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Nachdem ich in letzter Zeit wieder tolle Reiseberichte hier im Forum gelesen habe, hab ich mich mal hingesetzt und auch wieder einen aufgeschrieben. Es ist nicht viel Neues, aber ich hoffe, ihr lest ihn trotzdem gerne
Viel Spass!
Vor der Abreise
Nach meiner Schottlandtour im Frühling will mein liebes Zelt jetzt wirklich mal dort hin, wo es hingehört – raus. Norwegen muss es sein, das ist klar. Das letzte Mal ist schon 2 Jahre her und schliesslich sollen die erworbenen Sprachkenntnisse mal in echt getestet werden. Hoffentlich werde ich unterwegs nicht nur auf Schweizer und Deutsche treffen, ein paar Eingeborene wären schon nicht schlecht…
Die Auswahl des Reiseziels ist mal nicht gerade originell – Hardangervidda – aber es ist ja schliesslich erst meine 2. richtige Solotour, also sind relativ gut begangene Wege genau richtig.
Eine Woche vor Abreise steigt die Vorfreude mit jedem Tag mehr, der Rucksack ist gepackt, das meiste Essen ist drin.
Will ich das wirklich rumschleppen? Leichter ist natürlich nie schlecht, aber was solls? Ein bisschen leichter soll es werden, indem ich die Spiegelreflex diesmal zu Hause lasse und die kleine Knipse mitnehme. So viel hab ich in Schottland beschlossen. Es ist zwar nicht mal das Gewicht, aber ich finde einfach keine bequeme Variante, wie ich das Ding tragen soll.
Okay, also die kleine Kamera ausgepackt, Akku gecheckt, ein paar Testfotos vom Wohnzimmer geschossen…
Was ist das denn? Die Fotos bestehen eigentlich nur aus horizontalen Linien! Okay, mal Speicherkarte formatieren,
vielleicht ist sie einfach nur etwas verwirrt. Erneute Testfotos – es geht ja, alles in Ordnung! Glück gehabt.
Am Freitagmorgen spiele ich noch mal mit der Kamera rum… Och nee, bitte nicht! Wieder nur Streifenbilder, dazwischen mal eins, das in Ordnung ist. Also so geht das ja gar nicht. Morgen früh um 7 Uhr geht mein Flieger. Mir bleibt also nicht viel anderes übrig als nach der Arbeit – zum Glück heute keine Spätschicht – in die nächste Migrosfiliale zu gehen und in der Elektronikabteilung die Kameras in Augenschein zu nehmen. Etwas später komme ich um eine Kamera reicher nach Hause und hoffe, sie taugt auch etwas.
Aber es reicht ja nicht, dass nur etwas nicht klappt. Etwa 2 Wochen vor Abreise merke ich an meiner Wanderjacke plötzlich, dass sich die Beschichtung auf etwa halber Rückenhöhe links und rechts abgelöst hat. So kleine runde Stellen, nicht wie wenn es einfach weggescheuert wäre. Die Jacke ist noch kein Jahr alt und es ist keine beanspruchte Stelle. Wenn es an der Hüfte oder den Schultern wäre, okay, aber so? Ich bringe sie mal im Laden vorbei, sie wollen sie einschicken und schauen. Nach einer Woche rufe ich an und frage, ob sich was getan hat, schliesslich brauche ich bald eine Jacke.
Öhm, ja, sie hätten auch noch nichts gehört, sie melden sich wieder. Na toll. Am Donnerstagnachmittag vor Abflug bekomme ich einen Anruf, sie würden mir eine neue Jacke geben, ich könne sie gleich abholen. Oh, danke, ist ja nett, aber leider ist die Jacke in der falschen Stadt und so schnell, schnell hinfahren liegt grad nicht mehr drin.
Aber egal, ich habe mich eh schon damit abgefunden, die alte Jacke rauszukramen, die mir zu klein geworden ist.
Zum Glück habe ich sie noch nicht verschenkt. Dafür ist sie rot, so wird man mich wenigstens sehen, falls ich verloren gehe!
Tag 1 - Zürich, Oslo, Finse
Doch genug Vorgeplänkel, jetzt soll es losgehen. Ich steige früh in den Bus, fahre zum Flughafen, fliege nach Oslo und steige dort in den Zug nach Finse. Irgendwann nach 20 Uhr kommt der Zug an, ich und noch einige andere steigen aus, und ich mache mich auf zur anderen Seite des Sees, wo ich mein Zelt aufstellen will. Die besten Stellen sind schon belegt, doch dann finde ich ein nettes Plätzchen und baue mit dem Gletscher im Rücken das Zelt auf. Ich mache noch ein paar Fotos, richte mich ein und versuche, richtig anzukommen. Ein bisschen komisch ist das Gefühl schon. So ganz drin bin ich noch nicht. Ich bin zwar hundemüde von der Reise, aber ich schlafe doch erst sehr spät ein und schlafe etwas unruhig.
Mitten in der Nacht bekomme ich auch noch Hunger und suche mir im Dunkeln einen Landjäger raus. Am nächsten Morgen entdecke ich dann, dass es einer von denen war, die man schälen sollte, ups!

So viele Möglichkeiten





Tag 2 - Finse, irgendwo im Nebel
Am Morgen schlafe ich dann erst mal ausgiebig aus, ich hab ja schliesslich kein bestimmtes Tagesziel. Um 11 Uhr fange ich an zu packen und um halb eins etwa gehts wieder in Richtung Finse Station und weiter auf den Weg nach Rembesdalseter.
In meiner Planung hatte ich noch, inspiriert von Zwimons Bericht, den Weg über das Aurlandsdalen nach Flåm als Möglichkeit drin. Das wollte ich dann aber vor Ort entscheiden. Doch jetzt, als ich loslaufe, hängen die Wolken auf der Seite immer noch sehr tief und irgendwie ist mir das zu unsicher so am Anfang der Tour. Ich denke mir, vielleicht zu Unrecht, dass dort nicht so viele Leute unterwegs sind, die zur Not helfen könnten im unwahrscheinlichen Fall, dass etwas passieren sollte. Vielleicht etwas zu ängstlich? Wahrscheinlich, aber für mich wars so richtig. Und das Aurlandsdalen läuft ja nicht weg!



Das Wetter ist grau, aber trocken. Erst geht es dem Fahrweg entlang, dann kommt ein Trampelpfad mit Steinen und ersten Bächen. Am Ende des Finsevatnet kommt meine erste norwegische Sommerbrücke, juhu! Ich steige die Stufen hoch und suche mir die beste Variante aus, wie ich meine Stöcke dabei halten soll, denn festhalten will ich mich schon an der Brücke. Gut gelaunt gehts weiter und erst mal den Berg hoch. Die tiefsten Wolken kommen langsam näher, die Aussicht wird etwas verkürzt. Auch wird die Umgebung immer steiniger und grauer.


Als ich zu einem Schneefeld komme, sind die Markierungen im Nebel versteckt. Ich folge irgendwelchen Fussspuren quer hoch über das Schneefeld, vielleicht geht es dort weiter. Aber irgendwie scheint das nicht der Weg zu sein. Also wieder rüber und einfach mal hoch mit etwas Gekraxle über einen Absatz. Dort oben ist dann auch wieder eine Markierung. Ich begegne einem Pärchen, das auch auf der Suche nach dem Weg ist. Wir finden die nächste Markierung auf der anderen Seite eines Baches. Doch irgendwie geht das Gesuche weiter.
Nach einer Weile beschliessen die beiden, dass sie sich hier irgendwo einen Zeltplatz suchen wollen. Ich gehe weiter und hangle mich von Steinmännchen zu Steinmännchen. Es gefällt mir hier, auch wenn ich nicht viel sehe, doch die Stimmung ist einmalig.
Irgendwann komme ich auch wieder aus dem Nebel raus und gehe weiter, bis ich keine Lust mehr hab. Ich finde ein windgeschütztes Plätzchen und baue das Zelt auf. Der Dyrhaugane mit der Radiostation oben drauf wäre ein guter Orientierungspunkt, aber der ist leider irgendwo in der Nebelsuppe. Ich weiss also nicht genau, auf welcher Höhe ich bin, aber ich schätze mal irgendwo beim Ramnabergvatnet.
Ich koche mir Spaghetti, geniesse den Blick auf den Gletscher und gehe danach noch etwas die nähere Umgebung erforschen. Die blaue Farbe des Schnees, der in den vielen kleinen Seen liegt, fasziniert mich.


Blau!


Suppe ist eigentlich was zum Kochen
Tag 3 - in weniger Nebel, Rembesdalseter
Sehr früh komme ich nicht los, aber das wird sich auch nicht ändern. Die Fernsicht ist aufgrund des Wetters etwas beschränkt, aber es gibt genug in der Nähe anzuschauen. Der Gletscher wirkt riesig, obwohl ich nur einen Teil sehe, das Grün zwischen den Felsen am Boden scheint zu leuchten und Steinmännchen suchen macht Spass. Zwischendurch kommt der Nebel wieder mal ganz dick. Ich sehe keine 5 Meter weit. Ich bin bei einem kleinen See, der Weg sollte seitlich dran vorbei gehen über ein Blockfeld. Ich versuche es mit der Zickzackmethode und stosse irgendwo wieder auf eine Markierung. Na also, irgendwie kommt man immer weiter.
Ab und zu kommen mir Gruppen entgegen, ansonsten bin ich ziemlich alleine hier. Die beiden von gestern treffe ich auch irgendwann. Sie sind gestern dann doch noch etwas weiter, aber sind anscheinend den falschen Wegweisern nach und haben wohl am Ende fast auf dem Dyrhaugane übernachtet.



Es regnet immer wieder mal, ich ziehe meine Regenhose an. Schlechte Idee! Denn irgendwann werde ich von ein paar netten Schafen verfolgt. Sie sind anhänglich und mein Rucksack scheint ihnen zum Anknabbern geeignet. Ich beschleunige leicht, will sie wegschicken und passe bei einem Minischneefeld nicht so gut auf. Ich trete auf die vereiste Fläche neben der Trampelspur, rutsche mit dem unteren Bein ab und versuche mich im Spagat – ratsch! Öh, ich glaube, das war meine Hose… Ich krieche vorsichtig wieder hoch, denn der Hang geht doch ein bisschen weit runter, und „rette“ mich auf festen Boden. Als das Herzklopfen aufhört, begutachte ich meine Hose. Schön im Schritt bis zu den Oberschenkeln die Naht aufgerissen, toll! Die Wanderhose drunter ist zum Glück noch ganz, aber die ist ja auch elastisch. Naja, das wird sich schon kleben lassen für die nächsten Tage.
Ein bisschen verstimmt gehe ich weiter, und jetzt fängt auch noch richtig der Regen an. Die glattgeschliffenen, nassen Felsen bei Lureggane gehe ich wie auf Eiern und teils auf dem Hosenboden. Der Regen hat sich inzwischen in die kaputte Regenhose geschlichen und langsam wird auch der Rucksack schwer. Ich werde von 2 Wanderern überholt, die sehen noch so fit aus… Was mache ich falsch? Die letzten steilen, überspülten Trampelpfade bleiben sie in meiner Nähe.



Ich denke mir, so langsam könnte die Hütte aber mal auftauchen, aber inzwischen ist der Nebel so dick, dass wir sie erst sehen, als wir kurz davor stehen. Drinnen ist es dafür schön warm, wenn auch sehr voll. Eine Jugendgruppe muss draussen in den Zelten im strömenden Regen übernachten. Einige von ihnen sehen nicht so glücklich aus. Es wird ein gemütlicher Abend, gut gefüttert gehts irgendwann ins warme Bett, schon fast zu warm für meinen Geschmack.

Wenn man genau hinschaut...
Tag 4 - Rembesdalseter, Skytjedalsvatnet
Am nächsten Morgen gehe ich es wieder gemütlich an. Es ist immer noch grau, aber es regnet nicht. Die Portion Griesbrei mit Ahornsirup ist zwar ein schöner Einstieg in den Tag, aber irgendwie werde ich davon eher träge. Für den Weg um den Rembesdalvatnet brauche ich noch länger als ich dachte. Ich bin zwar bekennende Langsamwanderin, aber das ist sogar mir selbst zu lahm. Die vielen Foto- und Aussichtangucken-Halts helfen da natürlich auch nicht. Aber egal, ich habe ja ein Zelt, kann also überall auf der Strecke aufhören, wenn es spät werden sollte. Ich schaue mir lieber die Gegend ausgiebig an als Strecke zu machen. Als es dann aufwärts geht, wünsche ich mir aber doch einen leichteren Rucksack. Verdammte Plackerei! Aber Spass machts trotzdem…






Oben läuft es sich dann gemütlich, auch wenn hier der Wind etwas pfeift. Immer wieder blitzen der Gletscher und auch der Rembesdalsvatnet hervor. Schön, wenn man sieht, wo man vor noch nicht allzu langer Zeit war. Ich freue mich auch schon auf die Aussicht auf den Simadalsfjord. Als er dann auftaucht, kann ich mich nicht sattsehen. Nur da runterwandern müsste ich jetzt gar nicht, dafür stehen die Höhenlinien auf der Karte zu eng beieinander!


Ich will am Skytjedalsvatnet übernachten und steige den Berg runter an einigen Schafen vorbei. Der Weg runter geht in die Knie, dafür kommt immer mehr die Sonne raus. Was doch so ein bisschen Sonne ausmacht! Von jetzt an wird es die meisten Tage so sein, dass die Sonne morgens scheint, dann gegen Mittag verschwindet sie und macht dem Regen etwas Platz und am Abend kommt sie wieder für ein Weilchen hervor. Unten angekommen komme ich an einem Zelt vorbei, Holländer, und suche mir eine nicht zu sumpfige Stelle für meins.




Jetzt ist es richtig sonnig und warm,
ich koche mir Risotto mit viel Parmesan und sitze mit einem zufriedenen Grinsen vor dem Zelt.
Tag 5 - Skytjedalsvatnet, Garen
Der Tag startet sonnig und warm. Nur gehts leider erst mal steil hoch. Dass das auch nie passen kann! Ich geniesse es, fluche immer wieder mal darüber, dass die Norweger so keine gescheiten Wege hinkriegen, sondern immer wieder senkrecht hoch, und komme glücklich oben an. Hier oben auf der Ebene ist keine Menschenseele, es ist sehr still und ich weiss nicht recht, was für ein Gefühl ich dabei habe. Ich lasse die Gedanken spielen, wie es wäre, wenn es jetzt tagelang so weitergehen würde. Wär mir das zu viel? Oder würde ich es erst recht geniessen? Ich bin ja ein Mensch, der sehr gut und gerne mit sich alleine sein kann, aber wo liegt meine Grenze?
Ich konzentriere mich aufs Weiterkommen auf dem recht sumpfigen Boden. Irgendwie ziehen sich diese Wege doch ziemlich. Bin ich zu langsam oder bin ich ungeduldig? Ich merke, dass die 100‘000er-Karte für mich zu gross ist. Die gelaufene Strecke ist darauf so klein, dass ich nicht das Gefühl bekomme, ich sei vorwärtsgekommen. In Zukunft gibt es auf jeden Fall nur noch Karten mit grösserem Massstab.



Ich komme an vielen kleinen Seen vorbei und ich würde mich am liebsten bei allen kurz in die Sonne legen und die Ruhe geniessen. Es ist so schön hier. Aber eigentlich will ich heute noch Liseth erreichen. Weiter geht es also und ich sehe bald ins Tal auf die ersten Ferienhäuser hinunter. Ich mache eine Pause, aber nicht zu lange, denn ich sehe, wie sich von Süden her eine Regenwand nähert. Ich freue mich über die Bäume, die wieder zahlreicher werden, und denke mir, dass es noch viel besser wäre, wenn ich das letzte Stück auch trocken zurücklegen könnte. Aber leider wird daraus nichts, es schüttet noch mal runter, genau bis ich in Liseth ankomme, dann hört es auf - typisch!


Ich überlege mir, im Pensionat nach einem Bett zu fragen, aber irgendwie gefällt es mir hier nicht. Ich stolpere die letzten 20 Minuten zum Garen Camping, checke ein und setze mich erst mal mit einer eiskalten Cola auf die Wiese. Eine bessere Cola gabs noch nie! Als ich wieder einigermassen lebendig bin, stelle ich das Zelt auf und gehe duschen. Herrlich! In der Abendsonne mache ich mir wohlverdiente Spaghetti Bolognese und beschliesse, morgen einen Ruhetag zu machen. Ich bin noch etwas unentschlossen, ob ich weiter nach Süden nach Haukeliseter will oder doch lieber in den östlichen Teil der Hardangervidda.

Vor der Abreise
Nach meiner Schottlandtour im Frühling will mein liebes Zelt jetzt wirklich mal dort hin, wo es hingehört – raus. Norwegen muss es sein, das ist klar. Das letzte Mal ist schon 2 Jahre her und schliesslich sollen die erworbenen Sprachkenntnisse mal in echt getestet werden. Hoffentlich werde ich unterwegs nicht nur auf Schweizer und Deutsche treffen, ein paar Eingeborene wären schon nicht schlecht…
Die Auswahl des Reiseziels ist mal nicht gerade originell – Hardangervidda – aber es ist ja schliesslich erst meine 2. richtige Solotour, also sind relativ gut begangene Wege genau richtig.
Eine Woche vor Abreise steigt die Vorfreude mit jedem Tag mehr, der Rucksack ist gepackt, das meiste Essen ist drin.
Will ich das wirklich rumschleppen? Leichter ist natürlich nie schlecht, aber was solls? Ein bisschen leichter soll es werden, indem ich die Spiegelreflex diesmal zu Hause lasse und die kleine Knipse mitnehme. So viel hab ich in Schottland beschlossen. Es ist zwar nicht mal das Gewicht, aber ich finde einfach keine bequeme Variante, wie ich das Ding tragen soll.
Okay, also die kleine Kamera ausgepackt, Akku gecheckt, ein paar Testfotos vom Wohnzimmer geschossen…
Was ist das denn? Die Fotos bestehen eigentlich nur aus horizontalen Linien! Okay, mal Speicherkarte formatieren,
vielleicht ist sie einfach nur etwas verwirrt. Erneute Testfotos – es geht ja, alles in Ordnung! Glück gehabt.
Am Freitagmorgen spiele ich noch mal mit der Kamera rum… Och nee, bitte nicht! Wieder nur Streifenbilder, dazwischen mal eins, das in Ordnung ist. Also so geht das ja gar nicht. Morgen früh um 7 Uhr geht mein Flieger. Mir bleibt also nicht viel anderes übrig als nach der Arbeit – zum Glück heute keine Spätschicht – in die nächste Migrosfiliale zu gehen und in der Elektronikabteilung die Kameras in Augenschein zu nehmen. Etwas später komme ich um eine Kamera reicher nach Hause und hoffe, sie taugt auch etwas.
Aber es reicht ja nicht, dass nur etwas nicht klappt. Etwa 2 Wochen vor Abreise merke ich an meiner Wanderjacke plötzlich, dass sich die Beschichtung auf etwa halber Rückenhöhe links und rechts abgelöst hat. So kleine runde Stellen, nicht wie wenn es einfach weggescheuert wäre. Die Jacke ist noch kein Jahr alt und es ist keine beanspruchte Stelle. Wenn es an der Hüfte oder den Schultern wäre, okay, aber so? Ich bringe sie mal im Laden vorbei, sie wollen sie einschicken und schauen. Nach einer Woche rufe ich an und frage, ob sich was getan hat, schliesslich brauche ich bald eine Jacke.
Öhm, ja, sie hätten auch noch nichts gehört, sie melden sich wieder. Na toll. Am Donnerstagnachmittag vor Abflug bekomme ich einen Anruf, sie würden mir eine neue Jacke geben, ich könne sie gleich abholen. Oh, danke, ist ja nett, aber leider ist die Jacke in der falschen Stadt und so schnell, schnell hinfahren liegt grad nicht mehr drin.
Aber egal, ich habe mich eh schon damit abgefunden, die alte Jacke rauszukramen, die mir zu klein geworden ist.
Zum Glück habe ich sie noch nicht verschenkt. Dafür ist sie rot, so wird man mich wenigstens sehen, falls ich verloren gehe!
Tag 1 - Zürich, Oslo, Finse
Doch genug Vorgeplänkel, jetzt soll es losgehen. Ich steige früh in den Bus, fahre zum Flughafen, fliege nach Oslo und steige dort in den Zug nach Finse. Irgendwann nach 20 Uhr kommt der Zug an, ich und noch einige andere steigen aus, und ich mache mich auf zur anderen Seite des Sees, wo ich mein Zelt aufstellen will. Die besten Stellen sind schon belegt, doch dann finde ich ein nettes Plätzchen und baue mit dem Gletscher im Rücken das Zelt auf. Ich mache noch ein paar Fotos, richte mich ein und versuche, richtig anzukommen. Ein bisschen komisch ist das Gefühl schon. So ganz drin bin ich noch nicht. Ich bin zwar hundemüde von der Reise, aber ich schlafe doch erst sehr spät ein und schlafe etwas unruhig.
Mitten in der Nacht bekomme ich auch noch Hunger und suche mir im Dunkeln einen Landjäger raus. Am nächsten Morgen entdecke ich dann, dass es einer von denen war, die man schälen sollte, ups!
So viele Möglichkeiten
Tag 2 - Finse, irgendwo im Nebel
Am Morgen schlafe ich dann erst mal ausgiebig aus, ich hab ja schliesslich kein bestimmtes Tagesziel. Um 11 Uhr fange ich an zu packen und um halb eins etwa gehts wieder in Richtung Finse Station und weiter auf den Weg nach Rembesdalseter.
In meiner Planung hatte ich noch, inspiriert von Zwimons Bericht, den Weg über das Aurlandsdalen nach Flåm als Möglichkeit drin. Das wollte ich dann aber vor Ort entscheiden. Doch jetzt, als ich loslaufe, hängen die Wolken auf der Seite immer noch sehr tief und irgendwie ist mir das zu unsicher so am Anfang der Tour. Ich denke mir, vielleicht zu Unrecht, dass dort nicht so viele Leute unterwegs sind, die zur Not helfen könnten im unwahrscheinlichen Fall, dass etwas passieren sollte. Vielleicht etwas zu ängstlich? Wahrscheinlich, aber für mich wars so richtig. Und das Aurlandsdalen läuft ja nicht weg!
Das Wetter ist grau, aber trocken. Erst geht es dem Fahrweg entlang, dann kommt ein Trampelpfad mit Steinen und ersten Bächen. Am Ende des Finsevatnet kommt meine erste norwegische Sommerbrücke, juhu! Ich steige die Stufen hoch und suche mir die beste Variante aus, wie ich meine Stöcke dabei halten soll, denn festhalten will ich mich schon an der Brücke. Gut gelaunt gehts weiter und erst mal den Berg hoch. Die tiefsten Wolken kommen langsam näher, die Aussicht wird etwas verkürzt. Auch wird die Umgebung immer steiniger und grauer.
Als ich zu einem Schneefeld komme, sind die Markierungen im Nebel versteckt. Ich folge irgendwelchen Fussspuren quer hoch über das Schneefeld, vielleicht geht es dort weiter. Aber irgendwie scheint das nicht der Weg zu sein. Also wieder rüber und einfach mal hoch mit etwas Gekraxle über einen Absatz. Dort oben ist dann auch wieder eine Markierung. Ich begegne einem Pärchen, das auch auf der Suche nach dem Weg ist. Wir finden die nächste Markierung auf der anderen Seite eines Baches. Doch irgendwie geht das Gesuche weiter.
Nach einer Weile beschliessen die beiden, dass sie sich hier irgendwo einen Zeltplatz suchen wollen. Ich gehe weiter und hangle mich von Steinmännchen zu Steinmännchen. Es gefällt mir hier, auch wenn ich nicht viel sehe, doch die Stimmung ist einmalig.
Irgendwann komme ich auch wieder aus dem Nebel raus und gehe weiter, bis ich keine Lust mehr hab. Ich finde ein windgeschütztes Plätzchen und baue das Zelt auf. Der Dyrhaugane mit der Radiostation oben drauf wäre ein guter Orientierungspunkt, aber der ist leider irgendwo in der Nebelsuppe. Ich weiss also nicht genau, auf welcher Höhe ich bin, aber ich schätze mal irgendwo beim Ramnabergvatnet.
Ich koche mir Spaghetti, geniesse den Blick auf den Gletscher und gehe danach noch etwas die nähere Umgebung erforschen. Die blaue Farbe des Schnees, der in den vielen kleinen Seen liegt, fasziniert mich.
Blau!
Suppe ist eigentlich was zum Kochen
Tag 3 - in weniger Nebel, Rembesdalseter
Sehr früh komme ich nicht los, aber das wird sich auch nicht ändern. Die Fernsicht ist aufgrund des Wetters etwas beschränkt, aber es gibt genug in der Nähe anzuschauen. Der Gletscher wirkt riesig, obwohl ich nur einen Teil sehe, das Grün zwischen den Felsen am Boden scheint zu leuchten und Steinmännchen suchen macht Spass. Zwischendurch kommt der Nebel wieder mal ganz dick. Ich sehe keine 5 Meter weit. Ich bin bei einem kleinen See, der Weg sollte seitlich dran vorbei gehen über ein Blockfeld. Ich versuche es mit der Zickzackmethode und stosse irgendwo wieder auf eine Markierung. Na also, irgendwie kommt man immer weiter.
Ab und zu kommen mir Gruppen entgegen, ansonsten bin ich ziemlich alleine hier. Die beiden von gestern treffe ich auch irgendwann. Sie sind gestern dann doch noch etwas weiter, aber sind anscheinend den falschen Wegweisern nach und haben wohl am Ende fast auf dem Dyrhaugane übernachtet.
Es regnet immer wieder mal, ich ziehe meine Regenhose an. Schlechte Idee! Denn irgendwann werde ich von ein paar netten Schafen verfolgt. Sie sind anhänglich und mein Rucksack scheint ihnen zum Anknabbern geeignet. Ich beschleunige leicht, will sie wegschicken und passe bei einem Minischneefeld nicht so gut auf. Ich trete auf die vereiste Fläche neben der Trampelspur, rutsche mit dem unteren Bein ab und versuche mich im Spagat – ratsch! Öh, ich glaube, das war meine Hose… Ich krieche vorsichtig wieder hoch, denn der Hang geht doch ein bisschen weit runter, und „rette“ mich auf festen Boden. Als das Herzklopfen aufhört, begutachte ich meine Hose. Schön im Schritt bis zu den Oberschenkeln die Naht aufgerissen, toll! Die Wanderhose drunter ist zum Glück noch ganz, aber die ist ja auch elastisch. Naja, das wird sich schon kleben lassen für die nächsten Tage.
Ein bisschen verstimmt gehe ich weiter, und jetzt fängt auch noch richtig der Regen an. Die glattgeschliffenen, nassen Felsen bei Lureggane gehe ich wie auf Eiern und teils auf dem Hosenboden. Der Regen hat sich inzwischen in die kaputte Regenhose geschlichen und langsam wird auch der Rucksack schwer. Ich werde von 2 Wanderern überholt, die sehen noch so fit aus… Was mache ich falsch? Die letzten steilen, überspülten Trampelpfade bleiben sie in meiner Nähe.
Ich denke mir, so langsam könnte die Hütte aber mal auftauchen, aber inzwischen ist der Nebel so dick, dass wir sie erst sehen, als wir kurz davor stehen. Drinnen ist es dafür schön warm, wenn auch sehr voll. Eine Jugendgruppe muss draussen in den Zelten im strömenden Regen übernachten. Einige von ihnen sehen nicht so glücklich aus. Es wird ein gemütlicher Abend, gut gefüttert gehts irgendwann ins warme Bett, schon fast zu warm für meinen Geschmack.
Wenn man genau hinschaut...
Tag 4 - Rembesdalseter, Skytjedalsvatnet
Am nächsten Morgen gehe ich es wieder gemütlich an. Es ist immer noch grau, aber es regnet nicht. Die Portion Griesbrei mit Ahornsirup ist zwar ein schöner Einstieg in den Tag, aber irgendwie werde ich davon eher träge. Für den Weg um den Rembesdalvatnet brauche ich noch länger als ich dachte. Ich bin zwar bekennende Langsamwanderin, aber das ist sogar mir selbst zu lahm. Die vielen Foto- und Aussichtangucken-Halts helfen da natürlich auch nicht. Aber egal, ich habe ja ein Zelt, kann also überall auf der Strecke aufhören, wenn es spät werden sollte. Ich schaue mir lieber die Gegend ausgiebig an als Strecke zu machen. Als es dann aufwärts geht, wünsche ich mir aber doch einen leichteren Rucksack. Verdammte Plackerei! Aber Spass machts trotzdem…
Oben läuft es sich dann gemütlich, auch wenn hier der Wind etwas pfeift. Immer wieder blitzen der Gletscher und auch der Rembesdalsvatnet hervor. Schön, wenn man sieht, wo man vor noch nicht allzu langer Zeit war. Ich freue mich auch schon auf die Aussicht auf den Simadalsfjord. Als er dann auftaucht, kann ich mich nicht sattsehen. Nur da runterwandern müsste ich jetzt gar nicht, dafür stehen die Höhenlinien auf der Karte zu eng beieinander!
Ich will am Skytjedalsvatnet übernachten und steige den Berg runter an einigen Schafen vorbei. Der Weg runter geht in die Knie, dafür kommt immer mehr die Sonne raus. Was doch so ein bisschen Sonne ausmacht! Von jetzt an wird es die meisten Tage so sein, dass die Sonne morgens scheint, dann gegen Mittag verschwindet sie und macht dem Regen etwas Platz und am Abend kommt sie wieder für ein Weilchen hervor. Unten angekommen komme ich an einem Zelt vorbei, Holländer, und suche mir eine nicht zu sumpfige Stelle für meins.
Jetzt ist es richtig sonnig und warm,
ich koche mir Risotto mit viel Parmesan und sitze mit einem zufriedenen Grinsen vor dem Zelt.
Tag 5 - Skytjedalsvatnet, Garen
Der Tag startet sonnig und warm. Nur gehts leider erst mal steil hoch. Dass das auch nie passen kann! Ich geniesse es, fluche immer wieder mal darüber, dass die Norweger so keine gescheiten Wege hinkriegen, sondern immer wieder senkrecht hoch, und komme glücklich oben an. Hier oben auf der Ebene ist keine Menschenseele, es ist sehr still und ich weiss nicht recht, was für ein Gefühl ich dabei habe. Ich lasse die Gedanken spielen, wie es wäre, wenn es jetzt tagelang so weitergehen würde. Wär mir das zu viel? Oder würde ich es erst recht geniessen? Ich bin ja ein Mensch, der sehr gut und gerne mit sich alleine sein kann, aber wo liegt meine Grenze?
Ich konzentriere mich aufs Weiterkommen auf dem recht sumpfigen Boden. Irgendwie ziehen sich diese Wege doch ziemlich. Bin ich zu langsam oder bin ich ungeduldig? Ich merke, dass die 100‘000er-Karte für mich zu gross ist. Die gelaufene Strecke ist darauf so klein, dass ich nicht das Gefühl bekomme, ich sei vorwärtsgekommen. In Zukunft gibt es auf jeden Fall nur noch Karten mit grösserem Massstab.
Ich komme an vielen kleinen Seen vorbei und ich würde mich am liebsten bei allen kurz in die Sonne legen und die Ruhe geniessen. Es ist so schön hier. Aber eigentlich will ich heute noch Liseth erreichen. Weiter geht es also und ich sehe bald ins Tal auf die ersten Ferienhäuser hinunter. Ich mache eine Pause, aber nicht zu lange, denn ich sehe, wie sich von Süden her eine Regenwand nähert. Ich freue mich über die Bäume, die wieder zahlreicher werden, und denke mir, dass es noch viel besser wäre, wenn ich das letzte Stück auch trocken zurücklegen könnte. Aber leider wird daraus nichts, es schüttet noch mal runter, genau bis ich in Liseth ankomme, dann hört es auf - typisch!
Ich überlege mir, im Pensionat nach einem Bett zu fragen, aber irgendwie gefällt es mir hier nicht. Ich stolpere die letzten 20 Minuten zum Garen Camping, checke ein und setze mich erst mal mit einer eiskalten Cola auf die Wiese. Eine bessere Cola gabs noch nie! Als ich wieder einigermassen lebendig bin, stelle ich das Zelt auf und gehe duschen. Herrlich! In der Abendsonne mache ich mir wohlverdiente Spaghetti Bolognese und beschliesse, morgen einen Ruhetag zu machen. Ich bin noch etwas unentschlossen, ob ich weiter nach Süden nach Haukeliseter will oder doch lieber in den östlichen Teil der Hardangervidda.
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