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Padjelantaleden 2016
oder auch:
Try to come to Kvikkjokk
oder auch:
Try to come to Kvikkjokk
Vorwort:
Dieser Reisebericht ist der erste Reisebericht, den ich jemals geschrieben habe. Da es schon ziemlich viele Berichte gibt, in denen ausführlich die Landschaft des Padjalantaleden beschrieben wird, gehe ich mehr darauf ein, dass dies die erste Hiking-Tour meines Lebens war. Ich versuche, meine Erfahrungen und Erlebnisse zu schildern, die mir, auch im Nachhinein, besonders in Erinnerung geblieben sind und für mich als besonders wertvoll eingestuft wurden. Es erscheint mir als unmöglich, alle Menschen, die ich unterwegs getroffen habe und mit denen ich gesprochen habe, zu beschreiben und alle Berge und sonstigen atemberaubenden Ausblicke im Detail zu schildern. All diese Erinnerungen an die so tolle Landschaft kann ich gar nicht in Worte fassen. Man muss es selbst erleben. Auch die eingefügten Fotos sind nur eine Andeutung der tollen Landschaften. Da ich ohne GPS-Gerät unterwegs war, sind die Kilometerangaben nur geschätzt bzw. aus Reiseführern/Reiseberichten entnommen. Dieser Bericht soll eher darstellen, wie ich meine erste Tour gemeistert habe und womit ich als unerfahrene Solo-Wandererin zu kämpfen hatte. Vielleicht inspiriert dieser Bericht ja den ein oder anderen Menschen und bestärkt diesen darin, so etwas auch mal in Angriff zu nehmen.
Ganz nach dem Motto: Am Anfang braucht man Mut, damit man am Ende glücklich ist!!!!!
Di, 19.7.: Anreise Teil 1
Und jetzt geht es tatsächlich los. Ein halbes Jahr voller Planung, Vorfreude und Angst liegen hinter mehr. Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Ich bin unendlich nervös. Werde ich das alles überleben? Da ich noch nie geflogen bin und ich nur aus theoretischen Erklärungen weiß, wie es an einem Flughafen abläuft bzw. was ich dort zu tun habe, fahren wir früh los. Ich sterbe fast vor Angst. Wir sind bereits ca. eine Stunde vor’m Check-in im Flughafen. Wir setzen uns auf eine nahe gelegene Bank. In meinem Kopf schwirren unendlich viele Gedanken rum. Ich bin weder jemals geflogen, noch jemals mehr als 3 km gewandert, geschweige denn mit so einem schweren Rucksack (23 Kilo Startgewicht inkl. Essen für 9 Tage und 1 Liter Wasser) und noch niemals war ich überhaupt alleine in einem Urlaub gewesen. Meine neuen Wanderschuhe habe ich genau einmal ca. 3 km lang „eingelaufen“ und mein neues Zelt einmal im Garten und zweimal in der Wohnung aufgebaut. Habe ich mir da zuviel zugemutet? Fragen über Fragen. Und dann ist es irgendwann soweit. Wir bringen meinen Rucksack zum ersten Check-in und werden zum Sondergepäck geschickt. Dort angekommen, sind wir die Einzigen und so nehme ich all meinen Mut zusammen und frage, ob ich nach der Sicherheitsüberprüfung den Rucksack noch in Folie einwickeln darf. Tatsächlich gibt mir der Mann den Rucksack nach einer kurzen Röntgenkontrolle zurück und unter seiner Beobachtung wickeln wir so gut es geht den kompletten Rucksack mitsamt des daran außen befestigten Zeltes und der Isomatte ein. Dann geht es mit meinem Handgepäck zum endgültigen Check-in. Ich verabschiede mich von M., lege mein komplettes Handgepäck (eingepackt im wasserdichten Packsack) auf das Förderband und gehe durch das Röntgengerät. Und dann der erste Schock. Nervöse Blicke der Flughafenmitarbeiter/innen in meine Richtung und ein mehrmaliges Vor- und Zurückfahren meiner Sachen auf dem Band. Nee oder? Die erste Komplikation direkt beim Check-in. Das geht ja gut los. Nach einigem Tuscheln und weiteren nervösen Blicken kommt eine der Mitarbeiterinnen auf mich zu und fragt mich, was sich alles in meinem Handgepäck befindet. Da ich keine Ahnung habe, worauf sie hinaus will, erkläre ich, dass ich eine geschlossene Packung Ersatzbatterien für meinen Fotoapparat eingepackt habe, damit nichts damit passieren kann. Nach weiteren wirren Erläuterungen meinerseits stellt sich heraus, dass mein Trangia-Topfset, in welches ich meine Stirnlampe und Süßigkeiten gepackt habe, mitsamt der Batteriepackung obendrauf für eine Bombe gehalten wird!!! Oh mein Gott. Ich erkläre ihr, dass ich das nicht mit Absicht gemacht habe, dass ich noch nie geflogen bin und dass ich natürlich gerne alles auspacken kann vor ihren Augen. Zum Glück scheine ich nicht wie eine Terroristin auszusehen, so dass sie mir anscheinend glaubt. Und als dann klar wird beim Auspacken, dass ich wirklich keine böse Absicht habe, fällt sowohl ihr als auch den anderen Mitarbeiter/innen ein Stein vom Herzen. Sie grinst leicht und erklärt mir, dass ich das so NIE WIEDER einpacken soll. Ich verspreche ihr, dass ich nie wieder Metall und Batterien in die Nähe des Topfes packe. Dann erwähnt sie noch, dass sie kurz davor waren, die Sicherheitsleute von einer Etage drüber herunterzubestellen, mitsamt ihrer Maschinengewehre. Dann wäre alles abgesperrt worden und ich hätte meinen Flug vergessen können. Innerlich völlig geschockt darüber, was ich da (fast) angerichtet hatte, packe ich hastig alles wieder ein. Ich schäme mich unendlich doll, aber die Frau ist zum Glück wirklich nett. Nach diesem ersten Vorfall winke ich noch mal M. zu und gehe in Richtung Warteraum für meinen Flug. Ich schreibe M. schnell eine SMS mit einer kurzen Erklärung, was da gerade passiert ist, denn er stand ja noch hinter der Absperrung und hat das alles aus der Ferne beobachtet. Irgendwann beginnt dann das Boarding. Alle Fluggäste drängeln sich in den Gang zum Flugzeug, aber es geht nicht weiter. Eine Verbindungstür ist noch geschlossen und der Stau, der sich schnell gebildet hat, ist ziemlich eng. Und dann folgt ein Blick durch ein kleines Fenster raus zum Flugzeug. Ich sehe den Mannschaftsairbus vom BVB und frage mich, was dieses Flugzeug da macht.

Als wir alle dann nach Auflösung des Staus in genau dieses Flugzeug hineingehen, können wir das zwar nicht glauben, aber diverse Fotos bestätigen, dass dies keine Fata Morgana ist. Ein super gepflegtes sauberes Flugzeug mit viel Beinfreiheit. Neben mir sitzt ein deutsches älteres Ehepaar, welches ihre Tochter in Schweden besuchen will. Als ich dann noch ein Wasser, ein Mandelgebäck, eine Dose Cola-Light und einen Sandwich angereicht bekomme (und das alles zum Preis von 61,99 Euro), bin ich begeistert von der Fluggesellschaft.

Der Flug verläuft wohl ziemlich ruhig, aber mir ist von dem Start und der Landung trotzdem schlecht. Aber ich habe es überlebt. Und mein Gepäck in Stockholm Arlanda ist ziemlich schnell ausgeladen und es ist komplett und unbeschädigt geblieben. Ich frage mich zu einem Schließfach durch und eine total nette Dame, die zufällig vorbeikommt, erklärt mir freundlicherweise auf Englisch, wie ich das Ding mit meiner extra für Schweden erworbenen Kreditkarte benutzen kann (Die Anleitung am Schrank war leider nur auf Schwedisch). Danach versorge ich mich bei Mc Donald’s mit Nervennahrung für die Nacht und ergattere einen gut gepolsterten Sessel mit Beinstütze in Sky City. So möge meine erste Nacht in Schweden beginnen.

Mein Flug nach Gällivare startet erst morgen früh und vor mir liegen nun 10 Stunden, die ich im Flughafen bzw. in diesem Sessel verbringen muss.
Von meinem Übernachtungsplatz aus kann ich meinen ersten schwedischen Sonnenuntergang und ein Rollfeld beobachten.

Da ich anscheinend nicht die Einzige bin, die vorhat, so die Nacht zu verbringen, fühle ich mich besser als gedacht und mache es mir gemütlich.
Mi, 20.7.: Anreise Teil 2
An Schlaf ist aber vor Aufregung nicht zu denken und als mir um 6 Uhr morgens endlich die Augen zufallen, setzt sich um 6.10 Uhr direkt neben mich ein Ehepaar, welches direkt neben mir ein komplettes Frühstück auspackt und dabei total laut raschelt und redet. Naja. 10 Minuten Schlaf. Immerhin? Kurz danach halte ich es im Sessel nicht mehr aus, hole meinen Rucksack aus dem Schließfach und schlürfe schon mal in Richtung Check-in, obwohl es noch viel zu früh ist. Ich versuche zu erfragen, ab wann ich denn einchecken könnte, aber niemand der Mitarbeiter weiß eine Antwort und manche bezweifeln sogar, dass dieser Flug überhaupt stattfindet??? Ich werde fast wahnsinnig vor Angst, als ich das höre, aber nach ca. 2 Stunden unendlich großer Anspannung erscheint dann doch noch jemand, der für den Check-in für meinen Flug zuständig ist. Es ist wohl bei diesem kleinen Flug üblich, erst kurz vorher einzuchecken. Mein Rucksack geht wieder problemlos als Sondergepäck durch. Da ich den Bombenvorfall von gestern natürlich nicht vergessen habe, habe ich mein Handgepäck diesmal anders zusammen gepackt und komme so ohne Probleme durch die Sicherheitskontrolle durch und so sitze ich bald ohne weiteren besonderen Vorkommnisse in einem ziemlich leeren kleinen Flugzeug Richtung Gällivare. Trotz blauen Himmels wackelt das kleine Flugzeug für meinen Geschmack sehr stark bzw. zu stark und bei der Landung wird es meinem Körper zuviel und ich fülle die Tüte, die zum Glück vor mir direkt im Fach steckt. Beim Aussteigen überreiche ich dieses Abschiedsgeschenk der Stewardess, welche die Tüte lachend entgegennimmt. Mein Gepäck im Miniflughafen Gällivare befindet sich schon ca. 5 - 10 Minuten später bei mir und eine Taxifahrerin mit einem Schild mit meinem Namen drauf erwartet mich schon dort, wo man das Gepäck entgegennimmt. Ich bin begeistert von diesem Service und muss mit der Taxifahrerin nur bis vor die Tür des kleinen Flughafens gehen, denn dort steht schon ihr Taxi. Ich habe das im Internet bestellte Sammeltaxi also für mich ganz alleine und nutze die Chance, der Taxifahrerin ein paar Fragen zu stellen. Ich versuche ihr auf Englisch zu erklären, dass ich noch Spiritus für meinen Trangia-Kocher brauche, aber meine Englischkenntnisse sind anscheinend zu schlecht und es dauert ziemlich lange, bis sie versteht, was ich meine. Dann aber kommt die positive Wende dieses Themas: Sie fährt tatsächlich mit mir zur Tankstelle, sucht mir sogar die richtige Flasche aus dem Regal und fährt mich dann weiter direkt zum Busbahnhof. Während der weiteren Fahrt bucht sie mir ein Taxi vom Campingsplatz in Gällivare bis zum Flughafen, um meinen Rückflug nicht zu verpassen. Ich kann mein Glück gar nicht fassen und als ich dann am Busbahnhof abgesetzt werde, habe ich sogar noch über eine Stunde Zeit, bis der Bus nach Ritsem abfährt. Meine Sorge, den Bus zu verpassen, stellt sich als absolut überflüssig heraus. Ich erkundige mich zur Sicherheit trotzdem im Busbahnhof, ob und wann und wo der Bus denn genau abfährt und besorge mir von der Imbissbude nebenan eine Pommes und einen Milchshake mit dem Gedanken, dass dies vorerst meine letzte warme gekaufte Mahlzeit sein wird. Der Bus fährt pünktlich ab und auch diesmal bin ich wieder begeistert von der Freundlichkeit der Schweden. Immer, wenn der Busfahrer etwas auf Schwedisch erklärt (z.B. wo und wie lange die nächste Pause stattfindet), übersetzen mir geduldig verschiedene Mitfahrer/innen die Informationen auf Englisch. Wir halten in Kebnats und Stora Sjöfället recht lange, was mich zwar wundert, aber keineswegs stört. Und irgendwann ist es dann soweit. Mit den übrig gebliebenen Fahrgästen verlasse ich in Ritsem den Bus. Ich melde mich in der STF-Hütte an und bezahle die nun kommende Nacht und baue bei perfektem Wetter mein Zelt draußen auf der dafür vorgesehenen Wiese auf.

Und nun folgt mein zweites Malheur: Ich möchte das erste Mal Deet benutzen und bekomme dieses kleine Fläschchen nicht auf!!! Ich frage mich, wie ich die nächsten 2-3 Wochen überleben soll, wenn ich noch nicht mal so ein lächerliches kleines Fläschchen aufbekomme, aber es ist nicht zu ändern. Es will sich von mir nicht öffnen lassen. Ich suche zwei männliche Zeltnachbarn auf und bitte sie mir zu helfen. Ich schäme mich zwar, sehe aber einfach keine andere Lösung. Naja. Immerhin ist die Flasche jetzt auf. Dann sortiere ich alle meine Sachen im Zelt, habe aber keinen Hunger vor Aufregung und keine Lust zu kochen. Ein kurzer Spaziergang auf dem Gelände der STF-Hütte stellt meine letzte Aktion des Tages dar. Ich stelle mir den Wecker auf 6 Uhr, weil ich morgen früh das Boot um 8.15 Uhr nach Änonjalme nehmen möchte und beende meinen Tag früh.
Do, 21.7.: Ritsem – Rastplatz ca. 7 km nach Akkastugorna (9 Km)
Ich stehe pünktlich um 6 Uhr auf und brauche unendlich lange, bis ich alle meine Sachen inkl. Zelt zusammengepackt habe (anderthalb Stunden!!!). Völlig gestresst mache ich mich um 7.30 Uhr mit meinem Berghaferl voller Müsli mit Wasser und Milchpulver in der Hand auf zum Bootsanleger. Angeblich soll man ja nur der Strasse folgen, aber ich schaffe es tatsächlich, mich auf dem Weg dorthin zu verlaufen und biege zu früh rechts in einen Feldweg ab. Zufälligerweise kommt auf diesem Feldweg ein Auto vorbei, hält an und erklärt mir, dass dies der falsche Weg ist und ich noch weiter der Strasse folgen müsste. Ich gehe also wieder zurück zur Strasse und folge der Wegbeschreibung des Autofahrers. Am Bootsanleger angekommen, ist es bereits 8 Uhr, aber niemand in Sicht, weder Mensch noch Boot. Ein Blick nach rechts lässt mich schon wieder nervös werden. Ein paar hundert Meter weiter liegt das Schiff auf dem Trockenen. Bin ich doch wieder falsch? Wenn dort hinten das Schiff ablegt, schaffe ich es niemals so schnell bis dahin. Aber wieso liegt es an Land und nicht an Wasser?

Passenderweise trudeln auf einmal doch noch andere Menschen ein und irgendwann kommt auf einmal ein kleines blaues Motorboot um die Ecke angebraust.

Ich erfahre, dass das große Boot/Schiff einen Motorschaden hat und wir deshalb dieses kleine Boot nehmen müssen. Ich lerne erneut, dass Schweden sehr entspannte Menschen sind, denn der Bootsfahrer verabschiedet sich vorerst von uns und teilt uns mit, dass wir erst in einer halben Stunde abfahren. Ich nutze die Zeit, um mein Müsli zu essen, welches ich immer noch in der Hand balanciere, weil ich bis jetzt keine Zeit dafür hatte. Ich komme mit ein paar anderen Wanderern ins Gespräch, aber diese steigen später in Vaisaluokta aus. Da ich bis Änonjalme fahre und stark annehme, dass ich sehr viel langsamer sein werde als alle anderen und weniger Kilometer pro Tag laufen werde, gehe ich nicht davon aus, diese noch mal wiederzusehen. Eine halbe Stunde später fahren wir tatsächlich ab und mir werden von den Mitfahrerinnen verschiedene Dinge erklärt, z.B. über die Fahne der Samen und über den Akka. Ich verstehe nicht alles, was sie mir erzählen, aber zumindest den größten Teil. Und dann stehe ich auf einmal am Bootsanleger in Änonjalme. Alle Mitfahrer/innen sind ziemlich schnell verschwunden und ich stehe da, und muss mich erstmal sortieren. Alleine das Geröllfeld mit meinem 23 Kilo schweren Rucksack auf dem Rücken und meiner Regenjacke in der Hand zu überwinden ist für mich schon eine Herausforderung. Irgendwann stehe ich aber oben am Wegweiser und außer mir ist noch ein Ehepaar übrig geblieben. Ich bitte sie, von mir ein Startfoto mit dem Wegweiser zu machen, und dann geht’s wirklich los.
Ich befestige die Regenjacke am Rucksack und schnecke los. Ich fühle mich nicht nur wie eine Schnecke, ich bin es wirklich. Zumindest in den ersten Tagen. Der Rucksack ist sehr ungewohnt und leider erfahre ich erst am übernächsten Tag, wie wertvoll es ist, die Trekkingstöcke zu benutzen und nicht am Rucksack hängen zu haben. Naja. Ich muss eben noch viel lernen.
Nach dem ersten Anstieg blicke ich zurück und verabschiede mich innerlich endgültig von der Zivilisation.

An der Akkastugorna mache ich meine erste für mich offizielle Rast. Ich setze meinen Rucksack ab bzw. lasse ihn auf den Boden plumpsen und setze mich neben meinen Rucksack und esse einen Snack und trinke etwas.

Aber bald raffe ich mich wieder auf und schnecke weiter. Ich schnecke und schnecke und schnecke. Mir schmerzt bereits meine Hüfte, meine Schultern und mein linker kleiner Zeh. Dafür ist aber immerhin das Wetter wunderbar. Gestern und heute schien den ganzen Tag die Sonne und fast keine Wolke ist am Himmel zu sehen. Bei angenehmen geschätzten 20 - 25 Grad kann man wunderbar im T-Shirt wandern. Erst ein paar Tage später erfahre ich, dass diese Temperatur für diese Region sehr ungewöhnlich warm ist und ich richtig Glück hatte mit diesem Sommerwetter in den ersten Tagen. Beim Wandern schwanke ich gedanklich viel hin und her. Einerseits bin ich gefüllt mit Freiheitsgefühlen und glücklich darüber, wie schön die Landschaft und die tollen Ausblicke zwischendurch sind, aber andererseits frage ich mich immer wieder, wie das mit den Schmerzen wohl weitergehen wird.

An der ersten großen Hängebrücke angekommen steigt in mir eine große Angst auf. Der reißende Fluss darunter sieht wahnsinnig gefährlich aus und ich möchte mir nicht vorstellen, was passiert, wenn man dort mitsamt Rucksack hereinfällt.


Die Brücke sieht zwar modern und stabil aus, aber ich habe trotzdem richtig Angst. Ich bin mit dem ungewohnten Rucksack sowieso total wackelig unterwegs, wie soll ich da nur rüber kommen? Ich setze den Rucksack ab und starte erstmal einen vorsichtigen Test ohne Rucksack. Die Brücke wackelt zwar weniger, als ich vermutet hatte, aber wohl ist mir trotzdem nicht. Irgendwann überwinde ich mich und schnecke vorsichtig hinüber. Ich halte mich teilweise am Geländer fest und bin unendlich froh, als ich drüben angekommen bin. Selbst als ich wieder festen Boden unter den Füßen habe, schlägt mein Herz noch hoch und ich muss erstmal einige Meter weiter weg laufen, um mich zu beruhigen. Ich nutze die Zeit des Beruhigens für ein paar Fotos und versuche mich innerlich wieder zu sammeln.

Trotz kurzer Pausen zwischendurch kann ich am Rastplatz nach insgesamt heute ca. 9 km nicht mehr und beschließe, meinen ersten Tag hier zu beenden. Ich baue mein Zelt auf und unterhalte mich noch mit zwei deutschen Wanderinnen, die dort vorbeikommen und eine Pause machen. Sie sind die ersten deutschen Menschen, die ich, seit ich in Schweden bin, treffe. Danach hänge ich meine Sachen zum Lüften auf und trinke das erste Mal Wasser aus einem schwedischen Bach. Diese Premiere genieße ich sehr. Ich frage mich zwar immer noch, ob ich das alles so schaffen werde, was ich mir erhofft habe, aber ich bin schon ein bisschen stolz, überhaupt bis hierhin gekommen zu sein. Mein Zelt steht, es ist trocken, ich habe Essen, ich habe Trinken und es sind gar nicht soooo viele Moskitos unterwegs, wie ich es vorher im Internet gelesen hatte.

Alles in allem hat es bis jetzt gut geklappt. Ich benutze das erste Mal meinen Trangia-Kocher mit dem Rödsprit von der Tankstelle und koche mir das erste Mal in meinem Leben eine Maggi-Nudeltüte in der Wildnis Lapplands. Auch wenn viele Menschen das nicht verstehen können: Sie schmeckt mir in diesem Moment unglaublich lecker. Um 19 Uhr verkrieche ich mich in mein Zelt. Mir tut alles weh und auf meinem kleinen linken Zeh hat sich eine kleine Blase gebildet. Ich beschließe, in dieser Nacht Schlaf nachzuholen, aber an Schlaf ist erstmal nicht zu denken. Überall raschelt und knackst es. Ein Bär? Ein Elch? Ich versuche mir einzureden, dass das nur Geräusche vom Wind sind. Aber das Rascheln und Knacksen hört einfach nicht auf. Irgendwann halte ich es nicht mehr aus. Ich öffne vorsichtig die Zelttür und schaue heraus. Nichts zu sehen. Ich schaue in alle Richtungen, aber kein Tier zu sehen. Ich lege mich also wieder hin. Trotzdem hört das Rascheln nicht auf. Ich stehe noch mal auf, und dann finde ich endlich die Lösung. Unter meiner Zeltunterlage in der Apsis hat sich ein recht großer Käfer verirrt und der raschelt jetzt immer gegen die Plastikplane. Ich befördere ihn vorsichtig in die Freiheit, um ihn nicht zu verletzen, und bin froh, endlich das Rätsel geklärt zu haben. Etwas später höre ich menschliche Geräusche. Ich gucke noch mal aus dem Zelt und sehe, dass sich auf der anderen Seite des Rastplatzes noch ein Zelt dazugesellt hat.
Fr, 22.7.: Rastplatz ca 7 km hinter Akkastugorna – Kisuris (7 Km)
Um 4 Uhr morgens kann ich nicht mehr schlafen. Ich stehe auf und habe endlich Zeit. Zeit, Müsli mit Milchpulver und Wasser zu frühstücken, Zeit zum Zähneputzen, frisch machen usw. Um ca. 8 Uhr, als ich gerade los will Richtung Kisuris, erfahre ich, dass der Zeltaufbauende auch deutsch ist und aus dem Sarek kommt. Er will heute das Boot nach Ritsem nehmen. Er erzählt mir ca. 30 Minuten lang unzählige Erfahrungen seiner Reise und dann verabschieden wir uns und ich schnecke los. Meine Hüfte und meine kleine Mini-Blase tun richtig stark weh. Die ersten 2 km geht es noch, aber die nächsten 2 km danach werden zur Qual. Voller Schmerzen quäle ich mich langsam weiter. Genießen kann ich derzeit nichts, aber hier im Birkenwald gibt es ja auch nicht wirklich viele spektakulären Aussichten, die mich ablenken können. Außerdem fliegen heute ziemlich viele verschiedene Tiere um mich herum, so dass ich nicht wirklich Lust habe, mit denen eine Pause zu verbringen. Ich konzentriere mich also auf jeden Schritt. Ab dem 5. Tageskilometer wird es dann aber mit den Schmerzen ein kleines bisschen besser. Es tut zwar immer noch alles weh, aber es ist zumindest wieder auszuhalten.



Während dieser Kilometer habe ich nur eine größere richtige Pause gemacht, als ich auf einer freien Fläche, wo endlich mal fast keine fliegenden Tiere fliegen, einen großen Stein entdeckt habe. Perfekter Pausenplatz.
Um 13 Uhr erreiche ich Kisuris. Da ich aber wegen der Schmerzen auf keinen Fall mehr heute weiterlaufen will, stelle ich meinen Rucksack ab und versuche mir einen Überblick zu verschaffen. Die Hüttenwirtin kommt wohl erst abends wieder, erfahre ich von zwei Schwedinnen, die auch gerade eingetroffen sind. Ich bin mir unschlüssig, was ich solange tun soll, aber die Schweden überreden mich, mein Zelt einfach schon mal aufzubauen. Ich bin mir nicht sicher, höre dann aber auf die beiden.
Wie ich später lerne, machen das alle so, aber da dies meine erste Nacht an einer schwedischen Hütte (außer in Ritsem) ist, muss ich ja erstmal lernen, wie es an solchen Hütten zugeht bzw. wie man sich zu verhalten hat. Dass hier alles so unproblematisch abläuft, freut mich sehr und ich vermisse die Regeln und Gesetze aus Deutschland kein bisschen. Nach dem Zeltaufbau eine weitere Premiere: Ich wasche zum ersten Mal mit kaltem Gebirgswasser und Outdoorseife ein kleines Kleidungsstück. Klappt super und es wird schnell wieder trocken in der Sonne am Zelt hängend. Ich bin froh, Deet, ein Moskitonetz und eine Mini-Fliegenklatsche dabeizuhaben. Moskitos, die es tatsächlich schaffen, mit mir zeitgleich ins Innenzelt einzudringen, haben so keine Überlebenschance

Den Nachmittag und frühen Abend verbringe ich mit den beiden Schwedinnen in der Küche bzw. den Aufenthaltsraum der Hütte. Es ist ein wunderbarer netter Abend und ich bereue es erneut nicht, hierher gekommen zu sein. Ich ernte zwar kurz überraschte Blicke, als ich erwähne, dass dies hier meine erste Hiking-Tour ever ist (das wird mir auf der Tour noch öfters passieren), aber nach einigen Erklärungen, wie es dazu kam, finden sie die Idee an sich natürlich super und hoffen, dass alles so klappt, wie ich es mir erträume. Sie finden mein Vorhaben alleine als Frau ziemlich mutig und bestärken mich und erzählen mir alles mögliche Wissenswerte, was sie bis jetzt so erfahren haben. Unter anderem erzählen sie mir, dass der zweite Wandertag schmerzenstechnisch immer der Schlimmste ist und es ab morgen jeden Tag besser/einfacher werden wird. Ich versuche ihnen zu glauben und hoffe ganz stark, dass sie Recht haben. Außerdem weihen sie mich in die Künste des Kochens mit Gas in den Hütten ein

Mein Zeitgefühl habe ich bereits gestern verloren. Da ich keine Uhr mitgenommen habe und ich weiß, dass mein Handyakku nicht bis zum Ende meiner Reise halten wird, wenn ich es mehrmals täglich an und ausmache, um die Uhrzeit abzuchecken, kommt mir plötzlich ein Gedanke. Kann man nicht im Fotoapparat die Uhrzeit sehen bei entsprechender Einstellung? Ich ärgere mich, diese Idee nicht schon vorher gehabt zu haben, denn mein Handy hat schon nur noch 3 Striche Akku (und ich habe aus Gewichtsgründen kein Ladegerät dabei). Leider ist gestern ausversehen das Handy im Rucksack angegangen (vermutlich hat irgendwas dadrauf gedrückt?) und hat mehrere Stunden sinnlos Akku verbraucht. Ich befasse mich also mit dem Fotoapparat und tatsächlich finde ich eine Einstellung, die mir die Uhrzeit bei jedem geschossenen Foto anzeigt. Leider ist mir nicht bewusst, dass jetzt auf jedem Foto die Uhrzeit draufgedruckt bleibt. Erst zuhause in Deutschland werde ich feststellen, dass nun bei jedem Bild unten das Datum und die Uhrzeit zu sehen ist, aber nun gut, ein bisschen Schwund ist immer

Um ca. 21.30 Uhr verschwindet die Sonne hinter einem Birkenbaum und schon ist es ruckzuck kühl genug, um ins Land der Träume zu entgleiten.
Sa, 23.7.: Kisuris – irgendwo zwischen Kisuris und Laddejakka (große Hängebrücke) (13 Km)
Obwohl es hier ja derzeit fast immer hell ist und fast immer die Sonne scheint, stehe ich heute „erst“ um 7 Uhr auf. Mein Tag heute startete zwar schon um 0.30 Uhr, weil ich eine Stunde lang wach war und ich einfach nicht wieder einschlafen konnte (keine Ahnung warum), aber von 1.30 Uhr bis 7 Uhr gönnte sich mein Körper dann doch noch mal Schlaf, so dass ich relativ fit loslege.


Ich lüfte meine Sachen, packe alles zusammen, frühstücke bei blauem Himmel und mache mich startklar. Ich treffe noch mal die beiden netten Schwedinnen und verabschiede mich von ihnen. Ich soll einer der beiden von Deutschland aus bei Facebook schreiben, ob ich den Brief abliefern konnte und wie meine Tour verlief

Die ersten 5 km heute fallen mir tatsächlich viel leichter als gestern und vorgestern. Hatten die beiden Schwedinnen recht? Immerhin gehen die starken Schmerzen heute erst ab Kilometer 6 los. Unterwegs genieße ich mal wieder die Landschaft und das tolle Wetter.


Mein linker Zeh tut wieder sehr stark weh (die Blase ist bereits größer geworden) und meine Hüfte/Oberschenkel schmerzt immer noch. Trotzdem schaffe ich insgesamt heute für mich unfassbare ca. 13 Kilometer und finde einen wunderbaren Zeltplatz kurz nach der großen Hängebrücke.

Heute kam ich schneller voran als in den ersten 2 Tagen. Die letzten ca. 6 km des heutigen Tages waren für meinen Körper aber dennoch wieder eine große Qual. Das ewige Auf und Ab bin ich noch nicht gewohnt, aber ich hoffe, dass sich dies bald ändert. Mir tut am Zeltplatz wieder alles weh. Beide kleinen Zehen, Schultern, Rücken, Hüfte. Ich bin froh, eine Mini-Tube Voltaren mitgeschleppt zu haben und benutze sie für die Schultern. Beim Zeltaufbau joggt auf einmal ein blasser junger Mann vorbei. Er hat keinen Rucksack auf, grüßt nicht, joggt oben ohne und hält sein T-Shirt in der Hand. Ich frage mich, ob dies eine Fata Morgana ist, aber als er über die große Hängebrücke joggt und aus meiner Sicht entschwindet, bin ich mir doch sehr sicher, mir dies nicht eingebildet zu haben

Trotz des perfekten Zeltplatzes sieht das Wasser aus dem großen Fluss allerdings am Ufer nicht wirklich lecker aus (es schwimmen kleine sichtbare Sachen drin, vermutlich Pflanzenreste). Ich hoffe, morgen schnell einen kleineren Bach zu finden mit dem gewohnten glasklaren Wasser und trinke nur das Nötigste aus dem großen Fluss. Ich probiere die gestern erworbene Rentierwurst. Der erste Bissen war ehrlich gesagt anders als gedacht. Aber je mehr ich davon aß, desto leckerer wurde sie. Obwohl sie unheimlich lecker war, nachdem ich mich daran gewöhnte, packe ich nun aber trotzdem die Hälfte wieder ein und will mir diese für morgen aufbewahren. Nach Erledigung der typischen Tätigkeiten an so einem tollen Zeltplatz wie Zelt einrichten, kochen, essen, spülen, Haare waschen usw., liege ich jetzt um 20 Uhr im Zelt und versuche zu schlafen. Ich hoffe, morgen die 11 km bis Laddejakka zu schaffen. Der Vuoatädno ist ziemlich laut, da mein Zeltplatz ja sehr nah da dran ist, aber ich hoffe trotzdem gut schlafen zu können.
So, 24.7. Große Hängebrücke – Laddejakka (11 Km)
Um 3.55 Uhr ist die Nacht heute für mich beendet. Da ich aber immerhin von ca. 20 Uhr bis jetzt gut geschlafen habe und zwischendurch nur drei mal ganz kurz wach war, bin ich wieder fit. Meine Schmerzen sind alle weg. Ein hoch auf Voltaren und die Erholungsphase im Schlaf


Um 7.18 Uhr starte ich meine heutige Etappe. Die ersten 4 km heute laufen wieder richtig easy.

Dann aber folgt ein für mich langer anstrengender Aufstieg. Dieser Aufstieg wird für mich zur absoluten Tortur. Bei jedem Hügel denke ich, dass ich doch gleich endlich oben sein muss, aber dem ist leider nicht so. Ein Hügel reiht sich an den nächsten und ein Ende ist einfach nicht in Sicht. Immer wenn ich denke „Gleich bin ich bestimmt oben“, bin ich es doch nicht. Ich erwische mich bei Gedanken wie „Was mache ich hier eigentlich?“ und ich beginne, den „Wegerfinder“ zu hassen.

Als ich eeeeeeeeeeeeeendlich irgendwann oben ankomme, komme ich aber wieder gut voran, und das ganze sogar mit nur wenig Schmerzen. Ich mache viele Pausen und viele Fotos und bin glücklich.







Nur der letzte Tageskilometer ist noch mal richtig qualvoll und schmerzvoll für mich, denn nun folgt der Abstieg zu den Laddejakka-Hütten.

Seit heute liebe ich übrigens meine Trekkingstöcke. Sie erleichtern mir besonders bei Auf- und Abstiegen das ganze Unterfangen sehr und ich werde meine neuen Freunde (= die Stöcke) ab jetzt nie mehr an meinem Rucksack hängen haben, sondern immer benutzen. Um 13.25 Uhr erreiche ich mein heutiges Ziel. Zum ersten Mal habe ich heute keine lange Pause gemacht, sondern ich kam mit mehreren kurzen Pausen ganz gut klar. Auch die Schuhe habe ich heute zum ersten Mal zwischendurch nicht ausgezogen bzw. vor Schmerzen ausziehen müssen. Ich bezahle direkt die Service-Fee und baue mein Zelt auf. Ich bin ziemlich stolz auf mich, es bis hierhin geschafft zu haben. Als nächstes versuche ich, auf der Rastbank vor der Hütte meine Rentierwurst mit dem Taschenmesser zu bearbeiten, was aber leider eher suboptimal verläuft. Ich rutsche mit dem Taschenmesser an der recht harten Wurst ab und schneide mir durch den halben Fingernagel und die Fingerkuppe. Es blutet ziemlich heftig, aber durch Pressen mit Pflaster hört es bald wieder auf, so dass ich es vermutlich überleben werde


Kurz nach mir kommt ein schwedischer Wanderer herein und wir fangen an, uns auszutauschen. Auf Englisch erzählt er mir, dass er ultraleicht unterwegs ist. Wir vergleichen unser Gewicht und ich falle fast vom Stuhl, als ich erfahre, dass er inklusive Essen für 6 Tage insgesamt nur 12 Kilo dabei hat. Während wir in der Küche essen, baut ein Vater mit seinem Sohn und seiner Tochter ihr Zelt direkt neben meinem auf. Ca. 3 Meter Abstand finde ich persönlich echt unpassend, zumal es trocken ist und auf dem riesigen Gelände überall genauso gute Plätze zu haben sind wie meiner, aber nun gut. Da ist anscheinend jeder anders.
Um 19.20 Uhr liege ich in meinem Zelt und hoffe, dass diese Menschen nicht schnarchen. Allerdings ist es wieder zu heiß zum schlafen. Es dauert ca. eine Stunde, bis ich mich ins Land der Träume begebe.
Mo, 25.7. Laddejakka – Arasluokta (13 Km)
Tatsächlich schlafe ich bis 6.30 Uhr, aber nur, weil ich zum ersten Mal ein weiteres wichtiges Utensil benutzt habe: Ohropax. Meine viel zu nah herangekommenen Zeltnachbarn haben sich extrem laut unterhalten, als ich versucht habe einzuschlafen. Mit den Ohropax war die Nacht dann aber recht gut. Heute Morgen ist zum ersten Mal mein Zelt von außen etwas nass. Auch die Umgebung ist etwas feucht, es scheint wohl etwas geregnet zu haben in der Nacht. Jetzt im Moment ist es etwas nebelig und bewölkt. Ich starte heute um 9.40 Uhr. Heute bestätigt sich endgültig, dass die beiden Schwedinnen in Kisuris Recht hatten, denn auch heute fallen mir einige Kilometer viel leichter, als bei meinen bisherigen Etappen.


An einem besonders seltsam geformten Stein treffe ich mehrere Wanderer-Parteien, die sich dort zu einem Smalltalk bzw. zu einer Rast zusammengefunden haben.

Spontan werde ich zu einem Stück Rentierschinken eingeladen. Leider verstehe ich aber nichts von dem, worüber sie reden, da sie sich auf Schwedisch unterhalten, und so verlasse ich bald die lustige Konstellation und ziehe weiter.
An einem wunderschönen kleinen Wasserfall mache ich eine längere Pause mit Schuhe ausziehen, Socken lüften, Füße waschen usw.


Ich treffe heute viele Leute unterwegs, aber das besondere Highlight für mich ist heute, dass ich zum ersten Mal andere Wanderer einhole bzw. überhole. Nicht falsch verstehen, natürlich gehe ich immer noch gemütlich, sehe meine Tour nicht als Wettrennen an und genieße die unglaubliche Freiheit, gute Luft und schönen Aussichten. Aber ich scheine langsam nicht mehr die allerlangsamste Schnecke zu sein, was mir große Hoffnung macht, das alles, was das Gehen/Laufen/Wandern an sich betrifft, wie erhofft immer besser klappen wird mit der Zeit. Ich frage mich heute unterwegs zum ersten Mal, ob ich mich jetzt als echte Hikerin/Backpackerin bezeichnen kann. Ohne eine Antwort auf diese Frage zu finden, bin ich mir aber in einem Punkt sehr sicher: Ich fühle mich inzwischen in dieser Wandererwelt des Padjelantaledens dazugehörig. Ich fühle mich als kleiner Teil einer großen Gemeinschaft. Obwohl man sich fast gar nicht kennt, manche Leute nur kurz sieht, manche länger, und obwohl man nie weiß, ob man sich überhaupt noch mal wiedersieht, stelle ich fest, dass ich mich nicht einsam fühle. Zuhause in Deutschland, wo ich von viel mehr Menschen umgeben bin, fühle ich mich mehr einsam als hier, wo ich niemanden wirklich kenne. Ich bin unendlich glücklich. Nur mein linker Zeh schmerzt mal wieder, besonders beim Bergabgehen, wenn ich vorne gegen den Schuh stoße, aber ansonsten geht’s mir super. Das Rucksackgewicht wird immer erträglicher, die Hüftschmerzen haben sich fast in Luft aufgelöst (das war wohl nur eine Art Muskelkater von dem ungewohnten Rucksackgewicht) und auch sonst habe ich im Moment keine Beschwerden. Das einzige nervige Problem ist im Moment die Blase auf dem linken Zeh, die täglich größer wird. Aber wenn es mehr nicht ist: So lässt es sich aushalten.


Auch das Wetter enttäuscht mich heute nicht wirklich. Erst, als ich bereits ca. 2/3 meiner heutigen Etappe bewältigt habe, fängt es an zu regnen. Ein einziger Donner ist zu hören und ich mache mir Sorgen, ob nun ein großes Gewitter kommt, aber bereits nach ca. 45 Minuten hört es auf zu regnen und alles ist wieder in Ordnung. Als ich in Arasluokta ankomme, erlebe ich etwas Neues: Es gibt keine allgemeine Küche und keinen Aufenthaltsraum, sondern, wenn man als Zelter kochen will, soll man einfach in eine beliebige Hütte reingehen und dort kochen. Dass dort aber Wanderer wohnen, die sich Hüttenübernachtungen gönnen, ist mir irgendwie unangenehm und so koche ich nur ganz kurz meine Nudeln und verschwinde wieder aus der kleinen Hütte. Ich gönne den Hüttenbewohnern ihre Privatsphäre und halte mich deshalb lieber draußen auf dem Rastplatz auf. Auch der Ultraleicht-Schwede übernachtet mit seinem Minizelt in Arasluokta und so wird auch dieser Draußen-Nachmittag/Früher Abend total nett. Den Brief, den ich in Kisuris bekommen hatte, gebe ich der Hüttenwirtin. Sie wird ihn dann morgen an die entsprechende Einwohnerin in Arasluokta übergeben. Außerdem kaufe ich bei ihr ein selbstgebackenes Brot und eine Tube Käse. Das Brot schmeckt köstlich und zusammen mit einer Nudeltüte fühlt sich mein Körper wieder topfit an. Der Ultraleicht-Schwede gibt mir den Namen „Noodle-Woman“ (, da ich jeden Tag nachmittags/abends Nudeln esse), wogegen ich keinen Einwand habe. Jetzt habe ich also schon einen Trail-Namen

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