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Es gibt etliche Reiseberichte über längere Touren. Reiseberichte über das Glen Nevis und die Mamores gibt es auch schon einige. Aber es gibt noch nicht sonderlich viele Berichte über Mehrtagestouren mit Kleinkind, Kraxe, Kocher und Zelt durch die Einsamkeit der schottischen Highlands.
27. April – Tag 1
KKlein-Cattlechaser wird jetzt im Sommer vier Jahre alt. Bereits letztes Jahr sind wir mit ihm zwei Tage durch das Glen Affric und zwei Tage in die Letterewe gegangen. Dieses Jahr hat er gewichtsmäßig noch mehr als das draufgelegt, was wir inzwischen mit dem Kauf von UL-Ausrüstung gespart haben. Er bringt mittlerweile mehr als 18 kg Gewicht zusammen, so dass er mit seiner Kleidung und mit der Kinderkraxe, die ich noch um Verpflegung, Kocher und dem angebundenen Zelt ergänzt habe, ein Gewicht von fast 30 Kilo zusammen bringt. Claudia hat den ganzen Rest in den großen Rucksack gepackt, was auch so ca. 18-19 kg Gesamtgewicht ergibt. Trotzdem stehen wir an diesem sonnigen Morgen am Parkplatz im Upper Glen Nevis am Ende der Straße und freuen uns auf eine Dreitagestour, die uns durch das Glen Nevis und an Kinlochleven vorbei über den WHW bis zurück nach Fort William führen wird.
Klein-Cattlechaser ist schon jetzt ein begeisterter Tourengeher, der in der Natur nichts weiter benötigt als ein paar Stücke und Steine und vielleicht einen Bach. Gut gelaunt thront er in der Kraxe und schaut sich die steilen Berge des Glen Nevis an. Der Weg geht hinter dem Parkplatz durch den steinigen Pfad, der durch die Nevis-Klamm namens Eas an Tuill und vorbei an den Wasserfällen im Tal führt. Mehrmals macht Klein-Cattlechaser seine Eltern darauf aufmerksam, dass da „ganz viel Wasser“ ist. Wo er recht hat, hat er recht. Wir sind schon ziemlich geschwitzt, als wir mit unseren gewichtigen Rucksäcken auf die Hochebene des Glen Nevis kommen, und machen am großen Wasserfall An Steall die erste Pause. Klein-Cattlechaser geht sofort zu seiner Lieblingsbeschäftigung über, möglichst große Steine in Seen und Bäche werfen. In unsere Pause von 20 Minuten arbeitet er also fleißig daran, den Lauf des Water of Nevis eine Feinkorrektur zu verpassen. Dann kann er angesichts des flachen Geländes und des guten Trampelpfades selbst laufen. Seine Wanderschuhe zahlen sich jetzt aus; er sucht sich sehr schön, die nächsten Schritte antizipierend, seinen Weg über den mal sumpfigen, mal felsigen Weg. Ich genieße für kurze Zeit die leichte Trage und nehme einen Blick auf das beeindruckende Bergpanorama im Glen Nevis. Die Gipfel sind noch schneebedeckt. Auch wenn uns jetzt die Sonne anlacht, klettern die Temperaturen kaum über 10 Grad. Heute Nacht haben sie Frost angesagt.
Einen halben Kilometer den Ruinen von Steall kommt er wieder in die Kraxe. Der Pfad steigt jetzt über einige Höhenmeter nach oben. Claudia und ich Keuchen unter unseren Lasten. Claudia bekommt in solchen Momenten immer seeehr schlechte Laune. Aber – und das soll bis zum Ende unserer Tour so bleiben – sie verkneift sich ihren sonstigen Reflex, an steileren Anstiegen hin und wieder einen Stein (respektive: einen Busch, oder: einen Baum, etc.) anzuschreien. An dieser Stelle einen Dank an meine Frau für die diesmal ausnahmlos (!) gute Laune
.
Lieblingsbeschäftigung: Steine werfen:

Blick zurück in Glen Nevis:

Nachwuchsbergsteiger:

Es geht steil hinauf:

Ich werde beim Aufstieg von meinem Radio hervorragend unterhalten. So wie im Film „Ritter der Kokosnuss“, in welchem Sir Robin einen „Troubadour“ als singendes Radio hatte, welches ständig seinen Heldentaten –ob gefragt oder ungefragt- kommentiert und besungen hatte:
(Bravely bold Sir Robin rode forth from Camelot
He was not afraid to die, O brave Sir Robin
He was not at all afraid to be killed in nasty ways
Brave, brave, brave, brave Sir Robin
Well that's enough music for now, lads...
Brave Sir Robin ran away - No!
Bravely ran away, away - I didn't!)
…also, so wie bei Sir Robin, wird alles was ich tue und alles was mich umgibt mit bestechender Präzision dokumentiert. Während ich mit meiner Last den Berg hinauf keuche erfahre ich zum Beispiel: „Papa, guck mal, Da oben ist Schnee.“ Oder „Papa, da unten ist ein Bach.“ oder aber „Da kommt eine große Pfütze, da musst du aufpassen.“ So kommen wir also bestens über unsere Umgebung informiert auf die Passhöhe.
Während unseres Aufstiegs sind Wolken aufgezogen. Dies ging einer merklichen Abkühlung vor sich. Oben angekommen machen wir unsere Mittagspause. Just in dem Moment, in welchen wir uns setzen wollen, fallen die ersten Graupeln vom Himmel. „Schnee!!!“ kommentiert Klein-Cattlechaser so trocken wie zutreffend. Es ist ziemlich kalt. Wir machen eine Suppe und einen Tee. Die Graupelschauer hören zum Glück schnell auf.
Klein-Cattlechaser würde gerne etwas Laufen. Problem ist aber, dass der Pfad fast schon nicht mehr vorhanden ist und zudem sehr morastig ist. Gegen seinen Protest kommt er nach der Pause also wieder in die Kraxe. Wir suchen uns einen Weg über den Fluss Abhainn Rath Zunächst laufen wir in dem unübersichtlichen Gelände falsch, bis ich kurz mit dem Kompass peile und wir ein Stück zurück gehe. Zwischendurch fegt die nächste Graupelschauer über uns weg. Claudia und ich schälen uns ich die Regensachen. Es ist verdammt kalt. Klein-Cattlechaser steckt ohnehin schon in voller Regenmontur. Wir finden nicht die Fußbrücke, die in der Karte eingezeichnet ist, aber die Flüsse führen so wenig Wasser, dass die Querung sich auch über Trittsteine lösen lässt. Dafür hänge ich auf der anderen Seite an einer hohen Torfabbruchkante, aus der ich mich mit großer Mühe und unter schallendem Gelächter meines Radios auf dem Rücken mühsam durch den Schlamm nach oben ziehe.
Schnee- und Graupelschauer über dem Glen Nevis und am Sgur Coinnich Mor.

Auf der anderen Seite finden wir den verdammten Pfad nicht, der auf der Karte eingezeichnet ist. Neben dem Fluss ist das Gelände extrem sumpfig, so dass wir uns über die Hügel weiter nach Osten bewegen. Es ist sehr, sehr anstrengend. Irgendwann gehen wir über Sumpfgelände zurück zum Fluss, weil sich entlang des Flusses doch ein Pfad abzuzeichnen scheint. Klein-Cattlechaser quengelt. Er will Laufen. Wir bemühen uns, ihn etwas aufzuheitern, scheitern aber aufgrund von Sumpf, Kälte und Anstrengung. Claudia mäandert mit ihrem großen Rucksack zwischen den Pfützen und dem hellgrünen Sumpfgras, um möglichst kein Boghole zu erwischen. Bei mir quietscht der Untergrund öfters, aber ich komme dank der Gamaschen halbwegs trocken durch das Moor. Kurz bevor wir den Weg erreichen tritt Claudia noch in einem großen Schritt auf das hellgrüne Sumpfgras. Es schmatzt und sie steht bis zu den Knien im Boghole, rudert hektisch mit den Armen (wie es so ihrer leicht aufgeregten Art entspricht) und kreischt „Ohhaahh, scheiss! Gras!!!“, bevor sie die Beine mit einem schmatzenden Geräusch wieder aus dem Dreck zieht. Klein-Cattlechaser hinter mir lacht Tränen. Er bekommt sich kaum noch ein. Ich fange auch an zu lachen und schließlich lacht selbst Claudia. Von jetzt ab gibt mein Sir-Robin-Radio übrigens regelmäßig die Meldung aus: „Mama, guck mal. Da vorne ist Scheissgras!“ Botanisch ist somit eine neue Art definiert, das Scheissgras (Betonung auf der ersten Silbe).
Endlich auf dem Weg genießen wir es, wieder halbwegs festen Untergrund unter den Füssen zu haben. Wir gehen weiter bis zu den Ruinen von Luibeilt. Hinter dem Haus machen wir eine Rast. Wir beratschlagen. Klein-Cattlechaser ist trotz mehrschichtiger warmer Bekleidung sehr kühl. Und er ist quengelig. Da liegt daran, dass er wegen des sumpfigen Untergrundes schlicht nicht laufen konnte. Wir haben als Eltern ein schlechtes gewissen. Wie bekommen wir unser Kind wieder warm? Ich schlage vor, heute abzubrechen und hinter der Ruine das Zelt aufzuschlagen. Claudia wägt ab. Von hinten kommen bedrohlich die Wolken näher. Der gegenüber liegende Berggipfel liegt schon mitten in einer Schnee- und Graupelschauer, und es sieht von den Wolken so aus, als würden diese Wolken länger anhaltende Niederschläge bringen. Es schaut so aus, als würden die Wolken heute nicht mehr ins südlich verlaufende Glen vordringen. Dort gibt es auch Rangerover-Tracks, auf denen Klein-Cattlechaser laufen kann, damit ihm warm wird. Also entscheiden wir uns, den ursprünglichen Plan zu realisieren und heute noch ein paar Kilometer nach Süden gehen.
Hinter den Ruinen kommen wir aber schon an das erste Hindernis, nämlich einen Bach, der sich auf dem Weg etwa 15-20 cm tief staut. Also müssen wir durch die ersichtlich sumpfige Wiese direkt daneben, bis wir nach 10 Metern wieder auf den trockenen Weg treffen. Claudia tänzelt nervös auf und ab und sucht einen Weg. Es gibt hier natürlich unbestreitbar viel grünes Sumpfgras, oder –wie Klein-Cattlechaser sagt: „Mama, da ist aber gaaaanz viel Scheissgras!“. Ich halte von diesem nervösen Zaudern nicht viel. Manchmal muss man eben auch durch Sumpf, das ist wie im Schwimmbad auf dem Sprungbrett stehen und nicht springen wollen. Da hilft es nicht viel, auf und ab zu tänzeln. Irgendwann muss man dann doch. Ich schnappe mir also Klein-Cattlechaser, nehme ihn vor mich und gehe los.
Es schmatzt unter den Füssen. Ich bin schon fast durch, da trete ich noch mal kurz – es ließ sich nicht vermeiden – auf Scheissgras. Und der Boden gibt nach. Sehr schnell. Nicht bis zum Knöchel, nicht bis zum Knie, nein, ich stecke auf einem bis zur Hüfte in einem Boghole. Klein-Cattlechaser lasse ich während meines Sinkfluges noch vor mich fallen. Er steht nur 50 cm von mir entfernt sehr sicher und trocken. Er schaut mich auf Augenhöhe an und meint mit einem nicht weit vom Weinen entfernten Ton: „Paaaapa? Papa, kommst du da wieder raus?“. Ich hab mich nach dem Schreck wieder halbwegs gefangen und kralle mich in die Erde, bis ich wieder auf das Trockene gerobbt bin. Claudia schafft es dann auch – wesentlich trockener als ich. Bei mir haben Gamaschen und Regenhose einiges abgefangen, aber in die Stiefel ist trotzdem von oben etwas eiskaltes Wasser hinein gelaufen und auch das Softshell ist von einem nassen, schwarzmorastigen und vor allem sehr kalten unteren Rand gekrönt.
Mir ist kalt. Klein-Cattlechaser ebenfalls. Wir sind müde, die Füße tun weh. Wir gehen über den Rangerover-Track weiter zum Loch Eilde Beag. Klein-Cattlechaser läuft zum Glück die nächsten 2,5 km ganz hervorragend. Bei den großen Pfützen zeigt er uns den Weg wie ein echter Pfadfinder („Ich habe eine Idee.“). An der ersten Ruine finden wir keinen wirklich ebenen Platz, also laufen wir noch einen Kilometer weiter zum Anfang von Loch Eilde Mor. Dort ist entlang einer Ruine ein schöner ebener Platz. So schnell als möglich stellen wir das Zelt auf. Es ist schon Abend. Die Temperaturen sind nur noch marginal über Null. Klein-Cattlechaser und ich gehen erst einmal in die Schlafsäcke, damit uns richtig warm wird. Claudia macht inzwischen den Rest. Im Zelt gibt es eine warme Mahlzeit, die Kräfte zurück gibt. Claudia und ich nehmen noch ein paar Schlucke aus dem Flachmann und reden noch ein bisschen. Klein-Cattlechaser will auch noch unbedingt wach bleiben. Aber irgendwann liegt er dann doch zwischen uns im Schlafsack und schläft.
Unser Lageplatz:

Am nächsten Tag, Blick nach Südwesten:

...wird fortgesetzt
27. April – Tag 1
KKlein-Cattlechaser wird jetzt im Sommer vier Jahre alt. Bereits letztes Jahr sind wir mit ihm zwei Tage durch das Glen Affric und zwei Tage in die Letterewe gegangen. Dieses Jahr hat er gewichtsmäßig noch mehr als das draufgelegt, was wir inzwischen mit dem Kauf von UL-Ausrüstung gespart haben. Er bringt mittlerweile mehr als 18 kg Gewicht zusammen, so dass er mit seiner Kleidung und mit der Kinderkraxe, die ich noch um Verpflegung, Kocher und dem angebundenen Zelt ergänzt habe, ein Gewicht von fast 30 Kilo zusammen bringt. Claudia hat den ganzen Rest in den großen Rucksack gepackt, was auch so ca. 18-19 kg Gesamtgewicht ergibt. Trotzdem stehen wir an diesem sonnigen Morgen am Parkplatz im Upper Glen Nevis am Ende der Straße und freuen uns auf eine Dreitagestour, die uns durch das Glen Nevis und an Kinlochleven vorbei über den WHW bis zurück nach Fort William führen wird.
Klein-Cattlechaser ist schon jetzt ein begeisterter Tourengeher, der in der Natur nichts weiter benötigt als ein paar Stücke und Steine und vielleicht einen Bach. Gut gelaunt thront er in der Kraxe und schaut sich die steilen Berge des Glen Nevis an. Der Weg geht hinter dem Parkplatz durch den steinigen Pfad, der durch die Nevis-Klamm namens Eas an Tuill und vorbei an den Wasserfällen im Tal führt. Mehrmals macht Klein-Cattlechaser seine Eltern darauf aufmerksam, dass da „ganz viel Wasser“ ist. Wo er recht hat, hat er recht. Wir sind schon ziemlich geschwitzt, als wir mit unseren gewichtigen Rucksäcken auf die Hochebene des Glen Nevis kommen, und machen am großen Wasserfall An Steall die erste Pause. Klein-Cattlechaser geht sofort zu seiner Lieblingsbeschäftigung über, möglichst große Steine in Seen und Bäche werfen. In unsere Pause von 20 Minuten arbeitet er also fleißig daran, den Lauf des Water of Nevis eine Feinkorrektur zu verpassen. Dann kann er angesichts des flachen Geländes und des guten Trampelpfades selbst laufen. Seine Wanderschuhe zahlen sich jetzt aus; er sucht sich sehr schön, die nächsten Schritte antizipierend, seinen Weg über den mal sumpfigen, mal felsigen Weg. Ich genieße für kurze Zeit die leichte Trage und nehme einen Blick auf das beeindruckende Bergpanorama im Glen Nevis. Die Gipfel sind noch schneebedeckt. Auch wenn uns jetzt die Sonne anlacht, klettern die Temperaturen kaum über 10 Grad. Heute Nacht haben sie Frost angesagt.
Einen halben Kilometer den Ruinen von Steall kommt er wieder in die Kraxe. Der Pfad steigt jetzt über einige Höhenmeter nach oben. Claudia und ich Keuchen unter unseren Lasten. Claudia bekommt in solchen Momenten immer seeehr schlechte Laune. Aber – und das soll bis zum Ende unserer Tour so bleiben – sie verkneift sich ihren sonstigen Reflex, an steileren Anstiegen hin und wieder einen Stein (respektive: einen Busch, oder: einen Baum, etc.) anzuschreien. An dieser Stelle einen Dank an meine Frau für die diesmal ausnahmlos (!) gute Laune

Lieblingsbeschäftigung: Steine werfen:
Blick zurück in Glen Nevis:
Nachwuchsbergsteiger:
Es geht steil hinauf:
Ich werde beim Aufstieg von meinem Radio hervorragend unterhalten. So wie im Film „Ritter der Kokosnuss“, in welchem Sir Robin einen „Troubadour“ als singendes Radio hatte, welches ständig seinen Heldentaten –ob gefragt oder ungefragt- kommentiert und besungen hatte:
(Bravely bold Sir Robin rode forth from Camelot
He was not afraid to die, O brave Sir Robin
He was not at all afraid to be killed in nasty ways
Brave, brave, brave, brave Sir Robin
Well that's enough music for now, lads...
Brave Sir Robin ran away - No!
Bravely ran away, away - I didn't!)
…also, so wie bei Sir Robin, wird alles was ich tue und alles was mich umgibt mit bestechender Präzision dokumentiert. Während ich mit meiner Last den Berg hinauf keuche erfahre ich zum Beispiel: „Papa, guck mal, Da oben ist Schnee.“ Oder „Papa, da unten ist ein Bach.“ oder aber „Da kommt eine große Pfütze, da musst du aufpassen.“ So kommen wir also bestens über unsere Umgebung informiert auf die Passhöhe.
Während unseres Aufstiegs sind Wolken aufgezogen. Dies ging einer merklichen Abkühlung vor sich. Oben angekommen machen wir unsere Mittagspause. Just in dem Moment, in welchen wir uns setzen wollen, fallen die ersten Graupeln vom Himmel. „Schnee!!!“ kommentiert Klein-Cattlechaser so trocken wie zutreffend. Es ist ziemlich kalt. Wir machen eine Suppe und einen Tee. Die Graupelschauer hören zum Glück schnell auf.
Klein-Cattlechaser würde gerne etwas Laufen. Problem ist aber, dass der Pfad fast schon nicht mehr vorhanden ist und zudem sehr morastig ist. Gegen seinen Protest kommt er nach der Pause also wieder in die Kraxe. Wir suchen uns einen Weg über den Fluss Abhainn Rath Zunächst laufen wir in dem unübersichtlichen Gelände falsch, bis ich kurz mit dem Kompass peile und wir ein Stück zurück gehe. Zwischendurch fegt die nächste Graupelschauer über uns weg. Claudia und ich schälen uns ich die Regensachen. Es ist verdammt kalt. Klein-Cattlechaser steckt ohnehin schon in voller Regenmontur. Wir finden nicht die Fußbrücke, die in der Karte eingezeichnet ist, aber die Flüsse führen so wenig Wasser, dass die Querung sich auch über Trittsteine lösen lässt. Dafür hänge ich auf der anderen Seite an einer hohen Torfabbruchkante, aus der ich mich mit großer Mühe und unter schallendem Gelächter meines Radios auf dem Rücken mühsam durch den Schlamm nach oben ziehe.
Schnee- und Graupelschauer über dem Glen Nevis und am Sgur Coinnich Mor.
Auf der anderen Seite finden wir den verdammten Pfad nicht, der auf der Karte eingezeichnet ist. Neben dem Fluss ist das Gelände extrem sumpfig, so dass wir uns über die Hügel weiter nach Osten bewegen. Es ist sehr, sehr anstrengend. Irgendwann gehen wir über Sumpfgelände zurück zum Fluss, weil sich entlang des Flusses doch ein Pfad abzuzeichnen scheint. Klein-Cattlechaser quengelt. Er will Laufen. Wir bemühen uns, ihn etwas aufzuheitern, scheitern aber aufgrund von Sumpf, Kälte und Anstrengung. Claudia mäandert mit ihrem großen Rucksack zwischen den Pfützen und dem hellgrünen Sumpfgras, um möglichst kein Boghole zu erwischen. Bei mir quietscht der Untergrund öfters, aber ich komme dank der Gamaschen halbwegs trocken durch das Moor. Kurz bevor wir den Weg erreichen tritt Claudia noch in einem großen Schritt auf das hellgrüne Sumpfgras. Es schmatzt und sie steht bis zu den Knien im Boghole, rudert hektisch mit den Armen (wie es so ihrer leicht aufgeregten Art entspricht) und kreischt „Ohhaahh, scheiss! Gras!!!“, bevor sie die Beine mit einem schmatzenden Geräusch wieder aus dem Dreck zieht. Klein-Cattlechaser hinter mir lacht Tränen. Er bekommt sich kaum noch ein. Ich fange auch an zu lachen und schließlich lacht selbst Claudia. Von jetzt ab gibt mein Sir-Robin-Radio übrigens regelmäßig die Meldung aus: „Mama, guck mal. Da vorne ist Scheissgras!“ Botanisch ist somit eine neue Art definiert, das Scheissgras (Betonung auf der ersten Silbe).
Endlich auf dem Weg genießen wir es, wieder halbwegs festen Untergrund unter den Füssen zu haben. Wir gehen weiter bis zu den Ruinen von Luibeilt. Hinter dem Haus machen wir eine Rast. Wir beratschlagen. Klein-Cattlechaser ist trotz mehrschichtiger warmer Bekleidung sehr kühl. Und er ist quengelig. Da liegt daran, dass er wegen des sumpfigen Untergrundes schlicht nicht laufen konnte. Wir haben als Eltern ein schlechtes gewissen. Wie bekommen wir unser Kind wieder warm? Ich schlage vor, heute abzubrechen und hinter der Ruine das Zelt aufzuschlagen. Claudia wägt ab. Von hinten kommen bedrohlich die Wolken näher. Der gegenüber liegende Berggipfel liegt schon mitten in einer Schnee- und Graupelschauer, und es sieht von den Wolken so aus, als würden diese Wolken länger anhaltende Niederschläge bringen. Es schaut so aus, als würden die Wolken heute nicht mehr ins südlich verlaufende Glen vordringen. Dort gibt es auch Rangerover-Tracks, auf denen Klein-Cattlechaser laufen kann, damit ihm warm wird. Also entscheiden wir uns, den ursprünglichen Plan zu realisieren und heute noch ein paar Kilometer nach Süden gehen.
Hinter den Ruinen kommen wir aber schon an das erste Hindernis, nämlich einen Bach, der sich auf dem Weg etwa 15-20 cm tief staut. Also müssen wir durch die ersichtlich sumpfige Wiese direkt daneben, bis wir nach 10 Metern wieder auf den trockenen Weg treffen. Claudia tänzelt nervös auf und ab und sucht einen Weg. Es gibt hier natürlich unbestreitbar viel grünes Sumpfgras, oder –wie Klein-Cattlechaser sagt: „Mama, da ist aber gaaaanz viel Scheissgras!“. Ich halte von diesem nervösen Zaudern nicht viel. Manchmal muss man eben auch durch Sumpf, das ist wie im Schwimmbad auf dem Sprungbrett stehen und nicht springen wollen. Da hilft es nicht viel, auf und ab zu tänzeln. Irgendwann muss man dann doch. Ich schnappe mir also Klein-Cattlechaser, nehme ihn vor mich und gehe los.
Es schmatzt unter den Füssen. Ich bin schon fast durch, da trete ich noch mal kurz – es ließ sich nicht vermeiden – auf Scheissgras. Und der Boden gibt nach. Sehr schnell. Nicht bis zum Knöchel, nicht bis zum Knie, nein, ich stecke auf einem bis zur Hüfte in einem Boghole. Klein-Cattlechaser lasse ich während meines Sinkfluges noch vor mich fallen. Er steht nur 50 cm von mir entfernt sehr sicher und trocken. Er schaut mich auf Augenhöhe an und meint mit einem nicht weit vom Weinen entfernten Ton: „Paaaapa? Papa, kommst du da wieder raus?“. Ich hab mich nach dem Schreck wieder halbwegs gefangen und kralle mich in die Erde, bis ich wieder auf das Trockene gerobbt bin. Claudia schafft es dann auch – wesentlich trockener als ich. Bei mir haben Gamaschen und Regenhose einiges abgefangen, aber in die Stiefel ist trotzdem von oben etwas eiskaltes Wasser hinein gelaufen und auch das Softshell ist von einem nassen, schwarzmorastigen und vor allem sehr kalten unteren Rand gekrönt.
Mir ist kalt. Klein-Cattlechaser ebenfalls. Wir sind müde, die Füße tun weh. Wir gehen über den Rangerover-Track weiter zum Loch Eilde Beag. Klein-Cattlechaser läuft zum Glück die nächsten 2,5 km ganz hervorragend. Bei den großen Pfützen zeigt er uns den Weg wie ein echter Pfadfinder („Ich habe eine Idee.“). An der ersten Ruine finden wir keinen wirklich ebenen Platz, also laufen wir noch einen Kilometer weiter zum Anfang von Loch Eilde Mor. Dort ist entlang einer Ruine ein schöner ebener Platz. So schnell als möglich stellen wir das Zelt auf. Es ist schon Abend. Die Temperaturen sind nur noch marginal über Null. Klein-Cattlechaser und ich gehen erst einmal in die Schlafsäcke, damit uns richtig warm wird. Claudia macht inzwischen den Rest. Im Zelt gibt es eine warme Mahlzeit, die Kräfte zurück gibt. Claudia und ich nehmen noch ein paar Schlucke aus dem Flachmann und reden noch ein bisschen. Klein-Cattlechaser will auch noch unbedingt wach bleiben. Aber irgendwann liegt er dann doch zwischen uns im Schlafsack und schläft.
Unser Lageplatz:
Am nächsten Tag, Blick nach Südwesten:
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