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Vorwort
Ich bin gerne zu Fuß unterwegs. Wir haben seit Jahrzehnten Hunde und ich mag es draußen zu sein. Aber eine richtige Trekkingtour,- nee das war Neuland. Nicht Zeltjugendlager mit 3 Mahlzeiten (35 Jahre her), keine Bergtour mit unter 8 KG und Matratzenlager am Abend, oder mal Illegal ein Wochenende irgendwo in der Lüneburger Heide Zelten, nee mal so richtig Trekking. Dieser Wunsch kam hoch als ich hier im Forum begann Reiseberichte zu lesen. Es waren die üblichen Verdächtigen hier im ODS, namentlich jetzt nicht einzeln benannt, die mich hin zu diesem Tripp brachten. Schnell war mir klar dass es Schottland sein sollte.
Knoydart hatte ich 2012 kennengelernt als ich hier eine recht komfortable Woche bei Doune verbrachte. Wir hatten, von einer schottischen Guide geführt, Tageswanderungen gemacht, sind mit dem Boot nach Egg, Mull und zu den Black Cullins gefahren. Hier wurde glaube ich der Grundstein zur schottischen Liebe gelegt. Nach viel lesen, informieren, abwägen ob ich so was überhaupt schaffen kann (Baujahr April 1961, leicht übergewichtig) entschloss ich mich dann im Frühjahr und buchte erst einmal die Flüge und Busse. Auch bei der Auswahl einiger Ausrüstungsgegenstände war das Forum oft hilfreich. Nun,- ich kaufte einen Trekking Rucksack, Kocher und allerlei anderes Zeugs. Mein Nordisk Pasch der Schlafsack und die Matte von Meru waren zwar nicht UL, aber die Investitionen sollten überschaubar bleiben. Ich wollte nicht bei Nichtgefallen die gebraucht Börsen füllen. Da ich beruflich nur den Telefonhörer hochhebe und die Maus anstubse begann ich so oft es ging den mit Wasserflaschen gefüllten Rucksack durch den Hamburger Süden zu tragen. Meine Frau stand hinter dem Projekt,- andere waren da eher, na ja, zurückhaltend. Ja und solo sollte es sein, das war gewollt, obwohl ich auch keinen in meinem Umfeld habe der sich auch nur annähernd für so was begeistern könnte.
Mein Ziel war es einen Rucksack zu schleppen mit unter 20 KG. Tatsächlich waren es dann 24 KG mit Wasser und Whisky. Großer Fehler !! Lektion 1.
Anreise Freitag 20.9.13 Bremen Edi mit Ryanair
Viele schimpfen auf den irischen Flieger, aber wenn du dich an die Regeln hältst ist alles gut- so meine Erfahrung. Pünktlich gelandet, ab zum Bussteig, da warten auf den neuen Bus direkt nach Glasgow stelle ich dann fest, dass ich an der falschen Haltestelle stehe. Grrrr wie blöd ist das denn? Spurt zur richtigen, da auch 2 Minuten vorher angekommen, aber der Bus war schon weg. Das sich die Busse in SC auch nicht an deutsche Regeln halten tztztz. Egal, ich hatte ja noch das vorher gekaufte Ticket der Standartverbindung. Also, mit Airlink rein nach Edi, und mit Citylink am Flughafen wieder vorbei, nach Glasgow. Hier weiter nach Fort William. Die 3 Stunden Busfahrt sind …. Besonders. In FW angekommen ist die Stadt recht voll weil ein Mountenbike Event anstand. Ich hatte ein Bett in der Bankstreet gebucht. Es nieselte leicht vor sich hin. Habe den Rucksack abgestellt, bisschen umgepackt und bin dann erst mal ins Grog & Gruel gegangen. Hier war es mir aber definitiv zu voll und so bin ich nach einem Pint Black Cullin (hmmmmm) früh auf mein voll belegtes 4-Bett Zimmer gegangen.
Samstag 21.09.13 bis hinter Corry Holly Bothy
Dementsprechend war ich schon um 6 Uhr wach und um 7 Uhr in der Stadt auf der Suche nach einem Frühstück. Gefunden habe ich dann in dem Neubau am Anfang der Stadt eine Filiale von Wetherspoon. Genial gut der Laden und recht günstig.
Den Vormittag verbrachte ich mit rumgammeln, Gas, Midgesnetz und Whisky kaufen und Kaffee trinken. Der Shiel Bus fuhr erst um 13:45 Uhr, blöd. Auf die Frage an einen Taxifahrer was es wohl kostet nach Glenfinnan zu fahren sagte der: ca. 34 Pfund. Öhm, nö, das Geld wird lieber in meinen Hüftspeck investiert.
Dann, endlich endlich war es soweit. Der kleine silberne Bus hält in Glenfinnan- ich steige aus- und es kann losgehen. Der Weg war klar! Hatte ja monatelang geplant. Überhaupt plane ich recht gerne, ein Freund sagt oft liebevoll dass ich sogar mit nem Plan aufs Klo gehe. Von dieser Tugend (?) musste ich mich im späteren Verlauf der Tour doch oft verabschieden. Das Wetter war bedeckt aber trocken.
Ich laufe also los, gut gelaunt, ja richtig hibbelig und bin schon nach 2 KM patsch nass geschwitzt. Ich bin ein Schwitzinator, ja leider, aber das ist ja nicht ungesund. Und ich bin solo unterwegs,- also shit happen. Recht schnell erreiche ich die Corry Holly Bothy. Ich sehe hier meine erste Bothy, finde sie ganz ok, traue aber der Elektroinstallation und besonders dem Wasserkocher nicht über den Weg. Ich wollte schließlich nicht am ersten Tag der Tour an einem Stromschlag sterben. Weil es noch recht früh war und mir der Spaziergang auch nicht reichte bin ich weiter. Dachte das Wetter sieht stabil aus, dann kannste später Zelten. Tja, einen einigermaßen ebenen und nicht versumpften Platz zu finden ist in SC nicht so leicht. Lektion 2!
Nach der Brücke, die nur noch aus 4 U-Eisen bestand weil wohl noch nicht fertig, habe ich dann einen einigermaßen guten Platz gefunden. Zelt aufgebaut….es fängt an zu regnen. Fein. Willkommen in Knoydart. Habe mir dann das schwerste Gericht aus dem Sack geholt (Onkel Bens Reispfanne), zubereitet und im Stehen gegessen. Der Regen wurde stärker und ein ruppiger Wind schließt Freundschaft mit den Regentropfen. Ein Rucksack passt nicht in ein Nordisk Pasch wenn da ein dicker alter nasser Mann drin ist. Im Zelt umziehen geht aber. Whisky und MP3 aus Rucksack geholt, Mülltüte drüber, hingelegt und voll happy Musik gehört. Irgendwann schlafe ich unruhig ein. Aber nicht lange. Inzwischen stürmt es recht heftig und die Regenmenge hat auch deutlich zugenommen. Neben meinem Zelt war beim Aufbauen ein Rinnsal. Jetzt gurgelte hier fröhlich ein netter Bach. Der River Finnen hatte auch eine deutlich andere Geräuschkulisse wie vorher. Ui, wie schnell sich doch hier die Wassermassen den Weg nach unten suchen und Bäche und Flüsse verändern. Lektion 3!
Ich will nicht verheimlichen das ich in dieser Nacht auch ein wenig Zweifel hatte. Ob das Pasch stehen bleibt und dicht ist? Ob der kleine Bach neben mir noch größer wird? Und wie wird das wohl morgen werden? Diese Lektion kannte ich eigentlich schon. Es ist ein Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Darüber zu lesen im Sturm und Wind zu zelten oder es im Zelt selbst zu erleben. Aber ganz so dramatisch war es dann eigentlich auch nicht,- Rückwirkend betrachtet
Sonntag 22.09.13 bis A´Chuil Bothy
Der Morgen brach an, es stürmte und regnete immer noch unvermindert. Regenmontur an, Zelt zusammen gepackt und alles unter fahrlässiger Missachtung eines guten Plan in den Rucksack gepresst. Ich hatte zu Hause alles, wirklich alles in je einen Gefrierbeutel gepackt. Ich wollte keine Haferflockenapokalypse erleben, aber gefunden hätte ich an diesem Morgen schon ganz gerne den richtigen Beutel mit 80g Müsli und 20g Milchpulver. >>>>Aufbruch. 08:30 Uhr
Rucksack hochgewuchtet….oh mein Gott, wieso ist der mit nem Mal sooo schwer geworden? Guter Dinge war ich trotzdem. Der Weg, anfänglich noch gut, wird zunehmend schlechter bis er irgendwann mehr oder weniger verschwindet. Erste Bäche werden noch übersprungen. Obwohl meine Regenklamotten überaus hochwertig und atmungsaktiv sind können sie die Menge an Schweiß nicht abführen.
Dann kommt der erste Bach den man nicht überhüpfen kann, joa ist schon spannender. Geschafft…immer noch trockene Füße in meinen 5 Jahre alten Meindl. Der Wind hat jetzt klar Sturmstärke erreicht, kommt aber zum Glück von hinten. Ich empfinde den Aufstieg als recht anstrengend und bekomme Hunger. Klar ohne Frühstück. Aber ein Snickers kommt jetzt wie Napalm. Dann komme ich über den Pass auf die Hochebene. Ich würde gerne eine Pause machen, fange aber sofort an zu frieren. Was aus dem Sack zu holen bei dem Wind will ich auch nicht, also weiter.
Die Hochebene ist ein großer Morast! Ahh ja, das sind also die schottischen Sumpfwiesen. So was wie ein Pfad ist nicht erkennbar. Ich sinke fast bei jedem Schritt bis zu den Knöcheln ein. Super anstrengend. So was lässt sich in der Muckibude auf dem Stepper nicht simulieren, jetzt weiß ich das Inzwischen ist mein rechter Schuh durch. Komisch warum eigentlich nur der eine?? Aber ich ahnte schon dass der andere auch auf den Zielgraden war. Als Brillenträger bei solcher Wetterlage hat man so nebenbei gesagt auch noch ein paar andere kleine Probleme. Ich sumpfe mich also durch die Ebene und habe das Glück dabei nie tiefer als bis Mitte Wade ein zu sinken. Bei den ersten Malen einsinken habe ich allerdings schon ein seltsames Gefühl in den Leisten, anders gesagt uhhhaaa.
Bald komme ich dann an die vermeintlich steilste und gefährlichste Stelle. Ja es geht steil bergab aber zunächst freue ich mich dass ich auf der Lee Seite bin und der Wind hier fast weg ist. Ich hole mir was zum darunterziehen und Schoki aus dem Sack und betrachte fasziniert wie die Regenwand über mir vom Wind gepeitscht wird. Das Steilstück empfinde ich gar nicht als so dramatisch wie anderswo beschrieben. Von hier oben sehe ich rechts vom River oberhalb so etwas wie einen Pfad. Herunter muss man aber zunächst links. Ja und dann, schluck, dann musste ich den Fluss queren. Öhm, der sprudelt aber recht heftig. Ich stehe am Ufer, überlege ob ich die Crocks anziehe oder nicht und wie ich wo hintreten will. Da derweil beide Schuhe innen den gleichen Aggregatzustand angenommen haben wie außen und ich richtigerweise vermute das man besser festes Schuhwerk an hat bei der Strömung fasse ich mir schließlich ein Herz und gehe rüber,- nützt ja nüx. Lektion 4.Srömendes Wasser bis über Knie ist gefährlich! Ich laufe 10-15 m weiter…..nö…nicht wieder da rüber, gaaanz sicher nicht da. Man musste hier eigentlich nur queren weil ein Hang abgerutscht war. Ich schaute mich um, dacht mir das ich ja jetzt auf der „richtigen“ Seite bin und entschloss mich die super steile Feuchtwiese hoch zu kraxeln. In den Alpen ist das ein Tabu. Aber in meiner Risikobewertung noch besser als erneut den Fluss zu furten. Ich arbeite mich fluchend hoch, rede mit mir selbst: Theorie und Praxis, Theorie und Praxis, musst ja unbedingt HIER her fahren. Schnell hörte ich auf mich selbst zu beleidigen weil es die Schnappatmung nicht mehr zuließ. Aber ich fand dann den( Sumpf)-Pfad dem ich dann bis zur Brücke über den Pean folgte.
Hier angekommen bin ich fix und foxi. Hungrig wie ein Wolf,- aber hatte gute Laune. Wind und Regen hatten sich ausgetobt und ich blieb oft stehen um die grandiose Landschaft auf mich wirken zu lassen. Entgegen anderer Reiseberichte war der Weg durch den Wald zu dem Landrovertrack sogar ausgeschildert. Der Ladrovertrack selbst ist inzwischen eine breite verdichtete neue Wanderautobahn. Das kam meinem Erschöpfungszustand aber entgegen. Endlich erreich ich um ca. 16:30 Uhr die A´Chuil Bothy. Die ist echt toll. Ich bin allein, entscheide mich für den linken Raum, ziehe sofort trockene Sachen an, breite mich aus und koche mir was. Satt und trocken kann sooo schön sein . Ich schreibe was in mein Tour Tagebuch höre Mucke aufm MP3 und bin dann um 21:00 Uhr glücklich und ein wenig stolz auf mich im muckeligen Schlafsack.
Montag 23.09.13 bis Sourlies
Früh um 07:00 Uhr stehe ich auf frühstücke und packe in Ruhe zusammen. Ich summe vor mich hin, untypisch für mich, coole Sache. Solch schnelle Entschleunigung hatte ich nicht erwartet. Richtig trocken sind meine Sachen aber leider auch nicht geworden, hatte ich aber auch nicht wirklich erwartet. Es lebe die Merino Unterwäsche, die wärmt auch im feuchten Zustand. Dann den Spaten im Bothywald benutzt. Auch ne Premiere für mich, räusper Ausgefegt-Aufgesattelt-losgelaufen. Wie schon gestern überfallen mich an der steilen Wiese so komische schwarze Viecher. Ich entscheide mich durch den Wald zu gehen. Also der ist für mich echt mystisch und sehr schön, wenn auch super matschig und oft steil. Durchzogen von vielen kleinen und etwas größeren Bächen, das alles überwuchernde Moos leuchtet in 1000 Grüntönen. Toll !! Irgendwie verlaufe ich mich dann im Wald aber die Richtung ist ja klar. Nachdem ich schon eine ganze Weile aus dem Wald bin drehe ich mal wieder mit einer alten Digitalkamera ein kleines Video. Um meiner Frau alles irgendwie näher zu bringen haben sich die kleinen bis ca. 3 minütigen Filmchen als echte Bereicherung erwiesen. Linke Hand die Kamera, rechte Hand die Stöcke latsche ich prompt in ein monströses Boghole und sinke bis zum Schritt ein. Muss sagen dass ich doch recht fäkal fluchen kann. Später treffe ich auf meine ersten Menschen, ein junges Pärchen die in Shiel Bridge gestartet sind und dem Buch von Anja Vogel folgen. Wir plaudern ein wenig und weiter geht´s. Es ist bedeckt aber trocken. Der „Weg“ fordert stetige Konzentration. Immer muss man sich die Passagen suchen wo man entlang gehen kann ohne gänzlich zu versinken. Die beiden Seen oben auf der Ebene sind wunderschön, überhaupt genieße ich diese wildromantische Landschaft. Hier ist das erleben definitiv schöner wie das drüber lesen. Beim Sturm und Regen des 1. Tags war es umgekehrt. An einer relativ trocknen Stelle kurz nach den beiden Seen an einem Bach lasse ich mich nieder und koche mir ein Mittagessen. Die Sonne lugt schüchtern durch vereinzelte Wolkenlücken. Ich mampfe und vergesse manchmal zu kauen so beeindruckt bin ich von dem Lichtspielen und der Landschaft. Beim zusammenpacken trällere ich lauthals: Bei Onkel Pöh spielt ne Rentnerband seit 20 Jahren Dixieland….. Der Abstieg nach Sourlies ist zu Anfang steil und sehr anstrengend. Auch hier bleibe ich oft stehen und sauge die Schönheit der Bucht in mich auf. Schließlich sehe ich die Bothy, aber bis ich die erreiche vergehen noch 2 Stunden. Als ich dann ankomme bin ich wieder echt grogy. Ich werde von David einem Mitfünfziger begrüßt der hier schon einige Tage weilt und die Berge rundherum besteigt. Dann ist da noch ein junger Mann, Oxfordstudie, der mir sofort einen Tee anbietet. Toll !! Hier fühle ich mich sofort wohl. Die Bothy ist eine echte-Räuberhöhle- aber mit super viel Charme. Als ich mich soweit eingerichtet hatte bot mir der junge Mann noch ein Stück Kuchen an den er anlässlich seines gestrigen Geburtstag dabei hatte. Kurz danach hat mir David noch Muscheln angeboten, ja bin ich schon im Himmel? Ich holte später meinen guten Whisky raus und wir saßen dann zusammen und plauderten über eine Stunde in einer grundgemütlichen friedlichen Stimmung. Wir prosten uns zu und ich glaube alle genossen den Augenblick. Irgendwann haue ich mich aufs Ohr höre noch was Musik und denke über den kommenden Tag nach. Ich bin schon recht geschafft und mir tut schon seit Beginn der Tour die rechte Ferse weh und es wird immer schlimmer. Ich ziehe in Erwägung hier meinen Reservetag zu nehmen.
Dienstag 24.0913 bis Inverie
Ich werde wach und David kröselt schon rum. Er will heute nach Inverie um da noch 1-2 Berge zu besteigen. Ich gehe pinkeln und dann wieder in meinen Kuschelsack. Die Gezeiten sind blöd. Low Tide ist um 3 Uhr morgens oder 17 Uhr Nachmittags. Über die Landzunge wollt ich eigentlich nicht gehen, zumal die Etappe eh schon recht lang und fordernd wird. Irgendwie halte ich es plötzlich für eine gute Idee mich David anzuschließen, auch weil ich gehörigen Respekt vor den Sümpfen von Carnoch habe. Raus aus den Federn, waschen und so wird eh überbewertet, Sack im Rekordtempo gepackt, auf den letzten Drücker fertig geworden und hinter David her.
Das Wasser war schon fast oben, stellenweise mussten wir schon durchs Wasser latschen. David der alte Sack legte ein Tempo vor bei dem ich schon auf den ersten 100 m gut 20 m verlor. OK, sein Rucksack war auch halb so schwer. Man sucht nach Ausreden lol. Dann war das Wasser doch schon zu tief und den letzten Felsen mussten wir überklettern. UFF da rauf? Öhm…. David bleibt hier kurz stehen, aber nur um mir zu sagen das dass jetzt die schlimmste Stelle wäre. Seine helfende Hand hätte ich wohl gerne genommen, aber er schien wohl Termine zu haben. Egal ich hab es ja dann doch allein geschafft, pöh. Dann war hüpfen angesagt. Von einer grünen Insel zur nächsten. Das hat Spaß gemacht und dabei habe glatt vergessen einige Fotos zu machen. David war da schon im hohen Gras des Moores verschwunden. Er war geschlagene 3 Stunden vor mir in Inverie.
Ich habe derweil erst einmal meine morgendlichen Routinen nachgeholt. Jau, fühlt sich doch besser an mit geputzten Zähnen und so. Den Sumpf habe ich dann mit großer Vorsicht doch recht schnell durchquert. Die marode Hängebrücke wurde auch vorsichtig überquert und dann ging es an den nicht enden wollenden Aufstieg zum Sattel. Das Wetter war heiter bis wolkig und leicht windig, also perfekt. Also da rauf ist schon echt knackig, zumal der kleine Pfad irgendwie blöd zu gehen ist. Wollte mir nicht vorstellen das bei Sturm und Regen machen zu müssen. Oben angekommen wurde erst mal etwas gegen das Ungleichgewicht meines Kohlenhydrathaushalts getan. Nougat-Schoki-Marzipanriegel. Überhaupt habe ich es genossen bei der Tour viele Sachen zu schlemmen die ich mir im normalen Alltag verkneifen muss. Vorweg, abgenommen habe ich fast 6 Kg in den Tagen. Der Pfad nach Inverie ist gut zu erkennen und zu gehen. Kurz vor Inverie mache ich noch ne Rast an der privaten Bothy und koche mir was. Danach bekomme ich kaum noch meinen Rucksack hoch. An dieser Stelle will ich mal den Osprey Xinith 75 loben. Für mich ist er wirklich DER Rucksack schlechthin.
Im Bunkhouse der Foundation hatte ich ein Bett vorgebucht. Als ich dort ankam war Anna nirgends zu sehen aber ein Gast bot mir sofort einen Tee an und hat mir alles soweit gezeigt. Ich treffe immer nur auf super nette und freundliche Menschen auf der Insel-ohne Ausnahme! Und dann……duschen….goil. Ich glaube das war auch überfällig. Das man solche elementaren Sachen plötzlich als Luxus genießen kann, schon doll.
Habe mich dann noch auf Crocks zum Old Forge geschleppt. Hier treffe ich auf den örtlichen Oberjäger, Ian. Er ist mit einer deutschen Frau zusammen und Sie leben hier seit 19 Jahren. Er spricht kein Wort Deutsch und mein Englisch ist echt Grotten schlecht, auch wenn die höflichen Britten immer sagen das es recht gut wäre, -charmante Lüge ^^. Er fragt ob ich Whisky mag, dachte erst dass es schottischer Humor wäre. Na ja was soll ich sagen. Ich kenne jetzt die Regel dass der der bestellt sich die Marke aussuchen kann. Für den Rückweg war die Stirnlampe mehr als nötig
Mittwoch. 25.09.13 Ruhetag
Morgens leert sich der halb volle Schlafsaal recht schnell und ich bin allein im Bunkhouse. Ich Frühstücke in aller Ruhe, räume meinen Sack komplett aus, verteile alles im Saal. Ich bummel rum gehe zum Long Beach, dusche nochmal streichele meine Ausrüstung und verschenke meine viel zu schwere Wind Stopper Jacke an einen Teenie der da rumrennt. Der freut sich echt drüber und bedankt sich nachmittags nochmal dafür. Die scheiß Jacke ist nie trocken geworden nach dem ersten Tag und wog so bestimmt 1,5 Kg. Ich bin so was mit mir selbst zufrieden, regelrecht tiefenentspannt. Dann surfe ich eine halbe Stunde im Internet und sehe dass der Wetterbericht für die kommenden Tage nicht schlecht ist. Klar ist mir das ich trotz schmerzender Verse und schweren Beinen weiterlaufen will. Ich spaziere nach Inverie, kaufe was zum Futtern, schaue hier und da rein laufe wieder zurück um mir was zu kochen. Meine Schuhe sind in dem hervorragend funktionierenden Trockenraum inzwischen trocken und werden neu eingewachst. Auch das Zelt und die Sachen die ich durchwusch finden wieder ihren Platz im Rucksack. Der hat jetzt wohl mein Wunschgewicht von unter 20 Kg erreicht. Am späten Nachmittag schreibe ich bei einem Black Cullin im Old Forge Tagebuch. Auch hier sitze ich nicht so lange allein und komme mit einem älteren Pärchen ins Gespräch. Er 82 Sie 78 beide noch im Frühjahr in den Dolomiten unterwegs um da Kletterstieg zu besteigen,- das macht Hoffnung das man auch noch lange aktiv sein kann. Mit 66 ist wohl echt nicht Schluss, lol. Er erzählt mir dass er das erste Bunkhouse in GB aufgemacht hat. Er selbst lernte es 1953 in Kanada kennen und hat damit sein ganzes Leben sein Geld verdient. Seinen Namen kann man nicht vergessen. Er hieß Jesse James. Eine sehr unterhaltsame nette Begegnung. Nun ich will es kurz machen, noch ein paar Bier geschnappt, was gegessen und dann ab in die Haia.
Ich bin gerne zu Fuß unterwegs. Wir haben seit Jahrzehnten Hunde und ich mag es draußen zu sein. Aber eine richtige Trekkingtour,- nee das war Neuland. Nicht Zeltjugendlager mit 3 Mahlzeiten (35 Jahre her), keine Bergtour mit unter 8 KG und Matratzenlager am Abend, oder mal Illegal ein Wochenende irgendwo in der Lüneburger Heide Zelten, nee mal so richtig Trekking. Dieser Wunsch kam hoch als ich hier im Forum begann Reiseberichte zu lesen. Es waren die üblichen Verdächtigen hier im ODS, namentlich jetzt nicht einzeln benannt, die mich hin zu diesem Tripp brachten. Schnell war mir klar dass es Schottland sein sollte.
Knoydart hatte ich 2012 kennengelernt als ich hier eine recht komfortable Woche bei Doune verbrachte. Wir hatten, von einer schottischen Guide geführt, Tageswanderungen gemacht, sind mit dem Boot nach Egg, Mull und zu den Black Cullins gefahren. Hier wurde glaube ich der Grundstein zur schottischen Liebe gelegt. Nach viel lesen, informieren, abwägen ob ich so was überhaupt schaffen kann (Baujahr April 1961, leicht übergewichtig) entschloss ich mich dann im Frühjahr und buchte erst einmal die Flüge und Busse. Auch bei der Auswahl einiger Ausrüstungsgegenstände war das Forum oft hilfreich. Nun,- ich kaufte einen Trekking Rucksack, Kocher und allerlei anderes Zeugs. Mein Nordisk Pasch der Schlafsack und die Matte von Meru waren zwar nicht UL, aber die Investitionen sollten überschaubar bleiben. Ich wollte nicht bei Nichtgefallen die gebraucht Börsen füllen. Da ich beruflich nur den Telefonhörer hochhebe und die Maus anstubse begann ich so oft es ging den mit Wasserflaschen gefüllten Rucksack durch den Hamburger Süden zu tragen. Meine Frau stand hinter dem Projekt,- andere waren da eher, na ja, zurückhaltend. Ja und solo sollte es sein, das war gewollt, obwohl ich auch keinen in meinem Umfeld habe der sich auch nur annähernd für so was begeistern könnte.
Mein Ziel war es einen Rucksack zu schleppen mit unter 20 KG. Tatsächlich waren es dann 24 KG mit Wasser und Whisky. Großer Fehler !! Lektion 1.
Anreise Freitag 20.9.13 Bremen Edi mit Ryanair
Viele schimpfen auf den irischen Flieger, aber wenn du dich an die Regeln hältst ist alles gut- so meine Erfahrung. Pünktlich gelandet, ab zum Bussteig, da warten auf den neuen Bus direkt nach Glasgow stelle ich dann fest, dass ich an der falschen Haltestelle stehe. Grrrr wie blöd ist das denn? Spurt zur richtigen, da auch 2 Minuten vorher angekommen, aber der Bus war schon weg. Das sich die Busse in SC auch nicht an deutsche Regeln halten tztztz. Egal, ich hatte ja noch das vorher gekaufte Ticket der Standartverbindung. Also, mit Airlink rein nach Edi, und mit Citylink am Flughafen wieder vorbei, nach Glasgow. Hier weiter nach Fort William. Die 3 Stunden Busfahrt sind …. Besonders. In FW angekommen ist die Stadt recht voll weil ein Mountenbike Event anstand. Ich hatte ein Bett in der Bankstreet gebucht. Es nieselte leicht vor sich hin. Habe den Rucksack abgestellt, bisschen umgepackt und bin dann erst mal ins Grog & Gruel gegangen. Hier war es mir aber definitiv zu voll und so bin ich nach einem Pint Black Cullin (hmmmmm) früh auf mein voll belegtes 4-Bett Zimmer gegangen.
Samstag 21.09.13 bis hinter Corry Holly Bothy
Dementsprechend war ich schon um 6 Uhr wach und um 7 Uhr in der Stadt auf der Suche nach einem Frühstück. Gefunden habe ich dann in dem Neubau am Anfang der Stadt eine Filiale von Wetherspoon. Genial gut der Laden und recht günstig.
Den Vormittag verbrachte ich mit rumgammeln, Gas, Midgesnetz und Whisky kaufen und Kaffee trinken. Der Shiel Bus fuhr erst um 13:45 Uhr, blöd. Auf die Frage an einen Taxifahrer was es wohl kostet nach Glenfinnan zu fahren sagte der: ca. 34 Pfund. Öhm, nö, das Geld wird lieber in meinen Hüftspeck investiert.
Dann, endlich endlich war es soweit. Der kleine silberne Bus hält in Glenfinnan- ich steige aus- und es kann losgehen. Der Weg war klar! Hatte ja monatelang geplant. Überhaupt plane ich recht gerne, ein Freund sagt oft liebevoll dass ich sogar mit nem Plan aufs Klo gehe. Von dieser Tugend (?) musste ich mich im späteren Verlauf der Tour doch oft verabschieden. Das Wetter war bedeckt aber trocken.
Ich laufe also los, gut gelaunt, ja richtig hibbelig und bin schon nach 2 KM patsch nass geschwitzt. Ich bin ein Schwitzinator, ja leider, aber das ist ja nicht ungesund. Und ich bin solo unterwegs,- also shit happen. Recht schnell erreiche ich die Corry Holly Bothy. Ich sehe hier meine erste Bothy, finde sie ganz ok, traue aber der Elektroinstallation und besonders dem Wasserkocher nicht über den Weg. Ich wollte schließlich nicht am ersten Tag der Tour an einem Stromschlag sterben. Weil es noch recht früh war und mir der Spaziergang auch nicht reichte bin ich weiter. Dachte das Wetter sieht stabil aus, dann kannste später Zelten. Tja, einen einigermaßen ebenen und nicht versumpften Platz zu finden ist in SC nicht so leicht. Lektion 2!
Nach der Brücke, die nur noch aus 4 U-Eisen bestand weil wohl noch nicht fertig, habe ich dann einen einigermaßen guten Platz gefunden. Zelt aufgebaut….es fängt an zu regnen. Fein. Willkommen in Knoydart. Habe mir dann das schwerste Gericht aus dem Sack geholt (Onkel Bens Reispfanne), zubereitet und im Stehen gegessen. Der Regen wurde stärker und ein ruppiger Wind schließt Freundschaft mit den Regentropfen. Ein Rucksack passt nicht in ein Nordisk Pasch wenn da ein dicker alter nasser Mann drin ist. Im Zelt umziehen geht aber. Whisky und MP3 aus Rucksack geholt, Mülltüte drüber, hingelegt und voll happy Musik gehört. Irgendwann schlafe ich unruhig ein. Aber nicht lange. Inzwischen stürmt es recht heftig und die Regenmenge hat auch deutlich zugenommen. Neben meinem Zelt war beim Aufbauen ein Rinnsal. Jetzt gurgelte hier fröhlich ein netter Bach. Der River Finnen hatte auch eine deutlich andere Geräuschkulisse wie vorher. Ui, wie schnell sich doch hier die Wassermassen den Weg nach unten suchen und Bäche und Flüsse verändern. Lektion 3!
Ich will nicht verheimlichen das ich in dieser Nacht auch ein wenig Zweifel hatte. Ob das Pasch stehen bleibt und dicht ist? Ob der kleine Bach neben mir noch größer wird? Und wie wird das wohl morgen werden? Diese Lektion kannte ich eigentlich schon. Es ist ein Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Darüber zu lesen im Sturm und Wind zu zelten oder es im Zelt selbst zu erleben. Aber ganz so dramatisch war es dann eigentlich auch nicht,- Rückwirkend betrachtet
Sonntag 22.09.13 bis A´Chuil Bothy
Der Morgen brach an, es stürmte und regnete immer noch unvermindert. Regenmontur an, Zelt zusammen gepackt und alles unter fahrlässiger Missachtung eines guten Plan in den Rucksack gepresst. Ich hatte zu Hause alles, wirklich alles in je einen Gefrierbeutel gepackt. Ich wollte keine Haferflockenapokalypse erleben, aber gefunden hätte ich an diesem Morgen schon ganz gerne den richtigen Beutel mit 80g Müsli und 20g Milchpulver. >>>>Aufbruch. 08:30 Uhr
Rucksack hochgewuchtet….oh mein Gott, wieso ist der mit nem Mal sooo schwer geworden? Guter Dinge war ich trotzdem. Der Weg, anfänglich noch gut, wird zunehmend schlechter bis er irgendwann mehr oder weniger verschwindet. Erste Bäche werden noch übersprungen. Obwohl meine Regenklamotten überaus hochwertig und atmungsaktiv sind können sie die Menge an Schweiß nicht abführen.
Dann kommt der erste Bach den man nicht überhüpfen kann, joa ist schon spannender. Geschafft…immer noch trockene Füße in meinen 5 Jahre alten Meindl. Der Wind hat jetzt klar Sturmstärke erreicht, kommt aber zum Glück von hinten. Ich empfinde den Aufstieg als recht anstrengend und bekomme Hunger. Klar ohne Frühstück. Aber ein Snickers kommt jetzt wie Napalm. Dann komme ich über den Pass auf die Hochebene. Ich würde gerne eine Pause machen, fange aber sofort an zu frieren. Was aus dem Sack zu holen bei dem Wind will ich auch nicht, also weiter.
Die Hochebene ist ein großer Morast! Ahh ja, das sind also die schottischen Sumpfwiesen. So was wie ein Pfad ist nicht erkennbar. Ich sinke fast bei jedem Schritt bis zu den Knöcheln ein. Super anstrengend. So was lässt sich in der Muckibude auf dem Stepper nicht simulieren, jetzt weiß ich das Inzwischen ist mein rechter Schuh durch. Komisch warum eigentlich nur der eine?? Aber ich ahnte schon dass der andere auch auf den Zielgraden war. Als Brillenträger bei solcher Wetterlage hat man so nebenbei gesagt auch noch ein paar andere kleine Probleme. Ich sumpfe mich also durch die Ebene und habe das Glück dabei nie tiefer als bis Mitte Wade ein zu sinken. Bei den ersten Malen einsinken habe ich allerdings schon ein seltsames Gefühl in den Leisten, anders gesagt uhhhaaa.
Bald komme ich dann an die vermeintlich steilste und gefährlichste Stelle. Ja es geht steil bergab aber zunächst freue ich mich dass ich auf der Lee Seite bin und der Wind hier fast weg ist. Ich hole mir was zum darunterziehen und Schoki aus dem Sack und betrachte fasziniert wie die Regenwand über mir vom Wind gepeitscht wird. Das Steilstück empfinde ich gar nicht als so dramatisch wie anderswo beschrieben. Von hier oben sehe ich rechts vom River oberhalb so etwas wie einen Pfad. Herunter muss man aber zunächst links. Ja und dann, schluck, dann musste ich den Fluss queren. Öhm, der sprudelt aber recht heftig. Ich stehe am Ufer, überlege ob ich die Crocks anziehe oder nicht und wie ich wo hintreten will. Da derweil beide Schuhe innen den gleichen Aggregatzustand angenommen haben wie außen und ich richtigerweise vermute das man besser festes Schuhwerk an hat bei der Strömung fasse ich mir schließlich ein Herz und gehe rüber,- nützt ja nüx. Lektion 4.Srömendes Wasser bis über Knie ist gefährlich! Ich laufe 10-15 m weiter…..nö…nicht wieder da rüber, gaaanz sicher nicht da. Man musste hier eigentlich nur queren weil ein Hang abgerutscht war. Ich schaute mich um, dacht mir das ich ja jetzt auf der „richtigen“ Seite bin und entschloss mich die super steile Feuchtwiese hoch zu kraxeln. In den Alpen ist das ein Tabu. Aber in meiner Risikobewertung noch besser als erneut den Fluss zu furten. Ich arbeite mich fluchend hoch, rede mit mir selbst: Theorie und Praxis, Theorie und Praxis, musst ja unbedingt HIER her fahren. Schnell hörte ich auf mich selbst zu beleidigen weil es die Schnappatmung nicht mehr zuließ. Aber ich fand dann den( Sumpf)-Pfad dem ich dann bis zur Brücke über den Pean folgte.
Hier angekommen bin ich fix und foxi. Hungrig wie ein Wolf,- aber hatte gute Laune. Wind und Regen hatten sich ausgetobt und ich blieb oft stehen um die grandiose Landschaft auf mich wirken zu lassen. Entgegen anderer Reiseberichte war der Weg durch den Wald zu dem Landrovertrack sogar ausgeschildert. Der Ladrovertrack selbst ist inzwischen eine breite verdichtete neue Wanderautobahn. Das kam meinem Erschöpfungszustand aber entgegen. Endlich erreich ich um ca. 16:30 Uhr die A´Chuil Bothy. Die ist echt toll. Ich bin allein, entscheide mich für den linken Raum, ziehe sofort trockene Sachen an, breite mich aus und koche mir was. Satt und trocken kann sooo schön sein . Ich schreibe was in mein Tour Tagebuch höre Mucke aufm MP3 und bin dann um 21:00 Uhr glücklich und ein wenig stolz auf mich im muckeligen Schlafsack.
Montag 23.09.13 bis Sourlies
Früh um 07:00 Uhr stehe ich auf frühstücke und packe in Ruhe zusammen. Ich summe vor mich hin, untypisch für mich, coole Sache. Solch schnelle Entschleunigung hatte ich nicht erwartet. Richtig trocken sind meine Sachen aber leider auch nicht geworden, hatte ich aber auch nicht wirklich erwartet. Es lebe die Merino Unterwäsche, die wärmt auch im feuchten Zustand. Dann den Spaten im Bothywald benutzt. Auch ne Premiere für mich, räusper Ausgefegt-Aufgesattelt-losgelaufen. Wie schon gestern überfallen mich an der steilen Wiese so komische schwarze Viecher. Ich entscheide mich durch den Wald zu gehen. Also der ist für mich echt mystisch und sehr schön, wenn auch super matschig und oft steil. Durchzogen von vielen kleinen und etwas größeren Bächen, das alles überwuchernde Moos leuchtet in 1000 Grüntönen. Toll !! Irgendwie verlaufe ich mich dann im Wald aber die Richtung ist ja klar. Nachdem ich schon eine ganze Weile aus dem Wald bin drehe ich mal wieder mit einer alten Digitalkamera ein kleines Video. Um meiner Frau alles irgendwie näher zu bringen haben sich die kleinen bis ca. 3 minütigen Filmchen als echte Bereicherung erwiesen. Linke Hand die Kamera, rechte Hand die Stöcke latsche ich prompt in ein monströses Boghole und sinke bis zum Schritt ein. Muss sagen dass ich doch recht fäkal fluchen kann. Später treffe ich auf meine ersten Menschen, ein junges Pärchen die in Shiel Bridge gestartet sind und dem Buch von Anja Vogel folgen. Wir plaudern ein wenig und weiter geht´s. Es ist bedeckt aber trocken. Der „Weg“ fordert stetige Konzentration. Immer muss man sich die Passagen suchen wo man entlang gehen kann ohne gänzlich zu versinken. Die beiden Seen oben auf der Ebene sind wunderschön, überhaupt genieße ich diese wildromantische Landschaft. Hier ist das erleben definitiv schöner wie das drüber lesen. Beim Sturm und Regen des 1. Tags war es umgekehrt. An einer relativ trocknen Stelle kurz nach den beiden Seen an einem Bach lasse ich mich nieder und koche mir ein Mittagessen. Die Sonne lugt schüchtern durch vereinzelte Wolkenlücken. Ich mampfe und vergesse manchmal zu kauen so beeindruckt bin ich von dem Lichtspielen und der Landschaft. Beim zusammenpacken trällere ich lauthals: Bei Onkel Pöh spielt ne Rentnerband seit 20 Jahren Dixieland….. Der Abstieg nach Sourlies ist zu Anfang steil und sehr anstrengend. Auch hier bleibe ich oft stehen und sauge die Schönheit der Bucht in mich auf. Schließlich sehe ich die Bothy, aber bis ich die erreiche vergehen noch 2 Stunden. Als ich dann ankomme bin ich wieder echt grogy. Ich werde von David einem Mitfünfziger begrüßt der hier schon einige Tage weilt und die Berge rundherum besteigt. Dann ist da noch ein junger Mann, Oxfordstudie, der mir sofort einen Tee anbietet. Toll !! Hier fühle ich mich sofort wohl. Die Bothy ist eine echte-Räuberhöhle- aber mit super viel Charme. Als ich mich soweit eingerichtet hatte bot mir der junge Mann noch ein Stück Kuchen an den er anlässlich seines gestrigen Geburtstag dabei hatte. Kurz danach hat mir David noch Muscheln angeboten, ja bin ich schon im Himmel? Ich holte später meinen guten Whisky raus und wir saßen dann zusammen und plauderten über eine Stunde in einer grundgemütlichen friedlichen Stimmung. Wir prosten uns zu und ich glaube alle genossen den Augenblick. Irgendwann haue ich mich aufs Ohr höre noch was Musik und denke über den kommenden Tag nach. Ich bin schon recht geschafft und mir tut schon seit Beginn der Tour die rechte Ferse weh und es wird immer schlimmer. Ich ziehe in Erwägung hier meinen Reservetag zu nehmen.
Dienstag 24.0913 bis Inverie
Ich werde wach und David kröselt schon rum. Er will heute nach Inverie um da noch 1-2 Berge zu besteigen. Ich gehe pinkeln und dann wieder in meinen Kuschelsack. Die Gezeiten sind blöd. Low Tide ist um 3 Uhr morgens oder 17 Uhr Nachmittags. Über die Landzunge wollt ich eigentlich nicht gehen, zumal die Etappe eh schon recht lang und fordernd wird. Irgendwie halte ich es plötzlich für eine gute Idee mich David anzuschließen, auch weil ich gehörigen Respekt vor den Sümpfen von Carnoch habe. Raus aus den Federn, waschen und so wird eh überbewertet, Sack im Rekordtempo gepackt, auf den letzten Drücker fertig geworden und hinter David her.
Das Wasser war schon fast oben, stellenweise mussten wir schon durchs Wasser latschen. David der alte Sack legte ein Tempo vor bei dem ich schon auf den ersten 100 m gut 20 m verlor. OK, sein Rucksack war auch halb so schwer. Man sucht nach Ausreden lol. Dann war das Wasser doch schon zu tief und den letzten Felsen mussten wir überklettern. UFF da rauf? Öhm…. David bleibt hier kurz stehen, aber nur um mir zu sagen das dass jetzt die schlimmste Stelle wäre. Seine helfende Hand hätte ich wohl gerne genommen, aber er schien wohl Termine zu haben. Egal ich hab es ja dann doch allein geschafft, pöh. Dann war hüpfen angesagt. Von einer grünen Insel zur nächsten. Das hat Spaß gemacht und dabei habe glatt vergessen einige Fotos zu machen. David war da schon im hohen Gras des Moores verschwunden. Er war geschlagene 3 Stunden vor mir in Inverie.
Ich habe derweil erst einmal meine morgendlichen Routinen nachgeholt. Jau, fühlt sich doch besser an mit geputzten Zähnen und so. Den Sumpf habe ich dann mit großer Vorsicht doch recht schnell durchquert. Die marode Hängebrücke wurde auch vorsichtig überquert und dann ging es an den nicht enden wollenden Aufstieg zum Sattel. Das Wetter war heiter bis wolkig und leicht windig, also perfekt. Also da rauf ist schon echt knackig, zumal der kleine Pfad irgendwie blöd zu gehen ist. Wollte mir nicht vorstellen das bei Sturm und Regen machen zu müssen. Oben angekommen wurde erst mal etwas gegen das Ungleichgewicht meines Kohlenhydrathaushalts getan. Nougat-Schoki-Marzipanriegel. Überhaupt habe ich es genossen bei der Tour viele Sachen zu schlemmen die ich mir im normalen Alltag verkneifen muss. Vorweg, abgenommen habe ich fast 6 Kg in den Tagen. Der Pfad nach Inverie ist gut zu erkennen und zu gehen. Kurz vor Inverie mache ich noch ne Rast an der privaten Bothy und koche mir was. Danach bekomme ich kaum noch meinen Rucksack hoch. An dieser Stelle will ich mal den Osprey Xinith 75 loben. Für mich ist er wirklich DER Rucksack schlechthin.
Im Bunkhouse der Foundation hatte ich ein Bett vorgebucht. Als ich dort ankam war Anna nirgends zu sehen aber ein Gast bot mir sofort einen Tee an und hat mir alles soweit gezeigt. Ich treffe immer nur auf super nette und freundliche Menschen auf der Insel-ohne Ausnahme! Und dann……duschen….goil. Ich glaube das war auch überfällig. Das man solche elementaren Sachen plötzlich als Luxus genießen kann, schon doll.
Habe mich dann noch auf Crocks zum Old Forge geschleppt. Hier treffe ich auf den örtlichen Oberjäger, Ian. Er ist mit einer deutschen Frau zusammen und Sie leben hier seit 19 Jahren. Er spricht kein Wort Deutsch und mein Englisch ist echt Grotten schlecht, auch wenn die höflichen Britten immer sagen das es recht gut wäre, -charmante Lüge ^^. Er fragt ob ich Whisky mag, dachte erst dass es schottischer Humor wäre. Na ja was soll ich sagen. Ich kenne jetzt die Regel dass der der bestellt sich die Marke aussuchen kann. Für den Rückweg war die Stirnlampe mehr als nötig
Mittwoch. 25.09.13 Ruhetag
Morgens leert sich der halb volle Schlafsaal recht schnell und ich bin allein im Bunkhouse. Ich Frühstücke in aller Ruhe, räume meinen Sack komplett aus, verteile alles im Saal. Ich bummel rum gehe zum Long Beach, dusche nochmal streichele meine Ausrüstung und verschenke meine viel zu schwere Wind Stopper Jacke an einen Teenie der da rumrennt. Der freut sich echt drüber und bedankt sich nachmittags nochmal dafür. Die scheiß Jacke ist nie trocken geworden nach dem ersten Tag und wog so bestimmt 1,5 Kg. Ich bin so was mit mir selbst zufrieden, regelrecht tiefenentspannt. Dann surfe ich eine halbe Stunde im Internet und sehe dass der Wetterbericht für die kommenden Tage nicht schlecht ist. Klar ist mir das ich trotz schmerzender Verse und schweren Beinen weiterlaufen will. Ich spaziere nach Inverie, kaufe was zum Futtern, schaue hier und da rein laufe wieder zurück um mir was zu kochen. Meine Schuhe sind in dem hervorragend funktionierenden Trockenraum inzwischen trocken und werden neu eingewachst. Auch das Zelt und die Sachen die ich durchwusch finden wieder ihren Platz im Rucksack. Der hat jetzt wohl mein Wunschgewicht von unter 20 Kg erreicht. Am späten Nachmittag schreibe ich bei einem Black Cullin im Old Forge Tagebuch. Auch hier sitze ich nicht so lange allein und komme mit einem älteren Pärchen ins Gespräch. Er 82 Sie 78 beide noch im Frühjahr in den Dolomiten unterwegs um da Kletterstieg zu besteigen,- das macht Hoffnung das man auch noch lange aktiv sein kann. Mit 66 ist wohl echt nicht Schluss, lol. Er erzählt mir dass er das erste Bunkhouse in GB aufgemacht hat. Er selbst lernte es 1953 in Kanada kennen und hat damit sein ganzes Leben sein Geld verdient. Seinen Namen kann man nicht vergessen. Er hieß Jesse James. Eine sehr unterhaltsame nette Begegnung. Nun ich will es kurz machen, noch ein paar Bier geschnappt, was gegessen und dann ab in die Haia.
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