[UK] West Highland Way im goldenen Oktober

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  • Schotten55frosch
    Neu im Forum
    • 11.12.2014
    • 2
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    • Meine Reisen

    #21
    AW: [UK] West Highland Way im goldenen Oktober

    Dein Bericht gefällt mir sehr gut und er bringt Erinnerungen an den WHW zurück. Im Mai/Juni 2011, in den "trockensten" Monaten, sind meine Frau und ich ihn auch gelaufen, jedenfalls den größten Teil. Es hat aus allen Rohren geregnet und Sturm bis 160 Km/h hatten wir auch noch dabei. Die Wälder wurden gesperrt, so das wir Umwege laufen mußten. Es war uns vor den letzten beiden Etappen zu heftig, deshalb haben wir in Bridge of Orchy abgebrochen. Aber im Nachhinein, war es trotzdem ein schönes Erlebnis.
    Danke für Deinen schönen Bericht,
    Peter

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    • Hebi19
      Erfahren
      • 29.08.2010
      • 320
      • Privat

      • Meine Reisen

      #22
      AW: [UK] West Highland Way im goldenen Oktober

      V I I I E E E E L L E E N N D A N K !!!

      Ein toller Bericht, und gaaaanz tolle Bilder ......

      Oh Mann - noch genau 140 Tage, dann bin ich auch dort unterwegs

      Martin

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      • Bjarkan
        Gerne im Forum
        • 28.06.2014
        • 92
        • Privat

        • Meine Reisen

        #23
        AW: [UK] West Highland Way im goldenen Oktober

        Tag 6, Tyndrum - Bridge of Orchy

        Um zwei Uhr nachts klingelt mein Wecker. Ich habe die Gelegenheit genutzt und lade meine Akkus für die Kamera. Schnell den zweiten ins Ladegerät und dann kann weiter geschlafen werden.Frühstück gibt es in der Gemeinschaftsküche, denn draußen nieselt es. Ich versuche so viele Paranüsse wie möglich zu essen, weil ich sie nicht weiter herumtragen will.
        Nachdem unsere Rucksäcke gepackt sind schaue ich noch schnell bei der Rezeption vorbei um den dort aushängenden Wetterbericht des Mountain Weather Information Service zu lesen.Es soll vereinzelte Schauer geben, aber überwiegend trocken bleiben, wenn auch bei meist geringer Sicht. Klingt doch gar nicht so übel.
        Bevor wir den Ort verlassen werfen wir noch die Postkarten im Briefkasten ein und mein Kumpel stellt fest, dass er eine zu wenig hat. Wir wollen aber nicht noch mal in den Laden gehen und er lässt sich davon überzeugen, dass es schon noch weitere Postkarten geben wird, bis wir wieder zu Hause sind.

        Der Weg steigt leicht an und wir diskutieren beim gehen über das Wetter. Ich bin der Meinung, dass es doch ganz ok sei, so wie es gerade ist. Das bisschen Nieselregen macht nun wirklich nichts aus. Mein Kumpel sieht das jedoch nicht ganz so optimistisch, aber an der Lage ändert das schließlich auch nicht. Wieder verläuft die Route parallel zur A82 und zeitweise liegen noch die Schienen der Bahntrasse nach Norden dazwischen. Es gab schon schönere Abschnitte...
        Wenig später schwenkt der Weg jedoch weg von Schienen und Straße und zieht sich an den Flanken einiger Berge entlang. In einer kurzen Pause rutsche ich auf einem glatten Stein aus und lege mich unsanft nieder. Die Landung war unschön, da ich das Wohl der Kamera über meine eigenes gestellt habe und ich ziehe mir ein paar Schürfwunden an der linken Hand zu. Nach kurzer Begutachtung des Schadens kann es aber schnell weiter gehen.
        Von der Straße, die mittlerweile auf der anderen Talseite durch die Hänge verläuft, ist Motorenlärm zu hören. So unschön dieser auch ist, so lustig ist das Bild, das sich bietet. Lautstark liefern sich ein roter und ein blauer Mini dort ein Rennen die Hügel empor.

        Da wir heute nur 10 km bis nach Bridge of Orchy gehen, ist das Gehtempo entsprechend entspannt und die Pausen zahlreich und ausgiebig. Als Bein Dorain, den wir morgen hinauf wollen, in Sicht kommt, steige ich in ein Bachbett hinab um seinen in den Wolken liegenden Gipfel zu fotografieren.



        Bis nach Bridge of Orchy bleibt der Weg unspektakulär, was sicherlich auch an den tiefhängenden Wolken liegt, die jegliche Fernsicht verderben. Aber immerhin ist es trocken!
        Kurz vor dem Ortseingang stoßen wir am Weg auf einen heruntergekommenen Wohnwagen und einen skelettierten Traktor. Ob es sich bei diesem Ort um den dorfeigenen Schrottplatz handelt?
        Der Wohnwagen gefällt mir auf Anhieb, denn sein kräftiges Dunkelgrün durch das stellenweise die weiße Grundierung hervor lugt, bildet einen schönen farblichen Kontrast zu den rot-braunen Gräsern. Irgendwie erinnert er mich an den Magic Bus in Alaska.



        Auch die Überbleibsel des Traktors passen stilistisch gut zur Landschaft, so verrostet und mit Dornen bewachsen wie sie sind. Ich freue mich über das trübe Wetter, denn nur so lassen sich Wohnwagen und Traktor so trostlos und verlassen ins Szene setzen wie ich es möchte. Bei Sonnenschein wäre von dieser Atmosphäre nichts zu spüren.



        Auf dem Weg durch da Örtchen schauen wir noch im Hotel vorbei und fragen nach einer Postkarte. Während mein Kumpel diese draußen versandfertig macht, unterhalte ich mich mit der äußerst netten jungen Frau vom Hotel und frage nach, ob wir morgen unsere Sachen hier irgendwo abstellen dürfen, wenn wir auf Bein Dorain raufsteigen wollen. Sie meint, das sei überhauptkein Problem und zeigt mir eine kleine Abstellkammer neben der Rezeption, wo wir unsere Sachen einfach abstellen sollen. Und das, obwohl wir außer der Postkarte keinen Umsatz im Hotel machen. Wirklich sehr nett!
        Auf die andere Seite des Flusses geht es über die namensgebende Bridge of Orchy wo auf einem Stück Wiese neben dem Fluss Campingtische mit Bänken stehen. So nah am Ort wollen wir allerdings nicht bleiben und wir trennen uns um flussauf- und flussabwärts nach Zeltmöglichkeiten zu suchen.
        Ich gehe abwärts und entdecke in einem Nadelwald den offiziellen Wildcamping Spot. Dieser gleicht jedoch eher einer Müllhalde und so ziehe ich weiter. Nach etwa 200 Metern entdecke ich gute 100 Meter neben dem Weg ein geeignet aussehendes Plätzchen zwischen einzelnen Bäumen.
        Auf dem Weg dorthin stolpere von einer Senke im Boden in die nächste. Jede Unebenheit wird durch das hohe Gras verdecket. Auch am vermeintlich guten Zeltplatz sieht der Boden so uneben aus und enttäuscht kehre ich um.
        Urplötzlich scheint mir der Himmel auf den Kopf zu fallen: von Süden her bricht eine Transportmaschine der Airforce durch die Wolkendecke und rast im Tiefflug über mich hinweg. Ich bin so überrascht, dass ich keine Sekunden daran denke die Kamera hervor zu holen.
        Ich stehe einfach nur da und gaffe. Erst nach ein paar Sekunden komme ich aus dem Staunen wieder heraus, obwohl die Maschine schon längst über alle Berge ist. Wahnsinn!
        Eilig geht es zurück zum Treffpunkt. Dort wartet schon mein Kumpel und ist genau so aufgeregt wie ich. So etwas erlebt man nicht alle Tage. Er hat sogar noch einen Zeltplatz etwas flussaufwärts entdeckt und wir errichten dort unser Lager für die Nacht. Dabei halten wir den Himmel im Blick und horchen angestrengt, ob die Maschine eventuell zurückkehrt. Leider vergebens.
        Als die Zelte gerade stehen erwischt uns ein Schauer und wir verkriechen uns.
        Nachdem er vorüber ist ziehe ich noch mal mit der Kamera los und mache auf dem Rückweg ein tolles Bild vom Hotel in der Abenddämmerung. Auf mein späteres Nachfragen per Email, ob sie Interesse an dem Foto hätten, erhalte ich jedoch nicht mal eine Antwort. Schade.

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        • Maximiliane
          Erfahren
          • 05.02.2013
          • 210
          • Privat

          • Meine Reisen

          #24
          AW: [UK] West Highland Way im goldenen Oktober

          "Dein Bericht gefällt mir sehr gut und er bringt Erinnerungen an den WHW zurück." .....und tolle Fotos!

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          • sfhrvk
            Erfahren
            • 18.09.2014
            • 101
            • Unternehmen

            • Meine Reisen

            #25
            AW: [UK] West Highland Way im goldenen Oktober

            Danke für den tollen Bericht!!!

            Meine bessere Hälfte und Ich werden im Mai'15 den WHW gehen!

            Habt ihr die Hobbit Hütte in Tyndrum vorher reserviert? Sind uns nämlich unschlüssig, ob wir am Ende des 4. oder 5. Tages in Tyndrum ankommen!
            Wir wollen vermeiden, Streß zu verspüren, weil man ja am X. Tag hier und dort sein muss!

            Was meinst du?

            Welche Karte hast du verwendet?

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            • Bjarkan
              Gerne im Forum
              • 28.06.2014
              • 92
              • Privat

              • Meine Reisen

              #26
              AW: [UK] West Highland Way im goldenen Oktober

              Ich habe morgens in Tyndrum angerufen und reserviert. Wäre aber vermutlich auch nicht nötig gewesen.
              Wie es im Mai aussieht kann ich nicht sagen. Ich denke dann ist schon deutlich mehr los als im Oktober.

              Ich habe diese Karte dabei gehabt:
              http://www.amazon.de/West-Highland-Way-XT40-Route/dp/1851374582/ref=sr_1_sc_1?ie=UTF8&qid=1418581144&sr=8-1-spell&keywords=west+highaldn+way+karte

              Wirklich brauchen werdet ihr eine Karte aber nie. Genutzt habe ich sie zur Planung und um unterwegs nachzuschauen, wie weit es noch ist oder wann der nächste Bach kommt.

              Für die Abstecher auf die Munros habe ich mir dann hier (http://www.walkingclub.org.uk/OS-maps/Explorer/index_list.shtml) Detailkarten selbst gedruckt und laminiert. Habe die Seite irgendwann während der Planung entdeckt. Schon geil.

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              • Bjarkan
                Gerne im Forum
                • 28.06.2014
                • 92
                • Privat

                • Meine Reisen

                #27
                AW: [UK] West Highland Way im goldenen Oktober

                Tag 7, Bridge of Orchy - Beinn Dorain - Inveroran

                Ich werde um sechs Uhr wach und meine Blase treibt mich aus dem gemütlichen, warmen Schlafsack hinaus in dichten Nebel. Der Vollmond taucht die Landschaft in ein gespenstisches Licht und trotz aller rationalen Gedanken bin ich irgendwie froh, als ich wieder im Zelt liege.Den Wecker schalte ich heute erstaunlich oft auf schlummern und stehe erstmals zeitgleich mit meinem Kumpel auf, der normalerweise etwa eine Stunde später dran ist als ich.
                Wir packen schon alles zusammen und gehen zum Frühstücken zu den Campingtischen an der Brücke. Dort ist über Nacht ein VW Bus eingetroffen und einer der Insassen steht vor der Tür und raucht.

                Heute wollen wir auf Beinn Dorain steigen und ich mache mir etwas Sorgen, ob das so gut sei. Denn ich habe überhaupt keinen Appetit und esse nur circa ein Drittel meiner üblichen Müsliportion. Auch sonst fühle ich mich nicht sonderlich auf der Höhe. Allerdings will ich auch unbedingt dort hoch, nachdem Ben Lomond schon ausfallen musste und so geben wir unser nicht benötigtes Gepäck im Hotel ab und machen uns auf den Weg zum Berg.
                Die Route - einen Weg gibt es nicht - ist zunächst sehr sumpfig und stellenweise sinken wir gute fünf Zentimeter ein. Während der Planung der Tour habe ich mich so oft mit der Aufstiegsroute beschäftigt, dass ich sie quasi auswendig kann. Erstes Ziel ist der Sattel zwischen Beinn Dorain und Beinn an Dothaidh. Um dort hinauf zu gelangen steigen wir durch ein Geröllfeld auf, das immer wieder durch sumpfige Flächen unterbrochen ist. Weit unter uns ist ein weiterer Wanderer zu sehen.
                Der Weg durch das Geröll ist anstrengend, die Temperaturen sind jedoch bereits so niedrig, dass ich trotzdem leicht friere.

                Oben auf dem Sattel liegt ein kleiner See. Wir rasten kurz, denn ich will mich mit der Kamera mal umschauen. Allerdings ist das Wetter hier oben so mies geworden, dass sich kein gute Bild ergibt. Unten im Tal sind wir in strahlender Morgensonne gestartet und schwitzten in Langarmshirts und nun stehen wir hier in den Wolken und es ist so unangenehm kalt, dass wir die Pause abbrechen um nicht auszukühlen.



                Vom Sattel aus geht es südwärts einen etwas steileren Hang hinauf auf eine leicht ansteigende, sumpfige Fläche. Die Kälte und das fehlende Frühstück machen mir zu schaffen und ich falle immer weiter zurück. Innerlich bin ich mit mir selbst beschäftigt und ich merke nicht, dass mein Kumpel, der gut 30 Meter voraus geht, von der Hauptroute abweicht. Ich steige ihm hinterher und erst nach einer Weile dämmert mir, dass wir hier falsch sind. Laut Beschreibung sollte die Hauptroute zum Gipfel sehr einfach sein, sobald man den Anstieg hinter dem Sattel überwunden hat. Wir stehen allerdings auf einem schmalen Trampelpfad zwischen großen Steinblöcken und zwei Meter neben uns geht es geschätzte 15 Meter senkrecht hinunter bevor sich die Felsen im Nebel verlieren.
                Ich muss mich stark zusammen reißen um meine Wut herunter zu schlucken. Ich bin zum einen auf meinen Kumpel sauer, der einfach Blind nach vorne ging, zum anderen mache ich mir selbst auch Vorwürfe, denn schließlich habe ich die Route im Kopf und hätte vorher merken müssen, dass wir falsch sind.

                Auf einen Streit hier oben habe ich wahrlich keine Lust und da wir schon soweit auf dem Trampelpfad gegangen sind, wollen wir ihm weiter folgen. Vorher checke ich aber noch per Kompass, ob wir überhaupt noch in die richtige Richtung laufen.
                Es geht weiter über felsigen Boden und durch nasskalte Luft. Der Pfad macht plötzlich einen starken Knick nach links und windet sich dann steil hinauf in die Wolken.
                Oben angekommen entdecken wir endlich den Gipfelcairn, wo wir schnell ein paar Fotos schießen.
                Die Fernsicht beträgt stolze 10 Meter! So genervt ich von dieser Aktion auch auf dem Gipfel gewesen bin, so klasse empfinde ich sie gerade wo ich sie beschreibe und die Bilder ansehe.



                Rasch geht es hinab vom Gipfel, allerdings über die Hauptroute. Sie ist genau wie beschrieben sehr einfach zu gehen. Lediglich die stellenweise glatten Steine stellen eine kleine Gefahr dar.
                Auf dem Weg zurück zum Sattel begegnen wir dem Wanderer, den wir bereits beim Aufstieg zum Sattel weit unter uns gesehen haben. Er erkundigt sich bei uns, wie weit es noch sei und ich weise ihn darauf hin, dass der nächste Cairn nicht den Gipfel markiert und er bis zum zweiten gehen muss.
                Entweder ist der Kerl abgebrüht wie Sau oder ich bin in schwächlichem Zustand. Jedenfalls trägt er eine Baseballmütze und hat die Ärmel seines Langarmshirts hochgekrempelt während ich die Kapuze meiner Hardshell nicht weit genug zuziehen könnte.
                Zurück am Sattel überlegen wir kurz, ob wir, da wir ja schon mal hier oben sind, nicht noch auf Bein an Dothaidh steigen wollen, der auf der anderen Seite des Sattels gegenüber Beinn Dorain liegt.
                Da sich allerdings kein Loch in den Wolkenzeigt und die Sicht weiterhin unter 20 Meter liegt, beschließen wir abzusteigen.
                Die erste Hälfte des Geröllfeldes liegt noch in den Wolken, doch weiter unten strahlt die Sonne. Sie knallt regelrecht und die Kälte vom Gipfel ist schnell vergessen. Wie wir nun feststellen ist überall um uns herum super Wetter nur an den Gipfeln der beiden Berge hängen Wolken hartnäckig fest.
                Wenig später ist Bein Dorain auch wolkenfrei ist. So etwas nennt man wohl schlechtes Timing.
                Der allein wandernde Mann muss eine tolle Aussicht gehabt haben.



                Zurück im Dorf holen wir unsere Sachen im Hotel ab. Während wir die Rucksäcke draußen neu bepacken trifft der Manager ein und unterhält sich kurz mit uns, wie es oben gewesen ist.
                Wir füllen noch schnell unsere Flaschen am Wasserhahn auf, der außen am Hotel angebracht ist und Wanderern Trinkwasser zur Verfügung stellt. Noble Geste!

                Ich merke nun immer deutlicher, dass ich so gut wie nichts gefrühstückt habe und zunächst wollen wir an den Campingtischen kurz rasten, damit ich etwas essen kann. Ich habe allerdings immer noch kaum Appetit und will lieber weiterziehen. Von Süden nähern sich dunkle Wolken und da mein Kumpel scheinbar eine Phobie vor Regen entwickelt hat, kürzen wir über die kleine Straße nach Inveroran ab.
                Dort - es handelt sich um ein einziges Hotel - wollen wir auf dessen Grund den Wildcamping Spot nutzen. Im Reiseführer steht "Vorher unbedingt um Erlaubnis fragen!" und so mache ich mich auf die Suche nach jemandem, den ich fragen kann. In der Walkers Bar, einem gemütlich eingerichteten Bar-Raum für stinkige, verdreckte Wanderer, finde ich die Besitzerin des Hotels. Sie ist erstaunt, dass jemand extra hinein kommt um zu fragen, ob er draußen zelten dürfe. So viel zu "unbedingt fragen"...
                Zum Zeltplatz geht es ein paar hundert Meter entlang einer kleinen Straße und über eine Brücke.
                In den umliegenden Hügeln kann ich fünf oder sechs Hirschrudel orten, deren Böcke lauthals ihre Ansprüche klar machen. Es ist Brunftzeit!

                Als die Zelte stehen holen uns die Regenwolken ein und so liegt jeder in seinem Zelt. Ich finde es urgemütlich in meinem Schlafsack zu liegen, während der Regen auf das Zelt prasselt und ich beobachte durch den offenen Eingang die fernen Hirsche in den Hängen. Als der Regen aufhört krieche ich jedoch wieder aus dem Schlafsack um Fotos zu machen.



                Ich streife in der näheren Umgebung umher und entdecke plötzlich eines der Hirschrudel, das aus den Hügeln hinunter gekommen ist. Aufgeregt bringe ich eilig mein Stativ zurück zum Zelt und Tausche mein Standardobjektiv gegen das Tele. Schnell noch meinen Kumpel über meine Abwesenheit informiert und schon mache ich mich auf in die Hügel.
                Die Hirsche scheinen an Menschen gewöhnt zu sein, denn sie ergreifen nicht sofort die Flucht, als sie mich entdecken. Ganz geheuer bin ich ihnen aber auch nicht, und so ziehen sie sich langsam wieder in die Hügel zurück. Ich nutze Senken und Hügelkämme als Deckung und schleiche parallel zu ihnen die Hänge hinauf. Ein vorsichtiger Blick über eine Hügelkuppe verrät mir, dass ich sie überholt habe und ich lege mich so hin, dass nur mein Kopf durch das Gras auf dem Hügel schaut.
                Entdeckt werde ich natürlich auch so, jedoch wirke ich wohl als Kopf weniger bedrohlich und die Hirsche bleiben in etwa 70-80 Meter Entfernung stehen und fressen. Das Rudel besteht aus ein paar Weibchen mit Jungtieren, einem jungen Bock, der offenbar noch geduldet wird und dem Leithirsch.
                Ich liege dort auf der nassen und kalten Hügelkuppe und fotografiere wie blöde.









                Als die Hirsche weiter ziehen, krieche ich zurück in die Senke und folge dieser den Hang hinauf bis in ein Wäldchen. Dieses bietet mir gute Deckung und ich kann auf die andere Seite des Rudels gelangen. Dabei achte ich jedoch sehr darauf ihnen nicht den Fluchtweg abzuschneiden.
                Im letzten Licht des Tages erwische ich sie dann noch, wie sie hintereinander vor herrlicher Kulisse über einen Hügelkamm laufen.



                Wie im Bildkritik-Bereich bereits erwähnt ist die technische Qualität dieses Fotos unterste Schublade.
                Laufendes Wild, schwaches Licht und Einsteiger-Tele harmonieren einfach nicht zusammen. Trotzdem gefällt mir die Aufnahme so gut, dass ich sie trotz der miesen Qualität behalte und mittlerweile zu den schönsten der Tour zähle.

                Erst jetzt merke ich, wie kalt mir eigentlich ist. Meine Hose ist durch die Rumkriecherei durchnässt und ich mache mich auf den Weg zurück zum Zelt. Dort fehlt von meinem Kumpel jede Spur. Während meiner Abwesenheit haben wir allerdings Nachbarn bekommen und ich erkundige mich bei Ihnen, ob sie ihn gesehen haben. Er soll sich am Hotel rumtreiben sagt man mir. Also mache ich mich dorthin auf und werde fündig. Wir beschließen in die Walkers Bar zu gehen um mich aufzuwärmen. Dort treffen wir drei deutsche Männer mittleren Alters und unterhalten uns lange und nett mit ihnen.

                Nach kurzer Überzeugungsarbeit ist das Mädel hinter der Bar auch bereit als Fotomodell zu dienen. Ich muss versprechen ihr das Bild per Email zu schicken, wenn ich wieder daheim bin. Ein akzeptabler Preis für ein tolles Foto.



                Später liege ich noch lange wach und lausche den Rufen der Hirsche und dem Plätschern des Baches. Ein Versuch diese Soundkulisse aufzuzeichnen scheitert jedoch kläglich.

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                • Bjarkan
                  Gerne im Forum
                  • 28.06.2014
                  • 92
                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #28
                  AW: [UK] West Highland Way im goldenen Oktober

                  Tag 8, Inveroran - Kingshouse

                  Für heute habe ich keinen Wecker gestellt. Hatte irgendwie keine Lust. Als ich um acht Uhr aufwache und aus dem Zelt schaue, liegt die Landschaft in dichtem Nebel und der Himmel ist grau. Heute wird es wohl regnen denke ich und lege mich noch mal kurz hin.
                  Als wir gerade vor den Zelten stehend frühstücken, kommen die drei deutschen Männer aus der Walkers Bar vorbei. Sie haben im Hotel übernachtet und machen Witze über unsere Auffassung von Urlaub. Während wir einpacken nieselt es leicht. Doch wie auf Bestellung reißen die Wolken auf, als wir gerade losgehen. Ich kann es nur immer wieder sagen: Was für ein Wetter!

                  Den ersten Stopp gibt es bereits nach gut einem Kilometer. Erstens ist es meinem Kumpel in seiner FJ Hydratic Hose doch zu warm geworden und zweitens bietet sich von der kleinen Anhöhe ein toller Blick auf Loch Tulla und den dahinter Bein an Dothaidh. Über dem See hat sich eine tiefhängende Wolke festgesetzt. Über ihr ragt Bein an Dothaidh empor und unterhalb spiegelt sich das gegenüberliegende Ufer im spiegelglatten See.
                  Ich mache eine dürftige Aufnahme davon und könnte mir jetzt im Nachhinein in den Arsch beißen, da ich diese Chance nicht besser genutzt und eine Fotopause nach einem Kilometer erzwungen habe um näher zum See zu gehen. Ich komme mir vor wie ein dummer Touri, der seinen Schnappschuss bekommen hat und weiter zieht. Man!



                  Während dessen kommt es zu einer witzigen Situation. Wie bereits erwähnt, wechselt mein Kumpel die Hose. Als er gerade - die neue Hose nur bis zu den Knien hochgezogen - wieder in den Stiefeln steht, denkt er sich, da er ja schon mal unten ist, könne er ja auch ruhig die Stiefel besser binden. Gesagt getan. Leider hat er nicht beachtet, dass er mit dem Rücken zum Weg steht, auf dem durchaus noch andere Leute entlang kommen könnten. Und so passiert es, dass der nächste Wanderer, als er über die Kuppe kommt, weder Bein an Dothaidh, noch Loch Tulla zu sehen bekommt, sondern den Arsch meines Kumpels, der, die Hose nur bis zu den Knien, vorgebeugt dort steht und sich die Schuhe bindet.
                  Der arme Kerl nimmt diesen grässlichen Anblick allerdings mit Humor und zieht weiter. Von nun an werde ich meinen Kumpel bei nahezu jeder Pause darum bitten, sich doch bitte angekleidet zu lassen.

                  Der Weg folgt nun einer alten Militärstraße, deren Pflastersteine ziemlich rutschig sind. Stellenweise haben wir das Gefühl alle fünf Schritte wieder einen nach hinten wegzurutschen. Und überhaupt: auf diesen buckeligen Steinen zu gehen, ist alles andere als angenehm. So sind wir fast schon erleichtert, als der Weg wieder in den gewohnten Schotter übergeht.
                  Den nächsten Halt gibt es an einem kleinen See, wo ich Bilder machen möchte. Leider gefallen sie mir im Nachhinein alle nicht wirklich. Immerhin konnte wenigstens mein Kumpel die Pause produktiv nutzen. Während ich um den See herum stolpere, trocknet er sein Außenzelt in der immer stärker werdenden Sonne. Sie scheint mittlerweile so stark, dass wir nicht nur die Jacken ausziehen, sondern auch die Hosen hoch krempeln. Ich scherze, dass ich wohl doch besser die Sonnencreme mitgenommen hätte. Was für ein Wetter!

                  Im weiteren Verlauf führt uns der Weg am Westrand von Rannoch Moor vorbei, einer circa 20 km² großen Senke. Sie ist übersät mit kleinen Tümpeln und immer wieder hallen die Rufe der Hirsche aus dem Moor empor.
                  Da wir noch recht gut in der Zeit sind und es laut zwei Mountainbikern nur noch drei Meilen bis Kingshouse sind, trödeln wir etwas herum und schlendern entspannt den Weg entlang.
                  Ich schaue quasi ununterbrochen nach Osten ins Moor und bin regelrecht überwältigt, als auf einmal im Westen Stob Dearg über eine Hügelkuppe schaut. Was für ein Anblick. Dieser dunkelgraue, felsige Berg ist mit seinem dreieckigen Profil sehr markant und ich habe im Vorfeld schon viele Bilder von ihm gesehen. Trotzdem verschlägt mir der Anblick die Sprache und ich bleibe stehen und glotze diesen Berg an. Die weiteren Kilometer bis Kingshouse verbringe ich damit, schon mal nach geeigneten Stellen für Fotos zu suchen um nachher, wenn wir das Lager aufgeschlagen haben, zurück zu kommen.

                  Als wir in Kingshouse eintreffen, betrete ich kurz das Hotel und stelle die obligatorische Frage nach der Erlaubnis zum Zelten. Alles wie immer kein Problem. Wieder draußen treffen wir auf unsere drei Deutschen, die auf ihr Taxi warten um zum nächsten Hotel zu fahren, da trotz vorgebuchtem Zimmer keines mehr für sie frei ist. Jetzt ist es an uns dumme Witze zu reißen und wir bemitleiden sie herzlich.

                  Unsere Zelte schlagen wir auf einer häufig genutzten Wiese auf der anderen Seite eines Baches auf und ich beeile mich mit dem Einräumen, da ich schnell los will um zu fotografieren.Erstaunlicher Weise will mein Kumpel mit kommen und so gehen wir gemeinsam noch mal ein gutes Stück zurück um meine Sucht zu befriedigen.







                  Als wir wieder zurückkehren, ist es bereits dunkel und am Hotel ist die Hölle los. Ein Fotokurs ist eingetroffen und räumt emsig den Eingang mit Koffern zu. Glücklicher Weise belagern die Leutchen nach dem Einchecken jedoch die Lounge Bar und wir können in Ruhe in der Climbers Bar, einem urig eingerichteten Raum, unsere Sweet Chicken Paninis genießen, die übrigens sehr empfehlenswert sind. Mein Kumpel schaut im Fernsehn das Spiel Deutschland gegen Polen und ich bewundere die tollen Fotografien und Gemälde an den Wänden, die sich alle ums Bergsteigen drehen. In einer Vitrine stehen Steine, die wohl jemand von allen möglichen Gipfeln rund um den Globus mitgebracht hat.
                  Leider sind wir nun offiziell pleite und so müssen wir ohne ein zweites Panini in die Schlafsäcke kriechen.
                  Dort empfange ich noch den Wetterbericht, den meine Schwester per SMS fleißig auf Anfrage schickt. Für morgen ist sogar offiziell Sonne gemeldet. Bessere Aussichten für die Besteigung von Stob Dearg kann es nicht geben.

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                  • Bjarkan
                    Gerne im Forum
                    • 28.06.2014
                    • 92
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #29
                    AW: [UK] West Highland Way im goldenen Oktober

                    Tag 9, Stob Dearg

                    Ich wache ziemlich früh auf und schaue aus dem Zelt um nachzusehen, ob sich die Wettervorhersage schon bestätigt. Es ist bewölkt, aber im Osten, von wo heute das Wetter kommt, hat sich bereits ein Spalt in den Wolken gebildet und ich bin guter Dinge, dass es noch weiter aufklart. Da nebenan im Zelt noch alles ruhig ist, krame ich meine Kameratasche aus dem Zelt und gehe ein kleines Stück in Richtung Buchaille Etive Mor in der Hoffnung, dass Stob Dearg seinem Namen (roter Gipfel) alle Ehre macht und von der Morgensonne in rotes Licht getaucht wird.Leider ergibt sich nichts dergleichen und so ziehe ich wieder zurück zum Lager.



                    Auf dem Rückweg unterhalte ich mich kurz mit einem Paar, das in der Nähe der Stelle wo ich fotografierte gecampt hat. Sie fragt, ob meine Bilder etwas geworden seien, was ich einfach bejahe, obwohl ich doch etwas enttäuscht bin von der Ausbeute. Zurück an den Zelten beobachte ich ein paar Teilnehmer des Fotokurses, die draußen vor dem Hotel stehen und auf ihren wackeligen Stativen Buchaille Etive Mor fotografieren. Ich rufe mir in Erinnerung, dass ich auch vor gar nicht all zu langer Zeit so angefangen habe und verkneife mir die Bemerkung, dass sie doch einfach näher ran gehen sollten, anstatt das Maximum ihrer Brennweiten auszureizen. Auch wenn ich einem Mädel gerne den ein oder anderen Tipp gegeben hätte!

                    Während ich vor meinem Zelt hocke kommen zwei Jäger in ihrem Defender vorbei und holen Sachen aus einem Schuppen in der Nähe des Hotels. Als sie wieder an unserem Lager vorbeifahren und kurz stoppen, spreche ich sie an und wir unterhalten uns kurz. Sie fahren raus ins Rannoch Moor um Hirschböcke zu jagen. Neidisch blicke ich dem silbernen Defender hinterher, als er über den schmalen Fahrweg durch die Hügel in Richtung Moor verschwindet.
                    Da von meinem Kumpel immer noch nichts zu hören ist, begebe ich mich zum nahen Bach um mich frisch zu machen und schon mal das Wasser für unser Frühstück zu holen. Ich setze mich auf einen großen Stein am Ufer und tauche meine Füße ins Wasser. Länger als eine halbe Minute kann ich sie aber bei bestem Willen nicht im Wasser lassen. Dafür ist es viel zu kalt. Als nächstes ist der Kopf dran. Auch er bekommt nur eine Katzenwäsche. Inzwischen ist die Sonne durch die Wolken gebrochen und ich sitze in ihren wärmenden Strahlen auf meinem Stein und genieße es mit geschlossenen Augen.
                    Nach ein paar Minuten fällt mir wieder ein, dass ich ja das Frühstück vorbereiten wollte und ich drehe mich um, um die Flaschen und den Wasserfilter zu greifen.

                    Mein Herz hat sicherlich für ein paar Sekunden aufgehört zu schlagen, so wunderbar ist der Anblick, der sich mir bietet. Die Sonne strahlt Stob Dearg wie ein Flutlicht an und bringt jede Furche, jede Rinne in seinen Flanken hervor. Von Röte ist zwar nicht zu sehen, aber sei es drum. Ich war noch nie so schnell in meinen Stiefeln wie jetzt und renne zum Zelt um Fototasche und Stativ zu greifen. Meinem noch schlafenden Kumpel rufe ich im vorbei laufen zu, dass ich mal eben weg bin und dann renne ich los. Und das ist keine Übertreibung. Den Kilometer bis zu meiner Fotostelle von vorhin lege ich im Sprint zurück und so ist mir, als ich dort ankomme, ganz schön übel. Ein Kaltstart von null auf 100 Prozent und leerer Magen vertragen sich eben selten. Aber egal.





                    Ich fotografiere hochkonzentriert um keinen Fehler zu machen. Wer weiß, wann sich die nächste Wolke vor die Sonne schiebt und den Anblick wieder zunichte macht. Das Pärchen von vorhin, das gerade das Zelt einpackt, muss mich auf für gestört gehalten haben, habe ich doch vorher schon gut eine Stunde dort rumgelungert.
                    Als ich gerade alle Einzelbilder für mein Panorama im Kasten habe, kommen unsere drei Männer den Weg entlang. Sie haben sich von ihrem Ausweichhotel mit dem Taxi wieder bis Kingshouse bringen lassen und sind ebenso erfreut über den schönen Anblick, der sich uns bietet. Einer von ihnen zückt so denn auch schnell sein Smartphone und hält die Szenerie mit der Panoramafunktion seiner Handykamera fest. Zufrieden und grinst er mich an und sagt "Geht doch viel einfacher".

                    Zurück am Zelt gibt es erst mal Mecker, denn es ist schon kurz nach elf. Ich habe die Zeit wirklich aus den Augen verloren. Schnell wird gefrühstückt und die Dinge, die wir für den Aufstieg benötigen werden im Rucksack bzw. im um die Hüfte geschnallten Deckel verpackt.
                    Bis zum Zustieg sind es gute vier Kilometer, die es parallel zur A82 entlang geht. Da heute Sonntag ist und das Wetter immer besser wird, sind auch schon einige Autos am Zustieg zu sehen, diese entpuppen sich jedoch als Mini-Stau vor einer Baustellenampel.
                    Wir haben für den Aufstieg die Standardroute über Coire na Tulaich gewählt und so überqueren wir die A82 an der Stelle wo sich der West Highland Way entgültig von ihr trennt und gehen direkt auf Buchaile Etive Mor zu. An einer Gabelung nehmen wir den rechts verlaufenden Pfad, welcher in die Schlucht Coire na Tulaich führt. Der linke bringt die Kletterer in die Steilwand.



                    Der Aufstieg soll über ein in der Schlucht verlaufendes Geröllfeld erfolgen, das sich als grauer Keil zwischen den beiden Flanken abzeichnet. Von hier unten sieht es allerdings so aus, als würde das Geröll knapp unterhalb des Rückens in einer Felswand enden, was mich etwas stutzig macht. Von Klettern war nie die Rede in den Routenbeschreibungen. Aufklärung verschafft ein Gespräch mit einem Schotten, der bereits oben war und gerade an einem Bächlein rastet. Auf die Frage nach irgendwelchen Hinweisen, antwortet er nur "Just follow the path into the scree and start climbing upwarts.It´s easy." ...
                    dann mal los.
                    Nachdem unsere Wasserflaschen noch schnell befüllt werden, starten wir den Aufstieg im Geröll. Viel zu sagen gibt es dazu nicht, es geht halt recht steil bergauf und teilweise ist etwas Trittsicherheit gefragt. Auf halber Strecke stoßen wir auf einen Vater mit seinem kleinen Jungen für den es wohl leider zu anstrengend ist. Schade, ich finde es immer toll, wenn Kinder so früh schon die Natur so intensiv kennenlernen. Wäre bestimmt toll gewesen für den Kleinen auf dem Gipfel gestanden zu haben...

                    Der Aufstieg auf den Rücken von Buchaile Etive Mor ist nach zwei schweißtreibenden Stunden geschafft und wir gönnen uns eine kurze Pause bevor es weiter geht zum Gipfel. Mit uns sind noch ein gutes Dutzend anderer Leute hier oben. Ich hätte mit mehr Andrang gerechnet.
                    Vom Rücken bis zum Gipfel ist es kaum noch anstrengend, denn man geht nur noch leicht ansteigend durch Geröll und Fels. Immer wieder bleibe ich stehen und schaue mich um. Die Aussicht ist einfach toll und es macht richtig Spaß über den Fels auf den Gipfel zu zusteige.









                    Als wir dort ankommen sind außer uns beiden noch zwei ältere Männer dort. Sie haben volle Kletterausrüstung dabei und ich frage nach, ob sie die Steilwand hinauf geklettert sind, was auch der Fall ist. Die beiden - ich schätze sie so auf circa 60 - scheinen echte Profis zu sein und ich erkundige mich bei ihnen über die umliegenden Gipfel. Sie kennen jeden und geben direkt Empfehlungen für die besten Aufstiegsrouten. Sie kommen übrigens aus Glasgow und Stob Dearg ist ihr Trainingsberg, den sie mittlerweile schon mehr als 25 mal erklommen haben. Nicht schlecht...

                    Zu uns gesellt sich ein Rabe, der neugierig unsere Rucksäcke beäugt. Als ich die Kamera hervor hole scheint er regelrecht zu posieren und so schieße ich eine ganze Reihe Bilder. Leider gelingt es mir nicht recht ihn im Flug um die Felsen zu erwischen. Die beiden Männer verabschieden sich und wir stehen allein auf dem Gipfel als Rotorengeräusche zu vernehmen sind.





                    Unten im Tal startet ein Rettungshubschrauber der Royal Airforce gerade neben Kingshouse Hotel.
                    Rasch aufsteigend kommt er immer näher und wir machen uns Sorgen, dass vielleicht einer der Kletterer in der Steilwand in Schwierigkeiten steckt. Der Helikopter zieht seine Kreise und fliegt jedes mal näher an die Felswand um letztlich dort in die Schwebe zu gehen und die Seilwinde hinab zu lassen. Als er sie jedoch nach wenigen Metern wieder einholt, wird klar, dass es sich nur um eine Übung gehandelt hat und die Erleichterung macht Platz für Freude dank dieser tollen Showeinlage der Bergrettung. Der Pilot dreht noch ein paar Schleifen über dem Tal und fliegt in Richtung Ben Nevis davon. Möglicherweise zur nächsten Übung.



                    Langsam brechen wir auf und machen uns auf den Rückweg solange die Sonne noch scheint und es noch nicht zu kühl beim Abstieg wird. Während des Marsches zurück zum Zeltplatz machen sich die Höhenmeter bald bemerkbar und so sind wir beide froh und erledigt, als wir dort ankommen.
                    Außer Abendessen steht nichts mehr auf dem Plan heute und wir wollen auch rasch ins Bett.
                    Als wir vor den Zelten sitzen, unsere Nudeln essen und die letzten Sonnenstrahlen genießen gesellt sich ein Fasan zu uns.
                    Er zieht in immer enger werdenden Kreisen um unser Camp und traut sich letztlich sogar an die Brühwürfel meines Kumpels. Halb aus Angst um seine Brühwürfe, halb aus Angst um den Verdauungstrakt des Vogels scheucht mein Kumpel in davon.
                    Wenig später ist er jedoch wieder zur Stelle und ich entscheide mich ihm meine Paranüsse, die ich immer noch mit mir herum schleppe, zu überlassen. Zunächst muss ich sie ihm zu werfen, doch nach ein paar Nüssen pickt er mir sie auch aus der Hand. Kurz denke ich darüber nach, wie es wohl wäre ihn zu braten, verwerfe den Gedanken aber wieder.





                    Als es keine Nüsse mehr gibt, geht der Vogel zwischen unseren Zelten auf und ab, was uns etwas Sorgen macht, denn Vögel mögen Insekten und Insekten mögen Zeltplanen. Die mögen den pickenden Schnabel eines Fasans jedoch garnicht, weswegen wir den Vogel gut im Auge behalten.
                    Die Sache geht so lange gut, bis das dumme Federvieh versucht unter dem Außenzelt meines Kumpels hindurch in die Absis zu kriechen. Lautstark macht mein Kumpel dem armen Kerl Beine.
                    Aufgebracht rennt er über das leicht hügelige Gelände davon und wie er so rennend immer wieder zwischen den Bodenwellen verschwindet erinnert uns dieser Anblick an Roadrunner.

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                    • KellerWolf
                      Erfahren
                      • 13.10.2008
                      • 153
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #30
                      AW: [UK] West Highland Way im goldenen Oktober

                      Meep Meep ;) sehr chiquer Bericht bin gespannt auf den Rest.
                      Ich hatte im Mai auf meiner Mopedtour durch Südengland ein sich paarendes Fasanenpaar neben dem Zelt, die haben mich ja mal genervt ;)

                      Aber so nah waren sie dann doch nicht dran, naja die waren ja auch mit anderen Dingen beschäftigt.

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                      • Bjarkan
                        Gerne im Forum
                        • 28.06.2014
                        • 92
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #31
                        AW: [UK] West Highland Way im goldenen Oktober

                        Tag 10, Kingshouse - Kinlochleven

                        Die Nächte werden spürbar kälter. Mittlerweile trage ich zum schlafen schon ein Longsleeve und meine Mütze.
                        Der Tag gestern war anstrengend und so liege ich noch eine Weile einfach im Zelt rum. Dumme Sache, denn als ich aus dem Zelt schaue kann ich gerade noch mit ansehen, wie der rote Schein, der Stob Dearg seinen Namen verleiht, von ihm weicht. So ein Mist.
                        Da ich es in den verbleibenden Sekunden ohnehin nicht schaffen würde eine gute Stelle für ein Foto zu finden und die Kamera aufzubauen, lasse ich die Kameratasche unangetastet. Irgendwie finde ich es schön, dass ich dieses Bild nicht bekommen konnte und der Berg noch etwas für sich behält.
                        Ich werde sicherlich wieder kommen (Anmerkung: Planung für eine foto-lastige Woche im Rannoch Moor und Glen Etive Anfang April verdichten sich zunehmend!).

                        Mein Kumpel bummelt ebenso wie ich und so kommen wir erst gegen 20 vor 11 los und sind um 12 Uhr am Devils Staircase. Der Name klingt gewaltiger als es ist. Der Weg windet sich hier in einigen Serpentinen einen Hang hinauf. Manche beschreiben ihn als anstrengendsten Anstieg des ganzen Weges (ohne Munros selbstverständlich), andere sagen, dass es eben mal kurz bergauf geht. Meine Meinung liegt irgendwo dazwischen. Die Steigung ist schon spürbar und vor allem zieht sich der Anstieg in die Länge. Wir verfallen meiner Angewohnheit Anstiege zügig nehmen zu wollen und sind in unter 30 Minuten oben. Immer wieder nehme ich mir vor doch einfach langsamer bergan zu gehen um oben nicht so platt zu sein, aber es ist jedes mal das selbe...

                        Also raste wir oben kurz, was ich auch jedem empfehlen kann. Die Aussicht von hier ist schon beeindruckend. Blickt man zurück liegt direkt gegenüber auf der anderen Talseite das Massiv Buchaille Etive Mor, links und rechts davon die Eingänge zu den Tälern Glen Etive und Glen Coe.



                        Schaut man in die andere Richtung, kann man dem Weg noch weit mit dem Auge folgen, wie er sich an einem Hang entlang in die Ferne schlängelt. Weiter verläuft der Blick über ein weites Tal bis zu den Bergen auf dessen andere Seite. Auch Ben Nevis ist deutlich auszumachen (der linke Plateau-Gipfel).



                        Es zieht ganz schön in dieser exponierten Lage und mein Kumpel drängt zur Eile beim Fotografieren.
                        Als ich gerade mein letztes Bild mache, kommt ein Kerl aus Richtung Kinlochleven den Weg hinauf geschnauft.
                        An seinem Akzent erkenne ich ihn als Deutschen und wir kommen kurz ins Gespräch.
                        Er ist nicht das erste mal auf dem WHW unterwegs und gibt ein paar hilfreiche Tipps zu Kinlochleven und Fort William.
                        Mit all dem Zeugs, was er an seinem Rucksack außen baumeln hat erinnert er mich unweigerlich an Sam aus dem Herrn der Ringe, der Töpfe und Bratpfannen ebenfalls außen am Rucksack trägt.

                        Von nun an geht es bis Kinlochleven konstant bergab. Kein Wunder also, dass der Kerl so am schnaufen war. Geht man den Weg in der "falschen" Richtung, ist diese Etappe wohl kein Zuckerschlecken. Wir kommen dafür umso zügiger voran. Nach einer Weile kommt uns ein junges Paar entgegen. Sie trägt einen Tagesrucksack, der wohl maximal ihre Regenjacke und - so aufgetakelt wie sie ist - ihr Beautycase beinhalten kann und er schleppt den Rest den Weg hinauf.
                        Während wir also bergab gehen, beraten wir, wo wir heute übernachten wollen. Die Aussicht auf den Supermarkt lassen uns zu dem Entschluss kommen, in Kinlochleven auf einem Zeltplatz bei einem der Hotels zu übernachten. Freie Plätze sollte es genug geben um diese Jahreszeit.

                        Da wir beide kein Bargeld mehr haben spreche ich im Ort die erste Person - eine Frau, die gerade die Mülltonnen herausstellt - an und frage nach einem Cashpoint. Sie schickt uns ins Ortszentrum. Auf dem Weg dorthin kommen wir an der Mündung der Wasserleitungen vorbei, die in der Vergangenheit ein Kraftwerk einer Aluminiumfabrik im Ort betrieben haben. Das Wasser, welches weiteroben in den Hängen gesammelt wird, schießt hier in beeindruckender Geschwindigkeit und Masse in ein Flussbett, dass man unweigerlich kurz stehenbleiben muss um sich das anzusehen.
                        Nachdem wir wieder liquide sind, suchen wir ein Hotel auf und buchen uns dort auf dem dazugehörigen Zeltplatz ein.
                        Da es noch recht früh ist, gehen wir noch duschen, bevor wir uns wieder auf ins Ortszentrum machen um den Supermarkt zu entern. Entern ist das richtige Wort!

                        Mit Bargeld (nicht, dass es nötig gewesen wäre, Kreditkartenzahlung ist fast nirgends ein Problem) bewaffnet schnappt sich jeder draußen einen Einkaufskorb und dann wird gekauft, was das Zeug hält.
                        Zu aller erst wandern zwei Kinder-Schokoladen Nikoläuse in meinen Korb, direkt gefolgt von einem frischen Nougat-Croissant. Gefühlt greife ich beim durchgehen der Gänge jeden Meter etwas aus dem Regal und so kommt ein ganzer Haufen ungesunder Dickmacher zusammen!
                        Mein Kumpel braucht noch etwas länger als ich und so fange ich draußen vor der Ladentüre schon mal an mich durch meine Einkäufe zu futtern. Als er endlich gezahlt hat, setzen wir uns auf eine Bank am Dorfplatz und begutachten gegenseitig die Errungenschaften. Ich staune nicht schlecht, als mein Kumpel eine circa 30 x 50 cm große Chipstüte und einen ganzen Apfelkuchen (Durchmesser sicher 25cm) hervorzieht. Die Chips werden wir teilen, aber vom Apfelkuchen bekomme ich nur 1/32 ab.
                        Schon irre, was man alles essen kann, wenn man auf Tour ist.

                        Zurück am Zeltplatz kommen wir mit unseren Nachbarn, auch Deutsche, ins Gespräch über alles mögliche und da wir uns gut verstehen, verabreden wir uns für später in der Hotelbar.
                        Als hätten wir nicht schon genug gegessen, ordern wir dort einen riesen Haggis-Burger bzw. ein dickes Steak. Alles kein Problem, nur immer rein damit. Den Abend lassen wir mit einer Runde Pool und Dart ausklingen und bestellen bei unseren Nachbarn, die morgen früh zum Supermarkt wollen schon mal je zwei Schokocroissants.

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                        • Hunter9000
                          Dauerbesucher
                          • 02.06.2012
                          • 679
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                          #32
                          AW: [UK] West Highland Way im goldenen Oktober

                          Wenn ich mir deine Bilder so ansehe, bereue ich es fast, dass ich mir nie mehr Zeit nehme fürs Fotografieren...

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                          • Bjarkan
                            Gerne im Forum
                            • 28.06.2014
                            • 92
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                            #33
                            AW: [UK] West Highland Way im goldenen Oktober

                            Tag 11, Kinlochleven - Fort William

                            Zum Frühstück gibt es besagte Schoko-Croissants und nen ganzen Haufen Süßkram, der vom gestrigen Hamsterkauf noch übrig geblieben ist. Unsere Nachbarn weisen uns darauf hin, dass die Rückfahrt von Ft. William nach Glasgow mit dem Citylink Bus erheblich günstiger sein soll als mit dem Zug, was wir eigentlich vorhatten. Wir nutzen die Gelegenheit und checken die Preise im WiFi des Hotels. Der Aufpreis ist jedoch vertretbar und wir stellen uns die Zugfahrt deutlich angenehmer und schöner vor, als mit dem Bus zu fahren.
                            Durch diese kleine organisatorische Pause hatte der Süßkram wohl schon genügend Zeit seine Energie in uns freizusetzen, denn wir kommen erstaunlich gut in die Gänge und den steilen Anstieg hinauf, der uns raus aus Kinlochleven und hoch zu einem Pass zwischen den Bergen führt.

                            Oben angekommen bietet sich uns eine tolle Aussicht. Tief unter uns liegt Loch Leven, ein schmaler, langer See, der zurecht als fjordähnlich beschrieben wird. Der strahlend blaue Himmel lässt ihn tiefblau zwischen den Orange-, Gelb- und Brauntönen der herbstlichen Highlands liegen und über dem See steht sogar noch der Mond.
                            Um diesen Moment festzuhalten verlasse ich den Weg und gehe durch hohes Gras und sumpfigen Boden auf eine kleine Anhöhe. Beim Rückweg zum Hauptweg passiert es dann: ich trete in ein Bog Hole und versinke bis über den Schaft meines Stiefels in braunem Schlamm. Glücklicherweise reagiere ich jedoch schnell genug und ziehe meinen Fuß sofort wieder raus, sodass kaum Schlamm und Wasser in meinen Stiefel laufen. Mein Kumpel hat das ganze vom Weg aus beobachtet und lacht sich kaputt.



                            Wir sitzen noch ein paar Minuten auf einem großen Stein in der Sonne und treffen auf Stefan.
                            Stefan - Deutscher - war es auch, der das empor gereckte Hinterteil meines Kumpels am Loch Tulla zu Gesicht bekam.
                            Er ist allein unterwegs und wir beschließen die letzte Etappe gemeinsam zu gehen.
                            Da er ebenfalls Hobbyfotograf ist bieten sich viele Gesprächsthemen an und wir unterhalten uns viel beim wandern.
                            Als wir wenig später an die Ruinen der Farm Tigh-na-sleubhaich kommen machen wir eine ausgedehnte Fotopause. Gemeinsam umkreisen wir die Ruinen und suchen nach guten Motiven.





                            Das Wetter spielt glücklicherweise immer noch mit und so stellt der blaue Himmel mit seinen weißen Wolken einen schönen farblichen Kontrast zum Orange am Boden dar. Bevor es weiter geht, erledige ich noch eine Auftragsarbeit für meine Kumpel, der ein Bild von sich und der Ruine haben möchte.

                            Nachdem wir ein paar Kilometer weiter durch dieses schmale Tal laufen kommen wir in ein stark gerodetes Gebiet. Der Weg scheint zu enden, wie er begonnen hat und verläuft durch trostlose Brachflächen aus denen noch die silbrig grauen Stümpfe der gefällten Bäume schauen. Später erreicht der Weg jedoch einen Wald, der zunächst unangetastet scheint. Doch auch hier sind immer wieder kahlgeschlagene Stellen zu sehen. Ob sie durch eine Sturm oder durch Menschenhand entstanden sind, kann ich nicht sagen. Schön ist jedoch anders. An einer dieser Stellen treffen wir ein Ehepaar aus Ft. William. Sie machen hier ihren Spaziergang und rasten kurz auf einem am Boden liegenden Baumstamm. Sie hat deutsche Wurzeln und fragt uns allerlei Dinge über Deutschland und unsere Heimatgegenden.
                            Kurz darauf trifft der WHW auf einen breiten Forstweg, dem er nun bis nach Ft. William folgt.
                            Mein Kumpel und ich hatten uns im Vorfeld entschieden auf dem Camping Platz am Fuße Ben Nevis zu übernachten und so trennen sich unser und Stefans Weg an einer Gabelung.

                            Auf dem Weg zum Camping Platz scheint etwas bei uns in den Köpfen passiert zu sein. Wahrscheinlich hat unser Unterbewusstsein unserem Körper gemeldet, dass die Reise nun quasi vorbei ist, denn es schmerzen auf einmal alle möglichen Knochen und Muskeln, die ich während der letzten Tage nie gespürt habe.
                            Als die Zelte stehen wird uns klar, was für eine dumme Idee es war hier zu übernachten. Wir wollen noch rein nach Ft. William um dort ausgiebig und fett- und kalorienreich zu essen. Dies bedeutet aber einen 4 km Marsch in die Stadt und natürlich auch einen 4km Marsch zurück zum Camping Platz.

                            Mangels anderer Optionen machen wir uns also auf in Richtung Ft. William und versuchen uns im Trampen. Es fahren etliche Handwerkertransporter an uns vorbei, die uns hinten einladen könnten, doch keiner hält an. Manche Autos machen sogar einen deutlichen Bogen um uns herum, so als würden wir eine Wolke Fliegen um uns herum schwirren haben. Da die Hoffnung ja bekanntlich zu letzte stirbt versuchen wir es aber weiterhin und es hält tatsächlich ein Auto an. Ausgerechnet ein Daimlerfahrer nimmt uns, verdreckt und ungewaschen wie wir sind, mit bis ins Stadtzentrum!
                            Er war während seiner Zeit bei der Armee in Deutschland stationiert und kann sogar ein paar Sätze deutsch sprechen. Einer davon "Oh, ich vermisse Jägerschnitzel."

                            In Fort William selbst ist genau so viel los, wie man es von einer Kleinstadt in den Highlands erwartet.
                            Das aufsehenerregendste ist ein junger Schotte, der deutlich zu viel über den Durst getrunken hat und Luftgitarre spielend und lauthals singend durch die Fußgängerzone turnt. Verfolgt wird er von einem sichtlich genervten Freund, der aus ein paar Metern Abstand aufpasst, dass er keinen größeren Mist baut. Wir gehen die Fußgänger Zone einmal rauf und runter und landen schließlich doch bei Mc Donalds.

                            Auf dem Rückweg zum Camping Platz - es ist schon dunkel - sehen wir ein kleines Licht hoch oben in der Flanke von Ben Nevis. Scheint sich wohl jemand in der Zeit verschätzt zu haben. Wir sitzen noch etwas draußen vor den Zelten bis der Wind stärker Wird und wir uns in die Zelte verziehen.

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                            • Bjarkan
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                              • 28.06.2014
                              • 92
                              • Privat

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                              #34
                              AW: [UK] West Highland Way im goldenen Oktober

                              Tag 12, Glen Finnan

                              Die Nacht ist wieder deutlich kühler als zu Beginn der Tour und nur die Aussicht auf die warme Dusche überzeugt mich davon aus dem warmen Schlafsack zu kriechen. Da der kleine Laden bei der Rezeption erst in gut 1,5 Stunden öffnet werde ich die Zeit wohl in der Dusche überbrücken, sofern ihr Zustand das zulässt.
                              Die Duschen und überhaupt die kompletten Sanitäranlagen sind hier auf erstaunlich hohem Niveau. Alles ist sauber und scheint erst kürzlich renoviert worden zu sein.
                              Ich suche mir eine Duschkabine aus und setze meinen vor dem Einschlafen geschmiedeten Plan um: Ich verdecke mit meinem Füßen den Abfluss der Dusche und flute so die kleine Wanne, bis meine Füße vollständig mit heißem Wasser bedeckt sind. Während ich so unter der Dusche stehe und genieße, kommt mir in den Sinn, dass ich gestern besser noch einen Campinghocker im Laden gekauft hätte. Dann könnte ich jetzt in der Dusche sitzen.

                              Als der Laden geöffnet hat, kaufe ich dort eine Tüte frische Milch, labberige Brötchen und Schmierkäse. Der Platzwart scheint unseren Hunger zu ahnen und steckt mir noch zwei Mars mit in die Tüte. Noble Geste!
                              Für den heutigen Reservetag habe ich vor mit dem Zug nach Glen Finnan zu fahren und dort das Viadukt zu fotografieren. Idealerweise mit dem Jacobite Steamtrain darauf. Diese historische Dampflock fährt Touristen von Ft. William nach Malaig und bietet zusammen mit der "Harry Potter Brücke" ein tolles Fotomotiv. Gestern habe ich noch einen Flyer besorgt, der die Ankufts- und Abfahrtzeiten der Dampflock beinhaltet und es mir ermöglicht abzuschätzen, wann sie etwa das Viadukt passieren wird.

                              Wir packen ein paar Dinge für den Tag in meinen Rucksack, den ich für das Kameragerödel mitnehme und gehen wieder zu Fuß nach Ft. William. Zu meinem Leidwesen will mein Kumpel unbedingt noch in den riesigen Souvenirladen am Ortseingang. Leider findet er dort auch noch ein Mitbringsel und muss sich an der Kasse anstellen. Nervös schaue ich immer wieder auf die Uhr und werde etwas hektisch. Wenn wir den nächste Zug nach Glen Finnan verpassen, können wir zwar den darauf folgenden nehmen, haben dann aber keine Chance mehr den Steamtrain abzupassen.
                              Als endlich bezahlt ist bleiben uns noch sieben Minuten bis zur Abfahrt und noch ein gutes Stück Fußweg, weshalb ich uns zum Rennen verdonnere. Der Zug steht schon am Gleis als wir am Bahnhof eintreffen und hastig kaufen wir unsere Tickets am Schalter. Aber alles geht noch mal gut und wir sitzen in den äußerst bequemen Sitzen des Zuges, als er losfährt.

                              In Glen Finnan besorge ich am Bahnhof, der gleichzeitig ein Museum ist, eine kleine Übersichtskarte über die Gegend rund um das Viadukt und wir machen uns auf den Weg. Der Tag könnte schöner nicht sein: blauer Himmel mit strahlend weißen Wolken und da uns nach meiner Schätzung noch mehr als zwei Stunden bleiben, bis der Zug eintrifft, trödeln wir herum und ich verlasse oft die Pfade um nach meiner Position für das Foto zu suchen.



                              Von einem Hang aus entdecke ich meine angestrebte Position auf der anderen Seite des Tal, welches das Viadukt überspannt und wir brechen dorthin auf. Ich möchte auf einen kleinen Hügel direkt neben und oberhalb der Gleise. Um dort raufzukommen müssen wir durch hohes Farn und sonstiges Buschwerk und ich lege mich mehrmals hin. Oben finden wir einen Stein, der gerade genug Platz für uns beide bietet. Die verbleibende Zeit verbringen wir mit Bier und Süßigkeiten und ich checke alle fünf Minuten den Bildausschnitt im Sucher und die Kameraeinstellungen, damit auch ja nichts schief geht, wenn der Zug vorbei fährt.

                              Gut 30 Minuten nach meiner geschätzten Ankunftszeit kündigt ein lautes Tuten die Dampflock an.
                              Laut schnaufend fährt der Jacobite über das Viadukt und ich mache geschätzte 20 Bilder.



                              Zurück am Bahnhof müssen wir noch ein wenig auf unseren Zug warten und sitzen in der Sonne.
                              Ich werde etwas melancholisch, da mir nun bewusst ist, dass es vorbei ist und ich morgen wieder nach Glasgow fahren werde. Es waren herrliche zwei Wochen.

                              Wieder marschieren wir im dunkeln entlang der Straße zum Camping Platz. Es kommt uns eine kleiner Gruppe entgegen und spricht uns aufgeregt an. Sie waren auf dem Ben Nevis und haben sich völlig in der Zeit verschätzt und im Dunkeln die Orientierung hier unten verloren und suchen nun ihre Autos. Da wir zuvor an einem Parkplatz vorbei gekommen sind, schicken wir sie weiter die Straße hinunter.




                              Tag 13, Ft. William - Glasgow


                              Für heute steht nur die Zugfahrt zurück nach Glasgow auf dem Plan. Da unser Zug erst gegen 11 Uhr abfährt, statten wir dem Supermarkt noch einen Besuch ab und kaufen Proviant für die Fahrt und ein paar Dinge für zu Hause ein.
                              Der Himmel ist heute mit tiefhängenden, dunklen Wolken zugezogen und kurz nachdem wir losfahren beginnt es zu regnen. Irgendwie müssen die statistischen 14 Regentage für den Oktober ja noch geschafft werden. Wie erwartet ist die Zugfahrt wirklich schön. Es ist nicht viel los an Bord und so hat jeder eine Sitzreihe für sich. Während ich aus dem Fenster schaue, versuche ich die Landschaft durch die wir fahren in meinem Tagebuch so gut es geht zu beschreiben:

                              Wir fahren durch orange-braune Moorlandschaft, die übersät ist mit kleinen dunklen Tümpeln und Felsbrocken. Die wenigen Bäume sind hier maximal mannshoch und die tiefen Wolken werden durch den scharfen Wind schnell vorüber geweht.
                              Wir halten in Courur. Außer einem kleinen Bahnhofsgebäude und einem Schotterweg, der vom Bahnhof ins Nichts zu führen scheint, gibt es hier nichts. Die Uhr am Bahnhofsgebäude ist stehengeblieben und das Gebäude selbst könnte auch noch mal einen Anstrich vertragen. Aber gerade deswegen gefällt es mir hier so.
                              Wir fahren weiter und vorbei an Rannoch Moor, an dessen Ostrand die Bahnlinie verläuft. Es ist Lebensraum für viele Hirschrudel und ich sehe einen Bock mit gewaltigem Geweih.
                              Mal geht es durch Nadelwälder, mal zwischen Bergen entlang, deren Gipfel in den Wolken verschwinden.
                              So schön diese Fahrt durch herbstlich gelbe Birkenwälder und sattgrüne Pinienheine auch ist, so wenig kann ich sie tatsächlich genießen. Vielmehr kommt sie mir vor wie ein endloser, zäher Abschied und das monotone Klackern der Räder und der Schienen unter uns baut eine dichte Atmosphäre auf. Mir kommt ein Gedicht von Burns in den Sinn, dass ich vor einer Weile gelesen habe.


                              "The hills of the highlands forever I love."
                              Zuletzt geändert von Bjarkan; 10.01.2015, 22:45.

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                              • Bjarkan
                                Gerne im Forum
                                • 28.06.2014
                                • 92
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                                #35
                                AW: [UK] West Highland Way im goldenen Oktober

                                Ich hoffe mein Bericht und vorallem meine Bilder gefallen euch.

                                Zum West Highland Way kann ich abschließend nur sagen, dass er bis auf den Anfang und den Schluss ein wirklich schöner Wanderweg ist. Gerade als Einstieg, wenn mangels Erfahrung und Ausrüstung noch keine "gewagteren" Touren drin sind, bietet er sich an.
                                Rückblickend finde ich es nur etwas schade, dass wir keinen einzigen wirklich schönen Zeltplatz hatten, was wohl daran lag, dass wir genau im Takt der Etappen aus dem Reiseführer gelaufen sind. Sollte ich eine Empfehlung aussprechen, würde ich wohl dazu raten genau versetzt zu den Etappenzielen zu laufen und die Orte tagsüber zu durchqueren um abends schöne, ruhige Zeltplätze zu finden. Aber wie gesagt, es war die erste Tour.

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                                • inselaffe
                                  Fuchs
                                  • 23.06.2014
                                  • 1716
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                                  #36
                                  AW: [UK] West Highland Way im goldenen Oktober

                                  Danke für die schönen Bilder, da bekomme ich nicht wenig Lust, den ganzen auch nochmal im Herbst zu laufen. Eine kleine Anmerkung: der längliche, Fjordartige See in Kinlochleven ist tatsächlich ein Meeresarm. Die Schotten unterscheiden bei der Namensgebung oft nicht wirklich zwischen Süß- und Salzwasser, das sind einfach alles Löcher

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                                  • StepByStep
                                    Fuchs
                                    • 30.11.2011
                                    • 1198
                                    • Privat

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                                    #37
                                    AW: [UK] West Highland Way im goldenen Oktober

                                    Herzlichen Dank für den wundervollen Bericht

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                                    • Heather
                                      Erfahren
                                      • 03.06.2013
                                      • 266
                                      • Privat

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                                      AW: [UK] West Highland Way im goldenen Oktober

                                      Dank dir! Dein Bericht hat mich immer wieder zum Schmunzeln gebracht, und die Photos sind toll. Danke für's teilen!

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                                      • Borderli
                                        Fuchs
                                        • 08.02.2009
                                        • 1737
                                        • Privat

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                                        #39
                                        AW: [UK] West Highland Way im goldenen Oktober

                                        Danke für den Bericht und für die schönen Fotos! Ich wollte den WHW zwar frühestens mit 70 wieder wandern, aber irgendwo in meinem Hirn setzt sich gerade eben der Gedanke fest, ihn einfach als "Fototour" zu gehen. Mal sehen, was daraus wird.
                                        Auf alle Fälle: Danke! Das Lesen war kurzweilig, die Fotos sind, wie schon erwähnt, schön anzusehen, und machen Lust auf mehr. Ich hoffe, du wirst noch ein paar Reisen in Schottland unternehmen, und uns mit Fotos und Berichten unterhalten.

                                        Aber ich muss schon sagen: ihr hattet unverschämt gutes Wetter. Wenn ich an das Stürmchen mit Dauerregen denke, das mich in den Cairngorms (auch diesen Oktober!) heimgesucht hatte...

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                                        • theslayer
                                          Dauerbesucher
                                          • 13.11.2013
                                          • 587
                                          • Privat

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                                          #40
                                          AW: [UK] West Highland Way im goldenen Oktober

                                          Vielen Dank für den wunderbaren Reisebericht!
                                          Man sieht, dass du dir richtig Mühe gegeben hast mit den Fotos und kein "Drive-by-shooting" durchgezogen hast

                                          Auch deine Gedanken und deine Detailverliebtheit, bestimmte Orte zu beschreiben waren unglaublich eindrücklich!

                                          Danke dafür!

                                          Grüße
                                          Daniel
                                          Auf meinem Blog Longing for the Horizon:
                                          Pamir Highway 2019 / Sarek 2018 / Padjelantaleden 2017 / 4500km Radtour Berlin-Nordkapp 2017 / Kungsleden 2015 / Kungsleden 2014 / Israel-Hike 2014 und viele kleinere Radtouren (Berlin - Kopenhagen / Prag - Berlin etc.)

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