über den Vatnajökull wandern (island)

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    • 25.01.2009
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    • Meine Reisen

    #21
    AW: über den Vatnajökull wandern (island)

    Hi,

    auch wenn das Thema glücklicherweise erledigt scheint, vielleicht noch ein paar kleine Anmerkungen von mir.

    Reisezeit: Die ist eher etwas unglücklich gewählt, da ab Ende August i.d.R. ein grosser Teil der Busverbindungen ins Hochland beendet werden. Spätestens ab dem 15. September ist in Abhängigkeit der Wetterlage für alle Hochlandbusse Schluss. Ausnahmen gibt es nur auf den auch im Winter geräumten Routen zu einigen touristischen Zielen (z.B. Golden-Circle-Tour mit Sellfoss, Gullfoss, etc.) und auf der National-Ring-Road. Das bedeutet aber auch, dass alle Hütten im Hochland zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bewirtschaftet werden (wenngleich sie i.d.R. offen sind). Und das wiederrum bedeutet, dass das An- und Abmelden einer Tour im Hochland nicht mehr einfach möglich ist. Jetzt kann zwar Jeder zu jeder Jahreszeit ohne Aufpasser ins Hochland oder auf die Gletscher marschieren, bekommt im Notfall aber eben auch keinen Support, da es niemand weiss.

    Wetter: Zu dieser Jahreszeit (September) habe ich auf Island schon alles erlebt > in Abhängigkeit der Gegend. 1992 habe ich mir am 12. September am Fuß des Mýrdalsjökull (Gletscher an der Südküste) einen Sonnenbrand geholt, zwei Tage später hatten wir nur 50 km davon entfernt -15°C und kurz danach Schneesturm (Hochland). Das soll heißen, um diese Jahreszeit sollten immer extreme Wetterkapriolen eingeplant werden. Grundsätzlich ist das Wetter ausserhalb der Gletschergebiete nicht extrem kälter als sonst in Nordeuropa auch (das ist wie immer ein Gerücht, siehe auch lokaler Wetterdienst http://en.vedur.is/). Und es ist in den letzten Jahren tendenziell etwas wärmer geworden.
    Auf den Gletschern kommen neben der grundsätzlich vorhandenen Kälte öfters Stürme, Nebel, Schneefall, etc. hinzu. Die Stürme und den gelegentlich aufkommenden Nebel oder besser die tief hängenden Wolken sehe ich dabei als die größte Gefahr an. Wir hatten im letzten September an drei Tagen am/auf dem Gletscher ca. 100 km/h Windgeschwindigkeit in einer recht kompakten Wolkenlage. Mit dem falschen Equipment und mangelnder Erfahrung kommt der Tod dann recht schnell näher.

    Gletscher: Grundsätzlich kann man mit der richtigen Ausrüstung fast über alles hinweg wandern/klettern. Die isländischen Gletscher haben in den letzten Jahren aber eine kleine Besonderheit erfahren. Durch die messbare und teils unübersehbare Erwärmung der Gletscherränder sind sie in einigen Teilen extrem morsch geworden. Es gibt inzwischen öfters größere, "ungeplante" Abbrüche bis hin zum Kollabieren größerer Gletscherteile (manchmal dabei auch Tote). Neben den normalen Gefahren auf einem Gletscher sind die isländischen m. E. noch etwas unberechenbarer geworden. Wir haben im letzten Herbst mit is. Geologen eine Gletscherkante neu vermessen und waren über den Zustand nicht wirklich amüsiert.

    Bergrettung: Die Rettungsmannschaften rekrutieren sich neben den Mitarbeitern des Landrettungsdienstes zum großen Teil aus Freiwilligen, welche in den Dörfern entlang der Ring-Road leben und i.d.R. per Funk von den Hütten aus benachrichtigt werden. Das bedeutet, dass im Fall der Fälle eher eine kleine Anzahl von Geländewagen bis zu den letzt möglichen Einstiegspunkten eines Gebiets losgeschickt wird. Das dauert erstens etwas und bedeutet zweitens, dass die Suchtrupps i.d.R. einen großen Teil eines Gebiets mit Quad-Bikes oder auch zu Fuss absuchen müssen. Manchmal sind die etwas ungehalten, wenn die eine mangelnde Ausrüstung entdecken.

    Ausrüstung: Wurde bereits ausführlich gesagt, eben alles was auf einer Gletschertour das Leben verlängern hilft (Helm, Seile, Karabiner, Hüft/Brustgurt, Eispickel, Steigeisen, Eisschrauben, Schneeschuhe, etc.). Detail > nach einem 12jährigen ausschließlichen Einsatz eines MSR WhisperLite habe ich jetzt einen Primus Eta Power MF im Einsatz (Gas, Flüssiggas, Benzin, Petroleum // die Effiziens ist schlichtweg genial // aber etwas schwer für Sologeher).

    Touren: Geführte Ski- und Kletter-Touren werden auch auf is. Gletschern angeboten durch den Islandic Alpine Club (Touren mit dem Snowmobile sind leider auch möglich). Kostet allerdings alles etwas.

    Fazit: Auch wenns vielleicht öde klingt, für einen Gletschertrip sollte ein gutes eingespieltes Team, die richtige Ausrüstung, ausreichend Erfahrung und viel Geduld beim Warten auf das richtige Wetter vorhanden sein.

    Trotzdem viel Spass, ist ein tolles Land. Tom.

    PS: ... habe im Rahmen von zwei Projekten einige Zeit in Island gearbeitet und im Hochland verbracht.
    Schnee ist auch nur schick aufgemachtes Wasser.

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