[NO] [FI] Øvre Pasvik- Grenzerfahrungen auf und neben dem Piilola Trail

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  • JulianD
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    • 26.10.2017
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    [NO] [FI] Øvre Pasvik- Grenzerfahrungen auf und neben dem Piilola Trail

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ID: 3224474 Lustige Metapher zur Grenzerfahrung



    Warum einen Reisebericht schreiben?



    Seit Jahren bin ich nun schon Mitglied in diesem Forum und ernähre mich von den Berichten und Informationen anderer, teilweise über persönliche Nachrichten, teilweise aus den öffentlichen Fäden. Dass sich die digitale Foren-Kultur im Niedergang befindet- und zwar themenübergreifend- ist wohl mittlerweile unbestreitbar. Und u.a. ein Grund dafür sind sicherlich auch User wie ich, die lediglich passiv Foren nutzen. Ich hoffe so in gewisser Weise, dem Forum etwas zurückgeben zu können, auch wenn der Nutzen meines Berichts für andere User eher gering sein wird.



    Ein anderer Aspekt ist, dass durch das Schreiben ja ein Prozess der Reflexion in Gang gesetzt wird und ich durch den Bericht das Erlebte noch einmal verarbeiten kann. Ich denke, dass dieses Motiv bei mir und vielen anderen Benutzern eher im Vordergrund steht.



    Ziel und Tour



    Vorgeschichten sind ja immer so eine Sache. Es interessiert nicht wirklich und ist dazu meist höchst persönlich. Daher versuche ich es hier in gebotener Kürze und doch zugleich nachvollziehbar zu gestalten. Wenn ich „wir“ schreibe, dann sind stets mein Kompagnon S. und ich gemeint. 2019 wagten wir unsere erste gemeinsame Tour nach Südgrönland. Es gibt dazu keinen Bericht hier, aber ich könnte ihn noch verfassen. Für ein großes deutsches Raubfischforum habe ich einen Artikel verfasst, der allerdings eher die Gelüste der dortigen Klientel bedient und wenig Wandertechnisches beinhaltet. Nach dieser gelungenen Generalprobe wollten wir es 2020 dann richtig wissen und planten eine weitaus härtere Tour in Kamtschatka, welche uns aber von einer Pandemie zunichte gemacht wurde. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit hatten wir dann für 2021 Guinea-Bissau, Bolivien, Suriname und Ostgrönland als potentielle Ziele im Blick, allein die Seuche hatte noch kein Einsehen und so blieb es auch in jenem Jahr bei Traumreisen. 2022 wurden wir dann beide Väter und trotz der wunderbaren neuen Lebensaufgaben blieb der Wunsch nach einem weiteren gemeinsamen Abenteuer bestehen. Vielleicht alles eine Nummer kleiner und näher an den Geliebten? Zugleich aber wild und abgeschieden. Im Gegensatz zu S. war ich schon zweimal mehrere Wochen im skandinavischen Norden und irgendwie lag es ja auch auf der Hand. Warum aber nun Øvre Pasvik, dieser norwegische Wurmfortsatz, eingeklemmt zwischen Finnland und Russland im äußersten Nordosten? Um ehrlich zu sein, weiß ich das gar nicht mehr so genau, aber faszinierend fand ich die Vorstellung, Bären zu Gesicht bekommen zu können und der Nationalpark könnte sich als perfekte Spielwiese für unser Vorhaben eignen, womit wir bei der Art der Tour wären.



    Im Gegensatz zu vielen Outdoor-Menschen zieht uns gar nicht so sehr das Verlangen nach langen Wanderungen und großen Touren nach draußen. Unser Fokus lag schon in Grönland eher auf dem „draußen sein“ (im doppelten Wortsinne); Feuer machen, angeln, Essen besorgen und gerne mal drei Nächte am selben Spot- das sind eher unsere Zutaten für eine gelungene Tour. Ich bin passionierter Angler und schon in Grönland haben wir weniger Nahrung mitgenommen und auf regelmäßiges Petri-Heil gepokert. Diesmal wollten wir uns steigern: Vollständiges Essen sollte nur für die Hälfte der Zeit- in unserem Fall 8 von 16 reinen Wandertagen- dabei sein; der Rest muss geangelt werden. Nach meinen ersten Recherchen sollte das allerdings kein großes Problem in der Region darstellen.

    Ein weiteres Novum sollten unsere neu erworbenen Packrafts darstellen: der Piilola Trail sollte uns nur als grobe Route dienen, die Idee war es aber, die riesigen Seen zu bepaddeln und die Inselchen zu erkunden. Als ich das erste Mal im Frühjahr in Nordportugal mein Anfibio Nano SL auspacke, frage ich mich, wie man damit bei schlechten Bedingungen ein großes Gewässer mit Gepäck paddeln soll. Eine Frage, die uns im Bericht noch umtreiben wird.

    Der Zeitraum steht schon lange fest: S. und ich haben eine Überschneidung von freier Zeit ab Mitte Juli, Alternativen sind keine in Sicht. Es soll also ab Mitte Juli für 16 Tage grob entlang des Piilola Trails gehen, mit möglichst vielfältigen Abstechern in die unterschiedlichen Gewässer.



    Die Vorbereitung



    Wie bereits schon weiter oben erwähnt, sind wir beide gerade Vater geworden und natürlich stehen unsere kleinen Töchter im Vordergrund des neuen Lebens. Um ehrlich zu sein, gestaltet sich unsere Vorbereitung weniger intensiv als angedacht. S. wohnt in Hamburg, ich in Porto. Zwei große Hafenstädte, allerdings über 2000 Kilometer voneinander entfernt; schwierig mit dem „eben mal treffen“. Zum Ritual wird die allmorgendliche Sprachnachricht, in denen wir im Verlaufe des Frühjahrs allerhand geistreiches wie geistloses austauschen werden. Schlüsselwörter dürften „Moskitos“, „Bären“ und „Orientierung“ gewesen sein, alles Motive auf die wir hier noch zu sprechen kommen werden. Ich plansche ab und an im Douro mit meinem Nano SL und wage mich mal an den Rand des Atlantiks; wir besorgen uns die norwegischen Karten und zeichnen mithilfe der finnischen Online-Karte und Google Earth den Trail möglichst genau ein. Nebenbei lade ich mir bei Maps die Offline-Karten herunter, ein kleiner Klick, der noch fundamentale Folgen haben wird.

    Meine Ausrüstung erhält ein deutliches Update, welches unter dem Motto „Weniger Volumen und mehr Platz“ zusammengefasst werden kann. Ich tausche meinen 15 Jahre alten Deuter Kunstfaser-Schlafsack gegen einen Pajak-Daunenschlafsack und bin entzückt über das neue Packvolumen und geringe Gewicht der polnischen Spinne. Allein der knallige Himbeerton macht mir etwas zu schaffen. Wenn schon-denn schon: Ich gönne mir eine neue Therm-A-Rest und wähle ebenfalls Knallrot; mein bisheriges Mimikry-Konzept wird somit ad absurdum geführt, aber was solls. Im besten Falle sind die Sachen ja im Zelt. Wie bereits in Grönland 2019 erfüllt mich der Gedanke mit unzureichendem Tackle underdressed im Angelhimmel aufzulaufen mit Schrecken, weswegen ich neben zwei Ruten und zwei Rollen auch wieder jede Menge tolle Kunstköder mitschleppe. Von wegen ein Spinner und ein Blinker sind genug für die nichtkontaktierten Flossenträger im hohen Norden! Weitere Details zu Neuanschaffungen spare ich an der Stelle aus und stelle am Ende fest, dass ich mit ca. 24 Kilo (davon 2,4 Kilo Angeltackle) für 16 autarke Tage zwar gut dabei bin, das Volumen (bedingt durch Packraft mit Zubehör) den Abisko aber wieder mal an seine Grenzen bringt.

    Sehr intensiv dagegen trainiere ich das Feuermachen mit Feuerstahl. Es macht mir großen Spaß, alles mögliche auszuprobieren und im heimischen Garten kann ich viel experimentieren. Wir planen, keinen Kocher mitzunehmen und nur ein Backup-Feuerzeug für den größten Notfall dabei zu haben. Warum wir das machen? Es macht uns Spaß. Ich spreche im Vorfeld mit der Parkverwaltung bezüglich der Einschränkungen von Feuer im NP bei Trockenheit. Brände spielten in der Region zuletzt eine große Rolle und wir wollen natürlich nicht einen der letzten Kiefern-Urwälder Europas abfackeln. Beeindruckend finde ich, wie flexibel und entspannt skandinavische Behörden sind/sein können: Feuer auf den Inseln und direkt am Wasser sind nie ein Problem, wenn sie immer beaufsichtigt werden. Bei entsprechenden Warnstufen darf allerdings im Wald kein Feuer gemacht werden. Wir werden später Glück/Pech haben, denn wir erleben wahrlich keine Trockenphase und der Kocher kann zuhause bleiben…



    Die Region



    Durch Borgman (danke für deine Antworten auf meine Fragen!) ist Øvre Pasvik zuletzt hier schon vorgestellt worden: Eine flache, boreale Kiefernlandschaft mit unzähligen kleinen und großen, zumeist flachen, Gewässern. Felsige Landschaften wechseln sich mit Mooren und Sümpfen ab. Der Piilola Trail verbindet dabei den oben genannten NP mit dem finnischen Vätsäri und lässt sich in beide Richtungen laufen. Große Seen, wie der Ellenvatnet oder Nammijärvi werden dabei passiert und laden zum ausgiebigen Packraften ein. Wir werden im Vorfeld darauf hingewiesen, dass der Weg teilweise schwer zu finden sei und man entsprechende Fähigkeiten im Umgang mit Karte und Kompass haben sollte. Na dann, mal sehen.
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ID: 3224479

    Die Anreise



    Wie Borgman entschieden wir uns also von der norwegischen Seite über Vaggatem einzusteigen. Bereits ab April checke ich mehrfach die vermeintliche Busverbindung von Kirkenes nach Vaggatem, welche Borgman genommen hat bis mir die erste kleine Katastrophe gewahr wird: Das ist ja ein Schulbus und in unserem Reisezeitraum sind bereits Ferien. Ich erhalte keine verlässliche Info vom dortigen Busunternehmen, ob der Bus möglicherweise doch geht und so müssen wir das erste Mal improvisieren und kontaktieren ein lokales Taxiunternehmen. „Wir haben einhundert Leute auf der Straße gefragt: Was fällt Ihnen zu Norwegen ein?“ Neben Haaland und Skispringen würde wohl auch „teuer“ dabei sein. Ja, dieser Transport sollte uns etwas kosten, aber Geld ist ja bekanntlich nur eine Fantasie.

    Mein zweiter Geistesblitz ist es, dass ich glaube, auf der Hinreise Zeit sparen zu müssen und daher die Verbindung Porto-Lissabon-Oslo-Kirkenes am Stück buche. Umsteigezeit in Lissabon sind 50 Minuten…und das mit TAP. Je näher das Datum rückt, desto unwohler wird mir. Hat alles geklappt? Ja. Würde ich es wieder machen? Nein! Ich stehe um 2 Uhr morgens in Porto auf und ubere zum Flughafen. Der Abisko scheint platzen zu wollen und lässt sich kaum im Kofferraum des Toyotas verstauen. Auch auf dem ersten Gepäckband von TAP macht er keine gute Figur und verabschiedet sich nach wenigen Metern von eben selbigen. Die Dame vom Service schaut genervt drein, bemüht sich aber auf mein Drängen hin zu meinem im Dreck liegenden Fjellfuchs; ich möchte sie noch vorm Versuch des Hochwuchtens warnen, andererseits kann ich einen Hexenschuss bei ihr eigentlich ausschließen; mit überraschend geschmeidigen Bandscheiben hievt sie den Rucksack zurück auf das Band. Nach dem ersten psychischen Schock folgen mehrere physische in Form von Koffein und ich könnte das jetzt hier beenden, wenn nicht in Lissabon das Bodenpersonal gestreikt hätte und der Umstieg zum nervlichen Drahtseilakt geworden wäre. Letztlich lande ich- wenn auch reichlich angeschlagen- dann doch in Oslo und zu meiner Überraschung wurde sogar mein Rucksack durchgecheckt. Wie sich das zeitlich alles ausging, lässt sich kaum nachvollziehen. Ich habe nun reichlich Zeit am Flughafen, da der Weiterflug mit SAS erst am frühen Abend nach Kirkenes geht und so gönne ich mir erstmal ein IPA zum Runterkommen: 13 Euro für 0,4 Liter erscheinen zwar nach mitteleuropäischem Standard nicht gerade günstig, aber Geld ist ja bekanntlich nur eine Fantasie und man ist ja im Urlaub.

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ID: 3224475
    Gegen Nachmittag kommt dann S. aus der Osloer Altstadt an den Flughafen und zur euphorischen Begrüßung gibt es natürlich erstmal eine weitere Runde IPA. Unser SAS-Flug verspätet sich um ca. eine Stunde aufgrund starker Gewitter im Großraum Oslo; irgendwann sind wir dann aber doch in der Luft und der reisende Geist kommt mal wieder dem Körper nicht hinterher: Unglaubliche letzte Wochen und Monate liegen hinter mir, ungewisse Tage vor mir und ich finde auch auf diesem Flug keine Ruhe, sodass ich bald 24 Stunden wach bin und langsam anfange, auf dem Zahnfleisch zu gehen. Noch hält mich die Euphorie allerdings am Laufen und die Blicke aus dem Fenster steigern meine Vorfreude auf das, was da kommen mag: Nichtendend Tage, ewiges Licht, dazu die raue Landschaft und unendlich erscheinende Wildnis.

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ID: 3224477



    Am Flughafen Kirkenes wartet dann bereits der erste Bär des Trips auf uns, auch wenn er ausgestopft und kleinwüchsig (?) nicht gerade angsteinflößend wirkt.
    Unser Fahrer wartet dann tatsächlich wie abgesprochen am Flughafen: Wir ziehen uns um, dürfen bei ihm unsere „zivile“ Kleidung für 16 Tage bunkern und halten nochmal im Kiwi-Supermarkt Hesseng, wo uns beim Versuch zwei Bier zu bezahlen der norwegische Staat ein letztes Mal dazwischen grätscht und den Einkauf verhindert. So bleibt es bei etwas Gemüse und Tortellini für den ersten Abend bzw. die erste Nacht. Knapp zwei Stunden fahren wir im geräumigen Volvo der eigentümlichen Landschaft von Kirkenes nach Süden folgend, schlängeln uns am Pasvik entlang, auf dessen anderer Seite Russland liegt. Seltsame Gedankengänge werden heraufbeschworen, durch wunderschöne Rotfüchse, welche die Straße immer wieder passieren, jedoch unterbrochen. Die letzten Kilometer verdienen die Bezeichnung Straße kaum und auf einmal geht alles ganz schnell: Der Volvo rumpelt die letzten Meter zur Sortbrysttjernkoia, wo es einen kleinen Parkplatz gibt, ich überschreite endgültig eine mentale Grenze und bin nun über 24 Stunden am Stück wach, fertig und aufgeregt zugleich. Wir öffnen die Türen des Autos und erleben den ersten großen Schock…


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ID: 3224476






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    Zuletzt geändert von JulianD; 25.10.2023, 22:00.

  • JulianD
    Gerne im Forum
    • 26.10.2017
    • 83
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    • Meine Reisen

    #2
    Hier stand Mist

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    • fhvdrais
      Erfahren
      • 16.08.2015
      • 434
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      • Meine Reisen

      #3
      Super, dass Du Dich entschlossen hast, hier zu schreiben.
      Ich möchte hiermit auch schonmal Interesse an einem Bericht über Südgrönland bekunden ...

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      • Lampe
        Erfahren
        • 30.12.2018
        • 113
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        • Meine Reisen

        #4
        Der Einstieg verspricht einen spannenden Bericht. Ich setze mich auf die Bank und freue mich auf die Fortsetzung!
        Zuletzt geändert von Lampe; 26.10.2023, 09:38.

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        • Borgman
          Dauerbesucher
          • 22.05.2016
          • 724
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          • Meine Reisen

          #5
          Zitat von JulianD Beitrag anzeigen
          Borgman (danke für deine Antworten auf meine Fragen!)​
          Aber gerne! Dafür ist so ein Forum schließlich da. Schön, dass du einen Bericht schreibst, ich bin gespannt auf eure Erlebnisse dort.

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          • JulianD
            Gerne im Forum
            • 26.10.2017
            • 83
            • Privat

            • Meine Reisen

            #6

            als sich Myriaden von Moskitos auf uns stürzen und zustechen noch bevor überhaupt die Chance besteht, an den Hut mit Netz oder ein Fläschchen DEET zu kommen. Natürlich spielten die Stechmücken eine wesentliche Rolle bei den Vorüberlegungen zur Tour und ich las alles an Berichten, was ich dazu finden konnte. Quintessenz meiner Recherche war es, dass die Intensität jährlich schwankt- abhängig von den Faktoren Temperatur und Niederschlag- und sich zwischen „schlimm“ und „Hölle“ im Juli einpendeln wird. Ich hatte in der Nähe von Alta, Kautokeino und zuletzt in Südgrönland durchaus schon Kontakt mit Mückenschwärmen, allerdings immer nur temporär und aushaltbar; diese Dichte hatten wir nicht erwartet und ich glaube auch bis heute, dass man sich darauf nicht wirklich einstellen kann. S. pochte bis zuletzt darauf, einen Mückenhut mit Netz mitzunehmen; ich fand die Idee lächerlich, da mich diese Netze meiner Erfahrung nach zu stark einschränken und ich lieber ein paar Stiche aushalte. Zu meinem großen Glück entschied ich mich dann letztlich doch dafür, einen solchen Hut mitzunehmen: Er sollte mir große Dienste erweisen. Leider schwellen die Stiche von Stechmücken bei mir seit einigen Jahren immens an; im Verlauf der Tour beobachte ich, dass dies nur an den Extremitäten der Fall ist, während Stiche an Kopf und Körper unbedeutend bleiben. Nun stehen wir also ziemlich bedröppelt um 1 Uhr morgens an der verschlossenen Hütte, schauen dem Rücklicht des Volvos sehnsüchtig hinterher und werden von hochfrequenten Fiepen der Moskitos beschallt, die dank der Kombination aus Hut, Kleider-DEET und Haut-DEET zwar kurzfristig nicht mehr anlanden können, ihr Bedrohungspotential durch pure Anwesenheit aber weiterhin zeigen. Wir haben beide eine Frage im Kopf „Wie sollen wir das über zwei Wochen lang aushalten?“. Bei Google Earth hatte ich im Vorfeld nach geeigneten Zeltstellen in der Nähe des Isolompola gesucht, allerdings verhindert die Mischung aus sumpfigem Ufer und steinig-felsigem Waldboden, dass wir uns irgendwo niederlassen können. Es führt kein Weg daran vorbei, dass wir also gleich noch in der ersten Nacht loslaufen; wie betäubt marschiere ich durch die taghelle und nasse Landschaft. Es ist recht warm, allerdings kann keine Kleidung abgelegt werden, da die Blutsauger jeden Flecken freie Haut sofort belagern. Ich fühle mich deprimiert, fertig und aufgekratzt zugleich; wir finden beim besten Willen keine Stelle um unsere Zelte aufzustellen. Mein schmales Robens Goldcrest würde wohl noch hier und da zwischen ein paar Steine passen, aber S. MRS Hubba hat wahrlich keine geeignete Form für ein „in die Büsche schlagen“. Schließlich laufen wir noch bis zum ersten Laavu und können direkt daneben unsere Zelte aufschlagen. Erstmals kann ich durchatmen, die Sonne steht jetzt um 3 Uhr morgens tief und spiegelt sich auf dem See; die Stille ist atemberaubend und ich finde schnell Kienspan und kann mit dem Feuerstahl ein Feuer entzünden; kurz darauf kochen die Tortellini und nach einem winzigen Schluck Whisky fallen wir völlig erledigt in unsere Zelte.
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            In der Nacht werde ich immer wieder wach: Jeder Mensch hat ja angeblich ein „Stressorgan“; bei mir ist es der Magen-Darm-Trakt. Ich muss mich also mehrmals aus dem Zelt quälen, nur um dann vom Mückenschwärmen attackiert zu werden, die mir immerhin aber nicht in das Klohäuschen folgen können. Irgendwann beruhigt sich mein Körper und ich schlafe völlig erschöpft bis 11 Uhr am nächsten Mittag. Eine große Überraschung erwartet mich außerhalb des gemütlichen Zelts: Die Sonne scheint, es geht ein ordentlicher Wind und die Mücken sind nicht da. Ich traue dem Frieden nicht und warte stehend vor dem Zelt; schließlich beginne ich innerlich zu jubeln und ziehe mir vor Glück mein T-Shirt aus: Tatsache ist, dass sich überhaupt keine Moskitos zeigen; dafür stellen sich nach einiger Zeit allerdings Bremsen an unserem Lager ein, die wiederum wesentlich einfacher zu erlegen sind. Mein Magen hat sich noch nicht wirklich beruhigt und ich verzichte zunächst auf Frühstück und Mittagessen. Unser Frühstück besteht – wie auch schon in Grönland- wieder aus einem selbstgemachten Granola, das mit viel Kokosfett, Honig und verschiedenen Nüssen geröstet, eine super leckere Energiequelle darstellt. Die vielen Blaubeeren werden das Frühstück zu einem kulinarischen Highlight aufwerten.

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ID: 3226214

            Wir beschließen eine weitere Nacht unsere Zelte stehen zu lassen und uns dem ersten größeren Projekt zu widmen: Schon lange wollte ich mal draußen einen Räucherofen bauen, um Fisch zu räuchern. Zuvor muss ich feststellen, ob es denn mit dem Angeln überhaupt so hinhaut wie gedacht. Ich stecke also meine UL Reiserute zusammen und hänge einen kleinen Chatterbait mit Gummitrailer in den Snap. Für mich als Angler hat der erste Wurf an einem neuen Gewässer immer etwas Magisches und ich liebe das Gefühl, nicht zu wissen, was einen erwartet. Konzentriert suche ich mit dem Köder erstmal die obere Wasserfläche ab und nach ca. fünf Würfen habe ich den ersten Einschlag, den ich mit einem ordentlichen Anschlag quittiere. Heftiges Kopfschütteln am anderen Ende der Schnur lässt mich schon bereits erahnen, welcher Räuber da zugeschnappt hat und spätestens als die gestachelte Rückenflosse erstmals die Wasseroberfläche durchbricht, weiß ich, dass ich gerade meinen ersten wunderschönen Flussbarsch gefangen habe. Ich versorge den Fisch schnell, da er die perfekte Küchengröße hat und werfe die gleiche Stelle nochmal an. Bingo! Kaum hat der Bait das Wasser berührt, klingt sich der nächste Barsch in ähnlicher Größe ein; es zieht also wohl gerade ein Schwarm Flussbarsche vorbei und ich sie beißen unheimlich aggressiv auf meinen Köder. Ich wechsle auf eine kleine Spinmad, da die zwei Barsche erstmal ausreichen und ich schauen will, ob anderen Fische vielleicht auf diesen Köder reagieren. Direkt vor meinen Füßen steigt dann eine schöne Äsche ein. Es ist die erste Äsche meines Lebens überhaupt und ich freue mich über diesen Salmoniden, da er mir perfekt zum Räuchern erscheint.

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ID: 3226206
            Mittlerweile sind die Moskitos wieder aktiv, aber bei weitem noch nicht so schlimm wie am Vortag. Offenbar spielen also Tageszeit und Wind eine wesentliche Rolle und wir werden im Verlaufe der Tour diesen Biorhythmus nur im Ansatz verstehen. Immerhin sind wir uns darüber einig, dass ein wenig Rauch den Insekten nicht gefallen wird und so beginnen wir mit der Operation „Räucherofen“. Es gibt ja verschiedene Varianten eines „Bushcraft“-Räucherofens, wobei es nicht unser primäres Ziel war, den Fisch lange haltbar zu machen, sondern den Geschmack eines Räucherfischs hinzubekommen. Wir entschieden uns gegen einen Grubenofen und nutzten stattdessen die schiere Anzahl an Steinen, die überall herumlagen. Um es simpel zu halten: Man schichte Steine möglichst dicht aufeinander, nehme etwas Glut und glimmendes Holz aus einem anderen Feuer und schmeiße dann möglichst viel (ungiftiges) Grünzeug regelmäßig dazu. Ich glaube die Fotos machen es dann deutlich. Entscheidend ist, dass wir mit dem Ergebnis super zufrieden sind und wirklich ein fantastischer Räuchergeschmack entstanden ist. Die ganze Äsche schlägt dabei dir Barschfilets geschmacklich. Wir nutzen den restlichen Tag und das gute Wetter für Erkundungstouren in den Wald, immer auf der Suche nach Spuren des Superprädators Ursus arctos. Ich habe im Vorfeld wirklich viel zu der Braunbärenpopulation in und um Pasvik gelesen. Besonders interessant war eine Studie, die aufzeigte, dass sich die Bären hier, entgegen z.B. der Population in Italien, zu 70 Prozent von Huftieren ernähren. Offenbar hat man im Frühjahr wirklich gute Chancen, Bären zu sehen, wenn sie aktiv im Wald Elche jagen; das muss ein ganz schönes Spektakel sein. Möglichst leise pirschen wir durch den Wald, weichen immer wieder den tiefen Löchern in der Felsheide aus und lauschen in alle Richtungen. Unglaublich, wie anders ein nicht forstlich genutzter Wald aussieht: Überall liegt Totholz, dazwischen teilweise riesige Felsbrockenformationen. Die Pirschabende werden ein echtes Highlight unserer Tour.

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ID: 3226219

            Der Abend verläuft wenig spektakulär. Wir bereiten unsere restlichen Zutaten aus dem Supermarkt zu und räuchern nochmal Fisch. Die Moskitos kehren wieder zurück, wir räuchern das Lavuu ordentlich ein und machen unsere Pläne für morgen: Wir wollen unsere Packrafts testen, indem wir dem Isolompola nach Süden folgen und uns dann zum Trail wieder durchschlagen. In der Theorie klingt das ganz einfach. Ich fühle mich jedenfalls erholt und motiviert; jedwede Zweifel an unserem Vorhaben sind ausgeräumt und ich verbringe eine gemütliche Nacht im Zelt.
            Den nächsten Tag gibt es im Zeitraffer, da er wenig ereignisreich verläuft. Nach dem Frühstück bauen wir erstmals unsere Packrafts zusammen und starten eine Erkundung ohne Gepäck. Das Wetter ist toll, die Mücken sind mäßig aktiv und der Spaß ist groß. Ein herrliches Gefühl in dieser grandiosen Natur zu paddeln! Natürlich habe ich meine Spinnrute dabei; dazu muss man sagen: Das Angeln auf dem Packraft will geübt sein. Ständiges drehen, werfen und navigieren, dazu die stete Gefahr des Hakens, der sich in das Gummiboot bohrt. Ich verrate nicht zu viel, wenn ich an dieser Stelle schreibe, dass wir darauf nochmal zu sprechen kommen werden. Ich paddle zu einem vielversprechenden Schilfgürtel: Ein Spot, wie gemacht für Meister Esox, den wahren König der nordischen Gewässer. Ich habe mir im Vorfeld zig Videos angesehen, wie man Hechte filetiert, da ich sie hier in Massen erwarte und mit die gemeinen Y-Gräten der geschuppten Krokodile bekannt sind. Bereits auf den ersten Wurf mit meinem Chatterbait ballert ein kleiner Hecht, den ich allerdings durch das Erschlaffen der Schnur schnell wieder releasen kann. Dann schießt ein kapitaler Hecht direkt unter meiner Schwimmhilfe durch und inhaliert den taumelnden Köder; zu verdutzt für einen Anschlag, verliere ich den schönen Fisch nach nur kurzem Kontakt. Naja, es werden ja wohl noch viele weitere Hechte folgen. Spoiler: Nein! Das war mein letzter Hechtkontakt auf diesem Trip! An späterer Stelle kann ich dazu noch mehr ausführen. Mit Gepäck beladen stellen wir später fest, dass wir den See gar nicht durchpaddeln können, zumindest nicht ohne Gefahr zu laufen, unserer Finnen zu verlieren. Ein immer wiederkehrendes Problem auf der Tour. Sobald Wasserpflanzen, wie Seerosen oder Gräser dichte Gürtel bilden, kann sich die Finne der Anfibios verhaken und letztlich sogar lösen. Wir steigen also vorher wieder aus, suchen den Trail und campen dann recht suboptimal, weil ziemlich feucht, mitten im Wald. Erst am nächsten Tag wollen wir zum riesigen Ellenvatnet und der dortigen Hütte laufen und dann eine kleine Inseltour starten. Zu dem Zeitpunkt ahnen wir noch nicht, was auf uns zukommen wird…


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            • JulianD
              Gerne im Forum
              • 26.10.2017
              • 83
              • Privat

              • Meine Reisen

              #7
              Da das ja mein erster Reisebericht hier ist: Die Bilder sehen im Bericht grässlich aus, wenn man sie aber anklickt, kommen sie in akzeptabler Qualität. Kann man das irgendwie ändern, sodass die Bilder im Bericht auch schon schön sind?

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              • Pflaume09
                Erfahren
                • 01.02.2022
                • 160
                • Privat

                • Meine Reisen

                #8
                Bei mir sieht es wirklich ok. aus.
                Interessanter Start.
                Ich bleibe dran!

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                • ronaldo
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                  Moderator
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                  • 24.01.2011
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                  • Privat

                  • Meine Reisen

                  #9
                  Jepp, ich auch... v.a. wegen dem Räucherfisch! Mal was anderes als dieser Trockenfertigpampf.

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                  • JulianD
                    Gerne im Forum
                    • 26.10.2017
                    • 83
                    • Privat

                    • Meine Reisen

                    #10
                    Wir lassen uns wie immer Zeit mit dem Zusammenpacken und frühstücken. Der meditative Charakter des Morgenkaffees soll nicht unterbrochen werden und zugleich werden hier neben intensiven Gesprächen über das Weltgeschehen auch die wichtigsten Planungs-Grundpfeiler des anbrechenden Tages besprochen.

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                    Nach einem kurzen Marsch öffnet sich vor uns bei stetem Wind und einem Mix aus Sonnen und Wolken der „offene Ozean“ des Ellenvatnet. Tatsächlich suggerieren die gegen das Nordostufer schlagenden Wellen einem, an einem Meeresstrand zu stehen. Wir schauen uns kurz die gemütliche Hütte an, verlassen sie allerdings schnell wieder, als wir der vielen Stechmücken in ihrem Innern gewahr werden. Wir laufen an der Hütte vorbei und kommen auf eine Landzunge, die ca. 100 Meter in den See hineinragt. Von hier aus könnten wir unser „Inselhopping“ beginnen, wenn es der Wind und die Wellen zulassen, welche unglücklicherweise genau auf uns zukommen. Nachdem sich der Wind etwas gelegt hat, probieren wir es mit einer Probefahrt und lassen unser Gepäck zunächst zurück. Es ist einfach ein nicht zu beschreibendes Gefühl auf diesem riesigen und zugleich totstillen Gewässer zu paddeln, von nichts als Wald und Wolken umgeben zu sein. Meine Gedanken schweifen ab, der Wind und die mittlerweile leichten Wellen machen die Fahrt durchaus zur Herausforderung, trotzdem kann ich mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen und mache immer wieder Würfe, um möglicherweise einen Hecht ans Band zu bekommen. S. und ich trennen uns, um eine möglichst schöne Insel zum Lagern zu finden, ich fahre verschiedene Inseln an, werfe immer wieder die Uferkanten ab, allerdings ohne Erfolg. Leichter Regen setzt ein und ich beschließe wieder zurück zur Landzunge und zu unserem Gepäck zu fahren. Der Wind hat sich in der Zwischenzeit gedreht und ich muss erhebliche Kräfte mobilisieren, um unsere Einsetzstelle zu erreichen. Das Anlanden gestaltet sich als schwierig, da ich immer wieder gegen Steine gedrückt werde und mein Anfibio gequälte Geräusche von sich gibt, die mich an dessen empfindliche Gummihaut erinnern. Endlich bin ich an Land, total erschöpft, wie ich jetzt erst richtig bemerke, suche ich S. und unser Gepäck. Aber irgendetwas stimmt nicht. Ich kann die große Birke von vorhin nicht finden und auch die genaue Einsatzstelle mit ihrem markanten Felsen sehe ich nicht. Ich laufe das Gebüsch am Ufer ab, trete in ein großes Bodenloch zwischen zwei Steinen, verletze mich aber zum Glück nicht, und werde doch immer unruhiger. Die Erkenntnis, welche sich in meinem Kopf schon längst zu einem klaren Bild geformt hat, will mir noch nicht über die Lippen kommen, aber es ist offensichtlich: Ich bin falsch! Ich habe es tatsächlich geschafft, mich durch das permanente Drehen im Packraft beim Angeln, zu verfahren! An dieser Stelle muss ich sagen, dass ich mich an Land und in der Wildnis durchaus orientieren kann, ich aber nie erwartet hätte, dass dies im Wasser so viel schwieriger sein könnte. Ich weiß nicht, ob es hier ähnliche Erfahrungen gibt, aber diese Orientierungslosigkeit wird nochmal eine entscheidende Rolle an anderer Stelle finden.

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                    Ich schaue mich um und merke sogleich, dass diese Welt aus gefühlt hunderten Inseln überall gleich aussieht. Ich werde leicht panisch, ein Gefühl, das ich so noch nie hatte bzw. nicht kenne. Ich ermahne mich ruhig zu bleiben und witzigerweise erinnere mich just in diesem Moment, alleine auf dieser Insel stehend, dass Borgman sich laut seines Berichts auch einmal auf dem See heftig verfahren hatte. Was habe ich bei mir? Im Wassersack befinden sich eigentlich nur mein Smartphone, ein Riegel und der Mückenhut. Dann habe ich die entscheidende Idee. Ich zoome mit der Kamera verschiedene Uferkanten der anderen Inseln ab und kann so tatsächlich das Dach der Hütte und dementsprechend unsere Landzunge orten. Einerseits erleichtert ob dieses Umstandes, anderseits ernüchtert ob meiner Fehler paddel ich mit neu gewonnenen Kräften gen Landzunge, wo S. bereits seit Längerem auf mich wartet. Im Nachhinein kann ich auf der Karte feststellen, dass ich ca. 400-450 Meter zu weit nördlich an Land gegangen bin. Eine Sache nehme ich aber mit: Zukünftig habe ich stets mein Messer, einen Feuerstahl, Regensachen und eine Karte im Boot dabei; es sollte mir noch von Nutzen sein. Immerhin hat S. eine tolle Insel ausgekundschaftet und die Bedingungen lassen eine Überfahrt am frühen Abend zu. Wir finden dort an einer alten Feuerstelle sogar einen Grillrost und ich kann in wenigen Minuten zwei schöne Barsche zwischen den Felsen herauskitzeln. Die Anstrengungen des Tages lassen mich früh uns Bett gehen und erstaunlich erholsam im immer hellen Norden schlafen. Die nächsten Tage werden die Tour fundamental verändern.

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                    • JulianD
                      Gerne im Forum
                      • 26.10.2017
                      • 83
                      • Privat

                      • Meine Reisen

                      #11
                      Bereits am Vortag hörten wir immer wieder ein seltsames Geräusch aus der Ferne. Das Grummeln und Donnern lies sich aber nicht orten und wir dachten zunächst an Flugzeuge, später erdachten wir uns mögliche Szenarien, wie russische Kampfhandlungen oder Manöver der Norweger an der Grenze. Mitten in der Nacht schrecke ich auf. Etwas stimmt nicht. Es ist nicht mehr so hell wie die ganze Zeit und war da nicht ein Donnergrollen? Wenige Minuten später prasseln die ersten Regentropfen auf das Zeltdach. Ich liebe dieses Geräusch eigentlich, aber das Donnern macht mir Sorgen, noch dazu, wenn man den Umstand bedenkt, dass wir auf einer Insel mitten auf einem großen See liegen. Das Gewitter zieht zu uns und am frühen Morgen gegen 4 Uhr ist es erstmals direkt über uns. Nach dem mächtigen Donnerhallen, das sich über dem gesamten See auszubreiten scheint, folgt das grelle Zucken des Blitzes und ich habe hier wirklich Angst. Mein Gedanken sind bei meiner Frau und meiner Tochter; aufgrund des Starkregens kann ich S. nicht erreichen, unsere Zelte stehen zu weit auseinander, in der Zwischenzeit zieht Sturm auf. Das Robens bleibt allerdings stabil; zum Glück hatte ich es am Abend sehr gut abgespannt; ich werde dieses Zelt auf der Tour noch lieben lernen. So wettern wir in großer Ungewissheit in unseren Zelten ab und hoffe, dass der Blitz nicht neben uns einschlägt. Erst gegen Vormittag können wir aus unseren Zelten kriechen, die Welt ist wie verändert. Schwere Wolken hüllen den See in eine graue Stille, die Temperatur ist abrupt gesunken; wir merken, dass wir frieren. Leider haben wir kein Thermometer dabei, aber später können wir sehen, dass an diesem Tag die Temperatur von 18-20 Grad auf 10-12 Grad gesunken ist und es sollte noch nicht das Ende der Fahnenstange sein. Wir beschließen, den Tag hier zu verbringen und kümmern uns um ein wärmendes Feuer. Trockenes Kernholz und Kienspan finden sich durch die vielen toten Kiefern leicht und erstmals freue ich mich richtig über den Pocketboy von Silky, der hervorragenden Arbeit leistet. Mit Handbeil und Leuku gelingt das Spalten gut und wir können uns dem Tagesprojekt widmen: Aufwärmen und Bannocks herstellen. Zum Dhal von Travellunch ein echter Gaumenschmaus.
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                      Leider setzt in der darauffolgenden Nacht der Regen wieder ein und ich erlebe ein weiteres Novum: 24 Stunden Regen ohne Unterlass. Mal stärker, mal schwächer, meist aber doch konstanter Regen, der uns einen ganzen Tag und eine weitere Nacht am Spot hält. Die Temperaturen sinken dazu nochmals deutlich und mit der Nässe kriecht auch die Kälte förmlich in die Knochen. Während ich mich am Anfang der Tour noch fragte, warum ich eigentlich Fleece und Ski-Unterwäsche eingepackt hatte, war ich jetzt unglaublich froh über diese Utensilien. So ein Tag im Zelt bei Regen ist gar nicht so einfach: Lesen, schlafen, wieder lesen, aber dann drückt die Blase und ich zwinge mich in die Regenkluft und raus ins kühle Nass. Immerhin können keine Mücken auffliegen und da wir dann schon mal draußen sind, beschließen wir ein improvisiertes Dach über die Feuerstelle zu bauen und ein Feuer zu entzünden. Bei Regen und mit Feuerstahl wird das zu einer Herausforderung, die war aber meistern können: Immerhin eine Sache geschafft und wieder etwas gelernt. Der Regen endet erst irgendwann am nächsten Morgen und wir bleiben noch einen weiteren Tag auf der Insel, um unsere Sachen am Feuer zu trocknen. Leider versenge ich mir die Sohle meines Wanderschuhs und meine Wasserschuhe (die übrigens super waren). Naja, ein bisschen Schwund ist ja immer. Immerhin beißen die Barsche noch und wir können uns eine wärmende Fischsuppe zubereiten.


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ID: 3229228


                      Das Wetter ist jetzt endgültig umgeschlagen: Wir sehen die Sonne nicht mehr, ein grauer Schleier scheint über der Welt zu liegen, es ist nahezu windstill. Wir beschließen, dass das nicht die idealen Bedingungen für ein entspanntes Leben auf den Inseln sind und bauen daher ab und ziehen weiter. Die Morgentoilette wird nun zur tägliche Tortour, denn die Mücken scheinen sich nach dem Regen und mit der Windstille exponentiell vermehrt zu haben. Da heißt es morgens: Schnell sein. Und zwar beim Abdrücken und Abwischen, wenn ihr versteht was ich meine. Aus der Distanz muss das nach einem herrlichen Spektakel aussehen; gut, dass uns hier keiner sieht. Schließlich beladen wir die Anfibios und paddeln in den Norden des Sees, suchen und finden schließlich auch den Trail und laufen weiter gen Finnland in der Hoffnung, dass sich Stimmung und Wetter wieder aufhellen.

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                      • BohnenBub
                        Erfahren
                        • 15.09.2012
                        • 294
                        • Privat

                        • Meine Reisen

                        #12
                        Das sieht ausgesprochen lecker aus! Vielen Dank für den Bericht!
                        Magst du mir verraten, wie dein Bannock Rezept aussieht? Danke

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                        • agricolina
                          Erfahren
                          • 05.05.2016
                          • 250
                          • Privat

                          • Meine Reisen

                          #13
                          Vielen Dank, dass du dich zum Schreiben aufgerafft hast. Eine tolle Tour, und mir gefällt auch der Fokus aufs Draußensein und das Angeln. Vor allem mag ich aber deinen süffigen Schreibstil und deine Beschreibungen sehr. Super Lesestoff. Du hast ja schon angedeutet, dass noch einiges kommt. Ich bin sehr gespannt darauf, schreib schnell weiter!

                          Kommentar


                          • urmeli
                            Erfahren
                            • 07.06.2015
                            • 153
                            • Privat

                            • Meine Reisen

                            #14
                            Weil ich auch für die Gegend plane: Darf ich fragen, was der Spaß mit dem Taxi gekostet hat?

                            Kommentar


                            • JulianD
                              Gerne im Forum
                              • 26.10.2017
                              • 83
                              • Privat

                              • Meine Reisen

                              #15
                              Zitat von BohnenBub Beitrag anzeigen
                              Das sieht ausgesprochen lecker aus! Vielen Dank für den Bericht!
                              Magst du mir verraten, wie dein Bannock Rezept aussieht? Danke
                              Ich glaube, die einfachste Variante:
                              2 Tassen Mehl, 1 Tasse Wasser, 1 TL Salz, 2 TL Backpulver. Alles vermischen und gehen lassen. Fladen formen und diese wieder gehen lassen. Die Fladen in heißem Öl ausbraten. Im Idealfall bilden sich Blasen und du hast eine fluffig-hefige Gaumenfreude.

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                              • JulianD
                                Gerne im Forum
                                • 26.10.2017
                                • 83
                                • Privat

                                • Meine Reisen

                                #16
                                Zitat von urmeli Beitrag anzeigen
                                Weil ich auch für die Gegend plane: Darf ich fragen, was der Spaß mit dem Taxi gekostet hat?
                                Müsste ich nochmal nachschauen, aber ich meine das waren 300 oder 400€ insgesamt.

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                                • JulianD
                                  Gerne im Forum
                                  • 26.10.2017
                                  • 83
                                  • Privat

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                                  #17
                                  Zitat von agricolina Beitrag anzeigen
                                  Vielen Dank, dass du dich zum Schreiben aufgerafft hast. Eine tolle Tour, und mir gefällt auch der Fokus aufs Draußensein und das Angeln. Vor allem mag ich aber deinen süffigen Schreibstil und deine Beschreibungen sehr. Super Lesestoff. Du hast ja schon angedeutet, dass noch einiges kommt. Ich bin sehr gespannt darauf, schreib schnell weiter!
                                  Danke! Ich setze mich wieder dran die Tage…

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