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Hiho,
ich werd mal versuchen, so als Dankeschön für die vielen Inspirationen, meinen Schottland-Reisebericht hier reinzukriegen. Ich versuche, die Textlastigkeit in Grenzen zu halten, in Anbetracht des Wetters gibts aber besonders vom Reisebeginn jetzt nicht die Masse an Fotos. Wenn ich mich kürzer fassen soll bitte bescheid sagen
hannes
Land: Großbritannien
Reisezeit: September 2012
Kontinent: Nordeuropa
Prolog
Immer wenn die letzten Jahre der Sommer nahte und der Blick in Richtung Kalender wanderte, um einen Zeitraum zu finden, der genug Raum für eine größere Tour bieten könnte, wurde die Suche entweder bei Martin (den ich praktisch schon immer kenne und der deshalb der Einzige ist, mit dem ich ohne groß zu probieren solche Touren unternehmen würde) oder auf meiner Seite durch lästige Nebensächlichkeiten wie Abiturprüfungen, Bachelorarbeiten oder Staatsexamina schnell wieder beendet. Doch dieses Jahr schien alles zu passen. Neben Martin sollte noch seine bessere Hälfte Undine mitkommen. Auch sie kannte ich vorher schon längere Zeit und so stand zumindest schon einmal die personelle Besetzung unserer Expedition fest.
Was das Reiseziel anging, war die Angelegenheit schon weniger eindeutig. Eigentlich wollten wir schon 2008 den WHW machen, aber wie gesagt, Termine... Dieses immer wieder verschobene Vorhaben hatte allerdings zur Folge, dass der Rother-Wanderführer und der Lonely Planet für Schottland schon seit Jahren gelangweilt im Regal standen und nur darauf warteten, nun doch endlich bei der Tourenvorbereitung behilflich zu sein. In diesem Sommer war nun ihre Zeit gekommen. Die Reiseberichte im hier im Forum mit den vielen Fotos großartiger Plätze in der Gegend taten ihr Übriges. Es würde also Schottland werden, die erste große Tour außerhalb heimischer Gefilde. Irgendwo lag noch die Karte der Gegend von Letterewe herum, allerdings schien mir das Ganze für den Anfang doch ein wenig zu einsam. Also suchte ich irgendetwas, was von der Schwierigkeit gewissermaßen zwischen Letterewe und WHW lag - und fand Knoydart. Und da wir insgesamt beinahe drei Wochen Zeit hatten, würden wir auch noch dem Cairngorm Nationalpark einen Besuch abstatten.
Für unsere Runde durch Knoydart ließen wir uns von den Reiseberichten inspirieren und planten die "klassische" Tour von Glenfinnan nach Shiel Bridge mit einer Verlängerungsoption über die Five Sisters of Kintail (eine Gruppe von Bergen südöstlich von Shiel Bridge). Für die Cairngorms nahmen wir uns die Karte, schauten, was interessant aussah und klickten einfach mal eine Route zusammen (um sie vor Ort komplett über den Haufen zu werfen, aber dazu später mehr).
Für die Anreise hatten wir uns für den bodengebundenen Transport entschieden. Mit der Buchung der Zug- und Bustickets drei Monate im Voraus war die Sache erschwinglich und nicht wirklich teurer als fliegen. Außerdem hofften wir auf weniger Stress mit dem Gepäck und Karma-Punkte für die geringere Umweltbelastung.
Bei einem Vorbereitungswochenende hier im Sächsischen, bei dem es vor allem darum ging herauszufinden, wie sich ein Wandertag mit 1000 HM Aufstieg anfühlt, knobelten wir aus, wovon wir uns während der ersten acht Tage ernähren wollten. Als Ergebnis unserer Beratungen wanderten am Tag vor der Abreise - nahezu alles fein säuberlich portionsweise verpackt - Klassiker wie Mie-Nudeln, Couscous und Kurzkochlinsen, aber auch Eipulver und nach einem Rezept von Alex79 hier aus dem Forum gebackene Oatsnacks in die Rucksäcke. Kurz zuvor war ich noch der Versuchung erlegen und hatte einen Dörrautomaten gekauft, den mein Vater mit großem Enthusiasmus in Betrieb nahm, sodass wir uns auch Delikatessen wie Wildpfanne mit Mie-Nudeln gönnen konnten.
Unabhängig davon darf bezweifelt werden, dass sich die Verantwortlichen bei Dr. Oetker des Ausmaßes bewusst waren, in dem sie das Expeditionswesen mit der Einstellung der Produktion von "Süßer Moment" in seiner Entwicklung zurückwarfen. Die Ignoranten.
Was die Ausrüstung anging, waren wir alle relativ gut ausgestattet. Lediglich ich brauchte noch eine Regenhose. Also wurde der Standortvorteil genutzt und Extremtextil persönlich geplündert, sodass ich einige Stunden vor der Nähmaschine später die Regenhose meiner Träume in den Händen hielt. Doch drei Wochen vor Abreise die Katastrophe "am anderen Ende": Bei einem lächerlichen Schauer lief meine Rechts-Unten-Regenjacke von Bergans voll. Der Outdoorhändler meines Vertrauens beruhigte mich, schickte die Jacke ein und bat um schnelle Bearbeitung. Fünf Tage vor Abreise hatte ich sie zurück. Bergans hatte Tapes an der Kapuze erneuert, der Duschtest viel allerdings zu meiner Bestürzung wieder nass aus. Als ich - total verzweifelt und mit der Gewissheit, nicht mit meiner Regenjacke in das zu Regen synonyme Land zu fahren - wieder im Laden stand, kam die Rettung in Gestalt des Chefs, der mir seine private Arcteryx Theta borgte. Der Urlaub war also gerettet.
Anreise (12.9./13.9.)
Am 12.9. starteten wir am späten Vormittag vom Erfurter Hauptbahnhof. Mit dem ICE ging es zunächst Richtung Frankfurt/Main, wo unser Verspätungspuffer das erste Mal angetastet wurde. Mit Anspannung verursachender, allerdings noch nicht Anschluss gefährdender Verspätung traf der ICE nach Brüssel in Frankfurt ein. Wir überquerten die Grenze zu Belgien, als der Schaffner uns auf Deutsch, Englisch, Französisch und Niederländisch mitteilte, dass der Zug aus obskuren Gründen eine Umleitung nehmen müsse. Die Frequenz der nervösen Blicke auf die Uhr nahm zu. Mit 40min Verspätung erreichten wir Brüssel, noch hatte der Check-In für den Eurostar nach London nicht begonnen.
Die Einreise ins Vereinigte Königreich stellte die erste erwartete Herausforderung unserer Reise dar: unvorsichtigerweise hatten wir am Tag zuvor noch einmal die Internetseite des Eurostar genau gelesen. Das führte zu finsteren Phantasien, in denen wir uns, von einem finster dreinblickenden Sicherheitsmenschen "sämtlicher gefährlicher Gegenstände" (die laut der Eurostar-Website allesamt verboten waren; Sind Trekkingstöcke gefährlich? Taschenmesser? Feuerzeuge? Kocher?) entledigt, im Zug nach London sitzen sahen. Nachdem unsere Habseligkeiten allesamt geröntgt, jedoch nicht für beanstandenswert befunden wurden, fuhren wir ganz unspektakulär durch den Eurotunnel gen London, wo uns der Zug gegen 20.00 Uhr Ortszeit in St. Pancras auf das fremde Land losließ.
Die nächste Mission bestand darin, vom Bahnhof St. Pancras International zur Victoria Bus Station zu kommen, von wo aus der Nachtbus nach Glasgow fahren sollte. Also irrten wir, grob der ausgedruckten Google-Maps-Karte folgend und von Linksverkehr, Großstadtfeeling und dem von Beginn an sehr "britischen" Wetter geflasht, durch die Straßen Richtung Süden. Nach ein paar Stopps an den Sehenswürdigkeiten auf dem Weg und einem Besuch im Supermarkt zwecks Nahrungsbeschaffung für das Frühstück am nächsten Morgen fanden wir - auch mit (oder trotz) Hilfe der in London an jeder Ecke aufgestellten Karten der unmittelbaren Umgebung, die im Prinzip sehr nützlich, aber jedes Mal in eine andere Richtung ausgerichtet waren, was uns erst nach einiger Verwirrung wirklich auffiel - die Victoria Bus Station.
Hier traf sich eine interessante Mischung von Leuten: Wohnungslose, die in der Trockenheit der Wartehalle Reisende um etwas Kleingeld baten, vor allem junge Leute mit Reisetaschen, Rucksackreisende wie wir, aber auch mit Blackberrys bewaffnete Anzugträger. Ein eben Solcher nahm auch im Bus neben mir Platz. Nach einem 'I hope you don't snore', gefolgt von einem herzlichen Lachen seitens des Geschäftsmannes, begann die Fahrt in die Nacht.
Nach erholsamem Schlaf, der nur im Zwei-Stunden-Takt durch Ansagen des Busfahrers der Art *krrtsch* 'Ladys and Gents, this is Birmingham' *krrtsch* unterbrochen wurde, schlugen wir nach einiger Quälerei durch den morgendlichen Berufsverkehr in Glasgow, Buchanan Bus Station, auf. Nach unserem improvisierten Frühstück ging es wiederum mit dem Bus über schmale Straßen am Loch Lomond entlang und durch das wunderschöne, wenn auch sehr verregnete Glen Coe Richtung Fort William. Hier wurde noch Gas für den Kocher gekauft, eine SMS, dass wir gut angekommen wären, nach Hause geschrieben, Zugfahrkarten für das letzte Stück nach Glenfinnan gelöst - dann ging es los.
1. Tag (13.9.): Glenfinnan bis kurz vor Strathan
In Glenfinnan angekommen, zogen wir uns im Schutz des Bahnhofs gegen den inzwischen sehr starken Regen die komplette Regenmontur an, schalteten das GPS an und tappten los - zunächst erstmal in die falsche Richtung. Nachdem wir den Weg zum Glenfinnan Viaduct dann endlich gefunden hatten, rutschten und schlidderten wir der vielphotographierten Harry-Potter-Brücke und dem Landrover Track zur Wasserkocher-Bothy entgegen. Der am Fahrweg entlang laufende River Finnan hatte sich nach den Regenfällen der vorherigen Tage in einen beeindruckend reißenden Strom verwandelt. Nachdem uns ein Schotte aus seinem Jeep heraus noch 'Good luck in the hills' gewünscht hatte, wanderten wir nun dem ersten Pass auf unserer Route entgegen. Der Weg wurde zusehens anspruchsvoller und wir mussten einige Engstellen überklettern. Oben auf dem Pass angekommen bließ ein eisiger Wind und der Regen peitschte. Von den Hängen links und rechts ergossen sich Sturzbäche hinab in das Glen und in der Ferne konnten wir im Dunst den aus mehreren Reiseberichten bekannten Bach erkennen, der sich das Tal hinab in Richtung Strathan wand. Wegen des starken Regens war jedoch nicht nur der River Finnan und der Bach unten im Tal mächtig angeschwollen, der ganze Berg hatte sich in eine matschig-sumpfige Landschaft verwandelt.
Eigentlich war geplant gewesen, zwischen Glenfinnan und Strathan - einer winzigen Ansammlung von Cottages mitten im Nichts - die erste Nacht zu verbringen. Da wir aber, getragen vom "Wir sind auf Tour"-Hochgefühl, beschlossen hatten, gleich am ersten Tag bis zur Strathan Bothy zu laufen, zogen wir weiter. Außerdem wären wir beim Versuch zu Campen vermutlich mitsamt unseren Zelten versunken.
Während der Nachmittag allmählich in den Abend überging - es regnete ununterbrochen weiter - machte sich erst in meinem rechten, dann auch im linken Schuh ein Gefühl breit, das wir alle die nächsten Tage ausführlichst ergründen konnten: das Gefühl langsam vollgelaufener Stiefel.
Gegen 19.00 Uhr erreichten wir die Mündung des eigentlich Bergbachs (im Moment eher ein Berg-Wildwasser) in den River Pean. Die Brücke nach Strathan kam in Sicht. Allerdings galt es noch eben jenen Strom zu überwinden, dem wir seit dem Überschreiten des Passes folgten. Und das war beim herrschenden Wasserstand ganz unmöglich. Wir suchten etwas stromaufwärts und auch am River Pean nach einer Stelle, an der uns die Furtung vielleicht doch gelingen könnte, allerdings vergebens. Der River Pean floss zwar deutlich gemächlicher dahin, er erschien uns jedoch so tief und grundlos, dass wir auch hier die Durchquerung nicht wagten.
Wir versuchten erst, wieder in Richtung Pass zurückzulaufen, verloren allerdings gleich im ersten Anstieg wegen der einsetzenden Dämmerung im hüfthohen Farn den Pfad, sodass wir erneut stehen blieben und beratschlagten. Der Gedanke, auf einer sumpfigen Wiese an einem Bergbach mit Hochwasser zu zelten war wenig reizvoll. Im Dämmerdunkel des beginnenden Abends vom Hang ins Wasser rutschen wollten wir jedoch noch viel weniger. Wir entschlossen uns also dazu, an der unsumpfigsten, windgeschütztesten Stelle, die wir finden konnten (die dafür leider relativ nah am Fluss war) zu übernachten, um am nächsten Tag bei Tageslicht den Bach weiter oben im Tal zu queren.
Wir schlugen die Zelte auf und verschwanden, froh aus den nassen Klamotten herauszukommen, in den Schlafsäcken, nachdem jeder noch einen Müsliriegel als Abendbrotersatz zu sich genommen hatte. Zum Kochen waren wir einfach zu niedergeschlagen, die Stimmung war am Boden, unsere Aussichten für die nächsten Tage düster und ein tiefes Gefühl der Machtlosigkeit und Enttäuschung über das nicht erreichte Ziel machte sich in mir breit.
ich werd mal versuchen, so als Dankeschön für die vielen Inspirationen, meinen Schottland-Reisebericht hier reinzukriegen. Ich versuche, die Textlastigkeit in Grenzen zu halten, in Anbetracht des Wetters gibts aber besonders vom Reisebeginn jetzt nicht die Masse an Fotos. Wenn ich mich kürzer fassen soll bitte bescheid sagen
hannes
Land: Großbritannien
Reisezeit: September 2012
Kontinent: Nordeuropa
Prolog
Immer wenn die letzten Jahre der Sommer nahte und der Blick in Richtung Kalender wanderte, um einen Zeitraum zu finden, der genug Raum für eine größere Tour bieten könnte, wurde die Suche entweder bei Martin (den ich praktisch schon immer kenne und der deshalb der Einzige ist, mit dem ich ohne groß zu probieren solche Touren unternehmen würde) oder auf meiner Seite durch lästige Nebensächlichkeiten wie Abiturprüfungen, Bachelorarbeiten oder Staatsexamina schnell wieder beendet. Doch dieses Jahr schien alles zu passen. Neben Martin sollte noch seine bessere Hälfte Undine mitkommen. Auch sie kannte ich vorher schon längere Zeit und so stand zumindest schon einmal die personelle Besetzung unserer Expedition fest.
Was das Reiseziel anging, war die Angelegenheit schon weniger eindeutig. Eigentlich wollten wir schon 2008 den WHW machen, aber wie gesagt, Termine... Dieses immer wieder verschobene Vorhaben hatte allerdings zur Folge, dass der Rother-Wanderführer und der Lonely Planet für Schottland schon seit Jahren gelangweilt im Regal standen und nur darauf warteten, nun doch endlich bei der Tourenvorbereitung behilflich zu sein. In diesem Sommer war nun ihre Zeit gekommen. Die Reiseberichte im hier im Forum mit den vielen Fotos großartiger Plätze in der Gegend taten ihr Übriges. Es würde also Schottland werden, die erste große Tour außerhalb heimischer Gefilde. Irgendwo lag noch die Karte der Gegend von Letterewe herum, allerdings schien mir das Ganze für den Anfang doch ein wenig zu einsam. Also suchte ich irgendetwas, was von der Schwierigkeit gewissermaßen zwischen Letterewe und WHW lag - und fand Knoydart. Und da wir insgesamt beinahe drei Wochen Zeit hatten, würden wir auch noch dem Cairngorm Nationalpark einen Besuch abstatten.
Für unsere Runde durch Knoydart ließen wir uns von den Reiseberichten inspirieren und planten die "klassische" Tour von Glenfinnan nach Shiel Bridge mit einer Verlängerungsoption über die Five Sisters of Kintail (eine Gruppe von Bergen südöstlich von Shiel Bridge). Für die Cairngorms nahmen wir uns die Karte, schauten, was interessant aussah und klickten einfach mal eine Route zusammen (um sie vor Ort komplett über den Haufen zu werfen, aber dazu später mehr).
Für die Anreise hatten wir uns für den bodengebundenen Transport entschieden. Mit der Buchung der Zug- und Bustickets drei Monate im Voraus war die Sache erschwinglich und nicht wirklich teurer als fliegen. Außerdem hofften wir auf weniger Stress mit dem Gepäck und Karma-Punkte für die geringere Umweltbelastung.
Bei einem Vorbereitungswochenende hier im Sächsischen, bei dem es vor allem darum ging herauszufinden, wie sich ein Wandertag mit 1000 HM Aufstieg anfühlt, knobelten wir aus, wovon wir uns während der ersten acht Tage ernähren wollten. Als Ergebnis unserer Beratungen wanderten am Tag vor der Abreise - nahezu alles fein säuberlich portionsweise verpackt - Klassiker wie Mie-Nudeln, Couscous und Kurzkochlinsen, aber auch Eipulver und nach einem Rezept von Alex79 hier aus dem Forum gebackene Oatsnacks in die Rucksäcke. Kurz zuvor war ich noch der Versuchung erlegen und hatte einen Dörrautomaten gekauft, den mein Vater mit großem Enthusiasmus in Betrieb nahm, sodass wir uns auch Delikatessen wie Wildpfanne mit Mie-Nudeln gönnen konnten.
Unabhängig davon darf bezweifelt werden, dass sich die Verantwortlichen bei Dr. Oetker des Ausmaßes bewusst waren, in dem sie das Expeditionswesen mit der Einstellung der Produktion von "Süßer Moment" in seiner Entwicklung zurückwarfen. Die Ignoranten.
Was die Ausrüstung anging, waren wir alle relativ gut ausgestattet. Lediglich ich brauchte noch eine Regenhose. Also wurde der Standortvorteil genutzt und Extremtextil persönlich geplündert, sodass ich einige Stunden vor der Nähmaschine später die Regenhose meiner Träume in den Händen hielt. Doch drei Wochen vor Abreise die Katastrophe "am anderen Ende": Bei einem lächerlichen Schauer lief meine Rechts-Unten-Regenjacke von Bergans voll. Der Outdoorhändler meines Vertrauens beruhigte mich, schickte die Jacke ein und bat um schnelle Bearbeitung. Fünf Tage vor Abreise hatte ich sie zurück. Bergans hatte Tapes an der Kapuze erneuert, der Duschtest viel allerdings zu meiner Bestürzung wieder nass aus. Als ich - total verzweifelt und mit der Gewissheit, nicht mit meiner Regenjacke in das zu Regen synonyme Land zu fahren - wieder im Laden stand, kam die Rettung in Gestalt des Chefs, der mir seine private Arcteryx Theta borgte. Der Urlaub war also gerettet.
Anreise (12.9./13.9.)
Am 12.9. starteten wir am späten Vormittag vom Erfurter Hauptbahnhof. Mit dem ICE ging es zunächst Richtung Frankfurt/Main, wo unser Verspätungspuffer das erste Mal angetastet wurde. Mit Anspannung verursachender, allerdings noch nicht Anschluss gefährdender Verspätung traf der ICE nach Brüssel in Frankfurt ein. Wir überquerten die Grenze zu Belgien, als der Schaffner uns auf Deutsch, Englisch, Französisch und Niederländisch mitteilte, dass der Zug aus obskuren Gründen eine Umleitung nehmen müsse. Die Frequenz der nervösen Blicke auf die Uhr nahm zu. Mit 40min Verspätung erreichten wir Brüssel, noch hatte der Check-In für den Eurostar nach London nicht begonnen.
Die Einreise ins Vereinigte Königreich stellte die erste erwartete Herausforderung unserer Reise dar: unvorsichtigerweise hatten wir am Tag zuvor noch einmal die Internetseite des Eurostar genau gelesen. Das führte zu finsteren Phantasien, in denen wir uns, von einem finster dreinblickenden Sicherheitsmenschen "sämtlicher gefährlicher Gegenstände" (die laut der Eurostar-Website allesamt verboten waren; Sind Trekkingstöcke gefährlich? Taschenmesser? Feuerzeuge? Kocher?) entledigt, im Zug nach London sitzen sahen. Nachdem unsere Habseligkeiten allesamt geröntgt, jedoch nicht für beanstandenswert befunden wurden, fuhren wir ganz unspektakulär durch den Eurotunnel gen London, wo uns der Zug gegen 20.00 Uhr Ortszeit in St. Pancras auf das fremde Land losließ.
Die nächste Mission bestand darin, vom Bahnhof St. Pancras International zur Victoria Bus Station zu kommen, von wo aus der Nachtbus nach Glasgow fahren sollte. Also irrten wir, grob der ausgedruckten Google-Maps-Karte folgend und von Linksverkehr, Großstadtfeeling und dem von Beginn an sehr "britischen" Wetter geflasht, durch die Straßen Richtung Süden. Nach ein paar Stopps an den Sehenswürdigkeiten auf dem Weg und einem Besuch im Supermarkt zwecks Nahrungsbeschaffung für das Frühstück am nächsten Morgen fanden wir - auch mit (oder trotz) Hilfe der in London an jeder Ecke aufgestellten Karten der unmittelbaren Umgebung, die im Prinzip sehr nützlich, aber jedes Mal in eine andere Richtung ausgerichtet waren, was uns erst nach einiger Verwirrung wirklich auffiel - die Victoria Bus Station.
Hier traf sich eine interessante Mischung von Leuten: Wohnungslose, die in der Trockenheit der Wartehalle Reisende um etwas Kleingeld baten, vor allem junge Leute mit Reisetaschen, Rucksackreisende wie wir, aber auch mit Blackberrys bewaffnete Anzugträger. Ein eben Solcher nahm auch im Bus neben mir Platz. Nach einem 'I hope you don't snore', gefolgt von einem herzlichen Lachen seitens des Geschäftsmannes, begann die Fahrt in die Nacht.
Nach erholsamem Schlaf, der nur im Zwei-Stunden-Takt durch Ansagen des Busfahrers der Art *krrtsch* 'Ladys and Gents, this is Birmingham' *krrtsch* unterbrochen wurde, schlugen wir nach einiger Quälerei durch den morgendlichen Berufsverkehr in Glasgow, Buchanan Bus Station, auf. Nach unserem improvisierten Frühstück ging es wiederum mit dem Bus über schmale Straßen am Loch Lomond entlang und durch das wunderschöne, wenn auch sehr verregnete Glen Coe Richtung Fort William. Hier wurde noch Gas für den Kocher gekauft, eine SMS, dass wir gut angekommen wären, nach Hause geschrieben, Zugfahrkarten für das letzte Stück nach Glenfinnan gelöst - dann ging es los.
1. Tag (13.9.): Glenfinnan bis kurz vor Strathan
In Glenfinnan angekommen, zogen wir uns im Schutz des Bahnhofs gegen den inzwischen sehr starken Regen die komplette Regenmontur an, schalteten das GPS an und tappten los - zunächst erstmal in die falsche Richtung. Nachdem wir den Weg zum Glenfinnan Viaduct dann endlich gefunden hatten, rutschten und schlidderten wir der vielphotographierten Harry-Potter-Brücke und dem Landrover Track zur Wasserkocher-Bothy entgegen. Der am Fahrweg entlang laufende River Finnan hatte sich nach den Regenfällen der vorherigen Tage in einen beeindruckend reißenden Strom verwandelt. Nachdem uns ein Schotte aus seinem Jeep heraus noch 'Good luck in the hills' gewünscht hatte, wanderten wir nun dem ersten Pass auf unserer Route entgegen. Der Weg wurde zusehens anspruchsvoller und wir mussten einige Engstellen überklettern. Oben auf dem Pass angekommen bließ ein eisiger Wind und der Regen peitschte. Von den Hängen links und rechts ergossen sich Sturzbäche hinab in das Glen und in der Ferne konnten wir im Dunst den aus mehreren Reiseberichten bekannten Bach erkennen, der sich das Tal hinab in Richtung Strathan wand. Wegen des starken Regens war jedoch nicht nur der River Finnan und der Bach unten im Tal mächtig angeschwollen, der ganze Berg hatte sich in eine matschig-sumpfige Landschaft verwandelt.
Eigentlich war geplant gewesen, zwischen Glenfinnan und Strathan - einer winzigen Ansammlung von Cottages mitten im Nichts - die erste Nacht zu verbringen. Da wir aber, getragen vom "Wir sind auf Tour"-Hochgefühl, beschlossen hatten, gleich am ersten Tag bis zur Strathan Bothy zu laufen, zogen wir weiter. Außerdem wären wir beim Versuch zu Campen vermutlich mitsamt unseren Zelten versunken.
Während der Nachmittag allmählich in den Abend überging - es regnete ununterbrochen weiter - machte sich erst in meinem rechten, dann auch im linken Schuh ein Gefühl breit, das wir alle die nächsten Tage ausführlichst ergründen konnten: das Gefühl langsam vollgelaufener Stiefel.
Gegen 19.00 Uhr erreichten wir die Mündung des eigentlich Bergbachs (im Moment eher ein Berg-Wildwasser) in den River Pean. Die Brücke nach Strathan kam in Sicht. Allerdings galt es noch eben jenen Strom zu überwinden, dem wir seit dem Überschreiten des Passes folgten. Und das war beim herrschenden Wasserstand ganz unmöglich. Wir suchten etwas stromaufwärts und auch am River Pean nach einer Stelle, an der uns die Furtung vielleicht doch gelingen könnte, allerdings vergebens. Der River Pean floss zwar deutlich gemächlicher dahin, er erschien uns jedoch so tief und grundlos, dass wir auch hier die Durchquerung nicht wagten.
Wir versuchten erst, wieder in Richtung Pass zurückzulaufen, verloren allerdings gleich im ersten Anstieg wegen der einsetzenden Dämmerung im hüfthohen Farn den Pfad, sodass wir erneut stehen blieben und beratschlagten. Der Gedanke, auf einer sumpfigen Wiese an einem Bergbach mit Hochwasser zu zelten war wenig reizvoll. Im Dämmerdunkel des beginnenden Abends vom Hang ins Wasser rutschen wollten wir jedoch noch viel weniger. Wir entschlossen uns also dazu, an der unsumpfigsten, windgeschütztesten Stelle, die wir finden konnten (die dafür leider relativ nah am Fluss war) zu übernachten, um am nächsten Tag bei Tageslicht den Bach weiter oben im Tal zu queren.
Wir schlugen die Zelte auf und verschwanden, froh aus den nassen Klamotten herauszukommen, in den Schlafsäcken, nachdem jeder noch einen Müsliriegel als Abendbrotersatz zu sich genommen hatte. Zum Kochen waren wir einfach zu niedergeschlagen, die Stimmung war am Boden, unsere Aussichten für die nächsten Tage düster und ein tiefes Gefühl der Machtlosigkeit und Enttäuschung über das nicht erreichte Ziel machte sich in mir breit.
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