 5 Tage und 128km nur noch auf dem großen Strom.

                                                                                                                                              Kurz unterhalb der Mündung des Seitenkanals machen wir eine ¼h Steh-, Dusch- und Essenspause.

                                                                                                                                              Auch hier ist das Ufer weiter zersiedelt:




                                                                                                                                              Die Bewohner versuchen Fische und Ködertiere für die Angeltouristen zu verkaufen. Man könnte die Summe der Behausungen schon fast als Ortschaft ansehen. In der OSM trägt sie den Namen Santa Isabel.

                                                                                                                                              1½km weiter passieren wir die Hotelschiffe “Mogi Mirim” und “Kalypso”:


                                                                                                                                              Sie liegen am Ufer der Flussinsel Ilha Paraguai Mirim, die ebenfalls besiedelt ist und auf deren "Rückseite" sich sogar eine apostolische Kirche befinden soll (Map).

                                                                                                                                              Die “Kalypso” ist ein Barco-Hotel der größeren Sorte:




                                                                                                                                              14 Angelboote liegen im Moment drumherum im Wasser vertäut, 10 oder so weitere auf dem Dach. Mit aufgebauten Kränen könnten auch diese Boote zu Wasser gelassen werden. Ein anderer Teil wird wohl derzeit unterwegs sein.

                                                                                                                                              Die Angeltouristen sind auf ihren Angelgewässern, die Besatzung auf dem Schiff schlägt die Zeit tot. Leider kommen sie nicht auf die Idee, uns mit kühlem Bier zu bewerfen. Schwimmen eigentlich volle Bierbüchsen? Auch die kleinen ~300ml-Büchsen?

                                                                                                                                              Die “Kalypso” ist seit 1996 auf den Gewässern des Pantanal unterwegs. 2011 war es das größte Hotelschiff im Pantanal. Inwieweit das heute noch gilt, weiß ich nicht. Es hat 30 Kabinen für maximal 94 Passagiere, dazu kommen 70 Besatzungsmitglieder. Das Schiff fährt für die Angler jährlich in der Angelsaison (Trockenzeit) von März bis Oktober, je fünf Tage lange Touren auf dem Rio Paraguai ab Heimathafen Corumbá. Der Eigner Luiz Martins schätzt, dass die “Kalypso” in den 15 Jahren 1996-2011 mehr als 16000 Touristen beherbergt hat.

                                                                                                                                              200m unterhalb der Ilha Paraguai Mirim beginnt linksufrig wieder eine Ansammlung mehrerer Hütten, “Porto Esperança”. Am Ende dieses Bereiches wurden gerade Teile des Uferwaldes neu brandgerodet, es qualmt noch an mehreren Stellen:



                                                                                                                                              Hinter der nächsten Kurve fällt uns ein großes Gebäude in gutem baulichen Zustand auf. Die gelben Boote mit der Aufschrift "Escolar" am Strand verraten, dass es sich um eine Schule handelt.

                                                                                                                                              Schule:


                                                                                                                                              Das sieht fast genau so aus, wie es die beiden Kanadier 2013 gesehen hatten:

                                                                                                                                              (Foto Diana & Brian Svelnis, mit freundlicher Genehmigung)

                                                                                                                                              Ok, die Schule ist zwischenzeitlich neu gestrichen worden, das Dach um eine große Veranda erweitert und neu gedeckt worden, und der ehemals schilfgedeckte Unterstand hat ein Ziegeldach bekommen. Außerdem sind im Hinterland einige Bäume abhanden gekommen.

                                                                                                                                              Schulbus-Haltestelle:


                                                                                                                                              Einen Kilometer weiter passieren wir die Insel Ilha Verde auf der linken, schmalen Seite. Dahinter liegt links auf Land die Fazenda Ilha Verde (Map). Auch hier stehen große Gebäude in noch relativ gutem Zustand, große Trecker, Radlader, Erntemaschinen und Planierraupe auf dem Hof, Flugstreifen etc.

                                                                                                                                              Hier will ich es noch einmal genauer wissen, wir landen an:


                                                                                                                                              Aber auch hier werde ich wieder enttäuscht. Die einstigen Besitzer, die das ganze geschaffen haben, haben die Fazenda längst verlassen und wie bei allen anderen bereits besuchten Fazendas lebt jetzt eine einzige schwarze Familie von den Resten.

                                                                                                                                              Oder sind die jetzigen Bewohner noch die vom Besitzer eingesetzten Verwalter? So ganz genau kann ich diese Feinheiten nicht herausfinden. Auch nicht, wie lange die Fazenda jetzt bereits so verlassen liegt. Die Kommunikation über das nur in eine Richtung gut funktionierende Google-Translate ist wieder sehr schwierig hier.





                                                                                                                                              Allerdings ist hier auf dieser Fazenda alles noch so gut erhalten, hier könnte wohl von einem Tag auf den anderen wieder das alte Leben einziehen. Früher haben allein auf dieser großen Fazenda wahrscheinlich 20 Farmarbeiter-Familien ein Auskommen gehabt, plus natürlich der erhebliche Lebensstandard der Familie des Dons.

                                                                                                                                              Heute leben die übrigen Farmarbeiterfamilien wahrscheinlich in den Favelas der Großstädte, und die ehemaligen Herren in den "Gated Communities", den "Condomínio fechado" derselben Städte, mal ein bisschen überspitzt ausgedrückt.
                                                                                                                                              Oder die ehemaligen Farmarbeiter sind diejenigen, die sich heute die kleinen Gehöfte entlang der Flussufer bauen, die wir heute passiert haben.

                                                                                                                                              Nach einer ½h Unterhaltung mit den Bewohnern ziehen wir weiter:




                                                                                                                                              Jetzt gegen ½3 fangen wir an, einen Nachtplatz zu suchen. An der Mündung eines stark mäandrierenden Kanals, der einen 5km entfernten großen See, die Baía Vermelha (oder Baía Castelo?, oder Baía Conceição?), entwässert, vermuten wir unter hohen Bäumen einen geeigneten Zugang zum Land. Leider eine Fehleinschätzung. Das Ufer dort wird bei Hochwasser und/oder Wellenschlag stark erodiert, jede Menge Wurzeln liegen frei.
                                                                                                                                              Ein paar Meter weiter riecht es nach Jaguar. Hier gibt es genügend freien Platz für 2 Zelte. Das Ufer ist lehmig und entsprechend glatt und glitschig, nicht besonders einladend, das Hinterland dicht bewachsen. Am schlimmsten ist hier jedoch der Lärm vom Generator eines 300m entfernt am Ufer liegenden Hotelschiffes.

                                                                                                                                              Der bzw die Geier auf dem toten Kaiman lassen sich davon und von uns nicht stören:








                                                                                                                                              Selbst als ich mich ganz in der Nähe der beiden hinstelle, bleiben sie ohne Angst:




                                                                                                                                              Obwohl ich es eigentlich vorziehe, alleine in der Natur zu übernachten, entschließen wir uns nun schon wieder, von Menschen freigemachtes Gelände aufzusuchen. So queren wir den Fluss noch einmal geradlinig, um ¾4 auf dem gegenüberliegenden Hof nach einer Zeltmöglichkeit zu fragen.

                                                                                                                                              Der alte Mann, der uns schon eine Weile beobachtet hatte, als wir noch gegenüber nach einem wilden Platz suchten, ist sehr freundlich und entgegenkommend und lässt uns am Rande seines kleinen Hofes zelten. Er wohnt hier zusammen mit seiner Frau. Die 4 Kinder sind erwachsen und leben in der Großstadt, in Campo Grande, 116 Boots- und 430 Bus-Kilometer von hier entfernt. Seine Frau schaukelt in der Hängematte unter dem Haus, das hier wieder auf Stelzen steht.









                                                                                                                                              Das Gehöft ist eines von der einfachen Sorte, aber sieht irgendwie besser aus als viele der ähnlichen kleinen Gehöfte, die in letzter Zeit neu entstanden sind. Etliche Blumen schmücken das Gelände, und da, wo wir zelten, ist ein Gemüsegarten angelegt. Dazwischen suchen die Hühner etwas zu futtern.

                                                                                                                                              Der alte Mann ist Holzschnitzer (gewesen?) und zeigt uns zwei seiner Werke, ein großes Modell eines traditionellen Holzbootes und ein Küchenbrett.

                                                                                                                                              Im Hof steht ein großes hölzernes Gefäß, dass er ebenfalls geschnitzt hat und in dem Maniok gestampft wurde:


                                                                                                                                              Ich glaube aber, die Zeit ist vorbei, dass die Leute ihren Maniok noch selber gestampft haben.

                                                                                                                                              Später sitzen wir zusammen auf der Bank vor dem Haus. Die Mücken und Fliegen, die sich auf der Haut niederlassen wollen, vertreibt er nebenbei mit einem Penacho. Ein Penacho ist ein gewöhnlicher Gebrauchsgegenstand hier im Pantanal. Er wird, sobald man ihn braucht, also vor allem in der Regenzeit, aus dem Holz der Acuri-Palme hergestellt. Am Griff ist das Holz intakt, danach ist es sehr fein in viele lange Fasern zerteilt, ähnlich wie ein Besen.
                                                                                                                                              Mir gibt er einen nagelneuen Penacho in die Hand und möchte, dass ich ihn behalte:


                                                                                                                                              Ein sehr schönes Souvenir aus dem Pantanal, und am Ende das einzige menschengemachte, dass ich nach Hause mitgenommen habe (neben ein paar Druckerzeugnissen und einer Flasche Zuckerrohrschnaps).

                                                                                                                                              Auf die Frage nach dem Jaguar erzählt er, dass ihm die Unze hier auf dem Grundstück einen Hund geholt hat. Das ist allerdings schon ein paar Jahre her.

                                                                                                                                              Im Moment scheinen die Hunde unbesorgt:






                                                                                                                                              Draußen ziehen die Hotelschiffe ihre Bahnen:


                                                                                                                                              Auch andere, kleinere Boote sind hier reichlich unterwegs.

                                                                                                                                              Am Abend ziehen Wolken auf und verdustern den Himmel.

                                                                                                                                              Nach Sonnenuntergang beobachten wir heftiges Wetterleuchten über Bolivien nordwestlich von uns. Der freundliche Alte erzählte uns schon von Regen in Corumbá. Hoffentlich zieht es nicht noch hierher. Ich habe mich jedenfalls entschlossen, das Überzelt erst zu montieren, wenn es ernst wird.

                                                                                                                                              21:30 Uhr, tieftste Nacht, das Wetterleuchten ist noch intensiver geworden. Ununterbrochen blitzt es am Himmel über Bolivien, nachgemessen in ~90km Entfernung.

                                                                                                                                              23 Uhr, der Himmel hier über uns ist jetzt bedeckt.

                                                                                                                                              03:30 Uhr, ein Hotelschiff auf Talfahrt. Der Wind frischt auf, ich sehe aber wieder Sterne über mir. Das intensive Wetterleuchten nördlich von uns hält an. Südwestlich und östlich von uns sehe ich jetzt auch viele Blitze. Überhaupt sind es jetzt vielleicht nicht mehr so viele wie zu Beginn der Nacht, aber die Blitze sind näher, heller und kommen aus mehreren Richtungen.
                                                                                                                                              Jetzt sind es noch 2 Stunden bis Anbruch der Dämmerung. Wird es wenigstens bis dahin trocken bleiben?
                                                                                                                                              Ich glaube nämlich jetzt schon, ab und zu Mal Sprühregen durch die Mückengaze dringen zu spüren.

                                                                                                                                              3:50 erste ferne Donner zu hören.
                                                                                                                                              4:20 die Hähne krähen, die Blitze werden heller, der Donner laut. Ich glaub jetzt packe ich das Überzelt rüber.

                                                                                                                                              4:45 das Überzelt ist drauf und sofort kommen die ersten Tropfen. Wir haben hier jetzt tatsächlich ein mäßiges Gewitter. Das ganze Blitzgeschehen spielt sich aber über bzw besser zwischen den Wolken ab.
                                                                                                                                              Zuletzt geändert von Spartaner; 02.02.2021, 13:26.

                                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                                Alter Hase
                                                                                                                                                • 30.05.2007
                                                                                                                                                • 3996
                                                                                                                                                • Privat


                                                                                                                                                #72
                                                                                                                                                AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                                                                                                                Bitte noch weiter schreiben. Dies ist doch nciht das Ende, oder?
                                                                                                                                                So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                                                                                                                                A. v. Humboldt.

                                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                                  Lebt im Forum
                                                                                                                                                  • 24.01.2011
                                                                                                                                                  • 5056
                                                                                                                                                  • Privat


                                                                                                                                                  #73
                                                                                                                                                  AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                                                                                                                  Zitat von Mika Hautamaeki Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                  Dies ist doch nciht das Ende, oder?
                                                                                                                                                  Nein, natürlich nicht. Aber ich habe lieber erst mal meine diesjährige Sommer-Tour eingeschoben, und mein kleiner Freund braucht in diesem Jahr auch etwas Aufmerksamkeit.

                                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                                    Fuchs
                                                                                                                                                    • 16.08.2012
                                                                                                                                                    • 1668
                                                                                                                                                    • Privat


                                                                                                                                                    #74
                                                                                                                                                    AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                                                                                                                    Fortsetzungen mit langen Pausen dazwischen, sind zwar fies, grausam und gemein, allerdings liest man sie deutlich intensiver und freut sich darauf dass es weitergeht.
                                                                                                                                                    Ich bin gespannt!
                                                                                                                                                    Du gamla, Du fria, Du fjällhöga nord
                                                                                                                                                    Du tysta, Du glädjerika sköna!
                                                                                                                                                    Jag hälsar Dig, vänaste land uppå jord,
                                                                                                                                                    Din sol, Din himmel, Dina ängder gröna.

                                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                                      Alter Hase
                                                                                                                                                      • 12.05.2013
                                                                                                                                                      • 2707
                                                                                                                                                      • Privat


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                                                                                                                                                      AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                                                                                                                      Auch ich lese hier interessiert mit.
                                                                                                                                                      Eine Frage: Soweit ich verstanden habe, hast du im Vorfeld ein kleines bisschen die Sprache gelernt. Du hast geschrieben, die Motivation war nicht besonders gross.

                                                                                                                                                      Jetzt, rückblickend, was würdest du sagen: Würdest du jemandem, der dort hin reisen möchte, empfehlen, mehr (brasilianisches) Portugiesisch zu lernen? Bedauerst du, dass du die Sprache nicht besser konntest?

                                                                                                                                                      Ich habe keinerlei Absichten, das Pantanal zu bereisen. Aber die Frage der Sprachkenntnisse interessiert mich immer, da ich mich selber davor scheue, in Länder zu reisen, wo ich keine gängige Sprache beherrsche. Und oft (bewundernd) staune, wie entspannt dies viele andere angehen.
                                                                                                                                                      In deinem Fall frage ich direkt ,weil du einerseits das Sprache lernen am Anfang angesprochen hast und weil ihr - so zumindest mein Eindruck - oft mit Menschen geredet und auch auch für deren Lebensumstände interessiert habt.

                                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                                        • 5056
                                                                                                                                                        • Privat


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                                                                                                                                                        AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                                                                                                                        Zitat von rumpelstil Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                        Soweit ich verstanden habe, hast du im Vorfeld ein kleines bisschen die Sprache gelernt. Du hast geschrieben, die Motivation war nicht besonders gross.
                                                                                                                                                        Korrekt. Also wollen wollte ich schon, aber es war mir immer schnell zu anstrengend, gemessen am geringen Erfolg


                                                                                                                                                        Zitat von rumpelstil Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                        Jetzt, rückblickend, was würdest du sagen: Würdest du jemandem, der dort hin reisen möchte, empfehlen, mehr (brasilianisches) Portugiesisch zu lernen? Bedauerst du, dass du die Sprache nicht besser konntest?
                                                                                                                                                        Natürlich würde ich empfehlen, die Sprache zu lernen. Das macht vor Ort vieles einfacher. Ich bedauere auch, dass ich die Sprache nicht besser konnte.

                                                                                                                                                        Aber beides halte ich nicht für so wichtig, dass ich von dem Maß der Sprachkenntnisse meine Paddeltour abhängig machen würde.


                                                                                                                                                        Zitat von rumpelstil Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                        Aber die Frage der Sprachkenntnisse interessiert mich immer, da ich mich selber davor scheue, in Länder zu reisen, wo ich keine gängige Sprache beherrsche. Und oft (bewundernd) staune, wie entspannt dies viele andere angehen.
                                                                                                                                                        Völlig ohne Sprachkenntnisse geht es auch, da bleibt seit jeher die Zeichensprache. Früher auf dem Balkan war das anfangs das einzige, was mir zur Verfügung stand, und es ging, natürlich in engen Grenzen.

                                                                                                                                                        Heute mit Google Translate (offline mit vorher heruntergeladenen Sprachpaketen) sollte es eigentlich kaum noch Verständigungsschwierigkeiten geben, vorausgesetzt, das Gegenüber kann lesen (die Sprachausgabe funktioniert wohl nur online).


                                                                                                                                                        Zitat von rumpelstil Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                        In deinem Fall frage ich direkt ,weil du einerseits das Sprache lernen am Anfang angesprochen hast und weil ihr - so zumindest mein Eindruck - oft mit Menschen geredet und auch auch für deren Lebensumstände interessiert habt.
                                                                                                                                                        Ja, wir haben geredet. Selten auf Englisch, dann gab es kaum Probleme, meist aber in Portugiesisch. Die einfachsten Sachverhalte habe ich meist schon so verstanden, oder ich glaubte, sie verstanden zu haben.

                                                                                                                                                        Wenn es etwas komplizierter wurde, dann Google Translate. Ich hatte nur das spezielle Problem, dass Google Translate bei mir nur in eine Richtung funktionierte, nur von deutsch nach portugiesisch. Umgekehrt hat der Translator oft total versagt. Warum? Keine Ahnung. Das ist aber ein Punkt, den ich vor der nächsten Reise gerne mal geklärt hätte.

                                                                                                                                                        Wenn der brasilianische Gesprächspartner dagegen selber Google Translate installiert hatte, funktionierte auch diese Richtung völlig problemlos.

                                                                                                                                                        Beide Seiten mit Spracheingabe in ihrer Muttersprache, Ausgabe dann auf dem Bildschirm des jeweiligen Smartphones, das wurde nach jedem Satz dem Gegenüber vor die Nase gehalten, dann wurde meist genickt, dann die Antwort ins eigene Smartphone gesprochen.
                                                                                                                                                        Ist schon ein bisschen strange, diese Art von "Gespräch".
                                                                                                                                                        Aber es funktioniert ganz gut.

                                                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                                                          • 12.05.2013
                                                                                                                                                          • 2707
                                                                                                                                                          • Privat


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                                                                                                                                                          AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                                                                                                                          Danke für die ausführliche Antwort! Das ist sehr interessant, vor allem mit der nur einseitig sinnvoll möglichen Übersetzung.
                                                                                                                                                          Das alles bedingt aber auch, dass man ein Handy dabeihat, das man auch laden kann.


                                                                                                                                                          (Komischerweise bin ich jemand, der auf Reisen nicht unbedingt gross Kontakt sucht. Und trotzdem möchte ich stets eine gängige Sprache wenigstens ein Stück weit können...)

                                                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                                                            Fuchs
                                                                                                                                                            • 19.06.2014
                                                                                                                                                            • 2101
                                                                                                                                                            • Privat


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                                                                                                                                                            AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                                                                                                                            Portugiesisch ist zum Glück leicht zu lernen.
                                                                                                                                                            Irgend eine romanische Sprache kann ja fast jeder. Da kann man sich schnell was zusammen bauen aus den Grundlagen.
                                                                                                                                                            Zumindest für ein Straßenportugiesisch wird das reichen. Man will ja einfach irgendwie kommunizieren, da ist grammatikam Anfang ziemlich egal.
                                                                                                                                                            Russian Roulette is not the same without a gun. - Lady Gaga

                                                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                                                              Lebt im Forum
                                                                                                                                                              • 24.01.2011
                                                                                                                                                              • 5056
                                                                                                                                                              • Privat


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                                                                                                                                                              AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                                                                                                                              Zitat von Intihuitana Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                              Irgend eine romanische Sprache kann ja fast jeder.
                                                                                                                                                              Ha ha, klar doch, der Ossi ist ja nicht "jeder". In der DDR haben im Verlaufe der Jahre zwischen 0.9 und 3.7%, maximal kurzzeitig ca. 7% der Schüler Französisch als zweite Fremdsprache gelernt, Latein kann man im Promillebereich ansetzen.

                                                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                                                Fuchs
                                                                                                                                                                • 19.06.2014
                                                                                                                                                                • 2101
                                                                                                                                                                • Privat


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                                                                                                                                                                AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                                                                                                                                Das war mir tatsächlich nicht bekannt.
                                                                                                                                                                Russian Roulette is not the same without a gun. - Lady Gaga

                                                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                                                  Alter Hase
                                                                                                                                                                  • 18.08.2006
                                                                                                                                                                  • 4869
                                                                                                                                                                  • Privat


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                                                                                                                                                                  AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                                                                                                                                  Dafür beneide ich die Ossi-Kollegen um ihre Russisch-Kenntnisse. Damit kommt man in vielen Weltgegenden sehr, sehr weit. Man kann halt nicht alles können.

                                                                                                                                                                  Und genau deshalb würde ich mich auch nicht auf Reisen in Länder beschränken wollen, deren Sprache ich beherrsche.

                                                                                                                                                                  Vor einer Reise befasse ich mit der am Ziel benutzten Schrift (wegen der Wegweiser) und lerne die wichtigsten Alltagsfloskeln. Das reicht normalerweise. Für mehr Kommunikation gibt es andere Methoden. Wurden hier schon beschrieben.

                                                                                                                                                                  Bei mir mangelt es nicht an Motivation. Ich bin Hobby-Linguistin. Mir macht das immer wieder großen Spaß, zumindest die Strukturen einer zunächst fremden Sprache zu verstehen. Sehr spannend jetzt der Vergleich isländisch-norwegisch. Faszinierend.

                                                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                                                    Erfahren
                                                                                                                                                                    • 03.08.2010
                                                                                                                                                                    • 232
                                                                                                                                                                    • Privat


                                                                                                                                                                    #82
                                                                                                                                                                    AW: [BRA] Paddeltour 900km durch das Pantanal, Brasilien 2019

                                                                                                                                                                    Vielen Dank für diese interessante Paddelreise. Ein selten ausführlicher Bericht, mit so vielen Infos - große klasse!
                                                                                                                                                                    Auch ich freue mich auf die Fortsetzung.

                                                                                                                                                                    Die vielen Fotos machen das ganze sehr anschaulich
                                                                                                                                                                    Ich hätte trotzdem vermutlich ziemlich Angst gehabt, so eine teure Kamera wie die Sony mit in ein Boot in der Wildnis zu nehmen.

                                                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                                                      Lebt im Forum
                                                                                                                                                                      • 24.01.2011
                                                                                                                                                                      • 5056
                                                                                                                                                                      • Privat


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                                                                                                                                                                      Mittwoch, 25.09.2019, Escola Jatobazinho, 21km
                                                                                                                                                                      7:00 Uhr, der leichte Regen hat aufgehört. Das Zelt ist nass, aber es ist nur wenig unter das Zelt gelaufen. Wir stehen relativ spät auf und frühstücken unser Müsli, das seit gestern Abend zum Quellen am Baum hängt.
                                                                                                                                                                      Der freundliche Gastgeber kommt mit 3 Tassen Kaffee zu uns rüber. Dann verabschiedet er sich zum Fischen und fährt zusammen mit seiner Frau stromauf.



                                                                                                                                                                      Blick von unserem etwas erhöhten Lager über den Fluss:




                                                                                                                                                                      Es ist bedeckt, nieselt etwas, in manchen Richtungen regnet es weiter. Nachdem wir die Zelte verpackt haben, fängt es auch bei uns wieder an, richtig zu regnen. Wir sind eigentlich abfahrbereit, stehen aber unter den Schirmen noch unentschlossen herum.

                                                                                                                                                                      Als die Besitzer zurückkommen, verabschieden wir uns und legen ab. Start-km 752. Erstmals paddeln wir auf dieser Tour unter Vollschutz, dh die selbstgeschneiderte leichte Spritzdecke ist vollständig aufgezogen und wir sitzen unter den Schirmen. Das zur Trackaufzeichnung weiter laufende Navigations-Smartphone und die Kamera liegen gut verpackt unter Deck, darum gibt es keine Fotos während des Regens.

                                                                                                                                                                      Kaum sind wir auf dem Wasser, wird der Regen noch stärker. Uns macht das so nichts aus, wir sitzen trocken. Zeitweise pladdert es richtig heftig. WetterOnline gibt die 50km südlich gelegene Stadt Corumbá mit 4mm Regensumme über den ganzen Tag an, und Kachelmann zeigt in unserem Paddelgebiet Regensummen von 20 - 35mm an. Allerdings ist die Genauigkeit und örtliche Auflösung dieser Daten nicht mit den für Deutschland bekannten Live-Niederschlagssummen vergleichbar, da es hier offenbar keine bodengebundenen Regenradare gibt.

                                                                                                                                                                      Die Kachelmann-Messwerte wurden aus Satellitendaten integriert:
                                                                                                                                                                      Regensummen Sat-Niederschlag-24h 20190926-0300z.html

                                                                                                                                                                      Dabei haben wir offensichtlich noch Glück hier. 100 - 200km weiter nördlich schüttet es heute richtig heftig. Im Pantanal-Nationalpark, den wir vor einer Woche streiften, kommen bis zu 200mm Regen an diesem Tag herunter (Σ24h). Das ist schon ein außergewöhnlicher Regen für diese Jahreszeit!

                                                                                                                                                                      Wie sich die Wolken und Niederschlagsgebiete von gestern Mittag bis heute Abend bewegen bzw bewegt haben, kann man auf diesen Abbildungen erahnen: Schnelle Animation und Langsame Animation zum Mitlesen der Zeiten. Das rote "Ei" markiert unseren derzeitigen Standort. Die Abbildung zeigt die Niederschlagsgebiete nicht besonders dramatisch. Blaue Töne sind normaler Regen, da wo es dunkelblaugrau oder gar rötlichgrau wird, pladdert es heftig. Der Kartenausschnitt ist relativ groß, es ist die gesamte Strecke unserer Paddeltour darauf sichtbar (von Rondonópolis bis Corumbá, die Luftlinie zwischen den beiden Städten beträgt 420km).

                                                                                                                                                                      Zeitweise wird der Regen schwächer oder hört mal ganz auf. Dann kann ich auch mal wieder zum Fotoapparat greifen:


                                                                                                                                                                      Rio Paraguai mit treibenden Wasserhyazinthen:


                                                                                                                                                                      Ufervegetation mit Hochwassermarke:


                                                                                                                                                                      Uns nähert sich eines der aktivsten Hotelschiffe auf dem Rio Paraguai, die "Lord do Pantanal":






                                                                                                                                                                      Im Schlepptau wieder viele Angelkähne.

                                                                                                                                                                      Nach 13km haben wir einen Halbbogen der riesigen Flussschleife geschafft (Map mit dem Track des Tages). Der nächste Halbbogen misst nur noch 7km.
                                                                                                                                                                      2km weiter erkennen wir schon von weitem die großen Gebäude einer Fazenda, die auf der Karte unter São João do Jatobazinho geführt wird. Sieht interessant aus, vielleicht ist das die erste nach Art der Gründer noch funktionierende Fazenda.

                                                                                                                                                                      Das Google-Satellitenbild vom 20. Januar 2016 zeigt neben einer nicht zugewachsenen Flugpiste 12 offensichtlich intakte Gebäude, 2 Pavillions und einen Pool:


                                                                                                                                                                      Am noblen Schwimmsteg liegen mehrere Motorboote fest, darunter ein größerer 15-Sitzer. Ist das eine größere Touristenherberge?

                                                                                                                                                                      Wir legen in einer der Buchten im Schwimmsteg an:


                                                                                                                                                                      Zwei junge Frauen kommen uns begrüßen. Beide können gut Englisch sprechen, keine Selbstverständlichkeit in Brasilien, wie wir bereits gelernt haben. Wir fragen, um was es sich hier handelt und ob wir uns das Gelände mal anschauen können. Natürlich sind auch die beiden neugierig, was es mit uns auf sich hat.
                                                                                                                                                                      Die eine ist die Verwaltungsleiterin der Fazenda (Coordenação Administrativa), Fernanda Sá Vieira (aktuelles, Werdegang), die andere ist die Pädagogische Leiterin (Coordenação pedagógica).

                                                                                                                                                                      Tatsächlich wurde früher auf dem Gelände eine Hotel-Fazenda betrieben. Seit 2009 ist hier eine Schule untergebracht.

                                                                                                                                                                      Wir vertäuen das Kanu am Steg und machen ein flüchtiges Begrüßungsfoto:


                                                                                                                                                                      Anschließend führt uns Fernanda durch das gesamte Gelände und erläutert die Funktion der verschiedenen Gebäude.

                                                                                                                                                                      Noch in der Nähe des Steges steht diese Tafel mit einigen Vögeln, die auf dem Gelände beobachtet werden können:


                                                                                                                                                                      Auf der Tafel wird die Bedeutung der Vogelbeobachtung erläutert:
                                                                                                                                                                      Die Jatobazinho-Schule präsentiert sich als ein wichtiger Raum für die Beobachtung der für das Pantanal repräsentativen Vögel. Es beherbergt mehrere einheimische Arten, die das ganze Jahr über gesichtet werden, sowie wandernde Arten, die nur zu einer bestimmten Jahreszeit im Pantanal beobachtet werden können. Das Pantanal beherbergt etwa 600 Vogelarten, und in dieser Region des Pantanal von Paraguay können wir etwa 300 Arten von Stand- und Zugvögeln beobachten.
                                                                                                                                                                      Die Vogelbeobachtung ist aufgrund ihres spielerischen, sensorischen und experimentellen Charakters ein hervorragendes didaktisches Instrument, das vielfältige Möglichkeiten für Arbeitsinhalte und die Prägung der Einstellungen der Schülern bietet. Darüber hinaus beinhaltet die Praxis der Vogelbeobachtung viele Lektionen und entwickelt Fähigkeiten, die die Verbindung des Menschen mit der Natur stärken und die Schüler für die Bedeutung des Schutzes und der Erhaltung der Pantanal-Fauna sensibilisieren. Im Pantanal bringen die Vögel Farbe in die Landschaft, und ihre schönen Symphonien lassen uns nie das Gefühl haben, allein zu sein. Sie sind überall, sehen Sie nur!


                                                                                                                                                                      Wir sehen die Klassenräume, den Kunstraum, die Unterkünfte für die Schüler und die für die Lehrer und die Bediensteten, den Speisesaal, die Schulküche, wo die Kinder selber kochen lernen, die Spielbibliothek, die neben vielen Büchern etliche Gesellschaftsspiele bereit hält, und zum Schluss die Orangerie, in der zur Hälfte Früchte und Kräuter für die Küche wachsen, die andere Hälfte ist Schulgarten.



                                                                                                                                                                      Klassenzimmer:




                                                                                                                                                                      Die Räume, in denen gerade Unterricht stattfindet, betreten wir natürlich nicht!

                                                                                                                                                                      Kunstraum:










                                                                                                                                                                      Bibliothek:


                                                                                                                                                                      Kuschelecke:


                                                                                                                                                                      Schulküche, also die Küche, in der die Schüler kochen lernen:




                                                                                                                                                                      Plakat mit Vogelarten des Pantanal:


                                                                                                                                                                      Und eines mit Vogelzeichnungen der Schüler (“Vögel der Phantasie”):


                                                                                                                                                                      Schulgarten:




                                                                                                                                                                      In einem Teil des Schulgartens lernen die Schüler Gärtnern, im anderen Teil wird Gemüse für die Schulküche angebaut.

                                                                                                                                                                      Alles sehr gut in Schuss und in seiner Gesamtheit wohl besser als die meisten deutschen Schulen. Und das ganze für insgesamt 48 Schüler der 1. bis 5. Klasse. Das besondere an dieser Schule ist, dass die Kinder die ganze Woche hier wohnen, und erst am Samstag Nachmittag mit dem Motorboot nach Hause gefahren werden und Montag vormittag wieder zurück (wenn sie im Umkreis von 50km wohnen, die weiter weg wohnenden bleiben je 45 Tage in der Schule und sind dann für 15 Tage zu Hause).
                                                                                                                                                                      Irgendwo hatte ich gelesen, dass es in Brasilien ~4000 solcher Internatsschulen in abgelegenen Regionen gibt (wobei ich schon glaube, das die Schule Jatobazinho unter diesen eine ganz besondere Qualität hat).

                                                                                                                                                                      Die Schüler bekommen hier alles nötige, natürlich auch eine Schuluniform. Selbst Unterwäsche und Schuhe bekommen sie hier, ihre eigenen Sachen bleiben in der Woche unbenutzt und hängen meist zum Trocknen nach der Wäsche.

                                                                                                                                                                      Eines der Schlafzimmer der Schüler:


                                                                                                                                                                      Das ganze ist von einem wohlhabenden Mäzen, Frau Teresa Cristina Ralston Bracher (Bild), angestoßen, mitorganisiert und zu großen Teilen finanziert worden, die auch weitere vielfältige Aktivitäten zum Schutz des Pantanals initiiert hat (Geschichte der Schule in “Historia” und pädagogisches Konzept in “Pedagogia da alternância garante educação de crianças no campo”). Die Stadt Corumbá trägt die laufenden Kosten, die Gehälter der Lehrer etc.

                                                                                                                                                                      Im Haus, das als Lehrerzimmer dient, gibt es WLAN.

                                                                                                                                                                      Natürlich berichten auch wir von unserer Tour und Fernanda ahnt schon, dass wir seit langem kein anständiges Essen mehr bekommen haben. So lädt sie uns gleich noch zu den Resten des heutigen Mittagessens ein, gebratenem Fisch mit Reis und Bohnen. Sehr lecker.

                                                                                                                                                                      Nun ist es bereits 15 oder so Uhr und ich merke an, dass wir uns noch nach einer Übernachtungsmöglichkeit umsehen müssen, bevor es dunkel wird. Da macht uns Fernanda den Vorschlag, hier auf dem Schulgelände zu übernachten, im Gästetrakt, dem Gebäude ganz im Westen des Geländes.
                                                                                                                                                                      Ein toller Vorschlag, wo der Regen nicht aufhören will!



                                                                                                                                                                      Der Gästetrakt bietet 6 Doppelstockbetten, 2 Einzelbetten, Dusche und WC. Dazu eine Veranda hinter Insektenschutzgaze mit 2 Waschbecken, die extra zum Wäschewaschen noch eine geriffelte Fläche integriert haben. Wäscheständer, Klammern, alles da.







                                                                                                                                                                      Wir bekommen Bettwäsche und Handtücher und können uns häuslich einrichten. Als wir das Gepäck aus dem Boot holen, gießt es wieder in Strömen.



                                                                                                                                                                      Wir bekommen den Komposttransportwagen, um unsere Massen an Gepäck die 200m vom Steg zur Unterkunft zu transportieren (hier ist der Wagen mal 5sec im bestimmungsgemäßen Einsatz zu sehen):


                                                                                                                                                                      Da wir sowieso schon durchgeweicht sind, bietet es sich an, die müffelnden Klamotten gleich richtig zu waschen. Shirt, Hose, Unterhose, Handtuch und die beiden Putzlappen landen in der Wäsche.
                                                                                                                                                                      Alles andere wird schon so gut es geht zum Trocknen aufgehangen.

                                                                                                                                                                      Danach geht es für mich zum WLAN ins Lehrerzimmer.
                                                                                                                                                                      Sitzbank oder Beistelltisch(?) im Lehrerzimmer:


                                                                                                                                                                      18:30 ist der nächste Termin, das Abendessen. Alle Schüler und Lehrer versammeln sich im Speisesaal. Fernanda bittet uns, uns und unsere Tour hier kurz vorzustellen:




                                                                                                                                                                      Ich erzähle auf Englisch und Fernanda übersetzt ins Portugiesische.
                                                                                                                                                                      Danach hat je ein Kind von jedem der 4 langen Tische die Möglichkeit, eine Frage zu stellen. Sie fragen zum Beispiel, was wir auf der Tour essen und welche Spiele wir spielen. Wir spielen natürlich mit den Kaimanen, ärgern sie, wenn wir sie mit dem Paddel wegstupsen.

                                                                                                                                                                      Zum Schluss rufen die Kinder im Chor, wie von der Chefin auf deutsch vorgesprochen, "Danke".

                                                                                                                                                                      Zum Abendessen gibt es Reis, Bohnen und Rindergulasch, wieder sehr lecker, und unterhalten uns noch ein Weilchen mit Fernanda, bis ihr Mann Antonio kommt, und sie sich in den Feierabend verabschieden.

                                                                                                                                                                      Sie ist 32 Jahre alt und lebt seit 2 Jahren hier. Vorher hat sie 6 Jahre in Tefé am Amazonas gearbeitet, im Tourismus, und dort auch ihren Mann kennengelernt. Ohne das Versprechen, dass ihr Mann ebenfalls eine Stelle hier bekommt, hätte sie den Job in Jatobazinho nicht angenommen. Es ist hier für die meisten Leute einfach zu abgelegen. Als intelligente, gut gebildete Weiße fällt es ihr in Brasilien sicher nicht schwer, auch woanders einen Job zu finden.
                                                                                                                                                                      Ihr Mann studiert hier übrigens Biologie im Fernstudium (UniCesumar), über Internet.

                                                                                                                                                                      Ich spreche sie auch auf ihre Vorfahren an, mit blonden Haaren und grüngrauen Augen sieht sie deutschstämmig aus. Knapp daneben, ihre Mutter kommt aus Holland.

                                                                                                                                                                      Sie selber war schon mal zu Gast in Berlin und kann auch ein paar Worte deutsch.

                                                                                                                                                                      Das Gesundheitssystem interessiert mich ebenfalls. Prinzipiell haben alle 210 Mio. Brasilianer Anspruch auf eine kostenlose medizinische Grundversorgung. Hier am Rio Paraguai kommt 2 mal im Jahr ein Schiff der brasilianischen Marine vorbei und bietet medizinische und zahnmedizinische Behandlung an.

                                                                                                                                                                      Besuch des Krankenhausschiffs der brasilianischen Marine

                                                                                                                                                                      Medizinische Hilfe der brasilianischen Marine

                                                                                                                                                                      Außerdem gibt es 4 mal im Jahr medizinische Versorgung durch die Kommune. Beides ist aber eher Basisversorgung. Will man mehr, bezahlt man für einen Arztbesuch 300 R$.
                                                                                                                                                                      Eine private Krankenversicherung gibt es auch. Die würde sie hier ~500 R$ im Monat kosten. Zu viel für die meisten, aber dafür gibt es eine normale medizinische Versorgung, wie wir sie kennen. Ist hier natürlich kein solidarisches System mit einkommensabhängigem Beitrag. Es gibt in Brasilien wohl eine große Vielfalt an privaten Zusatzversicherungen, zum Teil auch auf betrieblicher oder kommunaler Basis, zum kleinen Teil auch kostenlos für die Begünstigten auf Basis von Wohltätigkeitsorganisationen. Fast ¼ der Bevölkerung profitiert von den Zusatzversicherungen.

                                                                                                                                                                      Gehälter: Bezüglich der Gehälter habe ich wohl was völlig falsch verstanden. Lehrergehälter bewegen sich in Brasilien etwa in diesen Regionen: Elementary School Teacher Average Salary in Brazil 2020

                                                                                                                                                                      Jaguare: Fernanda hat hier auf dem Gelände innerhalb von 2 Jahren 2 mal einen Jaguar gesehen. Einer schwamm vor ziemlich genau einem Jahr noch am Tage über den Fluss und landete genau hier an der Schule an. Große Aufregung. Die Hunde mussten zurückgehalten werden, die Kinder wurden ins Haus geschickt.
                                                                                                                                                                      Der Jaguar erklomm die Treppe in der Kaimauer und lief dann auf dem Gelände herum (Videoschnipsel ab Minute 00:43). Es war ein krankes Tier, welches vom herbeigerufenen Jaguar-Rettungsteam eingefangen, eine Woche im Krankenhaus versorgt und anschließend in eine Jaguar-Hilfseinrichtung gebracht und dort wieder aufgepäppelt wurde. Zu Beginn wog er nur 35kg, normal wären 70kg. Später wurde er wieder ausgewildert. Alles auf Handy-Videos festgehalten. Hatte ich hier schon mal gepostet.
                                                                                                                                                                      Diese Jaguar-Hilfseinrichtung kümmert sich normalerweise um Jaguar-Waisenkinder, zieht sie auf, gewöhnt sie an Wasserschweine und Kaimane als Nahrung, die man selber fängt, und wildert sie aus.

                                                                                                                                                                      Der zweite Jaguar wurde vor kurzem auf dem Flugstreifen gesehen. Die Kinder hatten dort gerade spezielle Geländespiele, es war schon dunkel, als sie ihn ganz nah brüllen hörten. Laut schreiend rannten sie zurück zur Schule. Fernanda und ihre Kollegen gingen dann hin nachsehen was da los war und konnte den Jaguar noch erwischen.

                                                                                                                                                                      Am Amazonas wäre unsere Paddeltour erheblich gefährlicher. Dort wird man regelmäßig Opfer von Räubern, die einem sämtliche Habe abnehmen, berichtet sie uns. Selber habe ich 4 Morde speziell an Paddlern recherchiert. 2004 wurde schon mal ein deutscher Paddler ermordet, und auch die anderen mir bekannten Morde 2017 an Emma Kelty und 2011 an dem polnischen Paar Celina Mróz und Jarosław Frąckiewicz geschahen alle im Amazonas-Gebiet.
                                                                                                                                                                      Im Pantanal dagegen sieht es ganz anders aus, sagt Fernanda. Kaum Kriminalität, viele freundliche Leute. Genau wie wir das bisher erlebt haben.

                                                                                                                                                                      Fernanda berichtet auch von einer Katastrophe im Pantanal vor 40? Jahren:
                                                                                                                                                                      Em meio ao desastre do Rio Taquari

                                                                                                                                                                      https://www.institutohomempantaneiro...-deserto-em-ms

                                                                                                                                                                      Um was es sich gehandelt hat, habe ich damals nicht verstanden. Ok, heute weiß ich, was für eine Katastrophe gemeint ist. Es ist die Katastrophe am Rio Taquari, die ich hier bereits erläutert hatte (massive menschengemachte Erosion nach Entwaldung im Einzugsgebiet, daraufhin Verschlammung/Versandung vieler Wasserläufe im Taquari-Megafan, das Wasser sucht sich großflächig neue Wege und Fazendas gehen unter und müssen aufgegeben werden).

                                                                                                                                                                      Kurz vor neun verabschieden sich alle zur Nachtruhe. Wie angekündigt wird der Generator 21:40 Uhr abgeschaltet und das Licht geht aus.

                                                                                                                                                                      Einige wenige Mücken umschwirren mich im Bett. Nachts kommt, genau wie von Meteoblue vorhergesagt, noch einmal ein kräftiger Schauer herunter:


                                                                                                                                                                      Normal ist dieser Regen nicht zu dieser Jahreszeit, es ist eine Ausnahme (sorry für die aufgeploppte Meldung auf dem Screenshot, hatte ich wohl damals übersehen. Da bekomme ich gerade meine vor wenigen Sekunden selbst abgeschickte tägliche Positionsmeldung in die Mail und da wir in Jatobazinho WLAN hatten auch auf das Gerät hier im Pantanal).


                                                                                                                                                                      ----------------------------------------

                                                                                                                                                                      Weitere Links zur Schule Jatobazinho:

                                                                                                                                                                      Globo Repórter: O PANTANAL - (Completo HD) - sdrone Tolle Pantanal-Dokumentation mit Bildern von Felszeichnungen, Wanderung auf den Morro do Caracara, die Schule Jatobaziho mit Tereza Bracher, Kaimane rufend, gute Aufnahmen 33:00, aber überlagerter Ton, Grillenlaute, siehe http://acaia.org.br/pantanal/

                                                                                                                                                                      Speziell zur Schule: http://acaia.org.br/pantanal/ativida...ma-jatobazinho

                                                                                                                                                                      JATOBAZINHO SCHOOL (BRAZIL) (englisch)

                                                                                                                                                                      Formação pedagógica Abril 2019 – Acaia Pantanal Blog

                                                                                                                                                                      Schüler und Lehrer Jatobazinho



                                                                                                                                                                      Weitere Bilder auf der Google-Bildersuche

                                                                                                                                                                      Youtube:
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                                                                                                                                                                      3min-Filmchen Visita na Escola Jatobazinho, scheint als Einladung und Anleitung für künftige Lehrer an der Schule gedacht zu sein.

                                                                                                                                                                      Pedagogia da alternância: quando a escola também é casa (Filmchen von 2015, 1m:13s)

                                                                                                                                                                      Escola no meio do Pantanal dispõe de estrutura e sistema de ensino de dar inveja (Jatobazinho), (Film von 2013, 8min)

                                                                                                                                                                      Schachfestival

                                                                                                                                                                      https://www.acaia.org.br/pantanal

                                                                                                                                                                      2020 wurde die Umgebung der Schule von Bränden bedroht: Sobrevoo para avaliar a situação dos focos no Jatobazinho (Filmchen 2020, 28s), Bild

                                                                                                                                                                      Brandbekämpfung Jatobazinho

                                                                                                                                                                      RPCSA - Serra do Amolar Protection and Conservation Network
                                                                                                                                                                      Acaia Pantanal (die Organisation, die die Schule betreibt) beteiligt sich am RPCSA - Serra do Amolar Protection and Conservation Network, das die Vereinigung der Bemühungen privater, staatlicher Institutionen und Organisationen der Zivilgesellschaft darstellt, gemeinsam mit den anderen beim Schutz der Region Serra do Amolar zu handeln. Mitglieder sind:
                                                                                                                                                                      • Pantanal Matogrossense National Park,
                                                                                                                                                                      • Ecotrópica Foundation,
                                                                                                                                                                      • Instituto Homem Pantaneiro,
                                                                                                                                                                      • RPPN-Ingenieur Eliezer Batista und
                                                                                                                                                                      • Fazenda Santa Tereza.

                                                                                                                                                                      Das Management wird vom Instituto Homem Pantaneiro übernommen und Acaia Pantanal ist aktiv an der Zusammenarbeit mit Ressourcen und Logistik beteiligt.
                                                                                                                                                                      Zuletzt geändert von Spartaner; 05.01.2022, 13:05.

                                                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                                                        Lebt im Forum
                                                                                                                                                                        • 24.01.2011
                                                                                                                                                                        • 5056
                                                                                                                                                                        • Privat


                                                                                                                                                                        #84
                                                                                                                                                                        Donnerstag, 26.09.2019, BZ Aliança SUP., 22km
                                                                                                                                                                        Kurz nach ½7 wache ich auf. Ein bisschen spät, das Frühstück ist für uns sowie die Lehrer und die Bediensteten auf 6:30 Uhr angesetzt. Die Schüler essen später.

                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5625kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,48 MB ID: 3024774

                                                                                                                                                                        10 Minuten später sind wir drüben beim Frühstück. Hier finden wir vor, was ein ganz normales einfaches brasilianisches Frühstück ausmacht: Weißbrotscheiben, Margarine, ein weiterer, hellerer Brotaufstrich, Crackers, warme Milch, Kaffee und Bananen. Ich finde das sehr interessant, wo wir ja bisher und auch später immer Hotel- oder Pensionsfrühstück vorgesetzt bekommen (haben).

                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5633kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,31 MB ID: 3024771
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5640kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,47 MB ID: 3024773
                                                                                                                                                                        Fernanda, die Verwaltungsleiterin, ist bereits voll im Dienst, im Prinzip rund um die Uhr. In der Nacht ist eines der Boote am Schwimmsteg gesunken und muss gehoben werden. 4 Männer müssen ran:
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5646kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,57 MB ID: 3024776

                                                                                                                                                                        Der abgesoffene Bootsmotor soll übrigens problemlos weiter funktionieren, wenn man sie schnell und fachgerecht trockenlegt. Japanische Wertarbeit, perfekte Konstruktion, weltweit begehrt.

                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5668kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,38 MB ID: 3024775

                                                                                                                                                                        Der Schulhund:
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5690kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,13 MB ID: 3024772

                                                                                                                                                                        Gerade angeliefert: Futter für den Schulhund:
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5704kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,86 MB ID: 3024780

                                                                                                                                                                        Auf dem Gelände spaziert ein Weißhalsibis:
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5708kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,86 MB ID: 3024778

                                                                                                                                                                        Nach dem Frühstück packen wir unsere Sachen. Getrocknet sind sie in der sehr feuchten Luft nicht so richtig. Es ist weiter bewölkt und die Verwaltungsleiterin rechnet wieder mit Regen heute. Ich weiß es besser, glaube den Angaben meiner App vom Vortag (Meteoblue).

                                                                                                                                                                        ¼10 werden wir von genau den beiden Frauen, die uns gestern am Steg begrüßt hatten, auch wieder verabschiedet:




                                                                                                                                                                        Facebook-Eintrag von Acaia Pantanal ein paar Tage später:
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: image_16661.png Ansichten: 6 Größe: 535,9 KB ID: 3024805
                                                                                                                                                                        https://www.facebook.com/pantanal.ac...00839810029254

                                                                                                                                                                        “Am 25.09. erhielt das Team der Jatobazinho-Schule Besuch von zwei Abenteurern, die in Kanus den Paraguay-Fluss hinunterfuhren. Michail und Thomas sind Deutsche und erkunden, zum ersten Mal in Brasilien, das Pantanal in Kanus. Die Expedition begann in Rondonópolis-MT und wird in Corumbá-MS enden. Sie wurden von den Schülern herzlich empfangen und sprachen mit allen über dieses große Abenteuer!”

                                                                                                                                                                        Abfahrt kurz vor ½10 bei bedecktem Himmel, angenehmen Temperaturen, und mäßigem Gegenwind. Zunächst schauen wir, im Windschatten der Ufervegetation zu bleiben. Später lässt der Wind nach.
                                                                                                                                                                        Felsen am Flussufer, Ende einer längeren bewaldeten Felsrippe, die sich etwas über das Niveau des Sumpflandes erhebt:
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5709kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,73 MB ID: 3024779

                                                                                                                                                                        Ansonsten gibt es heute nicht viel zu berichten. Wir passieren die Fazenda Califórnia, auch eine einstmals gut organisierte Farm mit großen Gebäuden und Flugstreifen. Von weitem heute keine wirtschaftliche Aktivität mehr erkennbar.
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5715kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,49 MB ID: 3024777


                                                                                                                                                                        Wie bereits an den Vortagen viel Angeltourismus auf dem Fluss:
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5750kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,14 MB ID: 3024783
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5734kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,81 MB ID: 3024785
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5749kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,05 MB ID: 3024786

                                                                                                                                                                        Eines der kleinen Angelboote kommt heute zu uns rangefahren. Die beiden Angeltouristen möchten etwas über uns erfahren, woher, wohin, etc.
                                                                                                                                                                        Die beiden Herren sehen genau so aus wie ich mir die Dons vorstelle, denen früher die großen Fazendas gehörten.
                                                                                                                                                                        Sie fragen ua, ob wir eine Waffe dabei haben, aber das müssen wir natürlich verneinen. Trotzdem Bolsonaro den legalen Erwerb und Besitz von Waffen vereinfacht hat (er genehmigte unmittelbar nach seinem Amtsantritt den Erwerb von vier Schusswaffen pro Person, die sowohl zu Hause als auch am Arbeitsplatz aufbewahrt werden können), ist für Ausländer der Kauf von Schusswaffen in Brasilien immer noch mit hohen Hürden gespickt (Q&A).
                                                                                                                                                                        Unser Gesprächspartner würde so eine Tour jedenfalls nicht ohne Waffe antreten.

                                                                                                                                                                        Arbeitsschiff mit Vieh-Prahm:
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5752kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,39 MB ID: 3024787

                                                                                                                                                                        Eine Flussschleife weiter stehen viele einfache kleine Höfe am linken Ufer. Einmal sogar mit Viehwirtschaft:
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5716kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,51 MB ID: 3024784
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5718kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,58 MB ID: 3024781
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5719kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,19 MB ID: 3024782

                                                                                                                                                                        Gegen ¾1 sehen wir kurz unterhalb des Seezeichens, welches mit "BZ Aliança SUP." in der Karte vermerkt ist, links eine freigemachte Fläche, die aktuell nicht bewohnt ist. Gelegenheit für eine Pause, mal Beine vertreten.
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5755kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,35 MB ID: 3024791
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5756kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,23 MB ID: 3024802
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5781kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,31 MB ID: 3024801
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5782kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,30 MB ID: 3024800

                                                                                                                                                                        Der Platz ist zwar etwas müllig, aber etwas besseres werden wir heute wohl nicht mehr finden, und so bleiben wir für heute hier. Hier können wir kochen, ohne andere zu stören, die immer noch nassen Sachen trocknen und faul herumhängen.
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5757kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,33 MB ID: 3024788

                                                                                                                                                                        Es gab mal eine primitive Hütte, deren Holzgestell jetzt zum Trockengestell wird. Mehrere kaputte Kühlschränke liegen herum. Nur der Zugang zum Flusswasser ist hier beschränkt. Vor dem Ufer liegt ein Streifen Wasserhyazinthen. So bekommt der Wasserfilter den Rest einer Angelrute, um den Ansaugkorb besser händeln zu können und damit weiter draußen Wasser anzusaugen.
                                                                                                                                                                        Später sehe ich hier den einzigen Kaiman des Tages. Er schwimmt langsam vom Fluss kommend zu unserem Ufer.

                                                                                                                                                                        Erbswurst, Zwiebeln, Knofi, Büchsenfleisch:
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5759kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,90 MB ID: 3024792

                                                                                                                                                                        Der trockene Platz ist umgeben von Seen, Sümpfen und Altarmen, zumeist offenes Land ohne viele Bäume (Map):
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5758kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,66 MB ID: 3024790

                                                                                                                                                                        Ameisen bewohnen diesen hohlen Baum:
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5761kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,00 MB ID: 3024789
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5763kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,72 MB ID: 3024796
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5765kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,96 MB ID: 3024795

                                                                                                                                                                        Orangerückentrupial, Orange backed trupial, João-pinto (Icterus croconotus strictifrons, Todd 1924):
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5774kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,18 MB ID: 3024793
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5780kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,70 MB ID: 3024794
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5785kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,52 MB ID: 3024799

                                                                                                                                                                        Extrem klare Luft heute, die Sonne geht hell und richtig unten am Horizont unter:
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5790kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,37 MB ID: 3024798
                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5793kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,16 MB ID: 3024797
                                                                                                                                                                        An den Vortagen verschwand sie schon weiter oben blutrot im Dunst.

                                                                                                                                                                        Wie immer viele blinkende Glühwürmchen, heute sind auch viele Sterne zu sehen.
                                                                                                                                                                        18:52 Satellit von Westen nach Osten, ziemlich schnell.
                                                                                                                                                                        Einmal mehrere Schüsse in der Dämmerung.

                                                                                                                                                                        Viel Schiffsverkehr in der Nacht. Es ist kühl und relativ feucht heute Nacht. Ich überlege schon, mir was anzuziehen. Schon Socken hätten es getan, aber ich bin zu faul und schlafe dann auch so ganz gut.
                                                                                                                                                                        Zuletzt geändert von Spartaner; 11.11.2021, 21:51.

                                                                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                                                                          Alter Hase
                                                                                                                                                                          • 12.05.2013
                                                                                                                                                                          • 2707
                                                                                                                                                                          • Privat


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                                                                                                                                                                          Wie schön, dass es mit dem Bericht weitergeht, danke dafür. Nach den ersten Zeilen war ich schon wieder ganz in dem Bericht drin!

                                                                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                                                                            Lebt im Forum
                                                                                                                                                                            • 24.01.2011
                                                                                                                                                                            • 5056
                                                                                                                                                                            • Privat


                                                                                                                                                                            #86
                                                                                                                                                                            Freitag, 27.09.2019, Hochufer uh BZ Morcegueiro, 37km
                                                                                                                                                                            Morgens ist es ziemlich kühl. Ich messe am Morgen vor Sonnenaufgang 20.3°C Tiefsttemperatur.
                                                                                                                                                                            Zum Frühstück gibt es heute ausnahmsweise Zwiebeln, Knofi und Rührei aus Volleipulver:
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5824kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,62 MB ID: 3026212

                                                                                                                                                                            Das Pulver hatte ich mir schon vor 2 Jahren geholt, aber noch nie ausprobiert. Besonders gut nach Ei schmeckt das Produkt nicht. Vielleicht merken wir das auch nur nicht so richtig, wegen der vielen Zwiebeln und dem vielen Knoblauch, die in Unmengen Sojaöl gebraten oder soll ich besser sagen frittiert wurden.

                                                                                                                                                                            Noch während ich die Zwiebeln brate, legt bei uns ein alter Mann an, Caboclo. Erst denke ich, es ist vielleicht der Besitzer des Geländes. Er begrüßt uns und versucht ein Gespräch anzufangen, aber ich habe mit dem Kochen zu tun und Thomas flieht wegen fehlender Sprachkenntnisse. Ich sage Thomas noch, wir könnten ihn zum kalt angerührten Kaffee einladen, aber zu spät, er gibt schnell auf und legt wieder ab.
                                                                                                                                                                            Das besondere ist, er ist der erste Mensch, den wir hier rein muskelbetrieben in einem Holzboot mit Stechpaddel unterwegs sehen. Auch die Angel ist von der einfachsten Sorte:
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5808kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,93 MB ID: 3026213
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5821kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,32 MB ID: 3026211
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5809kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,35 MB ID: 3026208

                                                                                                                                                                            Vor 20 oder 30 Jahren mag das noch der Normalfall gewesen sein, aber heute hat sich Brasilien so viel weiterentwickelt, dass man nur noch sehr selten Reste der 3. Welt sieht.
                                                                                                                                                                            Im Boot zündet er sich eine Zigarette an und trinkt einen warmen Kaffee aus der Thermoskanne, bevor er mit dem Fischen fortfährt. Wahrscheinlich wohnt er sehr versteckt 900m weiter südlich im Hinterland (Map).

                                                                                                                                                                            Kurz einen "Grünspecht" beobachtet, da kommen ~4 Arten infrage, also ohne Foto keine Chance; Schlangenhaut.

                                                                                                                                                                            Abfahrt heute erst ¼10. Noch 72km bis Corumbá. Das Paddeln geht heute wieder leicht und zügig.
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5826kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,25 MB ID: 3026209

                                                                                                                                                                            Auf den ersten 5km etliche kleine Höfe am linken Ufer, einer mit aktiver Viehwirtschaft:
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5838kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,78 MB ID: 3026210

                                                                                                                                                                            Ein weiterer Hof sieht aus wie eine Strandgaststätte:
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5842kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,46 MB ID: 3026215
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5845kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,59 MB ID: 3026214
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5847kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,27 MB ID: 3026218
                                                                                                                                                                            Die “Rancho Maracangalha” (Map, Facebook) bietet Unterkunft und Angelausflüge.
                                                                                                                                                                            Interessant sind die Bilder vom Hochwasser Mai 2018 und dem extremen Niedrigwasser Juli 2020 zum Vergleich. Wir hatten Ende September 2019 also noch einen ziemlich guten Wasserstand im Rio Paraguai.
                                                                                                                                                                            Im Juli 2020 wurde die Ranch beinahe ein Opfer der massiven Brände im Pantanal (siehe das zweite Drohnenvideo auf dieser Seite).

                                                                                                                                                                            Ein Dritter, sehr kleiner Hof glänzt mit einer super Solaranlage mit Batteriespeicher:
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5848kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,16 MB ID: 3026216
                                                                                                                                                                            So wie diese Solaranlage aussieht, hat sie der Besitzer über die Pilotphase des Programms "Ilumina Pantanal" geschenkt bekommen. Er zahlt nur einen symbolischen Beitrag von ~30R$ (~5€) im Monat ("Sozialgebühr") und hat ansonsten keine weiteren Stromkosten mehr. Viel besser, als selbst einen Generator zu beschaffen und mit Treibstoff zu befüllen, wie das bisher die Regel ist. Im Rahmen des Projekts "Ilumina Pantanal" sollen allein im Jahr 2021 weitere ~2090 Solaranlagen auf abgelegenen Höfen installiert werden, die sich auf eine Fläche fast so groß wie Portugal verteilen.

                                                                                                                                                                            Weitere kleine Höfe am Ufer:
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5849kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,53 MB ID: 3026220
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5853kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,65 MB ID: 3026223
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5937kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,25 MB ID: 3026235

                                                                                                                                                                            Die allermeisten sind erst wenige Jahre alt, die Natur wird also munter weiter zersiedelt. Heute zwar nicht mehr im großen Maßstab der alten Fazendas, aber Kleinvieh macht auch Mist.

                                                                                                                                                                            Das Wetter ist perfekt, sehr klare Luft, beste Fernsicht. Zurück in Richtung Norden sehen wir bis zu den Bergen südlich von Amolar. Nach Süden können wir bereits bis über unser Paddelziel hinausschauen, auf den Morro Grande, also den großen Hügel, 20km südlich von Corumbá:
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5850kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,44 MB ID: 3026217
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5852kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,16 MB ID: 3026219
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5947kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1.021,5 KB ID: 3026234
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5949kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,20 MB ID: 3026237
                                                                                                                                                                            Der Große Hügel ist 1065m hoch und erhebt sich damit 960m über die Sumpfebene des Pantanal, ist nach meinem Gefühl also eigentlich schon ein richtiger Berg:
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: SovietkarteCorumbaRelief.png Ansichten: 0 Größe: 3,20 MB ID: 3026251

                                                                                                                                                                            Nach den vielen Gehöften wird es einsamer, wieder ein Abschnitt reine Natur:
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5854kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,70 MB ID: 3026221
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5865kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,67 MB ID: 3026224
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5871kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,24 MB ID: 3026226
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5892kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,11 MB ID: 3026232
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5876kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,09 MB ID: 3026231
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5882kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,26 MB ID: 3026227

                                                                                                                                                                            Amazonasfischer (Chloroceryle amazona):
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5887kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,71 MB ID: 3026233
                                                                                                                                                                            Links das Weibchen, rechts das Männchen. Die Art ist nicht leicht zu unterscheiden vom Grünfischer (Chloroceryle americana).

                                                                                                                                                                            Jaribu im Nest:
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5927kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,58 MB ID: 3026230

                                                                                                                                                                            Für eine Pause legen wir diesmal nicht am Ufer an, sondern fahren in eine große treibende Wasserhyazintheninsel, legen quasi an, und treiben mit ihr sehr sauber im Stromstrich:
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5870kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,51 MB ID: 3026225

                                                                                                                                                                            Windstille, Vogelkonzert, und die Amazonasfischer, die ich oben schon gezeigt habe:

                                                                                                                                                                            Der die ganze Zeit in regelmäßigen Abständen zu hörende klangvolle Ruf ist wahrscheinlich vom Grausaltator (Saltator coerulescens).

                                                                                                                                                                            Insgesamt treiben wir in 48 Minuten 2619m, also mit 3.26km/h. Das ist mal ein genaues Maß für die Strömungsgeschwindigkeit des großen Stromes an dieser Stelle und mit diesem Wasserstand, eine Angabe, die ich mir schon vor der Reise mal gewünscht hätte.

                                                                                                                                                                            Heute sind tagsüber keine Hotelschiffe mit Angeltouristen aktiv auf unserem Flussabschnitt.

                                                                                                                                                                            Eine Riesenotter-Gang am rechten Ufer:
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5953kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,93 MB ID: 3026242
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5954kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,37 MB ID: 3026240

                                                                                                                                                                            Kein Wasserschwein gesehen heute, keinen Kaiman. Weggeplatscht sind 3 - 4 große Tiere, aber wir haben halt nicht gesehen, welche. Lagerplätze sind rar, Sandbänke gibt es schon seit Tagen nicht mehr.
                                                                                                                                                                            Anfangs finden sich in den Innenkurven noch Ausstiege unter Bäumen mit etwas Freifläche:
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5955kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,75 MB ID: 3026243
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5940kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,33 MB ID: 3026238
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5934kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,16 MB ID: 3026229
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5936kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,85 MB ID: 3026236

                                                                                                                                                                            An einer Stelle, an der ich auf einem Satellitenbild zwei Häuser zu erkennen glaubte und in die OSM eingezeichnet hatte, finden wir zwar keine Häuser vor, aber einen freigeschlagenen Lagerplatz auf einem Hochufer mit Lagerfeuerstelle.
                                                                                                                                                                            Kurz vor 3 beenden wir den Paddeltag hier:
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5960kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,90 MB ID: 3026241
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5961kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,92 MB ID: 3026244
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5964kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,30 MB ID: 3026248
                                                                                                                                                                            Ein einsamer Platz im dichten Dschungel.

                                                                                                                                                                            Die Riesenotter-Gang von vorhin kommt wenig später auch hier vorbei:
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5968kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,60 MB ID: 3026246
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5969kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,31 MB ID: 3026245
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5971kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,32 MB ID: 3026247
                                                                                                                                                                            Von hier oben haben wir einen schönen Blick auf die Otter. 5 Otter, wenn ich richtig gezählt habe. Keck rufen sie zu uns hoch:

                                                                                                                                                                            Irgendwelche Angst haben die sowieso nicht, die nehmen es auch locker mit Jaguaren und Kaimanen auf.

                                                                                                                                                                            1½h nach der Landung köcheln die Nudeln auf dem Ofen:
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5972kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,10 MB ID: 3026249
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5973kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,43 MB ID: 3026252

                                                                                                                                                                            Kurz vor Sonnenuntergang sind am Himmel erste Eintrübungen wahrscheinlich wieder von Rauchschwaden erkennbar:
                                                                                                                                                                            Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht Name: Pant5974kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,68 MB ID: 3026250

                                                                                                                                                                            Darum haben wir heute nicht mehr einen ganz so hellen Sonnenuntergang wie gestern.
                                                                                                                                                                            Zur selben Zeit umschwirren uns extrem viele lästige Fliegen auf dem Lagerplatz. Sie haben es vor allem auf mich abgesehen, Thomas bleibt verschont. Und das, obwohl ich mich auch noch mit Icaridin eingesprüht habe.
                                                                                                                                                                            Nach Sonnenuntergang sind die Fliegen weg und Mücken gibt es auch kaum.

                                                                                                                                                                            Eine halbe Stunde vor Mitternacht kommt ein großes Party-Schiff stromauf getuckert. Schnulzige brasilianische Schlagermusik, laut schreiende Männer an Bord.

                                                                                                                                                                            ----------------------------------------------------
                                                                                                                                                                            Riesenotter-Links:

                                                                                                                                                                            Giant Otters of Brazil | The World's Largest Otter
                                                                                                                                                                            Jaguars vs. Giant Otters: Who Will Win? | Nat Geo Wild
                                                                                                                                                                            Otter Family Fight For Survival Against Jaguar Attack | SNAPPED IN THE WILD
                                                                                                                                                                            OTTERS - JAGUAR'S FEAR || Top otters vs jaguar moments (teilweise Wiederholungen vorheriger Szenen)
                                                                                                                                                                            Caiman Attacks Family Of Otters | Wild Brazil | BBC Earth
                                                                                                                                                                            Otters vs Caiman
                                                                                                                                                                            Zuletzt geändert von Spartaner; 13.01.2022, 10:15.

                                                                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                                                                              • 5056
                                                                                                                                                                              • Privat


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                                                                                                                                                                              Samstag, 28.09.2019, bis 8 Fluss-km vor Corumbá, 28km
                                                                                                                                                                              Im Morgengrauen höre ich extrem tiefe und laute Kaiman-Grunzer. Sicherlich ein riesiges, altes Tier. Sie sind zu hören bei Sekunde 28, 40 und 59 auf dieser Aufnahme des “morning pre-dawn song battle” von einigen Ortalis canicollis (Chacoguan, Chaco-Tschatschalaka) (da das File offensichtlich unter mboxdrive nicht mehr verfügbar ist, habe ich es hier hochgeladen, siehe den MP3-Anhang ganz unten hier im Beitrag).

                                                                                                                                                                              LS_50575_ChacoChachalaca.mp3

                                                                                                                                                                              Eine Stunde später, Blick aus dem Zelt:
                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5976k.jpg Ansichten: 40 Größe: 1,45 MB ID: 3028120
                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5978kc.jpg Ansichten: 40 Größe: 2,24 MB ID: 3028122

                                                                                                                                                                              Während wir frühstücken, passieren etliche einzelne Motorboote die Innenkurve auf der gegenüberliegenden Flussseite. Ein Boot mit 3 Anglern schert aus und legt 100m oberstrom unserer Campstelle an unserem Ufer an.

                                                                                                                                                                              ½9 sind wir wieder auf dem Wasser. Easy paddeln heute bei bestem Wetter, wenig Wind. Die Luft ist allerdings nicht mehr ganz so klar wie gestern.

                                                                                                                                                                              Nach 2½km passieren wir mehrere Häuser am linken Ufer, auch bessere dabei:
                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5985kc.jpg Ansichten: 39 Größe: 2,98 MB ID: 3028121
                                                                                                                                                                              Die “Rancho doce vida” (Ranch “Süßes Leben”) ist offenbar als Touristenunterkunft gebaut worden (Angeltourismus), sogar überschwemmungssicher auf Stelzen.

                                                                                                                                                                              Kurz dahinter ein schickes Haus, aber schon Ruine:
                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5988kc.jpg Ansichten: 38 Größe: 2,69 MB ID: 3028124
                                                                                                                                                                              2013 wohnte hier noch ein Herr namens Nilo (Bild). Brian und Diana vermachtem ihm Teile ihrer Ausrüstung, von der sie meinten, sie nicht mehr zu benötigen: "we gave Nilo our stove, remaining fuel, matches, Diana's rubber boots and some food".

                                                                                                                                                                              Viele Anglerboote tummeln sich auf dem Fluss, aber heute sieht es mehr nach individuellem Angeln aus als touristischem.

                                                                                                                                                                              Der allergrößte Teil der Flussufer ist aber weiterhin unberührte Natur:
                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5990kc.jpg Ansichten: 39 Größe: 2,45 MB ID: 3028129

                                                                                                                                                                              Die Berge am südlichen Horizont kommen immer näher:
                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5998kc.jpg Ansichten: 41 Größe: 854,4 KB ID: 3028127
                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant5997kc.jpg Ansichten: 43 Größe: 1,07 MB ID: 3028126
                                                                                                                                                                              Es ist schon ein erhebender Anblick. Jetzt, wo klar ist, dass wir es bequem bis Corumbá schaffen werden, können wir uns viel Zeit lassen. Das Ziel kommt näher, meine bisher beste Paddeltour nähert sich dem Ende.

                                                                                                                                                                              Auf dieser Panorama-generierenden Webseite hier kann ich den markanten Berg mit der sehr steilen Ostflanke genau orten. Er liegt 40km entfernt und ist 778m hoch (Map):

                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: PanoramaUDeuschleCorumba.png Ansichten: 0 Größe: 142,9 KB ID: 3030778
                                                                                                                                                                              www.udeuschle.de

                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6004kc.jpg Ansichten: 41 Größe: 952,9 KB ID: 3028128

                                                                                                                                                                              Eines der Seezeichen, deren Positionen ich in der OSM vermerkt habe:
                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6005kc.jpg Ansichten: 41 Größe: 3,30 MB ID: 3028134
                                                                                                                                                                              Es steht am offiziellen Flusskilometer 1545.2 unter der Bezeichnung “BZ Passarinho Preto Sup”. Knapp über 1000km ist der Rio Paraguai hier bereits lang und 1545km sind es noch bis zur Mündung in den Río Paraná.

                                                                                                                                                                              Wir könnten heute auch schon ganz bis Corumbá paddeln, es sind von hier aus ja nur noch 23 Fluss-km, aber das möchte ich im Gegensatz zu Thomas nicht. Andrea kommt erst morgen in Corumbá an, und die Nacht davor würde ich gerne noch draußen im Dschungel übernachten. Hotels und Pensionen werden wir im Anschluss noch genug “genießen” können.

                                                                                                                                                                              So schauen wir uns immer wieder potentielle Übernachtungsplätze an. Hier käme man zB ganz gut ans Ufer, und sauberes Wasser aus einem Altarm hätten wir hier auch (Map):
                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6006kc.jpg Ansichten: 42 Größe: 2,70 MB ID: 3028135

                                                                                                                                                                              Aber es scheint sich um Privatland zuhandeln, und natürlich ist es mir um 10 Uhr noch zu früh und zu weit von Corumbá entfernt (Luftlinie 15km). Ich hätte nämlich heute Abend gerne schon Mobilfunkempfang bzw schnelles Internet aus der Stadt, und so paddeln wir noch weiter.

                                                                                                                                                                              Die bolivianischen Schwesterstädtchen von Corumbá, Puerto Quijarro bzw Puerto Suárez, kommen in Sicht:
                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6012kc.jpg Ansichten: 40 Größe: 705,6 KB ID: 3028130
                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6013kc.jpg Ansichten: 40 Größe: 1,28 MB ID: 3028133
                                                                                                                                                                              Auf diesem Bild ↑ sieht man verrottende Industrieanlagen zwischen den bolivianischen Orten Puerto Quijarro und Puerto Suárez (Map, Provinz Germán Busch). Ich habe nicht herausfinden können, um was es sich dabei handelte. Es sieht aus wie Bergbau, kann aber mit dem eigentlichen Schatz dieser Gegend nicht viel zu tun haben. Oder sind es doch die Reste der ersten Aufbereitungsanlagen?

                                                                                                                                                                              28km südwestlich dieser alten Anlagen befindet sich ein Berg, der aus purem, sehr reinem Eisenerz besteht. Dieser Berg heißt El Mutún. Auf einer Fläche von ~75km² liegen hier ~40 Milliarden Tonnen Eisenerz mit einem Eisengehalt von 50%, fast 9% der gesamten leicht erschließbaren Eisenlagerstätten der Welt. Die Vorkommen sind seit 1848 bekannt, seit den 50er Jahren wird eine wirtschaftliche Nutzung der Vorkommen versucht.

                                                                                                                                                                              Anfang der 2000er Jahre entwickelte das brasilianische Unternehmen EBX ein Projekt zur Gründung einer Stahlhütte im bolivianischen El Mutún. Anstatt Erdgas aus einer 20km entfernten Pipeline zu verwenden, sollte für die Stahlhütte Holzkohle (!!!) verwendet werden, zu dessen Herstellung 45 Hektar Amazonasholz pro Tag benötigt würden (super toll, das zählt ja als erneuerbare Energie, nicht wahr?, also richtiger Ökostahl). Aus naheliegenden Umweltschutzgründen wurde das Projekt vom bolivianischen Präsidenten Evo Morales blockiert.
                                                                                                                                                                              EBX begann aber illegalerweise bereits zu arbeiten, bevor es eine Lizenz erhielt. Das bolivianische Verteidigungsministerium erklärte, dass "verschiedene Unregelmäßigkeiten und Verstöße gegen die Verfassung" beobachtet worden seien. Am 19. April 2006 befreite die bolivianische Armee drei Minister, die von Dorfbewohnern als Geiseln genommen worden waren und die sofortige Eröffnung aller EBX-Anlagen forderten. Bis 2007 hatte die bolivianische Regierung EBX aus der Region Mutún ausgewiesen.
                                                                                                                                                                              Dann versuchte sich die indische Firma “Jindal Steel and Power Limited” an der Erschließung der Vorkommen. Jindal wollte zunächst 1.5Mrd US-$ und in den nächsten 8 Jahren weitere 2.5Mrd US-$ investieren und dabei ~6000 Arbeitsplätze direkt und weitere 15000 indirekt schaffen. Geplant war ein Stahlwerk mit einer Produktion von 1.7Mio t Stahl/a, ein Eisenschwammwerk mit 6Mio t Fe/a, und ein Eisenerzpelletwerk mit 10Mio t Fe/a sowie der Bau eines 450-MW-Erdgaskraftwerks. Bolivien war aber nicht in der Lage, den 20km langen Erdgasanschluss sicherzustellen, und so kamen nur Investitionen von 20Mio US-$ zustande. Nach einigem Streit verließ Jindal im August 2012 das El Mutún-Projekt und bekam 2014 von einem internationalen Schiedsgericht seine investierte Summe von Bolivien zurück.
                                                                                                                                                                              Seitdem liegt die ganze Sache wieder in der Schublade (Wikipedia).


                                                                                                                                                                              Zeitweise bläst doch etwas Wind. Aber im Gegensatz zu Brian und Diana, die hier sehr mit Gegenwind zu kämpfen hatten, schiebt uns der Wind in die richtige Richtung.
                                                                                                                                                                              Thomas versucht, das Ganze mit dem Schirm zu unterstützen:
                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6014kc.jpg Ansichten: 39 Größe: 1,50 MB ID: 3028132
                                                                                                                                                                              So verbringen wir wieder eine ½h Pause auf dem Fluss, während der wir uns 2.2km vorwärts bewegen (3.84km/h). Immerhin sind wir ein bisschen schneller als die 3.26km/h am Vortag ohne Wind.

                                                                                                                                                                              Brian und Diana hatten dagegen richtig zu kämpfen: "We rounded the next bend and were confronted with severe head winds with 3 foot swells and breaking whitecaps! Over the next 7 hours we inched our way along the shoreline. If we still had had a stove, or even matches, we probably would have stopped and waited for better conditions."

                                                                                                                                                                              "Fazenda 4 Irmãos", hier haben sich offenbar 4 Brüder ihr Angelparadies geschaffen:
                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6017kc.jpg Ansichten: 40 Größe: 2,32 MB ID: 3028136

                                                                                                                                                                              Corumbá, im Hintergrund der Morro Grande:
                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6019kc.jpg Ansichten: 39 Größe: 852,7 KB ID: 3028131
                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6020kc.jpg Ansichten: 40 Größe: 927,0 KB ID: 3028137
                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6022kc.jpg Ansichten: 41 Größe: 1,57 MB ID: 3028138
                                                                                                                                                                              Das letzte Bild lässt die große weiße Jesus-Statue auf dem Hügel “Morro do Cruzeiro” hinter der Stadt erkennen (Cristo Rei do Pantanal - el Rey de Corumba). Eine 460m lange Treppe führt direkt auf den Hügel zu diesem Aussichtspunkt hinauf.
                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Cristo_do_Rei_do_Pantanal_-_Corumbá,_Mato_Grosso_do_Sul.jpg Ansichten: 39 Größe: 4,63 MB ID: 3028123
                                                                                                                                                                              Foto Andrew Mercer, CC BY-SA 4.0

                                                                                                                                                                              Der Hügel erhebt sich ~210m über das Niveau des Flusses (Map). Genügend Mobilfunkantennen sind auch zu sehen, also sollte es doch guten Empfang geben.

                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6024kc.jpg Ansichten: 42 Größe: 2,69 MB ID: 3028139
                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6026kc.jpg Ansichten: 42 Größe: 2,37 MB ID: 3028142

                                                                                                                                                                              Die letzten unterwegs-Bilder der Skyline von Corumbá heute:
                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6030kc.jpg Ansichten: 43 Größe: 1,18 MB ID: 3028140
                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6029kc.jpg Ansichten: 40 Größe: 1,27 MB ID: 3028141

                                                                                                                                                                              Auch hier wilde Zersiedelung, ein verstecktes Wochenendgrundstück (Map):
                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6031kc.jpg Ansichten: 40 Größe: 3,35 MB ID: 3028145

                                                                                                                                                                              Gegen ¾1 landen wir 8 Fluss-km vor Corumbá am linken Ufer an und schlagen das Lager in der Innenkurve auf:
                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6037kc.jpg Ansichten: 42 Größe: 2,65 MB ID: 3028144

                                                                                                                                                                              Reste eines eindeutig gewilderten Kaimans in unserem Lager:
                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6036kc.jpg Ansichten: 43 Größe: 2,50 MB ID: 3028147
                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6034kc.jpg Ansichten: 42 Größe: 2,26 MB ID: 3028143
                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6042kc.jpg Ansichten: 43 Größe: 1,78 MB ID: 3028146
                                                                                                                                                                              Der Panzer war am Rücken sauber aufgeschnitten und es wurden offenbar nur ein paar wenige Fleischstücke entnommen. Das wundert mich, denn irgendwo habe ich gelesen, dass die Wilderer meist den Schwanz abschneiden, da er das beste Fleisch enthält.
                                                                                                                                                                              Die Reste des Kaimans müssen schon lange hier gelegen haben. Sie waren vollkommen trocken, mumifiziert, und haben natürlich überhaupt nicht mehr gerochen (andernfalls wären wir doch noch auf einen anderen Platz weitergezogen).
                                                                                                                                                                              Wilderei ist auch heute noch ein ständiges Thema im Pantanal. Zwar nicht mehr im dem großen Stil, wie in den 60er bis 90er Jahren des 20.Jhds. Hauptsächlich geht es um illegale Fischerei von Profis und Amateuren. Die personell schwach ausgestattete Umweltpolizei PMA (Polícia Militar Ambiental) verfolgt diese Taten, wo sie kann (Beispiel Kaimanjagd).

                                                                                                                                                                              Besonders toll ist unser letztes Camp hier am Fluss aber dennoch nicht. Erst nach dem Zeltaufbau stellen wir fest, dass die bergauf fahrenden Boote und großen Schiffe hier alle ganz dicht an unserem Ufer vorbeifahren:
                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_20190928_135413.jpg Ansichten: 43 Größe: 3,28 MB ID: 3028125

                                                                                                                                                                              Ca. 12 Hotelschiffe passieren unser Lager, die allermeisten stromauf.

                                                                                                                                                                              Wir haben heute Nachmittag noch viel Zeit und kochen uns Nudeln und Kaffee:
                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6043kc.jpg Ansichten: 42 Größe: 1,77 MB ID: 3028148
                                                                                                                                                                              Ganz wohl ist mir nicht mit dem Feuer hier auf der knochentrockenen organischen Unterlage. Nur zwei rostige Stahlstangen sorgen für etwas Abstand zum Boden. Aber das Löschwasser ist ja nicht weit.

                                                                                                                                                                              Hier im Dschungel gibt es kaum eine Möglichkeit, das Solarpanel auszubreiten. Auch wenn man mal einen Sonnenfleck erwischt, so wandert der doch ständig weiter. Erst gegen Abend finde ich einen schönen Platz für das Panel, wo es mal eine Stunde ungestört hängen kann:
                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6044kc.jpg Ansichten: 42 Größe: 2,54 MB ID: 3028150
                                                                                                                                                                              Schön sonnig, ja, aber auch sehr absturzgefährdet. Das Smartphone hing ja auch mit dran.

                                                                                                                                                                              Letzter Blick auf das Ziel der Tour, Corumbá im Abendlicht:
                                                                                                                                                                              Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6049kc.jpg Ansichten: 42 Größe: 2,01 MB ID: 3028149
                                                                                                                                                                              37min später ist die Sonne untergegangen.
                                                                                                                                                                              Wir sind hier ~4km Luftlinie von Corumbá entfernt und haben entsprechend gute LTE-Verbindung.

                                                                                                                                                                              Nachts schallt laute Musik aus Corumbá rüber bis in unsere Zelte. Ich bin nicht besonders müde nach dem wenig anstrengenden Tag und so chatte ich noch ein bisschen mit Andrea, die auch schon im Land ist und in ihrem Hotel WLAN hat.

                                                                                                                                                                              Andrea, die morgen zu uns stoßen möchte, ist heute früh um 6 Uhr MESZ von Berlin-Tegel losgeflogen, um ¾9 CET in Lissabon zwischengelandet (von wo ich eine Nachricht bekommen habe), flog dann >10h weiter nach São Paulo und landete etwa zu der Zeit, als wir hier am Flussufer den Sonnenuntergang erlebten, auf dem größten Flughafen Brasiliens, Guarulhos (GRU 2019: 43Mio Fluggäste, zum Vergleich FRA 2019: 70Mio, TXL 2019: 24Mio).

                                                                                                                                                                              Während wir hier anschließend bereits im Zelt lagen, fuhr sie nachts um ¼9 mit einem Uber 111km (Renault Logan, 211.37R$ bzw ~47€) zum Nachbarflughafen Viracopos, und ruht sich ein paar Stunden im dortigen Ramada Hotel Aeroporto Viracopos aus.
                                                                                                                                                                              Morgen früh um 8 möchte sie dann von Viracopos zu uns nach Corumbá weiterfliegen.
                                                                                                                                                                              Angehängte Dateien
                                                                                                                                                                              Zuletzt geändert von Spartaner; 09.05.2023, 05:55.

                                                                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                                                                • 5056
                                                                                                                                                                                • Privat


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                                                                                                                                                                                Ich habe es noch nicht selber gesehen, bin aber schon gespannt und will es mir sichern:

                                                                                                                                                                                Dokumentation "Naturwunder Pantanal"
                                                                                                                                                                                Das Erste am 19.04.2021 20:15 ∙ Erlebnis Erde

                                                                                                                                                                                "Pantanal ist brasilianisch und bedeutet Sumpf. So schlicht der Name, so spektakulär ist das größte Feuchtgebiet der Erde im Herzen Südamerikas. Diese Millionen Jahre alte Landschaft ist eine Arche Noah für viele bedrohte Tiere und Pflanzen." (Video verfügbar bis 19.04.2022)

                                                                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                                                                  Im Morgengrauen liege ich schon wach im Zelt und lausche dem Konzert im Dschungel um mich herum. Die Tonaufnahme von 05:24 Uhr lässt bekannte und unbekannte Stimmen aus dem Sumpf hinter dem Uferdamm hören ( SoundscapeRioParaguaiCorumbaLS_50577.mp3). Neben dem andauernden lauten pre-dawn-morning-battle des Chacoguans (Ortalis canicollis) ruft mehrfach eine Weißstirntaube (Leptotila verreauxi). Einmal ist ein Kaiman-Brüller zu hören. Soweit ist mir das bekannt.
                                                                                                                                                                                  Ein erfahrener Ornithologe half mir dann bei der Identifizierung weiterer Vogelstimmen. Komisch fand ich die Rufe des Marmorreihers (Tigrisoma lineatum), der wie eine Kuh klingt (bei 00:34, 00:58, 01:12, 01:30 und 01:45). Am Beginn der Aufnahme bei 00:06 singen laut 3 Blassfußtöpfer (Furnarius leucopus). Klar höre ich bei 00:34, 01:28, auch den weitverbreiteten Brasilzwergkauz (Glaucidium brasilianum), eine großgewachsene Art aus der Gattung der ansonsten kleinen Sperlingskäuze. Der Mönchssittich (Myiopsitta monachus) ist kurz bei 01:34 zu hören.
                                                                                                                                                                                  Daneben sollen auch Theristicus caerulescens (Stirnbandibis, das wäre dann die vierte Ibis-Art), Saltator caerulescens, und Nyctidromus albicollis zu hören sein (welche ich schon von vorherigen Tonaufnahmen kenne), aber in meiner Aufnahme leider nicht wiedererkenne.

                                                                                                                                                                                  05:30 Uhr, Sonnenaufgang, eine Rotte Pekaris kommt zu Besuch. Sie verharren 5m vor den Zelten, das Leitschwein knallt laut mit den Zähnen. Nachdem ich mich im Zelt aufsetze und wir uns sehen, machen sie kehrt und ziehen sich ein paar Meter zurück. Leider habe ich ein weißes Halsband oder andere Merkmale im Gegenlicht und ohne Brille auf der Nase nicht erkannt.
                                                                                                                                                                                  Also entweder war es ein Weißbartpekari (Tayassu pecari, auch Bisampekari) oder ein Halsbandpekari (Pecari tajacu).
                                                                                                                                                                                  Theoretisch könnte es auch eine dritte Art sein, das Chaco-Pekari (Catagonus wagneri), welches ganz in der Nähe hinter dem östlichen Ufer des Rio Paraguai lebt. Es bewohnt die dornigen Trockenwälder und Savannengebiete des Gran Chaco in Südostbolivien, Paraguay und Nordargentinien, wo es erst in den 1970er Jahren lebend entdeckt wurde. Vorher war es der Wissenschaft nur durch pleistozäne Fossilien bekannt (Wiki).
                                                                                                                                                                                  Und erst im Jahr 2000 wurde weiter nördlich im Amazonas-Gebiet das Riesenpekari (Pecari maximus) entdeckt. Erstaunlich, dass solche großen Säugetiere erst so spät entdeckt wurden.

                                                                                                                                                                                  Die Weißbartpekaris können, vor allem in größeren Rotten, richtig gefährlich werden. Besonders gerne stürzen sie sich auf Hunde. Auch Jaguare lernen Respekt von den Pekaris (Mobbing, Video). Ohne Hund ist es dagegen meistens relativ ungefährlich, siehe Pekaris für Kinder. John Coningham hat mehr Respekt vor diesen Tieren und ein paar schöne und schaurige Erlebnisse mit Pekaris aufgeschrieben. So überqueren sie einen Fluss (am Ende ist auch das Schlagen der Zähne zu hören).

                                                                                                                                                                                  Blick aus dem Zelt 1h später:
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_20190929_062101.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,67 MB ID: 3041431
                                                                                                                                                                                  Wenn ich mich recht erinnere, dann war das der letzte Morgen mit offenem Blick aus dem unverhüllten Innenzelt.
                                                                                                                                                                                  Letztes Frühstück am Rio Paraguai:
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_20190929_074248_HDR.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,55 MB ID: 3041432

                                                                                                                                                                                  Blick auf den Fluss, Corumbá in der Morgensonne:
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6054kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,36 MB ID: 3041429
                                                                                                                                                                                  Ein letztes Mal treibt der “Lord” an uns vorbei.

                                                                                                                                                                                  8:54, wir packen gerade zusammen, fliegt Andrea, vor 2h in Viracopos gestartet, fast über uns hinweg. Wir hätten ihr winken können.
                                                                                                                                                                                  Ihr Blick aus dem Flugzeug auf unser Lager unter den Bäumen (roter Kreis):
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 20190929_145354kc.png Ansichten: 0 Größe: 3,56 MB ID: 3041401

                                                                                                                                                                                  Noch ein Blick aus dem Flugzeug im Landeanflug 3min später, hier auf die Hügel westlich und südwestlich von Corumbá:
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 20190929_145658.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,14 MB ID: 3041428

                                                                                                                                                                                  Thomas hat vom Ufer aus Andreas Flugzeug gesehen, ich erst später auf dem Fluss, als es 1h nach der Landung wieder von Corumbá startet:
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6072kc.jpg Ansichten: 18 Größe: 836,7 KB ID: 3041423

                                                                                                                                                                                  Es handelt sich um eine 6 Jahre alte Embraer ERJ-195 PR-AXN mit dem klangvollen Namen “Dias Azuis” (“Blaue Tage”) der Azul Linhas Aéreas Brasileiras (Nahaufnahme). Das Interessante an diesem Flugzeug ist, dass es das erste Azul / Trip E195-Flugzeug mit ADS-B.Abs ist (und damit in flightradar24 verfolgbar). Sie ist der betriebskostengünstigste Flugzeugtyp in ihrem Marktsegment und ein schönes Beispiel für die Leistungsfähigkeit der brasilianischen Wirtschaft. Embraer ist zZ der weltweit viertgrößte Flugzeughersteller. Von den >18000 Beschäftigten sind 95% in Brasilien tätig. Mir selber war bisher nicht bekannt, dass dieses Land eine auch im Export so erfolgreiche Flugzeugproduktion hat. Die Grundlagen für die brasilianische Flugzeugproduktion wurden in den 50er Jahren mit deutscher Hilfe gelegt.

                                                                                                                                                                                  Um 9 paddeln wir los. 8km sind es noch bis zum Ziel Corumbá.
                                                                                                                                                                                  Unser Lagerplatz lag noch sehr schön einsam im Sumpf. 2 Flussschleifen weiter sieht es anders aus. Zersiedelte Ufer:
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6069kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,88 MB ID: 3041430

                                                                                                                                                                                  Das sind quasi die Datschen einiger Bewohner von Corumbá, nur 2km von der Stadt entfernt. Schon hinter der nächsten Flussschleife kommt die Stadt in Sicht:
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6081kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 957,6 KB ID: 3041426
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6085kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,10 MB ID: 3041427
                                                                                                                                                                                  Das am weitesten links stehende Hochhaus ist das, von wo aus uns Andrea beim Blick aus dem Fenster des hochgelegenen Apartments erspähen könnte. Ich funke sie an und avisiere unsere Ankunft für die nächsten Minuten (Whatsapp).

                                                                                                                                                                                  Die große Seebrücke überspannt die Durchfahrt nach Bolivien:
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_20190929_100015k.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,20 MB ID: 3041421

                                                                                                                                                                                  Wegen der Überwachung von Hafen und Grenze patrouilliert ein Schnellboot der brasilianischen Marine auf dem Fluss. Der Hafenkapitän inspiziert uns Neuankömmlinge:
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6087kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,28 MB ID: 3041422

                                                                                                                                                                                  Die Marine ist in Ladário stationiert, einer eigenständigen Stadt eingebettet ins Gemeindegebiet von Corumbá (erkennbar als weißer Fleck in dieser Karte vom Gemeindegebiet von Corumbá). Ladário wurde 1778 als Militärlager gegründet.

                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_20190929_100009.jpg Ansichten: 19 Größe: 1,89 MB ID: 3041424

                                                                                                                                                                                  Von unserem anvisierten Strand ertönt laute Musik:
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6119kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,41 MB ID: 3041416

                                                                                                                                                                                  Auf und im Wasser tummeln sich etliche Sportler:
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6091kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,49 MB ID: 3041425
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6099kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,85 MB ID: 3041417
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6109kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,96 MB ID: 3041418

                                                                                                                                                                                  Der Strand ist eigentlich gerade abgesperrt für ein größeres Volkssport-Event, ähnlich dem dem “Eco Pantanal Extremo” im November 2019 (Fernsehbeitrag). Zu unserer Veranstaltung am 29.9.2019 finde ich leider nichts im Netz.

                                                                                                                                                                                  Aber es ist kein Problem, wir dürfen am Rande des Strandes zwischen den 2 großen Tretbootschwänen anlegen.

                                                                                                                                                                                  Kurz nach 10Uhr, nach exakt 900.945km auf dem Wasser, beenden wir die Kanutour. So zeigt es jedenfalls der GPS-Track. Na ok, er zittert vielleicht etwas. Das Zittern rausgeschätzt werden die glatten 900km wohl stimmen – natürlich bleibt es so oder so die längste Paddeltour meines Lebens. Und die interessanteste, gemessen an dem, was es zu sehen gab.

                                                                                                                                                                                  Zurück zum Strand, unserem Abbaustrand. Der Strand ist nicht besonders schön, etwas dreckig und leicht mit Müll, Bauschutt und Schlackesteinchen durchsetzt. Hier möchte ich den empfindlichen Kahn kein Stück über den Untergrund schleifen, sondern besser schwimmend auf dem Wasser ausladen. Zuerst breiten wir die große graue Gewebeplane am Nordrand des Strandes aus und packen das gesamte Gepäck darauf. Dann erst kommt das Boot aus dem Wasser:
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6122kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,04 MB ID: 3041415

                                                                                                                                                                                  Nachdem wir auch noch Smartphone und Powerbank an das Solarpanel angeschlossen haben, stößt Andrea zu uns. Erster Blick aus ihrer Perspektive:
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 20190929_162215.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,65 MB ID: 3041402

                                                                                                                                                                                  4 Wochen haben wir uns nicht gesehen. Nun beginnt ein neuer Abschnitt der Reise. 3 Wochen liegen vor uns, in denen wir Südbrasilien auf Land erkunden wollen.

                                                                                                                                                                                  Zunächst jedoch holen wir uns 3 eisgekühlte Dosenbier von einem nahegelegenen fliegenden Händler und feiern unser Wiedersehen und das glückliche Ende der Paddeltour.

                                                                                                                                                                                  Das kleine Bier bekommt Andrea aber leider gar nicht gut. Die 37°C Tageshöchsttemperatur sind jetzt gegen Mittag wohl schon fast erreicht, dazu die Hitze in der prallen Sonne, das ist zuviel für sie. Ihr wird schlecht, der Kreislauf schwächelt, sie legt sich im Schatten der Ufermauer ins Gras und muss sich erstmal erholen.

                                                                                                                                                                                  In der Zwischenzeit baue ich das Boot ab:
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 20190929_171302.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,66 MB ID: 3041399
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_20190929_122558.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,02 MB ID: 3041420

                                                                                                                                                                                  Nachdem sich Andrea wieder halbwegs erholt hat, sehen wir uns auf dem Strand um nach einer “Mitfahrgelegenheit”. Vorher haben wir erkennen müssen, dass Uber hier in Corumbá nicht funktioniert.
                                                                                                                                                                                  Das geeignetste Fahrzeug scheint dieses hier mit einem bolivianischen Nummernschild zu sein:
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_20190929_125018.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,67 MB ID: 3041419
                                                                                                                                                                                  Geräumig, groß genug für uns drei und unser umfangreiches Gepäck, das müsste gehen. Die Besitzerin wäscht gerade das Auto im Fluss, lässt sich aber überreden, uns zum nahegelegenen Apartment zu fahren.

                                                                                                                                                                                  ¾1 laden wir das Gepäck ins Fahrzeug und fahren die 600m hoch in die Rua Delamare 1047. Nicht mal 3 Minuten hat die Fahrt gedauert. Die Dame, sie kommt aus Bolivien, ist recht geschäftstüchtig und zieht Thomas mindestens das doppelte des regulären Taxipreises aus der Tasche (20R$).

                                                                                                                                                                                  Das Appartmenthaus:
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6156kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,57 MB ID: 3041406

                                                                                                                                                                                  Dort angekommen, wird das Gepäck erst mal in den Eingang verfrachtet, dass es von der Straße runter ist, dann melden wir uns beim Concierge. Der händigt uns die Schlüssel aus und hilft uns in den Fahrstuhl. Der Fahrstuhl muss 2x fahren, das Gepäck passt nicht alles auf ein mal rein:
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_20190929_130247.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,22 MB ID: 3041411

                                                                                                                                                                                  Unser Apartment “Linda Vista do Pantanal” (bedeutet: “Schöne Aussicht aufs Pantanal”) ist recht geräumig und kostet für 2 Tage alles zusammen 70€ (direkt über booking.com). Es hat eine Küche, 2 Toiletten, Dusche, 2 Schlafzimmer, ein Wohnzimmer und tatsächlich eine großartige Aussicht nach Norden, aus dem Zentrum der Stadt aufs Pantanal:
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6126kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,86 MB ID: 3041412

                                                                                                                                                                                  Wohnzimmer:
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6165kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,77 MB ID: 3041398

                                                                                                                                                                                  Küche:
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6169kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,25 MB ID: 3041397
                                                                                                                                                                                  Ich breite die Teile des Bootes noch einmal aus, um besonders aus der Matte auch den letzten Rest an Feuchtigkeit verdunsten zu lassen. In den folgenden 3 Wochen, in denen wir das Boot verpackt und bei Tropenhitze transportieren, soll ja nichts verschimmeln.

                                                                                                                                                                                  Dusche mit elektrisch beheiztem Duschkopf:
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6171k.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,72 MB ID: 3041400

                                                                                                                                                                                  Die Klimaanlagen über den Fenstern funktionieren, es ist angenehm kühl in den Zimmern. Andrea muss sich erst mal wieder hinlegen und von dem Hitzschlag erholen. Abends wird es ihr wieder besser gehen.
                                                                                                                                                                                  Corumbá hat übrigens eine Durchschnittstemperatur von 26°C und eine durchschnittliche jährliche Niederschlagssumme von 1m, fast 3x soviel wie bei uns.

                                                                                                                                                                                  Nachmittags drehe ich mit Thomas eine 3km-Runde durchs Viertel, Getränke einkaufen. Am Sonntag sind die meisten Geschäfte geschlossen, darum müssen wir etwas suchen, bevor wir zu unserem Bier kommen. Dabei bekommen wir einen ersten Eindruck von der Stadt.

                                                                                                                                                                                  Corumbá war einst ein brasilianisch-portugiesischer Vorposten im Mittelwesten, gegründet 1778 nach dem Vertrag von Madrid von 1750, der den Portugiesen gegen die Spanier die Herrschaft über dieses Gebiet sicherte.
                                                                                                                                                                                  Ende des 19.Jhdts war Corumbá der drittgrößte Flusshafen in Südamerika. Er exportierte Tierhäute (Jacaré, Jaguar und Otter), getrocknetes Rindfleisch, Fisch, Yerba Maté, Heilpflanzen und fertigte wertvolle Kautschuk-Fracht ab, die aus dem bolivianischen Amazonas- und Guaporé-Gebiet verschifft wurde. Zusätzlich erhob der Hafen Zölle für Passagiere und Fracht, die nach Norden in Richtung Mato Grosso und Cuiabá gingen (Dampfer der Europa/Brasilien-Route).
                                                                                                                                                                                  Corumbá galt als das Emporium von Mato Grosso - mit einer großen Anzahl ausländischer Händler, Konsulaten, etwa 25 internationalen Banken, und die Hauptwährung der Stadt war das Pfund Sterling.

                                                                                                                                                                                  Heute ist es eine Großstadt mit ~112Tsd. Einwohnern. Die lokale Wirtschaft basiert auf Viehzucht, Fischerei, Tourismus, Zementproduktion und der Wartung der Gaspipeline Brasilien-Bolivien. In den nahe gelegenen Hügeln waren bis vor kurzem auch mehrere kleine Eisen- und Manganminen in Betrieb.

                                                                                                                                                                                  Unser erster Weg führt in den >1.1ha großen “Garten der Unabhängigkeit’. Er wurde vor mehr als 100 Jahren von dem französischen Naturforscher Auguste François-Marie Glaziou als "Jardineiro do Império" gestaltet und 2016 restauriert. Der Platz ist vollständig in Marmor und einem gusseisernen Zaun gefasst, mit einem achteckigen Musikpavillon aus Gusseisen, der aus Deutschland importiert wurde, von wo auch das Straßenmosaik auf der Außenseite stammt:
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6137k.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,02 MB ID: 3041414
                                                                                                                                                                                  Der Musikpavillon verzaubert mit seinen aus Gusseisen geformten Linien und erfüllt seine musikalische Rolle immer noch, indem er zu feierlichen Anlässen einem Heeresmusikensemble Platz für Auftritte bietet oder als Bühne für unzählige künstlerische, kulturelle und folkloristische Veranstaltungen in der Stadt dient (Wikipedia).

                                                                                                                                                                                  Vier herausragende Skulpturen repräsentieren die Jahreszeiten. Sie wurden in Pisa aus Carrara-Marmor gefertigt und von einem italienischen Grafen gestiftet, der im Pantanal auf die Jagd ging. Die Corumbáenser verehren auf dem Platz die Helden des Paraguay-Krieges und des Zweiten Weltkriegs. Jahrhundertealte Bäume und drei Teiche schmücken den Garten, in denen mehrere Vogelarten, einheimische Fische und sogar Schildkröten beheimatet sind.

                                                                                                                                                                                  Das 1915 errichtete Denkmal für Antônio Maria Coelho:
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6139kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,36 MB ID: 3041409
                                                                                                                                                                                  Coelho kämpfte als erfolgreicher General (und später Marschall) auf Seiten Brasiliens gegen Paraguay. Paraguay zettelte 1864 in einem Anflug von Größenwahn einen Krieg gegen Brasilien, Argentinien und Uruguay an. Dieser entwickelte sich zum größten Krieg in der gesamten lateinamerikanischen Geschichte und kostete am Ende durch Kriegshandlungen und Epidemien ~¾ der Bevölkerung Paraguays das Leben.
                                                                                                                                                                                  Coelho befreite die Stadt nach 2 Jahren paragayischer Besatzung, in der die Stadt vollständig geplündert und viele ihrer Bewohner zur Zwangsarbeit nach Paraguay verschleppt wurde(n).
                                                                                                                                                                                  Detail: am 24.6.1867 gab es die erste brasilianische Militärluftoperation (mit Ballons).

                                                                                                                                                                                  Denkmal für die Gefallenen des 2. Weltkriegs:
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6143kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,78 MB ID: 3041413
                                                                                                                                                                                  Fast 100 Jahre später beteiligte sich das Brasilianische Expeditionskorps (Força Expedicionária Brasileira) auf Seiten der Alliierten im Mittelmeerraum gegen die Achsenmächte. 25000 Soldaten des Heeres und der Luftwaffe kämpften von September 1944 bis Mai 1945 in Italien. In den acht Monaten dieses Feldzugs verloren diese fast 500 eigene Soldaten und nahmen 20573 Italiener und Deutsche gefangen.
                                                                                                                                                                                  Die brasilianische Marine und die brasilianischen Luftstreitkräfte nahmen bereits seit Mitte 1942 an den Kämpfen im Südatlantik teil.
                                                                                                                                                                                  Das Denkmal wurde 1984 von der Stadtverwaltung errichtet und zeigt “schematisch” Vertreter der drei Teilstreitkräfte Luftwaffe, Heer und Marine.

                                                                                                                                                                                  Historische Dampfwalze:
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6142kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,64 MB ID: 3041410
                                                                                                                                                                                  Auf dem Schild steht: “Aus Gusseisen gefertigt, wurde sie beim Bau der ersten Straßen von Corumbá eingesetzt, um mit ihrem Gewicht die Erde zu verdichten und zu ebnen”. Hergestellt wurde sie etwa 1920 in England von Marshall, Sons & Co. Dampfwalzen dieser Firma finden sich heute noch auf der ganzen Welt.

                                                                                                                                                                                  Die Demografie der Stadt unterschied sich von den anderen Pantanal-Siedlungen und zog Einwanderer aus Europa, dem Libanon, Syrien, der Türkei und verschiedenen südamerikanischen Ländern an. Ein Armeeoffizier, der die Stadt besuchte, bemerkte 1913: "Im Hotel, in der Bar, in den Handelshäusern und überall in diesem kleinen und fernen Babel hört man alle Sprachen. Ich würde nicht übertreiben, wenn ich sage, dass Portugiesisch nicht die meistgesprochene Sprache ist".

                                                                                                                                                                                  Das Clubgelände der “Liga Árabe Brasileira de Corumbá” in der Rua Antônio João:
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6145kcc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,48 MB ID: 3041435

                                                                                                                                                                                  Mehr als 100 arabische Familien (Palästinenser, Libanesen und Syrer) leben in Corumbá. Sie leben im Allgemeinen in der Innenstadt und sind bemüht, ihre Traditionen, Bräuche und Kultur zu bewahren.
                                                                                                                                                                                  Schon 1909 wurde eine “Osmanische Wohltätigkeitsgesellschaft” von einer Gruppe osmanischer Bürger gegründet, die in der Stadt Corumbá lebten.
                                                                                                                                                                                  "Einer für alle und alle für einen" [...] gegenseitige Hilfe unter ihren Mitgliedern, die Osmanische Wohltätigkeitsgesellschaft ist der allgemeinen Sympathie und der Mitarbeit aller Syrer würdig, die, weit weg von der Heimat, diese weiter veredeln wollen, indem sie edle Taten vollbringen und die, vereint durch die kraftvolle Bande der Brüderlichkeit, ein hohes Ideal verwirklichen [...] es ist die unausweichliche Pflicht, Hilfe zu leisten, ihren Beitrag zu allem zu leisten, was mit dem Fortschritt dieses gastfreundlichen und guten Landes zusammenhängt, wo die Syrer, wie alle fleißigen Ausländer, die dorthin kommen, mit wahrer Zuneigung empfangen werden”.

                                                                                                                                                                                  Die “Osmanische Wohltätigkeitsgesellschaft” gibt es nicht mehr, die 1954 gegründete “Arabische Liga” hatte vielleicht ähnliche Ziele. Ihr Club-Gelände liegt aber wohl schon seit einigen Jahren im Verfall.
                                                                                                                                                                                  Viele Araber sind mittlerweile in die größeren Städte Brasiliens gezogen oder gleich ganz emigriert. Ein paar Tage später haben wir einen von ihnen kennengelernt, der als Tourist aus den USA ein paar Tage in Campo Grande und Bonito verbrachte.

                                                                                                                                                                                  Hier an dieser Kreuzung war eines der beiden einzigen Lebensmittelgeschäfte in der Nähe eingezeichnet. Aber es war geschlossen. Auch beim nächsten haben wir kein Glück. Erst als wir einen Passanten nach einer Einkaufsmöglichkeit fragen, weist uns dieser den Weg zu einer Bar. Die Bar “Conveniencia do Batata” ist zwar bereits geschlossen, verkauft uns aber auf der Straße doch noch 2 Sixpack Bier.

                                                                                                                                                                                  Kurz darauf stoßen wir auf eine Straße, auf der bis vor wenigen Minuten noch der wöchentliche “Sonntagsmarkt” abgehalten wurde:
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6146kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,09 MB ID: 3041408
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6147kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,68 MB ID: 3041407

                                                                                                                                                                                  Das sind mal einige der sehr wenigen Dritte-Welt-Bilder, die ich in Brasilien aufgenommen habe - wirkliche Ausnahmen. Überall liegt Müll auf der Straße herum, die Leute packen zusammen und fahren nach Hause. Die meisten kommen aus Bolivien, die meisten fahren uralte Klapperkisten und das ganze erinnert an den “Polenmarkt” der 80er Jahre in Westberlin, den die älteren unter uns noch kennen. Sie verkaufen sowohl frische Produkte aus ihren Hausgärten, die sie über die Grenze bringen - als auch Schmuggelware wie billige Kleidung, Schuhe, Windeln, Fahrradteile, Spielzeug ua Konsumgüter meist sehr geringer Qualität aus China und viele raubkopierte CDs und DVDs. In Bolivien (und Paraguay) sind die Zölle auf Importwaren viel niedriger als in Brasilien, darum lohnt sich das (Brasilien hat schützenswerte eigene Industrien).
                                                                                                                                                                                  Im Entwicklungsland Bolivien, dem ärmsten Land Südamerikas, lag das BIP 2019 bei 3566$/Ew, in Brasilien bei 8751$. Zum Vergleich: Bolivien liegt mit diesen Werten knapp unterhalb der Ukraine, während Brasilien knapp unterhalb der Türkei und Montenegro liegt.

                                                                                                                                                                                  Ein paar 100m entfernt auf einem weiteren Platz, dem Platz der Republik (Praça da República), ist eine nicht ganz so historische Grubenbahn ausgestellt:
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6148k.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,11 MB ID: 3041403
                                                                                                                                                                                  Auch der Platz der Republik wurde 2016 generalinstandgesetzt.

                                                                                                                                                                                  Gegenüber dem Praça da República befindet sich der Sitz des Flusskapitäns für das Pantanal:
                                                                                                                                                                                  Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6149k.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,80 MB ID: 3041404

                                                                                                                                                                                  Um ¼4 sind wir wieder zurück im Apartment und lassen den Tag ruhig ausklingen. Andrea geht es wieder besser, aber für einen Abendspaziergang fühlt sie sich noch zu schwach. Und weil wir davon während der letzten 4 Wochen noch nicht genug bekommen haben, werden wieder Spaghettis mit Tomatensoße gekocht.

                                                                                                                                                                                  So, das war er nun, unser letzter Paddeltag. An 27 Paddeltagen (darunter gab es keinen wirklichen Ruhetag) sind wir durchschnittlich 33⅓km vorwärts gekommen. Minimal waren es 8km (heute), maximal 56km am Tag (davon allerdings fast 11km im Schlepp eines Motorbootes). Selbst gepaddelt sind wir maximal 50km am Tag. Dass wir an einem Tag so weit kommen, hätte ich vorher nicht für möglich gehalten. Das lag zum einen daran, dass wir sehr lange gepaddelt sind an solchen Tagen, zum andern hat aber auch die immer spürbare Strömung gut mitgeholfen.

                                                                                                                                                                                  Schöne Paddeltour, auch im Rückblick. Aber es geht ja weiter. In den nächsten 3 Wochen möchten wir zu dritt zuerst nach Bonito, dann zum riesigen Wasserkraftwerk Itaipú, anschließend zu den nahegelegenen Wasserfällen von Iguaçu, und dann weiter an den Atlantik, nach Curitiba und Blumenau.
                                                                                                                                                                                  Morgen verbringen wir weiter in Corumbá. Ich möchte klären, wie wir nach Bonito kommen. Dorthin locken uns einige herausragende Teile der Karstlandschaft, kristallklare Bäche, in denen man schnorcheln kann.
                                                                                                                                                                                  Angehängte Dateien
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                                                                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                                                                    Alter Hase
                                                                                                                                                                                    • 12.05.2013
                                                                                                                                                                                    • 2707
                                                                                                                                                                                    • Privat


                                                                                                                                                                                    #90
                                                                                                                                                                                    Danke! Ich habe mich echt gefreut, dass es weitergeht!

                                                                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                                                                      Alter Hase
                                                                                                                                                                                      • 30.05.2007
                                                                                                                                                                                      • 3996
                                                                                                                                                                                      • Privat


                                                                                                                                                                                      #91
                                                                                                                                                                                      Vielen Dank für den tollen Bericht. Ich hoffe Du schreibst auch über den Teil der Reise nach Iguazu, Bonita usw. ICh war vor mittlerweile fast 8 Jahren in Iguazu und würde gerne wissen, wie es sich dort entwickelt hat.
                                                                                                                                                                                      So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                                                                                                                                                                      A. v. Humboldt.

                                                                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                                                                        Lebt im Forum
                                                                                                                                                                                        • 24.01.2011
                                                                                                                                                                                        • 5056
                                                                                                                                                                                        • Privat


                                                                                                                                                                                        #92
                                                                                                                                                                                        Natürlich geht es weiter. Allerdings habe ich die folgenden 3 Wochen kaum noch etwas aufgeschrieben, da fehlte mir die Muße abends im Zelt, die ich während der Paddeltour immer hatte. Es wird also weniger ausführlich werden.

                                                                                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                                                                                          Lebt im Forum
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                                                                                                                                                                                          • 5056
                                                                                                                                                                                          • Privat


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                                                                                                                                                                                          Heute hat Thomas Geburtstag:
                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6173kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 183,4 KB ID: 3051325

                                                                                                                                                                                          Für mich gilt es heute, ein paar Infos einzuholen. Wie kommen wir nach Bonito? Den klimatisierten Mietwagen, in dem Andrea die Tropenhitze in Südbrasilien überleben will, können wir hier in Corumbá noch nicht mieten. Zumindest zeigen uns die deutschen Mietwagenportale Check24 und billiger-mietwagen keine Mietmöglichkeiten in Corumbá an. Mietwagen gibt es nach den deutschen Portalen angeblich erst in Campo Grande, einer Großstadt >400km südöstlich von hier. Ich möchte über ein deutsches Mietwagenportal buchen, weil ich den Rechtsschutz für geeigneter halte.

                                                                                                                                                                                          Wir könnten jetzt also von Corumbá mit einem Linienbus direkt nach Campo Grande fahren, oder mit dem Bus erst nach Bonito. Von Bonito aus käme man auch wieder gut mit Linienbus nach Campo Grande. Für die Strecke von Corumbá nach Bonito muss ich also heute eine Anfahrtmöglichkeit suchen.

                                                                                                                                                                                          Die brasilianischen Bussuche-Seiten zeigen mir 2 Linienbusse an, eine früh um 6:30, ein anderer fährt für uns günstig um 8:30 ab. Ich möchte aber bezüglich des Gepäcks wieder sichergehen und am Busbahnhof nachfragen.

                                                                                                                                                                                          Die morgendliche Aussicht aus unserem Appartment heute, diesmal mit Polfilter aufgeschraubt:
                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6175kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,98 MB ID: 3051317
                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6176kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,66 MB ID: 3051321
                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6177kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,82 MB ID: 3051319

                                                                                                                                                                                          ¼9 wandere ich los. Bilder aus der Stadt:
                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6178kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,81 MB ID: 3051318 Rua Frei Mariano, Nº 155

                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6179kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,76 MB ID: 3051320 Fußballclub

                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6180kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,54 MB ID: 3051315 Embratel Corumbá, ein Telekommunikationsanbieter

                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6181kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,82 MB ID: 3051316 Getränkelieferung

                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6182kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,80 MB ID: 3051322 R. Frei Mariano 1142, es wird “kleinstädtischer”

                                                                                                                                                                                          Zuerst geht es 1/4h zum Busbahnhof, der Rodoviária de Corumbá, ganz in der Nähe des Eisenbahnhofs (Map). Hier frage ich nach Verbindungen, Preisen und ob es Schwierigkeiten mit dem großen Gepäck geben könnte. Die freundliche junge Angestellte erklärt mir alles geduldig über Google Translate. Es ist alles kein Problem. Der Bus fährt 6:30 ab (der zweite Bus auf der Abfahrtstafel um 8:30 fällt aus bzw es gibt die Verbindung nicht mehr). In 5h23m geht es 351km von Corumbá nach Bonito. Das Gepäck sei kein Problem, und das Ticket kostet 103.65R$ (~24€). Sehr schön, bis hierher war das einfach. Der Linienbus fährt also und wäre für uns gut möglich.

                                                                                                                                                                                          Nun interessiert mich jedoch auch, ob es hier Tourenanbieter gibt, und unter welchen Bedingungen uns diese nach Bonito bringen würden, evtl. im Rahmen eines Gesamtpaketes mit Unterkunft und Besuch der örtlichen Attraktionen.
                                                                                                                                                                                          Am ehesten verspreche ich mir Auskunft in einer Touristeninformation. Google zeigt mir eine etwas südlich vom Bahnhof, an dem ich mich gerade befinde, in der Rua João Afonso. Also los.

                                                                                                                                                                                          Nach 800m treffe ich zufällig auf einen Haarschneider am Wegesrand, und da mich der Bart unter dem Kinn bereits stört, stoppe ich. Der Laden in einem wenig entwickelten Gebiet von Corumbá hat unteres Vorstadt-Niveau, aber die etwas korpulente Chefin bemüht sich, meine Wünsche zu erfüllen. Ich möchte nur schnell mit dem Haarschneider grob den Bart entfernt bekommen (er muss ja bis zur Ausreise wieder soweit nachwachsen, dass ich durch die Passbild-Kontrolle komme).
                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6186kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,51 MB ID: 3051333
                                                                                                                                                                                          Am Ende schert sie mir auch schnell noch das spärliche Haupthaar etwas kürzer, und das ganze für 4R$. Ich glaube, jetzt bin ich doch noch in der 3. Welt angekommen.

                                                                                                                                                                                          Nach einer ¼h bin ich wieder draußen und laufe weiter über die Bahngleise:
                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6189kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,98 MB ID: 3051328
                                                                                                                                                                                          Dieses Gleis führt direkt nach Bolivien, nach Puerto Quijarro, und dort nach Santa Cruz de la Sierra.

                                                                                                                                                                                          Vor hundert Jahren boomte der Bau des Eisenbahnnetzes in Brasilien (1, 2). Die 1100km lange Ost-Westverbindung von Baurú 300km nordwestlich von São Paulo bis nach Corumbá wurde 1914 eingeweiht. Die Fertigstellung einer Eisenbahnverlängerung zur Stadt führte in den nächsten Jahrzehnten zu bedeutenden Veränderungen. Statt flussabwärts in Richtung Buenos Aires wurden die Exporte nun per Bahn direkt nach São Paulo transportiert. Allmählich verlagerte sich der Schwerpunkt vom Flusshafen auf andere Eisenbahnzentren wie Campo Grande. Die Handelshäuser schlossen oder zogen weg - und ließen die Stadt verfallen.

                                                                                                                                                                                          Heute sind auch viele Eisenbahnstrecken wieder stillgelegt. Das Transportwesen setzt auf Straßen statt auf Schienen. Seit den 80er Jahren gab es kaum noch Investitionen und so verfiel auch diese Strecke und wurde 1996 stillgelegt.
                                                                                                                                                                                          Von 2009 bis 2015 war jedoch eine Teilstrecke wieder in Betrieb. Sie brachte Touristen von der Hauptstadt Mato Grossos, Campo Grande, über Aquidauana nach Miranda (Per Zug der Nostalgie und Natur des Pantanal auf der Spur), wurde aber wegen zu geringer Nachfrage wieder eingestellt.
                                                                                                                                                                                          Und ab morgen, dem 1.9.2019, wird auch der Güterverkehr zwischen Corumbá und Baurú wieder aufgenommen. Grund dafür ist der Transport von 1.5Mio. t Stickstoffprodukten aus Bolivien nach São Paulo. Die Behörden von Mato Grosso do Sul haben zusammen mit dem Streckenbetreiber Rumo die Strecke kontrolliert und nach kleinen Reparaturen, die durch den Staat bezahlt wurden, wurde die Strecke für niedrige Geschwindigkeiten freigegeben. Rumo wird nun im Auftrag des Staates mindestens 300‘000t transportieren, der Rest wird wohl wieder über die Straße gehen.


                                                                                                                                                                                          Südlich der Bahngleise bin ich weiter auf der Suche nach einem Touristenbüro, welches mir Google hier anzeigt (lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen, da hat sich auf der Google-Karte etwas verändert).
                                                                                                                                                                                          Ich gerate dabei in in eine wahrhaft gottverlassene Gegend:
                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6190kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,62 MB ID: 3051324
                                                                                                                                                                                          Bin ich hier bereits in einer Favela angekommen? Vollkommen sinnlos, hier nach einem “Touristenbüro” zu suchen. Ich frage zur Sicherheit nochmal nach, aber niemand weiß etwas. Zurück geht es wieder in die Nähe des Bahnhofs, Bilder noch auf der verwahrlosten, südlichen Seite der Bahn:
                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6191kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,20 MB ID: 3051327
                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6194kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,44 MB ID: 3051329
                                                                                                                                                                                          Der Bahnhof von Corumbá wurde 1952 eröffnet und eingeweiht, das heutige Bahnhofsgebäude (ganz hinten im Bild) stammt aus den 60er Jahren. Personenverkehr findet hier schon lange nicht mehr statt.

                                                                                                                                                                                          Nochmal ein einzelnes 3. Welt-Foto:
                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6195kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,57 MB ID: 3051323
                                                                                                                                                                                          Ich bin aber hier bereits wieder nördlich der Bahn, im gut entwickelten Teil Corumbás.

                                                                                                                                                                                          Blühende Straßenbäume:
                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6197kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,57 MB ID: 3051326

                                                                                                                                                                                          PantAgro, Fachgeschäft für Cowboy-Bedarf und mehr:
                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6199kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,79 MB ID: 3051334
                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6198kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,78 MB ID: 3051330
                                                                                                                                                                                          In Brasilien heißen die Cowboys im Süden Gaúcho, im Norden auch Vaqueiro.

                                                                                                                                                                                          Palmenalle im Zentrum Corumbás:
                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6200kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,39 MB ID: 3051331

                                                                                                                                                                                          Blick vom Praça Generoso Ponce in Richtung unseres Abbau-Strandes:
                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6202kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,11 MB ID: 3051337

                                                                                                                                                                                          Dann habe ich im Dom Alberto Hostel und danach im Hotel Galileo nach Touristikunternehmen gefragt, welche Ausflüge nach Bonito anbieten. Die freundliche Dame am Tresen vermittelt mich nach einer ½h Wartezeit im Hotel an einen windigen Typen, der mich mit Auto wieder zum Busbahnhof karrt. Dort führt er mich an der Straßenecke Rua Pôrto Carreiro/Rua Antônio João in ein Büro des Touristikunternehmens Crocodile Indi Tours.

                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6203kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,51 MB ID: 3051335
                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6204kc_1.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,77 MB ID: 3051336

                                                                                                                                                                                          Ich soll zunächst auf einen Mitarbeiter warten, der englisch spricht. In der ¾h Wartezeit suche ich nach Bewertungen zu diesem Unternehmen und werde fündig. Bewertungen, die ich im Mai 2021 noch auf deren eigener Facebook-Seite finde, lauten: “Ich rate dringend davon ab. Wir haben eine Tour zum Estrada Parque gebucht und diese wurde nach der Abfahrtszeit und erst nachdem wir versucht haben, sie zu kontaktieren, storniert. Unprofessionelle Agentur und der Manager, Oscar Junior, ist eine dubiose Person.”, und “Es ist eine wirklich schlechte Firma. Der Proprio der Firma, der große Typ, der die Touristen an der Grenze bedient, Junior glaube ich, hat uns belogen und bestohlen. Er behielt unser Bargeld und zahlte nicht für unsere Tour, so dass, als wir im Pantanal ankamen, niemand auf uns wartete. Einige Leute im Pantanal erzählten uns, dass es das dreißigste Mal war, dass er das mit Touristen gemacht hat... das sind wirklich schlechte Menschen”.

                                                                                                                                                                                          So vorgewarnt, höre ich mir zwar an, was er sagt, schließe aber nichts ab. Er telefoniert mit Bonito, erfährt ein paar Preise der interessantesten Attraktionen, bietet eine Unterkunft in einem Hostel für 65R$/Person und Nacht an, und dazu bietet er uns die Fahrt nach Bonito für 1200R$ an. Immerhin verweist er auch auf den Linienbus, der nur 95R$/Person kostet und um 7 Uhr fahren soll. Lüge, das wusste ich ja bereits.
                                                                                                                                                                                          So ähnlich wurden wir auch mal 1991 in Afrika betrogen, als wir jemanden auf dem Busbahnhof in Moshi nach der Abfahrtszeit des Busses nach Marango fragten. Auch da wurde eine spätere als die tatsächliche Abfahrtszeit genannt. Der freundliche Herr war für mich nicht erkennbar Taxifahrer. Als er uns die Falschauskunft gab, spekulierte er darauf, dass wir nach Verpassen des Busses einfach sein Taxi nehmen würden. Haben wir natürlich nicht gemacht. 3h später fuhr wieder ein Bus und wir hatten zwischenzeitlich Gelegenheit, uns mit der afrikanischen Küche anzufreunden (enthielt “Fleisch” und es hat aufgrund dessen Konsistenz mit dem Anfreunden nicht geklappt).

                                                                                                                                                                                          Zurück zu Crocodile Indi Tours Corumbá. Da ich klar meine Präferenz zum Linienbus zeige, ändert er sein Angebot von 1200R$ runter auf 800R$ (~185€). Mir wäre auch das viel zu teuer und so frage ich nicht nach mehr Details.

                                                                                                                                                                                          Am Ende will der Schlepper, der mich bis hierher freundlich gefahren hatte, die Fahrt zum Büro bezahlt haben, was ich aber ablehne.
                                                                                                                                                                                          Also laufe ich zurück ins Zentrum. Nach ¾ des Weges sehe ich die beiden noch mal am Crocodile Indi Hostel:
                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6205kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,42 MB ID: 3051338
                                                                                                                                                                                          Sie hätten mich also problemlos ohne Extraaufwand mitfahren lassen können.

                                                                                                                                                                                          Bis vor einem Jahrzehnt war Corumbá ein beliebter Transitpunkt für Backpacker, die von und nach Bolivien reisten. Die Stadt hatte mehrere Backpacker-Herbergen und war ein guter Ausgangsort für die Organisation von Touren in das Pantanal. Diese Agenturen sind jedoch umgezogen oder existieren nicht mehr. Obwohl manchmal lokale Hotels ein paar private Führer anpreisen, kann ihre Qualität erheblich variieren.

                                                                                                                                                                                          Campingtouren waren in den 1990er und frühen 2000er Jahren eine beliebte Option für Rucksacktouristen, gerieten aber durch unzuverlässige Anbieter - und das Aufkommen besser geführter Budget-Lodges - in Verruf. Nichtsdestotrotz können diese Touren immer noch eine Option für Reisende mit einem sehr knappen Budget sein. Die Unterkunft auf Campingtouren ist im Allgemeinen ein einfacher Schlafsaal mit Hängematten oder ein Zelt, wobei Sie Ihren eigenen Schlafsack mitbringen müssen.

                                                                                                                                                                                          Budget-Touren können angenehm sein - sie bringen Sie raus in das Pantanal und bieten die Möglichkeit, Wildtiere zu sehen. Aber, seien Sie sich bewusst, dass der Transport nicht immer zuverlässig ist, das Essen ist einfach (eine kluge Idee ist sich eigenes Wasser und Snacks mitzunehmen) und die Führer können nicht akkreditiert sein und manche sprechen nur begrenzt Englisch. Die Qualität der Führer kann variieren, vor allem, wenn sie ohne Pause Gruppen im Pantanal beherbergen mussten. Open minded und mit Sinn für Humor kommt man am besten durch.

                                                                                                                                                                                          Die sicherste Art für Besucher, die ein paar Tage im Pantanal verbringen wollen, ist, direkt bei einer Lodge oder Fazenda online zu buchen - oder eine der bekannteren Agenturen zu nutzen, die von Campo Grande aus operieren. Allerdings, wenn man nur eine gemächliche Tagesfahrt auf dem Rio Paraguai machen möchte und/oder sich im Angeln versuchen will, dann gibt es viele Agenturen zur Auswahl entlang des Flussufers im Porto Geral (Pantanalescapes).


                                                                                                                                                                                          Am Lojas Americanos versuche ich noch, mein Prepaid-Guthaben auf meiner SIM-Karte zu verlängern. Schwierig, weil ich meine Telefonnummer nicht kenne und keiner weiß (mich eingeschlossen), wo man die auf meinem Telefon ablesen kann. Erst als ich einen Mitarbeiter antelefonieren kann, um dann die Nummer abzufragen, klappt es. 20R$ für 30 weitere Tage und ein paar GB Datenvolumen (4.62€).

                                                                                                                                                                                          Praça da República:
                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6206kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,22 MB ID: 3051340
                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6207kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,10 MB ID: 3051332

                                                                                                                                                                                          Wieder zurück im Hotel bereden wir die Fahrt morgen. Andrea besteht darauf, die Privatfahrt zu buchen. Das sei ihr sicherer, falls ihr wieder schlecht werden sollte. Also bestelle ich telefonisch das Taxi bei Crocodile Indi Tours für morgen um 7:30 Uhr.

                                                                                                                                                                                          Außerdem suchen wir jetzt einen Mietwagen über deutsche Mietwagenportale, den wir 4 Tage später in Campo Grande am Flughafen abholen wollen. Es wird wohl ein Dacia Duster, oder wie es hier in Brasilien heißt, ein Renault Duster. Nicht gerade mein Traumauto, aber die anderen angebotenen Wagen sind zu klein oder zu teuer. So etwas wie Kombis werden nicht angeboten. Dass der Innenraum solch einer Blechburg auch nicht viel größer ist als in einem Kompaktwagen, wusste ich noch nicht. Aber immerhin hat er wohl eine etwas höhere Bodenfreiheit als gewöhnliche Klein- oder Mittelklassewagen, so dass die von mir favorisierten Campstellen an den Flussufern auch auf schlechten Wegen wohl erreichbar sein werden (auch ohne Allrad). Wir buchen noch nicht, wollen erst mal noch eine Nacht drüber schlafen. Das Angebot ist 24h gültig.

                                                                                                                                                                                          Danach packe ich das Boot wieder ein, jetzt perfekt durchgetrocknet:
                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6209kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,85 MB ID: 3051343
                                                                                                                                                                                          Das Boot lässt sich recht einfach wieder im Transportsack verstauen (gelingt mir nicht immer auf Anhieb). Diesmal passt sogar der Bootswagen mit rein, und meine chinesische Kofferwaage zeigt 32.16kg Gesamtmasse an. Das müsste eigentlich am Flughafenschalter noch durchgehen.

                                                                                                                                                                                          Abends lädt uns Thomas zum Geburtstagsessen ins Restaurante e Churrascaria Laço de Ouro (Map):
                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 20191001_001836.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,36 MB ID: 3051346
                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_20190930_174957.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,48 MB ID: 3051341
                                                                                                                                                                                          Die Auswahl an Bieren ist nicht schlecht. Meins wird ein “Eisenbahn”-Weizenbier, weil es so schön deutsch klingt, während Andrea bei ihren Caipirinhas bleibt.

                                                                                                                                                                                          Danach schlendern wir runter zum Hafen:
                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 20191001_024621.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,34 MB ID: 3051348

                                                                                                                                                                                          An unserem Abbaustrand trifft sich etwas Partyjugend:
                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_20190930_205555.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,08 MB ID: 3051339
                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_20190930_205734.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,07 MB ID: 3051344
                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_20190930_210121.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,60 MB ID: 3051342
                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_20190930_210157.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,43 MB ID: 3051347

                                                                                                                                                                                          Am Ende sucht Andrea noch einen Geldautomaten, um genügend Bares für die nächsten Tage in der Hand zu haben. Aber zwei verschiedene Automaten verweigern sich und verweisen uns an solche, die bestimmte Labels aufweisen, obwohl sie genau diese Kennzeichnungen besitzen:
                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_20190930_211025hervorgehoben.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,85 MB ID: 3051349

                                                                                                                                                                                          So bleibt Andrea bezüglich Bargeld erfolglos.
                                                                                                                                                                                          Zuletzt geändert von Spartaner; 03.03.2022, 10:18.

                                                                                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                                                                                            Alter Hase
                                                                                                                                                                                            • 30.05.2007
                                                                                                                                                                                            • 3996
                                                                                                                                                                                            • Privat


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                                                                                                                                                                                            Ach ja, das leidige Bargeld-Problem in Brasilien. vor ca 10 Jahren konnte ich direkt in Brasilia keinen einzige Real ziehen, da weder meine beiden Kreditkarten noch die EC-Karte akzeptiert wurde. Hab mir damals das Geld bei nem Doktoranden geiehen der kurz danach zu mir nach D kam. Jahre später konnte ich nur an einem einzigen (aber immerhin) Automaten Geld ziehen, der sStand zum Glück auf dem Uni-Gelände wo ich arbeitete...
                                                                                                                                                                                            So möchtig ist die krankhafte Neigung des Menschen, unbekümmert um das widersprechende Zeugnis wohlbegründeter Thatsachen oder allgemein anerkannter Naturgesetze, ungesehene Räume mit Wundergestalten zu füllen.
                                                                                                                                                                                            A. v. Humboldt.

                                                                                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                                                                                              • 5056
                                                                                                                                                                                              • Privat


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                                                                                                                                                                                              Wir hatten später Gelegenheit, Geld zu ziehen. In Bonito hat es funktioniert, nahe Pomerode auch mal. Beim einzigen Versuch, den ich gemacht habe, versagte die DKB-VISA-Karte, während die Gebuehrenfrei-Mastercard funktionierte (allerdings kostete dabei das Abheben zusätzliche 20R$ für 500R$, also 4.62€ für 115€ Abhebewert). Andreas VISA-Karte war billiger, sie kam auf einen Kurs von 4.52, ich auf 4.33.
                                                                                                                                                                                              Direkte Zahlungen mit meiner Mastercard führten zu Kursen zwischen 4.32 bis 4.57, wegen leichten Kursschwankungen in dieser Zeit.

                                                                                                                                                                                              Kommentar


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                                                                                                                                                                                                Lebt im Forum
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                                                                                                                                                                                                • 5056
                                                                                                                                                                                                • Privat


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                                                                                                                                                                                                Morgens bestätigen wir das Mietwagen-Angebot von gestern und buchen einen fetten Dacia Duster für den Zeitraum 4.-17.Oktober 2019, Abholung in Campo Grande, Abgabe in Brasília. Leider kann ich die Details nicht mehr genau nachvollziehen, da sich das alles auf Andreas Smartphone abspielte, aber zunächst wurden vom deutschen Mietwagenportal 344.25€ von der Kreditkarte abgebucht.

                                                                                                                                                                                                Letzter Blick aus dem Appartment-Fenster in Corumbá über die weiten Sumpfebenen des Pantanal:
                                                                                                                                                                                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6210kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,77 MB ID: 3059965

                                                                                                                                                                                                Kurz vor ½8 verlassen wir das Appartment und warten unten im Hausflur mit allem Gepäck auf den Wagen, der uns nach Bonito fahren soll. Der Fahrer ist relativ pünktlich und kommt nur 5 Minuten zu spät. Aber was ist das? Das Auto ist nur ein ganz normaler Kompaktwagen-Kombi, trotzdem ich dem Englisch sprechenden Mitarbeiter gestern klar unsere Gepäckmassen geschildert hatte. Wahrscheinlich handelt es sich um so etwas wie ein Fiat Croma, etwa von 2007. Wir hatten jetzt eher mit einem Kleinbus gerechnet.

                                                                                                                                                                                                Mit viel Stauchen geht das Gepäck gerade so hinein:
                                                                                                                                                                                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6213kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,82 MB ID: 3059967

                                                                                                                                                                                                Ein großer Packsack sitzt zwischen Thomas und mir auf der Rückbank, die Lebensmitteltonne zwischen Andreas Beinen vorne. So ein Wagen wäre für uns als Mietwagen perfekt gewesen, da hätten wir ja zu dritt dringesessen und nicht wie hier beengt zu viert.

                                                                                                                                                                                                Unser Fahrer ist jung und anscheinend noch nie nach Bonito gefahren. Ich lasse das Navi mitlaufen und muss ihm immer wieder mal sagen, wo es weitergeht. Er heizt ziemlich über die Landstraßen, muss aber gefühlt 50 mal abbremsen wegen stationären Blitzern. Hier in Brasilien sehen die meist so aus: Bild. Da fährt er dann 70 anstelle der erlaubten 80km/h. Ansonsten erreicht er auch mal 120. Die Straßen sind relativ hupplig, was noch höhere Geschwindigkeiten riskant werden lässt.

                                                                                                                                                                                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: IMG_20191001_112100.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,78 MB ID: 3059963

                                                                                                                                                                                                Die Klimaanlage funktioniert nicht und so fahren wir mit offenen Fenstern. Das ist alles nicht so, wie sich Andrea das vorgestellt hat.

                                                                                                                                                                                                Nach insgesamt 350km erreichen wir ¾12 die von Andrea über Hostelworld für ~30R$/Person/Nacht gebuchte Unterkunft in Bonito:
                                                                                                                                                                                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6766kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,10 MB ID: 3059983
                                                                                                                                                                                                Bonito HI Hostel, R. Dr. Píres, 850 - Formoso, Bonito - MS, 79290-000, Brasilien (Map)

                                                                                                                                                                                                Äußerlich sieht alles sehr gut aus:
                                                                                                                                                                                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6765kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,96 MB ID: 3059981
                                                                                                                                                                                                Man beachte das enorme Tankvolumen für die Speicherung von Regenwasser.

                                                                                                                                                                                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6215kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,26 MB ID: 3059966

                                                                                                                                                                                                Die Zimmer haben innen einen sehr einfachen Standard, aber alles sauber und die Klimaanlage über dem Fenster funktioniert:
                                                                                                                                                                                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6764kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,55 MB ID: 3059982

                                                                                                                                                                                                Typisch wieder die elektrischen Duschköpfe mit offener Verdrahtung:
                                                                                                                                                                                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6763kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 883,0 KB ID: 3059980
                                                                                                                                                                                                Dieser hier verpasste mir auch mal einen elektrischen Schlag, als ich die Leistungsstufe am Schiebeschalter verstellen wollte. Auch beim Duschen hat man das Gefühl es kribbelt.
                                                                                                                                                                                                Der Duschkopf war etwa so einer. Offener Heizdraht!

                                                                                                                                                                                                Die Regeln werden gut verständlich mitgeteilt:
                                                                                                                                                                                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6217k.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,80 MB ID: 3059964
                                                                                                                                                                                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6216k.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,65 MB ID: 3059962

                                                                                                                                                                                                Überhaupt macht das Hostel einen gut geführten Eindruck. Man kann hier Ausflüge in die Umgebung sowie die Transporte dahin buchen. Das Hostel ist entsprechend gut besucht, vor allem von jungem Publikum. Jetzt zur Mittagszeit ist allerdings kaum jemand von den Gästen anwesend, da die meisten auf ihren Exkursionen sind.

                                                                                                                                                                                                Auch wir kümmern uns heute um die Buchung der Exkursionen.
                                                                                                                                                                                                Am Eingang gibt es ein Schema, welches die Attraktionen in der Umgebung bezeichnet:
                                                                                                                                                                                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6223kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 4,48 MB ID: 3059984

                                                                                                                                                                                                Dabei handelt es sich um Attraktionen in einer Karstlandschaft mit interessanten Höhlen, Dolinen, Wasserfällen, zum Teil Wasserfall-Kaskaden, Unterwasserhöhlen sowie Karst-Quellbäche mit kristallklarem Wasser und einer reichhaltigen Lebewelt, in denen man schnorcheln kann.

                                                                                                                                                                                                Der Tourismus ist in Bonito sehr effizient und profitabel durchorganisiert. Die Sehenswürdigkeiten liegen fast alle auf dem Land privater Fazendas, dh es gibt praktisch keinen Ort, den man alleine einfach so besuchen könnte, da sich alles in Privatbesitz befindet und zumeist auch nur mit Führer besichtigt werden kann.
                                                                                                                                                                                                Insgesamt gibt es mehr als 80 Tourenmöglichkeiten, die an 38 verschiedenen Orten in und um Bonito verteilt sind. Einen kleinen Eindruck bekommt man von diesem Video (ein Beispiel, es gibt dutzende ähnliche).

                                                                                                                                                                                                1995 wurde privatwirtschaftlich das “Voucher Único”-System geschaffen, an dem kein Tourist vorbeikommt.
                                                                                                                                                                                                Für die allermeisten Attraktionen ist eine maximale tägliche Besucherzahl festgelegt, die auf Grundlage strenger Umweltverträglichkeitsstudien ermittelt wurde. Die unterschiedlichen Preise für den Besuch der einzelnen Sehenswürdigkeiten sind alle zentral festgelegt. Es gibt zwar in Bonito mehrere Agenturen, bei denen man die Vouchers erwerben kann, aber alle verkaufen zum selben Preis (auch direkt an der Rezeption unseres Hostels).

                                                                                                                                                                                                Alle Agenturen haben dabei Zugriff auf ein zentrales Buchungssystem, über das die Anzahl und Vergabe der freien Plätze für das jeweilige Datum/Uhrzeit abgewickelt wird. In Spitzenzeiten sind die beliebtesten Touren oft zeitig ausgebucht, so dass empfohlen wird, 2 oder mehr Wochen im Voraus zu buchen.

                                                                                                                                                                                                Das “Voucher Único”-System hat den Vorteil, dass man nicht nach dem besten Preis fahnden oder gar feilschen muss, aber für den Touristen den Nachteil, dass er an den allgemein hohen Preisen nicht vorbei kommt. Die Eintrittspreise reichen von 7€ fürs Planschen im Stadtbad bis 210€ für Abseilen und Schnorcheln in der Höhle Anhumas Abyss. Bei einigen Attraktionen wird auch Gerätetauchen angeboten, das wird dann natürlich nochmal einiges teurer. Schön ist, dass man hier ab einem Alter von 10 Jahren mitmachen kann, auch für Nichtschwimmer und ohne Tauchlizenz (es gibt natürlich eine Einweisung).

                                                                                                                                                                                                Beispiel einer Preisliste
                                                                                                                                                                                                Stand Feb 2020?, es sind längst nicht alle Attraktionen enthalten):
                                                                                                                                                                                                Balneário Municipal: R$30 6,93€
                                                                                                                                                                                                Gruta do Lago Azul: R$50 11,55€
                                                                                                                                                                                                Gruta de São Miguel: R$50 11,55€
                                                                                                                                                                                                Buraco das Araras: R$75 17,32€
                                                                                                                                                                                                Bóia Cross Bonito Aventura: R$84 19,40€
                                                                                                                                                                                                Estância Mimosa’s Trails and Waterfalls (with lunch): R$159 36,72€
                                                                                                                                                                                                Snorkeling at Rio Sucuri’s spring (no lunch): R$184 42,49€
                                                                                                                                                                                                Snorkeling at Aquário Natural (no lunch): R$205,70 47,51€
                                                                                                                                                                                                Boca da Onça’s Trails and Waterfalls (with lunch): R$230 53,12€
                                                                                                                                                                                                Snorkeling at Rio da Prata (with lunch): R$240 55,43€
                                                                                                                                                                                                Anhumas Abyss (rappel+snorkeling+boat ride inside the cave): R$910 210,16€
                                                                                                                                                                                                _
                                                                                                                                                                                                Die Anfahrt zu den Sehenswürdigkeiten, die sich in bis zu 60 - 70 Straßen-km Entfernung rund um Bonito befinden, ist dabei noch nicht inkludiert. Auch dafür sind die Preise fix und nicht verhandelbar. Für uns hat das wieder die Rezeption im Hostel organisiert. Vorteil der guten Bezahlung der privaten Fahrer ist, dass man sich hier ganz gut auf sie verlassen kann.
                                                                                                                                                                                                Natürlich wäre hier der Mietwagen schon von Vorteil gewesen, was mir aber vorher noch nicht so klar war. Öffentlichen Verkehr zu den Sehenswürdigkeiten gibt es nicht.

                                                                                                                                                                                                Für morgen vormittag buchen wir “Rio do Prata”, also Schnorcheln in einem der kristallklaren, fischreichen Flüsschen, und für den Nachmittag gleich benachbart “Buraco das Araras”, ein >100m tiefes Loch (Doline) im Sandsteinmassiv, in dem Massen von Papageien und viele andere Tiere leben.

                                                                                                                                                                                                Noch in der Mittagshitze um ¾2 starten wir zu einem Bummel durch Bonito. Das Städtchen ist voll auf den Tourismus ausgerichtet. Es gibt dutzende Hotels, Restaurants, Andenkenläden, Eisdielen etc, aber auch Landhandel für den Bedarf der umliegenden Fazendas.

                                                                                                                                                                                                Andrea begeistert dieser Laden, 100% original Havaianas:
                                                                                                                                                                                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6243kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,02 MB ID: 3059976
                                                                                                                                                                                                Havaianas ist eine brasilianische Marke, die weltweit erfolgreich ist, auch bei uns, auch in Berlin.

                                                                                                                                                                                                Und dieser Laden begeistert sie natürlich auch, voller Cowboyschuhe:
                                                                                                                                                                                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6244kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,19 MB ID: 3059978
                                                                                                                                                                                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6245kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,01 MB ID: 3059974

                                                                                                                                                                                                Besonders haben es ihr die ganz kleinen für den Enkel angetan. Während die Havaianas deutlich günstiger als bei uns zu haben sind, gehören die Cowboy-Accessoires wohl eher zum oberen Preissegment:
                                                                                                                                                                                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6246kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,96 MB ID: 3059977
                                                                                                                                                                                                Die Hüte hier kosten zwischen 223 und 330€.

                                                                                                                                                                                                Viele Brasilianer haben Spaß an aufgemotzten Kraftfahrzeugen, wie zB diesem Unterwasser-tauglichen Käfer:
                                                                                                                                                                                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6224kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,42 MB ID: 3059968

                                                                                                                                                                                                Ansonsten ist der Fahrzeugpark sehr amerikanisch, es dominieren große SUVs, Pickups und Geländewagen. Der Reichtum ist überall sichtbar.

                                                                                                                                                                                                Für die Greta-Jünger gibt es aber auch etwas zu sehen. Hier ein Elektrofahrrad aus brasilianischer Produktion:
                                                                                                                                                                                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6227kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,27 MB ID: 3059971
                                                                                                                                                                                                “NineContinent” deutet auf einen Hersteller aus China, zumindest was den E-Motor- und Akku-Part angeht. 800 Watt soll der Motor haben, nicht wenig für solch ein leichtes Teil. Leider finde ich keine genaueren technischen Daten zu dem Fahrzeug. Es wurde aber nicht selten verkauft (Video).

                                                                                                                                                                                                Im Stadtbild ist der Jaguar allgegenwärtig:
                                                                                                                                                                                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6228kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,38 MB ID: 3059970
                                                                                                                                                                                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6242kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,22 MB ID: 3059973

                                                                                                                                                                                                Aber auch Fische wie diese Dourados sind zu sehen:
                                                                                                                                                                                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6238kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,63 MB ID: 3059975

                                                                                                                                                                                                ½4 gibt es Mittagessen im Restaurante Arco-Íris. Diesmal entscheiden wir uns für Kaimanfleisch, ist ähnlich wie Hühnchen, fettarm und weiß, schmeckt ganz gut. Zur Zeit gibt es in Brasilien 17 Kaiman-Farmen, die staatlich überwacht Kaimane aufziehen und Fleisch und Häute vermarkten. Die Eier werden mit Genehmigung von Ibama und Imasul in festgelegten Gebieten im Pantanal zwischen dem 2. Januar und dem 15. März von wilden Kaiman-Nestern gesammelt, wobei die Sammler per GPS und Fotodokumentation überwacht werden. Jährlich werden allein in einer Großfarm (Caimasul) 100000 Kaimane geschlachtet und 350t Fleisch und 100000 Häute produziert.

                                                                                                                                                                                                Das Bier ist wie immer eisgekühlt:
                                                                                                                                                                                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6230kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,56 MB ID: 3059969
                                                                                                                                                                                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 20191001_214336.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,31 MB ID: 3059972

                                                                                                                                                                                                Danach spazieren wir weiter durch die Stadt, hier auf dem Praça da Liberdade mit dem Dourado-Brunnen und mit Denkmälern für bedeutende Persönlichkeiten von Bonito:
                                                                                                                                                                                                Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6235kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,04 MB ID: 3059979

                                                                                                                                                                                                Gewidmet sind sie Luiz da Costa Leite Falcão, seinem Enkel, dem Künstler Theodorico de Góes Falcão, und Dom Roosevelt de Sá Medeiros, welcher die Anfänge des Tourismus organisierte, der Bonito in Brasilien und in der Welt bekannt machte.

                                                                                                                                                                                                Luiz da Costa Leite Falcão erwarb 1869 die 183km² große einsame Fazenda Bonito und vertrieb die Indianer aus der Region, welche bis dahin viele Siedler getötet hatten. Damit legte er die Grundlage für Wachstum und weitere Ansiedlungen und die Erhebung des Ortes zu einer Gemeinde (Quelle).
                                                                                                                                                                                                Wenn ich das richtig verstanden habe, dann hat auch der Autor meines Ratgebers "Walking the Jungle", John Coninghan, in den 40er Jahren auf dieser Fazenda gearbeitet.

                                                                                                                                                                                                Abends hängen wir noch bei eiskaltem Büchsenbier ein bisschen im Pool des Hostels ab, wo sich jetzt zahlreiche Gäste von ihren Tagesausflügen erholen.
                                                                                                                                                                                                Zuletzt geändert von Spartaner; 11.11.2021, 22:00.

                                                                                                                                                                                                Kommentar


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                                                                                                                                                                                                  Lebt im Forum
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                                                                                                                                                                                                  • 5073
                                                                                                                                                                                                  • Privat


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                                                                                                                                                                                                  Zitat von Spartaner Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                  ... Typisch wieder die elektrischen Duschköpfe mit offener Verdrahtung: Dieser hier verpasste mir auch mal einen elektrischen Schlag, als ich die Leistungsstufe am Schiebeschalter verstellen wollte. Auch beim Duschen hat man das Gefühl es kribbelt. ...


                                                                                                                                                                                                  OT: Elektrisches Kribbeln beim Duschen hatte ich auch schon mal: An der Ostsee
                                                                                                                                                                                                  Zuletzt geändert von AlfBerlin; 04.07.2021, 00:01.

                                                                                                                                                                                                  Kommentar


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                                                                                                                                                                                                    Lebt im Forum
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                                                                                                                                                                                                    • 5056
                                                                                                                                                                                                    • Privat


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                                                                                                                                                                                                    Kleiner Einschub, weil Waldbrände in Europa, Nordamerika und Sibirien gerade in aller Munde sind:

                                                                                                                                                                                                    Gesamte abgebrannte Fläche im Pantanal im Jahre 2019, unserem Fahrtenjahr:
                                                                                                                                                                                                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: FeuerPantanal2019.png Ansichten: 148 Größe: 2,64 MB ID: 3071533

                                                                                                                                                                                                    Und zum Vergleich die gesamte abgebrannte Fläche im Pantanal im Jahre 2020:
                                                                                                                                                                                                    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: FeuerPantanal2020.png Ansichten: 162 Größe: 2,54 MB ID: 3071532

                                                                                                                                                                                                    Das Jahr 2020 war eine wahre Katastrophe für das Pantanal. Ich bin soooo froh, dass wir zufällig ein Jahr vorher da waren. Die Brände wüteten entlang der gesamten befahrenen Strecke!

                                                                                                                                                                                                    "Zwischen Januar und Mitte Oktober 2020 brachen mehr als 11000 Brände aus. Die Brände, die von einer schweren Dürre begünstigt wurden, gelten als historisch beispiellos; mit 45 Tsd km² brannten 30% des gesamten Pantanal-Gebietes ab. Gegenüber dem Vorjahr stieg die verbrannte Fläche um 84% an.

                                                                                                                                                                                                    Die brasilianische Regierung rief im September 2020 im Bundesstaat Mato Grosso do Sul den Notstand aus. Es war die größte Brandkatastrophe in Mato Grosso und Mato Grosso do Sul seit 14 Jahren, allein im Juli und August 2020 wurden rund 16540km² Wald und Naturschutzgebiet vernichtet. Die Verbreitung von Bränden im Pantanal liegt weit über dem historischen Durchschnitt" (Wikipedia).

                                                                                                                                                                                                    The World's Largest Tropical Wetland Has Become an Inferno
                                                                                                                                                                                                    (man muss den Link auf Google drücken, damit kommt man hinter die Bezahlschranke)

                                                                                                                                                                                                    Ich weiß nicht, wie lange die Natur dort benötigt, um die Folgen der extrem großflächigen Brände halbwegs zu überwinden, bis Flora und Fauna sich wieder erholt haben. Im Wikipedia-Artikel rechnet man mit einer Erholungszeit der Natur von 30 bis 40 Jahren, was ich für stark übertrieben halte.
                                                                                                                                                                                                    Dieses und nächstes Jahr würde ich aber wohl ungern dorthin fahren wollen.
                                                                                                                                                                                                    Zuletzt geändert von Spartaner; 11.11.2021, 22:02.

                                                                                                                                                                                                    Kommentar


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                                                                                                                                                                                                      Ergänzung zum Beitrag zuvor, den Bränden im Pantanal 2019 und besonders 2020:

                                                                                                                                                                                                      Es hat mir keine Ruhe gelassen, dass die beiden vorstehenden Abbildungen unsere Paddelroute und die Grenzen des eigentlichen Pantanal nicht mitgezeigt haben. Deshalb habe ich die beiden Informationen jetzt mal mithilfe von QGIS ergänzt, und zwar den GPX-Track der Paddelroute als rote Linie, und die Grenze des brasilianischen Pantanal in grün gestrichelt (leider habe ich nur ein Shapefile des brasilianischen Teils des Pantanal zum Download gefunden, nicht des gesamten Pantanals).

                                                                                                                                                                                                      Gesamte abgebrannte Fläche im Pantanal im Jahre 2019, unserem Fahrtenjahr:
                                                                                                                                                                                                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: FeuerPantanal2019qgis2.png Ansichten: 49 Größe: 3,27 MB ID: 3087142

                                                                                                                                                                                                      Und zum Vergleich die gesamte abgebrannte Fläche im Pantanal im Jahre 2020:
                                                                                                                                                                                                      Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: FeuerPantanal2020qgis.png Ansichten: 0 Größe: 3,41 MB ID: 3086921

                                                                                                                                                                                                      Jetzt kann man gut erkennen, dass diese Paddeltour im Jahre 2020 ein einziges Desaster geworden wäre. Nahezu die gesamte gepaddelte Strecke war von Bränden betroffen!
                                                                                                                                                                                                      Zuletzt geändert von Spartaner; 11.11.2021, 22:03.

                                                                                                                                                                                                      Kommentar


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                                                                                                                                                                                                        🚗114 km, 🥾3km, 🤿2.4km


                                                                                                                                                                                                        Zur Erinnerung: die Paddeltour zu zweit durch das Pantanal haben wir vor 3 Tagen beendet, jetzt sind wir zu dritt und besuchen für 3 Wochen einige touristische Sehenswürdigkeiten im Süden Brasiliens.
                                                                                                                                                                                                        Gestern sind wir in Bonito angekommen und möchten 2 Tage lang einige Highlights der Umgebung erkunden. Dazu buchen wir heute und morgen einige geführte Touren. Privat kommt man in der Gegend um Bonito nicht an die zumeist auf privaten Fazendas gelegenen Sehenswürdigkeiten.
                                                                                                                                                                                                        Am meisten freue ich mich auf die Schnorcheltouren in den kristallklaren Flüsschen der Umgebung, die von kräftigen Karstquellen gespeist werden und in denen es von Fischen nur so wimmeln soll. Heute geht es Vormittags/Mittags in das Olho D'Água (“Wasserauge”), dessen Abfluss in den Rio da Prata mündet. Und nachmittags haben wir einen Spaziergang rund um das Buraco das Araras gebucht, welches sich ganz in der Nähe des Rio da Prata befindet. Dabei handelt es sich um einen großen Einsturztrichter (Doline), dessen Umgebung und felsigen Wände von vielen Aras besiedelt sind.

                                                                                                                                                                                                        Pünktlich um 8 holt uns unser Fahrer ab. Es geht für 47km in Richtung Süden auf die Fazenda Cabeceira do Prata.

                                                                                                                                                                                                        ⅔ des Weges sind geschafft, da stoppt uns eine Rinderherde:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6248kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,39 MB ID: 3106791
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: vlcsnap-2022-01-11-11h49m44s053cal.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,40 MB ID: 3106846

                                                                                                                                                                                                        Das hält uns aber nicht lange auf, nach 2min haben wir die Herde durchquert. Die Cowboy-Montur scheint nicht extra für Touristen getragen zu werden, sondern tatsächlich als Arbeitskleidung für den Job, und natürlich, um eine gute Figur abzugeben.

                                                                                                                                                                                                        ¾9 sind wir auf der Fazenda. Auch da wird gerade eine Rinderherde vorbeigetrieben:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6250kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,71 MB ID: 3106792

                                                                                                                                                                                                        Das Gelände macht einen einladenden Eindruck:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6251kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,26 MB ID: 3106796

                                                                                                                                                                                                        Helmperlhühner im Eingangsbereich:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6255kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,93 MB ID: 3106793

                                                                                                                                                                                                        Das normale Verbreitungsgebiet der Helmperlhühner ist Afrika südlich der Sahara mit Ausnahme der Regenwaldgebiete.

                                                                                                                                                                                                        Ausstellungsstücke:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 20191002_150555.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,62 MB ID: 3106788
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 20191002_151050.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,36 MB ID: 3106789

                                                                                                                                                                                                        Zu Beginn bekommen wir von unserem Guide Marc Aurelio den Ablauf der Tour erläutert, zuerst ausführlich auf Portugiesisch, anschließend etwas auf Englisch:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6260kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,87 MB ID: 3106794

                                                                                                                                                                                                        Entwicklung der Fazenda von 1966 bis 2019:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6257kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,74 MB ID: 3106795

                                                                                                                                                                                                        Während damals alleine Viehzucht betrieben wurde, ist heute der Ökotourismus das stärkste Standbein.

                                                                                                                                                                                                        Schematische Darstellung des Geländes:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6261k.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,00 MB ID: 3106800

                                                                                                                                                                                                        Hier kann man den richtigen Weg bereits schematisch nachvollziehen. Norden ist allerdings unten, da wo der Rio da Prata (viel zu breit) gezeigt ist. Einfacher fällt mir die Orientierung anhand der Kartendaten aus der Openstreetmap. Diese habe ich mal rausgezogen und auf das Google Earth-Satellitenbild gepackt:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: RecantoEcologicoRioDaPrataAblauf1.png Ansichten: 0 Größe: 4,08 MB ID: 3106798

                                                                                                                                                                                                        Nach der Einweisung, Ausgabe der Neoprenanzüge und Umziehen fährt man von der Fazenda aus auf einem Pickup mit Sitzbänken auf der Ladefläche 2.5km nach Norden. Dort wird abgestiegen und es folgt ein 1.8km langer Fußmarsch durch den Busch (grün). Der Lehrpfad wird durch ein RPPN - Privates Naturerbereservat geschützt. Die Route führt an hundertjährigen Bäumen, Orchideen und Bromelien vorbei und mit Glück ist es möglich, verschiedene Vogelarten und manche Säugetiere zu sehen, wie zB Nasenbär, Kapuzineraffen, Halsbandpekari, Aguti, Ameisenbär oder Weißbartpekari.

                                                                                                                                                                                                        Die seenartige Erweiterung ganz im Westen des abgebildeten Bereichs ist das “Wasserauge”, das Olho D'Água mit einigen Karstquellen auf dem Gewässergrund. Hier werden nach einer weiteren Einweisung die ersten Schnorchelversuche gemacht. Dann geht es von West nach Ost den Rio Olho D'Água stromab (blau). Da wo der Fußweg den Fluss überquert befindet sich eine Stromschnelle, die nicht durchschwommen werden darf. Hier müssen wir raus und danach wieder einsteigen.
                                                                                                                                                                                                        Dann geht es weiter, bis der Rio Olho D'Água 1.8km nach dem Start in den Rio da Prata mündet (aus der dünnen blauen Linie wird eine dicke blaue Linie). Der Rio da Prata ist breiter, tiefer und das Wasser ist nicht mehr ganz so klar wie im Rio Olho D'Água. Auch hier finden sich noch vereinzelte Karstquellen am Grund. Nach 540m im Rio da Prata ist die Schnorcheltour zu Ende. Die Gesamtstrecke im Wasser beträgt 2.4km.

                                                                                                                                                                                                        ½10, fertig Umgezogen:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 20191002_152743.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,05 MB ID: 3106790

                                                                                                                                                                                                        ¾10, mit dem Pickup geht es los. 7min später, Ankunft am Beginn der Wanderstrecke:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020057kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,21 MB ID: 3106799

                                                                                                                                                                                                        Info zum RPPN, dem Privaten Naturreservat:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020058kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,56 MB ID: 3106797

                                                                                                                                                                                                        Das Reservat umfasst fast 300 Tausend Hektar und damit 20% der Gesamtfläche der Fazenda. Der Artenreichtum ist enorm, darunter 406 Baumarten, 43 Wasserpflanzen, 38 Säugetierarten, 234 verschiedene Vögel, 65 Amphibien- und Reptilienarten sowie 64 Fischarten.

                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020059kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,58 MB ID: 3106801
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020061kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,50 MB ID: 3106802
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020062kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,42 MB ID: 3106851

                                                                                                                                                                                                        Von den Erläuterungen unterwegs haben wir nur Bruchteile verstanden (auf portugiesisch).

                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020063kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,63 MB ID: 3106852
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020064kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,29 MB ID: 3106849

                                                                                                                                                                                                        An der Stromschnelle überquert man den Rio Olho D'Água:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020065kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,36 MB ID: 3106847

                                                                                                                                                                                                        Blick von der Brücke stromauf:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020066kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,33 MB ID: 3106850

                                                                                                                                                                                                        Blick stromab:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020067kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,76 MB ID: 3106848

                                                                                                                                                                                                        Hier muss man den Bach kurz verlassen und steigt unterhalb wieder ein.

                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020071kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,23 MB ID: 3106806
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020072kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,22 MB ID: 3106808
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020073kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,67 MB ID: 3106805

                                                                                                                                                                                                        Dieser kleine Vogel sitzt nah am Weg im Baum und singt:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020074kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 320,9 KB ID: 3106804
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020075kc1.jpg Ansichten: 0 Größe: 429,8 KB ID: 3107442

                                                                                                                                                                                                        Es handelt sich um einen Blauscheiteltrogon (Trogon curucui).

                                                                                                                                                                                                        Nach 45min zu Fuß gibt es eine weitere Einweisung direkt vor dem Einstieg:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020080kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,61 MB ID: 3106809

                                                                                                                                                                                                        Alle Ein- und Ausstiege sind mit hölzernen Treppen leicht zugänglich.

                                                                                                                                                                                                        Infotafel mit Erläuterungen in Englisch:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020076kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,08 MB ID: 3106807

                                                                                                                                                                                                        Vom Steg aus sieht man die ersten Fische schwimmen:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020082kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,25 MB ID: 3106810

                                                                                                                                                                                                        Das “Wasserauge”, das Olho D'Água:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020083kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,90 MB ID: 3106813

                                                                                                                                                                                                        ¾11 sind wir im Wasser. Erste Schnorchelversuche im Regen:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020084kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,67 MB ID: 3106814

                                                                                                                                                                                                        Und die ersten Unterwasserbilder im Olho D'Água:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020095kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,13 MB ID: 3106811
                                                                                                                                                                                                        Hier entfernt sich eine Schwarm Curimba (Prochilodus lineatus).

                                                                                                                                                                                                        Ich wiederhole mich mal: “Der Barbensalmler ist die am häufigsten vorkommende Fischart im gesamten Flusssystem des Río de la Plata, wozu auch der Rio Paraguai und das Pantanal gehören. Rund 60% der gesamten Fischbiomasse stellt alleine diese eine Art!
                                                                                                                                                                                                        Sie fressen Detritus, also abgestorbene Pflanzenteile, und bilden die wichtigste Nahrungsgrundlage vieler größerer Raubfische, wie zB dem Dourado und den Pseudoplatystoma-Welsen.
                                                                                                                                                                                                        Richtig ausgewachsen ist der Barbensalmler um 45cm lang, die größten Exemplare erreichen 80cm Länge und eine Masse von 9kg. Er wird auch in industriellem Maßstab befischt, Fischmehl und Fischöl daraus exportiert, was seine Bestände in Argentinien bereits örtlich bedroht.” Ich muss sagen, ich finde das einfach phantastisch, dass es da eine Fischart gibt, die sich mit abgestorbenen Pflanzenteilen und Schlamm zufrieden gibt und damit so eine gewaltige Nahrungsgrundlage für viele weitere Tierarten schafft, ohne selbst Tiere oder Pflanzen zu verspeisen. Hier mal Massen im Filmchen (auch im Rio da Prata aufgenommen).

                                                                                                                                                                                                        Piraputanga (Brycon hilarii):
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020090kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,93 MB ID: 3106812

                                                                                                                                                                                                        Neben den Piraputanga sind auch die kleineren Piau (Leporinus friderici?) zu sehen, die mit den 3 großen schwarzen Flecken im hinteren Bereich:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020098kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,13 MB ID: 3106823

                                                                                                                                                                                                        Der König der Fische hier in Südamerika, der Dourado (Salminus maxillosus):
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020100kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,88 MB ID: 3106816

                                                                                                                                                                                                        Aufgrund seines festen und sehr wohlschmeckenden Fleisches, sowie durch seine hohen Sprünge, Aggressivität und Kampfkraft, ist er der begehrteste Fisch unter Anglern in Südamerika. Sie können mehr als 1m Gesamtlänge und eine Masse von 30kg erreichen, aber Exemplare dieser Größe sind selten. Damit sich die Bestände wieder erholen können, gilt neben saisonalen Fangverboten, die schon länger in Kraft sind, im ganzen Bundesstaat Mato Grosso do Sul seit 2019 ein striktes 5-jähriges Fangverbot (außer "Catch & Release").

                                                                                                                                                                                                        An mehreren Stellen des Olho D'Água sieht man Wasser aus dem Untergrund aufsteigen.

                                                                                                                                                                                                        Karstquellen, hier ein mehrere Meter tiefes Loch im Grund:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020104kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,13 MB ID: 3106815
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020111kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,33 MB ID: 3106818

                                                                                                                                                                                                        Dieses Quellwasser ist die Ursache für das extrem klare Wasser in den Flüssen um Bonito. Die Schüttung mehrerer dieser Quellen ist hier in der Summe so groß, dass nach wenigen Metern bereits ein richtiger Fluss aus dem Quellsee Olho D'Água abfließt, nicht nur ein kleines Bächlein.

                                                                                                                                                                                                        Kurz nach 11, noch einmal kurz rückversichert, dass alles ok ist, dann geht es los:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020121kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,35 MB ID: 3106820
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020132kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,32 MB ID: 3106826
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020186kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,36 MB ID: 3106832

                                                                                                                                                                                                        Vegetation am Flussufer:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020120kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,04 MB ID: 3106822
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020131kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,00 MB ID: 3106825
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020145kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,63 MB ID: 3106831
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020155kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,14 MB ID: 3106834

                                                                                                                                                                                                        Flussgrund:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020106kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,34 MB ID: 3106817
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020108kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,61 MB ID: 3106819
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020127kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,41 MB ID: 3106824
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020117kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,03 MB ID: 3106821

                                                                                                                                                                                                        Es schwebt sich wirklich toll mit der Strömung. Auf Flossen wird hier verzichtet, da man sie erstens wirklich nicht benötigt, man kommt auch ohne gut voran, und weil zweitens wohl viele Anfänger mit Flossen zu viel Schaden am Grund anrichten würden. Das Prinzip ist ja, dass man hier nur an der Oberfläche entlang treibt und den Grund möglichst nirgendwo berührt. Das wird auch weitgehend eingehalten, wie man an der über weite Strecken intakten Unterwasservegetation sehen kann.

                                                                                                                                                                                                        Einziger Nachteil ohne Flossen: auch an tieferen Stellen ist es nicht so einfach, mal runterzutauchen. Außerdem hat man mit Neopren und ohne Bleigurt eigentlich viel zu viel Auftrieb, um zB in der Nähe des Grundes Nahaufnahmen zu machen. Man ploppt sofort wieder hoch.

                                                                                                                                                                                                        Baumbestandene Ufer sehen so aus:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020133kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,90 MB ID: 3106828
                                                                                                                                                                                                        Totholz, Algen, abgefallene Blätter, Detritus, und auch dort überall viele Fische. Im Schutz des Totholzes finden sich auch etliche kleinere Arten.

                                                                                                                                                                                                        Auf einmal drückt sich ein ängstlicher Flachlandtapir an uns vorbei:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Tapir.png Ansichten: 0 Größe: 1.012,0 KB ID: 3106843
                                                                                                                                                                                                        (Aufnahme Miguel Fliguel)

                                                                                                                                                                                                        Das ist natürlich eine ganz besondere Begegnung, nicht alltäglich. Selten sieht man auch Anakondas, Kaimane und Riesenotter im Wasser schwimmen. Aber natürlich nicht alles heute.

                                                                                                                                                                                                        Fast immer ist man von vielen Fischen umgeben. Und trotzdem das Wasser wegen der vorangegangenen Regenfälle heute nicht ganz so kristallklar ist wie gewöhnlich, ist das hier unter Wasser ein wirklich außergewöhnliches Erlebnis.

                                                                                                                                                                                                        Piau (Leporinus friderici?) in Nahaufnahme:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020138kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,48 MB ID: 3106827

                                                                                                                                                                                                        Piraputanga sind die häufigsten Fische hier:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020169kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,06 MB ID: 3106836
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020166kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,51 MB ID: 3106829
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020179kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,91 MB ID: 3106833

                                                                                                                                                                                                        Nach einer ½h Schnorcheln geht es kurz raus, die Stromschnelle umgehen.
                                                                                                                                                                                                        Hier der Wiedereinstieg:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020152kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,66 MB ID: 3106830

                                                                                                                                                                                                        Ich friere schon ziemlich. Das Wasser ist auf Dauer doch recht kühl und der Neoprenanzug passt nicht perfekt, dh er sitzt an manchen Stellen nicht eng genug.

                                                                                                                                                                                                        Kurz nach 12 münden wir mit dem Rio Olho D'Água in den größeren Rio da Prata:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020184kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,74 MB ID: 3106835
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020189kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,12 MB ID: 3106837
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020193kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,49 MB ID: 3106844
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020194kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,80 MB ID: 3106838
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020198kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,58 MB ID: 3106841
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020203kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,56 MB ID: 3106839
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020205kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,94 MB ID: 3106840

                                                                                                                                                                                                        Ein Wels:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020208kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,30 MB ID: 3106842

                                                                                                                                                                                                        Das Wasser in Rio da Prata ist nicht ganz so klar wie in Rio Olho D'Água. Oder täuscht das? Kommt mir das nur so vor, weil man in der Regel in größere Wassertiefen blickt?

                                                                                                                                                                                                        Kurz nach ½1 beenden wir die Schnorchel-Tour, waren also insgesamt 1¾h im Wasser:
                                                                                                                                                                                                        Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: TA020217kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,62 MB ID: 3106845

                                                                                                                                                                                                        Oben wartet wieder unser Pickup und bringt uns zurück zur Fazenda. Nach dem Umziehen gibt es ein gutes Mittagessen. Das ist im Tourenpreis von ~55€pP inklusive.

                                                                                                                                                                                                        Sehr schön, diese Schnorcheltour. Dieser phantastische Fischreichtum! Ähnlich kenne ich das sonst nur von den Korallenriffen des Roten Meeres. Aber während das klare Wasser im Korallenriff ziemlich normal ist, ist das für Fließgewässer im Binnenland wirklich sehr besonders. Ich würde gerne wissen, ob es ähnlich tolle Flüsse auch in anderen Teilen der Welt gibt.
                                                                                                                                                                                                        Bei gutem Wetter und klarerem Wasser kann das hier noch eindrucksvoller sein, wie etliche Videos im Netz zeigen. Ich würde definitiv noch einmal hierher kommen, falls sich die Gelegenheit ergibt.

                                                                                                                                                                                                        Selber habe ich jetzt auch ein Video von unserer Schnorcheltour zusammengeschnitten:


                                                                                                                                                                                                        Um ½3 beenden wir den Aufenthalt auf der Fazenda Cabeceira do Prata. Unser Fahrer hat brav gewartet und fährt uns jetzt 10km weiter zum Reserva Particular do Patrimônio Natural Buraco das Araras (der verlinkte Wikipedia-Artikel benutzt übrigens ein falsches Bild, also eines, welches nicht diese Doline darstellt).
                                                                                                                                                                                                        Aber weil es thematisch ein Bruch ist und ich bis hierher bereits dermaßen viele Bilder drin habe, mach ich nicht gleich weiter, sondern teile den Tag ausnahmsweise in 2 Beiträge auf.


                                                                                                                                                                                                        ----------------------------------------
                                                                                                                                                                                                        Links zu Olho D'Água & Rio da Prata:
                                                                                                                                                                                                        - Anbieterwebsite: https://www.riodaprata.eco.br/
                                                                                                                                                                                                        - Recanto Ecológico Rio da Prata - Vídeo Oficial
                                                                                                                                                                                                        - 3rd clearest water in the world, hiking & snorkeling through the jungle
                                                                                                                                                                                                        - Rio Olho D'Água Flutuação no Rio Olho D'Água
                                                                                                                                                                                                        - River margin habitat - Rio Olho d'Água, Mato Grosso do Sul, Brazil
                                                                                                                                                                                                        - Flutuação Rio da Prata/snorkeling
                                                                                                                                                                                                        - Flutuação Rio da Prata, Bonito MS - Traveltipsbrasil #36
                                                                                                                                                                                                        - Fizemos a impressionante flutuação do Rio da Prata, a mais famosa de Bonito Ms | Viaje por Conta
                                                                                                                                                                                                        - Passeio de flutuação no Rio da Prata
                                                                                                                                                                                                        Zuletzt geändert von Spartaner; 21.01.2022, 12:20.

                                                                                                                                                                                                        Kommentar


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                                                                                                                                                                                                          Lebt im Forum
                                                                                                                                                                                                          • 24.01.2011
                                                                                                                                                                                                          • 5056
                                                                                                                                                                                                          • Privat


                                                                                                                                                                                                          Fortsetzung Mittwoch, 02.10.2019, Bonito - Buraco das Araras

                                                                                                                                                                                                          Nach der Schnorcheltour im Olho D'Água und dem Rio da Prata fahren wir nachmittags zum privaten Schutzgebiet Buraco das Araras weiter, wo wir ¾3 ankommen. Unserer Fahrer wird wieder warten.

                                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6262kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 3,04 MB ID: 3108815

                                                                                                                                                                                                          Nach 200m sind wir im Besucherzentrum, wo wir uns erst einmal umschauen und darauf warten, dass die Gruppe vollzählig beisammen ist. Auch hier gibt es natürlich die Bonito-zentrale Voranmeldung und genaue Zeit-Slots, in denen die jeweilige Gruppe unterwegs ist - alles bestens durchorganisiert.

                                                                                                                                                                                                          Im Besucherzentrum findet man die Rezeption, ein Geschäft (sie akzeptieren Debit- und Kreditkarten), Toiletten, Cafe, Hängematten und Internetzugang über WLAN.

                                                                                                                                                                                                          Eine Schautafel erläutert die Ausmaße und Entstehung einer der größten Dolinen Südamerikas:
                                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6265kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,33 MB ID: 3108814

                                                                                                                                                                                                          Das Reservat “Buraco das Araras” (“Papageien-Loch”) beherbergt ein riesiges Erdloch mit einem Umfang von 500m und einer Tiefe von 100m. Unter dem ~100 Meter mächtigen Sandstein liegt Kalkstein, der im Bereich der Doline durch Wasser und CO2 aufgelöst wurde. Die entstehende Höhle wurde so groß, dass die Decke einbrach und die Doline entstand.

                                                                                                                                                                                                          Die Behauptung "South Amerika's largest sinkhole" ist natürlich übertrieben, denn das "Sima Humboldt" in Venezuela ist um ein Vielfaches größer.

                                                                                                                                                                                                          Der Name leitet sich ab von den Unmengen Grünflügel-Aras (Ara chloropterus), die an den Felswänden der Doline brüteten und auch jetzt wieder brüten.

                                                                                                                                                                                                          Die Doline wurde 1912 von einem Cowboy entdeckt. Zunächst wurde befürchtet, dass Vieh in das riesige Loch fallen könnte. Schon bald wurde der Ort für schändliche Zwecke genutzt. Die Großgrundbesitzer und Gangster der Region nutzten das Loch, um Viehdiebe und andere Feinde zu beseitigen, indem sie sie in die Doline warfen, damit sie sterben und nie gefunden werden. Bis heute werden Geschichten über rachsüchtige Geister und über Menschen erzählt, die es geschafft haben, zu überleben und zurückzukehren, um sich zu rächen. Die berühmteste Geschichte handelt von Silvino Jacques, einem Banditen, der seine Opfer vor sich her trieb, rennend, um seinen Schüssen zu entkommen, ohne zu wissen, dass sie einem tödlichen Abgrund entgegenliefen. Zu dieser Zeit war Buraco das Araras als großer "Freiluftfriedhof" bekannt. Wilder Westen wie im Film.

                                                                                                                                                                                                          Diese schaurigen Geschichten und die Schönheit des Ortes zogen später viele Neugierige an. Damals konnte man das Loch ungehindert besuchen, ohne Betreuung oder sonstige Kontrolle.
                                                                                                                                                                                                          Buraco das Araras wurde auch nach den wildesten Zeiten das Ziel vielfacher Störungen, wie zB Schießübungen auf die Felsen und auf die Aras, wilde Saufgelage, und durch das Abschütten von viel Müll in die Doline, darunter auch gestohlene Autos.

                                                                                                                                                                                                          Der Vandalismus und die zunehmende Abholzung der Umgebung führten dazu, dass die einst zahlreichen Aras nach und nach verschwanden. 1986 kaufte Modesto Sampaio einen Teil der damaligen Fazenda Costa Rica und nannte seinen Teil Fazenda Alegria. Die Doline wurde eingezäunt, damit kein Vieh hineinfallen konnte.

                                                                                                                                                                                                          Das Interesse von Auswärtigen an der Sehenswürdigkeit blieb aber ungebrochen. Das brachte den Besitzer der Fazenda ab 1996 dazu, die Fauna und Flora der Doline und ihrer Umgebung wiederherzustellen und den Ort zu vermarkten. Dazu wurde die direkte Umgebung der Doline von der Viehzucht ausgenommen, und einheimische Setzlinge gesteckt, um den Wald (Cerrado) wiederaufzuforsten. Außerdem wurde ein Paar des Grünflügelaras (Ara chloroptera) angesiedelt, welches weitere Aras anlocken sollte, sich ebenfalls wieder niederzulassen. Heute leben hier ~50 Paare. 2007 wurden zusätzlich acht Paare des Gelbbrustaras (Ara ararauna) auf der Fazenda angesiedelt.

                                                                                                                                                                                                          1997 wurde beschlossen, das Loch zu säubern, und mit Unterstützung der Armee, der Universidade Estadual de Mato Grosso do Sul (UEMS) und der Feuerwehr der Stadt Jardim wurden drei Lastwagen mit Müll und Schutt aus dem Inneren der Doline entfernt.
                                                                                                                                                                                                          Das Interesse am Buraco das Araras nahm stetig zu, so dass die Familie die Viehzucht ganz aufgeben konnte und seitdem besser von den Einnahmen aus dem Tourismus lebt.

                                                                                                                                                                                                          2007 schließlich wurde das RPPN (private Naturreservat) gegründet. 29ha der 100ha umfassenden Fazenda Alegria wurden unter Schutz gestellt und der Touristenstrom seitdem professionell gelenkt. Man kann das alles und noch viel mehr im Managementplan für das Private Naturreservat Buraco das Araras - Jardim - MS nachlesen.

                                                                                                                                                                                                          Um 3 geht es dann los:
                                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 20191002_215929.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,35 MB ID: 3108812

                                                                                                                                                                                                          Uns erwartet ein gemütlicher Spaziergang auf einem insgesamt 1.3km langen Pfad durch wieder intakte Cerrado-Vegetation.

                                                                                                                                                                                                          Schon gleich hinter dem Besucherzentrum begegnen wir den ersten Grünflügelaras:
                                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6271kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,05 MB ID: 3108813
                                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6454kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,54 MB ID: 3108834

                                                                                                                                                                                                          Die Vögel sind an die vielen Besucher gewöhnt und haben ihre Scheu abgelegt. Neben den Aras wurden von Ornithologen auf dem Gelände der Fazenda bisher 123 weitere Vogelarten festgestellt und man ist sich sicher, noch nicht alle entdeckt zu haben.

                                                                                                                                                                                                          Vereinzelte Farbtupfer im Cerrado:
                                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: 20191002_220240.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,01 MB ID: 3108811
                                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6469kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,11 MB ID: 3108835

                                                                                                                                                                                                          Nach 500m erreichen wir eine Aussichtsplattform, von der aus man bequem in das Loch hinunterschauen kann:
                                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6279kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,62 MB ID: 3108818

                                                                                                                                                                                                          Auf dem gegenüberliegenden Rand ist eine weitere Besucherplattform zu sehen.

                                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6278kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,77 MB ID: 3108817

                                                                                                                                                                                                          Am Grund der Doline liegt ein See, der kaum Wasserspiegelschwankungen aufweist. Sobald zB über Regen größere Wassermengen in den See gelangen, fließt überschüssiges Wasser in den Grundwasserleiter ab.

                                                                                                                                                                                                          Am Ufer entdecken wir ein stark veralgtes Krokodil:
                                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6280kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,56 MB ID: 3108820
                                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6280kcZoom.jpg Ansichten: 0 Größe: 678,4 KB ID: 3108816

                                                                                                                                                                                                          Im Gegensatz zu den Millionen Brillen-Kaimanen im Pantanal handelt es sich hier um einen Breitschnauzen-Kaiman (Caiman latirostris). Wie der hier heil hereingekommen ist, bleibt mir ein Rätsel. Wahrscheinlich wurden sie vor etlichen Jahrzehnten eingesetzt, um die Leichen loszuwerden (neben den Knochen von abgestürzten Rindern fand der neue Besitzer 1986 am Grunde der Doline die Überreste von 24 menschlichen Leichen).

                                                                                                                                                                                                          Der Breitschnauzen-Kaiman kommt übrigens auch im Rio da Prata vor, in dem wir heute Vormittag schnorcheln waren. Und daneben gibt es da noch eine dritte Krokodil-Art, nämlich den Brauen-Glattstirnkaiman (Paleosuchus palpebrosus). Auf Englisch heißt er Cuvier's dwarf caiman. Er wird nämlich nur maximal 1.6m lang und ist damit das kleinste aller Krokodile weltweit.

                                                                                                                                                                                                          An den senkrechten Wänden der Doline sitzen verschiedene Vögel und finden hier Nistgelegenheiten:

                                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6291kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,69 MB ID: 3108823
                                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6344kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,78 MB ID: 3108831
                                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6401kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,44 MB ID: 3108830
                                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6292kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,07 MB ID: 3108833

                                                                                                                                                                                                          Immer wieder ziehen die Grünflügelaras ihre Kreise im und über dem Loch und lassen ihre lauten Rufe hören:
                                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6305kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 600,7 KB ID: 3108819
                                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6421kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 946,5 KB ID: 3108832
                                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6314kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,64 MB ID: 3108822
                                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6367kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,57 MB ID: 3108827
                                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6378kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,43 MB ID: 3108829
                                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6369kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,48 MB ID: 3108828
                                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6321kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,50 MB ID: 3108821

                                                                                                                                                                                                          Nach 350m Spaziergang am Rande der Doline erreichen wir die zweite Besucherplattform.
                                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6342kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 2,61 MB ID: 3108824

                                                                                                                                                                                                          Von hier sieht man einen Acauã in der Felswand brüten, auf Deutsch Lachfalke (Herpetotheres cachinnans):
                                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6343kc.jpg Ansichten: 0 Größe: 1,97 MB ID: 3108826
                                                                                                                                                                                                          Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Pant6343kcZoom.jpg Ansichten: 0 Größe: 735,5 KB ID: 3108825

                                                                                                                                                                                                          Danach geht es noch weitere 400m durch Cerrado-Buschwald, bis man zurück am Besucherzentrum ankommt. Insgesamt dauert die Führung 1:10h, inklusive mehrerer kurzer Zwischenstopps auf dem Weg zur Beobachtung von Tieren und Pflanzen sowie der Beobachtungszeiten auf den Plattformen. Leider waren die Erläuterungen des Führers hier durchweg auf portugiesisch.

                                                                                                                                                                                                          Wer den Rundgang in bewegten Bilder ansehen möchte, wird zB hier fündig (8½min, auf Portugiesisch).

                                                                                                                                                                                                          Um ¼5 sitzen wir dann wieder im Auto und fahren zurück nach Bonito.



                                                                                                                                                                                                          —------------------------------------------------------
                                                                                                                                                                                                          Nicht verwechseln: Im Netz kursieren unter dem Namen “Buraco das Araras” auch Videos von einer anderen Doline (sie heißt eigentlich “Buraco das Andorinhas”, also “Schwalbenloch”, und liegt 130km nordöstlich von Brasília), die ebenfalls touristisch erschlossen ist und bei der man auf den Grund der Doline und zu einem unterirdischen See gelangen kann:
                                                                                                                                                                                                          Abstieg auf den Grund und in das Innere der Doline
                                                                                                                                                                                                          Drohnenaufnahmen 2017
                                                                                                                                                                                                          Drohnenaufnahmen 2016
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                                                                                                                                                                                                          Kommentar


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                                                                                                                                                                                                            • 29704
                                                                                                                                                                                                            • Privat


                                                                                                                                                                                                            Zitat von Spartaner Beitrag anzeigen
                                                                                                                                                                                                            Das Reservat “Buraco das Araras” (“Papageien-Loch”) beherbergt ein riesiges Erdloch mit einem Umfang von 500m und einer Tiefe von 100m. Unter dem ~100 Meter mächtigen Sandstein liegt Kalkstein, der im Bereich der Doline durch Wasser und CO2 aufgelöst wurde. Die entstehende Höhle wurde so groß, dass die Decke einbrach und die Doline entstand.

                                                                                                                                                                                                            Die Behauptung "South Amerika's largest sinkhole" ist natürlich übertrieben, denn das "Sima Humboldt" in Venezuela ist um ein Vielfaches größer.
                                                                                                                                                                                                            Vielen Dank für's "Mitnehmen" und Aufschlauen. Von Deinen Bildern her würde ich sagen, auch 100m sind noch deutlich übertrieben. Kenne ja "vergleichbare" Landschaften (Steinbrüche; Gennargentu), ich hätte anhand der Bilder 30-50m geschätzt
                                                                                                                                                                                                            Aber was echt ungewöhlich ist: Diese Kombi aus Sandstein und Kalk. IdR sind Dolinen ja 100% Kalk.
                                                                                                                                                                                                            Dazu noch die schwirrenden Farbtupfer (das wäre mal eine Idee für die hiesigen Steinbrüche...), schaut toll aus.

                                                                                                                                                                                                            Meine Reisen (Karte)

                                                                                                                                                                                                            Kommentar


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                                                                                                                                                                                                              • 5056
                                                                                                                                                                                                              • Privat


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                                                                                                                                                                                                              Von Deinen Bildern her würde ich sagen, auch 100m sind noch deutlich übertrieben. Kenne ja "vergleichbare" Landschaften (Steinbrüche; Gennargentu), ich hätte anhand der Bilder 30-50m geschätzt
                                                                                                                                                                                                              Ich habe mal versucht, die Maße zu überprüfen. Der Abstand von den Vorderkanten der ersten zur zweiten Aussichtsplattform beträgt 148m (auf Google Maps abgelesen). In dieser Grafik wird die größte Länge mit 160m angegeben. Kommt also in etwa hin oder wäre nur leicht übertrieben.

                                                                                                                                                                                                              Nun habe ich versucht, die Tiefe am Bildschirm "abzumessen". Zunächst schätze ich die Höhe des Geländers auf der ersten Aussichtsplattform auf 125cm (siehe dieses Bild). Dann gehe ich zu diesem Bild (natürlich in meinem Original mit voller Bildauflösung) und messe von der Fußbodenfläche der unteren Etage der ersten Plattform runter zur Wasserfläche und komme dabei auf ~60m Tiefe (natürlich noch ohne jede Berücksichtigung von Abweichungen von der Senkrechten).

                                                                                                                                                                                                              40m Tiefe für das Wasserloch ist prinzipiell vorstellbar und dann wären wir bei den angegebenen100m Tiefe. Eine andere Doline nur 6km entfernt, die Lagoa Misteriosa, ist an Luft 75m tief und die Schächte gehen unter Wasser noch mindestens bis in eine Wassertiefe von 220m.

                                                                                                                                                                                                              Kommentar